Modifizierung von Molekularsieben und Silikatoberflächen zur Immobilisierung von Chromophoren Synthese photochromer Nanokompositmaterialien Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften – Dr. rer. nat. – vorgelegt dem Promotionsausschuß des Fachbereiches 2 (Biologie/Chemie) der Universität Bremen von Yven Rohlfing Bremen, Januar 2004 Dem Promotionsausschuß vorgelegt im Januar 2004 Tag des öffentlichen Kolloquiums : 03. Februar 2004 Gutachter : Prof. Dr. D. Wöhrle Prof. Dr. G. Schulz-Ekloff Die vorliegende Arbeit wurde am Institut für Organische und Makromolekulare Chemie der Universität Bremen, der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. D. Wöhrle, angefertigt. Dabei wurde stets in enger Kooperation mit dem Arbeitskreis von Prof. Dr. G. Schulz-Ekloff gearbeitet. Herrn Prof. Dr. D. Wöhrle und Herrn Prof. Dr. G. Schulz-Ekloff danke ich für das Überlassen des Themas und ihre stete Diskussionsbereitschaft während der Betreuung. Besonderen Dank möchte ich Herrn A. R. Dr. M. Wark vom Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie der Universität Hannover aussprechen. Seine Kompetenz, sein großes wissenschaftliches Interesse und seine fachliche Unterstützung waren für das Gelingen dieser Arbeit von höchster Wichtigkeit. Ich möchte den Mitarbeitern der Institute danken. Ausdrücklich seien hier die Techniker Frau A. Wendt und Herr K. Koblitz angeführt. Die Zusammenarbeit mit ihnen war geprägt von kollegialer Atmosphäre und Hilfsbereitschaft. Herrn Dipl.-Chem. O. Bartels sei an dieser Stelle für die wirklich fruchtbare gemeinschaftliche Arbeit gedankt. Ohne den Einsatz von Kooperationspartnern wäre die Durchführung der Arbeit in dieser Form nicht möglich gewesen. Herr Dr. A. Zukal und Herr Dr. J. Rathouský vom J. Heyrovský Institut für Physikalische Chemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag stehen hier natürlich an erster Stelle. Ihre Unterstützung bei den Sorptionsmessungen und die herzliche Atmosphäre in Prag sind nicht stark genug zu würdigen. Herrn Dr. M. Wendschuh-Josties, Institut für Mineralogie der Universität Bremen, sei für das Engagement bei der Aufnahme von Röntgendiffraktogrammen gedankt. Für die konfokalmikroskopischen Aufnahmen danke ich den Herren Dr. C. Seebacher und Dipl.-Chem. C. Hellriegel aus dem Arbeitskreis von Prof. Dr. C. Bräuchle an der LudwigMaximilians-Universität München. Herrn Dr. F. Bauer vom Institut für Oberflächenmodifizierung, Leipzig, danke ich für die Kooperation, die zu einem interessanten Kompositmaterial geführt hat. Abschließend soll auch Dank an Herrn Prof. Dr. J. Caro, den Leiter des Institutes für Physikalische Chemie und Elektrochemie der Universität Hannover sowie Herrn Prof. Dr. M. Bäumer für ihre Loyalität in einer schwierigen organisatorischen Phase der Arbeit ausgesprochen werden. Inhalt Inhalt 1 Einleitung und Aufgabenstellung...................................................................................1 2 Molekularsiebe und poröse Materialien........................................................................5 2.1 Überblick.........................................................................................................................5 2.2 Zeolithe ...........................................................................................................................6 2.2.1 Einführung .............................................................................................................6 2.2.2 Synthese von Zeolithen........................................................................................11 2.3 Aluminophosphate ........................................................................................................12 2.3.1 Strukturen und Eigenschaften von Aluminophosphaten .....................................12 2.3.2 Synthese von Aluminophosphaten ......................................................................14 2.4 Das mesoporöse Silikat MCM-41.................................................................................15 2.4.1 Strukturen und Eigenschaften von Si-MCM-41 ..................................................15 2.4.2 Synthese von Si-MCM-41 ...................................................................................17 2.4.3 Modelle zum Bildungsmechanismus mesoporöser Materialien ..........................22 2.4.4 Modifikation von Si-MCM-41 ............................................................................24 2.5 Verwendung von Molekularsieben ...............................................................................27 2.6 Mesoporöse Dünnfilme.................................................................................................29 3 Farbstoffe .......................................................................................................................33 3.1 3.2 3.3 3.4 Spiropyrane und Spirooxazine ......................................................................................33 Azofarbstoffe.................................................................................................................41 Rhodaminfarbstoffe.......................................................................................................46 Phthalocyanine ..............................................................................................................48 4 Analytische Methoden...................................................................................................53 4.1 Pulver-Röntgendiffraktometrie .....................................................................................54 4.2 Sorptionsmessungen......................................................................................................57 4.2.1 Allgemeines .........................................................................................................57 4.2.2 Adsorption in porösem Material..........................................................................59 V VI Inhalt 4.2.3 Adsorptionstheorien.............................................................................................61 4.2.4 Auswahl weiterer Methoden zur Strukturparameterbestimmung von mesoporösen Materialien aus Sorptionsisothermen .....................................64 4.3 UV/Vis-Reflexions- und UV/Vis-Transmissionsspektroskopie ...................................69 4.4 IR-Transmissionsspektroskopie und DRIFT-Spektroskopie ........................................71 4.5 Fluoreszenzspektroskopie .............................................................................................73 4.6 Einzelmolekül-Konfokalmikroskopie ...........................................................................74 4.7 Laser in der Chemie ......................................................................................................78 4.7.1 Die Wirkungsweise von Lasern...........................................................................78 4.7.2 Unterschiedliche Typen von Lasern ....................................................................83 4.7.3 Laserinduzierte Prozesse .....................................................................................88 5 Diskussion der Synthesen..............................................................................................91 5.1 Synthesestrategie zur Immobilisierung von Farbstoffen in mikro- und mesoporösen Materialien 91 5.1.1 Kompositmaterialien auf Basis von mesoporösem Si-MCM-41.........................92 5.1.2 Kompositmaterialien auf Basis von mikroporösem Zeolith Y ............................95 5.2 Zur Darstellung der Farbstoffe......................................................................................97 5.2.1 Synthese eines Spirooxazinfarbstoffes zur kovalenten Anbindung an Si-MCM-41..................................................................................97 5.2.2 Darstellung verschiedener Spiropyrane ohne Ankergruppen ............................102 5.2.3 Darstellung von Indolinderivaten mit Ankergruppen in N-Position zur in-situ-Synthese von Spiropyranen ...........................................103 5.2.4 Darstellung eines Bis-thienylmaleinsäureanhydrids zur kovalenten Anbindung an aminofunktionalisierten Si-MCM-41 ......................107 5.2.5 Darstellung des Azofarbstoffes 4’-Dimethylamino-azobenzol4-carbonsäure.....................................................................................................113 5.2.6 Aktivierung des Natriumsalzes des Zn-2,9,16,23-Tetrasulfophthalocyanins ...................................................................................................114 5.3 Zur Darstellung der porösen Materialien ....................................................................116 5.3.1 Si-MCM-41........................................................................................................116 5.3.2 Zeolith Y............................................................................................................127 5.4 Silylierung mit Diphenyldichlorsilan..........................................................................129 5.5 Silylierung mit Alkoxysilanen ....................................................................................143 5.5.1 Silylierung mit 3-Aminopropyltriethoxysilan und N-Methylaminopropyltrimethoxysilan..............................................................................143 5.5.2 Silylierung mit 3-Iodopropyltrimethoxysilan ....................................................151 Inhalt 5.5.3 Silylierung mit N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid..............................................................................................156 5.6 Immobilisierung der Farbstoffe...................................................................................162 5.6.1 Kovalente Anbindung der Farbstoffe an Si-MCM-41.......................................164 5.6.2 Ionische Anbindung der Farbstoffe an Si-MCM-41..........................................179 5.6.3 In-situ-Synthese von Spiropyranen im Zeolithen Y ..........................................183 6 Photochemische Untersuchungen ..............................................................................185 6.1 Versuchsaufbau zur Untersuchung photochromen Verhaltens ...................................185 6.2 Photochromismus von Spiropyranen und Spirooxazinen in anorganischen Wirtmaterialien ...........................................................................................................189 6.2.1 Einführung: Photochromes Verhalten der Spiropyrane und Spirooxazine in polaren Medien ..............................................................................................189 6.2.2 Photochromes Verhalten von BIPS-Derivaten im Zeolithen Y.........................193 6.2.2.1 6-Nitro-BIPS in Zeolith Y.............................................................................193 6.2.2.2 8-Methoxy-6-Nitro-BIPS in Zeolith Y .........................................................201 6.2.2.3 6,8-Dinitro-BIPS in Zeolith Y ......................................................................207 6.2.3 Photochromes Verhalten von kovalent oder ionisch verankerten Spiropyranen und -oxazinen in Si-MCM-41 .....................................................213 6.2.3.1 1’-(3-Sulfonylpropyl)-N-BIPS, ionisch verankert in trimethylammoniumfunktionalisiertem Si-MCM-41....................................213 6.2.3.2 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin, kovalent verankert in Si-MCM-41...................................................................................................216 6.2.3.3 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin, kovalent verankert in iodopropylfunktionalisiertem Si-MCM-41...................................................................................................216 6.2.3.4 Zusammenfassung.........................................................................................222 6.2.4 Weitere photochrome Wirt-Gast-Systeme in Si-MCM-41................................226 6.2.4.1 Dithienylmaleinsäureanhydrid, kovalent verankert in aminofunktionalisiertem Si-MCM-41 ..........................................................226 6.2.4.2 4’-Dimethylaminoazobenzol-4-carbonsäure, kovalent verankert in aminofunktionalisiertem Si-MCM-41 ..........................................................227 6.2.5 Kinetische Untersuchungen zur thermischen Relaxation ..................................228 VII VIII Inhalt 7 Weiterführende Untersuchungen zu Charakterisierung und Anwendung ...........235 7.1 Kovalent im Si-MCM-41 angebundener Cy5-Farbstoff in der Einzelmolekülspektrometrie...............................................................................................................235 7.2 Elektrochemische Untersuchungen an Zn-Phthalocyanin in Si-MCM-41..................246 7.3 Mesoporöse Dünnfilme ...............................................................................................251 7.3.1 Dip coating ........................................................................................................251 7.3.2 Synthesemischungen und Analyse mesoporöser Dünnfilme.............................253 7.3.3 Modifizierung silikatischer Dünnfilme und anschließende Immobilisierung von Farbstoffen ......................................................................260 8 Experimenteller Teil....................................................................................................263 8.1 Geräte ..........................................................................................................................263 8.2 Chemikalien ................................................................................................................264 8.3 Herstellung der porösen Feststoffe..............................................................................264 8.3.1 Darstellung des mesoporösen Materials Si-MCM-41 .......................................264 8.3.2 Darstellung des Zeolithen Y ..............................................................................267 8.3.3 Herstellung silikatischer, mesoporöser Dünnfilme mittels dip coating.............268 8.4 Modifizierung des mesoporösen Materials .................................................................269 8.4.1 Silylierung mit Diphenyldichlorsilan ................................................................269 8.4.2 Silylierung mit APTES ......................................................................................270 8.4.3 Silylierung mit N-Methylaminopropytrimethoxysilan ......................................271 8.4.4 Silylierung mit 3-Iodopropyltrimethoxysilan ....................................................271 8.4.4 Silylierung mit N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid..............................................................................................273 8.5 Darstellung der Farbstoffe...........................................................................................273 8.5.1 Synthese von 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin ...................................................273 8.5.2 Darstellung von 6-Nitro-1,3,3-trimethylspiro[2H-1]benzopyran2,2’-indolin ........................................................................................................276 8.5.3 Darstellung von (2,3,3-Trimethylindoleniniumiodid-1-yl)-propionsäure .........277 8.5.4 Darstellung von (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat.............278 8.5.5 Darstellung von 4’-Dimethylaminoazobenzol4-carbonsäure.....................................................................................................279 8.5.6 Darstellung von 2,3-Bis(2,3,5-trimethyl-3-thienyl)maleinsäureanhydrid .........280 8.6 Anbindung von Farbstoffen an das mesoporöse Material...........................................281 8.6.1 Kovalente Anbindung 4’-Dimethylaminoazobenzol-4-carbonsäure .................281 Inhalt 8.6.2 Kovalente Anbindung von Sulforhodamin B Säurechlorid...............................282 8.6.3 Kovalente Anbindung von 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin an Si-MCM-41 ...........283 8.6.4 Ionische Anbindung von Zn-Phthalocyanin-tetrasulfonsäurenatriumsalz.........284 8.6 In-situ-Synthese von Spiropyranen im Zeolithen Y....................................................285 9 Zusammenfassung und Ausblick ...............................................................................287 9.1 Zusammenfassung.......................................................................................................287 9.2 Ausblick ......................................................................................................................291 9 Anlage: Abkürzungen .................................................................................................293 IX X Inhalt 1 Einleitung und Aufgabenstellung 1 1 Einleitung und Aufgabenstellung Die vorliegende Dissertationsschrift behandelt die Darstellung und Untersuchung photochromer Nanokompositmaterialien. Diese Wirt-Gast-Materialien verdanken ihre außergewöhnlichen optischen Eigenschaften der Wechselwirkung des anorganischen Trägermaterials mit den eingelagerten Chromophoren. Durch Modifizierung silikatischer mikro- und mesoporöser Materialien (Molekularsiebe) wurden organische Farbstoffe immobilisiert und ihre Eigenschaften durch ein verändertes chemisches Umfeld gezielt beeinflußt. Der Einsatz von Molekularsieben als geordnete Matrix für anorganische und organische Gastmolekel zur Bildung von Nanokompositmaterialien ist ein vergleichsweise junger Forschungszweig. Schon längst sind Molekularsiebe und poröse anorganische Materialien arriviert in Technik und Industrie. Die Fähigkeit zur Physisorption und die katalytischen Eigenschaften führten zur großtechnischen Anwendung. Hier seien der Einsatz als Trockenmittel, Ionentauscher und Katalysator in der Petrochemie und der Synthese von Feinchemikalien hervorgehoben.1, 2, 3, 4 Verschiedene Eigenschaften begründen dieses Anwendungspotential: die hohe thermische und chemische Stabilität, die enorme Vergrößerung der zugänglichen Materialoberfläche sowie die Homogenität der Textur. Werden katalytisch aktive Gastmoleküle eingelagert, so verbindet man die Vorteile der homogenen Katalyse (Aktivität und Selektivität) mit denen der heterogenen (einfache Trennung vom Produkt) und schafft Mikroreaktoren mit eng umgrenzten Reaktionsbedingungen. Nanokomposite mit optischen und photochemischen Eigenschaften erhält man durch die Einlagerung von Chromophoren in Molekularsiebe.5, 6 Die Diffusionsstabilisierung der hochdispers verteilten Farbstoffe verbessert die Pigmenteigenschaften durch Vermeidung der Ag1 2 3 4 5 Y. Izumi, K. Urabe, N. Onaka, Zeolites, Clay and Heteropoly Acids in Organic Reactions, VCH, Weinheim 1992. A. Tißler, U. Müller, K. Unger, Nachr. Chem. Tech. Lab. 1988, 36, 624. L. Puppe, ChiuZ 1986, 4, 117. D. Breck, Zeolite Molecular Sives: Structure, Chemistry and Use, Wiley, London 1984. D. Wöhrle, G. Schulz-Ekloff, Adv. Mater. 1994, 6, 875. 2 1 Einleitung und Aufgabenstellung gregation. Dieser Vorteil erschließt in Kombination mit Wechselwirkungen des Gastes mit Porenwandungen und Ausrichtung in der Wirtmatrix die potentielle Anwendung als optische Datenspeicher via Lochbrennverfahren (SHB), als optische Frequenzverdoppler (SHG) und als Fluoreszenzpigmente. Weitergehende Entwicklungen machen Nanokomposite durch Einlagerung photochromer Farbstoffe als optische Schalter nutzbar und führen zu Wirt-GastSystemen, die bei optischer Anregung Lasereigenschaften zeigen.7 Neben dem weiten Feld der mikroporösen Materialien wurden in jüngerer Zeit auch geordnete Materialien größeren Porendurchmessers entwickelt. Die Käfigstrukturen synthetischer Zeolithe und Aluminophosphate lassen eine Einlagerung sehr großer Moleküle nicht zu. Der Übergang zu mesoporösen Materialien enger Porenverteilung war erst nach Einführung der Synthese mit micellaren, selbstorganisierenden Templaten möglich, wodurch eine neue Klasse poröser Materialien, die M41S-Silikate, begründet wurde.8 Das wichtigste Material dieser Stoffklasse, deren Porendurchmesser zwischen etwa 15 und 100 Å eingestellt werden kann, ist Si-MCM-41. Solche großen Porendurchmesser erschließen die Silikatmaterialien der Modifizierung mit organischen Resten, vorrangig durch Silylierungsreaktionen. Das steuerbare Wechselwirkungspotential der Porenwände gegenüber Gastmolekeln führt zu neuen katalytischen Eigenschaften.9, 10, 11 Die organische Funktionalisierung von großporigen Silikaten schafft auch die Möglichkeit zur kovalenten Anbindung von sterisch anspruchsvollen Chromophoren und anderen Gästen.12, 13 Ein Umstand, auf den sich die Aufgabenstellung der Arbeit bezieht. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung von Nanokompositsystemen mit photochromen Eigenschaften auf Basis von mesoporösen und mikroporösen Wirtmatrices. Durch Modifizierung anorganischer Molekularsiebe sollte in Wirt-Gast-Materialien die Stabilisierung von optischen Schaltzuständen photochemisch aktiver Farbstoffklassen erreicht werden. 6 7 8 9 10 11 12 13 G. Schulz-Ekloff, S. Ernst, Handbook of Heterogenous Catalysis Vol. 1, G. Ertl, H. Knötzinger, J. Weitkamp (Ed.), VCH, Weinheim 1997. C. Sanchez, B. Lebeau, F. Chaput, J.-P. Boilot, Adv. Mater. 2003, 15, 1969. J. Beck, J. Vartuli, W. Roth, M. Leonowicz, C. Kreske, K. Schmitt, C. Chu, D. Olson, E. Sheppard, S. McCullen, J. Higgins, J. Schlenker, J. Am. Chem. Soc. 1992, 114, 10834. J. Clark, D. Macquarrie, Chem. Commmun. 1998, 853. A. Wright, M. Davis, Chem. Rev. 2002, 102, 3589. D. Brunel, Micropor. Mesopor. Mater. 1999, 27, 329. K. Möller, T. Bein, Chem. Mater. 1998, 10, 2950. A. Corma, Chem. Rev. 1997, 97, 2373. 1 Einleitung und Aufgabenstellung 3 Hierzu sollten Synthesestrategien zur Immobilisierung von photochromen Farbstoffen durch Modifizierung von Molekularsieben und mesoporösen Materialien entwickelt und optimiert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen geeignete Zielstrukturen der photochromen Gäste organisch-präparativ synthetisiert oder vorhandene Farbstoffe derivatisiert werden. Die Immobilisierung von verschiedenen Chromophoren im mesoporösen Silikat MCM-41 durch schrittweise Funktionalisierung konnte bereits erfolgreich durchgeführt werden,14 so daß eine Nutzung zur kovalenten Anbindung von photochromen Farbstoffen erfolgversprechend erschien. Durch organische Modifizierung der Porenwände, idealerweise als self assembled monolayer (SAM) kann so ein chemisches Umfeld mit neuem Wechselwirkungspotential erzeugt werden. Als vielversprechendes photochromes Wirt-Gast-System haben sich Spiropyranfarbstoffe im Faujasiten (Zeolith Y) herausgestellt.15 Es gibt Hinweise, daß die photochromen Eigenschaften durch die Variation des Si/Al-Verhältnisses (Modul) verbessert beziehungsweise gesteuert werden können. Bezüglich dieses Teilbereiches der Arbeit sollte der Einfluß verschiedener Module dealuminierter Faujasite (Zeolith DAY) auf Derivate des Spiropyrans BIPS untersucht werden. Da Gestaltung von Nanokompositen oder die schrittweise Modifizierung von porösen Materialien die Charakterisierung aller Zwischenstufen mit aufwendiger Festkörperanalytik erfordert, sollte auch hier ein Augenmerk der Arbeit liegen. Neben den reflexionsspektrometrischen Methoden im Hause sollten auch Kooperationen mit auswärtigen Partnern genutzt werden, um die dargestellten Nanokomposite zu charakterisieren und besser verstehen zu lernen. Die photochromen Eigenschaften der Materialien mußten abschließend untersucht werden, um den Einfluß der Syntheseparameter auf die Schaltstabilität der Photoisomere dokumentieren zu können. Im Hinblick auf Anwendungsorientierung in Richtung optischer Speichermedien sind hier Tendenzen bezüglich der Unterdrückung der thermischen Relaxation der Schaltzustände und die Intensitätsunterschiede der Absorptionsmaxima der Photoisomere gegenüber den unbelichteten Formen von besonderer Bedeutung. Die Betreuung des Meßaufbaus aus Excimer-/Farbstofflaser und Reflexionsspektrometer wurde zu einer sehr zeitintensiven Aufgabe. Außerdem sollte versucht werden, die im Laufe der Arbeiten entwickelten Methoden zur schrittweisen Funktionalisierung mesoporöser Systeme von Pulvermaterialien auch auf mesoporöse, silikatische Dünnfilme anzuwenden. Das Potential dieser Materialien zur Entwicklung 14 15 Y. Rohlfing, Diplomarbeit, Bremen 1999. C. Schomburg, Dissertation, Bremen 2000. 4 1 Einleitung und Aufgabenstellung miniaturisierter Funktionseinheiten kann nicht unterschätzt werden.16 Sie werden bereits als Miniaturlaser, optische Sensoren, beispielsweise für pH-Bestimmung, und Beschichtung mit niedriger dielektrischer Konstante (low-k dielectrics) eingesetzt.17 16 17 H. Fan, Y. Lu, A. Stump, S. Reed, T. Baer, R. Schunk, V. Perez-Luna, G. López, C. Brinker, Nature 2000, 405, 56. G. Wirnsberger, P. Yang, B. Scott, B. Chmelka, G. Stucky, Spectrochim. Acta A 2001, 57, 2049. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 5 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 2.1 Überblick Amorphe oder geordnete poröse Materialien können anhand des Durchmessers ihrer Poren klassifiziert werden. Die IUPAC empfiehlt hierzu folgende Nomenklatur:1 beträgt der Porendurchmesser weniger als 2 nm, spricht man von Mikroporen, ist er größer als 50 nm, von Makroporen. Hat man einen Stoff vorliegen, dessen Porengröße zwischen den beiden Grenzwerten liegt, so wird er als mesoporös bezeichnet.2 Molekularsiebe zeichnen sich durch Trennwirkung bezüglich chemischer Verbindungen aus. Die Adsorptionskraft kann verschiedene Ursachen haben. Eine Gerüststruktur mit Hohlraumund Porensystem trennt nach Molekelgröße. Reaktionen mit der Oberfläche und elektrostatische Wechselwirkungen mit dem Material führen ebenfalls zur Stofftrennung. Das Kriterium des Molekularsiebes erfüllen viele verschiedene Materalien, wie etwa amorphe mikroporöse Stoffe (Kohlenstoff, Gläser, Tonerden etc.) oder aber kristalline Materialien, als da wären Aluminophosphate (AlPO4s), Silizium-Aluminophosphate (SAPOs), Zeolithe (Aluminosilikate) und Schichtsilikate.3 Der Ausdruck Molekularsieb ist nicht klar umrissen. Als Molekularsiebe werden oft auch mesoporöse Silikate aus der M41S-Klasse (z. B. MCM-41 und MCM-48) bezeichnet, die nicht die Nahordnung eines Kristalles, aber eine Fernordnung der Porensysteme besitzen. Neben diesen anorganischen Molekularsieben gibt es organische Wirt-Gast-Systeme, welche allerdings eine nicht so hohe thermische und mechanische Stabilität aufweisen.4 1 2 3 4 J. Roquerol, D. Avnir, C. Fairbridge, D. Everett, J. Haynes, N. Pericone, J. Ramsay, K. Sing, K. Unger, Pure & Appl. Chem. 1994, 66, 1739. Zu griechisch mésos, der mittlere. Molekularsiebe, in Römpp Lexikon Chemie, CD Version 1.1, Thieme, Stuttgart 1996. D. Wöhrle, G. Schulz-Ekloff, Adv. Mater. 1994, 6, 875. 6 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Von all diesen natürlich vorkommenden oder künstlichen Strukturen erlangten allerdings nur synthetische Zeolithe und synthetische, zeolithähnliche Materialien technische Bedeutung, da sie einheitliche Porendurchmesser haben und eine sehr große innere Oberfläche besitzen.3 Eine ebenfalls sehr enge Porengrößenverteilung besitzen die mesoporösen Stoffe vom MCM-41-Typ, welche auch ultralarge pore materials (ULP) genannt werden.5 Die Porengrößenverteilung von ungeordnetenen Stoffen, die weder Nah- noch Fernordnung haben, ist natürlich breiter, was eine selektive Anwendung erschwert. In den folgenden Abschnitten soll eine kurze Einführung in die chemischen und physikalischen Eigenschaften, den strukturellen Aufbau und die Synthese der Molekularsiebe und poröser Stoffe erfolgen. 2.2 Zeolithe 2.2.1 Einführung Der schwedische Mineraloge A. CRONSTEDT führte im Jahre 1756 für eine Gruppe wasserhaltiger Mineralien den Namen Zeolithe6 ein. Diese Aluminosilikate besitzen ein offeneres Gerüst als beispielsweise Feldspäte. Die Benennung der neuen Substanzklasse beruhte auf einem Mißverständnis: Zeolithe sind in der Lage, größere Mengen Wasser aufzunehmen, so daß es den Anschein hat, das Mineral siede, wenn man es mit dem Gebläsebrenner erhitzt.7, 8 Charakteristisch für Zeolithe sind Kanalsysteme oder miteinander durch gleichgroße Fenster verbundene Hohlräume. Dabei bestimmt die Vorzugsrichtung dieser Kanäle auch das Aussehen des Kristalls. Bei nur einer Vorzugsrichtung rechnet man mit faserförmigen Kristallen, bei zwei oder drei entstehen Schichtungen beziehungsweise dreidimensionale Strukturen. 5 6 7 8 P. Behrens, Adv. Mater. 1993, 5, 127. Aus dem Griechischen: ]HR zeo, ich siede; OLTR] lithos, Stein. Zeolithe, in Römpp Lexikon Chemie CD Version 1.1; Thieme, Stuttgart 1996. N. Greenwood, A. Earnshaw, Chemie der Elemente, VCH, Weinheim 1990. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Abbildung 2.1 7 Zentralatom T, umgeben von vier Sauerstoffatomen. Der Tetraeder, elementare Struktureinheit des Zeolithen. Diese Systeme von Hohlräumen haben gerade in bezug auf Zeolithe zu dem Begriff Molekularsiebe geführt. Die Aluminosilikatkristallgitter der Zeolithe bauen sich aus {SiO4}-Tetraedern und {AlO4}-Tetraedern auf (Abb. 2.1), wobei die negativen Ladungen der {AlO4}-Einheiten durch Kationen ausgeglichen werden. Im hydratisierten Kristallgitter sind die Alkali- oder Erdalkaliionen recht beweglich, so daß ein Austausch mit anderen Kationen bzw. Metallkationen leicht möglich ist. Nach der gebräuchlichsten Definition von D. BRECK bezeichnet man Zeolithe als poröse, kristalline Aluminosilikate mit Gerüststruktur und Kationentauscherfähigkeit.9, 10 Bevor der Aufbau der Zeolithe genauer beschrieben wird, sei eine Formel vorangestellt, die die molekulare Zusammensetzung dieser Verbindungen zeigt. > @ m M m ^Al O ` n ^SiO ` q H O 2 3 2 2 z (2.1) Hierbei ist m die Zahl der eingelagerten Kationen M mit der Ladung z. Die Anzahl der adsorbierten Wassermoleküle wird in der obengenannten Formel mit q angegeben. Der Bruch n/m beschreibt das molare Verhältnis der {SiO2}- zu den {Al2O3}-Einheiten; dieses Verhältnis wird auch Modul genannt und ist, zusammen mit dem Porendurchmesser der Hohlraumsysteme, ein Unterscheidungskriterium für die verschiedenen Zeolithtypen.3 Eine Struktur mit einem großen Modul (n/m > 10) wird als siliziumreich bezeichnet.9 9 10 A. Tißler, U. Müller, K. Unger, Nachr. Chem. Tech. Lab. 1988, 36, 624. D. Breck, Zeolithe Molecular Sieves; Wiley, New York 1994. 8 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Abbildung 2.2 Die neun SBUs, die sekundären Baueinheiten der Zeolithgerüste. Neben den 30 bis 40 natürlich vorkommenden Zeolithen kennt man über 150 synthetische Typen.7 Diese große Vielfalt der mesoporösen Aluminosilikate verdanken wir dem Prinzip ihres strukturellen Aufbaus. Die tetraedrischen {TO4}-Einheiten sind elementare Struktureinheiten der Zeolithe (Abb. 2.1). Das Tetraederzentralatome T – entweder Silizium4+- oder Aluminium3+-Kation – ist umgeben von vier Sauerstoffatomen. Die einzelnen {TO4}-Tetraeder sind über gemeinsame Sauerstoffatome verknüpft. Hilfreich zur Einordnung der verschiedenen Zeolithe in Strukturfamilien war die Einführung der secundary building units (SBUs) durch W. MEIER.11 Durch das Zusammenfügen dieser Baueinheiten zu Ketten und Schichten und die Anwendung von Symmetrieoperationen auf diese Baueinheiten lassen sich alle Zeolithe aufbauen. Wir unterscheiden heute neun sekundäre Baueinheiten (Abb. 2.2), deren Häufigkeit im betrachteten Zeolithen über die Zuordnung zur jeweiligen strukturellen Klasse entscheidet.9 Bei Darstellungen solcher zwei- oder dreidimensionaler Zeolithstrukturen werden zur besseren Übersichtlichkeit nicht mehr alle Tetraederatome eingezeichnet, sondern als Vereinfachung nur die Zentralatome untereinander verbunden. 11 W. Meier, D. Olson, Atlas of Zeolite Structure Types; Butterworth, London 1988. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Abbildung 2.3 9 Einige tertiäre Baueinheiten: (a) Fünfringpolyeder des ZSM-5; (b) Cancrinit-Käfig der Zeolithe L, Erionit etc.; (c) E-Käfig der Zeolithe A, X und Y; (d) der große Hohlraum (D-Käfig) im Zeolith A; (e) D-Käfig des Faujasits (Superkäfig). Aus den untereinander verknüpften SBUs wiederum werden als tertiäre Baueinheiten Polyeder aufgebaut. Man kann sich die Grundzelle eines Zeolithen aus solchen Polyedern zusammengesetzt vorstellen (Abb. 2.3). Als Beispiel soll hier in Abbildung 2.4 der Aufbau zweier Zeolithe aus sekundären und tertiären Baueinheiten dienen:9, 12 Die Verknüpfung von 5-1-SBUs zum Zeolithen ZSM-5 und der Aufbau vom E-Käfig aus den SBUs 4 beziehungsweise 6 als tertiäre Baueinheit des Zeolithen A. Abbildung 2.4 Die 5-1-SBUs werden zu Polyedern und Ketten verknüpft, welche die dreidimensionale Struktur des ZSM-5 bilden. 12 L. Puppe, ChiuZ. 1986, 20, 117. 10 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Abbildung 2.5 Der Zeolith A: (a) 24 Tetraeder sind über gemeinsame Sauerstoffatome zu einer abgestumpft-kubo-oktaedrischen, tertiären Baueinheit (Abb. 2.3) verknüpft; (b) der Polyeder in vereinfachter Darstellung; (c) der Zeolith A aus den E-Käfigen, die den großen Hohlraum umschließen (D-Käfig).8 Ein weiteres, sehr wichtiges Molekularsieb ist der Zeolith Y vom Faujasit-Typ (Abb. 2.6). Seine Struktur setzt sich aus E-Käfigen (Abb. 2.3) zusammen, die durch hexagonale Prismen miteinander verbunden sind. Der große Hohlraum, D-Käfig oder Superkäfig genannt, besitzt einen inneren Durchmesser von 1,3 nm, wohingegen die Zugänglichkeit durch einen Porendurchmesser von 0,74 nm beschränkt ist. Die Struktur des Hohlraumsystems gibt bereits Auskunft über die Eignung als Molekularsieb und über dessen Eigenschaften. Die Porengröße ist durch die polyedrischen Baueinheiten bestimmt. Die Poreneingänge bilden 6-, 8-, 10-, 12- und 18-Ringsysteme, wobei hiermit die Anzahl der tetraedrischen Grundeinheiten, die den Ring bilden, gemeint ist. Man kann Aluminosilikate und Aluminophosphate auch in eng- (6- bis 8-Ring), mittel- (10-Ring) und weit- Abbildung 2.6 Die Elementarzelle des Zeolithen Faujasit Y. 0,74 nm große Poren führen zum Superkäfig mit 1,3 nm Ausdehnung. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Tabelle 2.1 11 Porengrößen einiger synthetischer Zeolithe.12 Zeolith-Typ Summenformel der Elementarzelle Porendurchmesser [Å] Zeolith NaA Na12[(AlO2)12(SiO2)12]·27 H2O 4,1 Zeolith NaX Na86[(AlO2)86(SiO2)106]·264 H2O 7,4 Zeolith NaY Na56[(AlO2)56(SiO2)136]·250 H2O 7,4 ZSM-5 Na0,3H3,8[(AlO2)4,1(SiO2)91,9] 5,4 · 5,6/5,1 · 5,5 VPI-5 — 12 porige Systeme (12-, 18-Ring) unterteilen. Das Aluminophosphat VPI-5 mit seinen 18-RingPoren mit dem großen Durchmesser von 12 Å stellt bereits einen Übergang vom rein mikroporösen zum mesoporösen Material dar (Tab. 2.1). 2.2.2 Synthese von Zeolithen Zur Synthese von Zeolithen verwendet man verschiedene Verfahren: die Gelsynthese, die Gelsynthese unter Einsatz organischer Kationen und die Umsetzung von Gläsern und Mineralien, wobei letztere Methode keine technische Bedeutung erlangt hat.12 Es ist also notwendig, ein wäßriges, reaktionsfähiges Gel aus Silizium- und Aluminiumverbindungen in alkalischem Milieu vorliegen zu haben, um die Synthese durchzuführen. Um einen bestimmten Zeolithtypen zu erhalten, müssen verschiedene Vorgaben erfüllt sein. Das Verhältnis von {SiO2}- zu {Al2O3}-Quelle muß abgestimmt sein, deren Reaktivität sowie die Art der eingesetzten Kationen (Ladung, Templateffekt) muß bekannt und die Zusammensetzung der Keimlösung erprobt sein. Zur Darstellung des hier verwendeten Faujasiten wurde beispielsweise Natronwasserglas und Aluminiumhydroxid eingesetzt. Eine besondere Rolle bei der Synthese von Zeolithe kommt den kationischen Gegenion der Silikaquelle zu. Ihre Wahl kann den strukturbildenden Prozeß stark beeinflussen (Tem- 12 2 Molekularsiebe und poröse Materialien plateffekt). Strukturdirigierend wirken besonders die als organische Additive zugesetzten Template, die „Schablonen“ für den Aufbau der Porensysteme. Es werden fast ausschließlich Alkylammoniumverbindungen eingesetzt. Eine Verwendung von Aminen verbietet sich aufgrund des hohen pH-Wertes bei der Zeolithsynthese. Nach der Darstellung der Kristallite werden die Template durch Kalzinierung bei über 500 °C aus der Matrix entfernt. Die Bedeutung der kationischen, organischen Template konnte noch nicht vollständig geklärt werden. Erstaunlich ist, daß die Wahl des Templates oder der Template nicht zwingend eine Vorhersage des zu erhaltenden Gitters ermöglicht. Man findet keine Korrelation zwischen Geometrie der Templatmoleküle und der Zeolithstruktur.13, 14 Bestimmte Zeolithe lassen sich sowohl in Gegenwart verschiedener Kationen als auch ganz ohne solche Hilfen darstellen. Für eine erfolgreiche Kristallisation eines reinen Zeolithen ohne Nebenprodukte ist es erforderlich, diese Vorgaben strikt zu erfüllen. Auch die weiteren Reaktionsparameter – Homogenität der Mischung, pH-Wert (Basizität), Temperatur, Druck, Kristallisationsdauer, Größe des Ansatzes etc. – sind genau zu beachten. Das noch amorphe Gel wird bei Temperaturen von 60 bis 200 °C kristallisiert, wobei bei Temperaturen von über 100 °C der Vorgang im Autoklaven stattfindet. Die Parameter werden auch beim heutigen Stand der Technik noch empirisch bestimmt, denn schon kleinste Variationenen eines Experimentes können eine unbefriedigende Kristallisation oder die Entstehung eines anderen Zeolithtypen zur Folge haben. Allerdings können die Parameter heute mittels kombinatorischer Synthesen schneller ermittelt werden. 2.3 Aluminophosphate 2.3.1 Strukturen und Eigenschaften von Aluminophosphaten Aluminophosphate (AlPO4s) sind zeolithähnliche Materialien und werden aus Aluminiumund Phosphorverbindungen hergestellt. Dabei werden, wie zumeist auch bei der Zeo13 14 R. Szostak, Molecular Sieves, Van Nostrand Reinhold, New York 1989. B. Lok, T. Cannan, G. Messina, Zeolites 1983, 3, 282. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 13 0,63 nm 0,73 nm 0,39 nm a Abbildung 2.7 b Die einfachen Porensysteme von (a) AlPO4-5 und (b) AlPO4-11. Die Strukturen setzen sich in Papierebene fort. lithsynthese, Template eingesetzt. Das Neuartige an den erstmalig im Jahre 1982 von S. WILSON dargestellten AlPO4-Molekularsieben war das siliziumfreie Gerüst.15, 16 Als alternierende Baueinheiten enthalten sie {AlO4}- und {PO4}-Tetraeder im Verhältnis 1:1. Durch Modifikation der Gitter der etwa 30 Grundstrukturen konnten mehr als 200 neue Materialien gefunden werden. Man kennt sowohl zu Zeolithen strukturanaloge Aluminophosphate, als auch neue Strukturformen. Im Gegensatz zum Faujasiten Y, der eine dreidimensionale Hohlraumstruktur besitzt, ist der hexagonale AlPO4-5 von eindimensionalen 12-Ring-Kanälen mit einem Durchmesser von 0,73 nm durchzogen (Abb. 2.7). Auf ein Gramm des Molekularsiebes kommen 7·10-4 mol an Einheitszellen.4 Der elipsoide Kanalquerschnitt des AlPO4-11 hat die Ausdehnung 0,63 x 0,39 nm. Ein entscheidender Unterschied zu den Zeolithen ist das ladungsneutrale Gitter, welches keine austauschbaren Kationen enthält. Doch können Aluminophosphate auf andere Art modifiziert werden. Ein Beispiel ist das Ersetzen von Phosphoratomen durch Silizium (Darstellung von SAPOs). Diese Verbindungen sind katalytisch aktiv und können, wie auch die AlPO4s, mit Metallen beladen werden.9 15 16 S. Wilson, B. Lok, C. Messina, T. Cannon, E. Flanigan, J. Am. Chem. Soc. 1982, 104, 1146. S. Wilson, B. Lok, C. Messina, T. Cannon, E. Flanigan, J. Am. Chem. Soc. 1983, 218, 79. 14 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 2.3.2 Synthese von Aluminophosphaten Die Darstellung von AlPO4s ähnelt der von Zeolithen, wobei bei letzteren ein basisches Reaktionsgel verwandt wird, bei den Aluminophosphaten die Reaktion jedoch in leicht saurem bis schwach basischem Milieu (pH 3 – 9) abläuft. Man wendet neben vielstündigen Hydrothermalsynthesen bei 100 bis 250 °C im Autoklaven auch die Herstellung unter Mikrowellenstrahlung an, wodurch die Darstellung bereits in Minuten erreicht werden kann.17 Das wenig basische Reaktionsgel besteht aus einer Aluminium- und einer Phosphorquelle sowie einem organischen Templat und Wasser.18 Häufige Aluminiumquellen sind das hydratisierte Aluminiumoxid, Pseudoböhmit oder Aluminiumalkoxide. Zumeist findet orthoPhosphorsäure als Phosphatquelle ohne den Bildungsmechanismus störende Alkali- oder Erdalkaliionen Verwendung. Die formende Schablone für die gewünschte Gitterstruktur bilden wie beim Zeolithen organische Templatmoleküle. Es werden auch hier zumeist quarternäre Ammoniumsalze eingesetzt. Das Gegenion, vielfach OH-, gleicht die Templatladung aus. Der Einsatz des Templates ist – bezüglich der Strukturbildung – in den meisten Fällen erstaunlich unspezifisch, was sich mit den sterisch recht anspruchslosen, eindimensionalen Porensystemen mit ausgeglichenen Ladungen erklären läßt.17, 19 So läßt sich AlPO4-5 mit über 25 verschiedenen Templaten darstellen, aber AlPO4-20 nur in Gegenwart von Tetramethylammoniumhydroxid. 17 18 19 I. Braun, Dissertation, Bremen 1999. N. Tapp N. Milestone, D. Bibby, Zeolites 1988, 8, 183. E. Flanigen, R. Patton, S. Wilson, Stud. Surf. Sci. Catal. 1988, 37, 13. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 15 2.4 Das mesoporöse Silikat MCM-41 2.4.1 Struktur und Eigenschaften von Si-MCM-41 Nach der erfolgreichen Darstellung kristalliner Molekularsiebe mit einheitlichen Mikroporen galt es, auch mesoporöse Spezies mit enger Porengrößenverteilung zu erzeugen. Die Weite von Mesoporen beträgt nach der IUPAC-Nomenklatur definitionsgemäß mindestens 2 nm und höchstens 50 nm.20 Kristalline Materialien mit großen, uniformen Poren sind beispielsweise das Aluminophosphat VPI-5 mit einem Kanaldurchmesser von 13 Å und das instabile Gallophosphat Cloverit mit einem Porendiameter von 13 bis 14 Å, welche aber den mikroporösen Molekularsieben zugerechnet werden. 21, 22 Durch Poren verbundene Hohlräume und Kanalstrukturen werden durch Templatmoleküle, die dem Reaktionsgel beigefügt werden, gebildet. Es schien, daß eine Erzeugung von Zeolithen mit Mesoporen durch den Einsatz großer, organischer Templatmoleküle nicht möglich sei. 1992 gelang es Wissenschaftlern der MOBIL OIL™, dieses Problem zu umgehen: die strukturbildende Schablone ist kein einzelnes Molekül mehr, welches in der Reaktionslösung solvatisiert ist, sondern eine micellare Gruppierung selbstorganisierender Moleküle.23 Das erste mesoporösen Materialien, das nach diesem Verfahren synthetisiert wurde, heißt MCM-41 (M41S-Struktur), wobei MCM ein Akronym für MOBIL’s Composition of Matter ist.24, 25 Die Porenweite von MCM-41 ist kontrollierbar: es können sowohl Mikroporen von 16 Å als auch große Mesoporen von mehr als 100 Å Durchmesser generiert werden.26 Die Textur von MCM-41 ist sehr einheitlich und ähnelt derer von Bienenwaben. Parallele, eindimensio- 20 21 22 23 24 25 26 D. Everett, Pure Appl. Chem. 1972, 31, 578. M. Davis, C. Saldarriaga, C. Montes, J. Garces, C. Crowder, Nature 1988, 331, 698. M. Estermann, L. McCusker, C. Baerlocher, A. Merrouche, H. Kessler, Nature 1991, 352, 320. P. Behrens, G. Stucky, Angew. Chem. 1993, 105, 729. C. Kreske, M. Leonowicz, W. Roth, J. Vartuli, J. Beck, Nature 1992, 359, 710. J. Beck, J. Vartuli, W. Roth, M. Leonowicz, C. Kreske, K. Schmitt, C. Chu, D. Olson, E. Sheppard, S. McCullen, J. Higgins, J. Schlenker, J. Am. Chem. Soc. 1992, 114, 10834. A. Sayari, M. Kruk, M. Jaroniec, I. Moudrakovski, Adv. Mater. 1998, 10, 1376. 16 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Abbildung. 2.8 Die hexagonale Porenstruktur von MCM-41. Links: TEM-Aufnahme zweier überlagerter Partikel;35 rechts: Einheitszelle mit Gitterkonstante a0 und Netzebenenabstand d100. nale Kanäle sind hexagonal angeordnet. Aufgrund der großen Porendiameter läßt sich die Textur mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) direkt beobachten (Abb. 2.8).24, 27 Die Wände der Poren sind relativ dünn. Ihre Dicke wird mit 7 bis 10 Å angegeben,23, 27 kann aber durch entsprechende Wahl geeigneter surfactant-Moleküle, welche das Templat bilden, erhöht werden.28 Es werden Wanddicken von 4 bis 27 Å angenommen, wobei zu bemerken ist, daß die Wandstärke auch stets von den Synthesebedingungen und der Wahl der Strukturbildner abhängt.5, 29, 30, 31 Bei gewöhnlichen Synthesen werden bis zu einem Porendurchmesser von 10 nm Wandstärken von etwa 10 Å erhalten. Das entspricht einer Stärke von nur zwei oder drei Monolagen an Silika.32, 33 Man geht davon aus, daß die Poren nicht rund sind, sondern eine annähernd sechseckige Form besitzen. Zylindrische Poren sind erst bei sehr hohen Wandstärken zu erwarten,34 wenn die Umwandlung zur Schichtstruktur des MCM-22 beginnt. Die Porenwände bestehen also aus amorphem Silikatmaterial. Folglich läßt sich bei XRDUntersuchungen keine Nahordnung oder Fernordnung in Richtung der eindimensionalen Kanäle feststellen, wohl aber entlang der Porenöffnungen in hexagonaler Anordnung. Da es sich 27 28 29 30 31 32 33 34 35 C.-Y. Chen, H.-X. Li, M. Davis, Microporous Mater. 1993, 2, 17. Q. Huo, D. Margolese, U. Ciesla, P. Feng, P. Sieger, R. Leon, P. Petroff, F. Schüth, G. Stucky, Nature 1994, 368, 317. C.-Y. Chen, S.-Q. Xiao, M. Davis, Microporous Mater. 1995, 4, 1. C.-F. Cheng, W. Zhou, J. Klinowski, Chemical Physics Letters 1996, 263, 247. N. Coustel, F. Renzo, F. Fajula, J. Chem. Soc., Chem. Commun. 1994, 967. C.-Y. Chen, S. Burkett, H.-X. Li, M. Davis, Microporous Mater. 1993, 2, 27. U. Ciesla, M. Grün, T. Isajeva, A. Kurganov, A. Neimark, P. Ravikovitch, S. Schacht, F. Schüth, K. Unger, Access in Nanoporous Materials, T. Pinnavaia, M. Thorpe (Ed.), Plenum Press 1995, 231. A. Corma, Chem. Rev. 1997, 97, 2373. Die Aufnahme wurde von A. ZUKAL zur Verfügung gestellt. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 17 beim MCM-41 nicht um eine dreidimensionale Translation handelt, treten in Röntgendiffraktogrammen nur hk0-Reflexe auf. Bei Porendurchmessern oberhalb 30 Å werden keine Reflexe jenseits von Beugungswinkel 2T = 7° erwartet.23 Die thermische Stabilität des Si-MCM-41 ist ausgezeichnet. Bei Temperaturen von 850 bis 900 °C sind keine nennenswerten Schädigungen der Struktur festzustellen; wohl aber unter Einfluß von Wasserdampf bei 800 °C. Si-MCM-41 ist gegen mechanische Beanspruchung allerdings nicht so beständig wie Zeolithe. Die mechanische Belastbarkeit steigt mit der Wanddicke und nimmt bei Si-Al-Materialien ab, welche hingegen noch höhere Temperaturen überstehen.27, 36, 37 Resultierend aus geringen Wandstärken und großem Porendiameter haben die Materialien der sogenannten M41S-Familie Gesamtoberflächen von mindestens 700 m2/g, meist jedoch von über 1000 m2/g. Von dieser sehr großen Gesamtoberfläche entfallen je nach Material nur etwa 10 % auf die äußere Oberfläche des Partikels, die restlichen 90 % sind innere Oberfläche der Porenwände. 2.4.2 Synthese von Si-MCM-41 und anderen mesoporösen Materialien Wie beschrieben (Kap. 2.2.2, 2.3.2), werden bei der Herstellung mikroporöser Materialien zumeist organische Moleküle geringerer Größe in der Hydrothermalsynthese als Template eingesetzt. Diese strukturdirigierenden Element begrenzen die Porengrößen auf etwa 15 Å. Um größere Schablonen für die Textur der Festkörper zu generieren, wählte man daher Strukturbildner, die zu größeren, geordneten Verbänden aggregieren. Tenside aggregieren zu lyotropen, mesostrukturierten Phasen, welche wiederum die Struktur des Materials bestimmen. Zur Darstellung mesoporöser Stoffe können zwei prinzipielle Ansätze verwendet werden. (i) Im Synthesemedium ist stets das selbstorganisierte Substrat vorhanden. Dies können – wie bereits für MCM-41 beschrieben – Tenside sein, aber auch andere supramolekulare Tem- 36 37 J. Kim, J. Kwak, S. Jun, R. Ryoo, J. Phys. Chem. 1995, 99, 16742. V. Gusev, X. Feng, Z. Bu, G. Haller, J. O’Brien, J. Phys. Chem. 1996, 100, 1985. 18 2 Molekularsiebe und poröse Materialien plate, wie amphiphile Blockcopolymere und Biomoleküle.38 Ebenfalls können Partikel notwendiger Größe, etwa Latex- oder Silikakolloide, als Schablonen für die Porenstruktur dienen.39 Das mineralische Netzwerk baut sich dann um diese Template herum auf. (ii) Die zweite, weniger verbreitete Vorgehensweise ist die vorangehende Synthese von Nanobaueinheiten, welche abschließend über organische linker40 miteinander verbunden werden. Die großen Baueinheiten können sowohl in Lösung als auch im Micelleninneren oder Emulsion dargestellt werden.41 Tenside sind Stoffe, die Grenzoberflächenspannungen in Wasser erniedrigen. Sie enthalten daher mindestens eine hydrophobe und eine hydrophile Gruppe. Der hydrophobe Rest ist meist eine Alkankette einer Länge von mindestens 8 Kohlenstoffatomen. Tenside werden nach der Art ihrer polaren, hydrophilen Gruppe unterschieden in Anionentenside (z. B. Seifen, Carboxylate), Kationentenside (z. B. quarternäre Ammoniumsalze), nichtionische Tenside (z. B. Alkylphenolpolyglykolether) und Amphotenside (amphotere Gruppe oder zwitterionische Gruppe, Betain). Cetyltrimethylammoniumbromid CTAB – ein Kationentensid – wurde als Templat zur Darstellung des hier verwendeten Si-MCM-41 eingesetzt (Abb. 2.9). Abbildung 2.9 Das Tensid CTAB (a) und Aggregationen oberhalb der KMK: (b) Kugelmicelle, (c) micellares Stäbchen, (d) lamellare Phase. 38 39 40 41 D. Zhao, Q. Huo, J. Feng, B. Chmelka, G. Stucky, J. Am. Chem. Soc. 1998, 120, 6024. G. de A. A. Soler-Illia, C. Sanchez, B. Lebeau, J. Patarin, Chem. Rev. 2002, 102, 4093. linker (engl.) Verbindungsglied. C. Sanchez, G. de A. A. Soler-Illia, F. Ribot, C. Mayer, V. Cabuil, T. Lalot, Chem. Mater. 2001, 13, 3061. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 19 Wird eine bestimmte Konzentration des Tensides, die kritische Micellbildungskonzentration KMK, in Wasser überschritten, so bilden sich Micellen aus:42 die Oberfläche des Wassers ist benetzt und die unpolaren Reste der Tenside assoziieren zu kugelförmigen Kolloiden. Bei weiterer Zugabe bilden sich immer mehr Micellen gleicher Monomerenzahl aus, bis – abhängig von Temperatur und Ionenstärke der Lösung – micellare Stäbchen und später lamellare Phasen entstehen. Diese Assoziate ordnen sich bei hohen Tensidkonzentrationen zu den oben erwähnten mesostrukturierten Phasen. Entscheidenden Einfluß auf die micellaren Strukturen haben natürlich die Größe und Art der hydrophilen Kopfgruppe und des hydrophoben Restes. Tensidmoleküle mit doppelter Schwanzgruppe bilden beispielsweise eher zweilagige Vesikel und Membranen und inverse Micellen aus.43, 44, 45 In der hexagonalen Phase p6mm ordnen sich micellare Stäbchen ohne Verknüpfung zur hexagonalen Packung, so daß das Templat für MCM-41 entsteht. Die bikontinuierliche kubische Ia3d-Phase besteht aus ineinander verschlungenen, kugelförmigen Käfigen. Aus ihr resultiert das mesoporöse Silikat MCM-48. Unkalziniert weist das Material MCM-50 eine lamellare Struktur aus, denn sein Templat ist eine lamellare Phase. Eine Verstrebung zu Mesoporen erhält dieses Material erst durch Nachbehandlung.46 Es gibt allerdings noch weitere Konzepte zur Erzeugung von supramolekularen Templaten. Bereits in relativ geringen Konzentrationen (~ 10-3 mol/L) vermögen viele organische Verbindungen mit entsprechenden Lösemitteln Gele zu erzeugen. Durch Immobilisierung der Lösemittelmoleküle werden stark anisotrope Strukturen gebildet.47 Die Wirkungsweise organischer Gelbildner ist noch nicht ausreichend verstanden. Für den Gelbildungsprozeß können VAN-DER-WAALS-Kräfte, Wasserstoffbrückenbindungen, charge-transfer-, Dipol-Dipol- und elektrostatische Wechselwirkungen als auch koordinative Bindungen verantwortlich sein. Mittels AFM-Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß nur ein Teil der Lösemittelmoleküle in den Strukturierungsprozeß eingebunden ist.48 42 43 44 45 46 47 48 The Colloidal Domain where Physics, Chemistry, Biology and Technology meet, D. Evans, H. Wennerström (Ed.), VCH, Weinheim 1994. N. Israelachvili, D. Mitchell, B. Niham, J. Chem. Soc. Faraday Trans. 2 1976, 72, 1525. Q. Huo, R. Leon, P. Petroff, G. Stucky, Science 1995, 268, 1324. (a) C. Landry, S. Tolbert, K. Gallis, A. Monnier, G. Stucky, P. Norby, J. Hanson, Chem. Mater. 2001, 13, 1600; (b) S. Tolbert, C. Landry, G. Stucky, B. Chmelka, P. Norby, J. Hanson, A. Monnier, Chem. Mater. 2001, 13, 2247. J. Ying, C. Mehnert, M. Wong, Angew. Chem. 1999, 38, 58. J. van Esch, B. Feringa, Angew. Chem., Int. Ed. 2000, 39, 2263. R. Wang, C. Geiger, L. Chen, B. Swanson, D. Witten, J. Am. Chem. Soc. 2000, 122, 2399. 20 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Polymere dienen ebenfalls als Strukturbildner. Zunächst seien die fraktal aufgebauten Dendrimere genannt.49 Die schrittweise aus Monomeren aufgebauten sphärischen Schalen sind multifunktionell, so daß das Makromolekül als Templat für mesoporöses Silika zu nutzen ist.50 Eine für die Synthese weitaus bedeutendere Klasse von Makromolekülen sind die amphiphilen Block-Copolymere. Sie sind nicht nur sehr kostengünstig, sondern bilden wie Tenside selbstorganisierende Strukturen vielfältiger Morphologie, maßgeschneidert für Phasenübergänge unterschiedlichster Stoffe.51, 52 Im Gegensatz zu substituierten Ammoniumsalzen sind Block-Copolymere ungeladen.53 Um supramolekulare Strukturen in wäßriger Lösung aufbauen zu können, bedarf es eines hydrophilen Blockes A (Polyethylenoxid (PEO) oder Polyacrylsäure (PAA)) und einer hydrophoben Komponente B (Polystyrol (PS), Polypropylenoxid (PPO), Polyisopren (PI) oder Polyvinylpyridin (PVP)). Gebräuchlich sind Diblock(AB) und Triblock-Copolymere (ABA). Als Beispiel sei ein Triblock-Copolyether gezeigt: x x EtO x PrO y EtO x H O O O O H x<y CH3 (2.2) Als Pendant zu MCM-41 wurde von G. STUCKY et al. das SBA-Material54 entwickelt. Bei ähnlichem Porendurchmesser werden bei den erzielten kubischen und hexagonalen Texturen deutlich höhere Wandstärken (3 – 6 nm) gemessen.38 Der Porendurchmesser konnte auf über 30 nm vergrößert werden.55 Auch durch den Einsatz von Biopolymeren, wie Polypeptiden, -sacchariden etc. als Templat können selektiv poröse Silikatstrukturen dargestellt werden.56 Eine Erweiterung dieser Konzepte stellte die Darstellung geordneter, polymodaler Silikatmaterialien dar. In den überwiegenden Fällen werden dazu mehrere konkurrierende Template eingesetzt. In einer durch Tenside oder Block-Copolymere erzeugten mesoporösen Textur befinden sich durch z. B. Latexpartikel oder Polystyrolkolloide generierte Makropo- 49 50 51 52 53 54 55 56 C. Galliot, C. Larré, A.-M. Caminade, J.-P. Majoral, Science 1997, 277, 1981. G. Larsen, E. Lotero, M. Marquez, J. Phys. Chem. B 2000, 104, 4840. S. Förster, T. Plantenberg, Angew. Chem., Int. Ed. 2002, 41, 688. S. Förster, M. Antonietti, Adv. Mater. 1998, 10, 195. S. Bagshaw, E. Prouzet, T. Pinnavaia, Science 1995, 269, 1242. Akronym aus Santa Barbara University. D. Zhao, J. Feng, Q. Huo, N. Melosh, G. Fredrickson, B. Chmelka, G. Stucky, Science 1998, 279, 548. J. Cha, G. Stucky, D. Morse, T. Deming, Nature 2000, 403, 289. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 21 ren.57, 58, 59, 60 Durch Fällung aus kolloidaler Lösung kann auch mit nur einem Templatbildner eine bimodale Strukturierung enger Porengrößenverteilung erhalten werden.61 Si-MCM-41 wird im wesentlichen nach dem Verfahren der Hydrothermalsynthese und der Methode der homogenen Fällung hergestellt. Um von Material mit eingebrachten Fremdatomen zu unterscheiden, soll für den rein silikatischen Typ im folgenden die Bezeichnung Si-MCM-41 verwandt werden. Die Edukte für eine Hydrothermalsynthese von Si-MCM-41 sind ein Trimethylalkylammoniumhalogenid-Tensid (z. B. CTABr), eine Siliziumdioxidquelle (z. B. Tetraethylorthosilikat (TEOS), LUDOX™ etc.), eine Base (z. B. Tetramethylammoniumhydroxid (TMAOH), Natriumhydroxid etc.) und Wasser. Aus der erhaltenen Reaktionsmischung, die 1 bis 6 Tage auf über 100 °C erwärmt wird, fällt ein weißes Produkt aus, welches abgefiltert und gewaschen wird. Die Poren werden durch Kalzinierung bei 600 °C vom Tensid befreit.25, 55 J. RATHOUSKÝ und A. ZUKAL stellten 1998 einen neuen Syntheseweg zur Darstellung von Si-MCM-41 mit enger Partikelgrößenverteilung und einheitlicher Morphologie vor: die Methode der homogenen Fällung.62 Als Tensid findet CTAB Verwendung, und die Silikaquelle ist Natriummetasilikat Na2SiO3. Die beiden Komponeten werden in einer großen Menge Wasser gelöst.63, 64 Nach der Zugabe von Ethylacetat sinkt der pH-Wert zum schwach basischen und nach wenigen Minuten fällt das Molekularsieb homogen aus. Zum Abschließen der Kondensation läßt man das Produkt bei Raumtemperatur und für zwei Tage bei 90 °C altern. Die Porengröße des Si-MCM-41-Materials ist durch die Wahl des n-Alkylrestes des Tensides einstellbar. J. BECK et al. haben beispielsweise durch den Einsatz von Resten der Länge n = 12, 14, 16 und 18 Porengrößen von 30, 34, 38 und 45 Å erreicht. Der Porendurchmesser kann durch das Hinzufügen von Expandern wie Mesitylen (1,3,5-Trimethylbenzol) oder Alkanen noch vergrößert werden. Die unpolaren Moleküle lösen sich im lipophilen Inneren der Micelle und erhöhen deren Umfang. 24, 25, 65 57 58 59 60 61 62 63 64 65 B. Holland, C. Blandford, T. Do, A. Stein, Chem. Mater. 1999, 11, 795. P. Yang, T. Deng, D. Zhao, J. Feng, D. Pine, B. Chmelka, G. Whitesides, G. Stucky, Science 1998, 282, 2244. M. Antonietti, B. Berton, C. Göltner, H.-P. Hentze, Adv. Mater. 1998, 10, 154. O. Velev, T. Jede, R. Lobo, A. Lenhoff, Nature 1997, 389, 447. J. Rathousky, M. Zukalova, A. Zukal, Collect. Czech. Chem. Commun. 1998, 63,271. J. Rathousky, M. Zukalova, A. Zukal, J. Had, Collect. Czech. Chem. Commun. 1998, 63,1893. H. Yang, N. Coombs, G. Ozin, Nature 1997, 386, 692. M. Grün, I. Lauer, K. Unger, Adv. Mater. 1997, 9, 254. N. Ulagappan, C. Rao, Chem. Commun. 1996, 2759. 22 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 2.4.3 Modelle zum Bildungsmechanismus mesoporöser Materialien Nach der erfolgreichen Anwendung des neuartigen Synthesekonzeptes mit supramolekularen Templaten wurden vielfache Anstrengungen unternommen, den Mechanismus der Silikatbildung aufzuklären. Eine entwickelte Theorie experimentell zu beweisen, ist bei den betrachteten Systemen recht anspruchsvoll. Man beobachtet den Übergang vom Zustand in Lösung, in dem allenfalls mineralische precursors66 vorliegen, in den festen Endzustand des Materials. In dem Übergangszustand der Synthesemischung setzt die Kondensation/Fällung ein. Eine Probe in der Entwicklung muß kontinuierlich mit in-situ-Methoden vermessen werden, ohne daß die Prozeßparameter beeinflußt werden. So wurden erfolgreich XRD- und TEM-Methoden angewendet, um die Formierung von hexagonaler (p6mm) und kubischer Phase (Ia3m, Pm3m) zu verfolgen.67, 68 Aufgrund der komplexen Vorgänge an der Schnittstelle von anorganischem precursor und den Strukturbildnern kann keine der vorgestellten Theorien ausschließlich gelten. Abbildung 2.10 Die möglichen Routen des LCT-Mechanismus: (a) flüssigkristallinitierter und (b) silikationen-initierter Mechanismus. 66 67 68 precursor (engl.), Vorläufer. Y. Sakamoto, I. Díaz, O. Terasaki, D. Zhao, J. Kim, G. Stucky, H. Shin, R. Ryoo, Nature 2000, 408, 449. M. Lindén, S. Schunk, F. Schüth, Angew. Chem., Int. Ed. 1998, 37, 821. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 23 Flüssigkristalltemplat-Mechanismus. J. BECK et al., die 1992 die Synthese der M41SMaterialien beschrieben, lieferten auch das erste grundlegende Modell für den Mechanismus des Reaktionsprozesses.25 Sie bemerkten die Ähnlichkeiten der lyotropen Phasen der Tenside mit den Porenstrukturen der erhaltenen Materialien und postulierten daher einen Flüssigkristalltemplat-Mechanismus (liquid crystal templating, LCT). Für Si-MCM-41 wurden zwei mögliche Routen vorgeschlagen (Abb. 2.10): Route (a) zeigt, wie einzelne Micellen zu micellaren Stäbchen wachsen (1), welche sich zu einer hexagonalen Phase ordnen (2a), um dann mit den bei hohen pH-Werten negativ geladenen anionischen Spezies in Wechselwirkung zu treten (3a, 4). Abschließend wird das Tensid bei der Kalzinierung ausgebrannt (5). Dieser Mechanismus muß allerdings verworfen werden, da sich auch unterhalb der KMK Si-MCM-41-Materialien ausbilden.27, 69 Die andere, wahrscheinlichere Route (b), die besagt, daß sich von Silikat umlagerte (2b), verstreute micellare Stäbchen zu einem hexagonalen Arrangement ordnen (3b), wird auch von C.-Y. CHEN, M. DAVIS et al. bestätigt, die mittels NMR-Experimenten das Vorhandensein einer mesotropen Phase bei der Si-MCM-41-Bildung in Frage stellen.32 Sie stellten auch fest, daß Erwärmung und Alterung unerläßlich für den Kondensationsschritt zu stabilen Wandstrukturen sind (Abb. 2.11). H H O O H H O HH O H H O Si O O HO O O HO O Si HO Si Si O O O OH OH HO O O O Si O Si O O OH OH O Si O Si O O O O Si O Si O O O Si O O OH Si OH HO Abbildung 2.11 69 O HO HO Si Si OH Die Kondensation des Silikates abgebildet im LCT-Mechanismus. J. Vartuli, C. Kresge, M. Leonowicz, A. Chu, S. McCullen, I. Johnson, E. Sheppard, Chem. Mater. 1994, 6, 2070. 24 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Basierend auf diesen Konzepten wurde an anderer Stelle postuliert, daß sich die Silikatkomponente stets in Lagen arrangiert und erst durch den Einfluß der walzenförmigen Micellen eine Auffaltung stattfindet.70 Kooperativer Selbstordnungsprozeß. Eine Erweiterung beziehungsweise Verallgemeinerung der zweiten Route des LCT-Mechanismus haben Forscher der Universität Santa Barbara vorgeschlagen.28, 71 Die elektrostatische Wechselwirkung zwischen der Kopfgruppe S (surfactant polar head) des Tensides und der anorganischen Vorstufe I (inorganic precursor) ist nach diesem Modell ebenfalls strukturdirigierend.72 Bei der Synthese von Si-MCM-41 bilden kationische Tensidmoleküle und die hoch geladenen Silikat-precursors elektrostatisch vorteilhafte, lamellare Phasen aus. Beginnt nun die Kondensation des Silika, verringert sich die negative Ladungsdichte, und das System strebt danach, zur Erhaltung der Neutralität das Verhältnis von Silika zu Tensid zu erhöhen. Das Wellen des Phasenüberganges führe schlußendlich zu der günstigen hexagonalen Texturierung. Diese Theorie konnte für FSM-Materialien bestätigt werden, gilt aber nicht für hexagonale Materialien der M41S-Klasse.68 Später wurde experimentell bewiesen, daß in einem kooperativen Mechanismus der Einfluß der Tenside strukturdirigierend sowohl auf die Bildung ausgedehnter Systeme, wie Si-MCM-41, als auch auf kleinere silikatische Ringstrukturen wirkt.73, 74 Abhängig von bestimmten pH-Werten bilden wechselwirkende Tenside und anorganische Spezies Oligoionen etc., die sich zu organisch-anorganischen Mesostrukturen arrangieren; einer silikatropen, flüssigkristallinen Phase. Die zylindrischen Micellen dienen dabei als Tensidquelle, wobei die Gegenionen gegen das anionische Silika getauscht werden. Im vorliegenden System mit bei hohem pH-Wert negativ geladenem Silika und kationischen, quarternären Ammoniumtensiden würde der S+I–-Mechanismus vorliegen, der zu M41S-Strukturen, aber auch Antimonoxiden etc. führt. 