So ist das Leben 18.pub - Missionarischer Arbeitskreis Bochum

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So ist das Leben...
Das goldene Reiskorn
Ich ging als Bettler von Tür zu
Tür die Dorfstraße entlang. Da
erschien in der Ferne dein goldener Wagen wie ein schimmernder
Traum, und ich fragte mich, wer
dieser König der Könige sei.
Hoffnung stieg in mir auf: die
schlimmen Tage schienen vorüber; ich erwartete Almosen, die
geboten wurden, ohne dass man
um sie bat, und Reiskörner, die in
den Sand gestreut wurden. Der
Wagen hielt an, wo ich stand.
Dein Blick fiel auf mich, und mit
einem Lächeln stiegest du aus.
Endlich fühlte ich mein Lebensglück kommen. Dann strecktest du
plötzlich die rechte Hand aus und
sagtest: »Was hast du mir zu
schenken?« Welch königlicher
Scherz war das, bei einem Bettler
zu betteln! Ich war verlegen, stand unentschlossen
da, nahm schließlich aus meinem Beutel ein winziges Reiskorn und gab es dir. Doch wie groß war
mein Erstaunen, als ich am Abend meinen Beutel
umdrehte und zwischen dem wertlosen Plunder das
kleine Korn wiederfand - zu Gold verwandelt. Da
habe ich bitterlich geweint, und es tat mir leid, dass
ich nicht den Mut gefunden hatte, dir mein Alles zu
geben.
Rabindranath Tagore
°
Der indische Dichter Rabindranath Tagore hat
uns diese Geschichte erzählt. Zu allen Zeiten haben die Menschen in allen Völkern und Religionen darüber nachgedacht, wie arme Menschen reich
und glücklich werden können. Lebenserfahrung und
Phantasie haben eine Fülle von Möglichkeiten erschlossen, um dieses Ziel zu erreichen. Unterschiedlichste Wege wurden gefunden: von der Gewaltanwendung bis zur Selbsthingabe.
°
Zu allen Zeiten haben die Menschen darüber
gestritten, welches der erfolgreichste Weg zum
Reichtum ist. Vielleicht haben sie dabei nicht bedacht, dass der erfolgreichste Weg nicht immer der
richtige sein muss. Erfolg ist nicht in jedem Fall eine Bestätigung der Wahrheit.
°
Armut als Tugend verlangt nicht Besitzlosigkeit, weil Reichtum und Besitz für die Beseitigung
vieler Nöte wichtig sind. Armut ist vor allem eine
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Gesinnung. Wer arm ist, der
weiß, dass ein anderer ihm zum
Leben verhilft und eine Hand ihn
führt. Wer arm ist, erwartet alles
von Gott.
°
Wenn ein Armer einem
Reichen, ein Bettler einem König
begegnet, werden höchste Erwartungen geweckt, endlich dem
Elend zu entrinnen. Traumhaft
sind die Wünsche: Almosen, um
die man nicht einmal bitten
muss; Reichtum in einer Fülle,
dass man ihn sogar in den Sand
schütten kann, ohne um das Wiederfinden bangen zu müssen. Der
gütige, lächelnde Blick des Königs verstärkt noch diese Erwartung.
°
Die Überraschung ist perfekt, als der Reiche den Armen
anbettelt. Ist das Ausbeutung, Ironie, Schikane oder
Prüfung? Wer könnte in einem solchen Augenblick
die Gedanken des Königs erraten? Für den Bettler
bieten sich zwei extreme Ergebnisse an: entweder
das totale Lebensglück oder der Stoß in noch tieferes Elend. Der Bettler scheint die schreckliche Alternative zu ahnen.
°
Er entscheidet sich vorsichtig und halbherzig;
er setzt auf Sicherheit: Das kleine Reiskorn tut ihm
nicht weh; aber den König kann er damit zufrieden
stellen. Vielleicht wird jetzt der König gnädig gestimmt, so dass seine Reichtümer in den Sand fließen.
°
Beim Schenken darf man nicht rechnen. Wer
anderen gibt, beschenkt sich selbst am meisten. Nur
was gegeben wurde, bleibt Besitz.
°
Besonders schmerzhaft ist die spätere Erkenntnis darüber, "welche Chance verpasst wurde.
°
Der Ort der Dankbarkeit liegt da, wo das Geben und Helfen keine einklagbare Forderung darstellt, wo einer gibt, ohne verpflichtet zu sein.
°
Zum Schenken gehört Mut. Der Erzähler will
uns einprägen, dass solcher Mut sich immer auszahlt. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
°
Das Schenken darf nicht auf den Geber zurück, es muss auf den Empfänger gerichtet sein.
Allein der hochherzige Mensch hat die Größe, beim
Geben sich selbst ganz zu vergessen; nur bei ihm
wird das Reiskorn zu Gold.
