Predigt zum Thema „Warum lässt Gott so viel Leid zu?“ Liebe Gemeinde, Wenn wir Menschen auf die Welt kommen, wissen wir eigentlich schon sehr viel. Allerdings haben wir dann die Aufgabe, alles Neue, das uns begegnet, in das bisherige Wissen einzubauen. Man kann diesen Vorgang etwa sehr anschaulich beobachten, wenn man zusieht, wie ein kleines Kind zum ersten Mal Spinat isst. Diese Aufgabe – das Integrieren von Neuem in unser bisheriges Wissen – begleitet uns ein Leben lang. Recht unproblematisch ist dies etwa, wenn wir eine neue Schokoladensorte ausprobieren. Schwieriger wird es schon, wenn plötzlich die Erde bebt. Dann suchen wir, um das Neue in unser bisheriges Wissen einbauen zu können, nach Erklärungen. Dies ist für uns auch sehr wichtig, denn wir sind bestrebt, dass möglichst alles, was uns begegnet, sinnvoll zusammenpasst. Widersprüche – etwa ein Erdbeben ohne plausible Erklärung – sind uns nicht so recht. Auch helfen uns Erklärungen für alles Mögliche bei der Illusion, Regisseur unseres Lebens zu sein. Denn etwa wenn ich weiß, wie ein Auto funktioniert kann ich es viel einfacher reparieren, wenn es mal wieder stehen bleibt. Was ich erklären kann, dies ist für mich viel eher beherrschbar, zumindest denke ich das. Allerdings geschehen dann auch Ereignisse, da bin ich mit meinem Erklären und mit meinem Suchen danach, dass alles gut zusammenpasst schnell an meinen Grenzen. So erleben wir alle Leid, dass auch durch alles Erklären sich nicht so problemlos in unser bisheriges Erleben einfügen lässt. Eine lebensbedrohliche Krankheit, eine Krise in der Familie und in uns entsteht natürlich die Frage: Wie passt das zu dem, wie ich bisher mir die Welt erklärt habe, wie kann ich dies „annehmen“. Und manchmal gehen dann alle Versuche, zu erklären und Regisseur zu bleiben fehl. Und dann?