70 71 72 73 74 A. Steel, S. Carr, M. Anderson, Chem. Commun. 1994, 1571. A. Monnier, F. Schüth, Q. Huo, D. Kumar, D. Margolese, R. Maxwell, G. Stucky, M. Krishnamurty, P. Petroff, A. Firouzi, M. Janicke, B. Chmelka, Science 1993, 261, 1299. Q. Huo, D. Margolese, U. Ciesla, D. Demuth, P. Feng, T. Gier, P. Sieger, A. Firouzi, B. Chmelka, F. Schüth, G. Stucky, Chem. Mater. 1994, 6, 1176. A. Firouzi, D. Kumar, L. Bull, T. Besier, P. Sieger, Q. Huo, S. Walker, J. Zasadzinski, C. Glinka, J. Nicol, D. Margolese, G. Stucky, B. Chmelka, Science 1995, 267, 1138. A. Firouzi, F. Atef, A. Oertli, G. Stucky, B. Chmelka, J. Am. Chem. Soc. 1997, 119, 3596. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 25 Polyelektrolyt-Modell. Der oben beschriebene Tausch der Gegenionen der polaren Kopfgruppe des Tensides gegen Silika- oder auch OH–-Ionen spielt eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung der mesoporösen Strukturen.75 Es konnte allerdings nachgewiesen werden, daß der Ionentausch auf der Oberfläche der Stäbchenmicellen nicht sehr stark ist, also auch nicht der geschwindigkeitsbestimmende Schritt des Reaktionsprozesses ist.76 Gibt man zu einer Tensid-Suspension die Silikaquelle, dann wird nur eine geringe Anzahl der im Gleichgewicht befindlichen freien Gegenionen (hier Br– oder Cl–) gegen Silika-Ionen getauscht. Eine Absenkung des pH-Wertes führt zur Entstehung von Silikatpräpolymeren, welche im polyelektrolytischen System mit freien Tensidmolekülen wechselwirken. Im Verlaufe der Zeit werden diese micellaren Silikat-Tensid-Hybride immer größer und können immer mehr Tensidmoleküle binden. An diesem Punkt kann man den weiteren Prozeß mit der Theorie des kooperativen Selbstordnungsprozesses erläutern. Mit fortschreitendem Umsatz werden immer mehr Tenside aus den restlichen Micellen entnommen. Wenn die sich bildenden Stabmicellen mit Silikamaterial umgeben sind, führt Erhitzen und Alterung zur Ausbildung der Silikate mit der bekannten mesoporösen Struktur. 2.4.4 Modifikation von Si-MCM-41 Nachdem es möglich war, die Textur von mesoporösen Silikaten zu steuern, bemühte man sich, die chemischen Eigenschaften der Silikatoberfläche den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen: die M41S-Materialien wurden modifiziert. Da ein starkes Interesse an der Entwicklung effektiver, heterogener Katalysatoren besteht, ist die Dotierung des Silikates mit Fremdmetallatomen Gegenstand vielfältiger Untersuchungen. Neben den Elementen der dritten und vierten Hauptgruppe wurden wegen ihrer bekannten katalytischen Eigenschaften auch Nebengruppenelemente eingesetzt. Ein großer Teil der zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sich mit dem Einbau von Aluminiumatomen und Titanatomen in das Silikatmaterial.36, 77, 78, 79 Schon in den grundlegenden Arbeiten von 1992 75 76 77 78 79 A. Galarneau, F. Di Renzo, F. Fajula, L. Mollo,B. Fubini, M. Ottaviani, J. Colloid Interface Sci. 1998, 201, 105. J. Frasch, B. Lebeau, M. Soulard, J. Patarin, R. Zana, Langmuir 2000, 16, 9049. P. Llewellyn, F. Schüth, Y. Grillet, F. Rouquerol, K. Unger, Langmuir 1995, 11, 574. J. Rathousky, A. Zukal, O. Franke, G. Schulz-Ekloff, J. Chem. Soc. Faraday Trans. 1994, 90, 2821. P. Tanev, M. Chibwe, T. Pinnavaia, Nature 1994, 368, 321. 26 2 Molekularsiebe und poröse Materialien wurde vermutet, daß das tetraedrisch koordinierte Al-Atom leicht ein ebensolches Si-Atom ersetzen könnte, doch tritt tatsächlich eine Veränderung der Mesophase bei der Synthese ein. Stabilität und Struktur der erzeugten Materialien können schwer vorhergesagt werden und hängen von verschiedenen Parametern ab.80 Ebenfalls wurden Heteropolysäuren in den Porenwänden des Si-MCM-41 eingelagert, um starke Brønstedt-Säurezentren einzubringen. C. KRESGE et al. erhielten einen äußerst selektiven Katalysator über den Eintrag von Phosphorwolframsäure H3PW12O40.81 Eine weitere Form der Modifizierung ist das Aufbringen von reaktiven Metalloxidzentren auf die Porenoberfläche.82 T. MASCHMEYER et al. verankerten einen Chlortitanocenkomplex und entfernten mit der Kalzinierung die Cyclopentadienylliganden.83 Ein weites Feld ist die Oberflächenmodifizierung mit organischen Gruppen. Derartig funktionalisierte Silikatoberflächen erschließen vielfältige neue Anwendungen. Als sogenannte Silylierungsreagenzien dienen vorzugsweise Chlorsilane oder Alkoxysilane. Sie können in situ eingesetzt oder nach der Kalzinierung des Materials aufgebracht werden, wodurch eine eventuelle Störung oder Instabilität der Struktur vermieden werden kann. Bekannte Funktionen sogenannter self assembling monolayers (SAM) sind zum Beispiel die Trimethylsilyl-25 und Vinylsilylfunktion,84 die Mercaptosilyl-85 und Cyanoethylsilylfunktion86 sowie viele verschiedene aminoalkylsilylierte Si-MCM-41-Materialien.87 Von entscheidender Bedeutung sind die 3-Aminopropyl- und 3-Chlorpropylsilylfunktion, denn über sie ist leicht eine Verankerung von großen, organischen Molekülen oder Komplexen möglich.88 Bekannte Beispiele sind hier die Anbindung des ClMn(salpr)-Komplexes an Si-MCM-41 mittels 3-Chlorpropyltrimethoxysilan von D. BRUNEL und P. SUTRA89 sowie die Verankerung von Ru(II)meso-tetrakis(4-chlorphenyl)porphyrin auf einer Aminopropylmonolage von C.-J. LIU et al.90 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 Z. Luan, C.-F. Cheng, W. Zhou, J. Klinowski, J. Phys. Chem. 1995, 99, 1018. C. Kresge, D. Marler, G. Rav, B. Rose, Chem. Abstr. 1995, 122, 110416. C. Huber, K. Moller, T. Bein, J. Chem. Soc., Chem. Cmmun. 1994, 2619. T. Maschmeyer, F. Rey, G. Sankar, J. Thomas, Nature 1995, 378, 159. M. Lim, C. Blanford, A. Stein, J. Am. Chem. Soc. 1997, 119, 4090. X. Feng, G. Fryxell, L.-Q. Wang, A. Kim, J. Liu, K. Kemner, Science 1997, 276, 923. D. Macquarrie, Chem. Commun. 1996, 1961. D. Brunel, A. Cauvel, F. Fajula, F. DiRenzo, Stud. Surf. Sci. Catal. 1995, 97, 173. K. Moller, T. Bein, Stud. Surf. Sci. Catal. 1998, 117, 53. P. Sutra, D. Brunel, Chem. Commun. 1996, 2485. C.-J. Liu, S.-G. Li, W.-Q. Pang, C.-M. Che, Chem. Commun. 1997, 65. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 27 2.5 Verwendung von Molekularsieben Die technischen Anwendungen für Molekularsiebe lassen sich grob in vier Gebiete aufteilen: die Adsorption von Molekeln, die Stofftrennung, den Ionenaustausch und die Katalyse.12 Als sogenanntes statisches Adsorptionsmittel werden Molekularsiebe zur Trocknung des wärmedämmenden Gases in Isolierverglasungen eingesetzt, damit die Scheiben nicht beschlagen. Ein ähnliches Problem wird durch Zeolithkartuschen in Kühlmittelkreisläufen gelöst; die Vereisung und Hydrolyse der Kühlflüssigkeit wird verhindert. Molekularsiebe werden den Komponenten zur Polyurethanherstellung beigefügt, um die CO2-Bildung zu vermeiden. In der Industrie finden häufig dynamische Adsorptionsverfahren Anwendung, die nach Art der Regenerierung des Molekularsiebes unterschieden werden. Es wird entweder mit einem heißen Inertgasstrom oder durch Drucksenkung desorbiert. Solche Anlagen werden in der Gasaufbereitung eingesetzt, etwa der Gasspaltung, der Erdgasverarbeitung und der Luftzerlegung. Als zwei großtechnische Trennverfahren mit Molekularsiebeinsatz wären die Paraffintrennung, bei der sterische Hinderung den verzweigten Paraffinen kein Eindringen in den Zeolithen A erlaubt, und die Sauerstoffanreicherung von Luft über die bessere Adsorption von Stickstoff zu nennen. Durch Modifikation kann man – besonders für Zeolithe – neue Anwendungen erschließen. Sehr bedeutend ist hier der Ionenaustausch. Auf diese Weise kann zum Beispiel der Porendurchmesser beim Zeolithen variiert werden. Vielfältige Anwendung finden die Zeolithe durch die Fähigkeit, Ionen zu tauschen. So als Phosphatersatz in Waschmitteln zum Enfernen von Ca2+- und Mg2+-Ionen, zum Entfernen radioaktiver Isotope aus kontaminierten Flüssigkeiten und zum Ammoniumaustausch bei der Behandlung von Abwässern. Ideal eignen sich Molekularsiebe als Katalysatoren, denn es bieten sich Möglichkeiten an, sie für die jeweilige Umsetzung durch Anpassung der Hohlräume und deren saurer Zentren und durch Austausch unterschiedlich geladener Ionen „maßzuschneidern“. Besonders in der Petrochemie hat sich der Einsatz von modifiziertem Zeolith Y bei Verfahren wie dem Hydrocracken oder dem Fließbettcracken gegenüber den thermischen Verfahren bewehrt. 28 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Es bleibt anzumerken, daß es für AlPO4s weniger Modifikationsmöglichkeiten gibt, als für zeolithische Molekularsiebe, denn sie enthalten keine austauschbaren Kationen. Sie sind daher besonders für die adsorptive Stofftrennung interessant.12, 91 Die M41S-Materialien sind eine neue Stoffklasse, und es ist anzunehmen, daß sie in absehbarer Zukunft technische und großtechnische Anwendungen finden werden. Insbesondere die katalytische Aktivität von Si-MCM-41 und modifiziertem Si-MCM-41 wird mit großem Aufwand untersucht.34 Als Beispiele seien hier Crack-Prozesse und die Katalyse der HeckReaktion genannt. Wegen seines riesigen Porenvolumens und der Modifikationsmöglichkeit der Oberfläche hat MCM-41 als Adsorbent für Luft- und Wasserreinigung ein hohes Anwendungspotential. Si-MCM-41 kann als Wirt für Halbleiter-Quantenstrukturen dienen und somit die Herstellung „molekularer Drähte“ ermöglichen und nach der Einlagerung von Farbstoffen nichtlinear-optische Anwendung finden. Inwieweit die M41S-Materialien in diesen und auch anderen Aufgaben kommerzielle Anwendung finden, bleibt abzuwarten. 91 U. Lohse, M. Noack, E. Jahn, Adsorp. Sci. Technol. 1986, 3, 19. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 29 2.6 Mesoporöse Dünnfilme In vorangehenden Abschnitten wurden Anwendungsmöglichkeiten für mesopopröse Silikate aufgeführt. Gerade auch in Zeiten zunehmender Miniaturisierung verlangen viele Anwendungen homogene, dünne Schichten auf unterschiedlichen Substraten. Das Aufbringen geordneter, mesoporöser Dünnfilme könnte genutzt werden zur Herstellung von Membranen mit optimalem Trennverhalten, für optische Vergütung, als Isolatorschichten mit niedriger dielektrischer Konstante sowie als optische Sensoren.92, 93, 94 Übersicht. Zur Synthese des Filmes wird ein Synthesegel vorbereitet. M. OGAWA orientierte sich dabei an Vorschriften der Hydrothermalsynthese und wendete in saurer ethanolischer Lösung vorhydrolysiertes Tetraethylorthosilikat (TEOS) an. Das Templat Cetyltrimethylammoniumbromid (CTAB) wird später zugegeben. Es konnten hexagonale Porenstrukturen – M41S-Material – erzeugt werden.95, 96 Diese eindimensionalen Poren verlaufen allerdings in Richtung der Substratoberfläche und sind damit – ein geordnetes Material vorausgesetzt – nicht zugänglich. Später gelang es, neben eindimensionalen Kanalstrukturen auch dreidimensionale Anordnungen zu erzeugen.97 Für Anwendungen, wie die Beladung mit Gästen, ist eine freie Zugänglichkeit der Poren unerläßlich. Stets ist es Syntheseziel, offene Porensysteme zu erzeugen. Durch Erhöhung des Hydrolysegrades eines TEOS-Templat-Synthesegels gelang es R. RYOO et al. eine ausschließlich oberflächenparallele Ausrichtung hexagonaler Poren zu unterdrücken.98, 99 Die vorangehenden Beispiele beruhen auf Ergebnissen, die mit CTAB-Tensiden erzielt wurden. Die Bandbreite mesoporöser Dünnfilme wurde von G. STUCKY und Mitarbeitern durch den Einsatz von Blockcopolymeren des Types EtOxPOyEtOx erweitert. Die Poren92 93 94 95 96 97 98 R. Hayward, P. Alberius-Henning, B. Chmelka, G. Stucky, Micropor. Mesopor. Mater. 2001, 44-45, 619. G. Wirnsberger, P. Yang, B. Scott, B. Chmelka, G. Stucky, Spectrochim. Acta A 2001, 57, 2049. G. Wirnsberger, B. Scott, G. Stucky, Chem. Commun. 2001, 119. M. Ogawa, J. Am. Chem. Soc. 1994, 116, 7941. M. Ogawa, Langmuir 1995, 11, 4639. Y. Lu, R. Ganguli, C. Drewien, M. Anderson, C. Brinker, W. Gong, Y. Guo, H. Soyez, B. Dunn, M. Huang, J. Zink, Nature 1997, 389, 364. R. Ryoo, C. Ko, S. Cho, J. Kim, J. Phys. Chem. B 1997, 101, 10610. 30 2 Molekularsiebe und poröse Materialien größen der erhaltenen hexagonalen und kubischen Systeme variieren zwischen 34 und 90 Å.100, 101 Durch Templatbildung mit dem Blockcopolymeren PLURONIC™ P 123 der BASF™ konnten sowohl TiO2- als auch SiO2-Dünnfilme gebildet werden. Der Übergang zwischen lamellarer, hexagonaler und kubischer Phase wird allein durch Parameterwechsel bei der Synthese erreicht.102 Darstellung. Um eine Abscheidung auf dem Substrat zu garantieren, werden verdünnte Syntheselösungen eingesetzt. Man versucht durch die Wahl geeigneter Edukt- Templatverhältnisse vorzeitige Kondensation zu vermeiden. Wichtig ist auch die Wahl des Lösemittels: neben der Löslichkeit der Komponenten ist hier auch die optimale Benetzung der Substratoberfläche zu beachten. Bei Glas- und Siliziumoberflächen werden zumeist Ethanol/Wasser-Gemische gewählt. Die Synthesegele müssen auf die Substratoberfläche gleichmäßig aufgetragen werden; epitaktisches Wachstum ist bei den aus kristallographischer Sicht amorphen Dünnschichten nur eingeschränkt möglich. Für die mechanische Auftragung auf ebenen Substraten sind zwei Methoden am gebräuchlichsten. Beim spin coating wird auf dem Zentrum einer rotierenden Scheibe das Synthesegel aufgetragen und durch die Zentripedalkraft verteilt, während beim dip coating Substratplatten aus einer vorbereiteten Lösung gezogen werden. Das Lösemittel verdampft an der Oberfläche der auf diese Weisen aufgetragenen Flüssigkeitsfilme. Die damit einhergehende Konzentrationsänderung bewirkt die Bildung der festen Phase. Somit betrachten wir einen anderen Prozeß als beispielsweise den batch-Prozeß bei der Darstellung von Pulverproben. Eine auf die Substratoberfläche und die Konzentration der Komponenten abgestimmte Auszugsgeschwindigkeit ist demnach von entscheidender Bedeutung. Ein Modell für die Bildung des mesoporösen Dünnfilms ist evaporation induced self assembly (EISA), die verdampfungsinduzierte Selbstorganisation des anorganischen Eduktes.103 Anhand der Abbildung 2.12 aus einer Originalpublikation sollen die Vorgänge während der Verdampfung erläutert werden. Zunächst sind Templat und anorganische Bildungseinheiten in der Syntheselösung gering konzentriert. Die Lösung ist homogen und die Anfangskonzentration c0 liegt weit unterhalb der kritischen micellaren Konzentration KMK. Verdampfen nun Komponenten der Lösemittelmischung, werden Templat und anorganische Anteile höher 99 100 101 102 C. Ko, J. Kim, R. Ryoo, Microporous Mesoporous Mater. 1998, 21, 235. D. Zhao, P. Yang, D. Margolese, B. Chmelka, G. Stucky, Chem. Commun. 1998, 2499. D. Zhao, P. Yang, N. Melosh, J. Feng, B. Chmelka, G. Stucky, Adv. Mater. 1998, 10, 1380. P. Alberius, K. Frindell, R. Hayward, E. Kramer, G. Stucky, B. Chmelka, Chem. Mater. 2002, 14, 3284. 2 Molekularsiebe und poröse Materialien Abbildung 2.12 31 Synthesefelder der Parameter im EISA-Prozeß.101 konzentriert. Bei Verdampfung von leichterflüchtigem Ethanol steigt der Wasseranteil des Lösemittels. Analog zu LCT-Mechanismus (siehe Abschnitt 2.4.2) bilden sich in einem konzertierten Prozeß Micellen aus, die von anorganischen Bildungseinheiten umhüllt sind und sich in flüssigkristallinen Mesophasen ordnen. Diese Mesophasen werden bereits unterhalb der KMK bevorzugt an den Phasenübergängen des Systems gebildet. Das heißt, daß sich am Substrat-Flüssigkeits-Übergang sowie am Flüssigkeits-Atmosphären-Übergang Keime für den weiteren Prozeß ausbilden. Schnell bilden sich Mesophasen aus, die zu der Substratoberfläche orientiert sind. Die flüssigkristallinen Strukturen wachsen von beiden Phasengrenzen in den aufgetragenen Film. Entscheidend dabei ist die Vermeidung des vorzeitigen Kondensationsprozesses. Im Falle von Silikat-precursors kann man dies erreichen, indem man den pHWert auf den isoelektrischen Punkt von kolloidalem Silikat einstellt. Aus den Auftragungen in Abb. 2.12 wird ebenfalls ersichtlich, daß man die Textur des Materials durch die Wahl der geeigneten Templatlösung für den Verdampfungsprozeß steuern kann. Im Beispiel und auch bei den im Rahmen dieser Arbeit dargestellten Silikatfilmen wird das Wasser : Ethanol : Templat-Verhältnis variiert, um hexagonale, kubische und lamellare Phasen zu erzeugen. Die as-synthesized Filme sind strenggenommen in einem noch flüssigkristallinen Zustand und werden erst durch abschließende Kondensation gefestigt. Hierzu können Kalzinierung oder Alterung und nachfolgende basische oder saure Behandlung durchgeführt werden.104 103 104 C. Brinker, Y. Lu, A. Sellinger, H. Fan, Adv. Mater. 1999, 11, 579. D. Grosso, A. Balkenende, P. AlBouy, A. Ayral, H. Amenitsch, F. Babonneau, Chem. Mater. 2002, 14, 3284 32 2 Molekularsiebe und poröse Materialien 3 Farbstoffe 33 3 Farbstoffe 3.1 Spiropyrane und Spirooxazine Bereits 1921 hatte man die thermochromen Eigenschaften der Spiropyranfarbstoffe erkannt. Doch erst 1952 beschrieben Y. HIRSHBERG und E. FISCHER das photochrome Verhalten dieser Farbstoffklasse.1, 2 Es zeigte sich, daß Spiropyrane und andere spirochrome Systeme Potential als photochemische optische Speichermedien besitzen. Praktische Anwendung haben sie als optical limiter bei der Beschichtung von optischen Gläsern gefunden.3 Spirochrome Farbstoffe sind Heterozyklen, deren zyklische ʌ-Elektronensysteme durch ein Spirobrückenatom verbunden sind. Die sp3-Hybridisierung dieses Kohlenstoffatoms führt zu einer orthogonalen Ausrichtung der beiden Molekülhälften (Abb. 3.1).4 Den Spiropyranen ist Abbildung 3.1 Strukturformel eines möglichen Gerüstes eines Spirochromen der IndolinSerie. Azaheterozyklus und Benzopyran/-oxazinabschnitt sind über ein Spiro-Kohlenstoffatom (Ɣ) verbunden (Z = CH oder N). Rechts sind die orthogonalen Molekülhälften versinnbildlicht. 1 2 3 4 E. Fischer Y. Hirshberg, J. Am. Chem. Soc. 1952, 4522. E. Fischer Y. Hirshberg, J. Am. Chem. Soc. 1953, 629. E. Fischer, ChiuZ 1975, 9, 85. R. Guglielmetti, 4n+2 Systems: Spiropyrans, in Photochromism, H. Dürr, H. Bouas-Laurent (Ed.), Elsevier, Amsterdam 1990. 34 3 Farbstoffe CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 hQ O CH3 N N CH3 CH3 N O CH3 CH3 hQ'7 O _ CH3 O G G+ N CH3 Abbildung 3.2 Die photochrome Reaktion vom Spiropyran zum Photomerocyanin am Beispiel des Farbstoffes BIPS.6 die 2H-Benzopyran-Einheit gemeinsam (Benzopyran: Z = CH in Abb. 3.1). Zur Präparation können daher die leicht verfügbaren Salicylaldehyde oder ortho-hydroxylierte aromatische Aldehyde eingesetzt werden. Spirooxazine ähneln den Spiropyranfarbstoffen. Der Unterschied besteht in der Spirokopplung über das 3H-Kohlenstoffatom eines Oxazinringes (Benzooxazin: Z = N in Abb. 3.1). Zur Darstellung eignen sich ortho-Nitrosoderivate von Aromaten.5 Die photochromen Eigenschaften der Spirooxazine wurden zunächst 1961 von R. FOX dokumentiert und später beispielsweise für selbsttönende Kunstoffgläser für Sonnenbrillen und optische Geräte eingesetzt, da die farbige Form sehr photostabil ist.7 Spektroskopische Eigenschaften. Wie oben erläutert, setzt sich ein Spiropyran oder Spirooxazin aus einem Azaheterozyklus und einem Benzopyran oder -oxazin zusammen. Hierbei führt die Kopplung durch das zentrale sp3-Kohlenstoffatom gewissermaßen zu einer Trennung der beiden Hälften bezüglich ihrer Eigenschaften. Die Konjugation der beiden elektronischen Systeme wird fast vollständig verhindert. Jedoch unterscheiden sich die Summen der Absorptionsspektren der Einzelkomponenten stark vom Spektrum des Farbstoffes, was wohl auch auf unterschiedliche Lösemitteleinflüsse zurückzuführen ist. Ebenfalls wird eine elektronische Wechselwirkung zwischen Indolin und arylischem Pyran vermutet.8, 9 5 6 7 8 H. Ono, T. Osada, U.S. Patent, 3562172 1971. BIPS: 1,3,3-Trimethylspiro-[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin. N. Chu, 4n+2 Systems: Spirooxazines, in Photochromism, H. Dürr, H. Bouas-Laurent (Ed.), Elsevier, Amsterdam 1990. R. Bertelson, Photochromic Processes Involving Heterolytic Cleavage, in Techniques in Chemistry Vol. III Photochromism, G. Brown (Ed.), Wiley, New York 1971. 3 Farbstoffe Abbildung 3.3 35 Absorptionsspektrum des farblosen, geschlossenen 1,3,3-Trimethyl- spiro[indolin-2,3’-[3H]naphth-[2,1-b]-1’,4’-benzoxazin] in Ethanol.7 Die Strukturformel ist gemäß IUPAC beziffert. R GUGLIELMETTI beschreibt die Spirochrome als eine Art „potentiellen Farbstoff“, denn erst eine Konjugation der beiden Molekülhälften verschiebt die Absorption in den sichtbaren Bereich des Spektrums. Abbildung 3.2 zeigt die Aufhebung der Isolation durch Ringöffnung des Pyrans oder Oxazins. Absorptionsspektren der geschlossenen Form des Spirochromen sind in der UV-Region zwischen Ȝ = 200 und 400 nm zu erwarten, wobei die Wahl des Lösemittels die Spektren wenig beeinflußt.4 N. TYER ordnet die Absorptionsbanden des Spektrums des Spiropyrans BIPS den elektronischen Übergängen der Einzelkomponenten zu: Ȝ = 296 und 244 nm dem Indolinabschnitt, Ȝ = 324 und 313 nm dem Benzopyranabschnitt.10 Analog verfuhr N. CHU für das Spirooxazin 1,3,3-Trimethyl-spiro[indolin-2,3’-[3H]naphth- [2,1-b]-1’,4’-benzoxazin] (Abb. 3.3), ein relativ einfaches Spirooxazingrundgerüst, das im Rahmen dieser Arbeit derivatisiert wurde.7, 11 Die sogenannte actinische Bande liegt bei etwa Ȝ = 320 bis 380 nm. Wird der Spirochrom hier angeregt, so geht er in die offene Form über, welche wegen ihrer strukturellen Nähe zu den Merocyaninfarbstoffen auch als Photomerocyanin bezeichnet wird. Abbildung 3.2 zeigt ein Beispiel für das delokalisierte ʌ-Elektronensystem des transoiden (E-Isomerie) Photomerocyanins und zugehöriger Mesomere, der dipolaren zwitterionischen und der apolaren chinonischen Form. Um die Komplexität der Photochromie der Farbstoffklassen zu verstehen, muß man in Betracht ziehen, daß neben der transoïden Konformation auch die cisoïde auftritt. 9 10 11 R. Guglielmetti, J. Metzger, Bull. Soc. Chim. Fr. 1967, 2824. N. Tyer, J. Becker, R. Becker, J. Am. Chem. Soc. 1970, 92, 1289. N. Chu, Can. J. Chem. 1983, 61, 300. 36 3 Farbstoffe Abbildung 3.4 Absorptionsspektren des 1,3,3-Trimethylspiro-6’-nitro-[2H-1]benzopyran2,2’-indolin N-BIPS in Methylcyclohexan/Decalin bei -160° C (a).12 Veränderung der Farbigkeit nach UV-Belichtung (b), Erwärmung auf -140° C und erneuter Abkühlung (c). man in Betracht ziehen, daß neben der transoïden Konformation auch die cisoïde auftritt. Diese Konformationen liegen, da das heterozyklische System unsymmetrisch ist, als gaucheoder staggered-Isomere vor. Oft herrscht ein Gleichgewicht zwischen den Isomeren. Die Reversion zur geschlossenen Form erfolgt thermisch oder über Belichtung im sichtbaren Bereich des Spektrums. Die Spektroskopie der offenen, farbigen Formen wird dadurch erschwert, daß diese in Lösung thermisch labil sind.3, 8 Eine Untersuchung kann daher nur erfolgen, wenn die Photomerocyanine stabilisiert werden – sei es durch Kühlung oder Einlagerung in beispielsweise Polymermatrices – oder die sehr schnelle flash-Spektrometrie angewendet wird.13, 14 Durch Tieftemperaturuntersuchungen können die Banden von isolierten, farbigen Isomeren gezeigt werden, wie in Abbildung 3.4 dargestellt. E. FISCHER et al. zeigten mit vielen Beispielen, daß die Ringöffnung von Spirochromen wenig, der Ringschluß aber stark temperaturabhängig ist: die geschlossene Form SP eines Spiropyrans ist im glasig erstarrten Lösemittel photoreversibel (Abb. 3.5). Die Ringöffnung führt zum thermisch sehr instabilen cis-cisoiden Übergangszustand X, der bei Erhöhung der Temperatur spontan in die stabilere 12 13 T. Bercovici, R. Heiligman-Rim, E. Fischer, Mol. Photochem. 1969, 1, 23. R. Dubest, P. Levoir, J.Meyer, J. Aubbart, G. Baillet, G. Giust, R. Giuglielmetti, Rev. Sci. Instrum. 1993, 64, 1803. 3 Farbstoffe 37 CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 hQ N hQ'7 O CH3 NO2 Abbildung 3.4 O CH3 CH3 X SP NO2 N N MC O NO2 Isomerisierung des N-BIPS nach der photochemischen Ringöffnung. trans-Konformation des Photomerocyanins MC übergeht. Nach erneuter Abkühlung ist eine Rückschaltung im sichtbaren Licht nicht mehr möglich, da sie sterisch gehindert ist. Konzentration und Lösemitteleffekte haben Auswirkungen auf die Spektren der Spiropyrane und -oxazine.4, 8, 15 Die planaren Photomerocyaninformen tendieren bei hoher Farbstoffkonzentration zu Dimerisierung, was zu zusätzlichen Dimerenbanden führt. Beispielsweise tritt bei hohen Konzentrationen von N-BIPS in Benzol eine zusätzliche Spitze bei Ȝ = 490 nm auf. Lösemitteleffekte beeinflussen die Farbigkeit der Verbindungen sehr stark, denn die offenen Formen verhalten sich wie Merocyaninfarbstoffe hoher Polarität. Bei Übergang zu polarerem Lösemittel resultiert eine hypsochrome Verschiebung des sichtbaren Absorptionsmaximums, welche mit Bandenverbreiterung und Abnahme der Farbigkeit einhergeht. Jedoch führt höhere Polarität auch zu einer Stabiliserung der offenen, zwitterionischen Form gegenüber thermischer Degradation. Als Beispiel soll die Kinetik der Bleichung von belichtetem N-BIPS in Ethanol bei 25° C dienen (s. a. nächster Absatz): in Benzol beträgt die Halbwertzeit t½ etwa 6 s (Geschwindigkeitskonstante kr = 3,76 · 10-4 s-1), in Aceton bereits ungefähr 3 min (kr = 4,73 · 10-3 s-1) und in Ethanol ½ h (kr = 0,112 s-1).15 Protische Lösemittel führen zusätzlich zur Protonierung des basischen Photomerocyanins (Abschnitt 6.2.1). Die Einflußnahme der chemischen Umgebung auf die Stabilität ist Interesse vieler Untersuchungen (wie auch dieser Arbeit) zur Photochemie der Spirochrome. Dabei wurden unter anderem Farbstoffe mit polymerisierbaren oder flüssigkristallinen Gruppen 16, 17 sowie in Polymer-,18 Silicamatrices19, 20, 21, 22, 23 oder porösen Materialien24, 25 eingelagerte Farbstoffe betrachtet. 14 15 16 17 18 19 20 V. Malatesta, Photodegradation of Organic Photochromes, in Organic Photochromic and Thermochromic Compounds Vol. 2, J. Crano, R. Giuglielmetti (Ed.), Kluwer Academic/Plenum Publishers, New York, 1999. J. Flannery Jr., J. Am. Chem. Soc. 1968, 90, 5660. F. Shvartsman, I. Cabrera, A. Weis, E. Wachtel, V. Krongauz, J. Phys. Chem. 1985, 89, 3941. I. Cabrera, V. Krongauz, H. Ringsdorf, Angew. Chem. 1987, 99, 1204. G. Wirnsberger, B. Scott, B. Chmelka, G. Stucky, Adv. Mater. 2000, 12, 1450. D. Levy, D. Avnir, J. Phys. Chem. 1988, 92, 4734. J. Biteau, F. Chaput, J.-P. Boilot, J. Phys. Chem. 1996, 100, 9024. 38 3 Farbstoffe Substituenteneffekte. Eine Stabilisierung der offenen Form wird auch durch geeignete Substituenten erreicht; etwa durch sterisch anspruchsvolle Reste an der N- oder 7-Position der Indolinhälfte26. Die Substitution des Benzopyrans hat entscheidenden Einfluß auf die Stabilisierung des Photomerocyanins.12, 27 Besonders gut eignet sich die Nitrosubstituierung des Spirobenzopyrans an der 6’-Position. Generell wirken sich sowohl elektronenziehende, so etwa Nitro- (-M, -I), als auch Donor-Substituenten, wie die Methoxygruppe (+I), auf den Positionen 6’,7’ und 8’ verlangsamend auf den Bleichprozeß der Spiropyrane aus. Tabelle 3.1 zeigt die Geschwindigkeitskonstanten zur Bleichung ausgewählter Spiropyrane. Zu allen angeführten kinetischen Daten bezüglich der Bleichung sei anzumerken, daß sie basierend auf der HAMMETT-Gleichung unter Verwendung der empirisch ermittelten Konstanten ı und ȡ zum elektronischen Einfluß der Substituenten errechnet wurden. Zudem unterliegen die Messungen einer Vielzahl von Parametern. Die Literaturdaten sind also semiquantitativ. Tabelle 3.1 Geschwindigkeitskonstanten kr der Bleichung von verschiedenen Derivaten des BIPS in Ethanol bei 6° C.a Substituent [-BIPS] -log kr kr [s-1] t1/2b 8-Chloro-5,6-dinitro- 6,63 2,34 · 10-7 34 d 6-Nitro- 4,37 4,27 · 10-5 4,5 h 8-Nitro- 4,20 6,31 · 10-5 3h 6-Methoxy-8-nitro- 3,41 3,89 · 10-4 30 min 8-Methoxy-6-nitro- 3,26 5,50 · 10-4 21 min 6-Chloro- 3,00 1,00 · 10-3 12 min a b 21 22 23 24 25 26 27 Die Halbwertzeiten t½ wurden unter der Annahme einer Reaktion erster Ordnung errechnet. -log kr-Werte aus Lit. 8 (korrigierter und erweiterter Datensatz aus Lit. 27). J.-P. Boilot, J. Biteau, F. Chaput, T. Gacoin, A. Brun, B. Darracq, P. Georges, Y. Lévy, Pure Appl. Opt. 1998, 7, 168. T. Hori, H. Tagaya, T. Nagaoka, J. Kadokawa, K. Chiba, Applied Surface Science 1997, 121/122, 530. M. Nogami, Y. Abe, J. Mater. Sci. 1995, 30, 5789. T. Veselova, I. Obyknovennaya, A. Cherkasov, Opt. Spectrosc. (USSR) 1990, 69, 169. I. Casades, M. Álvaro, H. García, M. Pillai, Photochem. Photobiol. Sci. 2002, 1, 219. Y. Li, J. Zhou, Y. Wang, F. Zhang, X. Song, J. Photochem. Photobiol. A: Chem. 1998, 113, 65. E. Berman, R. Fox, F. Thomson, J. Am. Chem. Soc. 1959, 81, 5605. 3 Farbstoffe 39 Darstellung von Spiropyranen. Zur Synthese eines Spiropyranes benötigt man eine heterozyklische Base und ein ortho-hydroxyliertes, aromatisches Aldehyd. Aufgrund der leichten Zugänglichkeit und den besten photochemischen Resultaten sind Indoline die meistgenutztesten Azaheterozyklen zur Darstellung von Spiropyranen. Die so dargestellten Spiropyrane werden der sogenannten Indolin-Serie zugeordnet. Indoline werden üblicherweise mit Hilfe der FISCHERschen Indolsynthese hergestellt. Dies soll anhand der gebräuchlichsten Baueinheit 1,3,3-Trimethyl-2-methylen-indolin, der FISCHER-Base, erläutert werden. Zunächst wird ein Phenylhydrazin mit einem Methylisopropylketon zu einem Phenylhydrazon umgesetzt. Nun kann die Zyklisierung in saurem Medium durchgeführt werden. Hierbei eignen sich Essigsäure oder alkoholische Zinkchloridlösung unter Ausschluß von Sauerstoff.28, 29 H3C CH3 CH3 CH3 CH3 CH3COOH oder ZnCl2/EtOH _ NH 3 N N N CH2 CH3 CH3 (3.1) Mit der Wahl eines Isopropylketons als Edukt führt die Synthese nicht zum Indol, sondern zum Indolin. Das Phenylhydrazon wird säurekatalysiert von der Imin- in die Enaminform umgewandelt. Nach „Diaza-COPE“-Umlagerung und erneutem Ringschluß wird Ammoniak abgespalten und das Indolin erhalten. Der klassische Weg zur Darstellung eines Azaspiropyrans der Indolin-Serie ist die Kondensation eines 1,3,3-trisubstituierten 2-Alkylidenindolins mit einem Salicylaldehyd. Ebenfalls kann das azazyklische, quarternäre Immoniumsalz eingesetzt werden, denn es läßt sich in basischem Medium zur meist stabilen Anhydrobase umwandeln. Diese kann direkt umgesetzt werden.4 Die Reaktion kann mit hohen Ausbeuten von 70 bis 98 % d. Th. in siedendem Alkohol durchgeführt werden. Man erhält leicht aufzureinigenden, kristallinen Niederschlag.30 CH3 H3C CH3 R3 R1 N CH3 HO-R, 'T + R3 CHO CH OH R2 R1 N O R2 R4 R4 28 29 K. Brünner, Chem. Ber. 1898, 31, 1943. G. Plancher, Chem. Ber. 1898, 31, 1496. (3.2) 40 3 Farbstoffe Der wahrscheinlichste Mechanismus der Reaktion zum Spiropyran ist im Gleichung 3.3 dargestellt. Nach einer Aldol-Reaktion und Dehydrierung folgt der Ringschluß zum Spirochromen. CH3 CH3 CH3 CH3 H N O O H CH2 N O OH CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 OH _ N H2O O BIPS N O CH3 CH3 (3.3) Darstellung von Spirooxazinen. Die gebräuchlichste Methode zur Synthese eines Spirooxazines ist die Umsetzung einer heterozyklischen Base mit einem aromatischen orthoNitrosoalkohol in polarem Lösemittel, wie etwa Ethanol oder Methanol.7, 31 Die Kondensationsreaktion zum Spirochromen führt typischerweise zu Ausbeuten von 30 bis 50 % d. Th. Wird FISCHER-Base eingesetzt, können Ausbeuten von mehr als 70 % d. Th. erreicht werden (Gl. 3.4).32, 33 CH3 CH3 CH3 + N CH2 O N HO-R, 'T _ H 2O CH3 N N O HO CH3 CH3 (3.4) Der Mechanismus der Kondensreaktion verläuft ähnlich derer des Spiropyrans. Die überwiegende Anzahl der erfolgreich synthetisierten Spirooxazine sind Derivate der Napthol- und Phenanthrolverbindungen respektive der Thiazolinanaloga. Thermisch stabile ortho-Nitrosophenole sind nicht bekannt. 30 31 32 33 R. Wizinger, H. Wenning, Helv. Chim. Acta 1940, 23, 249. C. Koelsch, W. Workman, J. Am. Chem. Soc. 1952, 74, 6288. C. Hoelscher, D. McBain, U.S. Patent 4634767 1987. H. Dürr, Y. Ma, G. Cortellaro, Synthesis 1995, 294. 3 Farbstoffe 41 Die Indolinderivate werden, wie schon im vorangehenden Abschnitt erläutert, mittels FISCHER- oder BISCHLER-Synthese dargestellt. Im Vergleich zu den Spiropyranen sind verhältnismäßig wenige Spirooxazinverbindungen bekannt, da zum einen viele Verbindungen – wie schon erwähnt – thermisch instabil sind und die Derivate der mehrkernigen aromatischen 2-Nitrosoalkohole aufwendiger zu synthetisieren beziehungsweise nicht käuflich zu erwerben sind.34, 35 3.2 Azofarbstoffe Die Azofarbstoffe sind eine der wichtigsten Gruppen von Farbstoffen. Im Jahre 1992 machten sie 60 % des gesamten industriellen Farbmittelmarktes aus.36 Die Anilinfarben, wie die Azofarbstoffe auch genannt werden, enthalten eine Azogruppe, zwei mit organischen Resten versehene Stickstoffatome, die untereinander über eine Doppelbindung verknüpft sind. 1861 führte P. GRIESS die erste Azokupplung mit aromatischen Komponenten durch, nachdem er schon 1858 die erste Diazoverbindung darstellte und, beruhend auf falscher Strukturaufklärung, die Namen „diazo“ und „azo“ einführte.37 Die allgemeine Formel für Azofarbstoffe lautet R1-N=N-R2, wobei R1 meist ein cyclischer Aromat ist (zum Beispiel Benzol-, Naphtalin-, Anthracen- oder heterocyclische Derivate). R2 kann ein Arylrest oder auch ein Alkylrest sein, sofern eine S-Bindung zur Konjugation mit der Azogruppe angeboten wird. Anwendung. Die einfache allgemeine Formel sowie die milden Reaktionsbedingungen zur Synthese lassen eine Vielzahl unterschiedlicher Farbstoffe zu. Daher kann man mit den ökonomisch herzustellenden Azofarbstoffen, welche in der Natur nicht vorkommen, die ganze Farbpalette abdecken. Ebenso kommen Azofarbstoffe auch in vielen Gruppen vor: etwa den Säure-, Direkt-, Reaktiv-, Entwicklungs- und Dispersionsfarbstoffen sowie den Chromierund Beizenfarbstoffen, die zusammen mit Metallsalzen einen Farblack bilden. Aufgrund der Vielzahl der Anbindungsmöglichkeiten werden mit Azofarbstoffen Wolle, Baumwolle, Sei34 35 36 37 J. Crano, T. Flood, D. Knowles, A. Kumar, B. van Gemert, Pure & Appl. Chem. 1996, 68, 1395. K. Venkataraman, The Chemistry of Synthetic Dyes, Vol. 1, Academic Press, New York 1952. Azofarbstoffe, in Römpp Lexikon Chemie CD-ROM V. 1.1, Thieme, Stuttgart 1996. H. Zollinger, Diazo Chemistry I, VCH, Weinheim 1994. 42 3 Farbstoffe denstoffe, Natur- und Kunstfasern, Öle, Wachse, Fette und Cellulose eingefärbt. Azofarbstoffpigmente werden bei der Kunststoffherstellung eingegossen oder verlackt. Ferner können Fasern, die einen hohen Tyrosin- und Tryptophananteil haben (Seide, Wolle) mit Diazoniumsalzen die Azokupplung eingehen. Eigenschaften. Die sp2-Hybridisierung der Stickstoffatome der Azogruppe läßt eine Z/EIsomerie der Azofarbstoffe vermuten. Tatsächlich entdeckte G. HARTLEY nach der Bestrahlung mit UV-Licht diese Isomerie, wobei das Z-Isomer 12 kcal energiereicher ist.39 Ebenfalls ist eine thermische Isomerieänderung möglich. Die Isomerisierung erfolgt über eine Umhybridisierung (Inversion) eines der Stickstoffatome oder – besonders bei Farbstoffen mit Donor-Akzeptor-Substitution in 4-4’-Stellung – über einen Rotationsübergangszustand (Abb. 3.5).40 Die Absorption der Azofarbstoffe ist lösungsmittelabhängig. Die Solvatochromie äußert sich bei Polaritätserhöhung des Lösungsmittels in einem bathochromen Effekt (Rotverschiebung). Ebenfalls tritt eine Farbänderung bei Protonierung der Verbindungen auf. Die Protonierung erfolgt hierbei nicht nur an der Azofunktion des Farbstoffes, sondern auch an der – sofern vorhanden – tertiären Aminogruppe. Es liegt ein Gleichgewicht zwischen den beiden Tautomeren vor, so daß die protonierte Form stabilisiert wird und Bathochromie auftritt. Daher dient zum Beispiel 4-Dimethylaminoazobenzol (Buttergelb) als Säure-Base-Indikator. A N N N N A D D N N D D Abbildung 3.5 38 39 40 N A N A Z/E-Isomerisierung eines Azofarbstoffes über Inversion und Rotation.38 H. Hupfer, Angew. Chem. 1958, 70, 245. G. Hartley, Nature, 1937, 140, 282. H. Zollinger, Colour Chemistry, VCH, Weinheim 1991. 3 Farbstoffe 43 H N N R1 R2 N N N R2 R1 I Abbildung 3.6 H H R2 N R1 III II Mögliche Bindung eines Protons an eine Azofunktion. Die Isomerisierung der Azobindung kann ebenfalls durch die Protonierung beeinflußt werden (Abb. 3.6), denn das Wasserstoffatom kann, im Gegensatz zur früheren Annahme (I), auch eine Mehrzentrenbindung mit der Azofunktion eingehen (II), wodurch das Z-Isomer stabilisiert wird.41 Bei einem denkbaren Einsatz des farbstoffbeladenen Zeolithen als optisches Speichermedium ist Stabilisierung des labileren Z-Isomers wichtig. Ein S-Komplex mit dem Proton (III) beim E-Isomer konnte hingegen nicht bewiesen werden. Darstellung. Zur Herstellung von Azofarbstoffen wurden verschiedene Verfahren entwickelt: Kondensationsreaktionen von Aminen mit Nitroverbindungen, die Reduktion von Nitroverbindungen, die Oxidation von Aminen oder die Diazotierung von Aminen mit anschließender Kupplung. Größte technische Bedeutung hat das letztere Verfahren. Auch bei der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Farbstoffsynthese wurde die Methode der Azokupplung angewendet. Dabei wird ein primäres aromatisches Amin mit einem nitrosierenden Agens umgesetzt und mit einer nukleophilen Kupplungskomponente zur Azoverbindung verknüpft.42, 43 Ar NH 2 X NO HR o X Ar N N R HX H 2 O Cl, Br, NO 2 , HSO 4 (3.5) Diese Bruttogleichung beinhaltet die Diazotierung und die eigentlich Azokupplung. Als Diazotierung bezeichnet man die Nitrosierung eines primären, meist aromatischen Amins mit einer Nitrosylionen übertragenden Spezies. Die Reaktion erfolgt meist mit Natriumnitrit in saurer, wäßriger Lösung.37 Ar NH 2 NaNO 2 2 HX X Cl, HSO 4 , NO 3 o Ar N 2 X NaX 2 H 2 O (3.6) Dabei darf der pH-Wert nicht zu hoch sein, da sonst die Wasserlöslichkeit des Amins sinkt, sich Triazene (Ar-N=N-NH-Ar, Diazoaminoverbindungen) bilden können oder ein Überschuß an zur Diazotierung ineffektiver Reagenz (HNO2, NO2–) entsteht. 41 42 43 H. Jaffé, R. Gardner, J. Am. Chem. Soc. 1958, 80, 319. E. Müller, Neuere Anschauungen der organischen Chemie, Thieme, Stuttgart 1957. T. Laue, A. Plagens, Namens- und Schlagwortreaktionen der organischen Chemie, Teubner, Stuttgart 1995. 44 3 Farbstoffe Mechanismus und Kinetik konnten, nach einer lange als Lehrmeinung geltenden Fehlinterpretation von HANTZSCH und SCHÜMANN (1899), 1958 von HUGHES, INGOLD und RIDD aufgeklärt werden.37 langsam Ar NH 2 HNO 3 o Ar NH NO Ar N 2 OH schnell schnell o (3.7) H O 3o Ar N { N Es wird deutlich, daß unbedingt primäres Amin zugegen sein muß, da sonst lediglich ein Nitrosoamin entsteht, welches nicht in das Diazoniumion überführt werden kann. Bei der Diazotierung fungiert nicht etwa die salpetrige Säure, sondern Dinitrogentrioxid als reaktives Agens. Die der Nitrosierung vorgelagerten Gleichgewichtsreaktion zeigen die Abhängigkeit der Diazotierung von der Säurekonzentration. o m HNO 2 NO 2 H HNO 2 H (3.8) o o m H 2 O NO m NO H 2 O (3.9) o NO H 2 O m ON O NO 2 HNO 2 (3.10) o m N 2O3 H2O (3.11) Problematisch ist die geringe Lagerfähigkeit der Diazoniumverbindungen. Da Aryldiazoniumionen durch den aromatischen Ring Resonanzstabilisierung erfahren, finden nur sie Anwendung. Im allgemeinen sind diese Verbindungen nur bei Temperaturen unter 5 °C stabil, doch auch dann empfielt sich eine rasche Weiterverarbeitung. Um arylische Diazoniumverbindungen auch bei Raumtemperatur zu handhaben, versieht man sie mit Gegenionen, welche die Stabilität verbessern helfen. Man stellt beispielsweise Zinkdoppelsalze her [ArN2+]2[ZnCl4]2– oder Tetrafluoroborate (4-Nitrobenzoldiazoniumtetrafluoroborat ist sogar käuflich). Eine noch bessere Stabilisierung ist über eine Kombination von COULOMBWechselwirkung und Charge-Transfer-Komplex mit Naphtylsulfonsäuren möglich. Aromatische Diazoniumsalze werden ebenfalls in Lösung durch Kronenether stabilisiert.37 Als Azokupplung wird die Verknüpfung eines Diazoniumions mit einer elektronenreichen Kupplungskomponente (zum Beispiel Aromaten mit Hydroxy- oder Aminofunktion) bezeichnet.43 Ar N 2 X HR o Ar N N R HX (3.12) 3 Farbstoffe 45 Es ist zu beachten, daß in stark alkalischem Medium eine Umwandlung des Diazoniumions in das Diazohydroxid erfolgt. Den einzustellenden pH-Wert bestimmt jedoch die ausgewählte Kupplungskomponente. Phenole werden in alkalischer Lösung umgesetzt, da erst die Phenoxidionen reaktiv genug für die Kupplung sind. Bei Aminen hingegen – wie bei der hier durchgeführten Reaktion – sollte die Lösung leicht sauer sein, damit einerseits das freie Amin und andererseits das Diazoniumion in hoher Konzentration vorliegen. Bei der Azokupplung handelt es sich um eine SE2-Reaktion. Die Reaktivität am terminalen Stickstoffatom des schwachen Elektrophils Diazoniumsalz kann durch Substitution eines Akzeptors in p-Stellung erheblich verbessert werden. Umgekehrt kann bei der Kupplungskomponente die Elektronendichte in p-Stellung zu einer Donorgruppe, etwa einem tertiären Amin, erhöht werden. Eine Azokupplung erfolgt bei aromatischen Komponenten stets in p-Position oder, wenn diese besetzt ist, in o-Position zum Substituenten, aber nie in m-Stellung. Abbildung 3.7 zeigt den Mechanismus der Kupplungsreaktion. Kupplungskomponente H3C N N N N N C O H3C O Diazoniumion Abbildung 3.7 N N H3C CH3 H -H O H C O H CH3 N C O N N N C O H CH3 O O H 4'-Dimethylamino-azobenzol-4-carbonsäur Der Mechanismus der Azokupplung (Bildung von 4’-Dimethylaminoazobenzol-4-carbonsäure).43 46 3 Farbstoffe 3.3 Rhodaminfarbstoffe Die Rhodamine sind Xanthenfarbstoffe, die zur Klasse der Cyanin-Chromophoren zählen. Die chromophore Gruppe der Rhodamine ist das Xanthen-Grundgerüst (Abb. 3.8). Aufgrund des symmetrischen Aufbaus des Xanthens haben die beiden mesomeren Grenzstrukturen die gleiche Wahrscheinlichkeit, was das Auftreten eines statischen Dipolmomentes längs der Molekülachse verändert. Das gilt sowohl für den Grund- als auch für den angeregten Zustand des Moleküls.44 Eigenschaften. Aufbauend auf dem Xanthengerüst kann eine Derivatisierung erfolgen. Je nach Substitutionsmuster spricht man von Pyroninen, Rosaminen und den in 9-Position phenylsubstituierten Fluoresceinen und Rhodaminen.45 Die wichtigsten Vertreter der Xanthenfarbstoffe sind die Rhodamine. Das Xanthen trägt in 9-Position ein Phenylrest, welcher am D-Kohlenstoffatom mit einer Carboxy- oder Sulfoxygruppe substituiert ist. Dieser Rest steht beinahe rechtwinklig zur Ebene des Chromophoren, so daß er nicht Teil des S-Elektronensystems ist. Daher hat eine Substitution des Phenylrestes oder der Säurefunktion keinen großen Einfluß auf das Absorptionsverhalten des Farbstoffes. Auch die Pyronine, die sich durch eine fehlende 9-Substitution von den Rhodaminfarbstoffen unterscheiden, zeigen R N R 3 1 4 9 O 10 8 5 7 6 R 45 R N 2 44 R N O Abbildung 3.8 R N R Das Xanthengrundgerüst; mesomere Grenzstrukturen. R K. Drexhage, in Dye Lasers, F. Schäfer (Ed.), 3. Aufl., Springer, Berlin 1990. H. Schweizer, Künstliche organische Farbstoffe und ihre Zwischenprodukte, Springer, Berlin 1964. 3 Farbstoffe 47 im Vergleich mit einem verwandten Rhodamin nur geringe Verschiebungen des Absorptionsmaximums. Entscheidender ist die Substitution in 3- und 6-Position. Die Wellenlänge der absorbierten Strahlung wächst mit der Größe der elektronenschiebenden Alkylreste der Aminfunktionen. Beim Übergang von primären Aminen zu tertiären (Rhodamin B) erreicht man eine bathochrome Verschiebung von Ȝ | 510 zu 555 nm. Ebenfalls läßt sich die Dissoziation der sauren Farbstoffe in polaren Medien spektroskopisch verfolgen. Beim Übergang von der kationischen zur zwitterionischen Form des Rhodamin B erfolgt in Wasser eine Blauverschiebung um 3 nm und in Ethanol um 10 nm.46 Photochromes Verhalten können auch Rhodamine zeigen. Die Säurefunktion des Farbstoffes kann eine Lactonisierung eingehen, so daß sich in 9-Position des Xanthen-Gerüstes ein Spirolacton ausbildet (Abb. 3.9). Bei der Reaktion der Carbonsäure spricht man auch von der Bildung eines Phthalids. Die Tautomerisierung zum Spirolacton verändert das Absorptionsverhalten des Moleküles entscheidend: durch die Störung des chromophoren Systems hat das Rhodamin nur noch eine leicht gelbe Farbigkeit, während es in der chinoiden Form eine hohe Extinktion aufweist. Mittels der Polarität des Lösemittels und Säuren- oder Basenzugabe kann man die Gleichgewichtslage zwischen den Tautomeren beeinflussen. Anwendung. Die Rhodamine finden vielfältige industrielle Anwendung. Sie werden als Indikatoren in der Analytik verwendet und dienen als Druckerfarben und Wollfarbstoffe. Ebenfalls werden sie als Farbstoffe für Laser und Leuchtpigmente genutzt und finden Verwendung als Mikroskopiefarbstoff.47 So auch das in dieser Arbeit als Säurechlorid eingesetzte Sulforhodamin B, welches darüber hinaus ein Kosmetikfarbstoff ist. Das ist nicht unproblematisch, denn in Tierversuchen zeigten Rhodamine carcinogene Wirkung.48 Et Et Et N Et B Abbildung 3.9 N HB CO2H O O O O Et Et N Et 46 47 48 N Et Die Photochromie der Rhodamine (Beispiel: Rhodamin B). Es besteht ein Gleichgewicht zwischen farbigem, chinoidem Tautomeren (l.) und blassem, lactoiden Tautomeren (r.). P. Sadowski, G. Flemming, Chem. Phys. Lett. 1978, 57, 526. Rhodamine, in Römpp Lexikon Chemie, CD-ROM V. 1.5, Thieme, Stuttgart 1998. IARC Monogr. 1978, 16, 221. 48 3 Farbstoffe 3.4 Phthalocyanine Phthalocyanine gehören zur Gruppe der Porphyrazine, in deren Porphyrin-Grundgerüst die Methingruppen durch Azabrücken ersetzt sind. Das 16gliedrige 18-S-Elektronensystem besteht aus vier über Methingruppen vernüpften Pyrroleinheiten. Die Verbindung ist aufgrund ihres planaren, konjugierten S-Elektronensystems ein HÜCKEL-Aromat. Das konjugierte Elektronensystem ist leicht anregbar, so daß alle Porphyrine farbig sind. Nach der IUPACNomenklatur werden die Pyrroleinheiten mit den Lettern A bis D im Uhrzeigersinn bezeichnet und die Kohlenstoffgerüstatome bei Ring A beginnend mit arabischen Zahlen beziffert. Dann erst erfolgt die Numerierung der Stickstoffatome (Abb. 3.10).49 Eigenschaften. Durch Austausch der schwach aciden Wasserstoffatome im Ringinneren werden Metallatome komplexiert. In der Natur treten solche Metallkomplexe in entscheidender Funktion auf: unerläßlich für den Sauerstofftransport und die Sauerstoffspeicherung im Tiergewebe ist die prosthetische Gruppe des Hämoglobins und Myoglobins. Ebenfalls eisenhaltige Porphyrine sind in den Cytochrom-Enzymen, die biochemische Redoxreaktionen katalysieren, enthalten. Die Photosynthese der Pflanzen benötigt den grünen Farbstoff Chlorophyll, einen Mg(II) Komplex.50, 51 18 17 50 51 N H 21 C 12 N 3 11 10 9 H N 5 N H N N 6 B N N 4 23 H 22 N N 14 Abbildung 3.10 2 1 A N 24 15 49 20 D 16 13 19 18-S-Elektronensystem des 7 N 8 Die Strukturformeln von (a) Porphyrin und (b) 5,10,15,20-Tetraazaporphyrin (Porphyrazin). Das a b Porphyrins ist markiert. IUPAC-IUB Joint Commission on Biochemical Nomenclature, Pure Appl. Chem. 1987, 59, 779. H. Dehne, D. Kreysig, Natürliche organische Makromoleküle, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Leipzig1982. A. Lehninger, D. Nelson, M. Cox, Prinzipien der Biochemie, 2. Aufl., Spektrum, Heidelberg 1994. 3 Farbstoffe 49 SO2Cl ClO2S N N N Abbildung 3.11 N M N Die Strukturformel von M-2,9,16,23Tetrasulfonylchloridphthalocyanin. N N N ClO2S SO2Cl Werden die Methingruppen durch Azabrücken ersetzt, so erhält man das sogenannte Porphyrazin, das 5,10,15,20-Tetraazaporphyrin. Die Benzanellierung der Pyrroleinheiten führt schlußendlich zum Tetrabenzo[b,g,l,q]-5,10,15,20-tetraazaporphyrin, dem Phthalocyanin (Pc). Der planare Makrozyklus besteht aus vier azaverknüpften Isoindolenin-Einheiten und hat 42 S-Elektronen, wobei er mit dem Porphyrin das 18-S-Elektronensystem gemeinsam hat. Das Dianion des Phthalocyanins bildet mit vielen Metallen und Übergangsmetallen und Nichtmetallen stabile Komplexe, unter anderem mit Na, Ca, Cu, Zn, Co, Fe und Pt aber auch mit B, Ge, As, P und Si.52 Besonders stabil sind Phthalocyanine mit den Zentralatomen Cu, Zn, Fe, Co und Pt. Diese lassen sich im Vakuum bei 550 – 600 °C unzersetzt sublimieren.53 Als Beispiel ist ein Metall-2,9,16,23-Tetrasulfonylchloridphthalocyanin in Abbildung 3.11 gezeigt. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Zn-Komplex verwendet. Die Löslichkeit der dunkelgrünen bis blauvioletten Phthalocyanine ist beschränkt. In wäßriger Lösung bilden sie Dimere oder Aggregate höherer Assoziation und auch in den meisten organischen Lösungsmitteln sind sie schwerlöslich. Eine Möglichkeit, die Löslichkeit zu verbessern, ist die Protonierung der Stickstoffatome mit einer starken Säure. Eine Steuerung der Löslichkeit in polaren oder unpolaren Lösungsmitteln ist über eine geeignete Substitution möglich. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Tetrasulfophthalocyanine zu dem entsprechenden Sulfonylchlorid umgesetzt; die Verbindung war in DMSO löslich. Verwendung. Das Phthalocyanin fanden 1907 erste Erwähnung bei A. BRAUN und J. TSCHERNIAK, die es als Nebenprodukt bei der o-Cyanobenzamidsynthese erhielten.54 Die 52 53 54 F. Moser, A. Thomas, The Phthalocyanines, CRC-Press 1983. H. Zollinger, Color Chemistry: Syntheses, properties and applications of organic dyes and pigments, 2. Aufl., VCH, Weinheim 1991. A. Braun, J. Tscherniak, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1907, 40, 2711. 50 3 Farbstoffe Strukturaufklärung erfolgte allerdings erst 1934 durch R. LINSTEAD.55 1935 wurde Phthalocyanin erstmalig im technischen Maßstab dargestellt. Heute sind Phthalocyanine vielverwendete organische Pigmente, die Verwendung als Küpen- und Direktfarbstoffe finden. Man färbt mit ihnen Textilien und Lacke ein, und auch als Lebensmittelfarben sind sie zugelassen. Ebenfalls werden Phthalocyaninfilme in optischen Speichermedien mittels Lochbrennen durch Laserlicht genutzt.56 Ein breites Anwendungsgebiet der Phthalocyanine ist das der Katalyse chemischer Prozesse. Aus den vielfältigen Verwendungen in der Technischen Chemie seien einige Beispiele aufgeführt: bei der Erdölentschwefelung werden Co(II)-Pcs zur Oxidation von Thiolen mit Sauerstoff eingesetzt (Merox-Prozeß).57, 58 Phthalocyanine finden Anwendung als Polymerisationsbeschleuniger (z. B. als Sikkative für trocknende Firniß). Fe(II)-Pcs katalysieren die Oxidation von ungesättigten organischen Verbindungen, Hydrierungen und Zersetzungen sowie der Darstellung von Cumolhydroperoxid. Photokatalysierte Oxidationen führen oft zu höher oxidierten Produkten, und ebendiese besonderen photochemischen Eigenschaften der Phthalocyanine eröffnen ein weiteres Feld von Anwendungen: Pcs werden in der photodynamischen Tumortherapie (PDT) als Photosensibilisatoren zur Generierung von Singulettsauerstoff klinisch getestet.59 Diese Eigenschaft kann auch zur Abwasserreinigung genutzt werden. Die Phthalocyanine haben eine für organisches Material außergewöhnlich hohe elektrische Leitfähigkeit, die über verschiedene Parameter gesteuert werden kann. Aufgrund ihrer guten Photoleitfähigkeit können sie als Alternative zu anorganischen Photovoltazellen eingesetzt werden.60 Bereits kommerzielle Anwendung finden sie als Photoleiter in Kopiergeräten und Laserdruckern. Spektroskopische Eigenschaften. Das bereits erwähnte, aromatische 18-S-Elektronensystem der Porphyrine, Porphyrazine und Phthalocyanine absorbiert mit seinen delokalisierten Elektronen sichtbares Licht. Dabei werden S o S*- und n o S*-Übergänge in das LUMO des jeweiligen Moleküls angeregt.61 55 56 57 58 59 60 61 R. Linstead, J. Chem. Soc. 1934, 1016. R. Hoppe, G. Schulz-Ekloff, D. Wöhrle, M. Ehrl, C. Bräuchle, Zeolite, Chemistry and Physics, P. Jacobs (Ed.), Elsevier 1991, 199. A. Leitao, A. Rodrigues, Chem. Eng. Sci. 1987, 42, 2291. T. Buck, D. Wöhrle, G. Schulz-Ekloff, J. Mol. Catal. 1991, 70, 259. D. Wöhrle, A. Ardeshirpur. A. Heuermann, S. Müller, G. Grashew, H. Rinneberg, Makromol. Chem., Makromol. Symp. 1992, 59, 17. D. Wöhrle, D. Meissner, Adv. Mater. 1991, 3, 129. M. Gouterman, J. Chem. Phys. 1959, 30, 1139. 3 Farbstoffe Tabelle 2.1 51 Die Absorptionsbanden der Phthalocyanine. Bezeichnung der Absorptionsbanden Wellenlänge Ȝ / nm Q-Bande 740 – 600 B-Bande (Soret-Bande) 420 – 320 N-Bande 330 – 285 L-Bande 276 – 230 Die Phthalocyanine mit den Azabrücken und dem durch Benzogruppen erweiterten Porphyringerüst zeigen eine Aufspaltung der besetzten a1u- und a1u-Orbitale. Daher kommt es zur Rotverschiebung der längstwelligen Absorptionsbande Q, da der HOMO-LUMO-Abstand verringert ist. Mit dem bathochromen geht ein hyperchromer Effekt einher. Gegenteilige Auswirkung hat die Aufspaltung auf die Soret-Bande: die Bande erfährt eine hypsochrome Verschiebung und Hypochromie. Metallfreie Phthalocyanine erfahren gegenüber den metallhaltigen eine Aufspaltung der Q-Bande, da der Verlust des Zentralatoms eine Erniedigung der Symmetrie bedeutet. Es erfolgt ein Übergang von D4h- zur D2h-Symmetrie. Die Lage der Absorptionsbanden wird von einigen Parametern beeinflußt: eine starke bathochrome Verschiebung resultiert aus der Substitution mit Gruppen, die einen +M-Effekt haben. Benzanellierung bewirkt eine Rotverschiebung der Q-Bande um Ȝ | 100 nm. Weiteren Einfluß auf die Absorptionsbanden hat die Wahl des Zentralatoms und das gewählte Lösemittel. Eine Aggregation der Pcs bewirkt eine Intensitätserhöhung der Soret-Bande und eine Intensitätserniedrigung, Verbreiterung und hypsochrome Verschiebung der Q-Bande. 52 3 Farbstoffe 4 Analytische Methoden 53 4 Analytische Methoden Die Charakterisierung anorganischer Wirt-Gast-Systeme, insbesondere poröser Silikatmaterialien, die meist pulverförmig vorliegen, erfordert den Einsatz von Festkörpermethoden. Diese Techniken sind erst in jüngster Zeit dank dem gesteigerten Interesse an modernen Funktionsmaterialien gebräuchlich geworden und teilweise noch nicht Bestandteil der universitären Ausbildung. Gerade auch die Kombination von organischen Chromophoren in anorganischen Matrices erfordert häufig maßgeschneiderte Lösungen. Oft kann nur der Einsatz mehrerer dieser Methoden die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten schrittweisen Funktionalisierungen ausreichend dokumentieren. Bei der ausführlichen Darstellung der analytischen Techniken soll nur auf diese Pulvermethoden eingegangen werden. Ihre Kenntnis ist unerläßlich zum Verständnis der Diskussion der Ergebnisse. Standardverfahren der Naßanalytik etc. werden bewußt nicht vorgestellt. Si-MCM-41 ist im Gegensatz zum Faujasit kein kristallines Material. Es besitzt – wie schon erwähnt – keine Nahordnung, aber eine Fernordnung. Diese erlaubt den Einsatz der PulverRöntgendiffraktometrie (x-ray reflexion diffractometry, XRD) im Bereich kleiner Einstrahlwinkel. Mit Hilfe von Physisorptionsmessungen kann die Textur der porösen Materialien näher charakterisiert werden. Aus den erhaltenen Sorptionsisothermen lassen sich Strukturparameter wie Porenvolumen, -durchmesser sowie äußere und innere Oberfläche vor und nach der Modifizierung bestimmen. Eine Sichtkontrolle der Partikel wird mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) und dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) durchgeführt, wobei letztere Methode bereits die Porengeometrie erkennen läßt. Eine einheitliche Gestalt der Partikel und eine hohe Ordnung der Poren deuten auf eine hohe Qualität des Materials hin. Eine Charakterisierung der organischen Bestandteile erfolgt mittels Reflexions-UV/VisSpektroskopie und diffuse-reflexion-infrared-FOURIER-transformation-Spektroskopie (DRIFT) sowie Einzelmolekülfluoreszenzmikroskopie von fluoreszierenden Chromophoren. 54 4 Analytische Methoden 4.1 Pulver-Röntgendiffraktometrie W. RÖNTGEN entdeckte 1895, daß beim Eindringen energiereicher Elektronen in Metall elektromagnetische Strahlung mit hohem Durchdringungsvermögen erzeugt wird. Die nach ihm benannte Röntgenstrahlung umfaßt einen Wellenlängenbereich von 1 bis 5 · 10-3 nm. Für die Röntgenkristallstrukturanalyse wird relativ weiche Strahlung (0,03 bis 0,5 nm) verwendet. Das Spektrum der Röntgenstrahlung wird vom Material der emittierenden Anode (target) und der Beschleunigungsspannung bestimmt und durch das Abbremsen der Elektronen in der Oberfläche des target (Bremsspektrum) erzeugt. Dem kontinuierlichen Spektrum der „weißen“ Strahlung sind einzelne, charakteristische Spitzen überlagert. Diese scharfen Linien resultieren aus Elektronenübergänge zwischen den inneren Schalen der Atome.1 Die Linien sind nach den Übergängen der Elektronen in die K-Schalen der Atome bezeichnet. Oft wird, wie auch in dieser Arbeit, eine Röntgenröhre mit Kupfertarget und Nickelfilter verwendet. Die Cu-KD-Linie (O = 0,154 nm) ist eine häufig genutzte monochromatische Strahlung. M. VON LAUE, W. FRIEDRICH und P. KNIPPING bewiesen 1912 die Beugung von Röntgenstrahlen an der Netzebenenschar von Kristallen und das Auftreten von Interferenzphänomenen. Bezüglich der Reflexion einer ebenen Röntgenwelle kohärenter, monochromatischer Strahlung an einer Netzebenenschar gilt die folgende Bedingung nach W. L. BRAGG (1913), die auch BRAGGsches Gesetz genannt wird:2 2 d hkl sin T 1 2 nO (4.1) n : Ordnung der Interferenz d : Gitterebenenabstand hkl : LAUE-Symbole, (MILLERsche Indices) x n T : Glanzwinkel O : Wellenlänge W. Kleber, Einführung in die Kristallographie, 17. Aufl., Verlag Technik, Berlin 1990. Kristallstrukturanalyse, in Römpp Lexikon Chemie CD-ROM V. 1.5, Thieme, Stuttgart 1998. 4 Analytische Methoden Abbildung 4.1 55 Skizze des Strahlenganges eines Röntgendiffraktometers (PHILIPS™ X’pert D1, BRAGG-Methode). F: Strichfokus der Röntgenröhre, B: Blende, M: Parabol-Monochromator, F’: Brennfleck, DS: programmierbarer Divergenzschlitz, DM: Divergenzmaske, P: Probe, SS: Streustrahlungschlitz, SB: Söllerblende, DB: Detektorblende, GK: Goniometerkreis, FK: Fokusierkreis, D: Detektor.3 Pulververfahren. Um auch pulverförmige Proben feiner Partikel und nicht nur exakt ausgerichtete Einkristalle vermessen zu können, entwickelten P. DEBYE und P. SCHERRER das erste Pulververfahren für monochromatische Strahlung. Bei dem DEBYE-SCHERRER-Verfahren wird eine rotierende Kapillare mit der Probe bestrahlt und ein Beugungsdiagramm mittels einer ringförmigen Filmebene aufgezeichnet. In einem modernen Pulver-Diffraktometer nach der BRAGG-Methode (Abb. 4.1) wird die Probe auf einem flachen Träger verteilt und die Reflexion (konstruktive Interferenz) im Glanzwinkel ș gemessen. Die gebeugte Strahlung fällt im Winkel 2ș zum Einstrahlwinkel ein. Grundprinzip aller Pulververfahren ist das Vorhandensein einer großen Zahl Kristalle oder geordneter Bereiche in homogener Durchmischung, damit gewährleistet ist, daß eine ausreichende Anzahl Partikel so ausgerichtet ist, daß sich immer Netzebenenscharen finden, die die BRAGGsche Reflexionsbedingung (Gl. 4.1) erfüllen. Bei der Präparation der Pulverproben ist also stets darauf zu achten, daß die Verteilung der Einzelkörner statistisch isotrop 3 Bedienungshandbuch zum PHILIPS X’pert D1-Röntgendiffraktometer. 56 4 Analytische Methoden ist. Bei einer Orientierung der Partikel können die Intensitäten der Interferenzlinien verändert werden. Die Materialien wurden mit der BRAGG-Methode charakterisiert. Man bezeichnet den Aufbau, bei dem Eintrittsspalt, Probe und Zählrohr auf einem Fokussierungskreis liegen, als Fokussierprinzip nach BRAGG und BRENTANO. Um die zu bestrahlende Probe ist ein Goniometerkreis geschlagen, auf dem das Zählrohr geführt wird. Abbildung 4.1 zeigt den Strahlengang eines PHILIPS X’pert D1-Diffraktometers, mit dem ein Teil der Si-MCM-41-Proben vermessen wurden. Zur Präzisionsbestimmung von Gitterkonstanten wird eine Söllerblende verwendet, durch deren parallel montierte Lamellen Röntgenstrahlen mit geringer Divergenz (> 0,02°) ausgeblendet werden. Die kristallinen Faujasite zeigen Reflexe im Bereich von 5° und 50° 2ș. Die Netzebenenabstände der amorphen MCM-41-Materialien sind viel größer, so daß die Reflexe zwischen 1° und 8° 2ș auftreten. Dies erfordert eine besonders geringe Divergenz des Röntgenstrahls (s. o.). Die Fernordnung der mesoporösen Silikate führt zu stark verbreiterten Reflexen. Unter Berücksichtigung der hexagonalen Geometrie des MCM-41 läßt sich die Gitterkonstante a0 aus dem Netzebenenabstand d100 (Abb. 2.8) berechnen:4 d100 a0 O (4.2) 2 sin T 2 d100 3 . (4.3) Die ebenfalls untersuchten mesoporösen Dünnfilme haben eine kubisch-primitive Geometrie ( P m3m ), also gilt für die Untersuchungen in Abschnitt 7.3: d hkl 4 5 a 2 2 h k l 2 .5 C.-F. Cheng, W. Zhou, J. Klinowski, Chemical Physics Letters 1996, 263, 247. P. Atkins, Physikalische Chemie, 3. Aufl., VCH, Weinheim 2002. (4.4) 4 Analytische Methoden 57 4.2 Sorptionsmessungen 4.2.1 Allgemeines Elektronenmikroskopische Methoden und Röntgenstrukturanalyse geben Aufschluß über Gestalt (Morphologie) sowie Kristallgeometrie und Fernordnung von feinen Partikeln. Um eine Aussage über weitere Strukturparameter des Materials, insbesondere Oberflächenbeschaffenheit der Porenwandungen, zu machen, eignen sich Verfahren der Sorptionsmessung. Aus den gewonnenen Daten können nach rechnerischer Auswertungen das Porenvolumen, die Porendimension sowie interne und externe Oberfläche einer Pulverprobe abgeschätzt werden. Allen Sorptionsmeßmethoden geht eine Entgasung der Probe voran, wonach bei statischem Volumen diskrete Gasdosen zugeführt werden oder kontinuierlich Gas nachgeführt wird. Das Adsorptionsgas kann ebenfalls Bestandteil einer Mischung mit wenig adsorbierendem Helium sein, welche die Probe durchströmt.6 Als Sorptionsgase werden meist Stickstoff oder – bei Messung kleinster Volumina – Krypton oder Helium eingesetzt, denn die Edelgase haben einen kleineren Radius. Die Physisorption eines Gases in einem Porenvolumen oder auf einer Oberfläche eines Festkörpers ist ein komplexes Spiel von Wechselwirkungen und Kondensationsprozessen. Zwischen der Oberfläche des Adsorbanten und des zu adsorbierenden Moleküls wirken Kräfte von der Stärke der VAN-DER-WAALS-Kräfte. Der Prozeß der Adsorption ist exotherm und hängt in erster Linie von Druck und Temperatur ab. Bei steigendem Druck und fallender Temperatur wird mehr Gas adsorbiert bis schließlich der Sättigungsdruck, bei der die Kondensation des Sorptionsgases eintritt, erreicht wird. Man mißt das Volumen beziehungsweise die molare oder absolute Menge an adsorbiertem Gas als Funktion des Gasdruckes p bei konstanter Temperatur unter Standardbedingungen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde zumeist Stickstoff als Sorptionsgas eingesetzt. Dabei wurde bei der Temperatur des siedenden, flüssi- 58 4 Analytische Methoden gen Stickstoffes N2 fl gearbeitet. Für gewöhnlich gibt man die Menge an adsorbiertem Stickstoff als Volumen Va unter Standardbedingungen an und trägt dieses als Ordinate auf. Die Abzisse zeigt den relativen Druck p/p0, wobei p der Gasdruck und p0 der Dampfdruck der verwendeten adsorptiven Substanz sind. So erhält man Adsorptionsisothermen, anhand derer man Aussagen über die Textur des Adsorbates machen kann. Der Prozeß der Adsorption ist meist reversibel, gehorcht aber oft anderen Gesetzen als die Desorption. Man unterscheidet nach der IUPAC-Nomenklatur sechs Typen von Sorptionsisothermen, von denen die Bezeichnungen der ersten fünf der Numerierung nach BRUNAUER folgen.8 Im Rahmen dieser Arbeit sollen nur die Adsorptionsisothermen vom Typ 1 und 4 vorgestellt werden. Abbildung 4.2 zeigt die Typ-1-Isotherme, die auf mikroporöse Materialien hindeutet, sowie die Typ-4-Isothermen eines mesoporösen Materials. Abbildung 4.2 Die Typ-1- und Typ-4-Adsorptions-Desorptions-Isothermen nach 7 BRUNAUER. Der abweichende Desorptionsast ist bei der Typ-4-Isotherme gestrichelt dargestellt. 