°
Heute nimmt das Geben weltweite Dimensionen an. Durch unser Geben können andere überleben.
Allerdings haben die Studenten schon recht, die an
die Wände in Paris die Worte geschrieben haben:
Überleben ist noch kein Leben.
°
Der König in der Erzählung könnte Gott sein
oder Christus. Vor ihm sind wir bettel-arm. Er ist königlich-reich. Dennoch bettelt er uns an: »Was hast
du mir zu schenken?« Eine Stunde Gottesdienst?
Fünf Euro für eine Hilfsorganisation? Zwei Minuten
am Tag? Ein Krankenbesuch pro Jahr? - »Da habe ich
geweint, weil ich nicht den Mut hatte, dir mein Alles
zu geben.«
°
Das Brot vermehrt sich, wenn man es teilt.
°
Es bleiben Fragen an uns Reiche: Hat das Geld
uns? Ist in einer Zeit des Überflusses wohl noch ein
bescheidener Gebrauch der Dinge möglich? Lassen
wir uns von Neuanschaffungen hetzen, so dass wir
vor lauter Haben- wollen nicht mehr zur Ruhe kommen? Leben wir in dem Bewusstsein, dass mein
Nächster nicht derjenige ist, den ich am meisten liebe, sondern der mich am meisten nötig hat?
Aus der Bibel:
Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr,
wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu
essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken
gegeben? Und wann haben wir dich fremd und
obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt
und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir
dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu
dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Ich sage euch: Was ihr für einen meiner
geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir
getan.
Matthäus 25,37-40
Gebet
Herr Jesus Christus, du hältst es nicht für
unter deiner Würde, dem ärmsten Wurm
der Erde Nahrung und Wasser und Licht
zu geben. Du hast dich sogar den Menschen ausgeliefert, sie dadurch aus ihrem Elend befreit und die ganze Welt neu gemacht.
Wir aber haben kleinliche Krämerseelen: wir rechnen beim Schenken, wir wollen empfangen, ohne zu
geben, wir denken an uns und nicht an die anderen.
Nimm uns unsere Halbherzigkeit und schenke uns
Großmut. Lass uns erkennen, dass nur diejenigen, die
glücklich machen auch glücklich werden und die viel
geben auch viel bekommen
Amen.
Vom Geben und Nehmen
„Das eigennützige Leben gleicht
dem Korn, das gegessen wird; es
verschwindet, aber es vermehrt sich nicht. Ein
Mensch mag dauernd für sich schaffen und sammeln; er mag für sich planen und denken - sein
Leben wird vergehen und wird ihm nichts gebracht
haben. Das Gesetz des Sich-selbst-dienens ist im
geistlichen Leben das Gesetz der Selbstvernichtung...
Nur die ausgestreute Saat - die aufs neue der Erde
anvertraut wird - bringt Frucht. Auf diese Weise
wird die Ernte ständig vervielfältigt. So bringt auch
Christi Tod Frucht zum ewigen Leben.
Das Korn, das sein eigenes Leben behält, kann keine Frucht bringen. Nur durch die Dahingabe seines
Lebens konnte Christus der Menschheit Leben
schenken. Nur dadurch, dass er in die Erde sank
und starb, konnte er der Same jener reichen Ernte
werden, die aus allen Völkern und Sprachen für
Gott erkauft wird.
Gott kennt keine sozialen Unterschiede. Er verachtet menschliche Rangordnungen; denn vor ihm
sind alle Menschen gleich.
Er hat gemacht, dass von Einem aller Menschen
Geschlechter stammen, die auf Erden wohnen,
und hat bestimmt, wie lange und wie weit sie
wohnen sollen, damit sie Gott suchen sollten, ob
sie ihn wohl fühlen und finden möchten. Und
Gott ist nicht ferne von einem jeglichen unter
uns. Ohne Unterschied des Alters, des Standes,
der Nationalität oder religiöser Vorrechte sind
alle eingeladen, zu ihm zu kommen und zu leben.
Apostelgeschichte 17, 26.27
Wer an IHN glaubt, der wird nicht untergehen.
Römer 9, 33
Es hat darum nichts mehr zu sagen, ob einer ein
Jude ist oder Nichtjude, ob er Sklave ist oder
frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Christus seid ihr alle zu einem Menschen geworden.
Galater 3,28
Der Reiche und der Arme leben nebeneinander,
alle beide hat Gott geschaffen.
Sprüche 22,2
...Beide haben denselben Herrn. Er beschenkt
alle reich, die sich zu ihm bekennen. In der Hl.
Schrift heißt es ja auch: Wer sich zum Herrn
bekennt, der wird gerettet.
Römer 10,12.13“
Aus: Der Eine, Seite 364 + 224
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Arbeitskreis aktiver Christen
Heiligenberg 10
58540 Meinerzhagen
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