6 7 8 P. Webb, C. Orr, Analytical Methods in Fine Particle Technology, Micromeritics Instrument Corporation. S. Brunauer, The Adsorption of Gases and Vapors. Vol. I, Physical Adsorption, Princeton University Press 1943. D. Everett, Pure Appl. Chem. 1972, 31, 578. 4 Analytische Methoden 59 4.2.2 Adsorption in porösem Material Das hier hauptsächlich verwendete Si-MCM-41 ist ein mesoporöses Material (Kap. 2.4). Die Vorgänge bei der Adsorption eines Gases lassen sich daher anhand einer Typ-4-Isotherme erläutern (Abb. 4.3). Bei niedrigen relativen Drücken p/p0 findet zunächst eine Adsorption an den – bezüglich der Physisorption – reaktivsten Regionen des Feststoffes (Oberflächenrauhigkeiten etc.) statt. Daher resultiert der vergleichsweise steile Anstieg am Beginn der Isotherme (a). Sind diese reaktiven Zentren belegt, ist ein erstes Plateau geringer Steigung erreicht (b): auf der gesamten Oberfläche des Feststoffes scheidet sich eine Monolage des Sorptionsgases ab, und auf bereits belegten Bereichen der Oberfläche bilden sich später weitere Lagen von adsorbierten Gasmolekülen aus. Bei mittleren Drücken erfolgt ein sehr steiler Anstieg (c), der typisch ist für mesoporöse Materialien. Je steiler die Rampe, desto enger ist die Größenverteilung der Poren des Adsorbates. Die Kondensation in Poren ist gegenüber der auf einer ebenen Oberfläche begünstigt. Erst wenn die Kondensation in den Poren abgeschlossen ist, erfolgt der weitere Niederschlag auf der äußeren Oberfläche und man erhält ein weiteres Plateau gleichbleibender, geringer Steigung (d). Abbildung 4.3 Adsorption und Desorption auf mesoporösen Feststoffen. Typ-4-Isotherme mit Hystereseschleifen. 60 4 Analytische Methoden Abbildung 4.4 Adsorption und Desorption auf mesoporösen Feststoffen. Modell zur Sorption in Poren. Nähert man sich dem relativen Druck von 1, so steigt der Graph stark an (e). In dieser Region der Kurve erfolgt die Kondensation des Gases. Es wechselt den Aggregatzustand, da sich der Druck in der Apparatur und der Dampfdruck angleichen. Bei Druckminderung erfolgt die Desorption des physisorbierten Gases. Bei Sorptionsuntersuchungen von mesoporösen und makroporösen Materialien erhält man oft eine Hystereseschleife (Abb. 4.3), d. h. einen Unterschied im Verlauf von Adsorptions- und Desorptionsast der Isotherme. Als Hysterese bezeichnet man einen Unterschied, der in der Kreisführung eines Prozesses auftritt – hier der Kondensation in den Poren und dem Ausgasen. Die Adsorption im Poreninneren ist – wie schon oben erwähnt – gegenüber der auf ebener Oberfläche begünstigt, denn eine Kondensation erfolgt auf einer konkav gewölbten Fläche bei niedrigeren relativen Drücken (Abb. 4.4). Die zu adsorbierenden Moleküle treten in stärkere Wechselwirkung zur Oberfläche. Je mehr Lagen an Gasmolekülen die Porenwände bedecken, umso geringer wird der Durchmesser des Kanals, bis er komplett gefüllt ist. Bei Druckminderung hingegen wird aufgrund des geringeren Dampfdruckes über konkaven Flächen das Ausgasen der Poren verzögert. 4 Analytische Methoden 61 Eine thermodynamische Beschreibung des Dampfdruckes über gewölbten Flächen erfolgt durch die KELVINsche Gleichung:9 p Hohlraum p Flüssigkeit e 2J Vm cos T r RT . p : Dampfdruck J : Oberflächenspannung / Nm–1 Vm : Molvolumen r : Radius des Hohlraumes T : Kontaktwinkel zwischen Feststoff und kondensierter Phase (4.5) Ist die Hysterese unterhalb des Sättigungsdruckes geschlossen, zeigt dies, daß die Mesoporen eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Ist keine Hysterese erkennbar, so bedeutet dies allerdings nicht eindeutig, daß keine Poren vorhanden sind. Bei zum Beispiel zu kleinen, einfach geschlossenen oder konischen Poren kann es vorkommen, daß keine Hystereseschleife resultiert.10 Eine Hysterese in dem der Mesoporenfüllung zugeordneten Bereich (c) der Typ-4Isotherme deutet auf das Vorhandensein größerer Mesoporen hin (Abb. 4.3). Befindet sich eine Hystereseschleife über dem zweiten Plateau (d), kann man von zusätzlichen Makroporen ausgehen. Man vergleiche mit den Untersuchungen in Abschnitt 5.3.1. 4.2.3 Adsorptionstheorien Um Aussagen über die Strukturparameter eines Materials zu machen, müssen Adsorptionsmodelle entwickelt werden, mit deren Hilfe quantitative Ergebnisse erhalten werden können. Langmuir-Theorie. Eine frühe Theorie dieser Art ist die Adsorptionstheorie von I. LANGMUIR.11 Sie setzt voraus, daß nur eine Lage Moleküle auf der ebenen Oberfläche eines Feststoffes abgeschieden ist, die Belegung unabhängig von umgebenden, bereits besetzten Bindungsstellen ist und ist damit eher zur Beschreibung von Chemisorption geeignet: 9 10 11 P. Atkins, Physikalische Chemie, 2. Aufl., VCH, Weinheim 1990. R. Barrer, N. McKenzie, J. Reay, J. Coll. Sci. 1956, 11, 479. (a) I. Langmuir, J. Am. Chem. Soc. 1916, 38, 2221; (b) I. Langmuir, J. Am. Chem. Soc. 1918, 40, 1631. 62 4 Analytische Methoden Va Vm b p . 1 bp (4.6) p : Druck Va : Volumen an adsorbiertem Gas bei Druck p Vm : Volumen an adsorbiertem Gas nach Ausbildung einer Monolage b : empirische Konstante An der Oberfläche des Feststoffes findet nach LANGMUIR ein ständiger Austausch von Gasmolekülen statt. Va, die Menge an adsorbiertem Gas, wird erhalten, indem die Menge der auf der Oberfläche auftreffenden Moleküle mit der die Oberfläche verlassenden in Beziehung gesetzt wird. BET-Theorie. Eine Erweiterung des LANGMUIR-Modells stellt die BET-Theorie dar. Die we- sentliche Annahme von S. BRUNAUER, P. EMMETT und E. TELLER (ĺ BET) besteht darin, die Wechselwirkungskräfte, die bei der Kondensation eines Gases wirken, mit denen bei der mehrlagigen Adsorption gleichzusetzen.12 Unter der Annahme eines Gleichgewichtes von Adsorption und Desorption und dem Summieren einer unendlichen Anzahl von Moleküllagen kann man das Volumen Va des adsorbierten Materials ermitteln: Va 12 Vm C p ª º p0 p «1 C 1 p » p0 ¼ ¬ im einfachsten Falle C v e q1 qL RT . (4.7) p : Druck p0 : Dampfdruck des adsorbierten Gases Va : Volumen an adsorbiertem Gas bei Druck p Vm : Volumen an adsorbiertem Gas nach Ausbildung einer Monolage C : BET-Konstante q1 : Adsorptionswärme der ersten Lage qL : Kondensationswärme des zu adsorbierenden Gases S. Brunauer, P. Emmett, E. Teller, J. Am. Chem. Soc. 1938, 60, 309. 4 Analytische Methoden 63 Bei Annahme nur einer Moleküllage geht die Gleichung 4.7 in die LANGMUIR-Gleichung über. Linearisiert man p Va p 0 p 1 C 1 § p · ¨ ¸, Vm C Vm C ¨© p 0 ¸¹ (4.8) so wird deutlich, daß aus einer Auftragung von p/[Va (p0 - p)] gegen p/p0 und dem Anlegen einer Ausgleichsgeraden Vm und C ermittelt werden können. Mit dem Wissen um das Volumen einer Monolage und den Platzbedarf eines adsorptiven Moleküls – im Falle der Untersuchung von Si-MCM-41 N2 mit 16,2 Å2 – kann man die spezifische Oberfläche des Adsorbates errechnen.6 Oft verwendete dynamische Sorptionsmethoden messen bei nur einem Druck die adsorbierte Gasmenge.13 Die BET-Auswertung wird auch hier – unter einigen Vereinfachungen – angewendet. Man legt, um mit einem Meßpunkt eine Steigung zu bestimmen, die Regressionsgrade unter der Annahme durch den Ursprung, daß 1/Vm C Ł 0, also C >> 1, ist. Dies vereinfacht die Gleichung 4.8 zu p Va p 0 p 1 Vm § p · ¨¨ ¸¸ . © p0 ¹ (4.9) Nicht nur die mit der Vernachlässigung des Ordinatenabschnitts einhergehenden Vereinfachungen führen zu ungenauen Ergebnissen. Der einzige Meßpunkt muß auch an geeigneter linearer Region der Isotherme mit geringerer Steigungsänderung gesetzt werden, da ansonsten größere Fehler entstehen. 13 F. Nelson, F. Eggertsen, Anal. Chem. 1958, 30, 1387. 64 4 Analytische Methoden 4.2.4 Auswahl weiterer Methoden zur Strukturparameterbestimmung von mesoporösen Materialien aus Sorptionsisothermen Wichtig für die genaue Bestimmung von Strukturparametern aus der Sorptionsmessung poröser Materialien ist die Kenntnis um die Dicke t der adsorbierten Schicht als Korrekturparameter. Von den vielen speziellen Formeln zur Berechnung von t sind die Methoden von W. HARKINS und G. JURA14, G. HALSEY15 sowie J. BROECKHOFF und J. DE BOER16 am gebräuchlichsten. Einige der vorgestellten Methoden greifen auf die Schichtdicke t zurück, deren Bestimmung im Rahmen der t-plot-Methode näher erläutert ist. KELVINsche Gleichung. Eine Beziehung zwischen kritischem Dampfdruck und Porengröße kann über die bereits erwähnte KELVINsche Gleichung (Gl. 4.5) hergestellt werden. Da im Falle von adsorbiertem Stickstoff der Kontaktwinkel T zwischen Feststoff und kondensierter Phase gleich 0 gesetzt wird, kann cos T (# 1) gekürzt werden. Unter der weiteren Annahme, daß alle Poren sowohl zylindrisch und von beiden Seiten zugänglich sind, kann der mittlere Radius r aus den in Abbildung 4.4 gezeigten Primärradien r1 und r2 berechnet werden: 1 r 1 2 §1 1· ¨¨ ¸¸ . © r1 r2 ¹ (4.10) Dabei ist zu beachten, daß beim Füllen der Poren r2 gegen Unendlich geht, also der zweite Term in der Klammer entfällt, während beim Vorgang der Desorption r1 und r2 den gleichen Wert haben.17 Um den genauen Wert des Porendurchmessers zu ermitteln, muß man natürlich auch die Dicke t der Adsorptionschicht auf den Porenwänden in Betracht ziehen, so daß Gleichung 4.5 umgeschrieben werden kann zu 14 15 16 17 W. Harkins, G. Jura, J. Am. Chem. Soc. 1944, 66, 1366. G. Halsey, J. Chem. Phys. 1948, 16, 931. J. Broekhoff, J. de Boer, The Surface Area in Intermediates, in Proceedings of the International Symposium on Surface Area Determination, D. Everett, R. Ottwill, (Ed.), U. K. 1969. C. Orr, Dechema – Monographien NR 1976, 79, 1589. 4 Analytische Methoden § p · ¸¸ ln ¨¨ © p0 ¹ § p · ¸¸ ln ¨¨ p © 0¹ 65 J V mol R T r t 2J V mol R T r t für die Adsorption und (4.11) für die Desorption. (4.12) p : Dampfdruck J : Oberflächenspannung / N/m Vmol : Molvolumen des Kondensates r : resultierender Radius t : Dicke der Adsorbtionsschicht BJH-Methode. Um die innere Oberfläche von mesoporösen Materialien, die größere Poren als 4 nm besitzen, zu berechnen, entwickelten E. BARRETT, L. JOYNER und P. HALENDA die nach ihnen benannte BJH-Methode.18, 19 Diese Methode kann als Erweiterung der oben beschriebenen KELVINschen Gleichung bezeichnet werden und wird gewöhnlich auf Desorptionsdaten angewandt. Zunächst wird willkürlich ein relativer Druck benannt, bei dem wahrscheinlich alle Poren mit Kondensat gefüllt sind (gebräuchlich: p/p0 = 0,995), dann wird der Druck schrittweise gesenkt. Das Volumen an (flüssigem) Stickstoff, welches bei einer dieser diskreten Drucksenkungen den Adsorbanten verläßt, zuzüglich der verbleibenden Lage Stickstoff der Dicke t, ist das Volumen der geleerten Poren. Das Volumen Vp einer jeden Pore kann nach einem Desorptionsschritt folgendermaßen beschrieben werden Vp R 'V V 't mit r R rk 't 2 , (4.13) wobei der Kapillarradius rk vom Porenradius r unterschieden wird und Vǻt das Volumen ist, welches im Desorptionsschritt entfernt wurde. Dieser Volumenanteil kann auch anders ausgedrückt werden: V't 18 19 't Ak mit Ak A r t r A rk r E. Barrett, L. Joyner, P. Halenda, J. Am. Chem. Soc. 1951, 73, 373. C. Pierce, J. Phys. Chem. 1953, 57, 149. Ac. (4.14) 66 4 Analytische Methoden Die Gleichungen 4.13 und 4.14 können zur Beschreibung aller Desorptionsschritte verallgemeinert werden. Platzhalter c folgt aus Gleichung 4.14. n 1 Vn Rn 'Vn Rn 't n ¦ ci Ai (4.15) i 1 Es ist durchaus zulässig, einen Durchschnittswert für c einzusetzen. Der resultierende Fehler bei der Bestimmung des Volumens von Poren einer Größe bis hinunter zu 35 Å beträgt maximal lediglich 5 %. Der Term (r - t) in der KELVIN-Gleichung entspricht also rk (Gl. 4.14). Der Kapillarradius rk kann daher durch Gleichung 4.12 ermittelt werden. Für die Porengrößenverteilung muß eine solche Rechnung für jeden Schritt durchgeführt werden. Die Erfinder der Methode gingen davon aus, daß erst bei einer Porengröße von 10 Å die KELVINsche Gleichung versagt, doch sind tatsächlich erst ab Porengrößen von 40 Å verläßliche Werte zu erwarten. Eine qualitative Abschätzung der Porengrößenverteilung ist jedoch stets zulässig.18 Vergleichsisothermen (comparison plots). Eine weitere Methode, Strukturparameter eines porösen Materials quantitativ zu bestimmen, ist der direkte Vergleich mit einer Referenzisotherme. Diese Isotherme sollte von Materialien stammen, die folgende Vorgaben erfüllen: (i) Es darf sich um kein poröses Material handeln (Ausnahme sind Makroporen mit sehr weiten Radien als Annäherung an eine ebene Oberfläche), (ii) die chemischen Eigenschaften der Oberfläche des Referenzmaterials sollten gleich derer des Vergleichsmaterials sein.20 Abbildung 4.5 zeigt einen für Si-MCM-41 typischen comparisen plot. Die adsorbierte Menge Stickstoff der Probe a wird gegen die der Referenz (aref) aufgetragen. Scheint eine Ausgleichsgerade durch den Ursprung sinnvoll, ist zudem die Abwesenheit von Mikroporen bewiesen. Anhand der Steigung der Ausgleichsgerade durch den Ursprung kann die Gesamtoberfläche Stot ermittelt werden: a 20 S tot a ref S. Gregg, K. Sing, Adsorption, Surface Area and Porosity, Academic Press 1982, 94. (4.16) 4 Analytische Methoden a / mmol/g 67 Abbildung 4.5 Comparison plot für ein Si-MCM-41- Material. 2 aref / Pmol/m Die äußere Oberfläche Sext und das Mesoporenvolumen Vme bestimmt man über eine Ausgleichsgerade durch das Plateau der Auftragung unter Berücksichtigung des Molvolumen des Kondensates Vm.21 a S ext a ref Vme Vm (4.17) Aus Gesamtoberfläche und äußerer Oberfläche kann man die Mesoporenoberfläche Sme errechnen: S me S tot S ext (4.18) Den Porendurchmesser Dme erhält man unter der Annahme hexagonaler Geometrie des Si-MCM-41: Dme B Vme S me mit B 32 3 S | 4,20 , (4.19) wobei B ein empirischer Wert ist und keine Konstante. In der Realität führt der errechnete Wert von 4,2 zu falschen Ergebnissen. Die hexagonalen Poren sind nur leicht verrundet, so daß genauere Ergebnisse unter der Annahme von B § 4 erhalten werden.22 21 22 J. Rathouský, G. Schulz-Ekloff, J. Had, A. Zukal, Phys. Chem. Chem. Phys. 1999, 23, 543. Private Mitteilung J. RATHOUSKÝ. 68 4 Analytische Methoden t-plot. Bei dieser Form der Auftragung stehen das absorbierte Volumen Va gegen die durch- schnittliche Dicke der absorbierten Schicht t. LIPPINS, LINSEN und DE BOER entwickelten den t-plot, bei dem eine Normierung bezüglich der statistischen Dicke der adsorbierten Schicht erfolgt.23 Wenn die Dicke tm einer Stickstoffmonolage mit 3,54 Å angenommen wird, dann errechnet sich die Schichtdicke des absorbierten Stickstoffes folgendermaßen: t 3,54 Va [Å]. Vm (4.20) So kann jedem Wert Va von Referenz und Probe ein Wert t zugeordnet werden. Überhaupt ist die Abschätzung der Schichtdicke t elementar für die Bestimmung der Texturparameter. Hier wurde bei Anwendung des t-plot die HARKIN-JURA-Gleichung eingesetzt.14 Zunächst kann die absorbierte Menge an N2 über folgende Auftragung ermittelt werden log p p0 B A Va2 (4.21) und mit der statistischen Dicke des absorbierten Films in Beziehung gesetzt werden t 13,990 p 0,034 log p0 . (4.22) Die DS-Auftragung ähnelt der t-plot-Methode. Hier wird das adsorbierte Volumen der Referenz bei einem bestimmten relativen Druck auf 1 normiert.20, 24 Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Sorptionsisothermen der mesoporösen Materialien mit der BET-Gleichung sowie t- und comparison-plot-Methoden ausgewertet (Kap. 5.3–6, 7.3). Im Falle der hier dargestellten modifizierten Si-MCM-41 ist eine Auswertung teilweise mittels Vergleichsisothermen von eigens modifizierten Referenzmaterialien durchgeführt worden. Aber auch eine Anwendung von Standardisothermen unbehandelten Silikas ist noch zulässig, da nach der Ausbildung der ersten Monolage des Adsorbates auf der gesamten Oberfläche des Festkörpers die gegenüber reinem Silikat veränderten Adsorptionseigenschaften nicht mehr zum Tragen kommen. Bei den beobachteten Porendurchmessern unter 40 Å ist die Anwendung der BJH-Theorie physikalisch nicht zulässig. Texturparameter wären stets mit 23 24 B. Lippins, B. Linsen, J. de Boer, J. Catalysis 1964, 3, 32. M. Kruk, M. Jaroniec, A. Sayari, Langmuir 1997, 13, 6267. 4 Analytische Methoden 69 einem Fehler behaftet. Gleichwohl kam die Methode zum Einsatz, um rein qualitativ die mit der Modifizierung einhergehende Änderung der Porengrößenverteilung zu dokumentieren. 4.3 UV/Vis-Reflexions- und UV/Vis-Transmissionsspektroskopie Organische oder anorganische Chromophore absorbieren im ultravioletten und sichtbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Dadurch werden Elektronen aus V-, S- oder n-Molekülorbitalen der Chromophoren angeregt und auf höhere Energieniveaus gehoben.25 Diese Fähigkeit der Absorption in Abhängigkeit der Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes ist seit den Erkenntnissen von BOUGUER (1728) und LAMBERT (1760) zum Zusammenhang von Absorption und Schichtdicke und den Untersuchungen BEERs (1852) für quantitative Aussagen in der UV/Vis-Spektoskopie nutzbar. Für einen Lichtstrahl, der ein homogenes, optisch isotropes Medium der Schichtdicke d [cm] durchläuft, gilt in verdünnter Lösung, in der bei Belichtung keine chemischen Veränderungen auftritt, unter der Voraussetzung, daß Streuung und Reflexion im Medium so klein sind, daß sie vernachlässigt werden können, das LAMBERT-BEERsche Gesetz:26 E 25 26 log I0 I H cd . E : Extinktion (optische Dicke) I0 : Intensität des einfallenden Lichtstrahls I : Intensität des austretenden Lichtstrahls H : molarer Extinktionskoeffizient / M–1cm–1 = cm2mmol–1 c : Konzentration des gelösten Stoffes / molL–1 (4.23) Gleichung von N. BOHR und A. EINSTEIN: 'E = hQ. M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh, Spektroskopische Methoden in der Chemie, 4. Aufl., Thieme, Stuttgart 1991. 70 4 Analytische Methoden Anders verhält es sich bei den in dieser Arbeit untersuchten Pulverproben. Werden pulverförmige Medien in Transmission gemessen, verliert der Meßstrahl durch diffuse Streuung stark an Intensität. Die Streuung ist besonders stark, wenn die Dimension der Partikelgröße der Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes entspricht. Das Verhältnis gerichtet reflektierter zu diffus gestreuter elektromagnetischer Strahlung nennt man Glanz. Unter der Voraussetzung, daß die bestrahlte Oberfläche nicht glänzend ist, kann die sogenannte diffuse Reflexionsspektroskopie eingesetzt werden. Bei dieser Methode wird die über die Probe diffus reflektierte monochromatische Strahlung gemessen. Ein gebräuchlicher Ausdruck für diffuse Reflexion ist Remission.27 Sie wird hervorgerufen durch Streuung in der Oberflächenschicht der Probe. Hierbei ist zu beachten, daß eine ausreichende Schichtdicke der homogenen Probe Verluste durch Transmission ausschließt. Einfluß auf die elektromagnetische Strahlung nimmt also nicht nur die Absorption, sondern auch jeder Streuvorgang in der Probe. Der Zusammenhang von Reflexions(Remissions-)vermögen, Streuung und Absorption wird in der Zweiflußtheorie von P. KUBELKA und F. MUNK beschrieben.28 Unter Voraussetzung geringer Absorption und einer homogenen Probe und allen obengenannten Vorgaben gilt die KUBELKA-MUNK-Funktion:29 1 Rf 2 . K S F( Rf ) 2Rf Rf : absolute Reflektivität K : Absorptionskoeffizient S : Streukoeffizient (4.24) Der lineare Zusammenhang zwischen Absorption und Konzentration des Chromophoren in der Probenmischung gilt allerdings nur bis F(Rf) | 3, so daß höhere Konzentrationen verdünnt werden sollten. Man verwendet hierfür das meist schwach absorbierende Trägermaterial (Basis). Will man die absolute Reflektivität Rf berechnen, so setzt man die relative diffuse Reflektivität der Probe in Beziehung zu der einer Referenz, die im UV/Vis-Spektrum keine oder geringe Absorption zeigt. Die Reflektivität kann nicht absolut gemessen werden. Unter Ein- 27 28 29 Die Winkelverteilung des austretenden Lichtes ist unabhängig von dem Einstrahlwinkel des Primärstrahls. P. Kubelka, F. Munk, Z. Techn. Phys. 1931, 12, 593. G. Kortüm, Reflexionsspektroskopie, Springer, Berlin 1969, 102. 4 Analytische Methoden 71 beziehung der Reflektivitäten von Basis (RB), Probe (RPr) und Referenz (RRef) erhalten wir den Relativwert der Reflektivität: Rf § RPr RB ¨¨ © RB RRef · RB ¸¸ . ¹ RRef (4.25) Neben der bereits erwähnten möglichst geringen Absorption im Wellenlängenbereich sollte die Referenz (Weißstandard) ein nahezu perfektes Reflexionsvermögen besitzen. Häufig verwendete Weißstandards sind beispielsweise Bariumsulfat, Titandioxid, Magnesiumoxid oder Industriestandards wie LOT aus Teflon. Die Messungen erfolgten hauptsächlich mit einem Reflexionsspektrometer VARIAN CARY 4. Zum Bestrahlen der Probe wurde eine Reflexionskammer mit Hohlspiegelanordnung (praying mantis)30 von HARRICK verwendet (siehe auch Kap. 4.5). So aufgezeichneten Spektren finden sich in Kapitel 5.6 und 6. 4.4 IR-Transmissionsspektroskopie und DRIFTSpektroskopie Wird infrarote Strahlung von einem Molekül absorbiert, so werden die Atome in kovalenten Bindungen zu Schwingung und Rotation angeregt. So kann ein nichtlineares, n-atomiges Molekül 3n-6 Schwingungen ausführen. Dabei können die Bindungen als mechanische Spiralfedern aufgefaßt werden, die diskrete Schwingungszustände einnehmen können. Je größer die Kraftkonstante k der Bindung zwischen zwei Atomen ist, umso höher ist die Schwingungsfrequenz, welche proportional zur Energie des Schwingungszustandes ist. Die zur Strukturaufklärung genutzten Absorptionsbanden im IR-Spektrum, welches zu größeren Wellenlängen O an das Spektrum sichtbarer Strahlung anschließt, liegen im Bereich von etwa 2,5 bis 25 µm. Es ist gebräuchlich, die Lage der Absorptionsbanden in sogenannten 30 Praying mantis (engl.), Gottesanbeterin. Die Hohlspiegelanordnung errinnert an die Fangarme des Insekts. 72 4 Analytische Methoden Wellenzahlen ~ Q [cm-1], dem Reziproken der Wellenlänge O, anzugeben, so daß der Bereich eines IR-Spektrums zwischen 4000 und 400 cm-1 liegt. Eine Absorption infraroten Lichtes tritt nur auf, wenn das Dipolmoment eines Moleküls mit dem elektrischen Vektor in Wechselwirkung treten kann. Das ist der Fall, wenn die Dipolmomente in den beiden größten Auslenkungen der Schwingung voneinander verschieden sind. Bei Schwingungen in Richtung der Bindungskräfte spricht man von Valenzschwingungen (Q), bei Veränderungen der Bindungswinkel eines Moleküls oder der periodischen Bewegung eines Atoms aus der Ebene heraus von Deformationsschwingungen (G). Für die Messungen wurden FOURIERtransformations-IR-Spektrometer verwendet. Die Probe wird von einer IR-Lichtquelle (IR) bestrahlt (Abb. 4.6). Das Licht, welches die Probe durchläuft oder diffus reflektiert wird, wird von einer halbdurchlässigen Interferometerplatte (IP) zur einen Hälfte auf einen festen Spiegel (FS), zur anderen Hälfte auf einen beweglichen Spiegel (BS) gelenkt. Die zurücklaufende Strahlung interferiert wiederum und trifft auf den Detektor (D), der somit eine Überlagerung aller auftretenden Wellenlängen mißt. Dieses Interferogramm (Zeitdomäne) wird mittels Fourier-Transformation in ein Spektrum umgewandelt. Im Falle der diffuse-reflexion-infrared-FOURIER-transformation-Spektroskopie (DRIFT) wird dieser Meßaufbau um eine Reflexionskammer (RK) erweitert (Abb. 4.6). Der Feststoff Abbildung 4.6 Schematischer Aufbau eines DRIFT-Spektrometers mit Reflexionskammer. 4 Analytische Methoden 73 wird auf einen Probenteller (P) gebracht und reflektiert den Meßstrahl über Hohl- (HS) und Umlenkspiegel (US) zur Interferometerplatte. Wie auch bei der UV/Vis- Reflexionsspektroskopie ist eine quantitative Auswertung mit der KUBELKA-MUNK-Theorie (Kap. 4.3) möglich. Beispiele finden sich in den Kapiteln 5.3–6 der Arbeit. 4.5 Fluoreszenzspektroskopie Fällt Licht auf einen Körper, so tritt entweder eine Streuung oder Absorption der Strahlung ein. Im Falle der Absorption wird Energie in Wärme umgewandelt oder regt einen endothermen chemischen Prozeß an. Es ist aber auch möglich, daß die absorbierte Lichtmenge als Lumineszenzlicht wieder emittiert wird. Lumineszenz kann auch chemisch oder elektronisch erzeugt werden; nach Photoanregung spricht man jedoch von Photolumineszenz. Sie resultiert aus dem Übergang von Elektronen eines angeregten energetischen Zustandes in einen unbesetzten, energetisch tieferen über oft mehrere Relaxationsschritte. Die Abklingdauer zwischen Photoanregung und Rekombination ist bei Relaxation aus angeregtem Singulett- (Fluoreszenz) oder angeregtem Triplett-Zustand (Phosphoreszenz) unterschiedlich. Die Abgabe der aufgenommenen Energie erfolgt bei Fluoreszenz in 10–10 bis 10–6 s und bei Phosphoreszenz in t 10–6 s.31, 32 Der Begriff Fluoreszenz leitet sich von Fluorit (Flußspat) her, an dem zu Anfang des 19. Jahrhunderts in unreiner Form dieses Lumineszenzphänomen untersucht wurde. Um ein Fluoreszenzspektrum zu messen, wird bei einer festen Wellenlänge die Anregung vorgenommen und das emittierte Licht spektral zerlegt. Die absorbierte Energie wird entweder bei gleicher Wellenlänge emittiert (Resonanzfluoreszenz) oder zu anderen Wellenlängen verschoben wieder abgegeben (STOKESsche Verschiebung). Zur Ermittlung der optimalen Anregungswellenlänge wird ein Anregungsspektrum aufgenommen. Dazu wird die Fluoreszenz über einen größeren Wellenlängenbereich aufaddiert. Dieser Bereich wird mit schmalbandiger Strahlung der Anregungslichtquelle überstrichen. Bei Absorptionsübergängen erhöht sich die Fluores- 31 32 T. Förster, Fluoreszenz Organischer Verbindungen, erw. 1. Aufl., Vandenhoeck & Ruprecht, 1982. Lumineszenz; Fluoreszenz, in Römpp Lexikon Chemie, CD-ROM V. 1.5, Thieme, Stuttgart 1998, 74 4 Analytische Methoden zenzemission. Genaugenommen ist das Anregungsspektrum ein Absorptionsspektrum, welches Unterschiede in den Intensitäten zeigt. Fluoreszenzlöschung (quenching) tritt ein, wenn das Molekel in einen Triplettzustand wechselt und die Energie als Phosphoreszenz abgegeben wird. Andere Moleküle können als quencher in Konkurrenz treten und den Prozeß nach Stößen durch strahlungslose Desaktivierung oder Aufnahme der Energie und verzögerte Fluoreszenz stören. Die Konfokal-Fluoreszenzmikroskopie, die im folgenden Abschnitt vorgestellt wird, ist eine fluoreszenzspektrometrische Methode. Messungen an eigenen Proben werden in Kapitel 7.1 vorgestellt. 4.6 Einzelmolekül-Konfokalmikroskopie Die konfokale Mikroskopie ermöglicht in Verbindung mit Fluoreszenztechniken der Einzelmolekülspektroskopie die Untersuchung von Wirt-Gast-Beziehungen in porösen Materialien im Bereich von Nanometern.33, 34 Zum Verständnis der Ergebnisse (Abschnitt 7.1) sind grundlegende Information zur konfokalen Mikroskopie notwendig. In einem konventionellen Lichtmikroskop wird ein Objekt möglichst effektiv durch den Kondensator beleuchtet, so daß der Öffnungswinkel des Objektives voll ausgefüllt wird. Sichtbar gemacht wird das Zwischenbild des durchstrahlten Objektes erst durch das Okular, welches aus Feldlinse und Augenlinse besteht. Ein beleuchteter Punkt des Objektes wird, da das Lichtbündel außerhalb der Objektivachse gebeugt wird, nicht scharf aufgelöst, sondern als Beugungsscheibchen abgebildet. Durch Blenden kann man den Einfluß der Beugung begrenzen.35 Da das Auflösungsvermögen durch die Lichtbeugung limitiert wird, ist eine Verbesserung dadurch möglich, daß nicht nur die Beugung der Abbildung, sondern auch die der Beleuchtung des Objektes begrenzt wird. Dieses Prinzip, das darauf hinausläuft, daß nur die Objekte, 33 34 C. Seebacher, C. Hellriegel, F.-W. Deeg, C. Bräuchle, Host Guest Systems Based on Nanoporous Crystals, F. Laeri, F. Schüth, U. Simon, M. Wark (Ed.), Whiley-VCH, Weinheim 2003. T. Basché, W. Moerner, M. Orrit, U. Wild (Ed.), Single Molecule Optical Detection, Imaging and Spectroscopy, VCH, Weinheim 1996. 4 Analytische Methoden Abbildung 4.7 75 Der Strahlengang von Anregungslicht und von der Probe P ausgehender Strahlung verdeutlicht das konfokale Prinzip. Nur das belichtete konfokale Volumen KV in der fokalen Ebene FE wird abgebildet. Mit Objektiv O, Lochblende LB und Detektor D. die sich im Brennpunkt des Objektives befinden, abgebildet werden, wurde 1955 von M. MARVIN entwickelt und wird als konfokale Mikroskopie bezeichnet.36 Das Ideal einer beugungsbegrenzten Beleuchtung konnte erst mit dem Einsatz des Lasers erreicht werden. Eine ausführliche Behandlung des Laserprinzips findet sich in Abschnitt 4.7. Abbildung 4.7 zeigt den stark vereinfachten Strahlengang im konfokalen Modus. Das Objekt wird durch das Objektiv beleuchtet. Nur Licht, das aus der fokalen Ebene FE (Brennebene) und der Objektivachse – also dem Brennpunkt – fokussiert ist, fällt durch eine Lochblende LB und wird detektiert. So wird ebenfalls ausschließlich das aus dem betrachteten Probenvolumen stammende Fluoreszenzsignal gemessen. Fluoreszenz sowie Streulicht aus anderen Punkten der Probe – als feiner gezeichnete Strahlengänge markiert – bleiben unbeachtet. Um 35 36 H. Stuart, G. Klages, Kurzes Lehrbuch der Physik, 13. Aufl., Springer, Berlin 1992. M. Minsky, Microscopy Apparatus, U.S. Patent No. 301467, 1961. 76 4 Analytische Methoden Abbildungen eines Objektes zu erzeugen, wird die Probe P mit der optischen Einheit im Raster der lateralen Ebene (x,y-Ebene) gescannt. Eine Abfolge dieser Ebenen-scans in Richtung der optischen Achse bildet ein dreidimensionales Abbild der Probe.37 Das beobachtete Volumen im Brennpunkt wird in Anlehnung an den Ausdruck Pixel auch Voxel genannt. Es hat die Form eines Ellipsoiden, da laterale Auflösung qxy und axiale Auflösung qz sich unterscheiden. Die Wellenlänge O des Lichtes und die numerische Apertur NA bestimmen das Auflösungsvermögen:38 q xy | 0,37 qz | O NA 2 O NA mit NA n sin u , . (4.26) (4.26) n : Brechungsindex des Mediums u : halber Öffnungswinkel des abbildenden Mediums Die spatiale Auflösung im konfokalen Modus ist erheblich geringer als im herkömmlichen optischen System. Die laterale Auflösung wird durch die zusätzliche Beugungsbegrenzung um Faktor 2 verbessert. Bei Wellenlänge O = 633 nm und NA = 1,3 sind qxy = 180 nm und qz = 374 nm möglich. Durch Wellenlängenschwankung und nicht-ideale Lochblenden wurden im realen Experiment qxy = 300 nm und qz = 900 nm erreicht (Abb. 4.7). Durch 2-PhotonenAnregung und durch Interferenz des Anregungsstrahls (4S-konfokale Mikroskopie) kann eine weitere Verkleinerung des Probenvolumens erreicht werden. Abbildung 4.8 Aufbau des an der LMU München verwendeten, modifizierten Konfokalmikroskopes ZEISS LSM 410. Die Beschreibung der Bauteile kann aus dem Text entnommen werden.33 37 C. Hellriegel, Diplomarbeit, Ludwig-Maximilians-Universität München, 2000. 4 Analytische Methoden 77 In Abbildung 4.8 wird der Aufbau eines konfokalen Laser-Scanner-Mikroskops dargestellt. Der Laserstrahl wird über einen dicroitischen Spiegel DS durch das Objektiv O auf die Probe P gelenkt und dabei durch die O/2-Platte O/2-P in der Polarisationsebene moduliert. Die Ergebnisse werden verbessert, indem die Probe in einer Substanz mit hohem Brechungsindex eingelagert wird. Bei den hier vorgestellten Messungen wurde PMMA verwendet. Das von der Probe ausgehende Fluoreszenzlicht wird durch die Lochblende LB und einen Fluoreszenzfilter FF, der gestreutes Licht des Anregungslaser eliminiert, gelenkt. Die Detektion erfolgt wahlweise (ĺ schaltbarer Spiegel SS) mit einem von drei Systemen: (i) einem photomultiplier PMT, (ii) einem Punktdetektor (avalanche photodiode APD) für die Beobachtung von Einzelmolekülen und (iii) einer CCD-Kamera CCD mit vorgeschaltetem Aufweitungsprisma PR; einer Anordnung, die als Flächendetektor für die Messung von Fluoreszenzspektren dient. Je nach experimenteller Vorgabe wird der Detektor ausgewählt. Die CCD-Kamera mit Prisma ist am empfindlichsten, mißt aber die Wellenlänge nicht genau. Die Lage eines fluoreszierenden Moleküls kann über die Orientierung seines Dipolmomentes zur kristallographischen Achse bestimmt werden. Man moduliert hierzu die Polarisationsebene des Anregungslichtes oder setzt den nachgeschalteten Polarisationsfilter POL ein. Dreidimensionale Abbildungen werden durch Erfassung aller benachbarter Volumenelemente mit xy-Scanner xy-S und axialer Verschiebung des Objektives erzeugt. Der Vorteil der konfokalen Mikroskopie gegenüber konventionellen abbildenden Methoden ist die spektrometrische Zugänglichkeit kleiner Volumina und die genaue Lokalisierung von Einzelmolekülen (< 100 nm) in allen räumlichen Dimensionen ohne Beschränkung auf Oberfläche, Leitfähigkeit etc. des Materials.37, 39, 40 Wird nicht mehr ein Esemble betrachtet, sondern im Einzelmolekülregime gemessen, lassen sich beispielsweise Einflüsse von Wirtmatrices oder die Energiezustände von Biomolekülen in körpereigenen Zellen untersuchen. Das ermöglicht die Untersuchung der Anordnung von Gästen in hochgeordneten porösen Materialien (Abschnitt 7.1) bis zum Verfolgen der Diffusion von Proteinen.41, 42 38 39 40 41 42 C. Seebacher, Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, 2003. Handbook of Biological Confocal Microscopy, J. Pawley (Ed.), Plenum Press, New York 1995. T. Corle, G. Kino, Confocal Scanning Optical Microscopy, Academic Press, San Diego 1996. F.-W. Deeg, 12. Deutsche Zeolithtagung, München 2000. S. Weiß, Science 1999, 283, 1676. 78 4 Analytische Methoden 4.7 Laser in der Chemie 4.7.1 Die Wirkungsweise von Lasern Die Erfindung des Lasers datiert aus dem Jahre 1960 und wird G. GOULD zugeschrieben. Bei der Bezeichnung laser handelt es sich um ein Akronym aus light amplification by stimulated emission of radiation. Zunächst war auch der Ausdruck optical maser gebräuchlich (m steht für microwave), was auf das gleiche zugrunde liegende Prinzip wie für die zuvor erfundene Mikrowellenquelle verweist.43, 44 Was unterscheidet die Lichtquelle Laser von anderen Lampen? Mit Lasern unterschiedlicher Konzeption kann monochromatische Strahlung in einem sehr breiten Wellenlängenbereich erzeugt werden. Er ist, je nach Bauart, Verstärker für elektromagnetische Strahlung zwischen etwa 100 nm und 3 mm Wellenlänge (sichtbares Licht: Ȝ = 380 – 750 nm ). Das emittierte Licht ist nicht aufgeweitet, sondern zumeist zu einem engen Strahl gebündelt. Eine Aufweitung des Strahls ist nur noch von Beugungseffekten abhängig. Trotz der oft recht geringen Wirkungsgrade (häufig unter 0,1 %) und Ausgangsleistungen von Lasern werden aufgrund der Fokussierung des Lichtstrahls sehr hohe Photonendichten erzielt, wodurch auch Zweiphotonenreaktionen von Molekeln möglich werden.45 Eine der Kernaussagen der Quantentheorie ist, daß physikalische Systeme – also auch Molekel – nur bestimmte Eigenzustände einnehmen können. Diese Zustände entsprechen diskreten Energieniveaus. Zur Vereinfachung können wir bei diesen grundlegenden Betrachtungen zunächst identische, quantenmechanische Zweiniveausysteme, die in Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung stehen, annehmen. Licht ist die Summe aus diskreten Energiequanten, den Photonen.43 Um das betrachtete System von dem Grundzustand E1 in den angeregten Zustand E2 (Gl. 4.24) zu bringen, muß die Energie eines eingestrahlten Photonen, die propor43 44 45 D. Andrews, Lasers in Chemistry, 3. Aufl., Springer, Berlin 1997. P. Suppan, Chemistry and Light, Royal Society of Chemistry, Cambridge 1994. F. Kneubühl, M. Sigrist, Laser, 4. Aufl., Teubner, Stuttgart 1995. 4 Analytische Methoden 79 tional zu seiner Frequenz Q ist, der Differenz der beiden Zustände gemäß der PLANCKschen Beziehung entsprechen (Gl. 4.28): E1 E2 E 2 E1 (4.27) hQ mit h 6,626 10 34 Js , (4.28) wobei die Konstante h heute PLANCKsches Wirkumsquantum genannt wird. Die Besetzung der Energieniveaus im thermodynamischen Gleichgewicht wird durch die BOLTZMANNVerteilung beschrieben. Die Besetzungsdichte N2 des angeregten Zustandes ist also niedriger als N1 des Grundzustandes. Ein Molekel (Atom oder Molekül) wird durch induzierte Absorption eines Photons des Strahlungsfeldes in den angeregten Zustand gebracht. Es kehrt auch ohne äußere Einwirkung nach einer mittleren Verweilzeit Wsp unter Aussendung eines Lichtquanten spontan in den niedrigeren Grundzustand zurück. Der Zeitpunkt dieser spontanen Emission sowie die Phase, Polarisation und Richtung sind rein statistisch; es handelt sich also um inkohärente Strahlung. Im Gegensatz dazu steht die phasengleiche, stimulierte Emission eines Photons, die durch das äußere Strahlungsfeld verursacht werden kann. Solche Funktionen des Strahlungsfeldes bezeichnet man als kohärente Prozesse.44 Zur Veranschaulichung dient Abbildung 4.9. Das Erzeugen kohärenter Strahlung durch stimulierte Emission ist die Wirkungsweise des Lasers. Bei einer Temperatur T von 300 K gilt für sichtbares Licht und härtere Strahlung ein Grenzfall für hochfrequente Prozesse, der zu einer Vereinfachung der BOSE-EINSTEINStatistik für Photonen, welche Bosonen sind, führt. Für ein Energieniveau läßt sich die Beset- Abbildung 4.9 Induzierte Absorption (a), spontane Emission (b) sowie stimulierte Emission (c) eines Molekels. 80 4 Analytische Methoden zungszahl n(Q,T), das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten W von induzierter und spontaner Induktion, folgendermaßen abschätzen: Für hQ !! kT gilt hQ · ¸¸ | e kT ¹ n v, T § dW21ind ¨¨ sp © dW21 mit k 1,38066 10 -23 1 , (4.29) J K was zeigt, daß bei hohen Frequenzen Q die BOLTZMANN-Statistik (s. o.) angewendet werden kann und die Photonen sich für diesen Grenzfall wie klassische Teilchen verhalten. Das resultierende Problem für die praktische Umsetzung des Lasers ist, daß die spontane gegenüber der stimulierten Emission bevorzugt ist. Es ist also das Ziel, die Mehrzahl der Moleküle des laseraktiven Mediums, die sich nach der BOLTZMANN-Verteilung hauptsächlich im Grundzustand befindet (Abb. 4.10), in den angeregten Zustand zu bringen. Wenn diese Moleküle eine bestimmte Energie absorbieren, wird Abbildung 4.10 Die Funktionsweise eines Lasers. (a) Die BOLTZMANN-Verteilung, (b) die Besetzungsinversion nach dem Pumpvorgang und (c) die Strahlungskaskade durch stimulierte Emission. 4 Analytische Methoden 81 Abbildung 4.11 Die wesentlichen Komponenten eines Lasers mit FABRY-PEROT-Resonator: laseraktives Medium LM, Spiegel SP1 und SP2 (teildurchlässig). ihre Mehrzahl auf das höhere Energieniveau gehoben; die Besetzung wird invertiert. Diesen Vorgang nennt man Pumpen. Im Lasermedium emittiert nun ein Molekül spontan ein Photon, welches weitere Moleküle zur Emission stimuliert und eine Strahlungskaskade kohärenten Lichtes initiiert.46 Wie oben erwähnt, überwiegt die spontane Emission, so daß im allgemeinen ein einmaliger Durchlauf der Photonen durch das Medium zu keinem ausreichenden Ergebnis führt. Also müssen die Photonen das Medium mehrfach durcheilen. Für solch eine Strahlungsrückkopplung wird ein optischer Resonator konstruiert. Im einfachsten Fall, dem FABRY-PEROTResonator (Abb. 4.11), befindet sich das laseraktive Medium in einem Volumen zwischen zwei parallel ausgerichteten, planaren Spiegeln.47 Resonanz tritt auf, wenn der Abstand L zwischen den Spiegeln einem ganzzahligen Vielfachen der halben Wellenlänge O des Laserlichtes entspricht: L nO 2 n N. (4.30) Strahlung lotrecht zu den Spiegeln wird verstärkt, wogegen spontan emittierte Photonen schnell an den Wänden des Resonators vernichtet werden. Mindestens ein Spiegel muß teildurchlässig sein, um Laserlicht auszukoppeln. 46 47 P. Atkins, Physikalische Chemie, 2. Aufl., Weinheim 1990. J. Hecht, The Laser Guidebook, 2. Aufl., McGraw-Hill, New York 1992. 82 4 Analytische Methoden Abbildung 4.12 Die Wirkung des optischen Resonators. Die Spektrallinie wird mit einer Linienformfunktion g(Q) beschrieben Bisher wurde angenommen, daß der Übergang von E2 zu E1 eine monochromatische Spektrallinie der Frequenz Q0 erzeugt. Tatsächlich ist die Spektrallinie nicht streng monochromatisch, sondern hat eine Linienbreite ¨Q, die bedingt ist durch desaktivierende Stöße, Strahlungsdämpfung, strahlungsfreie Übergänge etc. Die elektromagnetischen Eigenschwingungen in einem Laserresonator werden als Moden bezeichnet. Man kann diese Wellenformen des Lichtes nach Richtung, Frequenz und Polarisation definieren. Da die Resonanzbreite GQRx des Resonators erheblich kleiner ist als die Halbwertsbreite ¨Q der Spektrallinie, kann man schmale Moden auswählen (Abb. 4.12). Neben den eben beschriebenen longitudinalen Moden stehender Wellen parallel zur Laserachse kennt man ebenfalls Moden, die durch leicht ausgelenkte Oszillationen erzeugt werden: die transversalen, elektromagnetischen Moden TEMlq. l ist die azimutale und p die radiale Modenzahl. Die TEM bestimmen die Gestalt des Laserstrahls im Querschnitt (Abb. 4.13). Für die meisten Anwendungen ist es sinnvoll, alle Moden bis auf die fundamentale Mode TEM00 zu unterdrücken.43, 47 Abbildung 4.13 Die Intensitätsverteilung im Querschnitt des Laserstrahls dargestellt für die einfachsten Moden TEMlq in einem stabilen Resonator. 4 Analytische Methoden 83 4.7.2 Unterschiedliche Typen von Lasern Klassifizierung Um den Lasereffekt zu erzielen, muß die Besetzungsinversion erzeugt werden. Der Pumpmechanismus ist je nach laseraktivem Medium unterschiedlich. Die gebräuchlichste Art zur Klassifizierung von Lasern ist daher die Unterscheidung nach Medium und Anregungsart.45 Sehr gebräuchlich in Industrie und Forschung sind Gaslaser. Da sich die meisten Gase als Lasermedium eignen, unterscheidet man zwischen Neutralatom- (z. B. Cu-Dampf, He-Ne), Ionen- (z. B. Ar+), Molekül- (z. B. CO2) und Excimerlasern (z. B. ArF*). Am verbreitetesten ist die Anregung durch elektrische Entladung, also durch Elektronenstoß. Farbstofflaser sind im Bereich des sichtbaren Lichtes stimmbar. Das Medium besteht aus der Lösung eines organischen Fluoreszensfarbstoffes. Die Moleküle werden mit sichtbarer oder ultravioletter Strahlung optisch gepumpt. Im Halbleiterlaser wird die notwendige Besetzungsinversion zwischen einem Valenzund einem Leitungsband erzeugt. Man betrachtet daher keine diskreten Energieübergänge, sondern zumeist die Anregung durch Injektion von Ladungsträgern über einen p–n-Übergang, d. h. Stromdurchfluß im Diodenlaser. Dotierte Kristalle und Gläser sind die aktiven Medien von Festkörperlasern. Die aktiven Ionen sind meistens die von Übergangsmetallen (z. B. Cr3+ o Rubinlaser) oder seltenen Erden (z. B. Nd3+ o YAG-Laser). Eine Anregung erfolgt durch Blitzlampen oder Diodenlaser. Bei dem chemischen Laser wird der angeregte Zustand direkt durch eine exotherme chemische Reaktion erzeugt, die so produktiv ist, daß Stoßrelaxation im Medium oder an Kammerwänden sowie spontane Emission überkompensiert werden. Laseraktive Reaktionsprodukte sind beispielsweise HF und HCl. An dieser Stelle sollen aus der Vielzahl der Lasertypen die zwei, die in dieser Arbeit Verwendung finden, näher beschrieben werden. Eximer-Laser Ein Molekül, welches nur im angeregten Zustand existent ist, wird als excimer (Eximer) bezeichnet, was sich von excited dimer herleitet. Heute wird der Ausdruck auch für angeregte 84 4 Analytische Methoden Komplexe, Exiplexe (excited state complex) mit mehr als zwei Atomen, benutzt. In den 1975 eingeführten und derzeit hauptsächlich verwendeten Edelgas-Halogen-Eximerlasern werden Verbindungen wie KrF* oder Xe2Cl* erzeugt, wobei der Asteriskus auf die elektronische Anregung verweist. Als Beispiel für die Bildung eines zweiatomigen Eximeren wird XeCl* gewählt, da ein Xenonchlorid-Laser eingesetzt wurde. Die hauptsächlich bei Bildung und Zerfall ablaufenden Reaktionen sind Xe Cl Ne o XeCl Ne , (4.31) Xe Cl 2 (4.32) XeCl o XeCl Cl , o Xe Cl hQ , (4.33) wobei in Gleichung 4.31 Neon als Puffergas zur Energieerhaltung eingesetzt wird. Angeregte Edelgasatome sind chemisch einem Alkaliatom ähnlich, so daß eine Reaktion mit dem Halogengas erfolgen kann (Gl. 4.32). Schließlich zerfällt der Exiplex unter Aussendung eines Photons der Wellenlänge O von 308 nm (F2* 157 nm, ArF* 193 nm, KrCl* 222 nm, KrF* 248 nm, XeF* 351 nm und 353 nm).44 In Abbildung 4.14 sind die Potentialkurven der angeregten und Grundzustände des Xenonchlorids gezeigt. Die angeregten Zustände 26 und 23 sind bei geringen intranuklearen Abständen R stark attraktiv und ähneln damit Alkalihalogeniden. Im 23-Grundzustand sind die Wechselwirkungen bei Annäherung der Kerne stark repulsiv, im 26-Grundzustand hingegen leicht attraktiv. Doch ist die Potentialtiefe für XeCl* nur 255 cm-1 (etwa kT bei Raumtemperatur). Es ist daher daher instabil und existiert im Grundzustand praktisch nicht, sondern dissoziiert nach einer mittleren Lebensdauer W von 10-12 s. Die energetisch höheren Laserni- Abbildung 4.14 Energiepotentiale der Xenonhalogenide und der Laserübergang. 4 Analytische Methoden 85 veaus der angeregten Edelgashalogenide haben hingegen eine Lebensdauer um 10 ns (z. B. W = 11 ns für XeCl*), bevor unter Strahlungszerfall der 26o26-Übergang stattfindet. Folglich ist die Besetzungsinversion, die das Lasern bedingt, gewährleistet. Von Breite und Gestalt der Bande des 26o26-Überganges hängt der Wirkungsquerschnitt für die stimulierte Emission ab. Unvorteilhafterweise ist die Bandbreite recht groß, so daß entsprechend hohe Anforderungen an das Pumpen eines excimer-Lasers gestellt werden. Das Pumpen des verwendeten, gepulsten Lasers erfolgt mittels Hochspannungsentladung. Farbstofflaser Die optische Anregung mit sichtbarem oder ultraviolettem Licht führt bei vielen organischen Farbstoffen zu starker Fluoreszenz. Eine Lösung solcher Farbstoffe kann daher als aktives Lasermedium dienen. Durch Wahl geeigneter Farbstoffe und Strahlungsquellen zum Pumpen kann man über den Bereich des sichtbaren elektromagnetischen Spektrums hinaus (0,3 – 1,2 µm) Laserstrahlung abstimmen. Dafür reichen bereits 100 der über 500 bekannten Laserfarbstoffe aus. Abbildung 4.15 zeigt die Emissionsspektren gebräuchlicher Laserfarbstoffe.48 1966 wurde der erste Farbstofflaser von SOROKIN und LANKARD vorgestellt. Der Mechanismus der Emission von Laserstrahlung durch Anregung von Farbstoffen läßt sich anhand des Energieniveauschemas eines Laserfarbstoffes erläutern. Allerdings muß vorab erwähnt werden, daß das abgebildete JABLONSKI-Termschema (Abb. 4.16) nur eine stark vereinfachende Darstellung des komplexen Sachverhaltes ist.43, 45 Abbildung 4.15 Abstimmbarkeit excimer-Laser-gepumpter Farbstofflaser. 48 R. Brackmann, Lambdachrome Laser Dyes, Lambda Physics, Göttingen 1986. 86 4 Analytische Methoden Abbildung 4.16 JABLONSKI-Termschema für organischen Laserfarbstoff. einen Zum Verständnis sind einige Erläuterungen notwendig: In dem Diagramm sind der elektronische Grundzustand S0 sowie die Singulettzustände Si, in denen der Gesamtspin gleich Null ist, und die Triplettzustände Ti mit einem Gesamtspin der Elektronen von S = 1 gezeigt. Die Energiedifferenzen 'E der elektronischen Niveaus solch eines komplexen organischen Moleküls betragen etwa 20000 cm-1 und sind aufgespalten in Vibrationsniveaus ('E # 1500 cm-1, breite Linien), welche wiederum in Rotationsniveaus ('E # 15 cm-1, schmale Linien) aufgespalten sind. In der Realität sind diese Energieniveaus z. B. durch Stöße mit anderen Molekülen in Lösung so stark verbreitert, daß ein Kontinuum geformt wird und man von Absorptions- und Emissionsbanden spricht. Beim optischen Pumpen wird nun mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Molekül aus dem überwiegend besetzten niedrigsten Vibrationsniveau des Grundzustandes angeregt, denn 'E der Vibrationsniveaus ist ungleich größer als die thermische Energie kT. So gelangt das Molekül in ein höheres Vibrationsniveau des ersten angeregten Singulettzustandes S1 (FRANCKCONDON-Prinzip). Inelastische Stöße mit dem Lösemittel führen zu einem sehr raschen, strahlungslosen Übergang in das unterste Vibrationsniveau von S1, welcher nur wenige Picosekunden dauert und zu einer Erwärmung der Lösung führt. Nun erfolgt in wenigen Nanosekunden der erlaubte optische Übergang in ein höheres Vibrationsniveau des elektronischen Grundzustandes unter Aussendung eines Photons. Gerade stimulierte Emission wird mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Wellenlänge haben, doch kann Strahlung in einem breiteren Wellenlän- 4 Analytische Methoden 87 genbereich auftreten. Mit einer optischen Vorrichtung, die ein Abstimmen (tuning) des Resonators erlaubt, können enge Wellenlängenbereiche gezielt verstärkt werden. In das unterste Vibrationsniveau gelangt das Molekül abermals über einen strahlungslosen Übergang. Bei entsprechend starken Pumpen kann so eine Besetzungsinversion erreicht werden. Allerdings gibt es zum Laserübergang auch konkurrierende Prozesse. Das sind – wie bei jedem Laser – Resonatorverluste und spezifisch für Farbstofflaser Absorptionsverluste. Zum einen sind das die Übergänge vom Singulettzustand S1 in höhere Niveaus Sm (Abb. 4.16). Besonders hoch sind die Verluste bei Überlappung der Absorptionsspektren dieser Übergänge mit dem Emissionsspektrum der Laserstrahlung. Zum anderen können Triplettverluste Auswirkung auf das Lasing haben; das JABLONSKI-Termschema in Abbildung 4.16 zeigt es: vom ersten angeregten Singulettzustand kann das optisch gepumpte Molekül durch intersystem crossing ISC in den tieferliegenden Triplettzustand T1 übergehen. Ein ISC geht mit der Spin- umkehr des angeregten Elektrons einher und ist damit weniger wahrscheinlich als der Laserübergang. Doch kann aus dem selben Grund eine Entleerung von T1 nur durch inelastische Stöße und Phosphoreszenz erfolgen, also langsame Prozesse die zu langen Lebensdauern von 10-7 bis 10-3 s führen. Kommt es zudem noch zu Absorptionsverlusten durch den T1o T2Übergang, kann dieses triplet quenching das Lasern sogar unterdrücken, was durch einen Pulsbetrieb des Farbstofflasers verhindert wird und durch Laserfarbstoffe mit geeigneten Substituenten unterdrückt werden soll.45, 49 Abbildung 4.17 Schema der transversalen Pumpanordnung des gepulsten Farbstofflasers RADIANT DYES LASER ACC.™ RD RDP-1NA (mod.). 49 F. Schäfer, Angew. Chem. 1970, 82, 25. 88 4 Analytische Methoden Das optische Pumpen eines Flüssigkeitlasersystems geschieht mittels einer Blitzlichtlampe oder eines gepulsten beziehungsweise kontinuierlichen Lasers. Hier soll nur der Aufbau des auch verwendeten excimer-Laser-gepumpten Systems beschrieben werden. Solch ein gepulster Farbstofflaser ist zwar teurer im Betrieb, bietet dafür aber hohe Spitzenleistungen und Repetitionsfrequenzen nanosekundenkurzer Pulse sowie bedingt durch die UV-Pumpstrahlung die Möglichkeit breiterer Abstimmung. Die optische Bank hat einen transversalen Aufbau (Abb. 4.17). Über einen Umlenkspiegel (USP) wird der excimer-Laser (EXC) mit einer Zylinderlinse (Z) auf eine Küvette (K) mit der Farbstofflösung fokussiert. Dabei ist es wichtig, daß ein ständiger Austausch der Flüssigkeit erfolgt, um die Wärme abzuführen (Pumpe P). Die maximale Besetzungsinversion wird in einem schmalen Bereich hinter dem Einstrahlfenster erreicht. Nun resoniert die Strahlung zwischen einem Auskoppelspiegel (ASP) auf der einen Seite der Küvette und einem Beugungsgitter (B) als Reflexionsgitter auf der anderen. Die Abstimmung erfolgt durch Rotation des Beugungsgitters, welches Licht unterterschiedlicher Wellenlänge unterschiedlich ablenkt. Der Laserstrahl wird durch ein Teleskop (T) aufgeweitet und über ein Prisma (PR) auf das Reflexiongitter geleitet. Der ausgekoppelte Laserstrahl (L) wird über Umlenkprismen (UPR) weitergeleitet.50 4.7.3 Laserinduzierte Prozesse Im Grunde ist Laserchemie auch nur eine Form der Photochemie, jedoch sind viele Anwendungen nur mit dem kohärenten, intensiven Laserlicht durchzuführen. Heute gibt es bereits eine Vielzahl an Beispielen für solch eine selektive Laserchemie, die nur durch LaserMaterial-Wechselwirkungen möglich ist. An dieser Stelle kann nur ein Überblick gegeben werden. Man kann die laserchemischen Prozesse beispielsweise nach der genutzten Eigenschaft der Strahlung klassifizieren:51 Der Monochromatismus, die spektrale Schmalbandigkeit, kann zur selektiven Anregung eines einzelnen elektronischen Zustandes eines Moleküls oder zur exklusiven Anregung von Schwingungsfreiheitsgraden mit dem IR-Laser genutzt werden (z. B. zur Disilanbildung in der Gasphase). Intermolekulare Selektivität, also das gezielte Anregen von bestimmten Molekeln oder auch Isomeren in Lösung etc., der einfarbigen Strahlung ermöglicht die chemische 50 51 User Manual RDP-1NA, Radiant Dyes Laser Acc., Wermelskirchen 1996. H. Stafast, Angewandte Laserchemie, Springer, Berlin 1993. 4 Analytische Methoden 89 Trennung von Verunreinigungen, Isomeren oder auch Lanthanoiden und Isotopen bei ähnlichem thermochemischen Reaktionsverhalten, die selektive Desorption zur Steuerung von Verhalten in Adsorbatschichten, das spektrale Lochbrennen von Molekülen in Matrix und andere Prozesse. Die hohe räumliche Auflösung der Laserstrahlung erlaubt bei Verwendung entsprechender Kollimationsoptiken zwei- und auch dreidimensionale Fokussierung. Beispiele sind hier konfokale Anregung photochemischer Reaktionen in begrenzten Volumen eines Reaktors, Anregung einzelner Ionen in Kristallmatrizes oder der Antrieb von „Nanomaschinen“ und „Laserpinzetten“. Der Laser ist eines der wichtigsten Hilfsmittel zur zweidimensionalen Strukturierung dünner Oberflächenschichten. Das kann in der Mikrochipherstellung das Ätzen von Halbleiteroberflächen, das Aufbringen von Halbleiterbahnen oder das Bearbeiten des Wavers sein. Durch Stereolithographie können komplexe dreidimensionale Strukturen schrittweise aufgebaut werden, sei es durch Abscheidung von Metall oder aber durch photochemische Polymerisation. Anwendungen sind unter anderem Mikrostrukturierung und Prothesenherstellung. Eine weitere Steuerungsmöglichkeit laserchemischer Prozesse ist das Pulsen der Strahlung mit hoher zeitlicher Auflösung. Komplexe Verbindungen und große Moleküle, die oft thermisch instabil sind, können so ohne Zersetzung desorbiert oder verdampft werden. Ebenso werden durch rasche Abkühlung Reaktionsführungen ohne Sekundärprodukte sowie die Darstellung thermodynamisch metastabiler Phasen begünstigt. Die Polarisation der Laserstrahlung ist wichtig bei der Durchführung spektroskopischer Methoden, der Laserstrukturierung von Oberflächen und der optischen Datenspeicherung. Gerade die Kombination dieser Eigenschaften des Laserlichtes führt zu einer Legion von Anwendungen, die auf anderem Wege nicht möglich wären. Dazu zählen im besonderen die optische Datenspeicherung von hoher Dichte in Wirt-Gast-Systemen und natürlich Laserspektroskopie und -analytik, die die Forschung entscheidend verändert haben. 90 4 Analytische Methoden 5 Diskussion der Synthesen 91 5 Diskussion der Synthesen 5.1 Synthesestrategie zur Immobilisierung von Farbstoffen in mikro- und mesoporösen Materialien Die Kombination der Eigenschaften poröser Silikate – die ungewöhnliche Textur, die mechanische und thermische Beständigkeit sowie das Wechselwirkungspotential der Silanolgruppen auf der großen inneren Oberfläche – macht sie zu Funktionsmaterialien mit breiter Anwendung in Katalyse, Stofftrennung und anderen Bereichen.1 Werden die chemischen Eigenschaften der Oberfläche durch gezielte Funktionalisierung verändert, so lassen sich weitere Anwendungen erschließen. Als Beispiele kann man die Entwicklung von maßgeschneidertem Säulenmaterial in der Chromatographie, das Einbringen organischer Polymere und die Immobilisierung von Enzymen und metallorganischen Katalysatoren nennen (Kap 2.5). Die chemische Veränderung der Oberfläche eröffnet tatsächlich eine weitere Dimension im Design von Nanokompositmaterialien. Neben Einflußnahme auf den sterischen Faktor kann nun das Wechselwirkungspotential der COULOMB-Kraft oder induzierter Dipole genutzt und die Diffusion von Gastmolekeln wirksam verhindert werden. Im Gegensatz zur Physisorption erfolgt die chemisorptive Diffusionsstabilisierung durch kovalente Anbindung oder ionische Wechselwirkung. Die Darstellung stabiler, heterogener Katalysatoren oder farbechter, vielseitig einsetzbarer Pigmente kann so im Vergleich zum lediglich physikalisch imprägnierten Material erleichtert werden und eine dauerhafte homogene Verteilung von optisch aktiven Gästen im Wirtmaterial erreicht werden. Die kovalente Bindung von organischen Molekülen auf planare Silikatoberflächen wird ebenfalls von Forschern anderer Bereichen der Materialwissenschaften und der life science seit den frühen 90er Jahren verfolgt.2, 3, 4, 5, 6 1 2 L. Puppe, ChiuZ. 1986, 4, 117. Chemically Modified Surfaces, J. Pesek, I. Leigh (Ed.), Royal Soc. of Chem., Cambridge 1994; Chemically Modified Surfaces: Recent Developments, J. Pesek, M. Matyska, R. Abuelaiya (Ed.), Royal Soc. of Chem., Cambridge 1996. 92 5 Diskussion der Synthesen Bei der Planung der kovalenten oder ionischen Anbindung von Molekülen muß der Einfluß der Funktionalisierung des Wirtmaterials auf den Gast einkalkuliert werden. Man kann ein poröses Material auch als „festes Lösemittel“ auffassen, denn die Wechselwirkungen mit den Poren- oder Kanalwänden haben starken Einfluß auf das Verhalten des Gastmoleküls. Das chemische Umfeld bestimmt also größtenteils spektrometrische Eigenschaften, Stabilisierung von Stereoisomeren etc. 5.1.1 Kompositmaterialien auf Basis von mesoporösem Si-MCM-41 Die Nutzung von porösen Silikatmaterialien großer Oberflächen als heterogene Katalysatoren, nicht-lineare optische Materialen etc. wirft durch die eingeschränkte Zugänglichkeit der Hohlraumsysteme für sterisch anspruchsvollere Moleküle Probleme auf. Bei katalytischen Systemen ist es ebenfalls notwendig, daß Edukte und Produkte ungehinderten Zugang zu den katalytischen Zentren haben. Durch die steuerbare Synthese mesoporöser Materialien stellen sterische Hinderungen kein Problem mehr bei der Beladung dar, aber der Verbleib von Molekeln im Poreninneren ist schwerer zu erreichen. Ein Ziel dieser Arbeit war es, eine optimales Nanokompositmaterial mit photochromen Eigenschaften auf Basis eines mesoporösen Silikates zu synthetisieren. Dafür müssen sowohl Wirtmaterial als auch Gastmaterial und die Methode zur Verankerung folgende Vorgaben erfüllen: Wirtmaterial. (i) Der Durchmesser der Poren oder Kanäle muß ausreichend sein, um die Aufnahme der ausgewählten Farbstoffe auch unter der Annahme einer self assembled monolayer (SAM) einer Funktionalisierungsreagenz zu gewährleisten. (ii) Das Wirtmaterial muß von höchster, reproduzierbarer Qualität sein, da sonst die Festkörperanalytik nicht zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Farbstoffe. Die optischen beziehungsweise photochromen Eigenschaften der Farbstoffe 3 4 5 6 (a) K. Ichimura, Y. Hayashi, K. Goto, N. Ishizuki, Thin Solid Films 1993, 235, 101; (b) M. Ueda, K. Kudo, K. Ichimura, J. Mater. Chem. 1995, 5, 1007. O. Prucker, M. Schimmel, G. Tovar, W. Knoll, J. Rühe, Adv. Mater. 1998, 10, 1073. D. Li, M. A. Ratner, T. Marks, J. Am. Chem. Soc. 1990, 112, 7389. X. Yang, D. McBranch, B. Swanson, D. Li, Angew. Chem. 1996, 108, 572. 5 Diskussion der Synthesen Abbildung 5.1 93 Synthesekonzept zur kovalenten Anbindung und ionische Immobilisierung von Chromophoren im Poreninneren des mesoporösen Silikates Si-MCM-41. Zusätzlich sind Beispiele für die Ausführung der Syntheseschritte mit Kapitelangaben angeführt. 94 5 Diskussion der Synthesen dürfen sowohl (i) durch die Derivatisierung mit einer Ankergruppe als auch (ii) durch eine notwendige Aktivierung zur Kopplung nicht beeinträchtigt werden. Funktionalisierung. (i) Die Funktionalisierung soll in einer möglichst einfach unter milden Reaktionsbedingungen ablaufenden Silylierung durchzuführen sein. (ii) Es muß gewährleistet sein, daß die Anbindung der Farbstoffe hauptsächlich oder bevorzugt in homogener Verteilung im Poreninneren stattfindet. An die reaktiven Gruppen auf der Oberfläche des Wirtmaterials wird (iii) der Farbstoff angebunden, doch bestimmt das Wechselwirkungspotential des chemische Umfeldes auch die Eigenschaften des Chromophoren. Photoschaltbare Materialien erfordern eine hohe thermische Stabilität der Schaltzustände, daher sollte die Wahl der Funktionalisierung des Wirtes auch auf (iv) die Stabilisierung der Photoisomere ausgerichtet sein. Als Arbeitsgrundlage diente zunächst ein Konzept des Autors zur Anbindung von Chromophoren im Poreninneren von mesoporösen Silikaten, welches zum einen die kontrollierbare, homogene Beladung des Molekularsiebes mit Farbstoff garantiert und zum anderen eine Anbindung auf der äußeren Oberfläche vermeidet.7 Abbildung 5.1 zeigt das nun stark erweiterte Synthesekonzept zur Immobilisierung organischer Farbstoffe.8 Die angewandte Synthesestrategie folgt dem Prinzip der „schrittweisen Funktionalisierung“, welche zwar arbeitsaufwendiger als beispielsweise ein Kondensationseinschluß eines Gastes ist, aber nicht zur Beeinträchtigung der Textur des porösen Materials führt. Das mesoporöse Wirtmaterial Si-MCM-41 erfüllte alle an das Trägermaterial gestellten Anforderungen. Als precursors der Kopplungsreaktion wurden wegen der entropiegesteuerten Kondesationsreaktion mit dem Silikat Alkoxysilane gewählt. Eine Propylspacer zur funktionellen Gruppe garantiert ausreichende Beweglichkeit. Es wurden primäre und sekundäre Aminomodifizierung und Iodomodifizierung durchgeführt. In Zusammenarbeit mit Herrn O. BARTELS wurde ein quarternäres Ammoniumsalz als Kopplungsgruppe eingeführt, welches als Gegenion negativ geladene Farbstoffe über COULOMB-Wechselwirkung fixiert. Die kovalenten Verankerungen erfolgten über Etherbrücken-, Sulfonamid- und Peptidbindung. Sonderstellungen nehmen die direkte Anbindung eines Spirooxazins als Alkoxysilanderivat sowie die ionische Immobilisierung eines Eduktes mit anschließender in-situ-Synthese eines Spirofarbstoffes ein. Die verwendeten Farbstoffe wurden mit den entsprechenden Kopplungsgruppen substituiert. 7 8 Y. Rohlfing, D. Wöhrle, M. Wark, G. Schulz-Ekloff, J. Rathouský, A. Zukal, Stud. Surf. Sci Catal. 2000, 129, 295. Y. Rohlfing, Diplomarbeit, Bremen 1999. 5 Diskussion der Synthesen 95 Um eine bevorzugte Anbindung der Gastmolekel an die äußere Oberfläche des porösen Silikates zu vermeiden, wurde ebendort die regioselektive Passivierung mit einem unpolaren Silan durchgeführt. 5.1.2 Kompositmaterialien auf Basis von mikroporösem Zeolith Y Neben dem chemischen Umfeld des eingelagerten Farbestoffes hat die räumliche Beschränkung einen starken Einfluß auf die Eigenschaften. Offensichtlich ist dies bei photochromen Systemen, denn hier hängt die Farbigkeit stets von der Konfiguration beziehungsweise Konformation der vorherrschenden Isomere ab. Sterische Restriktion kann also den thermischen Übergang von einem Stereoisomer zum anderen verlangsamen. Besonders bei Spiropyranen zeigt sich dies in der Stabilisierung der Photoisomere. Um tatsächlich eine räumliche Einschränkung auszuüben, benötigt man ein mikroporöses Wirtmaterial, dessen Porensystem die Voraussetzungen zur Aufnahme der recht großen organischen Farbstoffe erfüllt. Es werden also folgende Anforderungen gestellt: (i) der Farbstoff soll vom geordneten, anorganische Wirt eng umschlossen werden und (ii) ohne Strukturschädigung eingelagert werden können. (iii) Dabei soll eine möglichst homogene Verteilung erreicht werden und (iv) die Diffusion der Gastmolekel im oder aus dem Wirtgitter vermieden werden. Der Superkäfig des Zeolithen Y (Faujasit) hat einen Superkäfig von 13 Å und Porenöffnungen von 7,4 Å und eignet sich daher für dir Einlagerung von Spiropyranfarbstoffen. Die Dimensionen der Farbstoffmoleküle sind in Kapitel 5.5 aufgeführt. Die kleinen Eduktmoleküle können leicht in die Hohlraumstruktur des Faujasiten eindiffundieren und dort reagieren. Der Farbstoff wurde also erst in-situ-synthetisch im Molekularsieb erzeugt – wie im Schema in Abbildung 5.2 veranschaulicht wird – und ist durch seine Größe diffusionsgehindert. Um eine bevorzugte Reaktion außerhalb des Zeolithen zu vermeiden, wurde stets die IndolinKomponente A (FISCHER-Base) in einem vorangehenden Schritt eingebracht, um abschließend die Spirokopplung A+B mit einem Salicysäurederivat B durchzuführen. Nach jedem Schritt wurde das Molekularsieb intensiv gewaschen. C. SCHOMBURG untersuchte bereits ein Konzept zur in-situ-Synthese von Azofarbstoffen und Spiropyranen im Zeolithen Y.9 Die oben beschriebene Reihenfolge der Imprägnierung und Kopplung führte zu höchsten Bela9 C. Schomburg, Dissertation, Bremen 2000. 96 5 Diskussion der Synthesen Abbildung 5.2 Synthesekonzept zur in-situ-Synthese von Spiropyranen in Faujasiten mit unterschiedlichen Si/Al-Verhältnissen. dungen. Die Dimensionen des Zielmoleküls C sollten allerdings bescheiden bleiben, um in situ-Reaktion und Isomerisierung nicht zu unterdrücken. Neben den sterischen Effekten spielt die Protonierung des Farbstoffes eine bedeutende Rolle in bezug auf die photochromen Eigenschaften. Beim HY-Zeolithen geht das Vorhandensein von Protonen einher mit dem Aluminiumanteil an den Gerüstatomen des Aluminosilikates. Die Effekte des sauren chemischen Umfeldes wurden durch den Einsatz unterschiedlich stark dealuminierter Zeolithe gezeigt. 5 Diskussion der Synthesen 97 5.2 Zur Darstellung der Farbstoffe 5.2.1 Synthese eines Spirooxazinfarbstoffes zur kovalenten Anbindung an Si-MCM-41 Wie auch bei den Spiropyranfarbstoffen bieten sich am Gerüst des Spirooxazins bevorzugte Positionen zur Substitution mit einer kopplungsfähigen funktionellen Gruppe an: CH3 CH3 N N O , (5.1) am aromatischen Ring oder an der N-Position des Indolinabschnittes und an den aromatischen Ringen des Naphthoxazinabschnittes. In Alternative zur bereits begonnen Bearbeitung anderer Konzepte wurde eine Syntheseplanung erstellt (Abb. 5.3), die zu einem Spirooxazin führen sollte, welches über den substituierten Napthooxazinrest angebunden wird. Desweiteren sollte der Chromophor wahlweise an eine funktionalisierte Oberfläche angebunden oder aber über eine Alkoxysilanfunktion ohne Zwischenschritt verankert werden können. Als Edukte zur Spirokopplung benötigt man eine Indoleninkomponente und ein 2-Hydroxy1-nitrosonaphthalin mit einer weiteren funktionellen Gruppe zur späteren Verankerung. Der Substituent sollte keine Konkurrenzreaktion zur Spirokopplung eingehen können. Da substituierte 2-Hydroxy-1-nitrosonaphthaline nach meinem Wissen nicht kommerziell vertrieben wurden, sollte ein ȕ-Naphthol nitrosiert werden. Es bot sich an, ein Edukt mit C2-Symmetrie zu wählen, um unerwünschte Nebenprodukte der Drittsubstitution zu vermeiden. 2,7-Dihydroxynaphthalin 1 erfüllte diese Voraussetzungen. Hydroxy- und Nitrosofunktion müssen als Kriterium für die Spirokopplung in Į-Stellung zueinander stehen. Die Hydroxy- 98 5 Diskussion der Synthesen CH3 HO OH CH3 + N CH2 NO NaNO2 HO CH3 OH 1 3 2 CH3 CH3 H3C N + N OH O O I CH3 O Si CH3 O CH3 5 4 CH3 CH3 H3C N N O CH3 O O CH3 O Si O CH3 6 Abbildung 5.3 Syntheseplan zur Darstellung des Farbstoffes 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 6. gruppe ist stark aktivierend und dirigiert daher in ortho- und para-Stellung, also zum gewünschten Produkt. 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 2 wird mit einem 2-Methylenindolin-Derivat in einer Kondensationsreaktion umgesetzt.10 Um im Indolin-Abschnitt das gleiche Substitutionsmuster wie im ebenfalls verwendeten Spiropyran N-BIPS zu erhalten, wurde 2-Methylen1,3,3-trimethylindolenin 3 eingesetzt. Der Farbstoff 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 4 könnte nun direkt als Elektrophil an einem entsprechend modifizierten Wirtmaterial verankert werden oder aber in einer SN2-Reaktion unter milden Bedingungen mit einem Alkoxysilan mit guten Abgangsgruppe verknüpft werden. 4 sollte mit 10 N. Chu, 4n+2 Systems: Spirooxazines, in Photochromism, H. Dürr, H. Bouas-Laurent (Ed.), Elsevier, Amsterdam 1990. 5 Diskussion der Synthesen 99 3-Iodopropyltrimethoxysilan 5 zu 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 6 umgesetzt werden. Beispiele für diese Synthesestrategie geben H. DÜRR et al. mit der Darstellung unterschiedlich substituierter Naphthoxazine.11 Darstellung von 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 2 NO HO HO OH OH NaNO2 H2SO4 1 2 (5.2) Die Darstellung von 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 2 aus Dihydroxynaphthalin 1 und Natriumnitrit erfolgt weitestgehend nach einer Vorschrift von S. MACDONALD und A. CHECHAK aus dem Jahre 1948.12 Der Ansatz wurde auf 0,10 mol reduziert, wodurch immer noch ein 4 L-Kolben erforderlich war. Nach mehreren Versuchen konnte durch vorangehendes Lösen von 1 in heißem Wasser, eine genaue Einstellung der Reaktionstemperatur und die Variation der Zutropfrate der verdünnten Schwefelsäure ein bereits sehr reines, teilweise feinkristallines, rostbraunes Rohprodukt (Ausbeute 95 % d. Th.) erhalten werden. Problematisch ist die Kühlung der Reaktionslösung: die Umsetzung großer Mengen Nitrosierungsreagenz erforderte ein zügiges Abführen der Wärme, jedoch drohte stets die Vereisung von KPG-Rührer und dem Edukt im Kolbenboden. Die Temperatur sollte 8 – 10 °C nicht übersteigen.13 Das Ausschütteln aus Ether sowie die Umkristallisation aus Toluol führten zu nur geringer Farbveränderung, aber hohem Ausbeuteverlust. Da die Analytik und Dünnschichtchromatographie vergleichbare Reinheit des mit großer Menge an ungekühltem Wasser gündlich gewaschenen Rohproduktes versprach, wurde für das Gros des Produktes auf die Aufreinigung verzichtet. Geringe Verunreinigungen an 1 sind für die weitere Synthese unerheblich, da 1 bei der Bildung der Spirokopplung nicht umgesetzt wird. Die Selektivität und Ausbeute der Reaktion erklärt sich über den Reaktionsmechanismus der Nitrososubstitution des Aromaten, dargestellt in Abbildung 5.4. Natriumnitrit dissoziiert vollständig, und unter Säureeinfluß bildet sich das Nitrosonium-Ion. Der +M-Effekt der Hydroxygruppe wirkt stark aktivierend auf den Aromaten und dirigiert Elektrophile in o- oder p-Position, denn dies führt zu Resonanz stärkster Delokalisierung. Die para-Stellung ist je11 12 H. Dürr, Y. Ma, G. Cortellaro, Synthesis 1995, 294. S. MacDonald, A. Chechak, Can. J. Res. 1948, 26B, 432. 100 5 Diskussion der Synthesen _H O 2 2H O N O N O O O N H HO N O N OH2 OH NO HO H OH NO HO OH 1 Abbildung 5.4 Mechanismus der Nitrosierung von 2,7-Dihydroxy-naphthalin 1. doch durch ein Brückenkopfatom blockiert, und die Substituierung an der 1-Position führt zur wichtigsten Resonanzstruktur. Nach C. MARVEL und P. PORTER wird ȕ-Naphthol nahezu quantitativ in Į-Nitroso-ȕ-naphthol umgesetzt.14 Darstellung von 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 4 CH3 NO CH3 CH3 HO OH CH3 N Methanol N + N 3 CH3 O OH CH3 CH2 2 4 (5.3) Die Umsetzung von 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 2 und 2-Methylen-1,3,3-trimethylindolenin 3, der FISCHER-Base, ist eine in zum Rückfluß erhitzten Methanol einfach durchzuführende Reaktion, die zum Farbstoff 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 4 führt. Die Reaktion ähnelt mechanistisch einer Aldol-Addition. Problematisch war allerdings die Aufreinigung des Rohproduktes. Nachdem die rotbraune Reaktionslösungen jeweils über Nacht stehengelassen wurden, wurde feinkristalliner gelblicher Niederschlag abgefiltert und mit kaltem Methanol gewaschen. Danach wurde mehrfach mit Ether extrahiert. Die Versuche der Umkristallisation des bräunlichen Rohproduktes in Lösemitteln unterschiedlicher Polarität schlugen auch nach Animpfen, Anrauhen des Gefäßes etc. 13 14 E. Weygand, G. Hilgetag, Organisch-chemische Experimentierkunst, 4. Aufl., Barth, Leipzig 1970. C. Marvel, P. Porter, Org. Synth. 1922, 2, 61. 5 Diskussion der Synthesen 101 fehl, obgleich die Reinigungen verwandter Verbindungen durch Kristallisation bereits beschrieben wurden.15, 11 Nach Säulenchromatographie über Kieselgel mit Dichlormethan als Eluierungsmittel konnten Fraktionen höherer Reinheit von der stationären Phase extrahiert werden. Bei den stärksten Verunreinigungen handelte es sich um indolinverwandte Verbindungen. Versuche zur besseren Abtrennung dieser Verunreinigungen durch Variation der Laufmittelmischung ergaben leider, daß in Verbindung mit der stationären Phase Kieselgel kein Lösemittel optimale Wirkung zeigte. Die mobile Phase Dichlormethan zeigte, obgleich das Edukt FischerBase breit über die stationäre Phase (DC) verschmiert wurde, befriedigende Trennung. Das Reaktionsprodukt lief allerdings sehr langsam, so daß es sich empfahl, auf diese Weise bei geringer Füllhöhe der Säule nur eine Vorreinigung durchzuführen. Ein Entfernen des noch vorhandenen 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 2 gelingt mit dem Eluens Diethylether bei guter Trennschärfe. Die Chromatographie erforderte stets eine aufwendige Fraktionierung und wurde wiederholt durchgeführt. Verschiedene, isolierte Phasen konnten zum Teil als unterschiedliche Isomere oder Aggregate des Spirooxazins 4 identifiziert und später vereinigt werden. Eine besondere Schwierigkeit lag darin, daß die verschiedenen Isomere und Aggregate (i) unterschiedliche Wechselwirkungen zur mobilen Phase eingingen und (ii) und ihre Polarität auch durch Lichteinfluß veränderten. DC-Banden mit unterschiedlich ausgeprägtem photochromen Verhalten lieferten annähernd gleiche massenspektrometrische Ergebnisse. Im besten Falle konnten 56 % d. Th. erhalten werden, wobei allerdings auf ein nicht unerhebliches Vorhandensein von Indolinen hingewiesen werden muß. Ein entscheidender Grund für verminderte Umsetzung und den damit verbundenen Problemen der Aufreinigung ist die geringe Reinheit des verwendeten 2-Methylen-1,3,3-trimethylindolenin 3 (ALDRICH). Mit 98 % Gehalt ausgezeichnet, konnten doch weitere Bestandteile als Solute mittels DC-Chromatographie nachgewiesen werden. Eine Hauptverunreinigung ist 1,2,3,3-Tetramethylindolenin, welches sich auch im Produkt nachgewiesen erden konnte, da es nicht zum Spirooxazin umgesetzt wird. Die Entnahme aus frischen Gebinden verbesserte nicht die Qualität. 15 R. Nakao, N. Ueda, Y. Abe, T. Horii, H. Inoue, Polym. Adv. Technol. 1995, 6, 243. 102 5 Diskussion der Synthesen Darstellung von 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 6 CH3 CH3 CH3 CH3 Acetonitril K2CO3 N N O OH O C6H15IO3Si O O CH3 O Si O CH3 CH3 4 H3C N N CH3 6 5 (5.4) In einer SN2-Reaktion wurden 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth- [2,1-b][1,4]oxazin 4 und 3-Iodopropyltrimethoxysilan 5 in Gegenwart von Kaliumcarbonat in Acetonitril zu 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth- [2,1-b][1,4]oxazin 6 umgesetzt (zum Mechanismus vergleiche Kap. 5.6). Es wurde ein rötliches Öl erhalten. Nach mehrfacher Extraktion mit Ether wurde eine unrealistisch hohe Ausbeute an Rohprodukt, ebenfalls ein rötliches Öl, erhalten werden. Die notwendige Reinigung konnte auf die gleiche Weise, wie bereits im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, durchgeführt werden. Es wurde 41 % d. Th. bräunlichen Pulvers des Farbstoffes 6 an Ausbeute erhalten. 5.2.2 Darstellung verschiedener Spiropyrane ohne Ankergruppen CH3 H O CH3 CH3 N CH2 + - H2O N O CH3 1 CH3 Ethanol HO NO2 2 CH3 N-BIPS 6 8 NO2 (5.5) Die Darstellung von 6-Nitro-1’,3’,3’-trimethylspiro[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin (N-BIPS) sowie 8-Methoxy-6-nitro-1’,3’,3’-trimethylspiro[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin (MN-BIPS) und 6,8-Dinitro-1’,3’,3’-trimethylspiro[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin (DN-BIPS) wurde durchgeführt, um nach Adsorption der Farbstoffe an Molekularsieb durch Vergleich von Konzentrationsreihen auf die Beladung nach in-situ-Synthese schließen zu können. Obwohl 5 Diskussion der Synthesen 103 diese Methode nicht zum gewünschten Erfolg führte, soll die Darstellung der Spiropyrane in Lösung kurz am Beispiel von N-BIPS beschrieben werden. Die ablaufende Reaktion ist vergleichbar mit der Aldol-Kondensation, wobei der nukleophile Angriff auf das 2-Hydroxyaldehyd von der FISCHER-Base und nicht von einem Enolat erfolgt: 16 CH3 CH3 CH3 H H CH3 H H H N CH3 O O H Nukleophiler Angriff O2N H O H N O CH3 NO2 . (5.6) Die Reaktion wurde in Ethanol unter Rückfluß ausgeführt. FISCHER-Base 1 und 5-Nitrosalicylaldehyd 2 werden in äquimolaren Anteilen umgesetzt (Gl. 5.5). Die ethanolische Reaktionslösung war zunächst rosafarben, später dunkelviolett. Eine Umsetzung der Edukte mit anschließender thermochromer Schaltung war also erfolgt. Das Rohprodukt konnte in Form von sienafarbenen Nadeln abgefiltert werden. Diese wurden gewaschen und mehrfach umkristallisiert. Schlußendlich wurden 71 % d. Th. an ockerfarbenen Nadeln von N-BIPS erhalten. Ethanolische Lösungen der Spiropyrane zeigten nach kurzer Zeit und unter Einfluß von sichtbarem Licht ausschließlich Absorption im UV-Bereich. 5.2.3 Darstellung von Indolinderivaten mit Ankergruppen in N-Position zur in-situ-Synthese von Spiropyranen Die Anbindung an die N-Position des Indolinteils der Spiropyrane wird unter anderem als unproblematische Möglichkeit zur Darstellung von Derivaten mit langen Alkylketten beschrieben.16 Auch wurden Materialien aus Spiropyrane, die an der N-Position Carboxyalkyloder Sulfonatfunktion tragen, vorgestellt.17, 18, 19, 20 16 17 18 R. Guglielmetti, 4n+2 Systems: Spiropyrans, in Photochromism, H. Dürr, H. Bouas-Laurent (Ed.), Elsevier, Amsterdam 1990. T. Kuwahara, H. Tagaya, K. Chiba, Microporous Mater. 1995, 4, 247. T. Hori, H. Tagaya, T. Nagaoka, J. Kadokawa, K. Chiba, Appl. Surf. Sci. 1997, 121/122, 530. 104 5 Diskussion der Synthesen CH3 CH3 N O CH3 O S O 1 I O OH 2 3 CH3 CH3 CH3 CH3 N N CH3 CH2 I 4 O 5 O S OH NaOH CH3 CH3 CH3 N O O CH3 N CH2 CH2 7 6 O O O Na a) Verankerung Abbildung 5.5 Na S b) Spirokopplung O O Syntheseplan zur Darstellung zweier Indolinderivate mit Funktionalisierung zur Verankerung an der N-Position und der Darstellung des jeweiligen Farbstoffes mittels in-situ-Synthese. Ursprüngliches Ziel war die Kopplung von Spiropyran mittels einer mit Dicyclohexylcarbodiimid (DCC) aktivierten Carboxyfunktion an den aminomodifizierten Si-MCM-41 sowie der Sulfonatfunktion an den mit quarternärer Ammoniumgruppe modifizierten Si-MCM-41 (Abb. 5.5). Beide Reaktionspfade basieren auf der Quarternierung des 2,3,3-Trimethylindolenin 1 zu den quarternären Salzen 4 und 5. Desweiteren sollten die jeweiligen FISCHERBasen (Anhydrobasen) 6 und 7 durch Behandlung mit Natriumhydroxid gebildet und nach der Isolierung am modifizierten Si-MCM-41 verankert werden. Die Darstellung des Farbstoffes sollte in-situ-synthetisch erfolgen. 19 20 F. Hamada, R. Ito, I. Suzuki, T. Osa, A. Ueno, Macromol. Rapid Commun. 1994, 15, 531. J. Wojtyk, P. Kazmaier, E. Buncel, Chem. Commun. 1998, 1703. 5 Diskussion der Synthesen 105 Darstellung von (2,3,3-Trimethylindoleniniumiodid-1-yl)-propionsäure 4 CH3 CH3 N CH3 O Acetonitril + I CH3 OH N CH3 1 2 4 CH3 I O OH (5.7) Die Bildung quarternärer Salze durch Umsetzung mit Alkylhalogeniden dient in der qualitativen Analyse zum Nachweis von tertiären Aminen.21 Allgemeine Arbeitsvorschriften zur Quarternisierung sind geläufig, und das Quarternisieren mit Alkylresten verläuft mit oft hoher Ausbeute.11, 13 Die Umsetzung von 2,3,3-Trimethylindolenin 1 mit 3-Iodpropionsäure 2 erfolgte in siedendem Acetonitril. Nach längere Lagerung der Reaktionsmischung bei - 20 °C wurden geringe Mengen feinkristallinen Niederschlages abgeschieden. Handversuche ergaben, daß eine Aufreinigung über Extraktion oder Chromatographie des verbleibenden bräunlichen Öls aufgrund des ambivalenten Charakters des Produktes erschwert wird. Es konnten durch mehrmaliges Kristallisieren aus Acetonitril/Toluol flache, rhombische Kristalle von (2,3,3-Trimethylindoleniniumiodid-1-yl)-propionsäure 4 gewonnen werden. Da die zeitraubende Reinigung zu geringer Ausbeute von nur 4 % d. Th. führte, wurde der in Abbildung 5.5 beschriebene Weg nicht weiterverfolgt. In einer Reihe von Publikationen ist die Reinigung verwandter Verbindungen beschrieben worden. Diese Derivate der Indolin-Reihe sind allerdings deutlich weniger polar und können zum Teil ohne Isolierung in wäßriger Lösung in die Anhydrobasen umgesetzt und chromatographiert werden.22, 23, 24 Interessanterweise konnte im Arbeitskreis von R. GUGLIELMETTI einfach zu reinigende Thienylderivate von 4 in hoher Ausbeute im Bombenrohr dargestellt werden, wobei es allerdings nicht gelang, das quarternäre Salz mit 3-(2-Iodoethyl)thiophen herzustellen, was auf Eliminierung und ionische Polymerisation schließen läßt.25 21 22 23 24 25 Organikum, K. Schwetlick (Ed.), Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1977. M. Inouye, M. Ueno, K. Tsuchiya, N. Nakayama, T. Konishi, T. Kitao, J. Org. Chem. 1992, 57, 5377. H. Shinmori, M. Takeuchi, S. Shinkai, J. Chem., Perkin Trans. 2 1996, 1. K. Takagi, T. Kurematsu, Y. Sawaki, J. Chem., Perkin Trans. 2 1995, 1667. C. Moustrou, A. Samat, R. Guglielmetti, R. Dubest, F. Garnier, Helv. Chim. Acta. 1995, 78, 1887. 106 5 Diskussion der Synthesen Darstellung von (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat 5 Cl CH3 O CH3 N 1 O Cl CH3 S + CH3 O N CH3 3 CH3 5 O S O O (5.8) Der zweite Reaktionsweg des Syntheseplanes aus Abbildung 5.5 beginnt mit der Darstellung des zwitterionischen, quarternären Salzes (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat 5. 2,3,3-Trimethylindolenin 1 wurde mit 1,3-Propansulton 3 in Dichlorbenzol zu 5 umgesetzt. Die Reaktion mit zyklischen Sultonen wird bei Temperaturen über 100 °C durchgeführt. Dies kann in der Schmelze oder – wie auch im Rahmen dieser Arbeit – in hochsiedenden Lösemitteln geschehen.26, 27 Es sei an dieser Stelle der vorsichtige Umgang mit Alkylierungsreagenzien im allgemeinen und Propansulton im Speziellen angemahnt. Diese Substanzen sind zum einen hygroskopisch, zum anderen giftig und verändern das Erbgut. Das dunkle, pastöse Rohprodukt wurde mit Dichlormethan gewaschen und in siedendem Aceton/Methanol/Cyclohexan-Mischung (10:1:2) gelöst. Nach mehrwöchiger Kühlung konnte feinkristalliner Niederschlag gewonnen werden, der zum Impfen des in Aceton/MethanolMischung (18:1) erhitzten und stark eingeengten Rohproduktes verwendet wurde. In einigen Tagen wuchsen aus dem Öl siena-farbene, lanzettförmige Kristalle, die transparent und 3 bis 7 mm groß waren. Die Kristalle konnten mit kaltem Aceton gewaschen werden und ergaben 19 % d. Th. an Ausbeute. Die Kristallisation ist hier genau beschrieben, da sie die einzige probate Vorgehensweise zur Reinigung des Produktes zu seien scheint, aber außerordentlich langwierig war und trotz mancher präparativer Bemühung nur einmal zum Erfolg führte. Die mir bekannten Autoren, die 5 als Reaktionsstufe aufführen, enthalten sich allerdings der Beschreibung der Reinigung.17, 18, 19 Für das quarternäre Salz des Butansultons beschreiben N. NARAYANAN und G. PATONAY ebenfalls die Aufreinigung in Aceton/Methanol-Gemisch.27 26 27 A. Benniston, A. Harriman, C. McAvoy, J. Chem. Soc., Faraday Trans. 1997, 93, 3653. N. Narayanan, G. Patonay, J. Org. Chem. 1995, 60, 2391. 5 Diskussion der Synthesen 107 Versuch der Darstellung von (3,3-Dimethyl-2-Methylen-indolin-1-yl)-propionsulfonat 7 CH3 CH3 CH3 N CH3 CH3 NaOH H2O N 5 CH3 7 O O S S O O Na O O (5.9) Die Eliminierung von (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat 5 wurde in wäßriger Natriumhydroxid-Lösung bei pH 11 durchgeführt. Es ist davon auszugehen, daß unter den gewählten Bedingungen die Eliminierungsreaktion abläuft, doch konnte eine Isolierung des Produktes nicht erreicht werden. Bei Alkylsubstitution ohne ionische Gruppen ist Extraktion, Chromatographie oder Kristallisation anscheinend möglich,11 doch führte eine Anwendung dieser Methoden zur Abtrennung des Propionsulfonates nicht zum Erfolg. Nachdem Veränderung von Reaktionsführung und Reinigung nur zu weiterem Verlust an wertvollem Edukt führten, wurde unter der Annahme, auch eine Umsetzung des quarternären Salzes führe bei basenaktivierter in-situ-Reaktion im Si-MCM-41 zur Bildung des BIPSDerivates (Kap. 5.6.2), auf die Isolierung der FISCHER-Base und die Darstellung des reinen Farbstoffes bewußt verzichtet. 5.2.4 Darstellung eines Bis-thienylmaleinsäureanhydrids zur kovalenten Anbindung an aminofunktionalisierten Si-MCM-41 Zur kovalenten Anbindung eines Diarylethenfarbstoffes mit thermisch stabilen Photoschaltzuständen wurde folgende Zielstruktur ausgewählt: O O R O O O R R R CH3 CH3 H3C S H3C O S CH3 H3C S H3C S CH3 R = H, CH3 (5.10) 108 5 Diskussion der Synthesen Anhand der Strukturen in Gleichung 5.10 sollen in aller Kürze die Prinzipien des molekularen Designs dieser thermisch irreversiblen photochromen Farbstoffe (P-Typ) erläutert werden.28 (i) Verhinderung der Wasserstoffeliminierung nach Ringschluß. Stilben geht ebenfalls eine Photoringschlußreaktion zum Dihydrophenantren ein, dessen Wasserstoffatome an den Brükkenkopfatomen leicht in einer Reduktion von Sauerstoff eliminiert werden können, so daß Phenantren entsteht. Alkylreste an diesen Positionen gewährleisten daher die Stabilität in Gegenwart von Sauerstoff. (ii) Arylfunktion geringerer Aromatizität. Nach den Regeln von WOODWARD und HOFFMANN sind der konrotatorische Photoringschluß und der disrotatorische Ringschluß durch Erwärmung erlaubt.29 Die Barriere, die aus den Energieunterschieden der offenen und geschlossenen Isomere im elektronischen Grundzustand resultiert, entscheidet über die Stabilität der farbigen, geschlossenen Form. Die Energiedifferenzen der Phenylund Thienylfunktionen vor und nach Ringschluß betragen 27,7 respektive 4,7 kcal/mol, so daß bei Einführung der Arylfunktion geringerer Aromatizität eine thermische Ringöffnung vermieden wird.30 (iii) Rotverschiebung der Absorption. Damit das Absorptionsmaximum der geschlossenen Form zu höheren Wellenlängen verschoben wird, kann die Ethenbrücke beispielsweise durch Dicyanogruppen, Maleinsäureanhydrid- oder Maleinimidgruppen ersetzt werden.28, 31 (iv) Verhinderung der Z-E-Isomerisierung. Um eine eventuell zum Photoringschluß konkurrierende Z-E-Isomerisierung zu vermeiden, ist das Einbringen einer Cycloalkanfunktion von Vorteil. Die Zielstruktur erfüllt dieses Kriterium. (v) Verankerung im mesoporösen Material. Der Farbstoff muß für eine Bindung an den funktionalisierten Si-MCM-41 aktiviert werden. Diese Aktivierung – bevorzugt für eine Kopplung an ein primäres Amin – darf die photochemischen Eigenschaften des Farbstoffes nicht beeinflussen. Die Maleinimidkopplung des Maleinsäureanhydrids mit der Aminofunktionalisierung des Wirtmaterials erfüllt die Kriterien (iii), (iv) und (v). Nach eingehenden Literaturrecherchen wurden 2,3-Bis(2,5-dimethyl-3-thienyl)-maleinsäureanhydrid oder wahlweise 2,3-Bis(2,4,5-trimethyl-3-thienyl)-maleinsäureanhydrid 8 als Zielstrukturen ausgewählt (Gl. 5.10). Letztere Verbindung zeigt in ihrer geschlossenen Form eine hervorragende Photostabilität (> 5 Jahre bei Raumtemperatur!)28 und reagiert unter Beibehal- 28 29 30 31 M. Irie, Chem. Rev. 2000, 100, 1685. Siehe Kap. 6.2.4 zum Einfluß der Substituenten auf die Konformation. S. Nakamura, M. Irie, J. Org. Chem. 1988, 53, 6136. K. Uchida, Y. Nakayama, M. Irie, Bull. Chem. Soc. Jpn. 1990, 63, 1311. 5 Diskussion der Synthesen 109 H3C 4 O CH3 CH3 + H2C O H3C CH3 O O CH3 CH3 O 5 6 + P2S5 H3C H3C H3C CH3 S CH3 S 1 O Cl + + H3C 2 2 H3C Cl Cl H3C H3C CH3 S CH3 S 3 + NaCN H3C CN H3C NC O CN H3C CH3 + S H3C O O CH3 H3C OH CH3 CH3 H3C CH3 S CH3 S H3C S 7 H3C S CH3 8 aminofkt. Si-MCM-41 (CH2)3 O N O CH3 H3C CH3 H3C Abbildung 5.6 S H3C S CH3 Syntheseplan zur Darstellung eines Bisthienylethenfarbstoffes 5 zur Verankerung an aminofunktionalisiertem Si-MCM-41. Die umrandeten Reaktionen wurden durchgeführt. 110 5 Diskussion der Synthesen tung dieser Eigenschaften mit der Aminofunktion. Der Farbstoff zählt zu den thermisch stabilsten Diarylethenen einfacherer Substituierung mit symmetrischem Aufbau.32 Die Synthesen der beiden Anhydride waren bereits beschrieben und schienen anbetracht des großen Anwendungspotentials mit vertretbarem Aufwand durchführbar (Abb. 5.6). Zudem liegt das Absorptionsmaximum der farbigen Form bei Ȝ = 550 nm, also im Emissionsbereich des Coumarin-Farbstofflasers (Kap. 4.7.2). Die Verankerung von Anhydriden wurde vorab eingehend untersucht (Kap. 5.6.1) und stellte sich als erfolgreiches Konzept heraus. Im Rahmen der praktischen Arbeiten wurde keine vollständige Synthese eines Diarylethens durchgeführt. Während der laufenden Arbeiten fand die im Syntheseplan in Abbildung 5.6 aufgeführte Zwischenstufe 7 Eingang in den Feinchemikalienkatalog der Firma TOKIO KASEI™, so daß einige Stufen nicht ausgeführt werden brauchten. Ich werde die vorangehenden Bemühungen dennoch in wenigen Abschnitten beschreiben. Versuch der Darstellung von 3-Chloromethyl-2,5-dimethyl-thiophen 3 Cl + H3C S 1 CH3 O H3C Cl Sn(IV)Cl4 CS2 H3C 2 S 3 CH3 (5.11) Da 2,5-Dimethylthiophen 1 käuflich ist, wurde zunächst versucht, eine Alkylierung dieses Aromaten in der 3-Position vorzunehmen. Zur Alkylierung schlagen F. NORD et al. den Einsatz von Acetanhydrid in Gegenwart von Orthophosphorsäure oder eine VILSMEIERFormylierung für Aromaten mit Dimethylformanilid in Gegenwart von Phosphoroxychlorid vor.33, 34 Diese Carbonsäurederivate könnten über die Bildung von Säureamiden und Behandlung mit Phosphor(V)oxid oder Phosphoroxychlorid zu den Nitrilen dehydratisiert werden.21 Als Zwischenprodukt wird 3 von N. BUU-HOÏ und N. HOÁN sowie H. TIAN und H.-Y. TU erwähnt, doch konnten genaue Beschreibungen nicht ermittelt werden.35, 36 Es wurde nach einer Reaktionsvorschrift von M. IRIE und M. MOHRI zur Chloromethylierung mit Chlordimethylether 2 und Zinn(IV)chlorid in Schwefelkohlenstoff verfahren.37 Da32 33 34 35 36 37 Y. Nakayama, K. Hayashi, M. Irie, Bull. Chem. Soc. Jpn. 1991, 64, 789. G. Jean, F. Nord, J. Org. Chem. 1955, 20, 1363. W. King, F. Nord, J.Org. Chem. 1949, 14, 638. N. Buu-Hoï, N. Hoán, J. Org. Chem. 1951, 16, 874. H. Tian, H.-Y. Tu, Adv. Mater. 2000, 12, 1597. M. Irie, M. Mohri, J. Org. Chem. 1988, 53, 803. 5 Diskussion der Synthesen 111 bei ist beim Umgang mit Schwefelkohlenstoff achtzugeben. Das leichtflüchtige und leichtentzündliche Lösemittel ist sehr toxisch. Ungeschützte elektrische Anlagen können explosive Mischungen entzünden, weshalb stets nur mit kleineren Mengen gearbeitet werden sollte! Die Aufarbeitung durch Destillation unter Vakuum führte hauptsächlich zum Dichloromethylprodukt in geringer Ausbeute. Dies ließ auch die Optimierung des Eduktverhältnisses zu Gunsten von 1 uninteressant werden, weswegen die vorangehende Synthese des 2,3,5-Trimethylthiophens und Darstellung des Bisthienylfarbstoffes 5 sinnvoller erschien. Die verbreitetesten Konzepte zur Synthese von 2,3,5-Trimethylthiophen sind (i) die Alkylierung von 1 zum Carbonsäurederivat mit anschließender WOLFF-KIŽNER-Reduktion sowie (ii) die Darstellung von 3-Methylhexandi-2,5-on 6 und Umsetzung mit Phosphorpentasulfid. Bei (i) droht, wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, die unselektive Substitution.34 Daher wurde der zweite Weg gewählt. Darstellung von 3-Methylhexandi-2,5-on 6 CH3 CH3 H3C 4 + O CH3 1. CAN, MeOH H2C O O CH3 H3C CH3 2. NaHCO3, H2O, 50 °C 5 O O 6 (5.12) Zur Darstellung des 3-Methylhexandi-2,5-on 6 (trivial: 3-Methylacetonylaceton) wird von M. YOUTZ und P. PERKINS die Umsetzung von Į,ȕ-Diacetyl-n-buttersäureethylester vorgeschlagen.38 Der Ester wird im allgemeinen basierend auf einer Methode von R. WILLSTÄTTER und C. CLARKE dargestellt.38, 39, 40 Ein eleganter Weg zur Synthese von 1,4-Dicarbonylverbindungen in einer Stufe ist die regiospezifische Aldolreaktion in Gegenwart von milden Oxidationsmitteln.41, 42 2-Butanon 4 und Isopropylacetat 5 wurden bezugnehmend auf E. BACIOCCHI et al. in Gegenwart von Ammoniumcer(IV)hexanitrat (CAN) zu 6 umgesetzt.43 Die Methode wurde modifiziert und erforderte ein aufmerksames Vorgehen. Im Verlauf der Reaktion wird das im Unterschuß vorliegende Ce(IV) zu Ce(III) reduziert. Die Aufarbeitung in heißem Wasser muß 38 39 40 41 42 43 M. Youtz, P. Perkins, J. Am. Chem. Soc. 1929, 51, 3511. R. Willstätter, C. Clarke, Ber. 1914, 47, 291. M. Goldberg, P. Müller, Helv. 1938, 21, 1699 A. Revis, T. Hilty, Tetrahedron Lett. 1987, 28, 4809. E. Baciocchi, A. Casu, R. Ruzzioni, Tetrahedron Lett. 1989, 30, 3707. E. Baciocchi, G. Civitarese, R. Ruzzioni, Tetrahedron Lett. 1987, 28, 5357. 112 5 Diskussion der Synthesen zur Vermeidung weitere Oxidation des Aldolproduktes nach der vollständigen Entfärbung der reinorangefarbenen Reaktionslösung erfolgen. Jene trat stets nach genau 25 min ein. Längere Reaktionszeit führt ebenfalls zu Polymerisation, angezeigt durch dunkle Verfärbung. Es stellte sich heraus, daß auch der Aufarbeitung entscheidende Bedeutung zufällt. Wird sie bei zu niedriger Temperatur durchgeführt, sind starke Verunreinigungen durch das Zwischenprodukt CH3 CH3 H3C O O O O CH3 NO2 (5.13) die Folge. Trotz aufwendiger Reinigung durch mehrfache Extraktion mit Chloroform und Vakuumdestillation wurde Ce(IV) im leicht bräunlich gefärbten Produkt nachgewiesen. Es ist wahrscheinlich, daß das Metall vom 1,4-Diketon komplexiert wurde und daher nicht durch Extraktion abgetrennt werden konnte. Das Nachdunkeln des Produktes deutet auf eine Oxidation von Ce(III) zu Ce(IV) hin.44 Wird die Ausbeute bezugnehmend auf die eingesetzte Menge CAN nach gründlicher Reinigung bestimmt, so werden 18 % d. Th. an 6 erhalten, was weit unter den Angaben der Literatur liegt, die allerdings auch keine Charakterisierung anführt. Von der weiteren Umsetzung von 6 wurde abgesehen, da die Zwischenstufe 7 (siehe Abb. 5.6) inzwischen als Feinchemikalie erhältlich war. Darstellung von 2,3-Bis(2,4,5-trimethyl-3-thienyl)-maleinsäureanhydrid 8 O CN NC H3C CH3 H3C S H3C S CH3 O H3C CH3 1. KOH, H2O, CH3O(CH2)2OH, ' CH3 O 2. HCl, H2O CH3 H3C 7 S H3C 8 S CH3 (5.14) Das Nitril 1,2-Dicyano-1,2-bis(2,4,5-trimethyl-3-thienyl)-ethen 7 wurde basenkatalysiert verseift und anschließend vorsichtig sauer aufgearbeitet. Die Nitrilhydrolyse zum Amid und weiter zur Carbonsäure verlangt scharfe Reaktionsbedingungen.45 Es wurde eine hochkonzentrierte Kaliumhydroxidlösung eingesetzt und als Lösemittel eine Wasser/Ethylenglykolmono44 45 Persönliche Mitteilung D. AFANINE. R. Sustmann, H.-G. Korth, Carbonsäuren, in Houben-Weyl, Bd. E5 1974. 5 Diskussion der Synthesen 113 methylether-Mischung verwendet. Ethylenglykolmonomethylether siedet bei 125 °C. Da die durch die Hydrolyse von 7 gebildete Dicarbonsäure das Maleinsäureanhydrid bilden kann, ist die Dehydratisierung in intramolekularer Reaktion bevorzugt.46 Die Durchführung der Umsetzung orientierte sich an den Methoden der Arbeitsgruppe von M. IRIE.32, 37, 47, 48 Nachdem das Rohprodukt in Ether und Chloroform aufgenommen wurde und Chromatographie mit Ether als mobile Phase erfolgte, wurde aus Ether/HexanMischung umkristallisiert. Die Ausbeute betrug 10 % d. Th. an 2,3-Bis(2,4,5-trimethyl3-thienyl)-maleinsäureanhydrid 8. IRIE et al. konnten 20 % d. Th. gewinnen.37 8 wurde über Maleinimidkopplung an den funktionalisierten Si-MCM-41 angebunden (Kap. 5.6.1). 5.2.5 Darstellung des Azofarbstoffes 4’-Dimethylamino-azobenzol4-carbonsäure N2 NH2 H3C Cl NaNO2, HCl N CH3 + COOH COOH 1 2 3 COOH HCl N H3C N N 4 CH3 (5.15) Die Darstellung des Azofarbstoffes 4’-Dimethylamino-azobenzol-4-carbonsäure 4 erfolgte in zwei Schritten. Nach vorangehender Diazotierung wurde die Kupplung des gebildeten Diazoniumions 2 mit Methylanilin 3 durchgeführt (siehe Kap. 3.2). Zur Umsetzung von 4-Aminobenzoesäure 1 wurde die gebräuchliche Diazotierung mit Natriumnitrit angewandt. Hierbei arbeitet man mit Natriumnitrit in salzsaurer Lösung, so daß sich als diazotierendes Agenz das Nitrosylchlorid bildet. Bei der Diazotierung ist zu beachten, 46 47 H. Pielartzik, B. Irmisch- Pielartzik, Carbonsäure-anhydride, in in Houben-Weyl, Bd. E5 1974. K. Uchida, Y. Nakayama, M. Irie, Bull. Chem. Soc. Jpn. 1990, 63, 1311. 114 5 Diskussion der Synthesen daß bei Temperaturen unter 5° C gearbeitet wird, denn bei Raumtemperatur kann bereits von der Diazoniumkomponente Stickstoff abgespalten werden. Nur wenige Diazoniumsalze sind in festem, trockenen Zustand bei Raumtemperatur beständig. Ausschließlich arylische, organische Salze haben eine zur Lagerung ausreichende Stabilität und eignen sich für die in-situ-Synthese, die isolierte Edukte erfordert. Doppelsalze mit Zinkchlorid vom Typ [ArN2]2+[ZnCl4]2– zeigen selbst nach kurzer Lagerung unter Lichtausschluß und unter Vakuum Zerfallserscheinungen. Die Stabilität von Diazoniumtetrafluoroboraten ist wesentlich höher, so daß einige solcher Salze kommerziell hergestellt werden.49, 21 Für die weitere Reaktionsführung war die Isolierung des Diazoniumsalz nicht notwendig. Die eisgekühlte Reaktionslösung wird mit Natronlauge auf pH 3 eingestellt. Es wurde eine zu 2 äquimolare Menge von Dimethylanilin 3 zugegeben. Ein sofortiger Farbumschlag zu rot zeigte die Azokupplung an. Der entstehende Niederschlag wurde abgefiltert und aus Ethanol umkristallisiert, was hohe Ausbeuteverluste zur Folge hatte. Es wurden 40 % d. Th. von 4 erhalten. 5.2.6 Aktivierung des Natriumsalzes des Zn-2,9,16,23-Tetrasulfophthalocyanins Die basenaktivierte Sulfonamidkopplung des Natriumsalzes von Zn-2,9,16,23-Tetrasulfophthalocyanin (Zn-PTS) an aminofunktionalisierten Si-MCM-41 erfordert die Aktivierung der Sulfonylfunktion des Farbstoffes. Die Umsetzung mit Thionylchlorid führt zum geeigneten reaktiven Sulfonsäurechlorid. Die kovalente Anbindung als Sulfonamid nach schrittweiser Funktionalisierung von Wirtmaterialien wurde vom Autor bereits erfolgreich als Methode eingeführt.8 Um Zn-PTS zu chlorieren, wurde Thionylchlorid (SOCl2) eingesetzt, dessen Reaktion mit Pyridin oder Dimethylformamid (DMF) katalysiert wurde.50, 51, 52, 53 Zn-PTS wurde in gerei48 49 50 51 52 53 Y. Nakayama, K. Hayashi, M. Irie, Bull. Chem. Soc. Jpn. 1990, 55, 2592. H. Zollinger, Diazo Chemistry I, VCH, Weinheim 1994. R. Gerdes, Diplomarbeit, Bremen 1995. J. Weber, D. Busch, Inorg. Chem. 1965, 4, 469. H. Ali, R. Langlois, J. Wagner, N. Brasseur, B. Paquette, J. v. Lier, Photochem. Photobiol. 1988, 47, 713. G. Schneider, Dissertation, Bremen 1995. 5 Diskussion der Synthesen O O O + S R 115 O S S O Na Cl O O R Cl O S O Cl O S R Cl + Na Cl + O Na Cl Abbildung 5.7 O S Mechanismus der Sulfonylchloridbildung mit Thionylchlorid. nigtem Thionylchlorid suspensiert und nach der Zugabe von wenigen Tropfen Pyridin oder DMF für mehrere Tage zum Rückfluß erhitzt. Abbildung 5.7 erläutert den Mechanismus der Chlorierung. Unter Schwefeldioxidbildung entsteht das Sulfonylchlorid. Die Bildung des Sulfonylchlorids verläuft über ein anorganisches Säureanhydrid als Intermediat. Dabei greift ein freies Elektronenpaar der Sulfonsäure nucleophil an das Schwefelatom des Thionylchlorids an. Das freigesetzte Chloridion führt einen nucleophil Angriff auf das Säureanhydrid aus. Wegen der abschließenden SO2-Bildung ist die Abspaltung der OSOCl-Gruppe entropisch begünstigt. Die vergleichenden Untersuchungen zu kovalenter und ionischer Verankerung von Zn-PTSC in Si-MCM-41 wurden in Zusammenarbeit mit Herrn O. BARTELS durchgeführt (Kap. 5.6). Die Aktivierung der dort verwendeten Farbstoffe erfolgte unter DMF-Katalyse.54 Es bleibt anzumerken, daß Versuche zur Aktivierung von (2,3,3-Trimethylindoleninium1-yl)-propionsulfonat (Kap. 5.2.3) zu unbefriedigenden Ergebnissen führten. Auf der Suche nach einer geeigneten, weniger aggressiven Chlorierungsreagenz wurde die Umsetzung von Į-Naphthalinsulfonsäure mit Oxalylchlorid als Testreaktion durchgeführt: O O OH O O S Cl O Cl S Cl O (5.16) Zur Derivatisierung empfindlicher Carbonsäuren wird Oxalylchlorid unter Umständen als oft vorteilhafte Alternative zu Thionylchlorid genannt,45 erwies sich aber ungeeignet zur Derivatisierung einer Sulfonsäure (Gl. 5.16). Diese Rückschläge haben schlußendlich zur Entwicklung der schonenden ionischen Verankerung im mesoporösen Wirtmaterial angespornt. 54 Der Farbstoff ist vollständig charakterisiert. O. Bartels, Dissertation, Bremen 2003. 116 5 Diskussion der Synthesen 5.3 Zur Darstellung der porösen Materialien 5.3.1 Si-MCM-41 Für die durchzuführenden Reihenversuche ist eine Methode zur Darstellung von großen Mengen Si-MCM-41 in reproduzierbarer Qualität mit einheitlicher Textur notwendig. Das populärste Vorgehen bei der Herstellung des porösen Materials ist sicher die Hydrothermalsynthese, wie sie auch von den Entdeckern der M41S-Substanzklasse beschrieben wurde.55 Hierbei wird als Silikaquelle kolloides Silika eingesetzt. Die Kondensationsreaktion wird durch eine Erwärmung der konzentrierten Lösung angeregt und durch mehrtägige Alterung bei hoher Temperatur abgeschlossen.56 Auch nach umfangreicher Untersuchung einer hydrothermalen Synthese mit dem kolloiden Material LUDOX™ (DUPONT™) konnte nur wenig geordnetes Material hergestellt werden.57, 58 Problematisch scheint insbesondere der Einsatz von kolloidem Silika in konzentrierter Lösung zu sein. Da die verwendete Silikaquelle selbst Alterungsprozessen unterworfen ist, konnte eine reproduzierbare Durchführung nicht erreicht werden.59 Größere Mengen Si-MCM-41 in gleichbleibender Qualität konnten erst mit einem anderen Ansatz erzeugt werden. Die Methode der homogenen Fällung umgeht die Probleme, die aus einer hohen Konzentration der Synthesemischung resultieren (Kapitel 2.4.2). Man arbeitet mit hoch verdünnter Lösung, wobei auch die Konzentration des Templates unterhalb der kritischen micellaren Konzentration KMK liegt. Die Durchführbarkeit einer solchen Reaktion bestätigt das Modell des kooperativen Selbstordnungsprozesses als Bildungsmechanismus (Kap. 2.4.3).60, 61 55 56 57 58 59 60 61 J. Vartuli, C. Kresge, M. Leonowicz, A. Chu, S. McCullen, I. Johnson, E. Sheppard, Chem. Mater. 1994, 6, 2070. C.-Y. Chen, S. Burkett, H.-X. Li, M. Davis, Microporous Mater. 1993, 2, 27. O. Franke, J. Rathouský, G. Schulz-Ekloff, J. Starek, A. Zukal, Stud. Surf. Sci. Catal. 1994, 84, 77. A. Ortlam, Dissertation, Universität Bremen, Shaker 1998. Y. Rohlfing, Diplomarbeit, Bremen 1999. A. Monnier, F. Schüth, Q. Huo, D. Kumar, D. Margolese, R. Maxwell, G. Stucky, M. Krishnamurty, P. Petroff, A. Firouzi, M. Janicke, B. Chmelka, Science 1993, 261, 1299. C.-Y. Chen, H.-X. Li, M. Davis, Microporous Mater. 1993, 2, 17; 5 Diskussion der Synthesen 117 Bei der Synthese des Si-MCM-41 wird stets folgendermaßen vorgegangen: Das Tensid Cetyltrimethylammoniumbromid (CTAB) und die Siliziumquelle Natriummetasilikat (Na2SiO3) werden in viel Wasser gelöst. Als Aktivierungsreagenz wird Essigsäureethylester oder Essigsäureisopropylester eingesetzt, die Hydrolyse setzt die korrespondierende Säure frei. Die Absenkung des pH-Wertes der Lösung führt zum Start der Kondensationsreaktion, so daß man nach drei bis fünf Minuten die Fällung des Silikates beobachten kann. Das abgefilterte Silikat wird gewaschen und bei 600 °C kalziniert. Das as-synthesized Material sollte keinesfalls einer sofortigen, drastischen Kalzinierung zugeführt werden. Der Dampfdruck des entweichenden, zersetzten Templates und des Lösemittels könnte die dünnen, rigiden Porenwände sprengen. Die von A. ZUKAL und J. RATHOUSKÝ eingeführten Synthesemischungen wurden weiter verbessert. Die ursprüngliche Reaktionslösung 675 mol H2O : 1 mol Na2SiO3 : 1,5 mol CTAB. hatte Die damals für diese folgende Molenzahlen: Arbeit verwendeten Si-MCM-41-Chargen wurden aus höher verdünnten Lösungen ausgefällt. Anfänglich war das Verhältnis 1000:1:0,33 (mol H2O : Natriummetasilicat : CTAB) bei 1,87 mol eingesetztem Essigsäureethylester (Mischung B), später 1014 : 1 : 0,32 bei 1,88 mol Aktivierungsreagenz (Mischung A). Weiterhin wurde ein Experiment mit einer dritten Mischung C (3042:1:0,33) und 1,82 mol Essigsäureisopropylester durchgeführt. Der Unterschied liegt nicht nur in der Verdünnung, sondern auch im Wechsel der Aktivierungsreagenz. Bei der standardisierten Synthese der mesoporösen Materialien gibt schon die Ausbeute einen Anhaltspunkt für die zu erwartende Qualität des erhaltenen Materials. Der kalzinierte Si-MCM-41 aus Mischung A und B sollte 78 bis 82 % d. Th. (bezogen auf Silikaquelle) erreichen. Sehr gute Proben sind meist zu über 80 % umgesetzt. Zur Charakterisierung des reinweißen, feinen Pulver werden Röntgenpulverdiffraktometrie (XRD), IR-Spektroskopie in diffuser Reflexion (DRIFT) sowie Stickstoffsorptionsmessungen angewendet. Ferner wurden Textur und Morphologie der Si-MCM-41-Partikel mit bildgebenden Verfahren (Rasterelektronenmikroskop (REM), Transmissionselektronenmikroskop (TEM)) überprüft. 118 5 Diskussion der Synthesen Intensität / cts 15000 110 100 200 10000 210 4 5 Abbildung 5.8 6 Pulverröntgendiffraktogramm von Si-MCM-41, dargestellt mittels homogener Fällung (Mischung A). Der Ausschnitt zeigt die höheren Reflexe 5000 bei 3,5° bis 6,5° 2T . Die Spitzen sind mit den MILLERschen Indizes hkl bezeichnet. 0 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Pulverröntgendiffraktometrie. Die XRD-Messung einer Mischung aus vier Chargen des Syntheseansatzes A soll hier erläutert werden (Abb. 5.8). Das Diffraktogramm des kalzinierten Materials zeigt vier klar erkennbare Reflexe bei niedrigen Einstrahlwinkeln. Die Lagen der charakteristischen Spitzen belegen die hexagonalen Ordnung des Materials. Sie sind den Gitterebenen 100, 110, 200 und 210 (hkl) zuzuordnen. Beachtenswert ist die schlanke Gestalt Einstrahlwinkel 2T, Netzebenenabstände dhkl und die Gitterkonstante a0 zu Tabelle 5.1 den hkl-Reflexen des Si-MCM-41 aus den Ansätzen A und C (Abbildungen 5.8 und 5.10). Die relativen Intensitäten beziehen sich auf den 100-Reflex. hkl Ansatz 2T [°] dhkl [Å] a0 [Å] rel. Int. 100 110 A C 2,31 38,3 44,3 – 2,27 38,8 44,9 – 200 210 A C A C A C 3,98 22,2 – 13,4 % 39,5 22,3 – 14,3 % 4,58 19,3 – 8,6 % 4,57 19,7 – 8,9 % 6,09 14,5 – 3,1 % 6,04 14,6 – 3,0 % 5 Diskussion der Synthesen 119 110 200 210 Intensität (norm.) / a.u. 100 Charge 1 Abbildung 5.9 Charge 2 Charge 3 Charge 4 Pulverröntgendiffraktogramme vierer Chargen Si-MCM-41, die zu einer Mischung vereinigt wurden. 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 24 / ° der Reflexe, obgleich es sich bei M41S-Materialien um amorphes Silikat handelt, welches nur eine Fernordnung besitzt. Daß diese annähernd perfekt sein kann, beweisen Einzelmolekülfluoreszenzspektren (Abschnitt 7.1) und bedingt TEM-Aufnahmen (Abb. 5.12). Die Hydrothermalsynthese führt zu Proben mit stark verbreiterten Reflexen, wobei sich der 210-Reflex im Diffraktogramm zumeist nicht vom Untergrund abhebt. Bei Chargen der Synthesemischung B wurde eine kleine Schulter der 100-Spitze bei über 2,5° 2T bemerkt. Das Vorhandensein bimodaler Abschnitte im Material könnte die Ursache sein. Silylierungsreaktionen können die Schulter glätten (Abschnitt 5.4). Nachdem ein Standardprotokoll für die Synthese des Si-MCM-41 entwickelt wurde, konnte die Reproduzierbarkeit gewährleistet werden. Um die benötigten großen Mengen an Silikat bereitstellen zu können, wurden je vier Chargen aus 4-L-Ansätzen vereinigt. Das dies legitim ist, zeigt die normierte Auftragung der vier Diffraktogramme einer Mischcharge (Abb. 5.9). Tabelle 5.1 zeigt stellvertretend die Strukturdaten von Material aus den Mischungsverhältnissen A und C. Die Grundlagen zur Berechnungen finden sich in Kapitel 4.2. Die Lage der Reflexe ist bei sorgfältiger Durchführung der Synthesen reproduzierbar. Für das häufig verwendete Material aus Mischung A wurde eine Längsausdehnung der Elementarzelle von 44,3 Å ermittelt. Die Zählrate der Reflexe unterliegt stets Schwankungen, bedingt durch Probenpräparation und Röntgenquelle, wohingegen die relativen Intensitäten von 110-, 200- und 210 zu dem 100-Reflexe recht konstant bleiben. 5 Diskussion der Synthesen Intensität / cts 120 Abbildung 5.10 Vergleich von Pulverröntgendiffraktogrammen von Si-MCM-41, hergestellt aus Synthesemischung A (a) und C (b). Der Pfeil weist auf die Schulter des 100-Reflexes (Mischung A) a b 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Beim Übergang zu erheblich höherer Verdünnung und Essigsäureisopropylester als Aktivierungsreagenz (Mischung C) bemerkt man eine erneute Steigerung der Qualität des Si-MCM-41 (Abb. 5.10). Die Spitzen, insbesondere der 100-Reflex, sind noch stärker ausgeprägt und zu kleineren 2T-Werten verschoben. Es ist keine Schulter des 100-Reflexes mehr erkennbar. Die Elentarzelle ist fast 45 Å groß und die relativen Intensitäten der 110- und 200-Spitze sind noch einmal erhöht. Trotz dieser guten Voraussetzungen kam diese Synthesemischung für Reihenversuche nicht zur Anwendung, da durch die hohe Verdünnung und die geringe Ausbeute von 52 % eine rationelle Herstellung im 5-L-Gefäß erschwert wird. Es zeigt sich allerdings, daß auch die Wahl der zu verseifenden Agenz einen nicht zu unterschätzenden Syntheseparameter darstellt, der den kooperativen Selbstordnungsprozesse beeinflussen kann. Stickstoffsorptionsmessung. Die Auswertung von Sorptionsisothermen erschließt die Texturparameter mesoporöser Materialien. Die Adsorptionsisotherme eines Materials aus der Mischung A aus Abbildung 5.11 ist dem Typ IV nach BRUNAUER zuzuordnen und zeigt einen mesoporösen Stoff an. Bei geringen relativen Drücken wird zunächst an Oberflächenrauhigkeiten etc. adsorbiert. Allerdings konnten bei keiner der untersuchten Si-MCM-41-Chargen Hinweise auf das Vorhandensein von Mikroporen gefunden werden.62 62 U. Ciesla, M. Grün, T. Isajeva, A. Kurganov, A. Neimark, P. Ravikovitch, S. Schacht, F. Schüth, K. Unger, Access in Nanoporous Materials, T. Pinnavaia, M. Thorpe, (Ed.) Plenum Press 1995, 231. 5 Diskussion der Synthesen 121 800 3 -1 Volumen des adsorbierten N2 / cm g Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 800 700 600 500 400 300 700 600 500 400 300 200 200 Synthesemischung C Synthesemischung A 100 100 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 0,0 0,2 0,4 p/p0 0,6 0,8 1,0 p/p0 Abbildung 5.11 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41 aus den vorangehend beschriebenen Synthesemischungen A und C. Die Abbildungen zeigen jeweils den Adsorptionsast (Ɣ) und Desorptionsast (ż) der Sorptionsmessung. Nach einem ersten Plateau folgt bei p/p0 | 0,3 ein steiler Anstieg der Adsorption, welcher der Füllung der Mesoporen zuzuordnen ist. Je steiler dieser Anstieg, desto geringer ist die Porengrößenverteilung, und umso höher ist die Qualität des Materials. Die nächste Stufe beschreibt die Bedeckung der äußeren Oberfläche mit Stickstoff. Die kleine Steigung zeigt eine geringe äußere Oberfläche an. Wenn der relative Druck gleich eins ist, scheidet sich flüssiger Stickstoff in der Probenkammer ab. Desorption und Adsorption unterscheiden sich im Bereich zwischen Normaldruck und p/p0 | 0,5. Diese Hystereseschleife entspricht einer Typ-H3Hysterese, wie sie bei kapillarer Kondensation zwischen lamellaren Partikeln oder in schlitzförmigen Poren bekannt ist.63 Die Beeinflussung der Sorption durch (i) enge Räume zwischen den Partikel oder (ii) verbleibende lamellare Mesostrukturen aus dem Templatmechanismus kann das Auftreten dieser Hysterese erklären.64 Es kann also davon ausgegangen werden, daß zumindest teilweise bimodale Abschnitte im Silikat vorhanden sind.65, 66 63 64 65 66 S. Greg, K. Sing, Adsorption, Surface Area and Porosity, London 1982. V. Gusev, X. Feng, Z. Bu, G. Haller, J. O’Brien, J. Phys. Chem. 1996, 100, 1985. J. Rathouský, A. Zukal, O. Franke, G. Schulz-Ekloff, J. Chem. Soc., Faraday Trans.. 1995, 91, 397. G. Schulz-Ekloff, J. Rathouský, A. Zukal, Microporous Mesoprous Mater. 1999, 27, 273. 122 Tabelle 5.2 5 Diskussion der Synthesen Texturparameter aus den Sorptionsisothermen von zwei exemplarischen Proben von Si-MCM-41 aus den oben aufgeführten Synthesemischungen A und B. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Mischung A 1071 954 118 0,800 72 33,5 Mischung B 1106 1006 100 0,798 64 31,7 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter Beim Wechsel der Syntheseparameter (Mischung C, Abb. 5.11) verschwindet die zweite Ordnung, sowohl in der Isotherme als auch im Röntgendiffraktogramm (Abb. 5.10). Beide Isothermen besitzen keine Hysterese im Abschnitt der höchsten Steigung,67 wie auch die meisten bekannten Absorbanten keine Kapillarhysterese unter p/p0 = 0,41 zeigen. In Tabelle 5.2 sind die Texturparameter zweier exemplarischer Probe, hergestellt aus den Synthesemischung A und B, aufgeführt. Beim Si-MCM-41 aus der homogenen Fällung machen generell etwa 10 % der Gesamtoberfläche die äußere Oberfläche aus, wobei zwischen den unterschiedlichen Mischungsverhältnissen Differenzen bestehen. Die Gesamtoberfläche nach der BET-Theorie ist stets über 1000 m2/g. Ein gutes Material hat oft ca. 1100 m2/g Oberfläche. Die ermittelten Porendurchmesser Dme betragen für A 33,5 Å und für B 31,7 Å. Das Material aus Mischung C hat eine Gesamtoberfläche SBET von 1077 m2/g und ein Mesoporenvolumen Vme von 0,886 cm3/g. Daher ist ein Porendurchmesser von 35 Å zu erwarten. Die vorgestellten Texturparameter wurden nach der BET-Theorie bestimmt. Die äußere Oberfläche ergibt sich aus einer geometrischen Methode: dem comparison plot mit der HARKIN-JURA-Gleichung. Das mesoporöse Volumen Vme wurde für p/p0 = 0,6 errechnet. Bei der Ermittlung von Dme wurden stets die Parameter der Mesoporen verwendet und der empirische Faktor B gleich 4,000 gesetzt (Kap. 4.2.3). Möchte man Texturparameter unterschiedlicher Materialien vergleichen, so muß immer darauf geachtet werden, daß die selben (sinnvollen), physikalischen und geometrischen Modelle angewandt werden! Zur Bestimmung der Wandstärke des hexagonalen Porensystems werden die gewonnen Werte für die Porendiameter von der Größe der Elementarzelle a0 substrahiert (Tab. 5.1). Die Porenwände sind etwa 10 Å stark, bestehen also aus 2 bis 3 {SiO4}-Einheiten. 67 Redundante Datenpunkte wurden der Übersichtlichkeit halber ausgespart. 5 Diskussion der Synthesen 123 Abbildung 5.12 TEM-Aufnahmen von Si-MCM-41 (mit SnO2 beladen): (a) 640.000fache TEMund 80.000fache optische Vergrößerung; (b) 320.000fache TEM- und 80.000fache optische Vergrößerung.68 Transmissionselektronenmikroskopie. Daß das geometrische Modell des hexagonalen Porensystems tatsächlich der Realität entspricht, zeigen transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen (Abb. 5.12a). Deutlich sind die bienenwabenrtigen Kanäle des Si-MCM-41 zu sehen. Die eindimensionalen Poren sind in die Papierebene gerichtet. Die Auflösung der TEM-Aufnahmen ist sogar ausreichend, um eine grobe Größenabschätzung der Elementarzelle a0 machen zu können. Die Länge beträgt über 0,4 nm, was in guter Übereinstimmung mit den XRD-Ergebnissen ist. Abbildung 5.12b zeigt einen größeren Ausschnitt vom Rand eines Partikels. Die Textur scheint keine Fehlstellen zu besitzen. 68 Das Material aus Synthesemischung B wurde in Zusammenarbeit mit H. WELLMANN hergestellt. Der starke Kontrast rührt von abschließender teilweisen Beladung des Partikels mit SnO2 her. 124 5 Diskussion der Synthesen Rasterelektronenmikroskopie. Nicht nur die Textur, auch die Morphologie der Partikel gibt Aufschluß über die Qualität des Materials. Aus den Synthesemischungen A und % gewinnt man Partikel von durchschnittlich 4 µm Größe. Obwohl es sich beim Si-MCM-41 um ein amorphes Material handelt, hat ein Großteil der Partikel eine verrundete hexagonale Morphologie. Die Fernordnung der Textur hat wahrscheinlich einen direkten Einfluß auf die Gestalt des Silikates. Wahrscheinlich trägt nur die zweite Art Partikel in Ei-Form die angesprochene konkurrierende Ordnung (Abb. 5.13, unten). Die obere Abbildung zeigt das TEM-Übesichtsbild eines einzelnen Partikel mit hexagonaler Morphologie. Die Poren verlaufen senkrecht zur Papierebene. Diese Vorzugsrichtung wird durch Einzelmolekülfluores- zenzmikroskopie bestätigt (Kap 7.1). Abbildung 5.13 TEM- und REM-Aufnahmen von Si-MCM-41 aus Synthesemischung B: (oben) ~ 15.000fache TEMVergrößerung; (unten) 8.100fache REMVergrößerung. 5 Diskussion der Synthesen 125 1350 1217 F(R) 3744 1616 3472 ~ 3700 1049 978 1863 ~ 3220 4000 3000 2000 1000 -1 Wellenzahl / cm Abbildung 5.14 DRIFT-Spektrum von Si-MCM-41. Die Messung wurde unter Normaldruck durchgeführt. Infrarotspektroskopie. Abbildung 5.14 zeigt das DRIFT-Spektrum von Si-MCM-41. Die Messung wurde unter Normaldruck durchgeführt. Das Material wurde nicht aufwendig getrocknet. Im Vergleich zu amorphem, unstrukturiertem Silicat hat Si-MCM-41 eine geringere Dichte an Silanolgruppen und gilt als relativ hydrophob, wobei die Spezies der sogenannten freien Silanolgruppen (Abb 5.16, a) stark representiert ist. Es wird eine Dichte von 1,2 bis 3,3 Silanolgruppen pro nm2 geschätzt.69, 70 Im hochfrequenten Bereich des Spektrums in der Region von Wellenzahl ~ Q | 3000 bis 4000 cm-1 liegen die OH-Valenzschwingungsbanden. Sie rühren von der Absorption unterschiedlich gebundener Silanolgruppen und von adsorbiertem Wasser her. J. CHEN et al. gehen von mindestens vier verschiedenen Typen von Silanolgruppen im templatfreien Si-MCM-41 aus und ordnen diese Wellenlängen zu.71 Abbildung 5.16 zeigt nach absteigender Wellenzahl aufgeführt (a) isolierte („freie“) Silanolgruppen, (b) Silanolgruppen, die nur mit freien Elektronen an einer Wasserstoffbrückenbindung beteiligt sind, (c) Silanolgruppen, deren Wasserstoffatom an eine benachbarte OH-Gruppe bindet und (d) Ketten wechselseitig verbrückter Silanolgruppen. 69 70 71 T. Ishikawa, M. Matsuda, A. Yasukawa, K. Kandori, S. Inagaki, T. Fukushima, S. Kondo, J. Chem. Soc., Faraday Trans. 1996, 92, 1985. P. Llewellyn, F. Schüth, Y. Grillet, F. Rouquerol, J. Rouquerol, K. Unger, Langmuir 1995, 11, 574. J. Chen, Q. Li, R. Xu, F. Xiao, Angew. Chem. 1995, 107, 2898. 126 5 Diskussion der Synthesen 3744 Die scharfe Spitze bei der Wellenzahl ~ Q = 3744 cm-1 wird den freien Si- F(R) lanolgruppen zugeordnet. Die kleine Bandenschulter bei ~ 3700 cm-1 wird mit der Wechselwirkung von Silanolgruppen mit Elektronenakzeptoren in Strukturdefekten erklärt. Ferner sieht man eine breite Banden verbrückter Silanolgruppen und adsorbierten Wassers bei ~ 3710 3537 3472 cm-1 mit einer Schulter bei ~ 3220 cm-1. Im Vergleich mit getrocknetem Material (Abb. 5.15) fällt auf, daß 4000 3750 3500 3250 das Maximum der breiten Bande nach 3000 -1 Wellenzahl / cm Trocknung zu höheren Wellenzahlen verschoben ist (3573 cm-1). Das deutet Abbildung 5.15 auf eine Verschiebung von polymer geDRIFT-Spektrum von Si-MCM-41. Das Material wurde bei 10-3 bar getrocknet. bundenen (Abb. 5.16, d) zu weniger Der wird niederfrequente Bereich des verbrückten Silanolgruppen hin. Spektrums stets von den Banden der SiO-Schwingungen dominiert.72 Das intensivste Maximum liegt bei 1350 cm-1. Bei ~ Q = 1620 cm-1 erkennt man eine Bande, die adsorbiertem Wasser zugeschrieben wird (H O2 G-Bindungsschwingung) und bei Trocknung an Intensität verliert.73 a H b H O c O b H H O O d H H O H O H O O SiO2 Abbildung 5.16 72 73 Vier Typen unterschiedlich gebundener Silanolgruppen auf der Oberfläche von Si-MCM-41. J. Weidlein, U. Müller, K. Dehnicke, Schwingungsfrequenzen, I Hauptgruppenelemente, Thieme, Stuttgart 1981. S. Zhadanov, L. Kosheleva, T. Titova, Langmuir 1987, 3, 960. 5 Diskussion der Synthesen 127 5.3.2 Zeolith Y (Faujasit) Auf die Darstellung von Zeolith NaY mit dem Modul 2,9 (Na58({AlO2}58{SiO2}58·2,9)) und seine Umwandlung zum Zeolithen HY soll nur kurz eingegangen werden. Das angewandte Verfahren führt erfahrungsgemäß zu reproduzierbaren Ergebnissen (Kap. 8.1).74, 75 Darstellung des Zeolithen NaY. Die Darstellung des Zeolithen NaY erfolgte durch Mischen der Aluminatkomponente (Al(OH)3 : 2 H2O : NaOH) mit der Silikatkomponente (28 Natronwasserglas : 28 H2O) und anschließender Hydrothermalsynthese bei 80 °C. Es wurden feingemörserte Zeolith-NaX-Kristalle als Kristallisationskeime zugegeben. Ungewöhnlicherweise konnte erst nach Veränderung der Mischungsverhältnisse der Einzelkomponenten eine Reaktionslösung erhalten werden, die nicht sofort zu hochviskosem Silikat umgewandelt wurde. Die Zusammensetzung des Synthesegels wurde nicht verändert: Siliziumdioxid im Natronwasserglas Aluminiumhydroxid Wasser Natriumhydroxid ~ 6,44 mol 0,50 mol 194,78 mol 0,99 mol Entsprechend den Erfahrungswerten des Autoren war die Reaktion nach über zwei Wochen abgeschlossen. Man konnte den Fortschritt der Synthese anhand der Zunahme des Volumens an Niederschlag im transparenten Reaktionsgefäß verfolgen. Die Sichtprobe mit dem Lichtmikroskop zeigte nur wenig amorphe Anteile im intensiv gewaschenen Produkt. Von den Produkten wurden Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop angefertigt. Es zeigte sich, daß die Proben sehr homogen waren. Die Kristallite haben eine Größe von ungefähr 1 – 2 µm. Auch wegen der schlechten Auflösung des verwendeten Elektronenmikroskopes schien es nicht sinnvoll, Photographien abzuziehenen. Die durchgeführten Sorptionsmessungen mit nur einem Meßpunkt können ebenfalls nur als Qualitätskontrolle gelten. Es wurden für die Gesamtoberfläche SBET Werte zwischen 700 und 750 m2/g ermittelt. 74 75 Hausinterne Vorschrift von H. KOMPA. O. Franke, Dissertation, Bremen 1994. 5 Diskussion der Synthesen Intensität / a.u. 128 5 10 15 20 25 30 35 40 Einstrahlwinkel 2 T / ° Abbildung 5.17 Röntgendiffraktogramm des Zeolithen NaY. Die entscheidende analytische Methode, die XRD-Messung zeigte, daß die hergestellte Charge von hoher Qualität ist (Abb. 5.17). Das Muster der Reflexe stimmt mit Literaturdaten überein.76 Im Vergleich mit zwei als hinreichend charakterisiert geltende Chargen konnten nur marginale Unterschiede ausgemacht werden. Relative-Intensitäten und Reflex-Muster waren beinahe identisch.77 Umwandlung des Zeolithen NaY in Zeolith HY. Die Ionenaustausch des Faujasiten verläuft über den Zeolithen NH4Y als Zwischenprodukt. Zunächst wurde der getrocknete Zeolith NaY mehrfach in Ammoniumchloridlösung suspensiert, um dann schonend getrocknet und kalziniert zu werden. Die Kalzinierung bei 520 °C führte zum Austreiben von Ammoniakgasen und damit zur Darstellung von Zeolith HY. Für die Kalzinierung von feuchtem Faujasiten gilt, wie auch schon in Abschnitt 5.3.1 für Si-MCM-41 beschrieben, daß die Temperaturerhöhung nur sehr langsam erfolgen darf. Das Röntgendoffraktogramm des Zeolithen HY zeigt keinen Unterschied zum Ausgangsprodukt. 76 77 W. Meier, D. Olson, Atlas of Zeolite Structure Types, Butterworth, London 1988. Persönliche Mitteilung C. SCHOMBURG. 5 Diskussion der Synthesen 129 5.4 Silylierung mit Diphenyldichlorsilan Ein Ziel der vorliegenden Arbeit ist die homogene Anbindung von organischen Gastmolekülen im Poreninneren der mesoporösen Wirtmaterialien. Dabei soll besonders eine gleichmäßige, monomolekulare Verteilung von geringen Mengen der organischen Gäste im anorganischen Gerüst gewährleistet werden. Unter der Arbeitshypothese, daß eine Funktionalisierung der äußeren Oberfläche mit einem precursor die selektive Bindung der Farbstoffmoleküle im Poreninneren zur Folge hätte, wurde schon in einer vorangehenden Arbeit des Autors eine Methode zur Oberflächenpassivierung standardisiert.59 Es wurde angenommen, daß bevorzugt an den Porenmündern angebundene organische Moleküle die Kanäle verstopfen können und hohe lokale Konzentrationen und ein unerwünschtes Aggregieren des Farbstoffes die Folgen sein könnten. Eine Möglichkeit zur Passivierung der äußeren Oberfläche ist die Silylierung von assynthesized Si-MCM-41. Nach der abschließender Entfernung des Templates durch Extraktion mit ethanolischer, verdünnter Salzsäurelösung steht auch die innere Oberfläche für die Modifikation zur Verfügung. M. PARK teilte mit, daß die Vorgehensweise keine Strukturschädigung zur Folge hat.78 Ebenfalls wurde die Reaktion mit Alkoxysilan im dynamischen Vakuum beschrieben.79 D. SHEPHARD et al. berichten die ortsspezifische Derivatisierung von OH OH OH Cl Si + OH Cl + THF - HCl O Si O äußere Oberfläche des SiO2 Abbildung 5.18 Passivierung der äußeren Oberflächen von Si-MCM-41 mit Diphenyldichlorsilan (DPDCS). 78 79 M. Park, S. Komarneni, Microporous and Mesoporous Materials 1998, 25, 75. J. Kim, M. Okajima, M. Niwa, Stud. Surf. Sci. Catal. 1997, 105, 1965. 130 5 Diskussion der Synthesen Probe 1 Probe 2 100 Intensität / a.u. Intensität / a.u. 100 a a 110 110 200 200 210 b 210 b 2 3 4 5 Einstrahlwinkel 2T / ° Abbildung 5.19 6 7 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Röntgendiffraktogramme von diphenylfunktionalisiertem Si-MCM-41. (a) Referenz, (b) modifiziertes Silicat. Probe 1 wurde mit 200 µL und Probe 2 mit 150 µL DPDCS/g silyliert. Si-MCM-41 in Lösung.80 Ebenso wie dort wurde auch hier Diphenyldichlorsilan (DPDCS) als sterisch anspruchsvolle Silylierungsreagenz eingesetzt. Standardmäßig wird folgendermaßen vorgegangen: die Glasapparaturen werden ausgeheizt und das Molekularsieb wird vakuumgetrocknet. Die Reaktion wird nach Zugabe von DPDCS unter Inertgas in trockenem Tetrahydrofuran THF unter Rühren durchgeführt (Abb. 5.18). Das Si-MCM-41-Material wird aus der Suspension abgefiltert, wonach mit THF und Dichlormethan gewaschen wird. Pulverröntgendiffraktometrie. Mittels Röntgendiffrakrometrie läßt sich untersuchen, ob die Modifikationsschritte Strukturschädigung zur Folge haben, und Veränderungen der Textur können erkannt werden. Nach Betrachtung der Diffraktogramme (Abb. 5.19) zweier ausgewählter Proben mit 150 µL und 200 µL angebotenem DPDCS/g Ausgangsmaterial kann ausgeschlossen werden, daß die Qualität des Si-MCM-41 durch die Prozedur maßgeblich verringert wird. Gestalt und Lage des 100-, 110-, 200- und 200-Reflexes entsprechen bis auf eine geringe Verbreiterung denen des Ausgangsmaterials (Tab. 5.3). Das Material ist unverändert hoch geordnet; der 210-Reflex ist erkennbar. Nach der Modifizierung ist eine Abnahme der konstruktiven Interferenz (Reflektivität) festzustellen. Probe 1 zeigt eine ungewöhnliche Ver80 D. Shephard, W. Zhou, T. Maschmeyer, J. Matters, C. Roper, S. Parsons, B. Johnson, M. Duer, Angew. Chem. 1998, 110, 2847. 5 Diskussion der Synthesen 131 XRD-Daten zweier ausgewählter DPDCS-silylierter Proben und der jeweiligen Ausgangsmaterialien (Abb. 5.19). Den Einstrahlwinkeln sind die relativen Intensitäten zum 100-Reflex zugeordnet. Tabelle 5.3 hkl 2T [°] 100 110 200 210 2,31 3,97 4,59 6,09 rel. Int. – 14,0 % 9,4 % 3,3 % 2T [°] 2,30 3,97 4,57 6,07 Referenz 1 rel. Int. – 17,0 % 11,5 % 4,8 % 2T [°] rel. Int. 2,31 3,98 4,59 6,09 Probe 1 – 13,4 % 8,6 % 3,1 % Referenz 2 2T [°] 2,30 3,98 4,57 6,07 rel. Int. – 16,9 % 11,5 % 4,3 % Probe 2 dhkl: Netzebenenabstand; 2T: Einstrahlwinkel. änderung des Röntgendiffraktogramms. Die Basis des 100-Reflexes des Ausgangsmaterials besitzt eine Schulter zu größeren Winkeln 2T (siehe Abschnitt 5.3). Diese konkurrierende Ordnung wird durch den Modifizierungsschritt anscheinend unterdrückt, denn der 100-Reflex der Probe 1 ist geglättet. Das Phänomen wurde von mir häufiger beobachtet, scheint auch bei anderer Modifizierung nicht ungewöhnlich zu sein, wird aber nicht von anderen Autoren erwähnt. Vermutlich werden Makroporen, die für die Silylierungsreagenz zugänglich sind, durch diese gefüllt. Die Intensitäten in Relation zur 100-Spitze sind um über 20 % höher geworden, wohingegen die Verhältnisse von 110- und 200-Spitze zueinander nur geringe Änderungen erfahren. Tabelle 5.3 dokumentiert dies. Bei Modifizierung des Poreninneren tritt aber stets eine relative Intensitätsänderung zugunsten der 200-Spitze ein,81 was zeigt, daß eine Belegung des Poreninneren nicht stattgefunden hat. Tabelle 5.4 Texturparameter aus der Adsorptionsisothermen von Probe 2 (150 µL DPDCS/g Si-MCM-41) und dem Ausgangsmaterial. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Referenz 2 1071 954 118 0,800 72 33,5 Probe 2 1067 944 123 0,774 65 32,8 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 81 Diese Beobachtung konnte für alle Silylierungen des Poreninneren mit ausreichend angebotener Reagenz gemacht werden. 132 5 Diskussion der Synthesen 600 Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 500 400 300 Abbildung 5.20 200 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ) und DPDCS-deri- Referenz 2 Probe 2 vatisiertem Silikat (ż). 100 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/p0 Stickstoffsorptionsmessung. Zu weiteren Aussagen über eine exklusive Passivierung der äußeren Oberfläche des Si-MCM-41 führen die Messungen von Stickstoffsorptionsisothermen. Probe 2 wird hier exemplarisch beschrieben (Abb. 5.20, Tab. 5.4). Wie auch beim Ausgangsmaterial ist die erhaltene Adsorptionsisotherme nach BRUNAUER als Typ IV klassifizierbar. Eine breitere Porengrößenverteilung und eine starke Absenkung des zweiten Plateaus, was eine Funktionalisierung des Poreninneren anzeigt, ist nicht festzustellen. Der Vergleich der aus Referenz- und Probenisotherme ermittelten Strukturdaten unterstützt die Annahme, daß allenfalls kleine Bereiche der Poren durch die Arylfunktion des DPDCS belegt sind. So verringern sich Mesoporenvolumen und Porendurchmesser wenig. Wenn sich bei DPDCS-modifizierten Materialien eine leichte Abnahme der Gesamtoberfläche errechnet, resultiert dies wahrscheinlich aus der teilweisen Belegung der Porenhälse. Hingegen hat die Rauhigkeit der äußeren Oberfläche um 5 m2/g zugenommen. Es muß erwähnt werden, daß die beschriebenen Unterschiede sich knapp in den Grenzen der Genauigkeit der Methode (< 5 m2/g) bewegen. Allerdings folgte jede der durchgeführten Sorptionsmessungen an oberflächenderivatisierten Si-MCM-41 der vorgestellten Tendenz. Ebenfalls geht mit der DPDCS-Silylierung immer eine Veränderung des BET-Parameters CBET. Dieser Umstand und die Erhöhung der Oberflächenrauhigkeit deuten auf eine tatsächliche regioselektive Modifizierung der Partikeloberfläche und der über Kavernen und Makroporen frei zugänglichen Bereiche. 5 Diskussion der Synthesen 133 3745 F(R) 3537 a 2986 Abbildung 5.21 2940 DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit DPDCS. a) Ausgangsmaterial und b) mit 200 µL/g für 2907 3543 b 4000 3500 3100 3000 3000 2900 45 min in THF modifiziertes Material. Die Messung erfolgt bei 10-3 bar. 2800 2500 -1 Wellenzahl / cm DRIFT-Spektroskopie. Falls eine erfolgreiche organische Modifizierung des Si-MCM-41 stattgefunden hat, sind im IR-Spektrum die charakteristischen Banden organischer Derivate zu detektieren. Zunächst soll ein für die Silylierung mit Diphenyldichlorsilan bei Raumtemperatur typisches Spektrum erläutert werden. Abbildung 5.21b zeigt Si-MCM-41, welchem 200 µL Silylierungsreagenz pro Gramm angeboten wurden. Die Reaktion wurde nach 45 Minuten abgebrochen. Die Probenkammer wurde evakuiert (10-3 bar) und somit eine Trocknung erreicht. Die Probe diente später als Ausgangsmaterial für die ionische Anbindung von Farbstoffen (Abschnitt 5.6.2). Im Vergleich mit Spektrum a, dem Ausgangsmaterial, sind einige Veränderungen festzustellen. Im Bereich kurz unter 3000 cm-1 sind die Banden von CH-Valenzschwingungen auszumachen. In diesem Falle finden wir die Maxima bei 2986, 2940 und 2907 cm-1, wobei bei anderen mit DPDCS behandelten Materialien auch eine geringfügig veränderte Bandenlage beobachtet werden konnte. In Transmissionsspektren in Lösung werden aromatische CH-Valenzschwingungen bei 3000 bis 3050 cm-1 erwartet. Zum einen sind beim Übergang von Transmisssions- zu Festkörper-Reflexionsmethoden generell stark unterschiedliche Positionen der Schwingungsbanden möglich, zum anderen verändert man durch die Anbindung 134 5 Diskussion der Synthesen am anorganischen Wirtmaterial stets auch die chemische Umgebung des organischen Restes, wobei auch Aggregation begünstigt werden kann, die eventuell zur Verschiebung der Banden beiträgt. Da die funktionellen Gruppen des Si-MCM-41 Silanolgruppen sind, muß mit einer Anbindung an sie stets auch eine Veränderung der zugeordneten Schwingungen einhergehen. Die äußere Oberfläche macht etwa 10 % der Geasamtoberfläche aus, daher sind nur geringe Änderungen zu erwarten. Im Bereiche der „polymeren“ Banden verbrückter OH-Gruppen tritt eine Verschiebung der Gestalt und Lage auf (~ 3540 cm-1). Bei der Reaktion mit DPDCS bei Raumtemperatur tritt stets eine Abnahme der Reflektivität der scharfen Spitze der OH-Valenzschwingung freier Silanolgruppen bei 3745 cm-1 ein. Silylierungsreagenzien nutzen diese reaktiven OH-Gruppen bevorzugt zur Anbindung. Im Falle von DPDCS führt dies zu geringerer Reflektivität, aber nicht zum vollständigen Verschwinden der Bande bei 3745 cm-1, wie beim einschließlichen Funktionalisieren des Poreninneren vielfach beobachtet wurde (Abschnitt 5.5). Die Ergebnisse können also als deutlicher Hinweis auf die Funktionalisierung der äußeren Obefläche gedeutet werden. Das Bandenmuster der SiO-Schwingungen im fingerprint-Bereich (nicht abgebildet) mit Maxima bei 1860, 1615, 1340, 1210 und 1035 cm-1 bleibt unverändert. Eine quantitative Betrachtung der CH- und OH-Schwingungsbanden scheint nicht sinnvoll, da die Reflektivität von der Präparation des Preßlings beeinflußt ist (Höhe, Verdichtung und Oberfläche). Wie aussagekräftig eine Normierung auf die SiO-Banden ist, bleibt fraglich. Die Intensität ihrer konstruktiven Interferenz liegt weit über dem Geltungsbereich der für die quantitative Auswertung notwendigen KUBELKA-MUNK-Funktion. Faßt man die vorgestellten Ergebnisse der drei analytischen Methoden zusammen, so ist der Beweis für eine regioselektive Funktionalisierung erbracht. Dieser Befund ist recht bemerkenswert, denn sterische Hinderung kann nicht der alleinige Grund sein. Die Porenweiten der Ausgangsmaterialien wurden aus den Stickstoffsorptionsisothermen mit ca. 32 Å errechnet. Der Diffusionsquerschnitt des Moleküls Diphenyldichlorsilan mit seinen zwei Arylfunktionen sollte dieses Maß unterschreiten. Um eine ausreichend genaue Abschätzung der Dimensionen des Gastmoleküls zu erhalten, wurde eine energiearme Konformation im Vakuum mittels des molecular modelling-Programms HYPERCHEM™ errechnet (Abb. 5.22).82 Mit einer Längsausdehnung von 12,8 Å und einer Breite von 8,0 Å ist eine Belegung der Poren möglich.83 82 83 Version HYPERCHEM™ 7.0; steepest descent, Monte-Carlo-Methode, 100 Zyklen. Für die Abschätzung der Größe wurden als VAN-DER-WAALS-Radien 1,2 Å für H und 1,8 Å für Cl angenommen. 5 Diskussion der Synthesen 135 Abbildung 5.22 Stäbchenmodell von DPDCS mit Atomorbitalen in der wahrscheinlichsten Konformation im Vakuum.82 Es stellt sich also die Frage, warum unter den genannten Reaktionsbedingungen die innere Oberfläche des Silikatmaterials von DPDCS nicht angegriffen wird, aber andere Organosilane anbinden können (Abschnitt 5.5). Eine Erklärungsmöglichkeit wäre die mögliche Aggregation mehrer Silanmolekel zu größeren clustern und die damit verbundene Erhöhung des Diffusionsquerschnittes. Ein Modell, welches konform geht mit allen Beobachtungen, soll hier vorgestellt werden. Dichlorsilane gelten als sehr reaktive Reagenzien. Daher werden bei Raumtemperatur bevorzugt leicht zugängliche, reaktive Silanolgruppen umgesetzt. Dies führt zum einen zur Anbindung an die OH-Gruppen der zugänglichen Außenseite der Porenwände aber sicher auch zur Umsetzung von Silanolgruppen an den Porenmündern. So kann sich ein „Vorhang“, der die Porenöffnung teilweise auch verdeckt, bilden. Wäre Diphenyldichlorsilan über eine SN2-Reaktion am Porenmund kovalent gebunden, so könnte dieser „Vorhang“ die Porenöffnung mehr als 7 Å weit verdecken. Die beiden Arylfunktionen sind frei drehbar, so daß auch größere Molekel, wie Silylierungsreagenzien und Farbstoffmoleküle, in die Kanäle diffundieren können. Wenn sich jedoch ein frei in Lösung befindliches DPDCS-Molekül in seiner energieärmsten, weitestgehend planaren Konformation nähert, dann kommt es bevorzugt zu einer Aggregation, einer Stapelung der jeweils zwei aromatischen Zentren, die z. B. charge transfer-Wechselwirkungen eingehen. So könnte eine selektive Diffusionshinderung für DPDCS durch einen „Vorhang“ mit maximalen Wechselwirkungspotential erklärt werden. Die Ergebnisse zur selektiven Funktionalisierung von Si-MCM-41 konnten von Wissenschaftlern des Heyrovský-Institutes in Prag bestätigt werden.84 Die Methode konnte allerdings nicht auf SBA-15 mit seinen größeren Porenöffnungen übertragen werden: der „Vorhang“ ist zu kurz. 84 Persönliche Mitteilung von J. RATHOUSKÝ. 136 5 Diskussion der Synthesen 2980 3745 F(R) a 3340 ~ 3230 2934 2903 3460 b 3543 c d 4000 3500 3000 2500 -1 Wellenzahl / cm Abbildung 5.23 DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit 800 µL DPDCS/g unter milden Bedingungen. Das mit breiter Linie hervorgehobene Spektrum zeigt das Ausgangsmaterial ohne Trocknung unter Normaldruck. (a) Modifiziertes Material ohne Trocknung, (b) Trocknung bei 10-3 bar, (c) bei 6 10-5 bar und (d) bei 10-5 bar. Da der Diffusionsquerschnitt des DPDCS kleiner ist als der Porendurchmesser des Ausgangsmaterial läßt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß Agglomerate der Silylierungsreagenz die Porenöffnungen verstopfen oder in eventuell vorhandenen Makroporen gehalten werden. DRIFT-Messungen solcher Materialien könnten zu ähnlichen Spektren führen, wie von hauptsächlich oberflächenmodifiziertem Material zu erwarten wäre. Zur Verifizierung der Oberflächenmodifizierung unter den gewählten Reaktionsbedingungen wurden einem Gramm Si-MCM-41 ein große Menge von 800 µL (2,57 mmol) DPDCS angeboten und die Silylierung unter schonenden Bedingungen durchgeführt. Um nicht angebundenes Silan zu entfernen, wurde zum einen mit viel THF gewaschen und zum anderen eine mehrtägige SOXHLET-Extraktion mit Ethanol durchgeführt. Ohne weitere Trocknung wurde das Material reflexionsspektrometrisch bei Normaldruck vermessen. Deutlich kann man in Abbildung 5.23 erkennen, daß – im Gegensatz zur Ausgangssubstanz – bei der noch feuchten, silylierten Probe kaum noch freie Silanolgruppen (3745 cm-1) vorhanden sind. Die breite Bande bei 3340 cm-1 ist zu niedrigeren Wellenzahlen verschoben und die Schulter bei 3230 cm-1 hält ihre Position (a). Dies deutet auf ein vermehrtes Vorhandensein verbrückter Silanolgruppen und absorbiertem Wassers hin. Sehr deutlich 5 Diskussion der Synthesen 137 3745 3270 F(R) 2982 a 2885 b 3545 c d 4000 3500 3000 2500 -1 Wellenzahl / cm Abbildung 5.25 DRIFT-Spektren von Si-MCM-41 mit physisorbiertem THF. Messungen (a) nach THF-Zugabe, (b) Trocknung bei 10-3 bar, (c) bei 4 10-5 bar und (d) bei 10-5 bar. sind auch die CH-Schwingungen der organischen Silylierungsreagenz unterhalb 3000 cm-1 zu erkennen (a; 2980, 2934 und 2903 cm-1). An die evakuierbare Probenkammer des DRIFTSpektrometers wurde Ölpumpenvakuum angelegt (b). Eine weitere Druckminderung und damit Trocknung des Pulvers wurde durch Zuschalten einer Turbopumpe erreicht (c, d). Man beobachtet die beinahe vollständige Entfernung sowohl von adsorbiertem Wasser/Ethanol als auch von nicht umgesetztem DPDCS bei einem Druck von 10-5 bar (d). Verbrückte Silanolgruppen werden von der Wechselwirkung mit anderen OH-Gruppen befreit und sind wieder detektierbar. Die CH-Banden werden wenig in Richtung höherer Wellenzahlen verschoben. Bei ausschließlicher Adsorption wäre im Turbopumpenvakuum die Silylierungsreagenz fast vollständig entfernt worden und die Dichte der freien Silanolgruppen hätte zumindest Ausgangsniveau erreicht. Bei Diskussionen über die exklusive Funktionalisierung der äußeren Oberfläche mesoporösen Materials wurden immer wieder Einwände laut, daß keine Silylierung stattgefunden hätte, sondern einzig verunreinigte Kammerfenster sowie adsorbiertes Lösemittel Ursache für CH-Schwingungen wäre. Auswirkungen von verschmutzten Kammerfenstern können von vornherein ausgeschlossen werden, da die Ergebnisse unter Normaldruck auch ohne abgeschlossene, evakuierbare Kammer erzielt werden. Abbildung 5.24 zeigt DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, wobei die Probe mit einem Tropfen 138 5 Diskussion der Synthesen THF versetzt wurde (a). Das Lösemittel wurde mittels einer Ölpumpe und einer Turbopumpe entfernt (b – d). Als Referenz ist das Spektrum des Ausgangsmaterial aufgetragen. Im Vakuum der hier verwendeten Turbopumpe (> 10-8 bar) läßt sich das Lösemittel komplett entfernen. Die CH-Valenzschwingungen des THF zeigen zudem andere Bandenlagen und Gestalt als die der Silylierungsreagenz. Die Hauptbanden liegen bei 2982 und 2885 cm-1, respektive einer Schulter bei ~ 2950 cm-1 (a). Die charakteristische Schwingungsbande freier Silanolgruppen ist nicht mehr präsent; stattdessen wird das Spektrum von einer breiten Bande um 3270 cm-1 dominiert. Nach dem Abpumpen der Atmosphäre in der Probenkammer (10-3 bar) erhält man wieder eine scharfe Bande freier Silanolgruppen (b). Die Reflektivität übesteigt, nachdem die Turbopumpe zugeschaltet wurde, die Intensität der Spitze des ungetrockneten Ausgangsmaterials (b – d). Die breite Hauptbande verändert bei niedrigen Drücken ihre Gestalt, da der Einfluß des Lösemittels auf die Oberfläche des Molekularsiebes schwindet. In diesem Zusammenhang ist auch auf den isosbestischen Punkt bei ~ Q = 3545 cm-1 hinzuweisen. Es stehen hier wahrscheinlich freie und verbrückte OH-Gruppen in einem Gleichgewicht miteinander. Die Hauptintensität der Bande bewegt sich im Zuge der Trocknung auf den isosbestischen Punkt zu und zeigt somit das für unmodifizierten Si-MCM-41 typische Aussehen. Die durchgeführten Experimente können als weitere Indizien für eine ausschließliche Funktionalisierung der äußeren Oberfläche nach der beschriebenen Methode angesehen werden. Um die Bedingungen für die Modifizierung einzugrenzen, wurden bereits im Rahmen der Diplomarbeit Reaktionsparameter variiert. Die Ergebnisse sollen kurz vorgestellt werden und zur Ergänzung dienen:59 Unter den oben genannten Reaktionsbedingungen wurde zunächst jeweils 27, 67, 150, 300 und 600 µL DPDCS/g Si-MCM-41 eingesetzt. Die Auswertung der Stickstoffsorptionsdaten hat ergeben, daß schon mit der Anwendung geringer Diphenyldichlorsilanmengen eine Änderung des Mesoporenvolumens, der Größe der Oberfläche als auch der Stickstoffsorptionswärme CBET einhergeht. Eine minimale, gerade noch meßbare Porenverengung konnte nur bei höchsten angebotenen Mengen an Silylierungsreagenz ausgemacht werden. Die Röntgendiffraktogramme zeigen alle vier Reflexe niedriger 2T-Werte und deuten nicht auf eine Modifizierung des Poreninneren hin. Aus einer Steigerung des Angebotes scheint keine höhere Umsetzung zu resultieren. Ist die Oberfläche silyliert, so folgt keine weitere Anbindung im Poreninneren. Die Umsetzung von DPDCS wurde unter Kühlung im Eisbad (Eis/Kochsalz- 5 Diskussion der Synthesen 139 25 25 Toluol, Rückfluß -1 Volumen des adsorbierten N2 / mmol g Volumen des adsorbierten N2 / mmol g -1 THF, Raumtemperatur 20 15 10 Si-MCM-41 1,5 h 1,5 h, Pyridin 20 h 20 h, Pyridin 5 0 20 15 10 Si-MCM-41 1,5 h 1,5 h, Pyridin 20 h 20 h, Pyridin 5 0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/po Abbildung 5.26 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/po Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ÿ) und DPDCS-derivatisiertem Silikat (Ɣ, ż, Ŷ, Ƒ). DPDCS wurde in THF bei Raumtemperatur und in Toluol bei 111 °C unterschiedlich lang umgesetzt. Bei einigen Reaktionen wurde Pyridin zugegeben. Mischung, -10 °C) durchgeführt. DRIFT-Spektren zeigen, daß keine nennenswerte Anbindung bei geringen Temperaturen stattfindet. Um Einfluß höherer Temperaturen, Zeitabhängigkeit und die Auswirkungen von Lösemittel sowie basischen Aktivatoren auf die Reaktion zu untersuchen, wurden Umsetzungen in zum Rückfluß (111 °C) erhitzten Toluol bei unterschiedlichen Temperaturen auch unter Pyridinzugabe durchgeführt. Zum Vergleich wurden Experimente bei Raumtemperatur in THF durchgeführt. Es wurden je 25 mL Lösemittel eingesetzt und etwa 0,167 mL Pyridin zugegeben. Die Aktivitätssteigerung wurde schon bei der Zugabe der Base deutlich. Die Suspension trübte unter Dampfbildung merklich ein. Die Sorptionsisothermen (Abb. 5.26) führen zu unerwarteten Strukturdaten. Ein Parameter, der bisher in der Betrachtung vernachlässigt wurde, ist die Lösemittelabhängigkeit. Die Umsetzung in THF führt anscheinend zu einer stärkeren Diffusion in die Mesoporen des Silikates, während die Reaktionsdauer die Beladung von innerer (und äußerer) Oberfläche nur minimal beeinflußt. Mit dem Übergang zum aromatischen Lösemittel geht ein Wechsel der Solvathülle des Diphenyldichlorsilan einher. Das aromatische Toluol wechselwirkt wahr- 140 Tabelle 5.5 5 Diskussion der Synthesen Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen von DPDCS-modifiziertem Si-MCM-41. Lösemittel, Reaktionsdauer und Aktivator sind angegeben. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Referenz Tol./1,5 h/– Tol./1,5 h/Pyr. Tol./20 h/– Tol./20 h/Pyr. THF/1,5 h/– THF/1,5 h/Pyr. THF/20 h/– THF/20 h/Pyr. 1121 1084 920 1105 905 1299 1020 1120 1032 1015 994 860 1018 844 1197 955 1040 963 Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET 0,801 0,764 0,447 0,759 0,434 0,860 0,524 0,690 0,530 60 60 47 57 46 52 45 47 45 106 90 60 87 61 102 65 79 69 Dme [Å] 31,6 30,7 20,8 30,9 20,6 28,7 21,9 26,5 22,0 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. scheinlich stärker mit dem Silylierungsreagenz, was eine Verhinderung der Diffusion ins Poreninnere zur Folge hat. Die Verlängerung der Reaktionsdauer hat nur geringe Auswirkung, so daß sich die jeweiligen Kurven gleichen. Das zweite Plateau der Typ-IV-Isotherme ist zu niedrigerem Volumen verschoben. Außerdem erkennt man bei aufmerksamer Betrachtung der Isotherme an den geringeren Steigungen um 0,3 p/p0, daß die Porengrößenverteilung zugenommen hat. Das ist durchaus plausibel und zeigt, daß bei zu langer Umsetzung eine größere Anzahl Moleküle in das Innere gelangt und sich inhomogen in den Poren verteilt. Eine Bindung nahe der Porenöffnung ist wahrscheinlich. Augenscheinlich hat der Zusatz des Aktivators Pyridin den größten Einfluß auf die – hier unerwünschte – Beladung der Poren des Si-MCM-41. Erst der Einsatz des Pyridins führt zu einer dramatischen Porenverengung von 29 auf bis zu 19 Å und dem Absinken von CBET von 60 auf 45. Legt man das oben vorgestellte Modell eines Vorhanges mit Diphenylfunktion zugrunde, so wird das Wechselwirkungspotential des kovalent gebundenen DPDCS beziehungsweise der in Lösung befindlichen Moleküle durch den Einfluß des Pyridins so verändert, daß die Regioselektivität der Anbindung aufgehoben ist. Erst dann wird der Lösemitteleinfluß des Toluols durch erhöhte Temperatur (111 °C) überkompensiert. Gegenüber der Umsetzung in THF bei Raumtemperatur wird nun der Porendurchmesser um ein bis zwei Å stärker verringert. 5 Diskussion der Synthesen 141 Volumen des adsorbierten N2 / mmol g -1 2,5 2,0 1,5 Abbildung 5.27 1,0 Stickstoffadsorptionsisothermen von 0,5 DAVISIL. Davisil DPDCS, 20 °C DPDCS, 66 °C 0,2 0,4 0,6 von Aus- gangsmaterial (Ɣ) und DPDCS-derivatisiertem Silikat (ż, Ƒ). 0,0 0,0 Auftragung 0,8 p/po Außergewöhnlich ist ebenfalls die Tendenz, daß nach der Silylierung mit Diphenyldichlorsilan die durch Physisorption ermittelte Oberfläche größer ist. Man nehme zum Beispiel die Texturparameter der Probe Tol./20 h/–, THF/1,5 h/– und THF/20 h/– aus Tabelle 5.5. Bei Funktionalisierung mesoporösen Materials schrumpfen meist die Porenweiten, was mit einer drastischen Abnahme von Porenvolumen und Oberfläche einhergeht. Jedoch geht das zur Berechnung zugrundeliegende Modell von linearen Poren mit glatten Wänden aus. Die Theorie der self assembled monolayers (SAM) postuliert ebenfalls einen lückenlosen Film des Silylierungsreagenzes in den Poren.85 Nach Meinung des Autors entspricht eher ein Inselwachstum der funktionalisierten Flächen der Realität. Dieses erklärt die Zunahme der Porengrößenverteilung nach der Funktionalisierung des Poreninneren. Auch die Vergrößerung der ermittelten Oberfläche kann nur verstanden werden, wenn man nicht von einer Monolage der Reagenz ausgeht. Durch das Aufbringen der sterisch anspruchsvollen Funktion nimmt die Oberflächenrauhigkeit zu. Man muß bedenken, daß die Gesamtoberfläche der Diphenylsilanfunktion in grober Schätzung 1,6 nm2 beträgt, hingegen die Basis eines bipodal-gebundenen DPDCS nur ungefähr 0,2 nm2 einnimmt.86 Abbildung 5.27 zeigt Adsorptionsisothermen des Ausgangsmaterials DAVISIL™ und derivatisierter Proben. Die Gestalt der Isotherme verrät, daß es sich nicht um ein poröses Material handelt, sondern um ein makroporöses Silikat, dessen Porendurchmesser rund 50 nm beträgt. 85 86 X. Feng, G. Fryxell, L.-Q. Wang, A. Kim, J. Liu, K. Kemner, Science 1997, 276, 923. Man beachte Abb. 5.22 und die im Text angegebenen Moleküldimensionen. 142 5 Diskussion der Synthesen Tabelle 5.6 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen von modifiziertem DAVISIL. Die Silylierung wurde bei unterschiedlichen Temperaturen mit 5 mmol DPDCS/g Silikat durchgeführt. SBET [m2/g] Vads [mmol/g] CBET DAVISIL 82,0 0,841 134 THF/20 °C THF/66 °C 84,9 92,8 0,870 0,952 97 59 CBET: BET-Parameter. Durch den weiten Porenradius kann das Material als Referenz für die Dokumentation für Modifikation auf einer planaren Oberfläche dienen. Planare Substrate ohne Porensysteme sind aufgrund ihrer kleinen Oberflächen nur unter großem Aufwand der der Sorptionmessung zuzuführen. Die Anbindung von Diphenyldichlorsilan wurde in THF bei Raumtemperatur und unter Rückfluß durchgeführt (66 °C). Die Annahme, daß monomer- oder wenig-vergesellschaftetgebundene DPDCS-Moleküle auf der Silikatoberfläche angebunden sind, liegt nahe, denn auch diese Proben zeigen das angesprochene Phänomen der Oberflächenvergrößerung. Nach Umsetzung mit 5 mmol DPDCS/g wurden 84,9 m2/g gemessen; eine Steigerung um fast drei m2/g (Tab. 5.6). Wird bei der Reaktion zum Rückfluß erhitzt, so ermittelt man bereits eine Oberfläche von 92,8 m2/g. Die Stickstoffsorptionswärme CBET des unbehandelten Materials beträgt 134, bei den modifizierten Materialien nur noch 97 und 59. Die vorgestellten Ergebnisse beweisen die Durchführbarkeit der regioselektive Anbindung einer Sylilierungsreagenz an der äußeren Oberfläche eines mesoporösen Materials. Insbesondere die Anbindung des sterisch anspruchsvollen Diphenyldichlorsilan verdeutlicht die Parameterabhängigkeit der Funktionalisierung einer porösen Matrix. Mit der Einzelmolekülfluoreszenzmikroskopie konnte später überprüft werden, ob überhaupt eine Notwendigkeit für eine vorangehende Passivierung der Bindungsmöglichkeiten außerhalb der Porensystem besteht (siehe Kap. 7.1). 5 Diskussion der Synthesen 143 5.5 Silylierung mit Alkoxysilanen Zur Kopplung der organischen Moleküle im Poreninneren des Si-MCM-41 werden Reagenzien ausgewählt, die zum einen hervorragend an die Silanolgruppen des Substrates binden und zum anderen eine Oberflächenfunktionalisierung zur Verankerung der Gastmoleküle gewährleisten. Neben Dichlorsilanen, wie dem zuvor beschriebene DPDCS, eignen sich Alkoxysilane für die Modifizierung des Wirtes. Der Einsatz von Alkoxysilanen, die an einem Alkyl-spacer die funktionelle Gruppe tragen, als precursors für Anbindungen ist weitverbreitet.87 Sie sind ein Hauptwerkzeug zur chemischen Modifizierung von Oberflächen. Pionierarbeit für die Anwendung auf mesporösen Materialien leistete die Arbeitsgruppe von D. BRUNEL.88, 89, 90, 91 Da eine homogene Funktionalisierung des Poreninneren vorrangiges Ziel ist, wurden die Reaktionen vorwiegend so ausgeführt, daß eine Diffusion in die Kanalstrukturen begünstigt wurde. Daher wurden die Alkoxysilane im Si-MCM-41 zumeist bei tiefen Temperaturen umgesetzt und auf höchste Ausbeuten verzichtet. So sollte eine vorzeitige Kondensation an den Porenmündern vermieden werden. 5.5.1 Silylierung mit 3-Aminopropyltriethoxysilan und N-Methylaminopropyltrimethoxysilan Wie schon im vorangehenden Kapitel beschrieben, wurde auch bei der Silylierung mit Aminoalkoxysilanen ausschließlich mit ausgeheizten Glasapparaturen und vakuumgetrocknetem Ausgangsmaterial sowie wasserfreien Lösemitteln gearbeitet. 87 88 89 90 91 A. Corma, Chem. Rev. 1997, 97, 2373. D. Brunel, A. Cauvel, F. Fajula, F. DiRenzo, Stud. Surf. Sci. Catal. 1995, 97, 173. A. Chauvel, G. Renard, D. Brunel, J. Org. Chem. 1997, 62, 749. P. Sutra, D. Brunel, Chem. Commun. 1996, 2485. A. Derrien, G. Renard, D. Brunel, Stud. Surf. Sci. Catal. 1998, 117, 445. 144 5 Diskussion der Synthesen O O H H2N OH CH3 Si O OH O O Si - Ethanol O CH3 + CH2Cl2 NH2 OH O CH3 a innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 OH OH OH O + H3C H3C Si O N O CH3 H CH3 + CH2Cl2 - Methanol O O Si N OH O H CH3 b Abbildung 5.28 Funktionalisierung von Si-MCM-41 mit (a) 3-Aminopropyltriethoxysilan und (b) N-Methylaminopropyltrimethoxysilan. Die Anbindung muß nicht bipodal erfolgen. Für möglichst hohen Umsatz empfiehlt es sich hingegen, das Substrat zu wässern oder sogar Wasser zur Reaktionssuspension hinzuzufügen. Die Dichte der Silanolgruppen, der potentiellen Anbindungsstellen auf der Oberfläche, wird so erhöht. Besonders bei der Funktionalisierung planarer Glasoberflächen, die eine ungleich geringere Zahl Silanolgruppen als poröse Materialien tragen, werden diese Methoden angewandt.92, 93 Ebenfalls tritt eine Hydrolyse der Alkoxysilane zu Hydroxysilanen ein. X. ZHAO und R. KOPELMANN berichten, daß diese Hydroxysilane an Silanolgruppen gebunden werden und untereinander zu einem geschlossenen Film kondensieren.94 Als unerwünschte Nebenreaktion kann allerdings die Selbstkondensation der Silanreagenzien zu größeren Einheiten katalysiert werden. Dieses bulk-Material kann die Porenöffnungen blockieren und die Diffusion der großen Farbstoffmoleküle verhindern.95 Das wasserfreie Arbeiten diente also der Vermeidung unerwünschter Nebenreaktionen und nicht der Steigerung der Ausbeute. Das kalzinierte Ausgangsmaterial Si-MCM-41 oder bereits mit DPDCS behandelter Si-MCM-41 (Kap. 5.4) wurden in Dichlormethan suspensiert und unter Kühlung im Eis/Kochsalz-Bad gerührt. Nach Zugabe der gewünschten Menge 3-Aminopropyltriethoxysilan APTES oder N-Methylaminopropyltrimethoxysilan MAPTMS (Abb. 5.28) wurde das Kühlbad nicht mehr erneuert, und die Reaktionsmischung erwärmte sich in mehreren Stunden auf Raumtemperatur. Zumeist wurden 5 mmol Reagenz pro g Ausgangsmaterial eingesetzt. Der Feststoff wurde abgefiltert und zunächst mit Dichlormethan 92 93 94 95 J. Maskos, E. Southern, Nucleid Acid Res. 1992, 8, 1679. G. McGall, A. Barone, M. Diggelmann, S. Fodor, E. Gentalen, N. Ngo, J. Am. Chem. Soc. 1997, 119, 5081. X. Zhao, R. Kopelmann, J. Phys. Chem. 1996, 100, 11014. U. Deschler, P. Kleinschmidt, P. Panster, Angew. Chem. 1986, 98, 237. 5 Diskussion der Synthesen 145 und dann mit Ethanol gründlich gewaschen. Die Reaktion wurde zunächst unter Kühlung durchgeführt, um zu gewährleisten, daß die Reaktanden bei verlangsamter Reaktionsgeschwindigkeit in den gesamten Porenraum diffundieren können und so eine homogene Funktionalisierung erreicht wird. Nach W. HERTL wird bei wasserfreiem Umsatz zunächst die Aminofunktion über eine Wasserstoffbrücke an eine Silanolgruppe gebunden.96 Dabei werden bevorzugt die reaktiven, freien Silanolgruppen angegriffen. Sie sind schwache Säuren mit einem pKS-Wert von > 6.97 Durch die Anlagerung der Aminogruppe wird die Silanolgruppe aktiviert. Sie greift nun das elektropositivere Silizium des Silylierungsreagenzes an und bildet die kovalente Bindung aus. Die Aminofunktion der angebundenen Reagenzien kann weitere Silanolgruppen aktivieren. Es muß abermals darauf hingewiesen werden, daß der Einfluß des Wassers auf die Reaktionen zur Anbindung von Alkoxysilanen auf Silikatoberflächen nicht unterschätzt werden kann. Bei der schrittweisen Funktionalisierung von Si-MCM-41 birgt die Arbeit in wäßrigem Medium mehr Risiken als Vorteile. M41S-Materialien sind in Wasser nur bedingt stabil, so daß eine Strukturschädigung nicht auszuschließen ist. Durch die im Vergleich zu Gläsern große Oberfläche des Wirtmaterials sind in Bezug auf die Ausbeute optimierte Reaktionen nicht notwendig. Es stehen ausreichend Silanolgruppen für die Kopplungsreaktion zur Verfügung. T. ISHIKAWA et al. sowie X. ZHAO et al. geben ein Vorkommen von ~ 3 Silanolgruppen pro nm2 für mesoporöse Silikatmaterialien an.98, 99 Andere Autoren ermitteln ~ 1/nm2 oder aber 5/nm2.100, 101, 102 Die Unterschiede in den Angaben resultieren zum einen aus der Probenpräparation, zum anderen aber auch aus den verwendeten analytischen Methoden. Wird über die Ausbeute einer Modifizierungsreaktion ein Rückschluß auf die tatsächliche Zahl an Kopplungsstellen gezogen, so kann im Falle einer vorangehenden Oligomerisierung der Silane fälschlicherweise ein zu hoher Wert angenommen werden. F. BAUER et al. berichten über eine Oligomerisierung von Alkoxysilanen zu polyfunktionalen Struktureinheiten in Leiter- oder Ringanordnung. Diese Einheiten binden in weiteren Kondensationsreaktionen an das Silikat.103, 104 96 97 98 99 100 101 102 103 104 W. Hertl, M. Hair, J. Phys. Chem. 1971, 75, 218. T. Shimosaka, T Sugii, T. Hobo, A. Ross, K. Uchiyama, Anal. Chem. 2000, 72, 3532. T. Ishikawa, M. Matsuda, A. Yasukawa, K. Kandori, S. Inagaki, T. Fukushima, S. Kondo, J. Chem. Soc., Faraday Trans. 1996, 92, 1985. X. Zhao, G. Lu, A. Whittaker, G. Millar, H. Zhu, J. Phys. Chem. B 1997, 101, 6525. P. Llewellyn, F. Schüth, Y. Grillet, F. Rouquerol, K. Unger, Langmuir 1995, 11, 574. A. Jentys, K. Kleestorfer, H. Vinek, Microporous Mesoporous Mater. 1999, 27, 321. L. Mercier, T. Pinnavaia, Adv. Mater. 1997, 9, 500. F. Bauer, H. Ernst, U. Decker, M. Findeisen, H.-J. Gläsel, H. Langguth, E. Hartmann, R. Mehnert, C. Peuker, Macromol. Chem. Phys. 2000, 201, 2654. F. Bauer, V. Sauerland, H. Ernst, H.-J. Gläsel, S. Naumov, R. Mehnert, , Macromol. Chem. Phys. 2000, 201, 2654. 146 5 Diskussion der Synthesen Eine vergleichende Untersuchung zur Modifizierung mit APTES und MAPTMS wurde durchgeführt, um zu klären, ob (i) der Übergang vom Ethoxy- zum Methoxysilan eine signifikante Verbesserung der Anbindung mit sich bringt und (ii) ob sich mit einem sekundären Amin eine Peptidbindung effektiver durchführen läßt. H. WELLMANN beschreibt eine deutliche Steigerung des Umsatzes bei Reaktion eines Methoxysilans mit getrocknetem Material.105 Der Einsatz des sterisch anspruchsvolleren Ethoxysilans behindere den nukleophilen Angriff auf das Siliziumatom. Andere Quellen berichten, daß die Länge der Alkanreste keinen signifikanten Einfluß auf die Kondensationsreaktion habe.106 Amine sind stärkere Basen als Ammoniak (pKb = 4,76). Dimethylamin hat einen pKb von 3,38, Dimethylamin von 3,27.107 Es ist also zu erwarten, daß die Basizität des Materials mit MAPTMS-Modifizierung höher ist als die des Si-MCM-41 mit APTES-Modifizierung. Pulverröntgendiffraktometrie. Die Diffraktogramme in Abbildung 5.29 zeigen, daß aus der Funktionalisierung eine Gestaltveränderung resultiert. Der 210-Reflex des Materials ist nicht mehr sichtbar und die Intensitäten der 110- gegenüber den 200-Reflexen haben abgenommen (Tab. 5.7). Eine Beladung eines geordneten Materials – sei es durch Imprägnierung oder kovalente Anbindung – führt zur Abnahme der Intensität, denn die Reflexion der Röntgenstrahlung wird behindert; der Streukontrast der Porenwand wird verringert.108 Anhand der Beispiele wird deutlich, daß keine strukturellen Veränderungen eingetreten sind. Außerdem verändern sich nach der Behandlung die Positionen der 100-Reflexe nicht. Hingegen sind Anzeichen für eine konkurrierende Ordnung im Silikatgerüst zu erkennen. Stets sind nach der MoXRD-Daten zu Abbildung 5.29. Den Einstrahlwinkeln sind die relativen Intensitäten zum 100-Reflex zugeordnet. Tabelle 5.7 hkl 2T [°] 100 2,31 – 2,31 – 2,31 – 2,31 – 110 200 210 3,97 4,59 6,09 14,0 % 9,4 % 3,3 % 4,00 4,62 – 5,7 % 5,7 % – 4,00 4,64 – 4,8 % 4,1 % – 4,02 4,59 – 5,0 % 5,0 % – rel. Int. Referenz a 2T [°] rel. Int. Probe b (APTES) 2T [°] rel. Int. APTES a 2T [°] MAPTMS b 2T: Einstrahlwinkel. 105 106 107 108 rel. Int. H. Wellmann, Dissertation, Bremen 2000. Persönliche Mitteilung F. BAUER, IOM Leipzig. K. Vollhardt, Organische Chemie, 1. Aufl.,VCH, Weinheim 1990. B. Marler, U. Oberhagemann, S. Vortmann, H. Gies, Microporous Mater. 1996, 6, 375. 5 Diskussion der Synthesen 147 100 Intensität / a.u. Intensität / a.u. 100 3,5 4,0 4,5 5,0 a a 110 200 110 210 200 b APTES b APTES 2 3 4 5 Einstrahlwinkel 2T / ° 6 MAPTMS 7 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Abbildung 5.29 Röntgendiffraktogramme von APTES- und MAPTMS-funktionalisiertem Si-MCM-41. Links: (a) Referenz, (b) APTES-modifiziertes Silikat. Rechts: zwei Pulverproben mit (a) Aminofunktionalisierung und (b) Methylaminofunktionalisierung im Vergleich. (Silylierung jeweils mit 5 mmol Silan/g) difikation die 2 ș-Winkel der 110- und 200-Reflexe zu höheren Werten verschoben und die relativen Intensitäten verändert. War bisher der 110-Reflex ausgeprägter als der 200-Reflex, kehrt sich mit zunehmender Modifizierung die Gewichtung um. Typischerweise sind bei den eingesetzten Mengen Alkoxysilan (5 mmol/g) und den gewählten Reaktionsbedingungen die Spitzen gleich stark ausgeprägt. Nach Silylierung unter schärferen Bedingungen ist die 200-Spitze höher. Die gegenübergestellten APTES- und MAPTMS-modifizierten Proben sind unter gleichen Reaktionsbedingungen hergestellt worden. Der oben beschriebene Effekt tritt deutlicher bei der methoxysilanbehandelten Probe auf. Meiner Meinung nach zeigt dies nicht zwingend die höhere Reaktivität von Methoxysilanen gegenüber Ethoxysilanen. Die Silylierungsreaktion ist schwer zu kontrollieren, und auch der Unterschied in der funktionellen Gruppe, der den Streukontrast verändert, führt zu Unwegbarkeiten. Der Einsatz von 5 mmol Ethoxysilan/g Si-MCM-41 führte immer zu vergleichbaren relativen Werten der zweiten und dritten Spitze der Diffraktogramme. Die leichte Verschiebung der 2 ș-Winkel der 110- und 200-Reflexe und die Umkehr ihrer relativen Intensitäten sprechen für die teilweise Ausbildung einer geschlossenen Polysiloxanlage auf den Porenwandungen. 148 5 Diskussion der Synthesen Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 500 400 Abbildung 5.30 300 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ), DPDCS-derivatisiertem Silikat (ż) sowie APTES- und 200 Referenz DPDCS APTES MAPTMS 100 0,0 0,2 0,4 0,6 MAPTMS-funktionalisiertem Material. Zur Funktionalisierung wurden 5 mmol Reagenz/g Si-MCM-41 eingesetzt. 0,8 p/p0 Stickstoffsorptionsmessung. Die Abbildung 5.30 zeigt die Stickstoffadsorptionsisothermen der Funktionalisierung von Si-MCM-41 mit APTES respektive MAPTMS. Der besseren Vergleichbarkeit wegen wurden die Umsetzungen mit demselben DPDCS-oberflächenmodifizierten Material durchgeführt. Deutlich läßt sich die starke Veränderung der Textur aus der Auftragung ablesen. Während die Belegung der äußeren Oberfläche wie erwartet nur eine geringe Abnahme des Porenvolumens zur Folge hatte (Tab. 5.8), führten die Reaktionen mit den Alkoxysilanen zu einer drastischen Porenverengung von 5,7 Å (APTES) und 7,5 Å (MAPTMS) gegenüber dem unbehandelten Si-MCM-41. Die Ergebnisse in Tabelle 5.8 stehen Tabelle 5.8 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen (150 µL DPDCS sowie 5 mmol Alkoxysilan/g Si-MCM-41). Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Referenz 1071 954 118 0,800 72 33,5 DPDCS 1067 944 123 0,774 65 32,8 APTES 781 690 92 0,477 41 27,7 MAPTMS 744 661 83 0,430 30 26,0 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 5 Diskussion der Synthesen 149 nur exemplarisch für eine Vielzahl von durchgeführten Funktionalisierungen. Generell kann bei einem Angebot von 5 mmol APTES/g Si-MCM-41 davon ausgegangen werden, daß nach Ausführen der beschriebenen Silylierungsmethode eine Gewichtszunahme von 21 – 22 % erfolgt. Unter der Annahme einer teilweisen Ausbildung eines Polysiloxanfilms im Poreninneren und einer multipodalen Anbindung wurde die Abschätzung getätigt, daß die Verankerung über 2 – 3 (2,5) Sauerstoffbrücken erfolgte. So kann errechnet werden, daß ca. 20 µmol APTES umgesetzt wurden. Die ungleich stärkere Porenverengung bei gleicher angebotener Menge MAPTES kann zunächst zwei Ursachen haben: (i) die bessere Umsetzung der Methoxy- gegenüber der Ethoxysilanreagenz und (ii) Vergrößerung des organischen Restes um eine Methylgruppe. Wahrscheinlich sind beide Annahmen richtig. Hierzu muß erwähnt werden, daß die Gewichtszunahme nach Umsetzung mit MAPTMS 25 % (~ 22 µmol/g) beträgt. Trotz der starken Abnahme von Gesamtoberfläche und Porenvolumen handelt es sich bei den in Abbildung 5.30 aufgetragenen Isothermen um BRUNAUER-Typ-IV-Isothermen. Das erstes und zweite Plateau sind abgesenkt, und der steile Anstieg bei mittleren relativen Drükken p/p0, der vollständigen Füllung des Poreninneren mit Flüssigkeit zugeordnet, ist im Vergleich zum Adsorptionsverhalten der Vorgängermaterialien verschoben und abgeflacht. Dies zeigt eindeutig die Ausbildung einer verankerten Schicht an Silylierungsreagenz an. Da die Steigung des steilen Anstiegs die Homogenität von Textur/Kanaldurchmesser anzeigt, kann davon ausgegangen werden, daß keine pefekte self assembled monolayer (SAM) entstand.109 Neben der Rauhigkeit der äußeren Oberflächen nahm auch der Wert des BETParameteres CBET ab, was auf die Änderung des chemischen Umfeldes besonders im Inneren des Silikates schließen läßt. DRIFT-Spektroskopie. In Abbildung 5.31 sind DRIFT-Spektren von aminomodifiziertem Si-MCM-41 abgebildet. Das rechte Spektrum zeigt das typische Spektrum eines APTESsilylierten Materials. Die prominentesten Veränderungen gegenüber dem unbehandelten Si-MCM-41 (vergleiche Abb. 5.15) sind die Abwesenheit der scharfen Spitze bei 3745 cm-1 und das Auftreten von Banden bei ungefähr 1600, 2900 und 3350 cm-1, die eindeutig den organischen Funktionen zugeordnet werden können. Die OH-Valenzschwingung freier Silanolgruppen (3745 cm-1) verschwindet bei Umsetzungen mit Alkoxysilanen in ausreichender Konzentration weitestgehend. Dies bedeutet, daß, im Gegensatz zu ausschließlich DPDCS-modifiziertem Material (Kap. 5.4), das Poreninnere durchgängig funktionalisiert ist. Es werden also zunächst die reaktiveren Silanolgruppen, de109 X. Feng, G. Fryxell, L.-Q. Wang, A. Kim, J. Liu, K. Kemner, Science 1997, 276, 923. 150 5 Diskussion der Synthesen APTES 1312 2947 2893 2839 2810 F(R) F(R) 3316 2940 1211 2872 MAPTMS 2978 1595 3370 1044 3308 ~ 2900 ~ 3350 APTES 3500 3000 2500 2000 1500 1000 -1 Wellenzahl / cm Abbildung 5.31 3750 3500 3250 3000 2750 2500 -1 Wellenzahl / cm DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit APTES und MAPTMS. Links: APTES-Spektrum mit Si-O-Schwingungsbanden; rechts: APTESund MAPTMS-Spektrum (je 5 mmol Silan/g angeboten). Die Messungen wurden unter Normaldruck aufgenommen. ren Vibrationsbanden bei hohen Wellenzahlen zu finden sind, umgesetzt, was zu einer Verschiebung des Signals der verbrückten Silanolgruppen führt. Die SiO-Schwingungsbanden erfahren durch die Anbindung weiterer Si-Atome nur leichte Verschiebung (1044, 1211 und 1312 cm-1) und keine Veränderung der Gestalt. Größere Unterschiede bestehen bei den Signalen der organischen Gruppen (Abb. 5.31, rechts). Der breiten OH-Bande überlagert sind CH-Valenzschwingungen. Hier findet man eine dominierende Anordnung dreier Banden mit Maxima bei 2872, 2940 und 2978 cm-1 für das primäre Propylamin und Maxima bei 2893 und 2947 cm-1 sowie eine schwächere Bandenschulter für das N-Methylpropylamin. Die Lage dieser Banden ist charakteristisch für CH2-Gruppen, die dem Propylspacer zugeordnet werden.110 Die Methylgruppe des sekundären Amins zeigt zusätzliche Spitzen bei 2810 und 2839 cm-1. Die NH-Absorption ist schärfer als diejenige im funktionalisierten Material vorherrschenden verbrückten Silanolgruppen, denn ihre Neigung, Wasserstoffbrücken auszubilden, ist weitaus geringer. Die zwei Banden 110 M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh, Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie, 4. Aufl., Thieme, Stuttgart, 1991. 5 Diskussion der Synthesen 151 bei 3370 und 3308 cm-1 des APTES-modifizierten Materials rühren von asymmetrischer und symmetrischer NH-Valenzschwingung her.110 Die Absorption des MAPTMS-modifizierten Si-MCM-41 ist schwächer und tritt bei 3316 Wellenzahlen auf. Außerdem ist die H2OSorptions-Bande (1616 cm-1, Kap. 5.3) des Ausgangsmaterial beim primären Amin durch die NH-Deformationsschwingung bei 1595 cm-1 ersetzt links).111 (Abb. 5.31, Die į-Schwingungen sekundärer Amine sind weitaus schwächer.110 Spektroskopie, Röntgendiffraktometrie und Sorptionsmessung zeigen, daß im Gegensatz zur Modifizierung mit DPDCS (Kap. 5.4) bei Einsatz eines Aminoalkoxysilans eine vollständige Funktionalisierung der inneren Oberfläche der Si-MCM-41-Partikels erfolgt. Die ReflexionsIR-Spektrometrie unterscheidet eindeutig zwischen der Modifizierung mit unterschiedlichen Aminogruppen. Ob der Einsatz von Methoxysilan gegenüber Ethoxysilan höhere Anbindungsraten bringt, konnte hier nicht geklärt werden. 5.5.2 Silylierung mit 3-Iodopropyltrimethoxysilan Die Silylierung mit 3-Iodopropyltrimethoxysilan (IPTMS) (Abb. 5.32) folgte der Methode, die auch für die Umsetzung der Aminoalkoxysilane (Kap. 5.5.1) angewendet wurde. Es wurde wasserfrei in Dichlormethan gearbeitet und standardmäßig wurden 5 mmol Reagenz/g Si-MCM-41 eingesetzt. Es war also zu erwarten, daß die Funktionalisierung mit IPTMS zu ähnlichen Ergebnissen wie die mit MAPTMS führt. OH OH OH O + H3C H3C Si O I O CH3 + CH2Cl2 - Methanol O O Si I OH O Abbildung 5.32 Funktionalisierung von Si-MCM-41 mit 3-Iodopropyltrimethoxysilan. Die Anbindung muß nicht bipodal erfolgen. 111 R. Günzel, IR-Spektroskopie, VCH, Weinheim 1984. 152 5 Diskussion der Synthesen Intensität / a.u. 100 3,5 4,0 4,5 5,0 a Abbildung 5.33 110 200 210 b Röntgendiffraktogramme von (a) Si-MCM-41 und (b) IPTMS-funktionalisiertem Si-MCM-41 (Silylierung mit 5 mmol Silan/g). IPTMS 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Pulverröntgendiffraktometrie. Wie auch schon im vorangegangen Abschnitt beschrieben, zeigen Diffraktogramme in Abbildung 5.33, daß die Funktionalisierung zu einer Intensitätsänderung der Reflexe führte, und auch beim iodomodifizierten Material ist der 210-Reflex nicht mehr sichtbar. Ebenfalls ist keine strukturelle Beeinträchtigung des Materials festzustellen, die Positionen der Reflexe verändern sich – wenn überhaupt – nur geringfügig (Tab. 5.9). Augenmerk sei hier auf die relativen Intensitäten der 110- und 200-Reflexe gerichtet. Abermals haben die Intensitäten der 110- gegenüber den 200-Reflexen abgenommen (Tab. 5.7). Dies spricht nach meinen Erfahrungen aus einer Vielzahl von Funktionalisierungen mit Alkoxysilanen für eine Anbindung im Poreninneren, jedoch liegt das Verhältnis von 110- geTabelle 5.9 XRD-Daten zu Abbildung 5.33. Den Einstrahlwinkeln sind die relativen Intensitäten zum 100-Reflex zugeordnet. Zum Vergleich sind die Daten der MAPTMS-Modifizierung angefügt. hkl 2T [°] 100 110 200 210 2,31 3,97 4,59 6,09 rel. Int. – 14,0 % 9,4 % 3,3 % Referenz a 2T: Einstrahlwinkel. 2T [°] 2,30 3,97 4,55 – rel. Int. 2T [°] rel. Int. – 7,3 % 5,8 % – 2,31 4,02 4,59 – – 5,0 % 5,0 % – Probe b (IPTMS) MAPTMS (Abb. 5.29) 5 Diskussion der Synthesen 153 Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 500 400 Abbildung 5.34 300 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ) und IPTMSfunktionalisiertem Material (ż). Zur Funktionalisierung wurden 5 mmol Reagenz/g Si-MCM-41 eingesetzt. 200 IPTMS Referenz 100 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/p0 genüber den 200-Reflexen nicht so stark auf der Seite des 110-Reflexes, wie erwartet. Die Intensitäten der Reflexe verhalten sich beim Ausgangsmaterial 1:1 und bei dem bereits vorgestellten Methoxysilan MAPTMS etwa 1:1,5. Nach der Funktionalisierung mit IPTMS ist das Verhältnis allerdings nur ca. 1:1,25. Dies deutet daraufhin, daß die Anbindung dieses Reagenzes unter gleichen Reaktionsbedingungen nicht so effektiv verläuft. Stickstoffsorptionsmessung. Die Stickstoffadsorptionsisothermen von Referenz und IPTMSfunktionalisiertem Material in Abbildung 5.34 beweisen, daß eine Anbindung im Poreninneren erfolgte. Sorption auf dem organisch modifizierte Si-MCM-41 führte zu Porenverengung Tabelle 5.10 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen (5 mmol Alkoxysilan/g Si-MCM-41). Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. Referenz IPTMS SBET [m2/g] Sme [m2/g] 1106 1006 903 821 Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] 100 0,798 64 31,7 81 0,538 45 26,2 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 154 5 Diskussion der Synthesen Abbildung 5.35 dD Vme dV Qualitative Abschätzung der Porengrößenverteilung von iodofunktionalisiertem Si-MCM-41 (…), dem Ausgangsmaterial (—) und DPDCS-modifiziertem (---) Material zum Vergleich. Zur Berechnung aus dem Desorptionsast wurde die BJH-Methode angewandt. Dme von 5,5 Å. Die Abnahme von Porenvolumen und -durchmesser sowie innerer Oberfläche ist aber nicht so ausgeprägt wie etwa bei der Umsetzung mit APTES, MAPTMS (Kap. 5.5.1) oder N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid (TMS-TMA, Kap. 5.5.3). Die Veränderungen der Textur gehen nicht mit einer weiteren Porengrößenverteilung einher. Um diese Aussage zu stützen, wurden die Porengrößenverteilungen aus den Desorptionsästen der Stickstoffsorptionsuntersuchungen mittels der BJH-Methode errechnet und graphisch dargestellt (Abb. 5.35). Hier muß in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, daß es sich dabei nur um eine qualitative Abschätzung handelt! Bewußt wurde bei der Auftragung auf eine Skalierung verzichtet, denn die Porendurchmesser von Si-MCM-41 sind zu klein für eine physikalisch sinnvolle, quantitative BJH-Auswertung, basierend auf der KELVIN-Gleichung (Kap 4.2.2). Zur Berechnung wurde die HALSEY-Gleichung verwendet:112 t ª 5,0000 º 3,5400 « p » ¬« ln p0 ¼» 0 , 3330 . (5.17) Es kann grob abgeschätzt werden, daß die Durchmesser der Poren des iodomodifizierten Silikates als auch des unbehandelten Materials in einem Bereich von etwa 5 Å verteilt sind. Sehr interessant ist, daß eine Modifizierung des Si-MCM-41 mit DPDCS zur Belegung der äußeren Oberfläche tatsächlich zu einer Art Qualitätsverbesserung des Materials führt, denn die Porengrößenverteilung wird eindeutig enger. Dies ist neben XRD-Daten ein weiterer Hinweis darauf, daß das Chlorosilan strukturelle Unregelmäßigkeiten ausgleicht. Man vergleiche hierzu mit Kapitel 5.4. 112 arbsorbated-property-Faktor = 9,53 Å; density-conversion-Faktor 0,001545 Å. 5 Diskussion der Synthesen 155 IPTMS F(R) ~ 3540 3744 3734 Abbildung 5.36 2955 2965 2936 2895 3009 2851 DRIFT-Spektrum von Si-MCM-41, silyliert mit IPTMS. (5 mmol Silan/g angeboten). Die Messung wurde unter Normaldruck durchgeführt. 3750 3500 3250 3000 2750 -1 Wellenzahl / cm DRIFT-Spektroskopie. Für die Umsetzung mit Alkoxysilanen in der oben angegebenen Konzentration ist ein nahezu vollständiges Verschwinden der Bande der freien Silanolgruppen zu erwarten. Stattdessen tritt nur eine starke Abnahme gegenüber dem unbehandelten Si-MCM-41 ein, und die Bande ist aufgespalten in Spitzen bei 3734 und 3744 cm-1. Es ist zu vermuten, daß ein Teil der wenigen verbleibenden unverbrückten Silanolgruppen in Wechselwirkung zu der Iodofunktion steht. Die prominente OH-Bande um etwa 3450 cm-1 zeigt an, daß auch viele reaktive dimere Wasserstoffbrückenbindungen nicht durch die Kondensationsreaktion aufgehoben wurden. Die Absorptionen kurz unterhalb der Wellenzahl 3000 cm-1 mit Maxima bei 2851, 2893, 2936, 2955 und 2965 cm-1 sind den CH2-Schwingungen der Propylfunktion zuzuordnen. Die wenig ausgeprägte Spitze bei 3009 cm-1 ist auf den Einfluß des Halogenatoms zurückzuführen. Die analytischen Untersuchungen von IPTMS-funktionalisiertem Si-MCM-41 zeigen zum einen, daß eine gleichmäßige Belegung der Poren stattgefunden hat, zum anderen aber auch eine gegenüber anderen Alkoxysilanen verminderte Beladung. Gerade das Vorhandensein von freien Silanolgruppen bedeutet eine verminderte Reaktivität der Silylierungsreagenz und spricht nicht für die Ausbildung einer SAM. Über die durchschnittliche Gewichtszunahme des behandelten Materials wurde unter der Annahme multipodaler (2,5) Anbindung über Sauerstoffbrücken grob abgeschätzt, daß die Verankerung von ca. 13 µmol IPTMS/g Si-MCM-41 erfolgte, also erheblich weniger als von APTES unter gleichen Reaktionsbedingungen (ca. 20 µmol/g). Es ist zu vermuten, daß die Iodofunktion die Kondensationsreaktion auf der Oberfläche des Wirtes nicht im gleichen Maße autokatalysiert wie eine Aminofunktion (Kap. 5.5.1).96 156 5 Diskussion der Synthesen 5.5.3 Silylierung mit N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid Die bisher vorgestellten Silylierungsreagenzien eignen sich als precursors für die kovalente Anbindung von Farbstoffen. Oftmals ist eine Derivatisierung eines Chromophoren oder dessen Aktivierung für die Verankerung problematisch. Als Alternative kann hier die Verankerung über COULOMB-Wechselwirkung genutzt werden, das heißt, eine ionische Funktion aufgebracht werden. Mit der Immobilisierung negativ geladener Phthalocyaninfarbstoffe auf kationischem Austauscherharz konnten von R. GERDES et al. bereits sehr stabile heterogene Katalysatoren erzeugt werden.113 I. RODRIGUEZ et al. beschreiben die Modifizierung von Molekularsieben mit einer quarternären Ammoniumfunktion als starke FestkörperBRØNSTED-Base.114, 115 Diese beiden Konzepte sollten zu einem System zur Immobilisierung von Farbstoffen zusammengefaßt werden. N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid (TMS-TMA) schien als Silylierungsreagenz geeignet. Es kann als Alkoxysilan auf gleiche, unkomplizierte Weise, wie bereits erschöpfend beschrieben, angebunden werden (Abb. 5.37) und wird kommerziell vertrieben. Um den Einfluß der Temperatur auf die Kondensationsreaktion des quarternären Ammoniumsalzes mit dem Silikat zu untersuchen, wurde ebenfalls eine drastischere Silylierungsmethode in getrocknetem Toluol angewandt, die in einer vorangehenden Arbeit bereits mit APTES durchgeführt wurde.59 Dabei wurde, zunächst dem herkömmlichen Protokoll für Umsetzung in trockenem Dichlormethan folgend, die Suspension gekühlt, eine Erwärmung auf Raumtemperatur zugelassen, dann aber über Nacht zum Rückfluß erhitzt. OH OH OH O + H3C H3C Si O N O CH3 H3C CH3 CH3 + CH2Cl2 Cl - Methanol O O Si OH O N H3C CH3 CH3 Cl Abbildung 5.37 Funktionalisierung von Si-MCM-41 mit N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid. Die Anbindung muß nicht bipodal erfolgen. 113 114 115 R. Gerdes, O. Bartels, G. Schneider, D. Wöhrle, G. Schulz-Ekloff, Polym. Adv. Technol. 2001, 12, 152. I. Rodriguez, S. Iborra, F. Rey, A. Corma, Appl. Catal. A: General 2000, 194–195, 241. I. Rodriguez, S. Iborra, A. Corma, F. Rey, J. Jordá, Chem.Commun. 1999, 593. 5 Diskussion der Synthesen 157 Intensität / a.u. 100 3,5 4,0 4,5 5,0 a 110 Abbildung 5.38 200 210 b Röntgendiffraktogramme von (a) Si-MCM-41 und (b) TMS-TMA-funktionalisiertem Si-MCM-41 (Silylierung mit 5 mmol Silan/g). TMS-TMA 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Pulverröntgendiffraktometrie. Abbildung 5.38 zeigt exemplarisch das Diffraktogramm des bei Raumtemperatur in Dichlormethan umgesetzten Materials im Vergleich zum unbehandelten Si-MCM-41. Die Positionen der Reflexe bleiben fast unverändert; es ist keine Strukturschädigung des Materials festzustellen (Tab. 5.11). Nach der Silylierung unter schonenden Bedingungen beobachtet man die für eine erfolgreiche Modifizierung des Poreninneren typischen Veränderungen: der 210-Reflex ist nicht mehr sichtbar, und die relativen Intensitäten von 110- und 200-Reflex invertieren (1,48 : 1 ĺ 0,97 : 1). Das Pulverdiffraktogramm des in siedendem Toluol silylierten Silikates ist nicht abgebildet. Es ist von geringerer Auflösung Tabelle 5.11 XRD-Daten der TMS-TMA modifizierten Materialien aus Abbildung 5.38. Den Einstrahlwinkeln sind die relativen Intensitäten zum 100-Reflex zugeordnet. hkl 2T [°] 100 110 200 210 2,31 3,97 4,59 6,09 rel. Int. – 14,0 % 9,4 % 3,3 % Referenz a 2T: Einstrahlwinkel. 2T [°] 2,31 3,95 4,58 – rel. Int. 2T [°] – 4,9 % 5,0 % – 2,35 4,05 4,63 – b (TMS-TMA, CH2Cl2, RT) rel. Int. – 13,0 % 10,2 % – TMS-TMA, Tol., 111 °C 158 5 Diskussion der Synthesen und läßt auch aufgrund der starken Verschiebung der Reflexe um bis zu 0,08 °2 ș ein nichtideales Kondensationsverhalten unter den drastischen Reaktionsbedingungen vermuten. Das Verhältnis von 110- und 200-Reflex (rel. Int.) beträgt etwa 1,25 : 1, was auf unvollständige Auskleidung der Porenwände hindeutet, vielleicht aber auch eine Strukturschädigung anzeigt. Stickstoffsorptionsmessung. In Abbildung 5.39 werden zum besseren Vergleich zunächst die Stickstoffadsorptionsisothermen von Referenz, DPDCS-modifiziertem und TMSTMA-funktionalisiertem Material gegeneinander aufgetragen. Schon anhand der Gestalt der Sorptionsisotherme des unter milden Bedingungen funktionalisierten Si-MCM-41 wird deutlich, daß eine Kondensationsreaktion im Poreninneren stattgefunden hatte. In der Tabelle 5.12 sind die aus den Isothermen bestimmten Texturparameter aufgetragen. Nach der Umsetzung erreichte das Mesoporenvolumen nur noch 40 % des Ausgangszustandes. Die Sorptionsisotherme ist (Abb. 5.39; links Ÿ) dem Typ IV für mesoporöse Materialien zuzuordnen, doch verrät die von der Porenfüllung abhängige Steigung Inhomogenitäten der Textur. Die Porenverengung beträgt 10,6 Å. Die innere Oberfläche ist also extrem hoch beladen, d. h. die quarternäre Ammoniumchloridfunktion der Silylierungsreagenz TMS-TMA unterstützt im Gegensatz zu IPTMS die Kondensation. Die Reaktionsbedingungen der Umsetzung in Dichlormethan scheinen eine effektive, kontrollierbare Verankerung zu garantieren. Eine Erhöhung der Temperatur, verbunden mit dem Einsatz von Toluol als hochsiedendes Lösemittel führt zu einer Blockierung des Porenvolumens. Wie die Sorptionsisotherme (Abb. 5.39; links ¨) zeigt, verliert das Material nach der Umsetzung seinen mesoporösen Charakter, was sich auch in den kalkulierten Texturparametern niederschlägt (Tab. 5.12). Die graphische Auswertung war hier problematisch, der fit von Regressionsgraden nicht optimal, so daß der Porendurchmesser nicht ermittelt werden konnte, aber als sehr uneinheitlich angenommen wird. Eine Klärung, ob sich in den Poren Agglomerate von TMS-TMA bilden und wie groß der Einfluß der Wahl des Lösemittels auf solch Prozesse ist, könnte mit in-situ-MAS-NMR-Methoden erhalten werden. Im Rahmen der fundamentalen Untersuchungen zur Anbindung von TMS-TMA wurde im Anschluß an eine Silylierungsreaktion eine abermalige Kalzinierung durchgeführt. Die Vermutung, daß eine homogen verlaufende Funktionalisierung so zur Aufbringung einer weitestgehend homogenen Silikatschicht führt, wurde eindrucksvoll bestätigt. Porenvolumen und -durchmesser nahmen stark zu, die Textur wurde homogener, wie an der Gestalt der Isoptherme erkennbar. Der Übergang von organischer Funktionalisierung zu einer silanolgruppenreichen Silikatoberfläche führt zu einem hohen CBET-Wert. 5 Diskussion der Synthesen 159 500 400 300 200 Referenz DPDCS TMS-TMA, RT TMS-TMA, 111 °C 100 Volumen des adsorbierten N2 / cm g Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 3 -1 500 400 300 200 Referenz DPDCS TMS-TMA, RT kalziniert 100 0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/p0 p/p0 Abbildung 5.39 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ), DPDCS-derivatisiertem Silikat (ż) sowie TMS-TMAfunktionalisiertem Material. Zur Funktionalisierung wurden 5 mmol Reagenz/g Si-MCM-41 eingesetzt. Links: Vergleich der Silylierung in Dichlormethan bei Raumtemperatur (Ÿ) und in Toluol bei 111 °C (ǻ). Rechts: Silylierung in Dichlormethan bei Raumtemperatur (Ÿ) und anschließende Kalzinierung (ǻ). Tabelle 5.12 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen von Referenz und modifiziertem Material (150 µL DPDCS sowie 5 mmol Alkoxysilan/g Si-MCM-41) sowie nach Modifizierung kalziniertem Si-MCM-41. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Referenz 1106 1006 100 0,798 64 31,7 DPDCS 1092 966 97 0,774 45 29,6 TMS-TMART 650 596 54 0,314 45 21,1 TMS-TMART, kalz. 852 787 65 0,488 80 24,8 TMS-TMA111 °C 125 94 32 0,069 46 – Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 160 5 Diskussion der Synthesen 1490 F(R) ~ 3170 Abbildung 5.40 Q (CH) ~ 1860 b DRIFT-Spektren von Si-MCM-41. (a) Ausgangsmaterial, silyliert mit DPDCS. (b) Funktionalisierung mit TMS-TMA bei Raumtemperatur (5 mmol Silan/g angeboten). Die Messungen wurden unter Vakuum -3 (10 bar) durchgeführt. 3745 ~ 3340 3500 a Q (CH) 3000 2500 2000 1500 -1 Wellenzahl / cm DRIFT-Spektroskopie. Die aus der Umsetzung mit den Alkoxysilanen resultierenden Veränderungen werden zunächst im Überblick in Abbildung 5.40 vorgestellt. Die charakteristischen Banden der organischen Funktionen werden vergrößert in Abbildung 5.41 gezeigt. Auffällig ist zunächst das nahezu vollständiges Verschwinden der Bande der freien Silanolgruppen bei 3745 cm-1 sowie die verringerte Absorption im Bereich OH-Gruppen dimerer Wasserstoffbrückenbindungen bei etwa 3340 cm-1. Man findet hingegen starke Absorption von verbrückten Silanolgruppen um 3170 cm-1. Die Verschiebung der Absorption ist stärker als bei der APTES-Funktionalisierung. Bei niedrigeren Wellenzahlen folgen die Ȟ-Schwingungsbanden der CH-Bindungen (Abb. 5.41) und überlagern die Banden der Modifikation der äußeren Oberfläche. Im fingerprint-Bereich ist eine į(CH)-Bande bei 1490 cm-1 am prominentesten. In der Region um Wellenzahl 3000 befinden sich die Absorptionsbanden der Valenzschwingungen der Methylen und Methylgruppen. Sie sind je nach Funktionalisierungsmethode nur geringfügig verschoben. Nach Umsetzung bei Raumtemperatur in Dichlormethan treten Maxima bei 3024, 2966, 2899 und 2833 cm-1 auf. Es handelt sich um symmetrische und asymmetrische CH-Schwingungen. Die wenig ausgeprägte Spitze bei 2833 cm-1 ist Ȟ(RnN-CHn)-Schwingungen von N-ständigen Methyl- oder Methylengruppen zuzuschrei- 5 Diskussion der Synthesen TMS-TMA 3149 161 TMS-TMA 1492 3016 1483 2992 2897 F(R) F(R) 1421 2831 Toluol, 111 °C 1490 Toluol, 111 °C 3171 1481 3024 2966 1420 2899 2833 CH2Cl2, RT CH2Cl2, RT 3600 3400 3200 3000 2800 2600 -1 Wellenzahl / cm Abbildung 5.41 1500 1450 1400 -1 Wellenzahl / cm DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit TMS-TMA. Links: APTES-Spektrum mit Si-O-Schwingungsbanden; rechts: APTES- und MAPTMS-Spektrum (je 5 mmol Silan/g angeboten). ben.110 Im fingerprint-Bereich tritt eine ausgeprägte, scharfe Doppelbande auf (1490 und 1481 cm-1). In dieser Region absorbieren sowohl Methylengruppen unter Deformationsschwingungen als auch įas(CH3)-Schwingung.110, 116 116 J. Díaz, K. Balkus Jr., J. Mol. Catal. B: Enzymatic 1996, 2, 115. 162 5 Diskussion der Synthesen 5.6 Immobilisierung der Farbstoffe Der abschließende Schritt der Funktionalisierung des Si-MCM-41-Materials ist die Verankerung des Chromophoren auf der inneren Oberfläche. Die ausgewählten Methoden sind auch in den Graphiken in Abschnitt 5.1 angegeben. Für die Immobilisierung der Farbstoffe wurden zwei Konzepte zugrunde gelegt: (i) die kovalente Anbindung (Kap. 5.6.1) und (ii) die ionische Anbindung (5.6.2) über COULOMB-Wechselwirkung (Abb. 5.42). Abbildung 5.42 Zwei Wege zur Immobilisierung von organischen Resten auf der inneren Oberfläche des Si-MCM-41. 5 Diskussion der Synthesen Abbildung 5.43 163 N-BIPS im Superkäfig des Zeolithen HY. Schaltung zwischen offener cisoider und transoider Form. Im Rahmen dieser Arbeit wurde zur Verankerung an den aminofunktionalisierten Si-MCM-41 die Aktivierung der Carbonsäurefunktion mit Dicyclohexylcarbodiimid (DCC) sowie die Chlorierung der Sulfonsäurefunktion ausgeführt. Die Bildung einer Carbonsäurebeziehungsweise Sulfonsäureamidbindung fixiert das Molekül nach der Umsetzung.117 Ebenfalls wurden die Verankerung von Dicarbonsäuren als Carbonsäureimide und die IodoFunktionalisierung, um einen Alkohol via SN2-Reaktion anzubinden, durchgeführt. Die Vorgehensweise bei der Immobilisierung der Spiropyrane durch in-situ-Synthese im Faujasiten ist in Abbildung 5.1 dargestellt. Durch das Einführen der Edukte A und B und die anschließende Umsetzung zu Produkt C im wird die Diffusion verringert (Kap. 5.6.3).118 Abbildung 5.43 zeigt als Beispiel N-BIPS, eingelagert in den Superkäfig des Zeolithen HY. Es sei darauf hingewiesen, daß hier nur eine Auswahl der Ergebnisse zur Anbindung der Farbstoffe gezeigt werden kann, die Tendenzen verdeutlicht. Neben den in Abschnitt 5.6 gezeigten Abbildungen sind in Anhang C weitere, unkommentierte Abbildungen. In den meisten Fällen photochromen führte Farbstoffe die zu Interpretation keinen von sinnvollen UV/Vis-Transmissionsspektren Ergebnissen. Der Einfluß der der Umweltbedingungen (Licht, Wärme etc.) im Labor sowie Lösemitteleinflüsse und Konzentration waren nicht zu kontrollieren. Die Arbeitskreise, die seriöse Aussagen über die Photochromie in Lösung machen, arbeiten meist mit temperierbaren flash-PhotolyseSpektrometern. In den Kapiteln 3.1 und 6.2.1 ist diese Problematik ausführlich beschrieben. 117 118 G. Schulz-Ekloff, D. Wöhrle, B. van Duffel, R. Schoonheydt, Micropor. Mesopor. Mater. 2002, 51, 91. C. Schomburg, D. Wöhrle, G. Schulz-Ekloff, Zeolites 1996, 17, 232. 164 5 Diskussion der Synthesen O O H O O N N R H N N C N + N N CH3 CH3 4 DCC O R O H O O O R H N N O N Si H O HO H O H N N Si H O HO O N O O O H H N N + N H3C N,N'-Dicyclohexylharnstoff Abbildung 5.44 N Si H O HO O N N CH3 Der Mechanismus der Knüpfung einer Peptidbindung mit Hilfe von DCC am Beispiel von 4’-Dimethylamino-azobenzol-4-carbonsäure 5.6.1 Kovalente Anbindung der Farbstoffe an Si-MCM-41 Immobilisierung über Peptidbindung Nach Trocknung des funktionalisierten Silikates erfolgt ein Suspensieren mit dem Farbstoff mit Carbonsäurefunktion in Dichlormethan. Längeres Rühren unter Kühlung soll eine Diffusion des sperrigen Farbstoffes in das Poreninnere garantieren. Nach Zugabe von DCCLösung in 10fachem Überschuß wird weiter über Nacht gerührt und dann gründlich gewaschen. Es folgte eine SOXHLET-Behandlung, um nicht umgesetzten Farbstoff und N,N’Dicyclohexylharnstoff zu entfernen. Die Farbintensität verändert sich durch die Soxhletierung nur geringfügig. DCC wird zur Aktivierung von Carbonsäuren unter milden Bedingungen verwendet. Dies ist zum Beispiel bei der Synthese von Polypeptiden, die eine Chemie mit labilen Schutzgruppen erfordert, Voraussetzung. Die elektrophile Reaktivität des 5 Diskussion der Synthesen 165 5 Absorption a 4 F(R) b 3 Abbildung 5.45 2 UV/Vis-Spektren des Azofarbstoffes in diffuser Reflexion, angebunden in Si-MCM-41 (a) und in wäßriger Lösung mit pH 10 (b). 1 0 300 400 500 600 Wellenlänge / nm Kondensationsmittels DCC entspricht der eines Ketens.119 Die Reagenz hat einen großen Anwendungsbereich und dient unter anderem als Dehydratationsmittel zu Herstellung von Amiden, Estern und Anhydriden. Abbildung 5.44 zeigt den Mechanismus der Knüpfung einer Peptidbindung mit Hilfe von DCC. Zunächst lagert sich die Carbonsäure unter Bildung eines anhydridähnlichen Produktes an. Das Carbonylkohlenstoffatom der so aktivierten Carbonsäure trägt so eine gute Abgangsgruppe, die eine Additions-Eliminierungs-Reaktion erlaubt. In diesem Falle findet eine Verknüpfung mit der Aminfunktion des Trägermaterials statt, bei der als Nebenprodukt durch Hydratisierung der stabile N,N’-Dicyclohexylharnstoff entsteht. UV/Vis Spektrometrie. Der so angebundene Farbstoff zeigt das Maximum der Absorption bei Ȝ = 463 cm-1 (APTES) sowie 453 cm-1 (MAPTMS). In Abbildung 5.45 ist die Absorption eines auf MAPTMS-modifiziertem Material angebundenen Farbstoffes im Vergleich zum Spektrum einer wäßrigen Lösung bei pH 10 zu sehen. Das chemische Umfeld im Molekularsieb hat etwa pH 10 – 14. Die photochemische Untersuchung zeigten, daß der angebundenen Azofarbstoffes 4’-Dimethylamino-azobenzol-4-carbonsäure nicht sehr schaltstabil ist ( Kap. 6.2.4.2). Ein weiterer Aspekt war die Prüfung, ob die Verankerung an eine MAPTMS funktionalisierte Oberfläche effektiver erfolgt als an eine APTESfunktionalisierte (Kap. 5.5.1). Aufgrund der höheren Basizität des sekundären Amins könnte man dies erwarten. Vorangehende Untersuchungen zeigten, daß eine zu geringe 119 K. Vollhardt, Organische Chemie, VCH 1. Aufl. 1990, 1287. 166 5 Diskussion der Synthesen Konzentration an DCC zu unbefriedigender Umsetzung von etwa 3 % d. Th. bei kleinen Mengen (< 1 mmol/g) Farbstoff führen kann. Daher wurde zur Reaktion von 0,05 mmol Farbstoff der 10fache molare Überschuß an DCC zugegeben. Es konnte ermittelt werden, daß – unabhängig von der Funktionalisierung – von 5 µmol eingesetztem Farbstoff etwa 1,8 – 2,0 (ca. 35 – 40 % d. Th.) pro g angebunden wurden. Anscheinend war für das Gelingen der Umsetzung nicht die Basizität des Amines ausschlaggebend, sondern daß ausreichend Aktivierungsreagenz zur Verfügung gestellt wurde. Die Proben wurden mit Ausgangsmaterial verdünnt und danach im quantitativen Bereich der KUBELKA-MUNK-Funktion (Kap. 4.3) vermessen. Die Absorption von adsorbiertem Farbstoff auf aminomodifiziertem Material wurde gegen die Farbstoffkonzentration aufgetragen, um die semiquantitative Bestimmung durchzuführen. Inzwischen rate ich von dieser Methode ab, da die Verdünnung die Reflektivität ändert und die Vergleichbarkeit der Proben abnimmt. Die Auflösung der Spektren wird nach Verdünnung geringer, so daß es unter Umständen sinnvoller scheint, auch Spektren zu verwenden, die F(R)-Werten von über 3 aufweisen. Stickstoffsorptionsmessungen unterstützen die Annahme, der Gehalt an Farbstoff sei gleich. Aus den Messungen ergeben sich fast identische Texturparameter, wie Tabelle. 5.13 zeigt. Die Porendurchmesser gehen von 27,7 Å für APTES-modifiziertes, farbstoffbeladenes Material auf 25,8 Å sowie für MAPTMS-modifiziertes, farbstoffbeladenes Material von Tabelle 5.13 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen (150 µL DPDCS sowie 5 mmol Alkoxysilan/g Si-MCM-41). Es wurden je 5 µmol Azofarbstoff/g eingesetzt. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Referenz 1071 954 118 0,800 72 33,5 DPDCS 1067 944 123 0,774 65 32,8 APTES 781 690 92 0,477 41 27,7 MAPTMS 744 661 83 0,430 30 26,0 AZOAPTES 677 608 72 0,388 31 25,8 AZOMAPTMS 680 601 76 0,389 33 25,6 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 5 Diskussion der Synthesen 167 Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 500 400 Abbildung 5.46 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ), DPDCS-derivatisiertem Silikat (ż) sowie APTES- und MAPTMS-funktionalisiertem Material (5 mmol Reagenz/g Si-MCM-41). Anbindung von je ~ 2 µmol Azofarbstoff/g. 300 200 Referenz DPDCS APTES MAPTMS AZOMAPTMS AZOAPTES 100 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/p0 27,7 Å auf 25,8 Å zurück. Dies geht einher mit der Abnahme des Porenvolumens auf etwa 0,390 cm3/g. Röntgendiffraktometrie. Die Röntgendiffraktogramme der farbstoffbeladenen Materialien in Abildung 5.47 und die Strukturdaten in Tabelle 5.14 zeigen, daß die Struktur des Wirtgitters während der gesamten schrittweisen Funktionalisierung erhalten geblieben ist. Im Vergleich zum aminomodifizierten Material ist die Lage der 100-, 110 und 200-Reflexe nur gering verschoben. Wie in Abschnitt 5.5.1 erläutert, ist die Änderung der relativen Intensitäten der Tabelle 5.14 XRD-Daten zu Abbildung 5.47. Den Einstrahlwinkeln sind die relativen Intensitäten zum 100-Reflex zugeordnet. hkl 2T [°] 100 2,31 – 2,30 – 2,31 – 2,32 – 110 200 210 3,97 4,59 6,09 14,0 % 9,4 % 3,3 % 3,97 4,57 6,07 17,0 % 11,5 % 4,8 % 4,00 4,64 – 4,8 % 4,1 % – 4,00 4,62 – 4,3 % 4,4 % – rel. Int. Referenz a 2T: Einstrahlwinkel. 2T [°] rel. Int. DPDCS 2T [°] rel. Int. APTES a 2T [°] rel. Int. AZOAPTES 168 5 Diskussion der Synthesen 25000 20000 Intensität / cts 15000 10000 Abbildung 5.47 Referenz DPDCS 5000 APTES 0 AZOAPTES 2 3 4 5 6 Röntgendiffraktogramme von MAPTMS-funktionalisiertem Si-MCM-41 (5 mmol/g) vor und nach Farbstoffbeladung mit Peptidbindung (5 µmol/g). 7 Einstrahlwinkel 2T / ° 110- und 200-Reflexe ein Anzeichen für eine konkurrierende Ordnung im Silikatgerüst. Beim aminomodifizierten Si-MCM-41 beträgt das Verhältnis 1 : 0,85; nach der Farbstoffanbindung kehrt es sich vollständig um und beträgt< 0 (1 : 1,02). Dies ist allerdings nicht der Regelfall. Nach dem letzten Modifizierungsschritt können ebenfalls die Verhältnisse bestehen bleiben oder die Intensitäten abnehmen. Bisher konnten von meiner Seite noch keine klaren Tendenzen gefunden werden. Es ist aber anzunehmen, daß z. B. aufwendige SOXHLETReinigung die Textur und damit auch die Probenqualität beeinflußt. Es muß aber betont werden, daß alle Röntgendiffraktogrammen veranschaulichen, daß auch die modifizierten Proben zeigen, daß dasWirtgitter keine Strukturschädigung erlitten hat. DRIFT-Spektren. Durch die Verankerung der vergleichsweise geringen Mengen an Farbstoff ist keine große Veränderung im IR-Spektrum zu erwarten. Die Absorptionsbanden der jeweiligen Funktionalisierung, die im Idealfall als SAM ausgebildet ist, dominieren. In Abbildung 5.48 sind nur kleinere Veränderungen auszumachen: Die CH-Valenz- schwingungsbande bei 2940 cm-1 gewinnt an Schärfe und die Banden unsymmetrischer und symmetrischer NH-Valenzschwingung (3370 und 3308 cm-1) sind nicht mehr so ausgeprägt (Kap. 5.5.1). Die Protonen der Aminogruppen werden bei der Verankerung des Farbstoffes eliminiert. 5 Diskussion der Synthesen 169 2864 F(R) 2940 2872 AZOAPTES 3370 2978 Abbildung 5.48 3308 DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit APTES (5 mmol/g) und nach kovalenter Verankerung des Azofarbstoffes. (5 µmol/g). APTES 3750 3500 3250 3000 2750 2500 -1 Wellenzahl / cm Immobilisierung über Sulfonamidkopplung Die Sulfonamidkopplung eines Farbstoffes an das aminofunktionalisierte Silikat erfolgte unter ähnlichen Bedingungen wie im vorheriegen Abschnitt beschrieben. Zunächst wurde die Sulfonylfunktion des Farbstoffes mit Thionylchlorid aktiviert (Kap. 5.2.6). Das enstandende Sulfonylchlorid wurde zusammen mit dem Aktivator Pyridin und dem funktionalisierten Wirtmaterial suspensiert. Das weitere, standardmäßige Vorgehen entspricht dem zur Peptidbindung.59 SO2Cl O O O O N Si N OH O H N N S N M N SO2Cl N N N ClO2S Abbildung 5.49 Metall-PTS, auf der inneren Oberfläche des Si-MCM-41 verankert. 170 5 Diskussion der Synthesen CH3 N H3C SO3 O O O H Si N OH O H Cl O S O N CH3 N CH3 CH3 N H3C SO3 O O O O Si N OH O H + O S Cl H N CH3 N CH3 Abbildung 5.50 Der Mechanismus der Knüpfung einer Sulfonsäureamidbindung mit Pyridin am Beispiel von Sulforhodamin B Säurechlorid. Der Reaktionsmechanismus (Abbildung 5.50) ähnelt der Umsetzung mit Thionylchlorid. Es handelt sich um eine nukleophile Substitutionsreaktion, bei der das primäre Amin am elektropositiven Sulfonylatom angreift, wobei Cl– als Abgangsgruppe fungiert. Die Gegenwart eines Amines als BRØNSTED-Base beschleunigt die Reaktion. Das Pyridin wird zum Pyridiniumhydrochlorid umgewandelt. Mittels Sulfonamidbindung wurden in dieser Arbeit zwei Farbstoffe, Zn-PTS und Sulforhodamin B Säurechlorid, kovalent angebunden. Durch Vergleich mit farbstoffimprägnierten, aminofunktionalisierten Materialien (siehe vorangehender Abschnitt) konnte eine Anbindungsgrad von 66 % für die Kopplung des Sulforhodamins ermittelt werden. Dies ist in guter Übereinstimung mit den Anbindungsraten für Zn-PTS unterschiedlicher Konzentration auf Si-MCM-41 von 60 –70 % die O. BARTELS mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) ermittelt hat.120 Zn-PTS und Sulforhodaminsäurechlorid wurden als Vergleichssysteme zur ionischen Kopplung (Kap. 5.6.2), als Bestandteil einer NLO-Oberflächenbeschichtung (Koop. F. BAUER) und zur Beladung mesoporöser Dünnfilme (Kap. 7.3) eingesetzt. Weitere spektrometrische Angaben sind dort zu finden. 120 O. Bartels, Dissertation, Bremen 2004. 5 Diskussion der Synthesen 171 CH3 H3C OH OH OH H3C O + H3C O CH3 N N Si O O O CH3 CH3 H3C N OH O + CH2Cl2 O N O Si - Methanol O CH3 O Abbildung 5.51 Direkte Silylierungsreaktion mit dem Farbstoffe 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin. Immobilisierung mittels eines Alkoxysilanankers Um allein das Wechselwirkungspotential der Silanolgruppen des Si-MCM-41 auf den Spirooxazinchromophoren wirken zu lassen, wurde dieser mit einer Alkoxysilanankergruppe versehen (Kap. 5.2.1). Es wurden zwischen 100 und 5 µmol 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin (9’-TMS-propoxy-SO)/g Si-MCM-41 angeboten und analog einer Funktionalisierungsreaktion in Dichlormethan umgesetzt (Abb. 5.51; Kap. 5.5.2). Abbildung 5.52 zeigt das DRIFT-Spektrum eines so modifizierten Si-MCM-41. Da nur wenig Farbstoff angebunden wird und sich keine SAM ausbildet, wie es für eine 3745 F(R) 2970 2940 2855 3000 2900 2800 Abbildung 5.52 3487 4000 3500 DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit 9’-TMS-propoxy-SO (100 µmol/g). 3000 -1 Wellenzahl / cm 2500 172 5 Diskussion der Synthesen Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 500 400 Abbildung 5.53 300 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ) sowie 9’-TMSpropoxy-SO-modifiziertem Material. Referenz SO (100 µmol/g) SO (5 µmol/g) 200 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/p0 Silylierungsreaktion mit kleineren Reaktanden angenommen wird, werden die reaktiven freien und dimer verbrückten Silanolgruppen nur teilweise umgesetzt. Beweis für die Anbindung sind die schwachen Signale der CH-Valenzschwingungen bei kurz unter 3000 cm-1. Erstaunlicherweise läßt sich die Anbindung der geringen Mengen organischen Materials gut mit Stickstoffsorptionsmessungen verfolgen, wie in Abbildung 5.53 gezeigt wird. Aufgeführt sind die beiden Extreme einer Versuchsreihe mit 100 und 5 µmol angebotenem Farbstoff/g. Die Texturparameter der beiden Materialien in Tabelle 5.15 dokumentieren die Tabelle 5.15 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen. Das Angebot an Farbstoff ist in der Beschreibung des Materials angegeben. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plotAuftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Referenz 1071 954 118 0,800 72 33,6 SO 5 µmol/g 1051 927 125 0,785 74 33,8 SO 100µmol/g 1021 905 117 0,752 75 33,2 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 5 Diskussion der Synthesen 173 Verringerung des Porenvolumens je nach Angebot an Farbstoff. Werden 100 µmol/g angeboten. so sinkt das Mesoporenvolumen um fast 0,05 cm3/g. Die abnormale Steigerung des Porendurchmessers, die für die geringer beladene Probe errechnet wurde, liegt noch innerhalb des Fehlerbereiches der Methode. Die Berechnung des Porendurchmessers ist allemal der kritische Punkt der Parameterbestimmung. Leider war es nicht möglich, im Rahmen dieser Dissertationsarbeit ein Verfahren zu entwickeln, mit dem quantitativ die Beladung der Molekularsiebe mit photochromen Farbstoffen bestimmt werden konnte. Für Aufschlußverfahren sind die Farbstoffe zu instabil, und da die Farbstoffe sehr sensibel auf Veränderung des chemischen Umfeldes und Belichtung reagieren, ist ein Vergleich mit physisorbiertem Farbstoff stark erschwert. Eine Verdünnungsreihen mit 9’-TMS-propoxy-SO führte zu nicht verwertbaren Ergebnissen. Daher ließ sich die Beladung schwer abschätzen. Sie liegt aber sicher eine Dimension unter dem jeweiligen Angebot an 9’-TMS-propoxy-SO. Zur Ansicht eines Reflexions-UV/VisSpektrums nach langer Lagerung bei Raumtemperatur in Dunkelheit sei auf Abbildung 6.28 verwiesen (die kräftige Linie ist das Ausgangsspektrum). Immobilisierung durch kovalente Anbindung an eine Iodopropylfunktion. Der Farbstoff 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin (9’-Hydroxy-SO) wurde in einer SN2-Reaktion in Acetonitril an den iodofunktionalisierten Si-MCM-41 angebunden (Abb. 5.54). Das Produkt der Reaktion ist jedoch nicht identisch mit CH3 H3C N O O N Si O O I CH3 H OH O a b K N CH3 H3C OH O + Acetonitril O K2CO3 o. Pyridin Abbildung 5.54 N Si O N O O CH3 Kovalente Verankerung von 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin auf der inneren Oberfläche des iodofunktionalisierten Si-MCM-41. Aktivierung mit (a) K2CO3 oder (b) Pyridin. 174 5 Diskussion der Synthesen Volumen des adsorbierten N2 / cm g 3 -1 500 400 Abbildung 5.55 Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Auftragung von Ausgangsmaterial (Ɣ) und iodofunktionalisiertem Material (5 mmol/g) sowie Anbindung von 9’-Hydroxy-SO mit Kaliumcarbonat oder Pyridin als Aktivator. 300 Referenz IPTMS SO (K2CO3) SO (Pyridin) 200 100 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 p/p0 dem im vorherigen Abschnitt beschriebenen, denn das chemische Umfeld wird bestimmt von der Iodofunktionalisierung. Wie man in Abschnitt 6.2.3.2 des Kapitels zu den photochemischen Untersuchungen sehen wird, wird so das Schaltverhalten des Spirooxazins erheblich beeinflußt. Im oben genannten Abschnitt sind auch Reflexions-UV/Vis-Spektren der Verbindungen zu finden. Von Bedeutung für den Umsatz war hier der gewählte Aktivator. Zwar verläuft die Anbindung des Farbstoffes mit Pyridin unter Bildung des Pyridiniumions sehr viel effektiver, doch wurde anscheinend auch die weitere Hydroxygruppe des transoiden, offenen Merocyanins angegriffen, wodurch es zu unerwünschten Nebenreaktionen kommen konnte (siehe hierzu Abschnitt 6.2.3.3). Tabelle 5.16 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen (5 mmol Alkoxysilan/g Si-MCM-41). Es wurden je 100 µmol Farbstoff/g angeboten. Die Gesamtoberflächen SBET wurden mit der BET-Gleichung, die anderen Texturparameter mittels t-plot-Auftragung (HARKIN-JURA) bestimmt. SBET [m2/g] Sme [m2/g] 1106 1006 IPTMS 943 SO (K2CO3) SO (Pyridin) Referenz Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] 100 0,798 64 31,7 863 79 0,543 35 26,0 898 818 81 0,522 33 25,5 750 674 77 0,411 31 24,4 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 175 Intensität / a.u. 5 Diskussion der Synthesen Referenz Abbildung 5.56 Röntgendiffraktogramme von Si-MCM-41, beladen (5 mmol/g) vor und nach Farbstoffbeladung mit Spirooxazin . (100 µmol/g angeboten) SO (K2CO3) SO (Pyridin) 2 3 4 5 6 7 Einstrahlwinkel 2T / ° Die Stickstoffsorptionsisothermen in Abbildung 5.55 zeigen deutlich den Einfluß des Aktivators Pyridin. Nach der Farbstoffbeladung liegt das Niveau des zweiten Plateaus der Sorptionsisotherme bei erstaunlich niedrigem Volumen. Die Gestalt der Typ-4-Isotherme läßt jedoch darauf schließen, daß die stattgefundenen Änderungen die Homogenität keinesfalls negativ beeinflussen. Es ist nicht von einer weiteren Porengrößenverteilung auszugehen, da die der Mesoporenfüllung zugeschriebene Steigung der Kurve im Vergleich zum iodofunktionalisierten Si-MCM-41 gleich bleibt. Alle Texturparameter der modifizierten Materialien (Tab. 5.16) erhielten im Laufe der schrittweisen Funktionalisierung geringere Werte, wobei die Abnahme des Mesoporenvolumens um > 0,100 cm3/g auf gleichmäßige Belegung deutet. Tabelle 5.17 XRD-Daten zu Abbildung 5.33. Den Einstrahlwinkeln sind die relativen Intensitäten zum 100-Reflex zugeordnet. hkl 2T [°] 100 110 200 210 2,31 3,97 4,59 6,09 rel. Int. – 14,0 % 9,4 % 3,3 % Referenz 2T: Einstrahlwinkel. 2T [°] 2,31 3,97 4,61 – rel. Int. 2T [°] rel. Int. – 7,4 % 5,7 % – 2,33 4,03 4,53 – – 5,0 % 4,6 % – SO (K2CO3) SO (Pyridin) 176 5 Diskussion der Synthesen Röntgendiffraktogramme und XRD-Daten (Abb. 5.56; Tab. 5.17) zeigen die signifikante Verschiebung der Einstrahlwinkel für den 100-, 110- und 200-Reflex des unter Pyridineinfluß beladenen Si-MCM-41. Das Verhältnis von 110- zu 200-Reflex beträgt statt etwa 1 : 0,77 bei iodofunktionalisiertem oder in Gesellschaft von K2CO3 beladenem Silikat nun 1 : 0,85. Der Farbstoff scheint hochgeordnet in die Poren eingebaut zu sein. Es ist durchaus möglich, daß das Tautomere der chinoiden Merocyaninform zwei Kopplungsstellen ausbilden kann. Die Photoschaltexperimente lassen diesen Schluß zu (Kap. 6.2.3.2) Der Beladungsgrad der Materialien ist schwer abzuschätzen. Einerseits ist die Belegung mit der 3-Iodopropylfunktion nicht vollständig, andererseits scheint die mit Pyridin aktivierte Anbindung, effektiv abzulaufen. In diesem Fall gehe ich von höchstens 50%iger Umsetzung aus; wird das Kaliumsalz eingesetzt, von allenfalls 20%igem Umsatz. Immobilisierung von Anhydriden Zur kovalenten Anbindung des Diarylethenfarbstoffes 2,3-Bis(2,3,5-trimethyl-3-thienyl)maleinsäureanhydrid wurde ein Konzept zur Verankerung von Į,ȕ-ungesätigten Carbonsäureanhydriden entwickelt. Zugrunde lag die Annahme, daß in Gegenwart einer Aminogruppe eine Ringöffnungen des Anhydrides erfolgt und sich der Fünfring des stabileren Carbonsäureimides ausbildet (Abb. 5.57). Bevor die eigentliche Anbindung des Farbstoffes vorgenommen wurde, wurden Vorversuche mit Maleinsäureanhydrid und Phthalsäureanhydrid vorgenommen. Die Umsetzungen erfolgten in siedendem Ethanol. O O O O H Si N OH O H O O O Si HN OH O O HO O O O R O + Ethanol - H2O O N Si N O OH O PA O O N O H3C CH3 MA H3C H3C Abbildung 5.57 DE R S CH3 S CH3 Kovalente Verankerung von Maleinsäureanhydrid, Phthalsäureanhydrid und 2,3-Bis(2,3,5-trimethy-3-thienyl)maleinsäureanhydrid auf der inneren Oberfläche des aminofunktionalisierten Si-MCM-41. 177 30 25 25 20 20 -1 30 a / mmol g a / mmol g -1 5 Diskussion der Synthesen 15 15 10 10 5 5 0 0,0 0,2 0,4 0,6 0 0,8 0 5 p/po Abbildung 5.58 10 15 20 25 -2 aref / Pmol m Stickstoffadsorptionsisothermen von Si-MCM-41. Links: Auftragung von Ausgangsmaterial (ż, +6) und aminofunktionalisiertem Material (Ƒ, +4, 5 mmol/g) sowie Anbindung von Maleinsäureanhydrid (ǻ, +2) und Phthalsäureanhydrid () (5 mmol/g). Rechts: comparison-plot gegen DAVISIL. Stickstoffsorptionsmessung. Abbildung 5.58 macht ersichtlich, mit welcher hohen Effektivität die Porendurchmesser Anbindungen der schrumpfte nach Carbonsäureanhydride der von Phthalsäureimidbildung statten um ging. Der > 10 Å. Die Modifizierung ging einher mit einer im Vergleich zu Ausgangs- und aminomodifizierten Material breiteren Porengrößenverteilung. Tabelle 5.18 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen (5 mmol Alkoxysilan und Anhydrid/g angeboten). Es wurden Maleinsäureanhydrid MA und Phthalsäureanhydrid PA umgesetzt. Die Texturparameter wurden mittels comparison-plot gegen DAVISIL™ bestimmt. Stot [m2/g] Sme [m2/g] Sext [m2/g] Vme [cm3/g] CBET Dme [Å] Referenz 1106 1006 100 0,798 64 31,7 APTES 819 708 111 0,451 58 26,8 MA 770 676 94 0,357 55 22,2 PA 716 624 92 0,310 40 20,9 Dme: Mesoporendurchmesser; CBET: BET-Parameter. 178 5 Diskussion der Synthesen 3429 2940 2899 3069 F(R) PA 3302 2984 2940 2899 Abbildung 5.59 2940 2874 MA DRIFT-Spektren von Si-MCM-41, silyliert mit APTES (5 mmol/g) und nach kovalenter Verankerung von Maleinsäureanhydrid MA und Phthalsäureanhydrid PA. (5 µmol/g angeboten). 3310 3370 APTES 4000 3500 3000 2500 -1 Wellenzahl / cm Die Gesamtoberfläche nimmt nicht so stark ab, wie des Porenvolumen vermindert wird (Tab. 5.18). Dies läßt auf eine Erhöhung der Oberflächenrauhigkeit schließen. Dieser Effekt wurde auch schon bei der Funktionalisierung mit DPDCS dokumentiert (Kap. 5.4). DRIFT-Spektroskopie. Auch mit IR-Spektroskopie kann gezeigt werden, daß größere Mengen an Anhydrid immobilisiert wurden (Abb. 5.59). Die Absorptionen symmetrischer und asymmetrischer NH-Valenzschwingungen (3370 und 3310 cm-1) verschwinden, denn die Aminfunktionen wurden weitestgehend zum Imid umgesetzt. Im Ausschnitt der Abbildung 5.59 sind die charakteristischen, intensitätsstarken Imiddoppelbanden für Fünfringe bei 1776 und 1713 cm-1 (Verschiebung wegen Konjugation mit Mehrfachbindung) nicht gezeigt. Im Bereich der CH-Valenzschwingungen sind weitere Spitzen zu erkennen. Bei 3069 cm-1 findet man im Spektrum des Phthalsäureimids eine schwache Bande, die wahrscheinlich von der Kombinationsschwingung Ȟ(CH) + į(NH) von nicht vollständig umgesetztem Anhydrid herrührt. Ebenfalls möglich wäre, daß die Bande durch Ȟ(CH)Schwingung des Aromaten erzeugt wird. Meiner Erfahrung nach findet man diese Absorptionen im Festkörperspektrum von Silikaten allerdings unter 3000 cm-1 (Kap. 5.4). Bei der eigentlichen Anbindung des Diarylethens konnten wegen den geringen eingesetzten Mengen diese Effekte nur eingeschränkt beobachtet werden. 5 Diskussion der Synthesen 179 5.6.2 Ionische Immobilisierung der Farbstoffe im Si-MCM-41 Um die Immobilisierung ionischer Farbstoffe in porösen Materialien zu erreichen, kann man als Alternative Wechselwirkung zur kovalenten erreichen. Anbindung Hat der eine Verankerung ausgewählte Farbstoff durch bereits COULOMBein solches Wechselwirkungspotential, entfällt die oft aufwendige Aktivierung zur Anbindung. Das bedeutet, daß (i) ein Arbeitsschritt gespart werden kann und (ii) unter sehr milden Reaktionsbedingungen gearbeitet werden kann. Mit der Methode der ionischen Immobilisierung konnte (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat im Wirtmaterial verankert werden und in einer in-situ-Synthese mit Salicylaldehyd zum 1’-PropionsulfonatN-BIPS umgesetzt werden. Die Aktivierung von N-BIPS zur kovalenten Anbindung führte hingegen zur Zersetzung des Spiropyrans. Abbildung 5.60 zeigt einen bunten Strauß an Molekülen, die auf den mit N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid (TMS-TMA) funktionalisierten Porenwänden fixiert wurden. R N O O Si N H3C O CH3 N N R N CH3 Zn N R N N N Cl R= SO3 ZnPTS CO2 ZnPTC Cl Cl Cl CO2 R SO3 I H3C I CH3 O SO3 O I N H3C N O N H3C CH3 CH3 O NO2 O I Bengalrosa SO3 1'-Propionsulfonat-N-BIPS Sulforhodamin B Natriumsalz Abbildung 5.60 Ionische Immobilisierung auf der inneren Oberfläche des TMS-TMAfunktionalisierten Si-MCM-41 (auch multipodale Anbindung möglich). 180 5 Diskussion der Synthesen 4 F(R) Bengalrosa 3 2 1 Sulforhodamin B Na ZnPTC Abbildung 5.61 UV/Vis-Spektren von ionisch immobilisierten Farbstoffen in diffuser Reflexion. 5 µmol/g Farbstoff angebunden. 0 300 400 500 600 700 800 Wellenlänge / nm Bei der ionischen Verankerung der Farbstoffe wurde folgendermaßen vorgegangen: zunächst wurde Si-MCM-41 mit TMS-TMA funktionalisiert (Kap. 5.5.3). Das mesoporöse Material wurde in einem für den Farbstoff geeigneten Lösemittel suspensiert. Dies war in der Regel Ethanol. Die Ausnahme bildete die Immobilisierung von Phthalocyaninen, welche in DMSO gelöst wurden. Danach wurde über Nacht zum Rückfluß erhitzt und das Lösemittel abgesaugt. In Einzelversuchen wurden das Natriumsalz von Sulforhodamin B, der Zn-Phthalocyanincarbonsäure (Zn-PTC), Zn-PTS und Bengalrosa angebunden. Diese anionischen Farbstoffe wurden jeweils in µmol-Konzentration pro g Ausgangsmaterial angeboten. Die Farbstoffe wurden vollständig im Molekularsieb fixiert und ließen sich nicht durch Waschen entfernen. Der Blindversuch mit unbehandeltem Si-MCM-41 zeigte, daß die Immobilisierung allein der COULOMB-Wechselwirkung des TMS-TMA zuzuschreiben war. Dieser Befund konnte ebenfalls dadurch bestätigt werden, daß Methylenblau (kationisch) und Methylviolett (neutral) beinahe quantitative aus dem Molekularsieb gewaschen werden konnten und durch SOXHLETbehandlung komplett entfernt wurden. Die anorganischen Farbstoffe widerstehen einer Heißextraktion. Im Reihenversuch konnte ermittelt werden, daß sich bis zu 10-4 mol Bengalrosa/g Si-MCM-41 extraktionsstabil verankern lassen. Abbildung 5.61 zeigt einige Spektren immobilisierter Farbstoffe. Die Spitze des Bengalrosa bei Ȝ = 553 nm ist fast so prominent wie im Lösungsmittelspektrum; das Zn-PTC und das Sulforhodamin B Dimerenschulter. zeigen, wie bei kovalenter Anbindung eine stark ausgeprägte 5 Diskussion der Synthesen 181 F(R) 1.0 µmol 0.5 µmol 20 µmol 300 400 500 600 700 10 µmol 5 µmol 300 400 500 600 700 800 Wellenlänge / nm Abbildung 5.62 Ionische Immobilisierung von Zn-PTS auf der inneren Oberfläche des TMS-TMA-funktionalisierten Si-MCM-41. Zn-PTS, ein Farbstoff der zur Aggregation neigt, erzeugte ionisch immobilisiert auch bei sehr hohen Beladungen eine scharfe Monomerenbande (Abb. 5.62). Zwischen Angebot an Farbstoff und Einbau besteht ein linearer Zusammenhang. Abbildung 5.63 veranschaulicht den beinahe monomeren Einbau des Zn-PTS durch den Vergleich mit dem Lösemittelspektrum eines monomerisierten Farbstoffes im H2O/CTAB. Dies ist eine entschiedene Verbesserung zur breiteren Bande des kovalent angebundenen Zn-PTS mit starker Dimerenschulter. F(R) 1,5 Absorption 2,0 666 3 2 1,0 a 1 b 0,5 c 0,0 0 500 600 700 Wellenlänge / nm 800 Abbildung 5.63 UV/Vis-Spektren von ionisch immobilisierten (a) und kovalent (b) in Si-MCM-41 angebundenen Zn-PTS. (c) Transmissionsspektrum von monomerisiertem Zn-PTS in H2O/CTAB. 182 5 Diskussion der Synthesen 0,5 0,4 F(R) 0,3 548 519 0,2 Abbildung 5.64 0,1 UV/Vis-Spektren von ionisch immobilisierten 1’-(3-Sulfonylpropyl-N-BIPS (50 µmol/g Farbstoff angeboten). 638 0,0 400 500 600 700 Wellenlänge / nm Einen grundlegend anderen Einfluß hat die ionische Immobilisierung auf das trans-transoide Photomerocyanin-Isomer MC des 1’-Propionsulfat-N-BIPS (Kap. 6.2.3.1; 1’-(3-Sulfonylpropyl-N-BIPS). Anstelle einer Monomerenbande bewirken das chemische Umfeld und die räumliche Einschränkung eine Aufspaltung in eine Doppelbande (Ȝ = 519, 548 nm), die auch bei Einlagerung im DAY-Zeolithen present ist, und eine schwächeren Bande bei Ȝ = 638 nm. Die prominente Doppelbande in Abb. 5.64 wird von einigen Autoren dem Vorhandensein weiterer Konformeren der MC-Form zugeschrieben. Diese co-intercalates seien stabilisiert durch das besondere chemische Umfeld in Wirtgittern, sterische Restriktion oder durch Komplexierung von Metallionen etc.121, 122, 123 Die längerwellige Absorption hingegen wird oft in Beziehung zur Ausbildung sogenannter J-Aggregate gebracht.124, 125 Die Merocyanine, also auch die offenen, transoiden Formen des Spiropyrans, zählen zu den Farbstoffen, die Selbstordungsprozesse vom einfachen Dimeren bis hin zum Mikrokristall eingehen können.126 Die J-Aggregation kann mitunter durch Belichtung angeregt werden.127 121 122 123 124 125 126 127 M. Ueda, K. Kudo, K. Ichimura, J. Mater. Chem. 1995, 5, 1007. T. Kuwahara, H. Tagaya, K. Chiba, Micropor. Mater. 1995, 4, 247. J. Wojtyk, P. Kazmaier, E. Buncel, Chem. Commun. 1998, 1703. Benannt nach E. Jelly; E. Jelly, Nature 1936, 138, 1009. K. Kajikawa, T. Anzai, H. Takezoe, A. Fukuda, Thin Solid Films 1994, 243, 587. F. Nüesch, J. Moser, V. Shklover, M. Grätzel, J. Am. Chem. Soc. 1996, 118, 5420. Y. Kimura, Y. Takebayashi, N. Hirota, J. Phys. Chem. 1996. 100. 11009. 5 Diskussion der Synthesen 183 5.6.3 In situ-Synthese von Spiropyranen im Zeolithen Y Bei der in situ-Synthese verschiedener Spiropyrane im Faujasiten wurde eine Methode von C. SCHOMBURG angewendet.128 Das allgemeine Prinzip ist in Kapitel 5.1.2 beschrieben. Ein entscheidender Parameter bezüglich des photochromen Verhaltens der Spirochrome ist der pH-Wert ihres chemischen Umfeldes (Kap. 6.2.1, 6.2.2). Durch den Dealuminierungsgrad der Zeolithe kann der pH-Wert gesteuert werden. Es wurde ein Synthesefeld zwischen einem selbst hergestellten Zeolithen HY (Modul 2,9) (Kap. 5.2.3) und drei dealuminierten Zeolithen der Firma DEGUSSA™ (Modul 27, 63 und 129) auf der einen und drei Spiropyranen auf der anderen Seite aufgespannt. Die Auswahl der Spiropyrane orientierte sich (i) an den erwarteten photochemischen Eigenschaften (siehe Tab. 3.1) und (ii) an den Moleküldimensionen. Die Edukte müssen die Porenöffnungen von 7,4 Å passieren können und das Produkt sollte nicht zu sperrig für den Superkäfig des Faujasiten sein. In Abbildung 5.65 sind die drei Spiropyrane 6-Nitro-BIPS, 8-Methoxy-6-Nitro-BIPS und 6,8-Dinitro-BIPS dargestellt. Die vier verwendeten Eduktmoleküle haben eine Dimensionierung, die es ihnen erlaubt, in das Porensystem einzudringen: (i) 2-Methylen-1,3,3-trimethylindolin, 7,4 Å, (ii) 2-Hydroxy- 5-nitrobenzaldehyd, 6,8 Å, (iii) 2-Hydroxy-3-methoxy-5-nitrobenzaldehyd, 7,3 Å, und (iv) 3,5-Dinitrosalicylaldehyd, 7,2 Å.82 Zur Darstellung der Farbstoffe im Zeolithen, wurden 0,8 mmol/g Indolinkomponente in ethanolischer Lösung physisorbiert. Die Spirokopplung 8-Methoxy-6-nitro-BIPS 6-Nitro-BIPS CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 N CH3 N O N O CH3 O CH3 CH3 6 8 6,8-Dinitro-BIPS 6 NO2 O 8 NO2 O2N 8 CH3 Abbildung 5.65 128 Auswahl an Spiropyranen zur in-situ-Synthese im Zeolithen Y. C. Schomburg, Dissertation, Bremen 2000. 6 NO2 184 5 Diskussion der Synthesen erfolgte in siedendem Ethanol mit einem achtfachen molaren Überschuß an Salicylaldehyd. In der Vorschrift aus Lit.128 wird der Einsatz von dieser enormen Menge angeraten. Man kann davon ausgehen, daß in den von mir hergestellten Materialien nach der Soxhletierung kein Edukt mehr vorhanden war, da durch Belichtung veränderliche Absorption keinem Edukt zugeordnet werden kann. Die Photoschaltung kann als Reinheitsbeweis aufgefaßt werden. Vergleiche zu adsorbierten Farbstoff auf Zeolith Y gaben keine Hinweise auf die Höhe der Beladung. Anscheinend ist die Reflektivität nicht allein abhängig von der eingebrachten Farbstoffmenge. Als Beispiel sei hier die Absorption nach in situ-Synthese von 8-Methoxy6-Nitro-BIPS genannt. Die ermittelten F(R)-Wert von zwei farbigen DAY-Zeolithen konnten hier, bei ähnlicher Bandenlage, einen bis zu 30fachen Unterschied aufweisen (Kap. 6.2.2.2) Stickstoffsorptionsmessungen ergaben, daß der Zeolith eine nicht so hohe Homogenität aufwies, wie von einem mit SiCl4 dealuminierten Material erwartet wird. Deutlich sind in Abbildung 5.66 die Hystereseschleifen nach der Desorption zu erkennen, die auf Meso/Makroporenvolumen hinweisen. Diese Poren wurden aber nicht bevorzugt beladen. Folgende Gesamtoberflächen SBET wurden ermittelt: DAY 27, 637 m2/g, DAY 63, 621 m2/g und DAY 129, 656 m2/g. Es ist daher davon auszugehen, daß die zunehmende Dealuminierung das Material geschädigt hatte. Nach in situ-Synthese nahm die Oberfläche jeweils um ~ 150 m2/g ab. DAY 27 DAY 63 DAY 129 N-BIPS in 10 DAY 27 DAY 63 DAY 129 12 a / mmol g a / mmol g -1 -1 11 8 10 9 6 8 0,0 0,2 0,4 0,6 p/po Abbildung 5.66 0,8 1,0 0,0 0,2 0,4 0,6 p/po Sorptionsisothermen von DEGUSSA™-Zeolithen DAY. 0,8 1,0 6 Photochemische Untersuchungen 185 6 Photochemische Untersuchungen 6.1 Versuchsaufbau zur Untersuchung photochromen Verhaltens Ein typisches Experiment bei der Untersuchung photochromer Farbstoffe ist das Einstrahlen mit Licht hoher Intensität auf eine actinische Bande und die Spektrometrie der chemischen Veränderung. Die hier beschriebenen Ergebnisse wurden durch Anregung mit Laserlicht erzielt. Die Funktionsweise des Lasers ist ausführlich in Kapitel 4.7 beschrieben. Der Aufbau der Versuchsanordnung ist in den Abbildungen 6.1 und 6.2 dokumentiert. Da farbstoffbeladene Pulverproben untersucht wurden, wurde zur Charakterisierung der Abbildung 6.1 Laserbelichtungs-/Meßapparatur. (Skizze Abb. 6.2) 186 6 Photochemische Untersuchungen Abbildung 6.2 Skizze des Photochemie-Versuchsaufbaus. In der Probenkammer PK wird der Probenhalter S zwischen Belichtungs- und Meßstandort transportiert. Die Lasereinheit besteht aus dem excimer-Laser EXC mit Pumpenstand P und Edelgasreservoirs, dem Farbstofflaser FL mit den Umwälzpumpen der Laserküvetten sowie dem Umlenkprisma UP. Die Meßund Regeltechnik umfaßt den Meßrechner MR, das Reflexionsspektrometer SP, den Zentralverschluß ZV mit Regler R und Energiemeßköpfe EM mit Oszilloskop OSZ. laserinduzierten Veränderungen ein UV/Vis-Reflexionsspektrometer SP (VARIAN™ CARY 4) verwendet. Durch die praying mantis Anordnung der Reflexionskammer ist eine Bestrahlung des im offenen Probenhalter S befindlichen Pulvers am Meßstandort ausgeschlossen. Um einen zügigen und präzisen Transport vom Bestrahlungsstandort zum Meßstandort zu gewährleisten, wurde ein autosampler eingesetzt, der die Probe unter einen Zentralverschluß ZV schiebt, welcher auf der Probenkammer PK montiert ist. Ein Meßrechner MR steuert den autosampler, das Spektrometer sowie den über einen Regler R kontrollierten Zentralverschluß. Einfache Meßprogramme ermöglichten die automatisierte Durchführung von Belichtungssequenzen und Reihenmessungen, ohne daß die Probe äußeren Einflüssen ausgesetzt war. Die Bestrahlung erfolgte mittels eines durchstimmbaren Farbstofflasers FL. Der Strahl wurde über ein Umlenkprisma UP orthogonal auf die Probenoberfläche gelenkt. Der Farbstofflaser wurde durch einen excimer-Laser EXC (Ȝ = 308 nm) gepumpt. Die Pulsenergien der Laser wurden mit pyroelektrischen Energiemeßköpfen EM unterschiedlicher Empfindlichkeit am Oszilloskop OSZ bestimmt. Zum Betrieb des Excimerlasers sind ein Pumpenstand P zur Evakuierung der Resonanzkammer sowie eine Versorgung mit den Füll und Spülgasen notwendig. Der Farbstofflaser wurde mit zwei Verstärkerküvetten mit Kreiselpumpen betrieben. Durch die Verwendung der kommerziell erhältlichen Laserfarbstoffe Coumarin 307 und 6 Photochemische Untersuchungen 187 RDC 360-NEU (RADIANT DYES LASER ACCESSOIRS™) ist ein Durchstimmen der Wellenlänge im UV-Bereich von ca. Ȝ = 340 – 370 nm (RDC 360-NEU) und im Sichtbaren von Ȝ = 470 – 550 nm (C 307) möglich.1 Strahlungsfluß. Ein excimer-lasergepumpter Farbstofflaser gibt die Strahlung nicht kontinuierlich, sondern in hochenergetischen Pulsen ab. Die Pulsdauer t des verwendeten Systems ist t 100 ns. Die Durchschnittsleistung bei niedrigen Repetitionsraten ist mit der von herkömmlichen Dampflampen vergleichbar, jedoch sind die erzielten Pulsenergien EP sehr hoch. Die ideale Pumpenergie des XeCl2-excimer-Lasers für die Verstärkerküvetten ist beispielsweise EP = 100 mJ. Dabei betrug die Konversionseffizienz für C 307 bei Ȝ = 500 nm etwa 10 – 12 % und für RDC 360-NEU bei Ȝ = 357 nm etwa 3 – 6 %. Die Pulsenergien wurden bei E500nm = 8 – 10 mJ und E357nm = 3 – 4 mJ gehalten. Um die enorme Leistung pro Puls zu verdeutlichen, soll die Strahlungsflußdichte E aus Pulsenergie EP und Pulsdauer t berechnet werden: E P A ªWº «¬ m 2 »¼ mit P EP t ªJº «¬ s »¼ >W @ , (6.1) wobei P als Leistung und A als Fläche definiert sind. Die Strahlungsflußdichte des Excimerlasers beträgt E = 8,3 MW/m2 und die des Farbstofflasers bei Ȝ = 500 nm E = 2 GW/m2.2 Die Bestrahlungsstärke des Sonnenlichtes ohne Einfluß der Erdatmosphäre wird mit E = 1,3 KW/m2 angegeben. Die hohe Strahlungsflußdichte führt zu hohen photochemischen Umsätzen und garantiert die Gültigkeit der KUBELKA-MUNK-Funktion (siehe Kap. 4.3), denn auch tiefere Schichten der Pulverprobe werden belichtet. Experimentelle Einschränkungen. Erschwerend bei der Arbeit mit dem Pulslasersystem war die Instabilität des Resonators des Farbstofflasers (RADIANT DYES LASER ACCESSOIRS™). Verwendet wurden Quarzglasverstärkerküvetten rechtwinkliger Geometrie. Solche simplen Durchflußküvetten führen gegenüber prismatischen Küvetten bereits zu einer Verminderung der Strahlqualität. Von größter Wichtigkeit sind (i) die Fixierung der Verstärkerküvette im Strahlengang sowie (ii) die exakte Fokussierung des Pulslasersstrahls über die Zylinderlinse auf die Küvette (optische Bank: Abb. 4.17, Kap. 4.7). Alle übrigen Parameter 1 2 Siehe Abschnitt über Farbstofflaser, Kap. 4.7.2. Strahlquerschnitt: EXC 120 mm2; FL 5 mm2. 188 6 Photochemische Untersuchungen der optischen Bank beziehen sich auf die Positionierung der Küvette. Gerade die Führungen von Linsenfokus und Küvettenhalterung sind bei dem verwendeten Laser vollkommen unzureichend gelagert. Die begrenzte Tauglichkeit der mechanischen Komponenten war durch Verschleiß bereits reduziert. Für die ursprünglich angedachte Verwendung zur optischen Schaltung – dem alternierenden Einstrahlen Lichtes aus unterschiedlichen Spektrenbereichen durch Wechsel der Verstärkerküvette – ist die Apparatur nicht geeignet. Durch die im Rahmen vorangegangener Arbeiten durchgeführten Langzeitschaltexperimente wurde die labile Konstruktion bereits so geschwächt, daß reproduzierbares Arbeiten erschwert wurde. Bloße Berührung der optischen Bank kann unter Umständen zum Übergang in höhere optische Moden führen. Das konventionelle UV/Vis-Spektrometer schränkte die Analyse photochemischer Prozesse erheblich ein. Bei Raumtemperatur und geringer Stabilisierung der geschalteten Zustände laufen photochemische Vorgänge nach der Anregung oft in Zeiträumen von µs ab.3, 4 Schon der Transport zwischen Belichtungs- und Meßstandort ist zu zeitaufwendig. Die oben aufgeführten Einschränkungen hatten Auswirkungen auf die Planung und Auswertung der Experimente: (i) Die Bestimmung der Schaltstabilität war nicht möglich. Ein Versuch mit wenigen photochromen Schaltungen wurde exemplarisch aufgeführt (Kap. 6.2.4). (ii) Der Farbstofflaser ist zwar durchstimmbar, jedoch führte die Veränderung der Wellenlänge des Laserlichtes zu einer Verminderung der Strahlqualität. Daher wurden die Belichtungen mit der Wellenlänge des Emissionsmaximums der Laserfarbstoffe durchgeführt. (ii) Kinetische Untersuchungen und quantitative Auswertungen waren nur eingeschränkt sinnvoll. Um Quantenausbeuten Ɏ sicher bestimmen zu können, müßten flash-Photolyse und eventuell Tieftemperaturstabilisierung sowie als Referenz eine actinometrische Methode angewandt werden.3, 5 Ferner ist ein Aufbau notwendig, der eine Belichtung am Meßstandort und zeitgleiche Energiemessung ermöglicht. Auch lassen wechselnde Strahlqualität des Farbstofflasers (unterschiedliche Strahlungsflußdichte) und ungenaue Bestimmung des Beladungsgrades der Pulvermaterialien (Kap. 5.6) nur qualitative Aussagen zu. 3 4 5 T. Bercovici, R. Heiligman-Rim, E. Fischer, Mol. Photochem. 1969, 1, 23. F. Dietz, A. El’tsov, Theoretical Studies of the Photochromism of Organic Compounds, in Organic Photochromes, A. El’tsov (Ed.), Consultants Bureau/Plenum Press, New York 1990. A. Kellmann, F. Tfibel, E. Pottier, R. Guglielmetti, A. Samat, M. Raizmann, J. Photochem. Photobiol. A: Chem. 1993, 76, 77. 6 Photochemische Untersuchungen 189 6.2 Photochromismus von Spiropyranen und Spirooxazinen in anorganischen Wirtmaterialien 6.2.1 Einführung: Photochromes Verhalten der Spiropyrane und Spirooxazine in polaren Medien Im Kapitel 3.1 wurde bereits ausführlich auf die spektrometrischen Eigenschaften der Spirochrome eingegangen. Zum Verständnis der Ergebnisse ist eine Einführung in die Photochemie der Spiropyrane und -oxazine notwendig. Abbildung 6.3 zeigt eine Auswahl der wichtigsten Isomere des Spiropyran und protonierter Formen sowie ihre Bezeichnung. CH3 CH3 CH3 N CH3 O MC chinoid R N O CH3 CH3 R SP CH3 CH3 CH3 CH3 O N N HO CH3 R CH3 R XH+ X CH3 CH3 CH3 CH3 R N CH3 O MC zwitterionisch Abbildung 6.3 R N CH3 HO MCH+ Die geschlossene Form SP eines Spiropyran der Indolin-Serie und eine Auswahl der Stereoisomere der offenen sowie protonierten, offenen Merocyanin-Formen MC. X ist das instabile, cis-cisoide Intermediat. 190 6 Photochemische Untersuchungen Kurzzeitspektroskopische Methoden ermöglichen die Beobachtung der komplexen Prozesse bei der Belichtung, die zu kurzlebigen Photoprodukten bei etwa Ȝ = 430 – 450 nm mit Lebensdauern im ns- bis ms-Bereich führen. Von A. KHOLMANSKII und V. DYMUAEV wurde ein allgemeiner Weg für die photochemische Reaktion der Spiropyrane formuliert:6 SP hQ hQ'7 1SP 1 X 3 SP 3 X MC X . (6.2) Die gestrichelten Reaktionspfeile zeigen die ebenfalls mögliche Route von X* zu SP, die direkte, thermische Relaxation von MC zu SP und die Übergänge zwischen den elektronischen Zuständen von X. Der Reaktionsweg von der geschlossenen zur offenen Form ist je nach Substitutionsmuster des Spiropyrans/-oxazins unterschiedlich.7 Der einfachste Farbstoff der Indolin-Serie, BIPS, wird über den „Singulett-Weg“ (1SP* ĺ X ĺ MC) gefärbt. Bei dem 8-Methoxy-6-nitro-BIPS wird teilweise der direkte Weg über 1SP* zu MC, teilweise der „Triplett-Weg“ (3SP* ĺ 3X* ĺ MC) beschritten.8 Bei Nitrosubstitution – beispielsweise N-BIPS – wird stets der Weg über die Triplettzustände bevorzugt.4 Abbildung 6.4 verdeutlicht den Abbildung 6.4 Schematische Darstellung der thermischen und photochemischen Schaltung der Spiropyrane.8 6 7 8 A. Kholmanskii, V. Dymuaev, Russ. Chem. Rev. 1987, 56, 136. V. Malatesta, Photodegradation of Organic Photochromes, in Organic Photochromic and Thermochromic Compounds Vol. 2, J. Crano, R. Giuglielmetti (Ed.), Kluwer Academic/Plenum Publishers, New York, 1999. R. Guglielmetti, 4n+2 Systems: Spiropyrans, in Photochromism, H. Dürr, H. Bouas-Laurent (Ed.), Elsevier, Amsterdam 1990. 6 Photochemische Untersuchungen 191 Unterschied zwischen thermischen und photochemischen Weg der Ringöffnung des Spiropyrans. Je nach Substitutionsmuster und chemischem Umfeld unterscheiden sich die Potentialflächen und Übergangszustände. Eine Stabilisierung der zwitterionischen Formen tritt insbesondere in polarem Medium ein. J. FLANNNERY vermutet sogar eine Komplexierung der farbigen Zwitterionen durch Lösemittelmoleküle.9 Käfigeffekte erhöhen ebenfalls die Lebensdauer der offenen Formen. Dazu wurden Untersuchungen sowohl zur Verfestigung von Lösemitteln als auch zum Einbringen von Spirochromen in anorganische Matrices durchgeführt.3, 10, 11, 12 Dabei zeigte sich, daß schon geringe Veränderungen der Käfigdimensionen Auswirkungen auf die Stabilisierung unterschiedlicher Isomere haben. In dieser Arbeit wurden ebenfalls solche Zusammenhänge untersucht. Entscheidenden Einfluß hat die Protizität der Lösemittel, der pH-Wert des chemischen Umfeldes. Besonders sei hier auf die fundamentalen Studien von T. BERCOVICI et al. hingewiesen, bei denen durch Ansäuern von Farbstofflösungen die pH-Abhängigkeit protonierter Isomere mittels flash-Photolyse gezeigt wurde.13 Die Zuordnung der Banden im UV/VisSpektrum wurde von weiteren Autoren bestätigt.14, 15 Die Stabilisierung der farbigen Formen in protischem Umfeld kann durch das folgende, vereinfachte Schema beschrieben werden: hQ SP hQ'7 + H+ Ka'' X MC + H+ + H+ hQ Ka Ka' hQ XH+ Ka''' 9 10 11 12 13 14 15 hQ MCH + . J. Flannery Jr., J. Am. Chem. Soc. 1968, 90, 5660. D. Levy, D. Avnir, J. Phys. Chem. 1988, 92, 4734. M. Ueda, K. Kudo, K. Ichimura, J. Mater. Chem. 1995, 5, 1007. J. Biteau, F. Chaput, J.-P. Boilot, J. Phys. Chem. 1996, 100, 9024. T. Bercovici, R. Heiligman-Rim, E. Fischer, Mol. Photochem. 1969, 1, 189. J. Zhou, Y. Li, Y. Tang, F. Zhang, X. Song, E. Li, J. Photochem. Photobiol. A: Chem. 1995, 90, 117. C. Schomburg, Dissertation, Universität Bremen 2000. (6.3) 192 6 Photochemische Untersuchungen Abbildung 6.5 Absorptionsspektren des N-BIPS in Ethanol/Methanol bei -150° C. MCH+ wurde durch Zugabe von zehnfachem Überschuß HCl erhalten. Die Konversion zu XH+ erfolgte durch sichtbares Licht.13 Die Strukturformeln der Isomere sind in Abbildung 6.3 dargestellt. In saurem Umfeld erfolgt nach der photochemischen Ringöffnung von SP zum instabilen Übergangszustand X und der Bildung des Photomerocyanins MC die thermische Konversion in dessen protonierte Form MCH+. Bei sehr hohem Überschuß starker Säure (> 100fach) wird SP unter Angriff eins Protonen direkt in XH+ umgesetzt, welches wiederum auf vorher beschriebenem Wege thermisch in MCH+ konvertiert werden kann.13 Das protonierte Photomerocyanin MCH+ kann durch Photoschaltung mit hohen Quantenausbeuten reversibel in die XH+-Form umgewandelt werden. Die eindeutige Zuordnung spektrometrischer Daten zu einem Isomeren wird durch Gleichgewichtszustände, SP + H+ XH+ MCH+ , (6.4) erschwert. Am Beispiel von N-BIPS werden in Abbildung 6.5 Absorptionsbanden der in angesäuerter Lösung auftretenden Isomere vorgestellt. Auch das chemische Umfeld in einem Molekularsieb kann solche Gleichgewichtszustände stark beeinflussen. 6 Photochemische Untersuchungen 193 6.2.2 Photochromes Verhalten von BIPS-Derivaten im Zeolithen Y C. SCHOMBURG konnte zeigen, daß sowohl die photochemische Schaltfähigkeit als auch Detektierbarkeit von Spiropyranen der Indolin-Serie in dealuminiertem Zeolithen Y am besten ausgeprägt ist.15 Dabei ist die reverse Photochromie der dominierende Prozeß. Im Gegensatz zur direkten Photochromie wird dabei aus einer offenen, farbigen Form durch Belichtung in die geschlossene oder eine cis-cisoide Form konvertiert. Jetzt galt es zu klären, welche Auswirkungen der Grad der Dealuminierung auf das Relaxationsverhalten der Photokonversion hat. Gerade die thermische Stabilität der Photoisomere bei Raumtemperatur ist ausschlaggebend für das Anwendungspotential des Funktionsmaterials. Die in-situ-Synthesen der Spiropyrane wurden in HY-Zeolith (Si/Al = 2,9) und DAY-Zeolith (DEGUSSA™) mit den Si/Al-Verhältnissen 27, 63 und 129 durchgeführt. Es wurden drei Derivate des 1’,3’,3’-Trimethylspiro[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin BIPS ausgewählt, deren Substituierung der Benzopyraneinheit eine Stabilisierung der Photoisomere versprach (Kap. 3.2.1):14, 16 6-Nitro-BIPS, 8-Methoxy-6-nitro-BIPS und 6,8-Dinitro-BIPS. Diese Studie beschränkt sich auf die Untersuchung der erwarteten reversen Photochromie bei Belichtung im Sichtbaren (Ȝ = 500 nm). 6.2.2.1 6-Nitro-BIPS in Zeolith Y HY-Zeolith. Im HY-Zeolithen mit dem Modul Si/Al = 2,9 treten die Farbstoffmoleküle in Wechselwirkung mit den im Wirtgitter befindlichen Protonen. Das Spiropyran liegt hier nicht in der transoiden Photomerocyaninform MC vor, sondern hauptsächlich als cis-cisoide Spezies XH+. Die charakteristische Bande für XH+ des N-BIPS wird bei ca. Ȝ = 300 nm erwartet (Abb. 6.5), was in guter Übereinstimmung mit gefundenen Ȝ = 327 nm ist (Abb. 6.6). Die Bandenschulter bei Ȝ § 440 nm zeigt, daß noch ein Anteil des MCH+-Isomeren vorhanden ist. Es war zu erwarten, daß bei Einstrahlen auf der Bandenschulter eine Schaltung zum cisoiden Isomeren erfolgt. Bei Abstimmung des Laserresonators auf die ideale Anregungswellen16 R. Bertelson, Photochromic Processes Involving Heterolytic Cleavage, in Techniques in Chemistry Vol. III Photochromism, G. Brown (Ed.), Wiley, New York 1971. 194 6 Photochemische Untersuchungen 7,5 7,5 F(R) F(R) 5,0 5,0 2,5 2,5 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation 0,0 0,0 300 400 500 Wellenlänge / nm Abbildung 6.6 300 400 500 Wellenlänge / nm Reflexionsspektren des N-BIPS im HY-Zeolithen (~ 10-5 mol/g, in-situSynthese). (l.) Schrittweise Belichtung im Sichtbaren.17 (r.) Relaxation nach Belichtung (--- Ausgangsspektrum).18 länge Ȝ § 470 nm konnte weder Strahlqualität noch Pulsleistung befriedigen. Es zeigte sich allerdings, daß bei hoher Pulsleistung im Verstärkungsmaximum des Laserfarbstoffes (Ȝ = 500 nm) die Photokonversion fast vollständig erfolgt, obwohl hier die MCH+-Bande nur noch gering ausgeprägt ist. Diese Beobachtung ist auch deshalb bemerkenswert, weil sie Zweifel bezüglich der Effizienz der Einstrahlung fern des Absorptionsmaximums der Isomerenbande zerstreut. Hier hilft die enorme Strahlflußdichte der stimulierten Emission. Die in Abbildung 6.6 links dargestellte Kurvenschar beschreibt das Verhalten bei schrittweise Belichtung.17 Der ablaufende Prozeß ist revers-photochrom: MCH hQ o XH Das schlechte Ansprechverhalten ist auf die Bestrahlung bei geringer Absorption zurückzuführen. Die Lage eines isosbestischen Punktes ist umkreist. Nur das Spektrum nach abschlie- 17 18 Die kräftige Linie zeigt das Ausgangsspektrum. Die folgenden Spektren der Kurvenschar wurden, mit Ausnahme des letzten, nach jeweils einminütigem Pulsbetrieb aufgenommen. Die abschließende Belichtung im Pulsbetrieb dauerte durchgängig 5 min. Die Linie ist leicht hervorgehoben. Das Relaxationsverhalten wurde in einem Zeitraum von 3 h beobachtet. Nach jeweils 10 min wurde ein Spektrum aufgenommen. 6 Photochemische Untersuchungen 195 ßender fünfminütiger Belichtung durchläuft nicht diesen Punkt bei Ȝ = 340 nm, was auf die Konversion in ein weiteres farbloses Isomer (SP) nach intensiver Bestrahlung deutet. Die thermische Relaxation zum Ausgangszustand ist sehr gering. Die während der Relaxation erhaltenen Spektren in der rechten Abbildung sind nicht mehr zu trennen. Trotzdem kann dieses Material als weniger interessant angesehen werden, da der relative Intensitätsunterschied zwischen Ausgangs- und Photoprodukt im Bereich von Ȝ = 400 bis 500 nm nicht sehr groß ist. DAY-Zeolith mit Si/Al = 27. Nach in-situ-Synthese des Farbstoffes N-BIPS im dealuminierten Faujasiten mit Si/Al = 27 fiel zunächst die stärkere Farbigkeit im Vergleich zum Gastmaterial HY-Zeolith auf (Abb. 6.7). Diese resultiert aus der bevorzugten Stabilisierung des protonierten Isomeren MCH+. Dieser Effekt tritt ebenfalls in Al2O3-SiO2-Gelen auf.19 Im Sichtbaren erkennt man die dominierende MCH+-Bande bei Ȝ = 417 nm und als Schulter im Roten einen geringen Anteil der Merocyaninform MC bei Ȝ = 550 nm. Das sehr saure Isomere XH+ wurde bereits im am geringsten dealuminierten Material nicht mehr stabilisiert, da durch den Austausch der Aluminiumatome die Acidität im Wirtsgitter im Vergleich zum HY nur noch ein Zehntel beträgt. Diese Beobachtung deutete auf einen mehrfachen Überschuß an Protonen gegenüber dem Spiropyran hin.13 Das Auftreten der MC-Form zeigte, daß die Gleichgewichtszustände in diesem Gastmaterial komplizierter sind. Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm führte zu stark ausgeprägter reverser Photochromie von MCH+ und MC zu den cis-cisoiden Formen mit anschließender thermischer Relaxation zu MCH+ unter Lichtausschluß: hQ o XH MCH MC hQ o SP SP, XH 'T o MCH Abbildung 6.8 zeigt, daß das Ansprechverhalten des Farbstoffes und der Unterschied in der Reflektivität nach Belichtung im Sichtbaren sehr groß war, was in Einklang mit Beobachtung verschiedener anderer Wirt-Gast-Systeme steht.20 Schon nach dem ersten einminütigen Belichtungsschritt wurde die Photokonversion beinahe abgeschlossen,17 doch war die thermische Stabilität des XH+-Schaltzustandes unzureichend. 19 20 M. Nogami, T. Sugiura, J. Mater. Sci. Lett. 1993, 12, 1544. B. Schaudel, C. Guermeur, C. Sanchez, K. Nakatani, J. Delaire, J. Mater. Chem. 1997, 7, 61. 196 6 Photochemische Untersuchungen 16 16 14 14 F(R) F(R) 12 12 10 10 8 8 6 6 4 4 2 2 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation 0 0 300 400 500 600 300 Wellenlänge / nm Abbildung 6.7 Reflexionsspektren 400 500 Wellenlänge / nm des N-BIPS -5 im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 27 21 (~ 10 mol/g, in-situ-Synthese). 18 18 4,0 Si/Al 27 417 nm 16 16 3,5 3,0 14 14 2,5 F(R) 12 F(R) 12 2,0 1,5 10 0 60 120 180 8 8 6 6 4 4 2 2 0 0 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s Abbildung 6.8 10 0 60 120 180 Relaxation / min Reverse Photochromie von N-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 27 bei Ȝ = 417 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 21 Erläuterungen s. Abb. 6.6. 6 Photochemische Untersuchungen 197 DAY-Zeolith mit Si/Al = 63. Der Einsatz von dealuminierten Faujasiten mit Si/Al = 63 als Wirtmaterial führte zu ähnlichem photochemischen Verhalten wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben. Weiterhin sind die charakteristischen Absorptionsbanden des MCH+Isomeren bei Ȝ = 307 und 417 nm dominierend, aber die dem MC-Isomer zugeordnete Bande (Ȝ = 545 nm) ist bei vergleichbarer Beladung mit Farbstoff etwas intensiver (Abb. 6.9). hQ o XH MCH MC hQ o SP SP, XH 'T o MCH Der entscheidende Unterschied zum eben betrachteten Material ist die bessere Stabilisierung des Schaltzustandes nach Belichtung. Die Auftragung der Reflektivität im Absorptionsmaximum des MCH+-Isomeren (Abb. 6.10) verdeutlicht die geringere thermische Rückschaltung und den Übergang von einem annähernd linearen Prozeß zu einer Konversion erster Ordnung (Kap. 6.2.5). DAY-Zeolith mit Si/Al = 129. Im Zuge weitestgehender Dealuminierung ist die Photomero- cyaninform MC des N-BIPS die dominierende Spezies, denn im Wirtgitter befinden sich kaum noch Protonen (Abb. 6.11). Eine sehr schwach ausgeprägte Bandenschulter zwischen Ȝ = 400 und 450 nm läßt nur noch einen geringen Anteil an MCH+ vermuten. Die Absorpti- onsbanden des MC sind aufgespalten in eine Hauptspitze bei Ȝ = 544 und eine Nebenspitze bei 512 nm. Der Photomerocyaninform des N-BIPS in polaren, leicht sauren Medien werden Banden zwischen Ȝ = 510 und 545 nm zugeordnet.10, 22, 23, 24 Zur Erklärung der Bandenaufspaltung gibt es verschiedene Modelle, auf die kurz in Kapitel 5.6.2 eingegangen wird. Nach der Belichtung wurden die transoiden Formen in das geschlossene, cisoide SPIsomer umgewandelt. Abbildung 6.11 deutet auf einen komplexeren Vorgang bei der photochromen Schaltung hin. Die Spektrenschar der schrittweisen Belichtung durchläuft einen isosbestischen Punkt bei Ȝ = 390 nm; ein Indiz für die Umwandlung von MC zu SP. Nur das Ausgangsspektrum ist uneinheitlich und zeigt zudem eine geringere Reflektivität als das Spektrum nach erster einminütiger Einstrahlung. Erst nach den folgenden Belichtungen konnte reverse Photochromie beobachtet werden. Dieses Ergebnis kann unter Beachtung der in 22 23 24 T. Evans, A. Toth, P. Leermakers, J. Am. Chem. Soc. 1967, 89, 5060. T. Hori, H. Tagaya, T. Nagaoka, J. Kadokawa, K. Chiba, Applied Surface Science 1997, 121/122, 530 H. Tagaya, T. Nagaoka, T. Kuwahara, M. Karasu, J. Kadokawa, K. Chiba, Microporous Mesoporous Mater. 1998, 21, 395. 198 6 Photochemische Untersuchungen 10 10 8 8 F(R) F(R) 6 6 4 4 2 2 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation unter Lichtausschluß 0 0 300 400 500 600 300 Wellenlänge / nm Reflexionsspektren Abbildung 6.9 400 500 600 Wellenlänge / nm des N-BIPS -5 im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 21 (~ 10 mol/g, in-situ-Synthese). 10 10 2,0 Si/Al 63 417 nm 1,8 1,6 8 8 1,4 F(R) 1,2 F(R) 6 1,0 0 60 120 180 6 4 4 2 2 0 0 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.10 Reverse Photochromie von N-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 bei Ȝ = 417 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 6 Photochemische Untersuchungen 199 0,3 0,3 F(R) F(R) 0,2 0,2 0,1 0,1 0,0 Relaxation unter Lichtausschluß Belichtung bei O = 500 nm 300 400 0,0 500 600 300 700 400 500 600 700 Wellenlänge / nm Wellenlänge / nm Abbildung 6.11 Reflexionsspektren des N-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 (~ 10-6 mol/g, in-situ-Synthese).21 0,20 0,20 Si/Al 129 544 nm 0,070 0,065 0,15 0,15 F(R) 0,060 0 60 120 180 0,10 0,10 0,05 0,05 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 F(R) 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.12 Photochromes Verhalten von N-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 bei Ȝ = 544 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 200 6 Photochemische Untersuchungen Schema 6.3 angegebenen Konversionspfade plausibel erklärt werden: die Umwandlung von MCH+ in SP durch Anregung mit sichtbarem Licht kann auf „direktem“ Weg erfolgen oder aber durch Deprotonierung und Einnahme des instabilen Zustandes X. Letzteres scheint bevorzugt zu sein, denn zunächst nahm die MC-Konzentration etwas zu. Der dominierende Prozeß ist die Bildung der SP-Form. (MCH hQ ) o hQ MC o SP Das verwendete Spektrometer ist nicht schnell genug, um den Prozeß, der in Abbildung 6.12 besser ersichtlich ist, genauer dokumentieren zu können. Auch die Dunkelreaktion war ungewöhnlich:18 es erfolgte kein Relaxationsverhalten, wie man es bei reverser Photochromie erwartet, sondern Hypochromie. Da sich die Meßkurven an isosbestischen Punkten bei Ȝ = 390 und 470 nm schneiden, liegt die Vermutung nahe, daß verbliebene MC-Zwitterionen von im Photoprozeß freigesetzten Protonen angegriffen wurden. Basierend auf den vorliegenden Ergebnissen kann also noch keine endgültige Aussage über die Qualität der Stabilisierung der Photoschaltprodukte gemacht werden. Zusammenfassung. Deutlich zeigt sich, daß das Vorkommen der all-transoiden, unprotonier- ten Form MC mit dem Dealuminierungsgrad des Wirtmaterials korrelierte. Je mehr frei bewegliche Protonen das Zeolithgitter bevölkern, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit für saure, offene Formen des N-BIPS (MC < MCH+< XH+). Das Verhältnis von Protonenkonzentration zu Farbstoffbeladung ist entscheidend für den photochemischen Prozeß. Dieses Verhältnis äußerte sich nicht nur im Beschreiten unterschiedlicher Reaktionswege, sondern auch in der Stabilisierung der Photoprodukte. Dies wird besonders beim Übergang von Si/Al = 27 zu 63 bei ca. 10-5 mol Farbstoff/g deutlich. Eine verringerte Acidität des chemischen Umfeldes senkte die Relaxationsrate. Ein wichtiger anwendungsbezogener Aspekt des N-BIPS-Faujasit-Systems ist die relative Anspruchslosigkeit gegenüber der Wahl der Lichtquelle für optische Speicherung. Eine dem Absorptionsvermögen der jeweiligen actinischen Bande angepaßte Strahlflußdichte vorrausgesetzt, ermöglicht eine geschickte Steuerung von Beladung und Dealuminierung im Bereich von Ȝ § 390 bis 580 nm reverse Photochromie. Es fällt ebenfalls auf, daß zur Schaltung des MC-Isomeren eine längere Anregungsdauer benötigt wird als zur reversen Photochromie der MCH+-Form. 6 Photochemische Untersuchungen 201 F(R) F(R) Belichtung bei O = 500 nm 300 400 Relaxation unter Lichtausschluß 500 600 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 Wellenlänge / nm Abbildung 6.13 Reflexionsspektren des 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 27 (> 10-5 mol/g, in-situ-Synthese).17 6.2.2.2 8-Methoxy-6-Nitro-BIPS in Zeolith Y HY-Zeolith. Das Gleichgewicht des 8-Methoxy-6-nitro-BIPS liegt im HY-Zeolithen (Si/Al = 2,9) hauptsächlich auf der Seite der XH+-Form in Gesellschaft des geschlossenen Spiropyrans SP. Absorptionsmaxima treten bei Ȝ = 235, 278 und 360 nm auf. Die Belichtung im Sichtbaren führte nur zu geringer photochromer Reaktion der vorhandenen transoiden Formen. DAY-Zeolith mit Si/Al = 27. Wie bereits in Kapitel 5.6.3 erwähnt, traten nach in-situ- Synthese des Farbstoffes 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im dealuminierten Faujasiten starke Unterschiede in der Reflektivität auf, obschon die Reaktionsbedingungen zur Darstellung sich nicht unterschieden. Besonders die Intensitäten der Banden im fernen UV-Bereich waren nach der Belichtung bei Ȝ = 500 nm stark erniedrigt. Vor der Einstrahlung hatte der Farbstoff sein Absorptionsmaximum bei Ȝ = 385 nm mit einer starken Schulter zwischen 400 und 500 nm, was auf ein Gleichgewicht von MCH+ und XH+ deutet. Zu längeren Wellenlängen Ȝ = 500 bis 650 nm zeigt geringere Absorption das 202 6 Photochemische Untersuchungen Vorkommen der zwitterionischen MC-Form an (Abb. 6.13). Die photochemischen Vorgänge entsprechen denen des N-BIPS in gleichem Wirtmaterial. hQ o XH MCH MC hQ o SP SP, XH 'T o MCH Bei Vergleich zum N-BIPS wurde das mutmaßliche XH+-Isomer nur gering stabilisiert. Das Absorptionsmaximum von XH+ (Ȝ = 352 nm) war gegenüber der zusammengesetzten XH+/MCH+-Bande (Ȝ = 385 nm) nur wenig hypsochrom verschoben, und der Relaxationsprozeß verlief sehr schnell. DAY-Zeolith mit Si/Al = 63 und 129. Im Zeolithen mit Si/Al = 63 ist die langwellige Ab- sorption des MC-Isomeren bei Ȝ = 546 nm bereits nicht mehr verdeckt (Abb. 6.14). In unpolarem Lösemittel wird die Absorption zwischen Ȝ = 500 bis 650 nm mit einem Maximum bei etwa 600 nm erwartet.8, 25 In porösen Glas liegt das Absorptionsmaximum bei Ȝ § 530 nm.26 Das polare chemische Umfeld hat einen deutlichen hypsochromen Effekt. Im Spektrum des Wirtmaterials mit höchster Dealuminierung fällt die übermäßige Dominanz zweier Banden im Sichtbaren auf, die dem zwitterionischen Photomerocyanin MC zugeordnet werden (Abb. 6.17). Die Lage der langwelligen Absorption bei Ȝ = 548 nm findet sich ebenfalls im Wirt-Gast-Material mit Si/Al = 63 (Abb. 6.14). Auch die intensivere Bande bei Ȝ = 464 nm hat eine Entsprechung im aluminiumreicheren Material; sie zeigt sich als starke Schulter der breiten Absorption zwischen Ȝ = 300 und 500 nm. Eine Aufspaltung des Überganges wird unterschiedlich erklärt (s. a. Kap. 5.6.2): zum Beispiel durch die Ausbildung von J-Aggregaten des Types SP-MC oder MC-MC,25 durch die besondere – auch räumliche – Stabilisierung verschiedener transoider Mesomere des MC in anorganischen Wirtgittern, als sogenannte co-intercalates27 oder durch die Komplexierung im Wirtgitter befindlicher Metallionen.28 Der Einsatz von aluminiumarmen Faujasitmaterialien führt zu komplexem photochemischen Verhalten. Erstaunlicherweise resultierten aus den Belichtungen mit Laserstrahlung der Wellenlänge Ȝ = 500 nm keine direkten Schaltungen zu farblosen cis-cisoiden Formen. 25 26 27 28 Y. Li, J. Zhou, Y. Wang, F. Zhang, X. Song, J. Photochem. Photobiol. A: Chem. 1998, 113, 65. T. Veselova, I. Obyknovennaya, A. Cherkasov, Opt. Spectrosc. (USSR) 1990, 69, 769. T. Kuwahara, H. Tagaya, K. Chiba, Microporous Mater. 1995, 4, 247. J. Wojtyk, P. Kazmaier, E. Buncel, Chem. Commun. 1998, 1703. 6 Photochemische Untersuchungen 203 1,6 1,6 F(R) 1,2 F(R) 1,2 0,8 0,8 0,4 0,4 0,0 Belichtung bei O = 500 nm 300 0,0 400 500 Relaxation unter Lichtausschluß 600 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 Wellenlänge / nm Abbildung 6.14 Reflexionsspektren des 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 (~ 10-6 mol/g, in-situ-Synthese).21 1,50 1,50 1,25 1,25 F(R) F(R) 1,00 1,00 0,75 0,75 Si/Al 63 407 nm 0,50 0,50 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Bleichung / min Abbildung 6.15 Photochromes Verhalten von 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 bei Ȝ = 407 nm. (l.) Färbung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Bleichung in Dunkelheit. 204 6 Photochemische Untersuchungen Si/Al 129 464 nm 0,3 Si/Al 129 548 nm 0,3 F(R) F(R) 0,2 0,2 0,1 0,1 0,0 0,0 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s Abbildung 6.16 Photochromie von 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 während der Belichtung bei Ȝ = 464 und 548 nm. Der Farbstoff im DAY mit Si/Al = 129 konvertierte bei Belichtung unter vollständigem Verlust der Absorption im ultravioletten Bereich des Spektrums (Abb. 6.17) zu einer Form, welche nicht anhand der Bandenmuster der Übergänge von SP oder XH+ bestimmt werden kann.17 In einem schnellen Prozeß entfärbten sich das Photomerocyanin MC (Ȝ = 464 und 548 nm) und das vorhandene Spiropyran SP (Ȝ § 250 und 275 nm). Nach dreimaliger einminütiger Belichtung war die MC-Form – und eine geringe Population MCH+ – vollständig umgesetzt. Anscheinend wurde der Farbstoff in ein Isomer, das eine intensive Bande bei Ȝ = 440 nm und eine breite Absorption um Ȝ = 570 nm hat sowie geringe Anteile XH+ konver- tiert. Bei einheitlicher Umwandlung eines transoiden Isomeres von 8-Methoxy-6-nitro-BIPS in die XH+-Form scheint stets ein isosbestischer Punkt bei Ȝ = 305 nm aufzutreten. Bei Verbleib in Dunkelheit bildete sich die Hauptbande vollständig zurück, und es konnte nach 3 Stunden nur noch ein geringes Vorkommen an MC-Isomer nachgewiesen werden. Möglicherweise erfolgt eine nicht-reversible Zersetzung des Farbstoffes. R. GUGLIELMETTI et al. berichten über Colorierung und anschließende Photodegradation bei kontinuierlicher Be- lichtung des 8-Methoxy-6-nitro-BIPS.29 Die Abbildungen 6.18 dokumentiert die Zunahme der Absorption bei Ȝ = 440 nm, und Abbildung 6.16 zeigt die Decolorierung der MC-Form. 29 V. Pimienta, D. Lavabre, G. Levy, A. Samat, R. Guglielmetti, J. Micheau, J. Phys. Chem. 1996, 100, 4485. 6 Photochemische Untersuchungen 205 H. GÖRNER führte umfangreiche Studien zur direkten Photochromie von 8-Methoxy-6-nitroBIPS in verschiedenen Lösemitteln bei Raumtemperatur durch. Dabei konnte er nachweisen, daß auf dem Weg von der geschlossenen Form zu den cis- und trans-Isomeren von MC eine angeregte transoide Form des Triplett-Merocyanins im Gleichgewicht mit einem „rechtwinkeligen“ Konformer durchlaufen wird.30 Die Population dieser Triplett-Zustände steigt mit der Polarität des Lösemittels.31 Gestalt und Bandenlage (Maximum bei Ȝ § 430 und breite Bande bei 560 nm)31 lassen vermuten, daß bei Belichtung im Sichtbaren der im Molekularsieb eingelagerte Farbstoff ebenfalls solch einen Triplett-Zustand durchläuft. Auch M. WINDSOR beschreibt das Auftreten eines solchen Intermediates 30 µs nach UV-Anregung.32 Ich bezeichne dieses durch das außergewöhnliche chemische Umfeld stabilisierte Isomer also als 3 MC* und beschreibe die Vorgänge für Belichtung und Dunkelreaktion folgendermaßen: MC hQ o MC MC hQ XH ) o (MCH 3 3 'T Zersetzungsprodukte o ( 3 MC , XH 'T MC). o Das Verhalten des Wirtmaterials mit Si/Al = 63 kann auf ähnliche Weise erklärt werden, doch war der Anteil der Population an MCH+ vor der Belichtung größer als im Wirtmaterial mit Si/Al = 129. Es ist allerdings zu vermuten, daß nicht nur MC, sondern unter Deprotonierung auch MCH+ in 3MC* umgewandelt wurde, so daß nach Zesetzung und eventueller, partieller Rückschaltung zu MCH+ mehr Protonen im Wirtgitter sind und es zu einer Umwandlung in die XH+-Form kommen konnte: MC hQ o ( MCH hQ o ( MCH hQ o 3 MC (SP H 30 31 32 3 'T o MC SP H ) 3 MC H ) Zersetzungsprodukte 'T o XH ). H. Görner, Chemical Physics 1997, 222, 315. H. Görner, Chemical Physics Letters 1998, 282, 381. M. Windsor, R. Moore, J. Novak, Spectrochim. Acta 1962, 18, 1364. 206 6 Photochemische Untersuchungen 0,3 Relaxation unter Lichtausschluß Belichtung bei O = 500 nm 0,3 F(R) F(R) 0,2 0,2 0,1 0,1 0,0 0,0 300 400 500 600 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 Wellenlänge / nm Abbildung 6.17 Reflexionsspektren des 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 (~ 10-6 mol/g, in-situ-Synthese).17 0,3 0,30 0,25 F(R) 0,2 0,20F(R) 0,15 0,1 0,10 0,05 Si/Al 129 441 nm 0,0 0 120 240 360 480 600 0,00 0 Belichtung / s 60 120 180 Bleichung / min Abbildung 6.18 Photochromes Verhalten von 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 bei Ȝ = 441 nm. 6 Photochemische Untersuchungen 207 Zusammenfassung. Die in-situ-Synthese des 8-Methoxy-6-nitro-BIPS im Faujasiten führte nur teilweise zu Produkten, die bei Belichtung mit hoher Strahlflußdichte reverse Photochromie zeigten. Bei niedrigen Si/Al-Verhältnis wurden protonierte Formen des Farbstoffes bevorzugt. Mit zunehmender Dealuminierung, die zu einem höheren Anteil an Konformeren des transoiden Photomerocyanins führte, erfolgte nach Belichtung größtenteils die Umwandlung in eine weitere transoide, offene Form des Farbstoffes. Es ist anzunehmen, daß es sich dabei um einen einen elektronisch angeregten Zustand des Photomerocyanins handelte, der auf dem Triplett-Weg der Ringöffnung als direkter Vorläufer der cis- und trans-Isomeren des MC durchlaufen wird (3MC*-Form). Flash-Photolyse ermöglicht sogar die Unterscheidung zweier Konformere.31 Die Kombination aus sterischer Beschränkung im 13 Å großen Supekäfigs des Y-Zeolithen und der Wechselwirkung der Photomerocyaninformen des 8-Methoxy-6-nitroBIPS führte zu der überraschenden Stabilisierung des 3MC* (t1/2 § 1 h). Das mutmaßlich gleiche Isomer hat in verschiedenen Lösemitteln nach Ringöffnung bei Raumtemperatur eine Lebensdauer IJT von nur 3 – 10 µs.31 Ein hohes Anwendungspotential haben mit 8-Methoxy-6-nitro-BIPS beladene Faujasite nicht, denn die durchgeführten Photoreaktionen führten entweder zu sehr schneller Relaxation oder zu einem bisher nicht eindeutig erklärbaren Bleichverhalten unter Lichtausschluß. Die Stabilisierung von Übergangszuständen, die in konventionellen Lösemitteln kurzlebig sind, ist jedoch höchst außergewöhnlich. 6.2.2.3 6,8-Dinitro-BIPS in Zeolith Y HY-Zeolith. Wie schon bei 8-Methoxy-6-nitro-Substitution (Kap. 6.2.2.2) kommt 6,8-Dinitro-BIPS im HY-Zeolithen (Si/Al = 2,9) fast ausschließlich in farbloser transoider Form SP oder XH+ vor. Vermutlich handelte es sich vornehmlich um die XH+-Form, da das Spektrum im UV-Bereich von zwei intensiven Spitzen (Ȝ = 235 und 282 nm) dominiert ist. Wie erwartet, führte die Belichtung bei Ȝ = 500 nm zu keiner nennenswerten inversen Photochromie. DAY-Zeolith mit Si/Al = 27. Durch in-situ-Synthese des 6,8-Dinitro-BIPS DAY-Zeolithen mit Si/Al = 27 wurde ein Gleichgewicht von MCH+ und MC erhalten. Die im 208 6 Photochemische Untersuchungen 8 8 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation unter Lichtausschluß F(R) 6 F(R) 6 4 4 2 2 0 0 300 400 500 600 700 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 700 Wellenlänge / nm Abbildung 6.19 Reflexionsspektren des 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 27 (~ 10-5 mol/g, in-situ-Synthese). 0,8 0,8 Si/Al 27 543 nm 0,7 0,7 F(R) F(R) 0,6 0,6 0,5 0,5 0,4 0,4 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.20 Reverse Photochromie von 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 27 bei Ȝ = 543 nm. 6 Photochemische Untersuchungen 209 Banden der Übergänge sind unter einer breiten Absorption verborgen (Abb. 6.19). Das Material verhielt sich revers-photochrom. Mit einsetzender Bestrahlung wurden die Banden der farbigen Formen unterscheidbar (MC, Ȝ = 510 und 543 nm; MCH+, Schulter ~ 400 nm) und die Spitzen im UV-Bereich prominent. Diese Beobachtungen wurden bei allen 6,8-Dinitro-BIPS-beladenen DAY-Zeolithen gemacht. Eine mögliche Erklärung wäre die Aufhebung von Aggregation durch den Belichtungsprozeß. Die Photoreaktion war nicht einheitlich, denn bei ungefähr Ȝ = 450 nm wurde nicht ausschließlich ein isosbestischer Punkt von den Meßkurven durchlaufen. Unter Beachtung der Auftragung von Ȝ543 gegen die Belichtungsdauer (Abb. 6.20) ist eine bevorzugte Konversion von MCH+ in XH+ zu vermuten, während im weiteren Verlauf der Belichtung das verbleibende unprotonierte Photomerocyanin umgesetzt wurde. Unter Lichtausschluß erfolgte eine Verschiebung des Gleichgewichtes mit einem isosbestischen Punkt bei Ȝ § 395 nm. Dabei relaxierte bevorzugt XH+ in MCH+; die SP-Form wurde hingegen stabilisiert, denn die Absorption des verbleibenden MC bei Ȝ § 395 nm wurde nicht erhöht. MCH hQ XH o MC hQ SP o XH 'T MCH o (SP 'T MC) o DAY-Zeolith mit Si/Al = 63. 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 zeigte ähn- liches photochromes Verhalten wie das geringer dealuminierte Material. Die Photoschaltung bei der Belichtung im Sichtbaren verlief einheitlicher, da das Gleichgewicht der transoiden Formen in diesem Material auf der Seite des MC liegt (MC-Doppelbande, Ȝ = 510 und 543 nm) (Abb. 6.21).14 Die Entfärbung nach Belichtung war wiederum ein zweistufiger Prozeß höherer Ordnung, wie Abbildung 6.22 beweist. Die Bestrahlung hatte zunächst einen stärkeren hypsochromen Effekt auf die Absorption bei Ȝ = 510 nm, was auf teilweise Aufhebung von Aggregation deutet. Gerade in aluminiumärmeren Faujasiten kann Aggregation aufgrund von Strukturschädigungen, die aus der Dealuminierung herrühren, auftreten. Nach längerer Belichtung schneiden die Meßkurven einen isosbestischen Punkt bei Ȝ § 430 nm. Die abschließende fünfminütige Bestrahlung mit Laserlicht führte zu einer starken Abnahme der Absorption im ganzen Spektrum. 210 6 Photochemische Untersuchungen 1,5 1,5 F(R) F(R) 1,0 1,0 0,5 0,5 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation unter Lichtausschluß 0,0 0,0 300 400 500 300 600 400 500 600 Wellenlänge / nm Wellenlänge / nm Abbildung 6.21 Reflexionsspektren des 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 (~ 10-5 mol/g, in-situ-Synthese).21 0,6 0,6 Si/Al 63 543 nm 0,5 0,5 F(R) F(R) 0,4 0,4 0,3 0,3 0,2 0,2 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.22 Reverse Photochromie von 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 63 bei Ȝ = 543 nm. 6 Photochemische Untersuchungen 211 Nach geringer Rückschaltung (isosbestischer Punkt bei Ȝ § 425 nm) wurde besonders die thermische Relaxation in das MC-Konformer, welches bei Ȝ = 543 nm absorbiert, verlangsamt beziehungsweise blockiert (Abb. 6.22). DAY-Zeolith mit Si/Al = 129. Im Zeolithen stärkster Dealuminierung (Si/Al = 129) domi- niert die co-intercalate/Aggregat-Bande bei Ȝ = 506 nm (Abb. 6.23).28 Die Population an protoniertem Farbstoff ist zu vernachlässigen. Die Belichtung der MC-Doppelbande hatte zunächst einen hyperchromen Effekt zur Folge (Abb. 6.24). Dieses ungewöhnliche Verhalten ist wahrscheinlich auf Deaggregierung zurückzuführen, da nach einminütiger Bestrahlung die Intesitäten der Absorption bei Ȝ = 510 und 543 nm annähernd gleich hoch waren. Der weitere Verlauf ist revers-photochrom mit einem Schnittpunkt der Kurven bei Ȝ § 430 nm. Schon nach ½ h endete die thermische Relaxation bei Ȝ = 543 nm (isosbestischer Punkt ~ 425 nm), und der Anteil des MC-Isomeren stieg nicht weiter an: MC SP hQ o SP 'T o MC. Die Stabilisierung der cisoiden Formen war nicht so stark wie im Material mit dem Si/AlVerhältnis 129. Zusammenfassung. Über in-situ-Synthese in DAY-Zeolithen eingelagertes 6,8-Dinitro-BIPS zeigte ein sehr einheitliches photochromes Verhalten. Stärkere Dealuminierung führte zu reverser Photochromie von MC- zu SP-Form. Zu Beginn der Belichtung fand jeweils ein Prozeß statt, den ich als Umordnung der Gastmoleküle im Faujasiten deute. Der DAY mit dem Si/AlVerhältnis 129 zeigte dieses Verhalten am auffälligsten. Stickstoffsorptionsuntersuchungen beweisen, daß in diesem Material die sterische Hinderung durch Porenaufweitung am gerinsten ist und damit Aggregations leichter stattfinden könnte (s. Kap. 5.6.3). Die stärkste Stabilisierung nach der Konversion durch Belichtung bei Ȝ = 500 nm erfuhren die Photoschaltprodukte im DAY mit Si/Al = 63. Die reverse Photochromie verlief mit starker Intensitätsabnahme und vernachlässigbar kleiner Relaxation bei Ȝ = 543 nm. Gegen eine Anwendung als Funktionsmaterial spricht jedoch die hohe Ansprechzeit aller 6,8-DinitroBIPS-Materialien. Auch nach minutenlanger Belichtungszeit war noch Photomerocyanin nachweisbar. 212 6 Photochemische Untersuchungen 4 4 F(R) 3 F(R) 3 2 2 1 1 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation unter Lichtausschluß 0 0 300 400 500 300 600 400 500 600 Wellenlänge / nm Wellenlänge / nm Abbildung 6.23 Reflexionsspektren des 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 (~ 10-5 mol/g, in-situ-Synthese).21 1,0 1,0 Si/Al 129 539 nm 0,9 0,9 F(R) F(R) 0,8 0,8 0,7 0,7 0,6 0,6 0,5 0,5 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.24 Reverse Photochromie von 6,8-Dinitro-BIPS im DAY-Zeolithen mit Si/Al = 129 bei Ȝ = 539 nm. 6 Diskussion der Ergebnisse 213 6.2.3 Photochromes Verhalten von kovalent oder ionisch verankerten Spiropyranen und -oxazinen in Si-MCM-41 Die photochrome Schaltung der Spirochromen wird bei kovalenter oder ionischer Verankerung im Wirtmaterial Si-MCM-41 nicht mehr durch eine Acidität des Umfeldes beeinflußt. Gleichwohl kann aufgrund der hohen Dichte an polaren Silanolgrupppen ein reversphotochromes Verhalten erwartet werden. Im Vergleich zum Faujasiten wird die sterische Beschränkung des Farbstoffes verringert. Statt im 13 Å großen Superkäfigs des Zeolithen eingebracht zu werden, wurden die Spirochrome durch einen Propylspacer mit der Wandung der zylindrischen Kanäle verbunden (Kap. 5.6.1). Der Durchmesser dieser eindimensionalen Poren beträgt nach Modifizierung ca. 24 – 27 Å und im Falle des Einbaus eines Farbstoffes mit Ankergruppe > 32 Å. Die Konfokalmikroskopie zeigt, daß der Einfluß der funktionellen Gruppen auf der Oberfläche groß ist: die Farbstoffmoleküle wechselwirken mit den Porenwänden und sind nicht frei beweglich (Kap. 7.1). 6.2.3.1 1’-(3-Sulfonylpropyl)-N-BIPS, ionisch verankert in trimethyl- ammoniumfunktionalisiertem Si-MCM-41 Nach ionischer Verankerung (Kap. 5.6.2) zeigte der Farbstoff 1’-(3-Sulfonylpropyl)-N-BIPS sowohl ähnliche Absorption als auch ähnliches photochemisches Verhalten wie N-BIPS in DAY mit Si/Al = 129. In Abbildung 6.25 sieht man die Banden des Photomerocyanins MC bei Ȝ = 518, 548 sowie 637 nm. Nach Anregung bei Ȝ = 500 nm wurde das Material entfärbt. Zunächst verschob sich das Gleichgewicht der MC-Isomere, wie es auch schon bei den im Y-Zeolithen eingebrachten Spiropyranen beobachtet werden konnte, dann erfolgte eine einheitliche Umwandlung von MC in SP, denn alle Kurven durchlaufen einen isosbestischen Punkt bei Ȝ = 425 nm. Die thermische Relaxation erfolgte auf dem gleichen Weg, MC SP hQ o SP 'T o MC, Nach anfangs rascher Relaxation stellt sich ein Gleichgewicht ein (Abb. 6.26). 214 6 Diskussion der Ergebnisse Belichtung bei O = 500 nm 1,2 Relaxation unter Lichtausschluß 1,2 F(R) 1,0 F(R) 1,0 0,8 0,8 0,6 0,6 0,4 0,4 0,2 0,2 0,0 0,0 300 400 500 600 700 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 700 Wellenlänge / nm Abbildung 6.25 Reflexionsspektren des ionisch verankerten 1’-(3-Sulfonylpropyl)-N-BIPS in trimethylammoniumfunktionalisiertem Si-MCM-41 (~ 10-5 mol/g, in-situSynthese).21 548 nm 0,2 0,2 F(R) F(R) 0,1 0,1 0,0 0,0 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.26 Photochromes Verhalten von 1’-(3-Sulfonylpropyl)-N-BIPS in Si-MCM-41 bei Ȝ = 548 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 357 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 6 Diskussion der Ergebnisse 215 1,2 1,2 1,0 1,0 F(R) F(R) 0,8 0,8 0,6 0,6 0,4 0,4 0,2 0,2 Relaxation unter Lichtausschluß Belichtung bei O = 357 nm 0,0 300 0,0 400 500 600 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 Wellenlänge / nm Abbildung 6.27 Reflexionsspektren des ionisch verankerten 1’-(3-Sulfonylpropyl)-N-BIPS in trimethylammoniumfunktionalisiertem Si-MCM-41 (~ 10-5 mol/g, in-situSynthese) nach Belichtung bei Ȝ = 357 nm.21 Um eine vollständige Umwandlung in die MC-Formen zu erhalten, wurde das Material mit Laserstrahlung im nahen UV (Ȝ = 357 nm) angeregt. Die MC-Banden zwischen Ȝ = 500 und 550 nm verloren jedoch an Intensität, während die Absorption um Ȝ = 460 nm leicht erhöht wurde. Die Bande bei Ȝ = 346 nm erfuhr eine kurzwellige Verschiebung um 33 nm und Intensitätsabnahme. Als Dunkelreaktion wurde keine Relaxation beobachtet, vielmehr wurde die einheitliche thermische Umwandlung in ein weiteres Photoprodukt fortgesetzt (isosb. Pkt. Ȝ = 420 nm; Abb. 6.27). Diese Vorgänge konnten nicht eindeutig zugeordnet werden, weisen aber auf eine Stabilisierung eines weiteren Intermediates hin. Eine Stabilisierung eines zwitterionischen Isomeren könnte durch die Wechselwirkung mit der ionischen Trimethylammoniumfunktion auf der Oberfläche des Wirtmaterials oder ihrem Gegenion, dem Chloridionen, erfolgen. Die unerwartete Photodegradation des MC rührte möglicherweise von der Anregung der kurzwelligen Übergänge her, welche die actinische Bande der SP-Form überlagern. Es ist zu vermuten, daß die Geometrie des Photoproduktes cis-cisoid ist. 216 6.2.3.2 6 Diskussion der Ergebnisse 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin, kovalent verankert in Si-MCM-41 Einfluß der Beladung. 5·10-6 mol SO/g Si-MCM-41 angeboten. Die kovalente Verankerung des Farbstoffes 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)-indolenin- 2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin (9’-TMS-propoxy-SO) (Kap. 5.6.1) führte zu einem Material, welches reverse Photochromie zeigte (SO: Spirooxazin): MC SO hQ o SO 'T o MC. Die Tetraalkoxysilanfunktion zur Silylierung des mesoporösen Materials ist bereits Substituent des Naphthoxazins, so daß das chemische Umfeld des Spirooxazins von den Silanolgruppen des Si-MCM-41 dominiert ist. Der Farbstoff trägt die TrimethoxysilylpropoxyFunktion an 9’-Position. Der Substituent zeigt +M- und -I-Effekt.32 Alkoxysubstituenten am Oxazinring führen zu einer bathochromen Verschiebung der Absorption des farblosen, geschlossenen SO im nahen UV-Bereich.33 Belichtung bei Ȝ = 500 nm bewirkte eine Abnahme der Absorption des MC bei Ȝ = 494 nm und eine Anhebung der Oxazinbanden bei Ȝ = 370 und 310 nm sowie der Indolbanden bei Ȝ = 265 und 230 nm (nicht abgebildet in Abb. 6.28).34 Die Kurvenschar durchläuft einen Punkt bei Ȝ = 415 nm, mit Ausnahme des Spektrums vor der Bestrahlung und nach abschließender, 5 Minuten andauernder Laserpulsbestrahlung. Die intesive Anregung führte allerdings nicht zu vollständig-reverser Photochromie. Die Messung des Dunkelverhaltens in Abbildung 6.28 wurde bereits nach einmaliger, fünfminütiger Einstrahlung begonnen. Aus den leicht veränderten Bedingungen resultierte eine zusätzliche Bandenschulter bei Ȝ § 405 nm. Dieses cis-cisoide Isomere/intercalate wurde teilweise zurück in die MC-Form konvertiert (isosbestische Punkte bei Ȝ = 358 und 442 nm), hatte aber eine beachtliche Stabilität, wie Abbildung 6.29, die Auftragung von Ȝmax gegen t, zeigt. Die Anregung mit UV-Licht hatte nur geringe Auswirkung auf die Absorption. Das Auftreten von fünf isosbestischen Punkte verdeutlicht aber, daß die photochemischen Prozesse des Wirt-Gast-Systems nicht unbedingt einheitlich ablaufen. 32 33 34 H. Beyer, W. Walter, Lehrbuch der Organischen Chemie, 22. Aufl., Hirtzel, Stuttgart, 1991. N. Chu, 4n+2 Systems: Spirooxazines, in Photochromism, H. Dürr, H. Bouas-Laurent (Ed.), Elsevier, Amsterdam 1990. N. Tyer, J. Becker, R. Becker, J. Am. Chem. Soc. 1970, 92, 1289. 6 Diskussion der Ergebnisse 217 0,7 0,7 0,6 0,6 F(R) F(R) 0,5 0,5 0,4 0,4 0,3 0,3 0,2 0,2 0,1 0,1 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation unter Lichtausschluß 0,0 0,0 300 400 500 600 700 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 700 Wellenlänge / nm Abbildung 6.28 Reflexionsspektren des kovalent im Si-MCM-41 verankerten 9’-TMSpropoxy-SO (5·10-6 mol/g angeboten).21 Die beiden Kurvenscharen wurden während unabhängiger Experimente aufgezeichnet. 0,45 0,45 494 nm 0,335 0,40 0,40 0,330 F(R) F(R) 0,325 0 60 120 180 0,35 0,35 0,30 0,30 0,25 0,25 0 120 240 360 480 600 720 0 60 120 180 Belichtung / s 800 Relaxation / min Abbildung 6.29 Photochromes Verhalten von 9’-TMS-propoxy-SO in Si-MCM-41 bei Ȝ = 494 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 218 6 Diskussion der Ergebnisse Einfluß der Beladung. 1·10-5 mol SO/g Si-MCM-41 angeboten. Die photochemischen Eigenschaften des höher beladenen Materials unterscheiden sich nur geringfügig (Abb. 6.30) von dem niedrigerer Beladung. Das höhere Angebot an 9’-TMS-propoxy-SO führte zu einem interessanten Phänomen: Anregung bei Ȝ = 500 nm ließ zunächst die Absorption des Farbstoffes im Sichtbaren (Ȝ = 496 nm) steigen, um dann unter Konversion in die geschlossene Form (isosb. Pkt. Ȝ § 400 nm) abzufallen. Auch die erwartete Intensitätserhöhung unter Lichtausschluß blieb aus. Die Absorption sank sogar. In Abbildung 6.31 äußern sich diese Vorgänge durch eine Spitze bei 60 s Belichtungszeit und eine negative Steigung in der Relaxation. Da dieses Verhalten einhergeht mit dem höheren Angebot an Farbstoff bei der Synthese, liegt die Vermutung nahe, es handle sich um Aggregation des Farbstoffes. Die großen, zylindrischen Poren des Si-MCM-41 lassen eine Wechselwirkung der Spirooxazine bei der Funktionalisierung des Materials zu. Eine Anregung wird wechselwirkende Farbstoffe trennen und so die Farbigkeit erhöhen. Nach Aussetzen der Belichtung würde dann ein Teil der Farbstoffmoleküle in den Ursprungszustand zurückkehren. Für dieses Modell spricht ebenfalls die breite Bandenschulter bei ca. Ȝ = 450 nm, die zu stark absorbiert, um der Propoxygruppe zugeordnet zu werden.33 6.2.3.2 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin, kovalent verankert in iodopropylfunktionalisiertem Si-MCM-41 Die Funktionalisierung des Wirtmaterials hat entscheidenden Einfluß auf die photochemischen Eigenschaften. In Abschnitt 6.2.3.1 wurden die Ergebnisse der Belichtung von Materialien, in denen ein Farbstoff mit Alkoxysilan-Anker eingebracht wurde, diskutiert. In einem solchen Material dominiert der Einfluß der polaren Silanolgruppen. Wenn der Verankerung des Trimethylindoleninnaphthoxazin-Chromophoren eine Funktionalisierung mit 3-Iodopropyltrimethoxysilan (5 µmol/g) vorangeht (Kap. 5.5.2), sollte die Stabilisierung der Isomere von Iodogruppen beeinflußt werden. Umsetzung mit K2CO3. 2·10-4 mol SO/g Si-MCM-41 angeboten. Das Ausgangsspektrum in Abbildung 6.33 zeigt die Absorption der offenen MC-Form bei Ȝ = 493 nm. Zunächst waren nur die Bandenlagen im fernen IR (Indolin-Teil) beeinflußt (s. a. Kap. 3.1). Die Anregung bei 6 Diskussion der Ergebnisse 219 0,7 0,7 0,6 0,6 F(R) F(R) 0,5 0,5 0,4 0,4 0,3 0,3 0,2 0,2 0,1 0,0 0,1 Belichtung bei O = 500 nm 300 400 500 600 700 Relaxation unter Lichtausschluß 0,0 300 Wellenlänge / nm 400 500 600 700 Wellenlänge / nm Abbildung 6.30 Reflexionsspektren des kovalent im Si-MCM-41 verankerten 9’-TMSpropoxy-SO (1·10-5 mol/g angeboten).21 0,55 0,55 496 nm 0,50 0,50 F(R) F(R) 0,45 0,45 0,40 0,40 0,35 0,35 0 120 240 360 480 600 Belichtung / s 0 60 120 180 Relaxation / min Abbildung 6.31 Photochromes Verhalten von 9’-TMS-propoxy-SO in Si-MCM-41 bei Ȝ = 496 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 220 6 Diskussion der Ergebnisse Ȝ = 500 nm resultierte in revers-photochromen Verhalten. Während die Absorption im Sichtbaren und die prominente Bande bei Ȝ = 253 nm an Intensität verloren, erschienen eine weitere Absorptionsspitze bei Ȝ = 361 und eine Bandenschulter bei 289 nm. Im Laufe der Bestrahlung war die Anregung dieser Übergänge nicht mehr möglich. Offensichtlich wird der Verlauf in den Abbildungen 6.32 und 6.34, in denen die hyperchrome und hypochrome Intensitätsveränderung jeweils einer stellvertretenden Bande dargestellt sind. Nach der Photokonversion erfolgte keine thermische Relaxation der MC-Form in Dunkelheit.18 Hingegen erfuhr das Material im Bereich zwischen Ȝ = 275 und 425 nm eine weitere Bleichung. Die neu auftretenden Banden sind sicher einem instabilen Isomeren einer offenen, ciscisoiden Form zuzuordnen. N. TAMAI und H. MASUHARA konnten in einer mechanistischen Untersuchung zeigen, daß nach Durchlaufen eines kurzlebigen Intermediates das Spirooxazin einen metastabilen Übergangszustand einnimmt, welcher geometrisch dem Isomeren X des Spiropyrans entspricht.35 Wahrscheinlich wurde solch eine cis-cisoide Geometrie durch Wechselwirkung mit nicht umgesetzten Iodogruppen stabilisiert (s. Zusammenfassung). 1,2 1,2 361 nm 1,0 1,0 F(R) F(R) 0,8 0,8 0,6 0,6 0,4 0,4 0 120 240 360 480 600 0 Verhalten 120 180 Relaxation / min Belichtung / s Abbildung 6.32 Photochromes 60 von 9’-Hydroxy-SO in Si-MCM-41 bei Ȝ = 361 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 35 N. Tamai, H. Masuhara, Chem. Phys. Lett. 1992, 191, 189. 6 Diskussion der Ergebnisse 221 4 4 Belichtung bei O = 500 nm Relaxation unter Lichtausschluß F(R) 3 F(R) 3 2 2 1 1 0 0 300 400 500 300 600 400 500 600 Wellenlänge / nm Wellenlänge / nm Abbildung 6.33 Reflexionsspektren des kovalent im Si-MCM-41 verankerten 9’-Hydroxy-SO (Iodopropylfunktionalisierung, 5 µmol/g angeboten; 2·10-4 mol SO/g angeboten, Umsetzung mit K2CO3,).21 0,8 0,8 493 nm F(R) F(R) 0,7 0,7 0,6 0,6 0,5 0,5 0 120 240 360 480 600 0 Verhalten 120 180 Relaxation / min Belichtung / s Abbildung 6.34 Photochromes 60 von 9’-Hydroxy-SO in Si-MCM-41 bei Ȝ = 493 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 222 6 Diskussion der Ergebnisse Es kann keine eindeutige Aussage zur Photochromie gemacht werden. Ob eine Konversion oder ein Abbau erfolgte, muß in weiteren Untersuchungen geklärt werden. MC hQ o X MC hQ o SO? X 'T o ? Umsetzung mit Pyridin. 1·10-4 mol SO/g Si-MCM-41 angeboten. Das Ausgangsspektrum von 9’-Hydroxy-SO, kovalent verankert unter Aktivierung mit Pyridin, zeigt, daß der Farbstoff bereits im unbelichteten Material vermutlich in der stabilisierten X-Form vorliegt. Sowohl Belichtung im Sichtbaren als auch mit UV-Licht (Abb. 6.35) führten zu starkem hyperchromen Effekt ohne Verschiebung der Bandenlagen (Ȝ = 261, 289 und 364 nm) oder Konversion zur trans-Form. Die mit Licht der Wellenlänge Ȝ = 500 nm bestrahlte Probe zeigte unter Lichtausschluß keine Relaxation, sondern eine weitere, geringe Anhebung der Intensität. Die Anregung bei Ȝ = 357 nm ließ die Absorption stark ansteigen, jedoch strebte die Intensität rasch einem Grenzwert zu, was sowohl bei Auftragung der Intensität gegen Belichtungsdauer als auch Dunkelzeit ersichtlich ist (Abb. 6.36). Die Funktionalisierung der inneren Oberfläche mit der Iodopropylfunktion führt offensichtlich zu der Stabilisierung eines Intermediates X. Stickstoffsorptionsmessungen ergaben, daß durch den Einsatz von Pyridin als Aktivator der Porendurchmesser überproportional reduziert wird (Kap. 5.6.1). Der durchschnittliche Porendurchmesser beträgt beispielsweise 24,5 Å für die hier beschriebene Probe. Der Porendurchmesser des Materials aus dem vorangegangenen Abschnitt, zu dessen Herstellung der Farbstoff mit K2CO3 umgesetzt wurde, ist 2 Å größer. Dies zeigt, daß die Farbstoffbeladung nach Pyridinaktivierung sehr viel höher ist. In den verengten Poren haben sterische Effekte größeren Einfluß. 6.2.3.3 Zusammenfassung Zusammenfassung. Das chemische Umfeld des in Wirtmaterial eingelagerten Farbstoffes hat entscheidende Einfluß auf das photochrome Verhalten. Ausgeprägter reverser Photochromismus ist dann zu erwarten, wenn die farbigen trans-transoiden Formen durch polare Lösemittel respektive polare Oberflächenmodifizierung des Poreninneren stabilisiert werden. Der Ver- 6 Diskussion der Ergebnisse 223 20 20 Relaxation unter Lichtausschluß Belichtung bei O = 357 nm 15 15 F(R) F(R) 10 10 5 5 0 0 300 400 300 500 400 500 Wellenlänge / nm Wellenlänge / nm Abbildung 6.35 Reflexionsspektren des kovalent im Si-MCM-41 verankerten 9’-Hydroxy-SO (Iodopropylfunktionalisierung, 5 µmol/g angeboten; 1·10-4 mol SO/g angeboten, Umsetzung mit Pyridin).21 12 12 10 10 F(R) 8 8 6 6 4 4 2 2 F(R) 364 nm 0 0 0 120 240 360 480 600 0 Belichtung / s Abbildung 6.36 Photochromes Verhalten von 60 120 180 Relaxation / min 9’-Hydroxy-SO in Si-MCM-41 bei Ȝ = 364 nm. (l.) Photobleichung durch Einstrahlung bei Ȝ = 500 nm, (r.) Relaxation in Dunkelheit. 224 6 Diskussion der Ergebnisse CH3 CH3 CH3 G+ CH3 G+ N (CH2)3 X N G CH3 _ SO3 O N(CH3)3 N(CH3)3 (CH2)3 (CH2)3 H a O _ G b O Abbildung 6.37 Stabilisierung der zwitterionischen MC-Form des Spiropyrans durch (a) Silanolgruppen und (b) tertiäre Ammoniumfunktion. gleich des Materials mit ionisch angebundenem N-BIPS (Kap. 6.2.3.1) zu in-situ-synthetisch in DAY (Si/Al = 129, Kap. 6.2.2.1) eingelagertem Farbstoff bestätigt die Annahme. Sowohl die tertiäre Ammoniumfunktion als auch die Silanolgruppen begünstigen die zwitterionische Form (Abb. 6.37). Die geringere Stabilisierung der Photoprodukte ist auch auf die größere räumliche Freiheit in den Poren des funktionalisierten Si-MCM-41 zurückzuführen. Auch die Verankerung des Spirooxazins 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin, welche keine vorherige Funktionalisierung bedarf, führte zu vielversprechenden Materialien. Anscheinend bedeutet ein hohes Angebot an Farbstoff ( 10-5 mol/g Ausgangsmaterial) bei der Anbindung eine Aggregation im Wirtgitter, was sich aber nicht nachteilig auf die Stabilität der Photoprodukte auswirken muß. Untersuchungen zur Langzeitstabilität des optisch geschalteten Materials stehen noch aus. Höchste Farbigkeit und größter Intensitätsunterschied wurde allerdings durch Anwendung kleinerer Mengen Spirooxazin erhalten. Auch hier ist selbst nach 14 h Beobachtung nur geringe Relaxation zu vermerken (Abb. 6.29). Wurde in schrittweiser Funktionalisierung der Si-MCM-41 zunächst mit einer Iodofunktion modifiziert und dann der Spirooxazin-Chromophor verankert, hing es von den Parametern der Umsetzung ab, ob die MC-Form die dominierende Spezies war. Belichtung führte in allen Fällen zur kurzzeitigen Bildung eines cis-cisoiden Intermediates X. Die Instabilität ließe sich mit schneller Konversion oder Zerfall sowohl unter Belichtung als auch in Dunkelheit erklären. 6 Diskussion der Ergebnisse 225 CH3 CH3 CH3 N X CH3 O a Abbildung 6.38 G+ N N _ IG G + G CH3 R b _ CH3 N O (CH2)2 O (CH2)3 Stabilisierung der cisoiden Formen des Spirooxazins durch (a) Oxidation zum Naphthoxazol und (b) Komplexbildung mit Iodofunktion. Tatsächlich wurde in einer Reihe Publikationen berichtet, daß bei Belichtung in Gegenwart von Sauerstoff ein photooxidativer Degradationsprozeß abläuft.36, 37, 38, 39 Dabei führen der Triplett- und der Singulett-Weg über die MC-Form zu einem charge-transfer-Komplex des Types MC+…O2-, der in Oxidationsprodukte zerfällt. Hierbei soll der Sauerstoff bevorzugt am quarternären Indoleninium-Ion angreifen.7 Auch in Dunkelreaktion kann es zu konkurrierenden Reaktionen des Merocyanins kommen: Eine Entfärbung sei auf den Schluß eines Fünfringes zurückzuführen.40 Das Oxidationsprodukt, ein Naphthoxazol (Abb. 6.38 (a)) solle durch Wechselwirkung des MC mit geeigneten Elektronenakzeptoren, aktiviertem Sauerstoff (O2-·, 1O2) oder unter Lösemitteleinfluß entstehen. Das chemische Umfeld des über schrittweise Funktionalisierung verankerten Spirooxazins ist von Iodogruppen dominiert. Durch die Modifikation wurde der Porendurchmesser gegenüber dem Ausgangsmaterial um 8 Å verkleinert (Kap. 5.5.2). Gerade der Einsatz von Pyridin als Aktivator machte die Anbindung erheblich effizienter. Der Einfluß des Aktivators kann ebenso zur Förderung einer Nebenreaktion zur Anbindung an den 9’-Substituenten führen, der Ausbildung eines Komplexes mit der Iodofunktion (Abb. 6.38 (b)). Dieses Modell könnte auch die Intensitätssteigerung der dem X-Isomer zugeschriebenen Banden bei Belichtung im Sichtbaren erklären: nach Ringöffnung kann Komplexierung eintreten. 36 37 38 39 40 G. Baillet, G. Gusti, R. Guglielmetti, J. Photochem. Photobiol. A: Chemistry 1993, 70, 157. V. Malatesta, M. Milosa, R. Millini, L. Lanzini, P. Bortolus, S. Monti, Mol. Cryst. Liq. Cryst. 1994, 246, 303. A. Firth, D. McGarvey, T. Truscott, Mol. Cryst. Liq. Cryst. 1994, 246, 295 C. Salemi, G. Gusti, R. Guglielmetti, J. Photochem. Photobiol. A: Chemistry 1995, 86, 247. V. Malatesta, R. Millini, L. Montanari, J. Am. Chem. Soc. 1995, 117, 6258. 226 6 Diskussion der Ergebnisse 6.2.4 Weitere photochrome Wirt-Gast-Systeme in Si-MCM-41 6.2.4.1 Dithienylmaleinsäureanhydrid, kovalent verankert in aminofunktionalisiertem Si-MCM-41 Der Farbstoff 2,3-Bis(2,4,5-trimethylthiophen-3-yl)-maleinsäureanhydrid wurde über Maleinimidbindung im aminofunktionalisierten Si-MCM-41 verankert (Kap. 5.6.1). Diarylethene wie auch ihre Maleinsäureanhydrid- und Maleinimidderivate sind photoschaltfähig. Die Derivatisierung resultiert in einer Blauverschiebung des Absorptionsspektrums, doch die photochromen Eigenschaften bleiben beim Einführen der Cykloalkenfunktionen erhalten.41 Die Zyklisierungsreaktion der Diarylethene verläuft photochemisch nach WOODWARD und HOFFMANN als konrotatorischer Prozeß und kann nur vom anti-parallelen Konformeren der offenen Form eingegangen werden. Abbildung 6.39 zeigt die anti-parallele und parallele Konformation. Eine Interkonversion der Konformeren findet statt, und auch eine thermische Cyclisierung des parallelen Konformeren ist erlaubt. Dieser disrotatorische Prozeß wird durch das Anbringen von Alkylresten sterisch verhindert. Das leicht gelbliche Material wurde sowohl bei Ȝ = 500 als auch 357 nm angeregt. In beiden Fällen konnte Photoreaktion beobachtet werden. Die Belichtung bei Ȝexc = 500 nm führte R N O CH3 H3C CH3 hQ' O H3C H3C R N hQ O CH3 CH3 S HC 3 H3C O S H3C S CH3 hQ H3C O R N O CH 3 CH3 S S H3C anti-parallel S CH3H3C parallel CH3 Abbildung 6.39 Photoinduzierte Zyklisierung und Zykloreversion eines Dithienylmaleinimids. Verbot der Photocyclisierung der parallen Konformation. 41 M. Irie, Chem. Rev. 2000, 100, 1685. 6 Diskussion der Ergebnisse 227 0,4 Belichtung bei O = 357 nm F(R) Abbildung 6.40 0,2 Reflexionsspektren des kovalent im b Si-MCM-41 verankerten Diarylmaleinsäureanhydrids. Schrittweise Belichtung.21 (a) Ausgangszustand, (b) a 0,0 400 nach Belichtung. 500 600 Wellenlänge / nm zu einer Abnahme breiter Absorption bei Ȝ § 300 und 400 – 500 nm. Es wurde eine starke Erhöhung der Farbigkeit durch Ringöffnung bei Belichtung im UV-Bereich erwartet. M. NOGAMI und Y. ABE konnten beispielsweise Photoschaltung mit großem Intensitätsunterschied der 535 nm-Bande zwischen den Photoprodukten des Dicyanothienylethens in Silikagel erreichen.42 Auch die Einlagerung in PMMA oder kristalline Filme wurde berichtet.43, 44 Abbildung 6.40 zeigt nur einen geringen Anstieg der Absorption im Bereich zwischen Ȝ § 450 und 600 nm nach der Anregung. Dieser Zustand scheint allerdings thermisch stabil zu sein, denn auch nach 3 h konnte keine nennenswerte Relaxation beobachtet werden. Die geringe Veränderung der Absorption könnte auf eine geringe Einbaurate zurückzuführen sein, aber auch Hinweis auf unvollständige Ausbildung der Cycloalkenstruktur des Maleinimides sein, was E-Isomere ermöglicht und somit Photokonversion erschweren würde. Eine Variation der Kopplungsreaktion oder die Einführung einer Alkoxysilanankergruppe könnte die photochemischen Eigenschaften verbessern. 6.2.4.2 4’-Dimethylaminoazobenzol-4-carbonsäure, kovalent verankert in aminofunktionalisiertem Si-MCM-41 Die kovalente Anbindung des Azofarbstoffes im mesoporösen Silikat (Kap. 5.5.1) führte zu keiner Stabilisierung der Photoprodukte. C. SCHOMBURG beschreibt ebenfalls schnelle Relaxation für physisorbierte Azofarbstoffe in verschiedenen Matrices.15 42 43 M. Nogami, Y. Abe, J. Mater. Sci. 1995, 30, 5789. S. Kawata, Y. Kawata, Chem. Rev. 2000, 100, 1777. 228 6 Diskussion der Ergebnisse 6.2.4 Kinetische Untersuchungen zur thermischen Relaxation Einführung. In den vorangegangenen Abschnitten wurde das photochrome Verhalten darge- stellter Materialien beschrieben. Die Untersuchungen bezogen sich hauptsächlich auf die reverse Photochromie der offenen trans-Formen der Spiropyrane und Spirooxazine und dienten auch zur Kalkulation kinetischer Daten. Die Absorption der jeweiligen Bandenmaxima wurde zunächst normiert. Dazu wurden die relaxationszeitabhängigen F(Rt)-Werte in folgende Gleichung eingesetzt: y (t ) F( Rf ) F( Rt ) , F( Rf ) F( R0 ) (6.5) wobei diese Funktion gegen die Zeit t aufgetragen werden kann. Aus vielen Literaturstellen ist zu entnehmen, daß die Relaxation von direkter oder auch inverser Photochromie in Lösung zumeist dem Geschwindigkeitsgesetz erster Ordnung gehorcht. In porösen Stoffen und Silikagelen eingelagert oder auch in flüssigkristalliner Anordnung gelten meist Geschwindigkeitsgesetze höherer Ordnung, weil im Gegensatz zur homogenen Verteilung im Lösungsmittel unterschiedliche Einflüße der Umgebung wirken können. Läßt sich die Relaxation durch ein Gesetz erster Ordnung beschreiben, so ist die Berechnung der kinetischen Daten am einfachsten: d F( R) dt F ( Rt ) d F( R) ³ F( R) F ( R0 ) ln F( Rt ) F( R0 ) k F( R ) Reaktion erster Ordnung (6.6) t ³k d t (6.7) 0 kt oder F( Rt ) F( R0 ) e k t . (6.8) Wenn man nun den Term der diffusen Reflexion in Gleichung 6.8 durch den normierten Ausdruck (Gl. 6.5) ersetzt, erhält man eine Geradengleichung.45, 46 Eine logarithmische Auftragung läßt sich über lineare Regression auswerten; die Steigung entspricht der Geschwindigkeitskonstanten k. Die Halbwertzeit hängt nicht von der Absorption zu Beginn der Dunkelreaktion ab: 44 45 Z. Gu, T. Iyoda, A. Fujishima, O. Sato, Adv. Mater. 2001, 13, 1295. X. Song, J. Zhou, Y. Li, Y. Tang, J. Photochem. Photobiol. A: Chem. 1995, 92, 99. 6 Diskussion der Ergebnisse k t1 / 2 t1 / 2 ln 1 2 F( R0 ) F( R0 ) 229 ln 12 ln 2 ln 2 . k (6.9) (6.10) Wie aus der qualitativen Betrachtung der der Vorgänge bei Belichtung ersichtlich ist, laufen in den Wirt-Gast-Materialien zumeist komplexe Vorgänge ab. Eine einheitliche Konversion von einem Isomeren in ein anderes ist nicht der Regelfall. Selbst wenn der Relaxationsvorgang scheinbar erster Ordnung ist, handelt es sich doch oft um ein Gesetz pseudo-erster Ordnung. Um Abklingverhalten zu beschreiben, das nicht einem Gesetz erster Ordnung gehorcht, werden oft bi-exponentielle Annäherungen gewählt oder GAUß-Modelle genutzt.47, 48, 12, 49 Zur Beschreibung eines Bleichverhaltens wird in dieser Arbeit ebenfalls eine ZweikomponentenKinetik erster Ordnung gewählt: y (t ) A1 e k1t A2 e k 2t y th , (6.11) wobei die Amplituden An die Größen der Anteile der langsamen und schnellen Komponente an der Absorption zur Zeit t = 0 beschreiben und yth das thermische Gleichgewicht der zwei Komponenten widerspiegelt. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, daß es sich gerade bei dem Photochromismus eingelagerter Farbstoffe in anorganischen Matrices meiner Ansicht nach meist um komplexere Kinetik handelt, die Gesetzen höherer Ordnung gehorcht. Dafür spricht allein die Vielzahl an Parametern, die diese Systeme beeinflussen. Der fit der thermischen Relaxation mit unterschiedlichen bi-exponentionellen Funktionen führte oft zu widersprüchlichen, unsinnigen oder nicht eindeutigen Ergebnissen. Die ermittelten kinetischen Parameter sind ebenso stark von der Wahl der Startwerte vor dem fit abhängig wie von der Wahl des zugrundeliegenden Gesetzes. Daher scheint mir die Annahme pseudo-erster Ordnung auch bei schlechterer Anpassung oft die ehrlichere Alternative. Weiterführende kinetische Untersuchungen müßten einer eingehenden theoretischen Betrachtung der geschilderten Phänomene folgen. 46 47 48 49 X. Fu, X. Hu, X. Ye, L. Jiang, Colloids Surfaces A: Physicochem. Eng. Aspects 1996, 117, 95. J. Galvin, G. Schuster, Supramolecular Science 1998, 5, 89. K. Takagi, T. Kurematsu, Y. Sawaki, J. Chem. Soc. Perkin Trans. 1995, 2, 49. J. Biteau, F. Chaput, J.-P. Boilot, Mol.Cryst. Liq. Cryst. 1997, 297, 9024. 230 6 Diskussion der Ergebnisse 1,0 F( Rf ) F( Rt ) F( Rf ) F( R0 ) 0,9 0,8 0 60 120 180 t / min Abbildung 6.41 Thermische Relaxation nach Belichtung bei Ȝ = 500 nm. (¨) N-BIPS und (Ÿ) Dinitro-BIPS in DAY mit Si/Al = 63 sowie (ż) TMS-propoxy-SO (5·10-6 mol/g) und (Ɣ) N-Sulfonyl-N-BIPS in Iodo-Si-MCM-41. Relaxationsverhalten. Die unterschiedlichen Wirt-Gast-Systeme zeigen Differenzen im Re- laxationsverhalten. Abbildung 6.41 gibt hierfür vier Beispiele: N-BIPS in DAY mit Si/Al = 63 und TMS-propoxy-SO (5·10-6 mol/g) in Si-MCM-41 zeigen eine verlangsamte Relaxation. Die beiden Spirochromen verhalten sich sehr ähnlich; die Wahl des Wirtmaterials ist nur ein Parameter, der die Stabilität des Schaltzustandes beeinflußt. Auch ein Stillstand der thermischen Rückschaltung ist möglich, wie die Auftragung des Absorptionsverhaltens von Dinitro-BIPS in DAY mit Si/Al = 63 oder N-Sulfonyl-N-BIPS in Iodo-Si-MCM-41 darstellt. Im ersteren Fall folgte geringer Rückschaltung sogar eine weitere Bleichung im Dunkeln. 0,00 ln F( Rf ) F( Rt ) -0,05 F( Rf ) F( R0 ) -0,10 Abbildung 6.42 -0,15 Logarithmische Auftragung der Relaxation erster Ordnung von TMS-propoxy-SO (5·10-6 mol/g) in Si-MCM-41 nach Belichtung -0,20 -0,25 bei Ȝ = 500 nm. -0,30 0 120 240 360 480 600 720 840 t / min 6 Diskussion der Ergebnisse 231 Die Tabelle 6.1 gibt eine Übersicht der kinetischen Daten der in den vorangegangenen Abschnitten besprochenen Wirt-Gast-Systeme. Die Geschwindigkeitskonstanten wurden bis auf eine Ausnahme unter Annahme erster Reaktionsordnung ermittelt. Abbildung 6.42 (TMSpropoxy-SO (5·10-6 mol/g)) ist Beispiel für die Anwendung der geometrischen Methode. In diesem Falle wurde nach 14 h unter Lichtausschluß ein weiteres Spektrum aufgenommen, standardmäßig wurden die Beobachtungen allerdings nach 3 h abgebrochen. Solch eine verlangsamte Relaxation wie im vorangegangenen Beispiel war charakteristisch für die Rückschaltung des MCH+-Isomeren in DAY mittlerer Dealuminierung und der Geschwindigkeitskonstanten k und Halbwertzeiten t1/2 der thermischen Rela- Tabelle 6.1 xation einiger ausgewählter Wirt-Gast-Materialien nach Belichtung bei Ȝ = 500 nm. Gemessen wurde die Absorption der trans-Form im langwelligen Bereich. Ausnahmen sind durch Fußnote oder hochgestellte nm-Angabe kenntlich gemacht. Farbstoff k / s-1 WirtmaterialSi/Al HY2,9 N-BIPS Stabilisierung Abb. — 6.6 DAY27 1,7·10-5 11,3 6.8 DAY63 7,0·10-6 27,5 6.10 DAY129 Methoxy-N-BIPS § DAY129 Dinitro-BIPS DAY N-Sulfonyl-N-BIPS t1/2 / h AmmoniumSi-MCM-41 Stabilisierung — 6.12 (441k) 5,1·10-4 0,36 6.18 Stabilisierung — 6.20ff Stabilisierung — 6.26 TMS-propoxy-SO 5·10-6 mol/g 1·10-5 mol/g 6,9·10-6 28,0 6.29 Si-MCM-41 Stabilisierung — 6.31 Stabilisierung — 6.34 Hydroxy-SO 2·10-4mol/g -4 Pyr., 1·10 mol/g § # Iodo-Si-MCM-41 (364k1, A1 = 0,27) 1,8·10-3 (364k2, A2 = 0,37) 1,9·10-4 Messung direkter Photochromie bei Ȝ = 441 nm. # 1,33 6.36 Belichtet bei Ȝ = 357 nm. A = Amplitude. 232 6 Diskussion der Ergebnisse MC-Form von TMS-propoxy-SO, gering konzentriert in Si-MCM-41. Durch Einflüsse sterischer Einschränkung des Wirtmaterials und mit den cis-cisoiden Isomeren wechselwirkenden Oberflächenfunktionalisierungen folgte oftmals auch eine Stabilisierung der Photoprodukte nach einer Phase der Relaxation, so etwa bei N-Sulfonyl-N-BIPS in ammoniumfunktionalisiertem Si-MCM-41. Hier folgt einer Rückschaltung mit k § 2·10-4 s-1 die Stabilisierung. Ein eigentümliches Phänomen resultiert aus der Anregung des Dinitro-BIPS im DAY. Alle Proben zeigen eine schnelle Colorierung (k § 10-3 s-1), die auf einen Umkehrpunkt zustrebt. Im weiteren Verlauf setzte wiederholt Entfärbung ein (Abb. 6.19 – 24). In einer Reihe Materialien ist dieses Verhalten extrem ausgeprägt: unmittelbar nach der Belichtung tritt keine Veränderung ein oder es sinkt sogar die Absorption im Sichtbaren. Als Beispiel sind N-BIPS im HY-Zeolithen oder weitestgehend dealuminierten Faujasiten, TMS-propoxy-SO höherer Beladung in Si-MCM-41 oder Hydroxy-SO, kovalent angebunden im Iodo-Si-MCM-41 (2·10-4mol/g angeboten) zu nennen. Es wurde in Abschnitt 6.2.2.2 bereits ausführlich auf die Stabilisierung eines mutmaßlichen Intermediates 3MC* des Methoxy-N-BIPS eingegangen. Bedingt durch die Langlebigkeit von Übergangszuständen beeinflussen komplexe Vorgänge das photochrome Verhalten dermaßen, daß eine Anwendung beispielsweise als Speichermedium nicht sinnvoll erscheint. Es wurden aber in guter Annäherung die kinetischen Daten von 3MC* in DAY (Si/Al = 129) ermittelt. Verschiedene bi-exponentielle fits führten zu keinem sinnvollen Ergebnis. Die Abnahme der Absorption bei Ȝ = 441 nm kann aber als Reaktion erster Ordnung mit k § 5·10-4 s-1 beschrieben werden, wobei zu späterem Zeitpunkt eine Beschleunigung des Vorganges einsetzt. Bei der durchgeführten Meßreihe betrug die Halbwertzeit t1/2 § 20 min. Wurde Hydroxy-SO unter Aktivierung mit Pyridin kovalent angebunden, trat nach Anregung bei Ȝexc = 357 nm ebenfalls direkte Photochromie auf (Kap. 6.2.3.2–3). Der durch die 1,0 F( Rf ) F( Rt ) F( Rf ) F( R0 ) Abbildung 6.43 0,8 Bi-exponentieller fit der Relaxation bei Ȝ = 364 nm von Hydroxy-SO (1·10-4 mol/g mit Pyridin umgesetzt) in Iodo-Si-MCM-41 0,6 nach Belichtung bei Ȝ = 357 nm. 0,4 0 3600 7200 t/s 10800 6 Diskussion der Ergebnisse 233 effektive Kopplungsreaktion hochbeladene Iodo-Si-MCM-41 (1·10-4mol/g angeboten) stabilisierte ein Isomer mit X-ähnlicher Geometrie (Kap. 6.2.1). Erst bei geringerer Beladung dominierte reverse Photochromie des MC-Isomeren. Beispielhaft wird die Degradation der einer X-Form zugeordneten Bande auf einen Grenzwert untersucht. Die bi-exponentielle Funktion 6.11 führte zu einer guten Annäherung (Abb. 6.43). Möglicherweise existieren zwei Formen mit ähnlichen elektronischen Übergängen, welche unterschiedliche Stabilisierung erfahren. Erklärungsvorschläge für solche Phänomene wären Inhomogenitäten des chemischen Umfeldes der Photoprodukte,12 Unregelmäßgkeiten in der Porenausdehnung,47 als Gedankenmodell vielleicht auch die Reaktion induzierter Dipole der Iodofunktion des Wirtmaterials mit einem Teil der offenen Form des Farbstoffes (Abb. 6.37). Die Geschwindigkeitskonstanten aus dem bi-exponentiellen fit der Absorption bei Ȝ = 364 nm in Abbildung 6.43 sind k1 = 1,8·10-3 s-1 und k2 = 1,9·10-4 s-1, wobei die zweite Komponente stärkeren Einfluß hat (Tab. 6.1). Der Vergleich mit Literaturdaten zeigt die außergewöhnliche Stabilität der cis-cisoiden Photoprodukte in hochgeordneten, porösen Materialien. D. LEVY und D. AVNIR gelang durch Verkapselung von N-BIPS in einem silikatischen Sol-Gel-Material eine Verringerung der thermischen Relaxation gegenüber Ethanol als Lösemittel von k = 3,8·10-4 auf 1,7·10-5 s-1 (t1/2 § 11,5 h). 9, 10 Im Rahmen dieser Arbeit konnte durch in situ-Synthesen in unterschiedlich stark dealuminierten Faujasiten bei großen Intensitätsunterschieden zwischen den Schaltzuständen je nach Art der Photokonversion der Relaxationsprozeß weiter verzögert (Si/Al = 63; k = 7,0·10-6 s-1) oder sogar zum Stillstand (Si/Al = 129) gebracht werden. Diese Stabilisierung ist zumindest teilweise auf eine sterische Behinderung der Bildung von Konformeren der farbiger Form zurückzuführen. Verschiedene Autoren haben eine Zunahme dieses „Käfigeffektes“ mit fortschreitender Kondensation von Gelen beschrieben.10, 50 Den großen Einfluß des chemischen Umfeldes auf das photochrome Verhalten verdeutlichen weitere Vergleiche: das über Substitution mit einer Sulfonylpropyl-Funktion an der NPosition modifizierte N-BIPS wurde in Si-MCM-41 mit quarternärer Ammoniumfunktion verankert. Bei ausreichender räumlicher Freiheit im mesoporösen Wirt konnte nach anfänglicher Rückschaltung (k § 2·10-4 s-1) eine Stabilisierung festgestellt werden, die sicher nicht nur auf Käfigeffekte zurückzuführen ist. T. VESELOVA et al. zeigten, daß in mesoporöses Glas (d § 70 Å) physisorbiertes N-BIPS bei der Relaxation nur Halbwertszeiten von t1/2 = 5 bis 50 D. Preston, J.-C. Pouxviel, T. Novinson, W. C. Kaska, B. Dunn, J. Zink, J. Phys. Chem. 1990, 94, 4167. 234 6 Diskussion der Ergebnisse 10 min (k = 1,2·10-3 s-1) erreicht.26 Auch die Physisorption in Si-MCM-41 und Al-MCM-41 von I. CASADES et al. erhöht die Halbwertszeit der Relaxation nur auf t1/2 § 1/4 h.51 Kovalent über die N-Position an Glasoberflächen angebundenes N-BIPS relaxiert in Gesellschaft einer polaren co-Silylierung mit t1/2 § 90 min, wie J. GALVIN und G. SCHUSTER beschrieben.47 Für die Kinetik der reversen Photochromie von spirooxazin-beladenen Matrices konnten keine Beispiele gefunden werden. Zur kinetischen Auswertung ist weiterhin anzumerken, daß die Messung von Photochromie mit einem UV/Vis-Spektrometer selbst die zu untersuchende Eigenschaft ändert. C. SCHOMBURG fand in Abhängigkeit von der Häufigkeit der durchgeführten Messungen eine leichte Beeinflussung desRelaxationsverhaltens.15 Problematisch ist ebenfalls der relativ kurze Untersuchungszeitraum von meist 3 h. Für genauere Untersuchungen müßte die Anzahl der Experimente vervielfacht werden und diese über mehrere Tage ausgedehnt werden. Photoschaltung. Exemplarisch ist in Abbildung 6.44 die Photoschaltung eines Spirooxazins in Iodo-Si-MCM-41 gezeigt. Die Auftragung zeigt allerdings nur die prinzipielle Möglichkeit der reversiblen Schaltung. Der Meßaufbau eignete sich nicht für den schnellen Wechsel der Anregungswellenlänge (Kap. 6.1). Die Anregung erfolgte mit geringer Pumpleistung und besonders bei Ȝexc = 357 nm mit sehr schlechter Strahlqualität sowie sehr großen Zeitunterschieden. Weiterführende Untersuchungen mit einem verbesserten Instrumentarium wären nötig, um zu klären, ob ein Konkurrenzprozeß zur Photoschaltung zur Abnahme der Absorption mit der Zeit führte. Spirooxazine zeigen zum einen eine hohe Stabilität gegen UVStrahlung, neigen aber bei langer Bestrahlung zu progressiver Photozersetzung.12 F(R) Belichtung bei O = 500 nm 0,6 Abbildung 6.44 Photoschaltung von Hydroxy-SO (1·10-4 mol/g) in 0,5 Iodo-Si-MCM-41 durch Belichtung bei Ȝ = 500 (re0,4 Belichtung bei O = 357 nm 0,3 verse Photochromie) und bei Ȝ = 357 nm (direkte P.). Die diffuse Reflexion wurde bei Ȝ = 495 nm gemessen. Anregung 51 I. Casades, M. Álvaro, H. García, M. Pillai, Photochem. Photobiol. Sci. 2002, 1, 219. 7 Weiterführende Untersuchungen 235 7 Weiterführende Untersuchungen zu Charakterisierung und Anwendung 7.1 Kovalent im Si-MCM-41 angebundener Cy5Farbstoff in der Einzelmolekülspektrometrie Die theoretischen Grundlagen zur Einzelmolekülspektroskopie durch konfokale Mikroskopie finden sich in Kapitel 4.6. Die Messungen wurden von C. HELLRIEGEL und C. SEEBACHER aus der Arbeitsgruppe von Prof. Bräuchle an der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt. Durch die Untersuchung des Wirt-Gast-Systems, bestehend aus Si-MCM-41 und einem kovalent angebundenen Farbstoff haben wir uns Antworten auf folgende Fragen erhofft: (i) sind die Gäste – wie postuliert – homogen in der anorganischen Matrix verteilt, (ii) hat die Belegung der äußeren Oberfläche des Si-MCM-41 Auswirkung auf die Verteilung des Farbstoffes und (iii) sind die verankerten Farbstoffmoleküle frei beweglich oder weisen sie eine Orientierung zum Gitter auf? In vorangegangenen Experimenten der Arbeitsgruppe Bräuchle konnte bereits die Translationsbewegung von einzelnen Terrylendiimidmolekülen in Si-MCM-41 verfolgt werden. Der Diffusionskoeffizient betrug 10-10 cm2/s. Es konnte eine homogene Verteilung festgestellt werden.1 Um die Fluoreszenz-Einzelmolekülspektroskopie anwenden zu können, müssen Vorgaben bezüglich Wirtmaterial und Farbstoff erfüllt werden. Das Wirtmaterial muß eine bestimmte Partikelgröße haben. Wie in Abschnitt 4.6 erläutert, hat das konfokale Volumen im Brennpunkt der Apparatur die Gestalt eines Ellipsoiden mit 236 7 Weiterführende Untersuchungen den Dimensionen ~ 300 nm zu 600 – 800 nm. Ein zu untersuchender Partikel muß mindestens die Größe dieses Volumens haben, sollte aber sinnvollerweise mehrere µm groß sein. Um Licht effizient in das anorganische Trägermaterial einzukoppeln und um Streuung der Anregungsstrahlung zu vermeiden, sollten die Pulverproben in ein viskoses Medium eingelegt werden. Dabei ist ein index matching notwendig. Im Idealfall sind die Brechungsindices von Probe und Medium gleich. Die Größe des Farbstoffes muß auf die Porengröße abgestimmt sein. Die Photostabilität der Moleküle sollte möglichst groß sein, damit viele scans durchgeführt werden können. Dabei ist eine Fluoreszenzquantenausbeute ĭfl von über 10 % gefordert, wobei die Anregungswellenlänge Ȝexc zwischen 570 und 700 nm liegen sollte. Dabei ist auch eine Anregung über die Bandenschulter möglich. Es werden von einer Probe jeweils bulk- und Einzelmoleküluntersuchungen durchgeführt. Für die bulk-Probe des Farbstoffes im Wirtgitter sind Konzentrationen bis 10-6 mol/g sinnvoll. Die Einzelmolekülspektroskopie kann allerdings nur für sehr niedrige Konzentrationen angewandt werden. Messungen bei Raumtemperatur erfordern 10-11 – 10-13 mol/g. Bei Tieftemperaturexperimenten ist eine höhere Beladung des Wirtes von 10-8 – 10-9 mol/g zur spektralen Selektion der Chromophoren möglich. Fluoreszenzfarbstoff. Als Gast wurde der Cyaninfarbstoff 1-Ethyl-1’-[hexansäure-N-succinimidester]-indodicarbocyanin-6,6’-disulfonsäure ausgewählt (Abb. 7.1). Der Farbstoff wird von AMERSHAM PHARMACIA BIOTECH™ unter dem Handelsnamen Cy™5 vertrieben und O O H Si O CH3 CH3 O3S N H3C H3C SO3 H O N N O CH3 O O Abbildung 7.1 Der Indocarbocyaninfarbstoff Cy5 wird mittels Peptidbindung an der aminofunktionalisierten Oberfläche des Si-MCM-41 angebunden. 1 F. Deeg, C. Seebacher, J. Rau, T. Ruppert, C. Bräuchle, 12. Deutsche Zeolithtagung 2000. 237 Absorption / a. u. 7 Weiterführende Untersuchungen 300 400 500 600 700 800 Wellenlänge O / nm Abbildung 7.2 Anregungs- und Fluoreszenz-Emisssionspektrum (starker Strich) von Cy5 in Wasser. zählt zu den Indodicarbocyaninfarbstoffen.2 Cyaninfarbstoffe werden unter anderem als Detektoren für Wechsel in Membranpotentialen und als Fluoreszenzmarkierung für Biomoleküle in der life science verwendet.3 Durch Fluoreszenzmarker ist nicht-radioaktives labelling von DNA, Oligonukleotiden etc. möglich.4 Cy5 fluoresziert im fernen Rot des sichtbaren Spektrums und wird daher in Gesellschaft andere Fluoreszenzmarker in der Mehrfarbenanalyse verwendet. Je länger die Alkylkette des Chromophoren, desto langwelliger absorbiert und fluoresziert er. Die Farbstoffklasse hat, begünstigt durch die Stabilität gegen photobleaching, Eingang in die Analytik von Mikroarrays mit CCD-Kameradetektion gefunden.5 Das Absorptionsmaximum des Chromophoren liegt bei Ȝ = 649 nm, das Emmisionsmaximum bei Ȝ = 670 nm, wobei die Quantenausbeute ĭfl 0,28 beträgt (Abb. 7.2). Als Gastmaterial wurde aminofunktionalisierter Si-MCM-41 verwendet. Die Kopplung des Chrompohoren wurde über eine Peptidbindung hergestellt. Das Hexansäurederivat ist als Succinimidester aktiviert (Abb. 7.1). Succinimidester sind hervorragend zur Anbindung organischer Reste an Aminfunktionen geeignet. Die funktionelle Gruppe ist reaktiv gegenüber aliphatischen Aminen, zeigt aber nur geringe Reaktivität gegenüber aromatischen Aminen, Alkoholen und Phenolen. Im Zuge der Ausbildung der Peptidbindung wird N-Hydroxysuccinimid als Abgangsgruppe abgespalten. 2 3 4 5 AMERSHAM PHARMACIA Produktinformation Fluorolink™ 1999. R. Mujumdar, Bioconjugate Chemistry 1993, 4, 105. H. Yu, Nucl. Acids Res. 1994, 22, 3418. R. Benters, Dissertation, Bremen 2001. 238 7 Weiterführende Untersuchungen Abbildungen 7.3 Si-MCM-41-Partikel, präpariert in PMMA für die konfokale Mikroskopie. Wirtmaterial. Es wurde zum einen ein Ausgangsmaterial eingesetzt, dessen Oberfläche gesamtheitlich aminofunktionalisiert wurde, zum anderen Si-MCM-41 dessen äußere Oberfläche durch Diphenyldichlorsilan blockiert wurde, um eine exklusive Funktionalisierung der inneren Oberfläche zu gewährleisten. Für die Silylierung mit Diphenyldichlorsilan wurden 100 µL (1,29 mmol) auf 1 g Wirtmaterial eingesetzt und in THF suspensiert. Die eigentliche Funktionalisierung wurde mit 5 mmol APTES/g durchgeführt. Zur kovalenten Anbindung des Succinimidesters an die aminofunktionalisierte Oberfläche wurde jeweils das Produkt aus 0,5 g Ausgangsmaterial in 40 mL ethanolischer Lösung suspendiert. Es wurden 4,7·10-6 mol, 9,4·10-8 mol, 4,7·10-10 mol und 4,7·10-12 mol pro g Si-MCM-41 angeboten. Die Reaktionslösungen wurden 10 h unter Lichtausschluß gerührt und gründlich mit Ethanol gewaschen. Das Waschwasser zeigte auch bei höheren Konzentrationen keine Verfärbung. Die geringe Blauverschiebung des Absorptionsmaximums von Cy5 um 6 nm gegenüber der Lösung weist auf das veränderte chemische Umfeld des Farbstoffes hin (Abb. 7.4). 0,07 643 667 Fluoreszenzintensität / a. u. F(R) 0,06 0,05 0,04 0,03 0,02 0,01 0,00 500 550 600 650 700 Wellenlänge / nm 750 800 Abbildung 7.4 Reflexionsspektren von kovalent gebundenem Cy5 in Si-MCM-41 (4,7·10-6 mol/g angeboten). UV/Vis- und Fluoreszenzspektrum (---). 7 Weiterführende Untersuchungen Abbildung 7.5 239 Verdünnungsreihe von kovalent angebundenem Cy5. Angebotene Farbstoffmengen: a) 4,7·10-6 mol/g, b) 9,4·10-8 mol/g und c) 4,7·10-10 mol/g. Vor der mikroskopischen Untersuchung wurden Partikel der Pulverproben im Trägerpolymeren PMMA auf Deckgläser aufgebracht (Abb. 7.3). Schon bei einem Angebot von weniger als 10-9 mol/g können einzelne Farbstoffmoleküle nachgewiesen werden, wie in Abbildung 7.5c zu sehen ist. Aufgrund seines hohen Extinktionskoeffizienten ist Cy5 schon bei geringer Anregungsleistung detektierbar, jedoch wegen der langen Alkylkette im Chromophoren im Vergleich zu beispielsweise Oxazinen weniger photostabil. Wird die in Abbildung 7.5b gezeigte Probe mehrfach gescannt,6 so führt das Photobleichen zu einem Zustand, der die Einzeldetektion von Farbstoffmolekülen zuläßt (Abb. 7.6). Dementsperechend wurden nicht die Proben niedrigster Konzentration, sondern die mit 9,4·10-8 mol angebotenem Farbstoff pro g für die weiterführenden Einzelmoleküluntersuchungen ausgewählt. Abbildung 7.6 Photobleaching von Cy5 im Si-MCM-41, die Probe ist mit DPDCS vorbehandelt. Die Einzelbilder zeigen den Zustand nach jedem scan des Partikels. 6 Belichtung: Ȝexc = 633 nm, 1,2 µW, 32,5 s/Bild. 240 7 Weiterführende Untersuchungen 1,0 rel. Fluoreszenz 0,8 0,6 0,4 Frontansicht 0,2 0,0 -180 -90 0 Seitenansicht 90 180 -90 0 90 180 Anregungswinkel / ° Abbildung 7.7 Fluoreszenzmessungen in Richtung der kurzen Achse und von der Seite. Die relative Fluoreszenz ist gegen den Anregungswinkel aufgetragen. Es wurde ein für Untersuchungen vorteilhafter Partikel wie in Abbildung 7.3 verwendet. Die Untersuchungen von Verdünnungsreihen und die photobleaching-Experimente (Abb. 7.5 und 7.6) führten bereits zu wichtigen Aussagen über das Wirt-Gast-System. Es konnte das erste Mal mit einem bildgebenden Verfahren die postulierte homogene Verteilung der kovalent verankerten Farbstoffmoleküle im Porensystem bewiesen werden. Zur Verhinderung einer bevorzugten Belegung des Partikeläußeren wurde, wie ausführlich in Kapitel 5.4 vorgestellt, ein Verfahren zur Blockierung der äußeren Oberfläche entwickelt. Auf diesen Modifizierungsschritt kann anscheinend verzichtet werden, da unabhängig von der vorangehenden Silylierung mit DPDCS eine homogene Verteilung gewährleistet werden kann (s. a. Abb. 7.8). Es ist bei keiner Probe eine überproportionale Beladung in Randbereichen festzustellen. Bulk-Messung.7 Es wurde die Polarisationsabhängigkeit der Fluoreszenz von Proben, die eine große Anzahl von Farbstoffmolekülen enthalten, untersucht. Fluoreszenzfarbstoffe besitzen zumeist ein eindimensionales Übergangsdipolmoment µ. Wird die Polarisationsrichtung des anregenden Lichtes verändert, so ist die Absorption cos2-förmig. Wenn die Polarisationsrichtung senkrecht zum Dipolmoment steht, so erfolgt keine Fluoreszenzemission. Jedoch 7 bulk (engl.), Masse, Menge. 7 Weiterführende Untersuchungen 241 sind im bulk-Ensemble meist nicht alle Moleküle exakt orientiert, so daß es keine Polarisationsrichtung ohne Absorption gibt. Recht flache Si-MCM-41-Partikel, wie der in Abbildung 7.3 gezeigte, eignen sich am besten zur Fixierung auf dem Objekträger. Die bulk-Untersuchungen zeigten, daß die an die Porenwandungen angebundenen Indocarbocyanine eine von der Lage des betrachteten Partikels abhängige Orientierung haben. Polarisationsabhängige Fluoreszenzmessungen bestätigen den Eindruck, daß die eindimensionalen Poren in Richtung der C-Achse senkrecht zur Papierebene verlaufen. Die Durchmesser mit APTES modifizierter Poren des hier verwendeten Si-MCM-41 betragen ungefähr 25 Å, die Länge des an einem C-6-spacer sterisch ungehindert gebundenen Chromophoren hingegen nur 21 Å.8 Daher sollte jede räumliche Orientierung im Porenvolumen möglich sein. Tatsächlich zeigt Abbildung 7.7, daß die Fluoreszenz nur dann moduliert wird, wenn der Partikel von der Seite betrachtet wird. Bei frontaler Messung ist der Modulationsverlust beinahe vollständig. Da das Dipolmoment des Farbstoffes entlang seiner Längsachse verläuft und nur bei Seitenansicht der Partikel angeregt wird, kann man annehmen, daß die Gäste längs der Poren (0°) eingebaut sind. Die so ausgerichteten Farbstoffe modulieren das Fluoreszenzsignal zu 40 %. Bei Annahme der GAUß-Verteilung entspricht dieser Modula- Intensität tionsverlust einem Einbauwinkel von 26° zur Porenachse. Abbildung 7.8 Fluoreszenzspektren von Cy5 in Si-MCM-41. Eine bulk-Messung setzt sich aus den Anteilen vieler Chromophore zusammen, welche unterschiedliche Emissionsmaxima aufweisen können. 640 660 680 700 720 740 760 780 Wellenlänge / nm 8 Größe des Molekülabschnittes wurde mit dem Programm HYPERCHEM 7.0 (Monte-Carlo-Methode, steepest descent) ermittelt. 242 7 Weiterführende Untersuchungen Durch Bleichversuche mit polarisiertem Licht kann man Schlüsse auf die Beweglichkeit der angebundenen Moleküle ziehen. Die wie oben beschrieben orientierten Moleküle werden am stärksten geblichen. Schon die Aufnahme eines Bildes hebt die Gleichverteilung in der Frontansicht auf, weshalb eine geringe Modulation detektiert wird. Nach 30minütigem Bleichen wurde die mittlere Intensität in dieser und der dazu lotrechten, weniger gebleichten Polarisation bestimmt. Weitere zwei Stunden später konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Bei beweglichen Gastmolekülen hätte ein Ausgleich der Intensitäten stattgefunden. Die bulk-Untersuchungen zeigten, daß die Cy5-Moleküle nicht nur in Porenrichtung orientiert sind, sondern daß es ebenfalls einen bevorzugten Winkel zur Porenwand gibt. Es ist zu vermuten, daß die Aminofunktionen des Si-MCM-41 in Wechselwirkung zum Farbstoff treten und die freie Beweglichkeit einschränken. Durch die Eindeutigkeit der Ergebnisse wird zudem herausgestellt, daß der amorphe Si-MCM-41 aus der homogenen Fällung eine perfekt geordnete Textur hat, die in ihrer Fernordnung einem Monokristall nahekommt, und daß die Strukturschäden minimal sind. Einzelmoleküluntersuchungen. Ein Fluoreszenzspektrum von Cy5 im porösen Material setzt sich aus den Emissionen der einzelnen Moleküle im Ensemble zusammen (Abb. 7.8). Die Emissionsmaxima von Esemblemessung und den Einzelmolekülanteilen unterscheiden sich teils erheblich. Sind die eingangs erwähnten Kriterien erfüllt, können die Moleküle einzeln detektiert werden. Auf den in Abbildung 7.9 gezeigten Ebenenscans kann man als helle Abbildung 7.9 Darstellung einzelner Farbstoffmoleküle im konfokalen Volumenelement. a) zeigt einen Partikel ohne DPDCS-Modifizierung in der Frontansicht mit der C-Achse lotrecht zur Papierebene, b) und c) Partikel mit blockierter äußerer Oberfläche von der Seite (bei b) verlaufen die Poren horizontal). 7 Weiterführende Untersuchungen 243 Punkte isolierte Chromophore erkennen. Die bulk-Ensemble Intensität / a. u. Spektren von kleinen Ensemblen und der Einzelmolekülen unterscheiden sich von bulk-Messungen. Das verdeutlichen die Auf- tragungen der Fluoreszenzintensität gegen die Anregungszeit (Zeitspur). In den drei Darstellungen in Abbildung 7.10 kann man das Ausbleichverhalten des Farbstoffes verfolgen. 0 10 20 30 40 50 60 Während das große Ensemble durch ein ex- Zeit / s ponentielle Abnahme der Fluoreszenzintensi- kleines Ensemble Intensität / a. u. tät repräsentiert ist, nehmen mit sinkender Anzahl der betrachteten Chromophoren die Intensitäten diskrete Werte an. Das kleine Ensemble ist aus etwa fünf Molekülen gebildet. Die Zeitspur des Einzelmolekül zeigt ein digitales Verhalten: das Molekül schaltet zwischen Fluoreszenz und keiner Emission. 0 10 20 30 40 Zeit / s Dieser Vorgang wird blinking genannt. Um Einzelmoleküle von kleinen Ensemblen zu Intensität / a. u. Einzelmolekül unterscheiden, überprüft man, ob die Fluoreszenzintensität zwischen zwei diskreten Werten schaltet und später nach dem „digitalen Bleichen“ keine Fluoreszenz mehr auftritt. Konkurrierende Vorgänge, wie Übergang Beginn 0,5 1,0 Untergrund 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 Zeit / s in den Triplett-Zustand, Photo- reaktionen oder quenching, lösen das blinking aus. Der in Abbildung 7.9 in Seitenansicht ge- Abbildung 7.10 zeigte, flache Partikel wurde ausgewählt, um Zeitspuren der Fluoreszenz von Cy5 in Si-MCM-41. Übergang von exponentiellen zum digitalen Ausbleichverhalten, abhängig von der Ensemblegröße. das Übergangsdipolmoment der einzelner Moleküle zu bestimmen. Es wurde mit einer Anregungspolarisation von 45° zu Porenrichtung eingestrahlt. Etwa die Hälfte der detek- 244 7 Weiterführende Untersuchungen Fluoreszenzintensität 40 30 20 10 0 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Zeit / s ~ Polarisationswinkel Abbildung 7.11 Fluoreszenzintensität eines Cy5-Chromophoren in Si-MCM-41 bei rotierender Anregungspolarisation, eingebettet in PMMA. Die unterlegte Kurve ist eine angepaßte cos2-Funktion. tierten Punkte kann für die Winkelbestimmung genutzt werden. Oft sind Molekülabstände zu gering zur Unterscheidung oder die Lebensdauer ist nicht groß genug. Die Drehung des Polarisationswinkel während der Anregung erlaubt die Aufnahme einer sogenannten Polarisationsspur. In Abbildung 7.11 erkennt man sehr starke Schwankungen der Fluoreszenz eines Cy5-Moleküls; es ist sowohl ein „Aus“-Zustand als auch sehr starke Intesität vorhanden. Nichtsdestotrotz konnte die Phase auf 1,3° genau bestimmt werden. 0 15 30 45 60 75 90 Winkel / ° zu Porenrichtung Abbildung 7.12 Orientierungswinkel von Cy5 in Si-MCM-41. Detektion bei Seitenansicht des Partikels. Winkel 0° entspricht der Ausrichtung der Poren. 7 Weiterführende Untersuchungen 245 Abbildung 7.13 0 30 60 90 120 150 Orientierungswinkel / ° 180 Orientierungswinkel von Cy5. Detektion bei Frontansicht des Partikels. Anhand zweier Graphiken werden die bevorzugten Orientierungen der Cy5Moleküle in den hexagonalen Poren des Si-MCM-41 gezeigt. Durch Messungen größerer Ensemble konnte ein Verteilungswinkel von etwa 26° gefunden werden (Abb. 7.12). Die Auftragung von 26 einzeln untersuchten Chromophoren stützt dieses Ergebnis in guter Näherung. Aus der Phasendifferenz der Anregung und der detektierten Fluoresenzdetektion kann die Orientierung ermittelt werden Das Mittel der Orientierungswinkel beträgt 29 ± 2°. Erst durch den Einsatz der Einzelmolekülspektroskopie wird die gaußförmige Verteilung entlang der Poren deutlich. Geht man zur Frontansicht eines Partikels über, werden Orientierungsmessungen durch das schnellere Bleichen erschwert, so daß nur jede dritte aufgezeichnete Orientierungsspur ausreichend für die Bestimmung des Winkels ist. Erstaunlich ist jedoch, daß die Cy5-Moleküle an bevorzugten Positionen in der Pore angebunden zu sein scheinen (Abb. 7.13). Erste erfolgreiche Messungen weisen den Chromophoren Orientierungswinkel zu, die sich um 60° beziehungsweise ein Mehrfaches von 60° unterscheiden. Ich vermute, daß die länglichen Moleküle neben der kovalenten Bindung intermolekulare Wechselwirkungen mit den Porenwandungen eingehen. Mit dem Modell, daß die Chromophore bevorzugt an den Kanten des Poreninneren anbinden und längs der Porenrichtung oder diagonal über die Porenflächen orientiert sind, lassen sich die Ergebnisse der Polarisationsexperimente erklären. Um auszuschließen, daß die Fixierung der Moleküle trotz frei beweglichem spacer zur kovalenten Anbindung durch die Einlagerung in PMMA erfolgt, wurden Partikel in Glycerin und Ethylenglykol eingebettet und untersucht. Durch Zugabe der Lösemittel wurden Bleichvor- 246 7 Weiterführende Untersuchungen Fluoreszenzintensität 200 Abbildung 7.14 150 Fluoreszenzintensität eines Cy5Chromophoren in Si-MCM-41 bei rotierender Anregungspolari- 100 sation, eingebettet in Glycerin. Die unterlegte Kurve ist eine angepaßte cos2-Funktion. 50 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 Zeit / s ~ Polarisationswinkel gänge und Blinken verstärkt, aber nicht die Ausrichtung der Moleküle. Ein vager Hinweis auf molekulare Bewegung findet sich in einer Orientierungsspur von Cy5 in Si-MCM-41 (Abb. 7.14). Neben dem starken blinking fällt die hohe Signalintensität bei 3,6 s auf (Pfeil), wo eigentlich kein Fluoreszenzsignal zu vermuten wäre. Die kurze Lebensdauer des Molekül von 4 s (digitales Bleichen) läßt weitere Aussagen jedoch nicht zu. Es scheint, als habe auch die Zugabe von Lösemitteln keinen entscheidenden Einfluß auf die strikte Orientierung. 7.2 Elektrochemische Untersuchungen an Zn-Phthalocyanin in Si-MCM-41 In Zusammenarbeit mit B. ONIDA, Politecnico di Torino, wurden erste, semiquantitative Untersuchungen zum elektrochemischen Verhalten von Zn-Phthalocyanin in Si-MCM-41 durchgeführt. Dabei wurden zyklische Voltammogramme von farbstoffimprägniertem Si-MCM-41 und Proben mit kovalent angebundenem Farbstoff in 0,2 M H2SO4 verglichen. Die freie Beweglichkeit der Protonen in Schwefelsäurelösung garantiert die Elektroneutralität der Redoxprozesse auch im schwer zugänglichen Poreninneren des Silikates. Der modifizierte Si-MCM-41 und Graphitstaub wurden, um die Leitfähigkeit zu erhöhen, im Verhältnis 1:4 vermischt. Durch Zugabe einiger Tropfen des Elektrolyten und Dodecan wurden jeweils 7 Weiterführende Untersuchungen 247 I / mA (norm.) 2,0 b 1,5 1,0 0,5 a 0,0 -0,5 -1,0 -1,5 -2,0 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 E / V vs. SSE Abbildung 7.15 Zyklische Voltammogramme einer Elektrode mit Zn-Phthalocyaninimprägniertem Si-MCM-41. Aufgenommen mit einer Vorschubgeschwindigkeit von (a) 0,5 mV/s und (b) 5 mV/s. Die Ströme wurden gegen die Wurzel der entsprechendene Vorschubgeschwindigkeit 50 mg der so erhaltenen Paste in eine PVC-Form mit einer Platinscheibe als Kontaktfläche gepreßt. Die zyklovoltammetrischen Untersuchungen wurden in einer Ein-KompartementZelle mit einer Hg/Hg2SO4-Referenzelektrode SSE (+ 0,615 V vs. Standardwasserstoffelektrode NHE) und einer Pt-Gegenelektrode durchgeführt. Bei der zyklischen Voltammetrie wird ein reversibles Redox-Paar in Drei-ElektrodenAnordnung untersucht. Dazu wird eine Spannung zwischen Arbeits- und Referenzelektrode angelegt und zwischen Anfangs- und Endpotential variiert, wobei die zwischen der Arbeitsund der Gegenelektrode fließenden Ströme gemessen werden. Die Auftragung der Stromdichte gegen die Spannung zeigt das Voltammogramm.9 Das Redoxpotential E0 wird aus den Halbstufenpotentialen ermittelt, E0 E pc E pa 2 . (7.1) Dabei ist Epc die kathodische und Eac die anodische Potentialspitze. Die Stromdichtenspitze ip einer reversiblen Reaktion errechnet sich nach Gleichung 7.2 aus der Zahl der Elektronen n, 9 D. Gosser, Cyclic Voltammetry and the Frontiers of Electrochemistry, Aspect Puplisher, London 1990. 248 7 Weiterführende Untersuchungen der FARADAY-Konstante F, der Konzentration der oxidierten Spezies cox, dem Diffusionskoeffizienten D und der Vorschubgeschwindigkeit v: ip 0,4463 nF nF c ox D v . RT (7.2) Anodische und kathodische Stromdichte haben bei vollständiger Reversibilität den gleichen Betrag. Folglich ergibt die Intergration der Kurven von Oxidation und Reduktion nach der Zeit t die abgegebene beziehungsweise aufgenommene Ladungsmenge q: t1 q ³ i dt . (7.3) t0 Das Zyklovoltammogramm einer Elektrode mit Zn-Phthalocyanin-imprägniertem Si-MCM-41 (Abb. 7.15) zeigt die anodische und die korrespondierende kathodische Spitze mit einem mittleren Potential bei 0 V vs. SSE (entspricht + 0,374 V vs. gesättigte Kalomelelektrode SCE und + 0,615 vs. NHE). Dieser Wert ist in guter Übereinstimmung zu Messungen an Zn-Phthalocyanin in nichtwäßrigem Medium (+ 0,35 V vs. SCE) und entspricht der 1-Elektronenoxidationen des 18-ʌ-Elektronensystems (Pc-1/Pc-2).10 Zwei weitere, aufeinanderfolgende Reduktionsschritte des Zn-Phthalocyanins bei etwa - 1 V und - 1,5 V konnten nicht beobachtet werden, da das Potentialfenster des Experimentes durch Wasserstoffentwicklung beschränkt ist. Die vorangehenden Experimente mit imprägnierten Elektroden zeigen, daß der voltammetrischen Prozesses dem Vorschub nicht folgen kann. Wahrscheinlich resultiert dies aus den starken Strömen im hochbeladenen Material und dem OHMschen Widerstand der überdimensionierten Elektrode.11 Die qualitativen Aussagen, die man aus den ersten Experimenten mit physisorbiertem Zn-Pc gewinnt, deuten darauf hin, daß eine reversible, diffusionskontrollierte elektrochemische Reaktion vorliegt, die klar auf das Pc zurückzuführen ist. Die Stromstärken von Oxidations- und Reduktionsprozeß sind gleich, und die Spitzenströme sind proportional zur Wurzel der scan-Rate. Bei genauer Betrachtung von kathodischem und anodischem Ast fällt auf, daß der Prozeß nicht vollkommen reversibel ist. Bei Messungen in Lösung wird dieses Verhalten auf Aggregation des Pcs zurückgeführt. In diesem Falle ist eine weitere Erklärung die unterschiedlich starke Adsorption des Farbstoffes im Elektrodenmaterial. Langzeitexperimente über mehr als 20 Stunden zeigen, daß der Farbstoff nur schwach im Si-MCM-41 gebunden und Diffusionsprozessen unterworfen ist. 10 P. Matlaba, T. Nyokong, Polyhedron 2002, 21, 2463. 7 Weiterführende Untersuchungen 249 2,0 b I / mA (norm.) 1,5 1,0 a 0,5 0,0 -0,5 1,0 -1,0 0,0 -1,5 -1,0 a -0,4 -0,2 0,0 b 0,2 0,4 0,6 -2,0 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 E / V vs. SSE Abbildung 7.16 Zyklische Voltammogramme einer Elektrode mit Zn-phthalocyaninmodifiziertem Si-MCM-41 (a) und imprägniertem Material (b). Aufgenommen mit einer scan-Rate von (a) 5 mV/s und (b) 0,5 mV/s. Die Ströme wurden gegen die Wurzel der entsprechendene scan-Rate normiert. Das eingefügte Diagramm zeigt die Voltammogramme ohne Normierung Vergleichende Voltammogramme wurden mit Si-MCM-41 aufgenommen, der nach der Methode der schrittweisen Modifizierung mit 22 µmol Zn-Pc/g beladen wurde (Kap 5.6.1).12 Die Lagen von Maxima und Minima der Stromstärken sind vergleichbar denen des imprägnierten Materials. Kathodischer und anodischer Prozeß sind reversibel; der kovalent angebundene Farbstoff ist also elektrochemisch aktiv. Wie erwartet, sind die gemessenen Stromstärken geringer als bei den Experimenten mit den simplen, imprägnierten Materialien, denn der Gehalt an Farbstoff ist mehr als eine Dimension niedriger. Abbildung 7.16 zeigt, daß das formale Potential der Elektrode um 0,01 V (vs. SSE) (Epa = 0,035; Epc = - 0,059 V) negativer ist als das der anfänglich beschriebenen imprägnierten. Um zu klären ob dieser recht geringe Unterschied auf die Immobilisierung durch kovalente Bindung oder den Einfluß der Aminofunkktionalisierung der Porenwände zurückzuführen ist, müßten eingehendere Untersuchungen durchgeführt werden. Das elektrochemische Verhalten der unterschiedlich präparierten Elektroden gibt bereits Hinweise auf die Bindung des Zn-Phthalocyanins im Wirtmaterial: 11 Bei der Imprägnierung wurde der Si-MCM-41 mit Farbstoff im Verhältnis 2:1 behandelt! B. Onida, Persönliche Mitteilung 2003. 250 7 Weiterführende Untersuchungen Bei der Messung mit kovalent angebundenem Pc ist auch nach vielen Zyklen keine signifikante Verringerung der Stromstärke festzustellen. Dies ist kein eindeutiger Beweis für den kovalenten Charakter der Bindung an die Oberfläche des Silikates, zeigt aber, daß eine Diffusion im Elektrolyten ausgeschlossen werden kann. Die Ladungsmenge, die benötigt wurde um die Redoxreaktion durchzuführen, dient unter Zuhilfenahme des FARADAY-Gesetzes zur Bestimmung der elektrochemisch aktiven Spezies. Die Ladungsmengen der Halbstufen qa und qc betragen jeweils 31 mC. Das heißt, daß etwa 7 mmol des angebundenen Zn-Pc pro g Si-MCM-41 der Redoxreaktion zugänglich sind. Dies entspricht etwa 1/3 der tatsächlichen Beladung des porösen Materials.13 Angesichts der Isolatorwirkung der Porenwände des Silikates ist dies ein erstaunlich hoher Wert, denn nur Farbstoffmoleküle in den Porenmündern und auf der äußeren Oberfäche können mit den leitenden Graphitpartikeln in Kontakt kommen. Die äußere Oberfläche des Si-MCM-41, die 10 % der Gesamtoberfläche des Silkates ausmacht, wurde mit Diphenyldichlorsilan passiviert (Kap. 5.4), so daß nur ein minimaler Anteil der Farbstoffmoleküle auf dem Partikeläußeren angebunden sein kann. Auch eine vermehrtes Vorhandensein der Moleküle an den Porenöffnungen ist nicht belegt (Kap. 7.1). Eine genaue Aussage über die Menge des tatsächlich frei zugänglichen Farbstoffes kann nicht gemacht werden, jedoch liegt der Wert selbst in pessimistischer Schätzung ein Vielfaches unter dem des elektrochemisch aktiven Farbstoffes. Dies bedeutet, daß Ladung zwischen einem Großteil der Farbstoffe im Poreninneren ausgetauscht wird. Reduktions- und Oxidationsast des Voltammogramm sind bei kovalent angebundenem Farbstoff nicht aufgespalten und haben den gleichen Flächeninhalt, was stabile Redoxzentren im Wirtmaterial beweist. Obwohl bisher nur rudimentäre elektrochemische Untersuchungen zu kovalent angebundenem Zn-Pc vorliegen,14 deuten die Ergebnisse auf einen Mechanismus der Ladungsübertragung durch homogenen Elektronenaustausch zwischen den Redoxzentren der angebundenen Moleküle hin. Weitere Untersuchungen sollten an Dünnfilmelektroden mit Elektrolyten, der ein weiteres Potentialfenster erlaubt, durchgeführt werden. Weitere Aussagen über Wirt/GastWechselwirkungen und den Elektronenübertragungsmechanismus während des Redoxprozesses sind zu erwarten. 12 13 14 Angebotene Menge Zn-PTS: 40 µmol/g. Die tatsächlich angebundene Menge wurde von O. BARTELS mittels AAS bestimmt. Der theoretisch erreichbare Wert für q ist 96 mC. Voltammogramme von ionisch gebundenem PTS und kovalent angebundem Spirooxazin werden hier nicht gezeigt, wurden aber aufgenommen. 7 Weiterführende Untersuchungen 251 7.3 Mesoporöse Dünnfilme Pulverförmige, mesoporöse und mikroporöse Materialien mit eingelagerten Farbstoffen besitzen ein großes Anwendungspotential. Funktionsmaterialien, die Phthalocyanine enthalten, dienen unter anderem als Katalysatoren oder Photokatalysatoren.15, 16 Durch schrittweise Funktionalisierung oder co-Kondensation in mesoporöses Material verankertes Sulforhodamin konnte von T. BOGDAHN-RAI erfolgreich als optischer Sensor für Schwefeldioxid genutzt werden.17 Dafür mußten die Nanokompositpartikel in einen mittels spin coating erzeugten Polysiloxandünnfilm eingebracht werden. Idealerweise sollten solche sensorischen, optischen und katalytischen Eigenschaften ohne Umwege in silikatischen Dünnfilmen erzeugt werden. Um solche Anwendungen zu erschließen, wurden mesoporöse Dünnfilme dargestellt, nach den in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren mit APTES und TMS-TMA funktionalisiert, so daß eine Verankerung von Farbstoffen durchgeführt werden konnte. Die Arbeiten wurden in enger Kooperation der Universitäten Bremen und Hannover (O. BARTELS, M. WARK) und dem J.-Heyrovský-Institut für Physikalische Chemie, Prag (J. RATHOUSKÝ, A. ZUKAL) durchgeführt. 7.3.1 Dip coating Als planares Substrat für die Dünnfilme dienten je nach Anforderung Objekträger (Mikroskopie, life science), Flachglas oder Siliziumwafer. Viele Autoren von Arbeiten zu mesostrukturierten Filmen haben zur Beschichtung die dip-coating-Technik angewandt. Das Substrat wird in ein Reservoir von Synthesegel eingetaucht (dipping) und anschließend herausgezogen. Ad15 16 17 K. Moller, T. Bein, Chem. Mater. 1998, 10, 2950. M. Wark, Porphyrins and Phthalocyanines Encapsulated in Inorganic Host Materials, in: The Porhyrin Handbook Vol. 17/ Phthalocyanines: Properties and Materials, K. Kadish, K. Smith, R. Guilard (Ed.), Elsevier Science, USA 2003. T. Bogdahn-Rai, Dissertation in prep., Bremen. 252 Abbildung 7.17 7 Weiterführende Untersuchungen Zwei Apparaturen zum Ziehen von Dünnfilmen nach der dip-coatingMethode. (a) Motorgetriebener Flaschenzug und (b) hydraulische Apparatur. häsionskräfte führen zu einer Benetzung des Trägermaterials. Dabei bestimmte die Auszugsgeschwindigkeit die Schichtdicke. Das Lösemittel verdampft, wobei sich die Mesostrukturierung herausbildet (Kap. 2.6).18 Um homogene Filme reproduzierbarer Stärke zu ziehen, ist eine sehr konstante, kontrollierbare Auszugsgeschwindigkeit nötig. Beim Aufbau einer dip-coating-Apparatur treten zwei Herausforderungen auf: (i) zunächt die Vermeidung von Geschwindigkeitsschwankungen, aber auch (ii) die Entkopplung von der vibrierenden Antriebseinheit. Eine ideale, eindimensionale Bewegung ist also nicht so einfach durchzuführen. Mit zwei Apparaturen unterschiedlichem Prinzips wurden die Filme gezogen (Abb. 7.17): (a) einem elektrisch angetriebenen Flaschenzug und (b) einer hydraulischen Apparatur. Als Vorbild für letztere diente eine Anlage von A. ZUKAL, deren einfache Konstruktion aus einem tiefen Wasserreservoir mit einem Schwimmer besteht, der über einen Seilzug mit dem Substrat im Synthesegel verbunden ist. Das Ablassen von Wasser führt zum Anheben des Substrates. Beim Aufbau der neuen Anlage hat vorangig O. BARTELS eine Reihe konstruktiver Verbesserungen eingearbeitet (vergrößertes Reservoir, Ventil und Drossel beim Ausfluß, optimierte Schnur, verbesserte Rollenlager etc.). Leider mußte festgestellt werden, daß beide Anlagen keine perfekten Filme ziehen, da das Substrat aufgrund eines prinzipiellen Fehlers in Zugrichtung schwingt. Diese Vibration wird möglicherweise durch die anfängliche Überwindung der Oberflächenspannung bei Absenkung des Waserspiegels verursacht. 7 Weiterführende Untersuchungen 253 Der Einsatz einer Apparatur mit elektrisch angetriebenen Flaschenzug führte schlußendlich zur Herstellung von homogenen Dünnfilmen. Die Schwingungen des Elektromotors werden durch den Flaschenzug aufgenommen und nicht auf den Traktor übertragen;19 das richtige Übersetzungsverhältnis gewährleistet die Zahl der Flaschen. Die Geschwindigkeit des Auszugs kann mit einem Steuergerät zwischen 17 und 67 mm/min stufenlos gewählt werden. 7.3.2 Synthesemischungen und Analyse mesoporöser Dünnfilme Bei der Darstellung der mesoporösen Dünnfilme galten folgende Vorgaben: (i) das Porenvolumen mußte frei zugänglich sein, (ii) die innere Oberfläche sollte zur Anbindung der Farbstoffe möglichst groß sein. Bei der Auswahl der Synthesemischungen wurden Arbeiten von D. ZHAO, G. STUCKY et al. als Grundlage herangezogen.20 Die Blockcopolymere PLURONIC™ P127 und BRIJ™ 76 der BASF™ eignen sich zur Darstellung von mesoporösen Filmen kubischer Ordnung. Im Gegensatz zu Materialien mit eindimensionalen Porensystemen hexagonaler Ordnung, die sich bevorzugt in Richtung der Substratoberfläche ausbreiten,21, 22 sind kubische, poröse Systeme aus allen Raumrichtungen zugänglich.23 Die Bestandteile der Mischungen sind Tetraethoxysilan (TEOS), Templat, Wasser, Salzsäure und Ethanol. In der Literatur finden sich die Synthesemischungsfelder für den Einsatz von Strukturbildnern:20 PLURONIC™ P127: 1 TEOS : 2,4–12·10-3 EO106PO70EO106 : 4,4–10 H2O : 2–40·10-3 HCl : 15–65 EtOH und BRIJ™ 76: 1 TEOS : 7–29·10-2 C18EO10 : 3,4–12,2 H2O : 2–60·10-3 HCl : 11–65 EtOH. Dabei wurden mit dem BRIJ™-Templat milchige, inhomogene Filme erzeugt, wohingegen die Beschichtungen unter Einsatz von PLURONIC™ P127 stets transparent und von hoher Homogenität waren. PLURONIC™ P127 schien also als Templat am geeignestesten. Für die Farbstoffanbindung ist eine möglichst hohe Filmdicke am besten. Daher wurden eine sehr viskose 18 19 20 21 22 23 C. Brinker, Y. Lu, A. Sellinger, H. Fan, Adv. Mater. 1999, 11, 579. Prinzipiell ähnlich funktioniert ein Schallplattenspielers mit Riemenantrieb. D. Zhao, P. Yang, N. Melosh, J. Feng, B. Chmelka, G. Stucky, Adv. Mater. 1998, 10, 1380. M. Ogawa, H. Ishikawa, T. Kikuchi, J. Mater. Chem. 1998, 8, 1783. D. Grosso, G. de A. A. Soler-Illia, F. Babonneau, C. Sanchez, P.-A. Albouy, A. Brunet-Bruneau, A. Balkenende, Adv. Mater. 2001, 13, 1085. Y. Lu, R. Ganguli, C. Drewien, M. Anderson, C. Brinker, W. Gong, Y. Guo, H. Soyez, B. Dunn, M. Huang, J. Brinker, Nature 1997, 389, 364. 254 7 Weiterführende Untersuchungen Lösung mit minimalem Lösemittelanteil verwendet: 1 TEOS : 0,01 EO106PO70EO106 : 4,4–10 H2O : 2–40·10-3 HCl : 15–65 EtOH. Zur Herstellung der Synthesemischung wurden je zwei Komponenten vereinigt. Die eine Lösung enthielt TEOS, Ethanol, Wasser sowie Salzsäure und wurde eine Stunde unter Rückfluß erhitzt, um teilweise zu hydrolysieren, die andere war eine ethanolische Templatlösung. Nach weiterem Rühren waren die Lösungen gebrauchsfertig und konnten zur Beschichtung der Substrate eingesetzt werden. Die Substrate wurden kurz in Raumluft getrocknet und dann mit geringer Aufheizrate bei 400 °C kalziniert. Die Qualität der Filme ließ sich bereits mit bloßem Auge abschätzen. Wurde Licht im spitzen Winkel reflektiert, so zeigten die Filme eine schwache Farbigkeit, die durch reflexionsbedingte Löschung verursacht wird und abhängig von der Schichtdicke war.24 Quantitative Analytik erfolgte mit anderen Methoden. Filmdicke. Die Filmdicke wurde mit einem Profilometer bestimmt (Abb. 7.18). Ein Ein- ritzen der Filme zur Messung war nicht nötig, denn die für die in dieser Meßreihe verwendeten Glassubstrate waren nicht vollständig beschichtet. Ein Abtragen der Filme ist übrigens Abbildung 7.18 Profilmessung eines mesoporösen Dünnfilms mit höchster Auszugsrate (65 mm/min). d ist die Länge in horizontaler Ebene. 24 Die Farbigkeit vieler Schmetterlinge beruht auf dem gleichen physikalischen Effekt (Reflexionspigmente). 7 Weiterführende Untersuchungen 255 350 'x = 311 R = 4,5 Filmdicke 'x / nm Oberflächenrauhigkeit R / nm Filmdicke / nm 300 'x = 218 R = 2,6 250 200 'x = 167 R = 7,4 'x = 159 R = 3,7 150 'x = 224 Abbildung 7.19 'x = 111 R = 4,3 Profilometrische Daten einer Versuchsreihe.25 100 20 30 40 50 60 70 Auszugsrate / mm/min fast unmöglich, denn sie sind sehr hart. Schon am Reflexionsverhalten konnte man Unregelmäßigkeiten an den Rändern der Beschichtung ausmachen. Die Profilometrie zeigte, daß sich an solchen Grenzen der Film stark aufwölbt. Gemessen wurde daher in homogenen Bereichen, die nicht von diesem Phänomen betroffen waren. Abbil- dung 7.19 veranschaulicht die Tendenz, daß eine höhere Auszugsrate zu stärkeren Filmen führt, denn Verdampfung konkurriert mit Oberflächenspannung und Schwerkraft. Für dieses Beispiel betrug die Schichtdicke ca. 310 nm. Rasterelektronenmikroskopie erlaubte eine genauere Betrachtung der Oberfläche. Es zeigte sich, daß die vermeintlich Abbildung 7.20 Zwei REM-Aufnahmen eines Dünnfilmes mit Auszugrate 60 mm/min (10.000fache und 30.000fache Vergrößerung). 25 Profilometer: SLOAN™ DEKTAK 3030ST Rev. 5.2. homogene Oberfläche, wie in Abbildung 7.20 dargestellt, tatsächlich Risse aufweist. Der Film wirkt auf der Vergrö- 256 7 Weiterführende Untersuchungen ßerung um Faktor 10.000 eben, doch wird bei 30.000facher Vergrößerung deutlich, daß Gräben, die viele nm breit sind und eine Länge von einem halben µm erreichen können, die Oberfläche durchziehen. REM-Aufnahmen wurden nur von einem Dünnfilm auf Glas gemacht. Es ist zu vermuten, daß das cracking von einem zu schnellen Aufheizvorgang bei der Kalzinierung herrührt. Bei der elektronenmikroskopischen Untersuchungen von Dünnfilmen auf Si-Substraten wurden ähnliche Inhomogenitäten augenscheinlich. 40 2,0 a c 35 Intensität / cts (x 1000) 30 1,5 der Textur der Dünnfilme gelegt. Für die Anbindung organischer Funktionseinhei- 1,0 d Besonderer Wert wurde auf die Analytik ten ist es wichtig, ein hochgeordnetes b 0,5 Wirtmaterial auf dem ebenen Träger 25 0,0 1 anzubieten. Die freie Zugänglichkeit der Poren wird durch die angestrebte kubi- 2 20 sche Geometrie, aber nicht durch amorphes Material garantiert. Die geringe e 15 Materialmenge und die erschwerte Handhabung der Trägermaterialien er10 fordern die Verfeinerung der Methoden. 0 Röntgendiffraktometrie. f 5 In Zu- sammenarbeit mit Herrn WENDSCHUHJOSTIES (Institut für Mineralogie, Uni- a versität Bremen) wurden Röntgendif1,0 1,5 2,0 2,5 Einstrahlwinkel 2T / ° Abbildung 7.21 fraktogramme von mesoporösen Dünnfilmen auf verschiedenen planaren Trägern aufgenommen. Es zeigte sich, daß aufgrund der geringen Dicke der Filme Röntgendiffraktogramme von Dünnfilmen unterschiedlicher Auszugsraten ((a)65, (b) 60, (c) 50, (d) 40, (e) 30 und (f) 20 mm/min) auf Si-wafern. (a) wurde mit anderen Geräteeinstellungen aufgenommen. Strukturdaten sind in Abbildung x.6 eingefügt. von unter ½ µm die Reflexionsintensität und das Signal/Rausch-Verhältnis auf verschieden Glassubstraten nur gering war. Abhilfe schuf die Präparation von in Netzebenenrichtung geschnittenen 7 Weiterführende Untersuchungen 257 14,5 Netzebenenabstand d200 / nm Elementarzelle a / nm d200 = 7,00 a0 = 14,00 a0 / nm 14,0 d200 = 6,84 a0 = 13,68 b c 13,5 13,0 d200 = 6,44 a0 = 12,88 d200 = 6,48 a0 = 12,98 d200 = 6,48 a0 = 12,98 e d f d200 = 6,26 a0 = 12,52 a 12,5 20 30 40 50 60 Abbildung 7.22 Auftragung der Strukturdaten aus Abbildung x.5. 70 Auszugsrate / mm/min Siliziumwafern (Abb. 7.21). Die Reflexionsintensität konnte so erheblich gesteigert und die Fernordnung des Silikates bewiesen werden. Dünnfilme aller Auszugsraten weisen im Diffraktogramm eine Spitze bei Einstrahlwinkeln 1,2° – 1,4° 2ș auf. Diese Reflexe, die sich sehr deutlich vom Primärstrahl abheben, sind der 200-Ebene zugeordnet und bestätigen den Erfolg der Synthese.20, 26 D. ZHAO et al. geben die Lage der prominenten Reflexion ihrer Materialien mit 1,1° 2ș an. Ebenfalls beschriebene 110-, 211- und 222-Reflexe konnten nicht beobachtet werden. Die Symmetrie wird als dreidimensional kubisch innenzentriert ( I m3m ) angenommen. Die Länge der Elementarzelle a0 läßt sich durch Umformung der BRAGGschen Gleichung aus dem Netzebenenabstand d200 ermitteln: d hkl a0 a0 h2 k 2 l 2 , 2 d 200 . (7.4) (7.5) Die Strukturdaten sind in Abbildung 7.22 eingetragen. Bei Betrachtung der Abbildungen 7.21 und 7.22 fällt die Sonderstellung des Filmes mit der Auszugsrate 65 mm/min auf. Das Diffraktogramm dieses Materials (a) wurde leider mit unterschiedlicher Geräteeinstellung aufgenommen und ist daher nicht vergleichbar mit den Diffraktogrammen der anderen Filme. Verändert man die Skalierung, sieht man jedoch die scharfe Spitze vor geringem Hintergrundrauschen (Abb. 7.21, a). Kurve (f) zeigt zwei deutliche Reflexe bei 1,41° und 1,78° 2ș. Die Zuordnung als 211-Reflex (theoretischer Einstrahlwinkel: 1,75° 2ș) wäre wegen der großen relativen Intensität zur 200-Spitze meines Erachtens nicht zulässig. Bei zu geringer Auszugsge26 D. Zhao, P. Yang, D. Margolese, B. Chmelka, G. Stucky, Adv. Mater. 1998, 10, 1380. 258 7 Weiterführende Untersuchungen schwindigkeit von 20 mm/min findet man also eine weitere Ordnung. Die Signalintensitäten sind in einer Reihe schnell aufeinanderfolgender Messungen bedingt vergleichbar.27 Daher kann angenommen werden, daß hier die beste Ordnung bei 50 mm Auszug/min erreicht ist. Natürlich wird bei größerer Materialstärke die Reflektivität verbessert, doch wirkt sich eine höhere Ordnung des Materials überproportional auf die Signalintensität aus.27 Deutlich wird aber auch die Tendenz (Abb. 7.22), daß eine höhere Auszugsgeschwindigkeit (~ Filmdicke) zu größeren Poren führte. Ein generelles Problem bei Messungen von planaren Probenkörpern in umgerüsteten Pulverprobenträgern sei hier angemerkt. Schon ein geringes Verkippen der eingespannten Träger im Goniometerkreis (Abb. 4.1) kann gerade bei Messung kleiner Winkel zu falschen Ergebnissen führen. 1000 800 300 Auszugsgeschwindigkeit / mm/min 65 mm/min 40 mm/min 30 mm/min 20 mm/min 250 a (nmol/cm ) 2 a / nmol cm -2 200 600 65 400 40 150 100 30 200 20 50 Substrat 0 0 0,0 0,4 0,8 1,2 1,6 0 p / mm Hg Abbildung 7.23 2 4 6 8 10 12 14 2 aref (Pmol/m ) Kr-Sorptionsisothermen von kubischen Dünnfilmen. Einige Isothermen sind um 100 (30), 200 (40) und 300 (65) nmol/cm-1 verschoben aufgetragen. Ausgefüllte Meßpunkte zeigen den jeweiligen Desorptionsast.28 Links: comparison plot gegen DAVISIL™. 27 Persönliche Mitteilung von M. WENDSCHUH-JOSTIES. 7 Weiterführende Untersuchungen Tabelle 7.1 259 Texturparameter aus den Adsorptionsisothermen kubischer Dünnfilme sowie die Filmdicke d zum Vergleich. Anstelle der Gesamtoberflächen SBET wird RF mittels comparison plot gegen DAVISIL™ bestimmt. Auszugsgeschwindigkeit d [nm] RF [cm2/cm2] a [m2/g] Vme [cm3/cm2·10-5] 65 mm/min 311 120,1 527 1,88 40 mm/min 218 93,5 414 1,48 30 mm/min 159 49,8 226 0,81 20 mm/min 111 34,7 128 0,46 RF: roughness-Faktor; a: adsorbierte Menge Sorptionsmessungen. Abbildung 7.23 zeigt die Sorptionsisothermen kubischer, mesoporöser Dünnfilme. Im Gegensatz zu den vorgestellten pulverförmigen Materialien wurde für die Messungen sehr kleiner Oberflächen Krypton als Adsorbat verwendet. Das Edelgas hat einen kleineren Radius als Stickstoff. Da bei der Siedetemperatur des flüssigen Stickstoffes (77 K) gemessen wird, können die Isothermen nur bis 1,6 Torr (prel = 0,66), das heißt, nicht vollständig gemessen werden und wirken daher gestaucht. A. ZUKAL ließ für die Messungen jeweils das vollständige Substrat vom Probengefäß umschließen und umkleidete den Hals mit porösem Schaum um den Füllstand des flüssigen Stickstoffes bei der Adsorption konstant zu halten. Besonders bei Filmen größerer Dicke zeigte sich, daß es sich tatsächlich um mesoporöses Material mit enger Porengrößenverteilung handelt, denn die Isothermen sind von Typ IV. Die adsorbierte Menge a wurde jeweils im linearen Abschnitt des Desorptionsastes bei p = 1,3 Torr bestimmt. Die Oberfläche, in Tabelle 7.1 ersetzt durch den roughness-Faktor RF (Rauhigkeit), wurde durch comparison plots gegen das makroporöse Silikat DAVISIL™ bestimmt. Bei Auftragung der Texturparameter gegen die Filmdicke zeigte sich, daß lineare Zusammenhänge gegeben sind. Mit zunehmender Auszugsgeschwindigkeit erhöht sich die zugängliche Oberfläche stark. 28 Kryptonsorptionsmeßgerät: QUANTACHROME™ Accusorb 2100 E. 260 7 Weiterführende Untersuchungen 7.3.3 Modifizierung silikatischer Dünnfilme und anschließende Immobilisierung von Farbstoffen Modifizierung der kalzinierten Dünnfilme erfolgte nach den zuvor für Pulverproben beschriebenen Methoden (Kap. 5.5). Um für die Anbindung eine möglichst große Oberfläche zur Verfügung zu stellen, wurden nur Filme, die mit 65 mm/min ausgezogen wurden, verwendet. Alle Apparaturen, Materialien und Lösemittel wurden sorgfälltig getrocknet. Bei der Funktionalisierung der Dünnfilme wurde auf eine Passivierung der äußeren Oberfläche generell verzichtet. Zur Behandlung planarer Substrate und deren Modifizierung bieten sich zunächst zwei einfache Methoden an: (i) das Rotieren in Lösung, fixiert auf einem Kunststoffgestell, und (ii) das sandAbbildung 7.24 Mit Zn-PTS beladener Dünnfilm auf Teflonträger. wich-Verfahren, bei dem zwei Träger, mit Reaktionslösung bestrichen, aufeinandergelegt werden. Wir verwendeten die erste Methode und ließen Objektträger, eingespannt in Teflonhalter, in SCHLENK-Rohren rotieren. Abbildung 7.24 verdeutlicht das Vorgehen. Ein Magnetstab sorgte für den Antrieb und bei der Behandlung mehrerer Objektträger wurde ein zweiter Halter zur Stabilisierung aufgesetzt. Um die Filme vollständig zu benetzen und eine ausreichende Anbindung zu garantieren, mußten leider große Mengen Lösemittel eingesetzt werden. Immobilisierung von Sulforhodamin B Säurechlorid. Die kovalente Anbindung des Rho- daminfarbstoffes über Amidbindung erfolgte in Dichlormethan oder Ethanol bei unterschiedlichen Reaktionstemperaturen und angebotenen Farbstoffmengen. Eine Umsetzung in Ethanol unter Rückfluß führte zu homogener aber schwacher Beladung. Wurde Dichlormethan als Lösemittel eingesetzt, so waren die Filme alle ungleichmäßig 7 Weiterführende Untersuchungen a b 0,15 Absorption 261 Abbildung 7.25 UV-Vis-Transmissionsspektren von Dünnfilmen mit kovalent angebundenem Sulforhodamin B. (a – d) wurden in Dichlormethan behandelt, (e) in Ethanol. (a) 37,5 µmol, RT, (b) 75 µmol, 40 °C, (c) 12,5 µmol, RT, (d) 75 µmol, RT, und (e) 10 µmol, 78 °C, Sulforhodamin-B-Säurechlorid angeboten. c d 0,10 0,05 e 0,00 400 500 600 700 800 Wellenlänge / nm eingefärbt. Nur leicht rosé gefärbte Abschnitte wechselten sich ab mit sehr intensiv farbigen, homogenen Flächen, die sich größtenteils im Zentrum des Substrates befinden. Abbildung 7.25 zeigt UV/Vis-Spektren von immobilisiertem Sulforhodamin B. Die Lagen der Hauptbanden bei Ȝ = 562 nm sind nicht von den unterschiedlichen Reaktionsparametern abhängig, nur Spektrum (d) ist minimal blauverschoben. Gegenüber Lösemittelspektren in Ethanol ist nur eine leichte Bandenverbreiterung und Rotverschiebung um 4 nm festzustellen. Die Schulter bei Ȝ § 520 nm zeigt, den höheren Anteil an Dimeren. Die Reaktionsparameter sind aus der Beschreibung zu Abbildung 7.25 zu entnehmen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Untersuchungen wäre es verfrüht, klare Tendenzen beschreiben zu wollen, doch scheinen Reaktionstemperatur und der Übergang vom Lösemittel Ethanol zu Dichlormethan Einfluß auf den Umsatz zu haben. Immobilisierung von ZnPTSCl. Die Immobilisierung von ZnPTSCl wurde in trockenem DMSO unter Aktivierung mit Pyridin durchgeführt. Neben inhomogen beladenen Exemplaren konnten auch sehr homogene, farbige Dünnfilme erhalten werden, wie auch die Abbildung 7.24 beweist. Aus dem UV/VIS-Transmissionsspektrum (Abb. 7.26) erkennt man anhand der dominierenden Dimerenbande bei Ȝ § 630 nm, daß der eingelagerte Phthalocyaninfarbstoff stark aggregiert ist. Gegenüber dem Lösemittelspektrum in DMSO ist eine Blauverschiebung der 262 7 Weiterführende Untersuchungen 0,75 687 Absorption 0,50 630 Abbildung 7.26 673 UV-VIS-Transmissionsspektrum eines Dünnfilmes mit kovalent angebundenem ZnPTSCl (—, 250 µmol/L) sowie ein Lösemittelspektrum (---, DMSO). 0,25 0,00 300 400 500 600 700 800 Wellenlänge / nm Monomerenbande (Ȝ § 673 nm) festzustellen. ZnPTS in Wasser bei pH 7 hat beinahe identische Bandenlagen. Die Methode der schrittweisen Funktionalisierung konnte also prinzipiell auf mesoporöse Dünnfilme angewendet werden. Noch unbefriedigend sind jedoch die Homogenität der farbstoffbeladenen Filme und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Besonders schwer zu steuern sind offenbar die Reaktionen durch die Umsetzung im SCHLENK-Rohr in Rotation. Ein gleichmäßiges Umspülen der Filme ist womöglich nicht gewährleistet, so daß die Wahl einer anderen Methode erwogen werden sollte. 8 Experimenteller Teil 263 8 Experimenteller Teil 8.1 Geräte Sorptionsmessung........................... MICROMERITICS ASAP 2010 (Stickstoff) QUANTACHROME Accusorb 2100 E (Edelgase) Röntgendiffraktometrie .................. PHILIPS X’pert (Cu KĮ, BRAGG-BRENTANO, kl. 2ș) PHILIPS X’change (Cu KĮ, BRAGG-BRENTANO) UV/Vis-Spektrometrie ................... VARIAN CARY 4 (HARRICK praying mantis) (in diffuser Reflexion) UV/Vis-Spektrometrie ................... PERKIN-ELMER Lambda 9 (in Transmission) PERKIN-ELMER Lambda 2 DRIFT-Spektrometrie .................... BIORAD FTS-60 A (HARRICK praying mantis) FT-IR-Spektrometrie PERKIN-ELMER SP 1000 (KBr) Polarisationsspektometrie............... ZEISS UMSP 80 (mod. Quarzoptik, konfokal) Massenspektrometer....................... FINNEGAN MAT 8222 1 H-NMR-Spektrometrie BRUKER WH 360 Laserquellen ................................... RADIANT DYES LASER ACC. RD-EXC 100 (Excimer) RADIANT DYES LASER ACC. RDP-1 NA (Farbstoff) Profilometrie................................... SLOAN DEKTAK 3030ST Transmissions- ............................... JEOL JEM-2010F UHR (FEG) elektronenmikroskop FEI COMPANY Tecnai T20 Twin (LaB6) Rasterelektronenmikroskopie......... ISI 100-B 264 8.2 8 Experimenteller Teil Chemikalien Die verwendeten Feinchemikalien und Salze wurden von den Anbietern ALDRICH, FLUKA, RIEDEL-DEHAËN, MERCK, LANCASTER, ABCR, BAKER, ACROS, JANSEN sowie TOKIO KASEI, BASF und DEGUSSA bezogen. Es wurde nur p. a.-Qualität verwendet. Ausnahmen in der Reinheit sind im Text vermerkt. Lösemittel für Umsetzungen wurden stets getrocknet bzw. destilliert und über Molsieb gelagert. Lösemittel zum Waschen der anorganischen Funktionsmaterialien hatten stets p. a.Qualität. Herkunft und Vertriebsnahmen der Chemikalien für die Molekularsiebsynthesen, insbesondere Silika- und Aluminatquellen sind im Text vermerkt. 8.3 Herstellung der porösen Feststoffe 8.3.1 Darstellung des mesoporösen Materials Si-MCM-411 Die Darstellungen von MCM-41 nach der Methode der homogenen Fällung erfolgten nach verschiedenen Ansätzen mit unterschiedlichen Molenverhältnissen: Mischung A/B Die Synthesemischungen A und B für das Silikat setzen sich aus folgenden Reagenzien in den angegebenen Molenverhältnissen zusammen: 1 J. Rathouský, A. Zukal, interne Vorschrift 1998. 8 Experimenteller Teil 265 Mischung A (normiert auf die Silikaquelle) Natriummetasilikat M = 122,06 1 mol Hexadecyltrimetylammoniumbromid M = 364,46 0,32 mol (Cetyltrimethylammoniumbromid CTAB) Wasser M= 18,02 Essigsäureethylester M= 88,11 1014 mol 1,88 mol Mischung B (normiert auf die Silikaquelle) Natriummetasilikat 1 CTAB 0,33 mol Wasser Essigsäureethylester 1000 mol mol 1,87 mol Unter Rühren mit einem Propeller werden in einer 5 L-PE-Flasche 26,1 g (71 mmol, ALDRICH) CTAB in 4 L bidestilliertem, auf ~ 25 bis 30 °C erwärmtem Wasser gelöst. Nach etwa einer halbe Stunden erhält man eine klare Lösung. Für Mischung B werden 26,5 g (73 mmol) CTAB eingesetzt und das Wasser auf ~ 35 °C erwärmt. Nun werden zügig, ohne Unterbrechung des Rührens, 26,7 g (219 mmol, ALDRICH) Natriummetasilikat zu der Templatlösung gegeben (Mischung B: 26,5 g, 73 mmol). Nach einer halben Stunde kräftiger Durchmischung bildet sich eine eine homogene Lösung. Die Intensität des Rührens wird gesteigert und 40 mL (412 mmol, FLUKA oder RIEDEL-DEHAËN) Essigsäureethylester werden zugegeben (Mischung B: 40,6 mL, 415 mmol). Nach 15 Sekunden wird das Rührwerk entfernt und das Reaktionsgefäßes wird verschlossen. Die Reaktionslösung trübt nach 3 Minuten ein und Feststoff fällt aus. Zur Alterung des Silikatmaterials läßt man das Gefäß bei Raumtemperatur über Nacht erschütterungsfrei stehen und bringt die Reaktionsmischung für weitere 40 Stunden (Mischung B: 20 Stunden) im Trockenschrank auf eine Temperatur zwischen 85 und 90 °C gebracht. Zum Druckausgleich wird das Gefäß leicht geöffnet. Der noch heiße Überstand wird abgesaugt und das Produkt abgefiltert (BÜCHNER-Trichter mit Schwarzbandfilter). Man wäscht gründlich mit mehr als 4 L Litern bidestilliertem Wasser und 500 mL Ethanol. Der Filterkuchen wird über Nacht bei Raumtemperatur und im Trockenschrank bei 80 °C getrocknet. Man erhält das weiße, pulverförmige as-synthesizedProdukt. 266 8 Experimenteller Teil Das Silikatmaterial wird 25 Stunden bei 600 °C kalziniert. Die Aufheizrate beträgt 100 °C pro Stunde. Man erhält reinweißes, feinstes Pulver von Si-MCM-41. Beide Synthesemischungen führen zu ähnlichen Ausbeuten. Meist wurden vier Ansätze parallel gefahren, welche später zu einer Mischung vereinigt werden. Unten sind die Ausbeuten für eine typische Synthesereihe angeführt. as-synthesized 18,56 g 18,88 g 19,82 g 16,83 g kalziniert 10,60 g 10,82 g 10,71 g 10,64 g 176 mmol 180 mmol 178 mmol 177 mmol Ausbeute [d. Th.] 80 % 82 % 81 % 80 % Mischung C Die Synthesemischung C setzt sich aus folgenden Reagenzien in den angegebenen Molenverhältnissen zusammen: Mischung C (normiert auf die Silikaquelle) Natriummetasilikat M = 122,06 1 CTAB M = 364,46 0,33 mol Wasser M= Essigsäureisopropylester M = 102,13 18,02 3042 mol mol 1,82 mol Die Synthese ähnelt den vorangegangenen; es wird auf Unterschiede hingewiesen. Man löst 8,71 g (24 mmol) CTAB in 4 L auf 55 °C vorgewärmtem, bidestilliertem Wasser. Als Silikaquelle werden 8,89 g (73 mmol) Natriummetasilikat zugegeben und gelöst. 15,56 mL (133 mmol, RIEDEL-DEHAËN) Essigsäureisopropylester dienen als Agens. Nach Abschluß der Fällung ruht die Synthesemischung für sechs Tage bei einer Temperatur von 85 °C. Es wird weiter wie oben beschrieben verfahren. Der Filterkuchen wird im Trockenschrank bei 80 °C für meherere Stunden getrocknet. Man erhält 7,47 g des weißen, pulverförmigen as-synthesized-Produktes. Nach Kalzinierung liegen 2,30 g (38 mmol, 52 % d. Th.) reinweißes, feinstes Pulver von Si-MCM-41 vor. Die Charakterisierung erfolgt bei allen Produkten durch XRD- und Stickstoffsorptionsmessung sowie REM- und TEM-Aufnahmen. 8 Experimenteller Teil 267 8.3.2 Darstellung des Zeolithen Y Darstellung des Zeolithen NaY (Faujasit, Modul 2,9) Die Synthesemischung setzt sich aus folgenden Reagenzien in den angegebenen Molenverhältnissen zusammen: Siliziumdioxid im Natronwasserglas M= 60,08 Aluminiumhydroxid M= 78,00 Wasser M= 18,02 Natriumhydroxid M= 40,00 ~ 387 g ~ 6,44 mol 39,0 g 0,50 mol 3510 mL 194,78 mol 39,5 g 0,99 mol Zunächst erfolgt die Darstellung der beiden Komponenten der Synthesemischung: Komponente A (Aluminatkomponente). 39,0 g (ALDRICH) Aluminiumhydroxid werden in 500 mL entionisiertes Wasser gegeben. Nach Zugabe von 39,5 g (MERCK) Natriumhydroxid wird zum Rückfluß erhitzt, bis die Lösung klar ist, worauf man das Gefäß abkühlen läßt. Man filtert durch eine Keramikfritte (Nr. 4) und verdünnt mit weiteren 500 mL Wasser. Komponente B (Silikatkomponente). 1087 g (MERCK) reinstes Natronwasserglas werden mit 1927 mL Wasser gemischt. Ebenfalls werden Kristallisationskeime vorbereitet. Im Kugelmörser werden 1 g Kristallite des Zeolithen NaX mit 10 g Wasser aufgeschlämmt, für 2½ Stunden gemörsert und in 100 mL Wasser suspendiert. Weiterhin werden 195 mL Wasser zum Spülen bereitgestellt. Komponente A wird in einem verschließbaren 5 L-PP-Gefäß vorgelegt und mit einem Propeller gerührt. Nun gibt man Komponente B schnell zu und spült die Neige der Silikatkomponente mit einem Teil des Spülwassers. Nach ¼ Stunde kräftigen Rührens bildet sich ein Gel, in welches die Keimsuspension gegeben wird. Um die Kristallite vollständig zu überführen, wird der Rest des Spülwassers verwendet. Das Gel wird für ½ Stunde homogenisiert. Die Kristallisation erfolgt im verschlossenen Gefäß bei 80 °C. Ist die Kristallisation nach 2½ Wochen abgeschlossen, wird das Prezipitat abfiltriert, mit 10 L entionisiertem Wasser laugenfrei gewaschen und abschließend getrocknet. Man erhält 106,8 g eines weißen Pulvers von Zeolith NaY, Modul 2,9. 268 8 Experimenteller Teil Umwandlung des Zeolithen NaY in die HY-Form 50 g Zeolith NaY werden in 3,33 L einer 0,1 M Ammoniumchloridlösung suspensiert. Die Suspension wird für zwei Stunden im Rundkolben geschüttelt. Der Zeolith wird durch Filtration (Blauband) abgetrennt. Dieser Prozeß wird weitere zwei Male wiederholt, wobei abschließend über Nacht geschüttelt wird. Nach Filtern und Trocknen erhält man ein weißes Pulver von Zeolith NH4Y. Das Silikatmaterial wird 20 Stunden bei 520 °C kalziniert. Die Aufheizrate beträgt 100 °C pro Stunde. Man erhält 23,6 g weißes Pulver von Zeolith HY. 8.3.3 Herstellung silikatischer, mesoporöser Dünnfilme mittels dip coating Die Synthesemischung für das dip coating setzt sich aus folgenden Reagenzien in den angegebenen Molenverhältnissen zusammen: Tetraorthosilicat TEOS M = 208,33 1 mol Pluronic™ PF 127 M = ~ 12600 10 Wasser M= 18,02 8 0,1 M Salzsäure M= 36,46 10 mmol Ethanol M= 46,07 20 mol mmol mol Man stellt zunächst die zwei Komponenten der coating-Lösung her: Komponente A. 6,3 g PLURONIC™ PF 127 werden in 25 mL Ethanol im Ultraschallbad gelöst. Komponente B (Hydrolysemischung). 11,18 mL (10,4 g) TEOS werden mit 33,3 mL Ethanol versetzt. Man gibt 2,2 mL Wasser und 5,0 mL 0,1 M Salzsäure zu (7,2 mL Wasser gesamt). Komponente B wird für eine Stunde zum Rückfluß erhitzt. Die vereinigten Lösungen werden ohne weiteres Erhitzen zwei Stunden gerührt. Als Substrate für das dip coating dienen Siliziumwafer, Quarzglas und Objektträger. Die coating-Lösung wird in ein Polyethylengefäß gefüllt, welches als Tauchbad für die Substrate dient. Die Substrate werden mit gleichmäßiger Geschwindigkeit aus der Lösung gezogen. 8 Experimenteller Teil 8.4 269 Modifizierung des mesoporösen Materials Alle durchgeführten Silylierungsreaktionen werden in getrockneten Lösungsmitteln durchgeführt, die unter Schutzgas und über Molsieb aufbewahrt werden. Die Destillation erfolgt nach Behandlung mit geeigneten Trocknungsmitteln. Die Silylierungsreaktionen sind für Ansätze mit je 1 g Ausgangsmaterial beschrieben. Werden mehrere Silylierungsschritte durchgeführt, so bezieht sich der Ansatz stets auf die eingesetzte Menge an Ausgangsmaterial. Die eingesetzte Menge Silylierungsreagenz wird je nach Fragestellung gewählt. Daher entfallen hier die Molenangaben. Die Charakterisierung erfolgt durch XRD- und Stickstoffsorptionsmessung sowie REM-Aufnahmen und ist im Kapitel zu den Versuchsergebnissen beschrieben. 8.4.1 Silylierung mit Diphenyldichlorsilan2 OH OH OH Cl Si + OH 1 äußere Oberfläche des SiO2 Cl 2 C12H10Cl2Si O + THF Si - HCl O 3 253,20 1 g kalzinierter Si-MCM-41 1 wird durch Evakuierung am Ölpumpenvakuum für 1½ Stunden bei Raumtemperatur getrocknet; anschließend befüllt man den Reaktionskolben mit Stickstoff. Unter Rühren wird die Probe in 25 mL trockenem Tetrahydrofuran THF (ALDRICH) suspensiert. Man versetzt die Suspension mit der gewünschten Menge Diphenyldichlorsilan 2 (ALDRICH) und rührt weitere 45 Minuten bei Raumtemperatur. Danach filtert man das Pro2 D. Shephard, W. Zhou, T. Maschmeyer, J. Matters, C. Roper, S. Parsons, B. Johnson, M. Duer, Angew. Chem. 1998, 110, 2847. 270 8 Experimenteller Teil dukt ab (Fritte Nr. 3 oder 4) und wäscht zunächst mit viel THF und dann mit Dichlormethan. Das Produkt wird einige Stunden bei 80 °C und dann für 1½ Stunden im Ölpumpenvakuum getrocknet. Es wird ein reinweißes, Pulver von diphenylsilanisiertem Si-MCM-41 3 erhalten Abweichend von dieser Vorgehensweise wurden Umsetzungen in zum Rückfluß erhitzten Toluol durchgeführt und sowohl bei der Reaktion in THF als auch in Toluol Pyridin eingesetzt. 8.4.2 Silylierung mit 3-Aminopropyltriethoxysilan APTES H3C OH OH OH + O Si O NH2 O 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 2 C9H23NO3Si O O Si - Ethanol CH3 H3C + CH2Cl2 NH2 O 3 221,37 1 g kalzinierter Si-MCM-41 1, beziehungsweise das Produkt aus der Silylierung von 1 g Ausgangsmaterial mit Diphenyldichlorsilan,3 werden bei Raumtemperatur im Ölpumpenvakuum getrocknet, woraufhin der Kolben mit Stickstoff gefüllt wird. Die Probe wird unter Rühren in 25 mL Dichlormethan (ALDRICH) suspensiert und das Reaktionsgefäß auf ~ - 10 °C) gekühlt. Nach Zugabe der gewünschten Menge APTES 2 (ALDRICH) wird die Umsetzung zunächst unter Kühlung durchgeführt, das Kühlbad aber nicht mehr erneuert. Der Feststoff wird nach 22 Stunden Rühren abfiltriert (Fritte Nr. 3 oder 4) und gründlich mit Dichlormethan und Diethylether gewaschen. Nach mehrstündiger Trocknung bei 80 °C werden Lösungsmittelreste für 1½ Stunden im Ölpumpenvakuum entfernt. Man erhält ein reinweißes Pulver von aminofunktionalisiertem Si-MCM-41 3. 3 siehe vorangehender Abschnitt. 8 Experimenteller Teil 271 8.4.3 Silylierung mit N-Methylaminopropyltrimethoxysilan OH O H3C + OH Si H3C OH O N O CH3 CH3 + CH2Cl2 O O Si - Methanol H N O H 3 2 C7H19NO3Si 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 CH3 193,32 Die N-Methylaminofunktionalisierung wird auf die gleiche Weise wie die bereits beschriebene Aminofunktionalisierung durchgeführt. 1,03 g (Produkt aus der Silylierung von 1 g Ausgangsmaterial mit Diphenyldichlorsilan) Si-MCM-41 1 werden in 30 mL Dichlormethan (ALDRICH) suspensiert und 988 µL (967 µg, 5 mmol, ABCR) N-Methylaminopropyltrimethoxysilan 2 angeboten. Nach der Umsetzung erhält man 1,287 g eines weißen Pulvers von N-methylaminofunktionalisiertem Si-MCM-41 3. 8.4.4 Silylierung mit 3-Iodpropyltrimethoxysilan OH OH O + OH H3C H3C 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 Si O I O 2 C6H15O3ISi CH3 + CH2Cl2 O O Si - Methanol I O 3 290,17 Die Vorgehensweise bei der Iodofunktionalisierung ist die gleiche wie bei der zuvor beschriebenen Aminofunktionalisierung. 1 g Ausgangsmaterial 1 werden in 25 mL Dichlormethan (ALDRICH) suspensiert und die gewünschten Menge 3-Iodpropyltrimethoxysilan 2 (ABCR) angeboten. Nach der Umsetzung erhält man ein gelbliches Pulver von iodofunktionalisiertem Si-MCM-41 3. 272 8 Experimenteller Teil 8.4.5 Silylierung mit N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,Ntrimethylammoniumchlorid OH OH O + OH 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 H3C H3C Si O CH3 N O H3C CH3 + CH2Cl2 - Methanol Cl H3C 2 C9H24NO3ClSi O O Si O CH3 N H3C CH3 Cl 3 257,83 Die Trimethylammoniumfunktionalisierung gleicht weitestgehend der zuvor beschriebenen Aminofunktionalisierung. 0,521 g Si-MCM-41 1, das Produkt aus der Silylierung von 0,5 g Ausgangsmaterial mit Diphenyldichlorsilan, wird unter Rühren in 20 mL Dichlormethan (ALDRICH) suspensiert und 1,39 mL einer 50%igen, methanolischen Lösung (5 mmol/g Si-MCM-41, ALDRICH) N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-trimethylammoniumchlorid 2 wird zugegeben. Der Feststoff wird nach 22 Stunden Rühren abfiltriert (Fritte Nr. 3 oder 4) und gründlich mit Dichlormethan und Ethanol gewaschen. Nach mehrstündiger Trocknung bei 80° C werden Lösungsmittelreste für 1½ Stunden im Ölpumpenvakuum entfernt. Man erhält 0,568 g eines reinweißen Pulvers von trimethylammoniumfunktionalisiertem Si-MCM-41 3. Die Silylierung wurde abweichend auch in Toluol durchgeführt. Dabei wird zum Rückfluß erhitzt; alle weiteren Parameter bleiben unverändert. 8 Experimenteller Teil 8.5 273 Darstellung der Farbstoffe 8.5.1 Synthese von 1’,3’,3’-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin Darstellung von 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin NO HO HO OH OH NaNO2 2 C10H7NO3 1 C10H8O2 68.99 160,17 189,17 16,69 g (0,10 mol, FLUKA) Dihydroxynaphthalin 1 werden im 4 L-Kolben in 1/3 L heißem Wasser unter Rühren gelöst, worauf das Gefäß im Eis/Kochsalzbad gekühlt wird. Unter stetigem Rühren (KPG-Rührer) werden 7,68 g (0,11 mol, ALDRICH) Natriumnitrit, 167 mL Wasser sowie 1/3 kg zerstoßenes Eis zugegeben. Zur Reaktionslösung wird in einem Zeitraum von zwei Stunden eine Mischung von 3,33 mL Schwefelsäure und 83 mL Wasser zugetropft. Die Temperatur wird zwischen 0 und 8 °C gehalten. Es erfolgt zur Entfernung überschüssiger Nitriersäure die Zugabe mehrerer Spatelspitzen Ammoniumsulfamat. Nach weiteren 15 Minuten Rührens wird das Produkt abgefiltert. Abschließend wird gründlich mit mehreren Litern Wasser gewaschen. Man erhält 18,04 g (9,5 mmol, 95 % d. Th.) 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 2 als rostbraunen Pulvers. IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3174 (s), 2929 (w), 2964 (w), 2824 (w), 2738 (w), 1652 (s), 1607 (m), 1595 (m), 1559 (s),1530 (s), 1307 (s),1227 (s), 838 (m) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 200 °C, m/z (% rel. Int.) 77(44), 103 (28) [C8H7+], 189 (100) [M] 144 (53) [C10H8O], 160 (24) [C10H8O2], 274 8 Experimenteller Teil Darstellung von 9’-Hydroxy-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin CH3 NO HO CH3 CH3 OH CH3 N Methanol N + O N OH CH3 CH2 CH3 1 C10H7NO3 2 C12H15N 3 C22H20N2O2 189,17 173,25 344,41 4,73 g (25 mmol) 2,7-Dihydroxy-1-nitrosonaphthalin 1 werden in 100 mL getrocknetem Methanol unter Stickstoffatmosphäre gelöst und zum Rückfluß erhitzt. Man bereitet eine Lösung von 4,33 g (25 mmol, ALDRICH) 2-Methylen-1,3,3-trimethylindolenin 2 in 10 mL Methanol vor und tropft diese langsam unter stetigem Rühren zu. Die Reaktionslösung wird weitere 2 Stunden refluxiert und gerührt. Danach läßt man sie über Nacht abkühlen und filtert eventuell gebildete Kristalle ab und wäscht sie mit kaltem Methanol. Das Filtrat wird zur Trockne eingeengt. Das braune Rohprodukt wird in Methanol aufgenommen und viermal mit Ether extrahiert, worauf die vereinigten Etherlösungen eingeengt werden. Mittels Säulenchromatographie (Kieselgel/Ether) wird das erhaltene Öl gereinigt. Man erhält 4,82 g (14 mmol, 56 % d. Th.) 4,83 (14, 56) eines braunen Pulvers von 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-hydroxy)-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 3. FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3392 (s), 3060 – 2820 (m), 1631 (s), 1359 (m), 1243 (s), 1081 (s), 1032 (s), 832 (s),744 (s) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 190 °C, m/z (% rel. Int.) 77 (10), 159 (100) [C11H13N+], 329 (58), 344 (73) [M] 1 H-NMR (360 MHz, CDCl3) 1,3 (m, 6H), 2,7 (3H), 2,8 (1H) , 6,6 – 7,9 (9H, Ar), 7,7 (s, 1H, CH=N) 8 Experimenteller Teil 275 Darstellung von 1’,3’,3’-Trimethyl-9’-(3-trimethoxysilylpropoxy)-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin CH3 CH3 CH3 CH3 C6H15IO3Si N N O N O OH H3C N O O Si O CH3 CH3 1 C22H20N2O2 2 344,41 290,14 CH3 O CH3 3 C28H34N2O5Si 506,67 99,8 mg (0,29 mmol) 9’-(3-Hydroxy)-1,3,3-trimethylindolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 1 werden mit 56 mg (40 mmol, RIEDEL-DE-HAËN) Kaliumcarbonat in 10 mL getrocknetem Acetonitril unter Stickstoffatmosphäre suspendiert und zum Rückfluß erhitzt. Unter Rühren wird langsam eine Lösung von ~ 120 mg (~ 40 mmol, ABCR) 3-Iodpropyltrimethoxysilan in 2 mL Acetonitril zugetropft. Die Reaktionslösung wird unter Rühren für 7 h refluxiert. Nach dem Abkühlen wird das Lösemittel abgezogen. Es wird mehrfach mit Ether extrahiert und die vereinigten Etherlösungen eingeengt. Das Produkt wird durch Säulenchromatographie (Kieselgel/Ether) gereinigt. Man erhält 115 mg (0,12 mmol, 78 % d. Th.) (61 mg, 12 mmol, 41% d. Th.) 41 eines braunen Pulvers von 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b]- [1,4]oxazin 2. FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3435 (s), 2960 – 2830 (m), 1625 (s), 1363 (m), 1244 (m), 1120 – 1032 (s), 1032 (s), 832 (m),744 (m) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 190 °C, m/z (% rel. Int.) 28 (56), 159 (100) [C11H13N+], 329 (10), 506 (32) [M] 1 H-NMR (360 MHz, CDCl3) 1,1 (m, 3H) 1,3 (m, 6H), 1,8 (2H) 2,7 (3H), 2,8 (3H), 3,5 (9H, Alkoxy), 6,6 – 7,8 (9H, Ar), 7,7 (s, 1H, CH=N) 276 8 Experimenteller Teil 8.5.2 Darstellung von 6-Nitro-1,3,3-trimethylspiro[2H-1]benzo- pyran-2,2’-indolin (N-BIPS) CH3 H O CH3 CH3 N CH2 + N O CH3 1 167.12 CH3 '/EtOH HO NO2 2 173.25 CH3 3 C19H18N2O3 NO2 322.36 0,50 g (3 mmol, MERCK) 2-Hydroxy-5-nitrosalicylaldehyd 2 werden in 25 mL Ethanol suspensiert und unter Erwärmen gelöst. Man gibt 0,53 mL (3 mmol, ALDRICH) 2-Methylen1,3,3-trimethylindolin 1 zu der Lösung und erhitzt zum Rückfluß. Nach 18 Stunden Rührens bei 110 °C Badtemperatur wechselt die Färbung von rosa nach dunkel-violett. Das Reaktionsgefäß wird im Eisbad auf Raumtemperatur gekühlt und ~ 60 Stunden bei unter 0 °C gelagert. Sienafarbene Nadeln werden abfiltriert und mit 20 mL kaltem Ethanol gewaschen. Es erfolgte zweifache Umkristallisation aus 5 mL Ethanol und Waschem mit kaltem Ethanol. Es werden 0,70 g (2,1 mmol, 71 % d. Th.) an N-BIPS 3 als ockerfarbenen Nadeln erhalten FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3066 – 2815 (s), 1655 (m), 1511 (s), 1488 (s), 1120 – 1032 (s), 1032 (s), 1333 (s),951 (s), 807 (s) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 190 °C, m/z (% rel. Int.) 159 (100) [C11H13N+], 307 (33), 322 (86) [M] UV/Vis Ȝ = 340, 535, 540 nm (Ethanol) Nach dieser Standardmethode wurden alle Spiropyrane in Lösung dargestellt. Sie sollen hier nicht beschrieben werden, denn sie haben in der Arbeit keine Verwendung gefunden. 8 Experimenteller Teil 8.5.3 277 Darstellung von (2,3,3-Trimethylindoleniniumiodid-1-yl)- propionsäure CH3 CH3 N CH3 O + I H3C OH CN CH3 '/N2 CH3 2 N 1 C11H13N C3H5O2I 3 C14H18NO2I 159,23 199,98 359,20 CH3 I O OH Eine Mischung aus 0,80 g (5 mmol, ALDRICH) 2,3,3-Trimethylindolenin 1 und 2 mL getrocknetes Acetonitril wird unter Stickstoffatmosphäre vorgelegt und bei Raumtemperatur mit einer Lösung aus 1,50 g (7,5 mmol, ALDRICH) 3-Iodpropionsäure 2 in 3 mL Acetonitril vereinigt. Nach halbstündigem Rühren unter Schutzgas wird das orange Reaktionsgemisch für 20 h zum Rückfluß erhitzt. Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur wird die Lösung für drei Tage bei - 20 °C gelagert, wobei helle Kristalle ausfallen. Nach Absaugen des Überstandes werden die Kristalle zweimal in Toluol umkristallisiert, wobei sich abscheidendes, dunkles Öl abgetrennt wird, und wäscht mit kaltem Toluol. Es werden 73 mg (0,2 mmol, 4 % d. Th.) bräunlicher, flacher, rhombischer Kristalle an (2,3,3-Trimethylindoleniniumiodid-1-yl)-propionsäure 3 erhalten. FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3436 (m), 3026 – 2897 (m), 2758 – 2557 (m), 1244 (s), 932 (m), 901 (m), 796 (m) MS FAB positiv, Glycerin, Direkteinlaß, m/z (% rel. Int.) 93 (100), 160 (30), 185 (33), 232 (86) [M] 1694 (s), 1337 (m), 278 8 Experimenteller Teil 8.5.4 Darstellung von (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat Cl CH3 O CH3 N Cl O CH3 S + CH3 O '/N2 CH3 N 1 C11H13N C3H6O3S 3 C14H19NO3S 159,23 122,13 281,36 2 CH3 O S O O Es werden 2,00 g (12,6 mmol, Aldrich) 2,3,3-Trimethylindolenin 1 in 7,5 mL getrocknetem Dichlorbenzol unter Schutzgasatmospäre vorgelegt. Man bereitet eine Lösung von 4,00 g (32,8 mmol, ALDRICH) 1,3-Propansulton 2 in 10 mL Dichlorbenzol vor. Daraufhin werden die beiden Lösungen zusammengeführt. Es ist auf Luftausschluß zu achten. Nach wiederholtem Evakuierens des Reaktionskolbens folgt 20stündiges Rühren der rötlichen Lösung unter Stickstoffatmosphäre bei einer Badtemperatur von 120 °C. Die Reaktionslösung wird über Nacht abgekühlt. Das dunkle, viskose Produkt wird abgefiltert und mit Dichlormethan gewaschen. Die Reinigung erfolgt durch Kristallisation. Aus Aceton/Methanol/Cyclohexan-Lösung (10:1:2) erhält man nach zwei Wochen bei - 20 °C feine Kristalle, welche separiert werden. Nun wird das Rohprodukt in Aceton/Methanol-Mischung (18:1) gelöst und über Nacht refluxiert. Die Lösung wird eingeengt, mit den Kristallen angeimpft und für einige Tage bei Raumtemperatur aufbewahrt. Man erhält 0,67 g (2,4 mmol, 19 % d. Th.) an siena-farbenen, lanzettförmigen Kristallen von (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat. FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3435 (s), 2960 – 2830 (m), 1625 (s), 1363 (m), 1244 (m), 1120 – 1032 (s), 1032 (s), 832 (m),744 (m) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 190 °C, m/z (% rel. Int.) 159 (100) [C11H13N+], 307 (33), 322 (86) [M+] Nach Spirokopplung mit Salicylaldehyd: UV/Vis: Ȝ = 358, 549 nm (Ethanol) 8 Experimenteller Teil 279 8.5.5 Darstellung von 4’-Dimethylamino-azobenzol-4-carbon- säure4, 5, 6, 7 N2 NH2 NaNO2/HCl Cl COOH COOH 2 184,57 1 137,13 H3C N2 N CH3 COOH HCl Cl N H3C COOH 2 184,57 N + 3 121,18 N CH3 4 C15H15N3O2 269,30 Es werden 20 mL 1 M Natronlauge vorgelegt und unter Rühren bei Raumtemperatur 4,11 g (30 mmol) 4-Aminobenzoesäure 1 zugegeben. Ist die Aminokomponente gelöst, bringt man die Lösung mit einem Kältebad (Eis) auf eine Temperatur zwischen 0 und 5 C. Nun löst man 2,07 g (30 mmol) Natriumnitrit in 20 mL Wasser und kühlt die Lösung ebenfalls auf eine Temperatur zwischen 0 und 5 °C. Die beiden Lösungen werden zusammengeführt und in einen Tropftrichter verbracht. 30 mL gekühlte 4 N Salzsäurelösung werden vorgelegt und die vereinigten Lösungen zugetropft. Das Zutropfen geschieht so langsam, daß eine Temperatur von 5 °C nicht überschritten wird. Es wird 10 Minuten weitergerührt. Man prüft mit Iodidstärkepapier auf eventuell vorhandene freie salpetrige Säure. Die überschüssige Säure wird mit wenig Harnstoff beseitigt. Das erhaltene Diazoniumsalz 2 wird sogleich weiterverarbeitet und nicht isoliert. Durch Zugabe verdünnter Natronlauge wird der pH-Wert der Reaktionslösung eingestellt (pH 3). Nun gibt man 3,64 g (30 mmol) Dimethylanilin 3 hinzu und rührt eine Stunde bei Raumtemperatur. Der erhaltene Feststoff wird abgefiltriert (Porzellanfritte Nr. 4). Man versetzt das Filtrat mit Natronlauge und filtriert zum wiederholten Male, wonach man die 4 5 6 7 Organikum, Deutscher Verlag der Wissenschaften 1973, 539, „Diazotierung mit Natriumnitrit“. F. Muth, „Funktionelle N-Derivate der Arylsulfonsäuren“, Houben-Weyl, Thieme 1955, 9, 609. R. Pütter, „Aromatische Diazoniumsalze“; Houben-Weyl, Thieme 1965, 10/3, 20. K. H. Schündehütte, „Diarylazoverbindungen“; Houben-Weyl, Thieme 1965, 10/3, 248. 280 8 Experimenteller Teil erhaltenen Produktmengen zusammenführt. Die Umkristallisation erfolgt in Ethanol. Zur Vervollständigung der Kristallisation wird der Kolben eine Nacht bei Raumtemperatur stehengelassen. Das Produkt wird abfiltriert und getrocknet. Man erhält 3,24 g (12 mmol; 40 % d. Th.) tiefrote Kristalle des Farbstoffes 4’-Dimethylamino-azobenzol-4-carbonsäure 4 Die gelungene Azokupplung mit einem diazotierten Amin und der daraus resultierende Farbstoff gelten ebenfalls als Charakterisierung. FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3071 (m), 2853 – 2830 (m), 2806 (m), 1651 (s), 1595 (s), 1120 – 1032 (s), 1363 (s), 861 (m), 821 (m) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 200 °C, m/z (% rel. Int.) 307 (33), 120 (100) [C6H10N], 148 (15), 269 (90) [M] UV/Vis O = 466 nm (Wasser) 8.5.6 Darstellung von 2,3-Bis(2,3,5-trimethyl-3-thienyl)maleinsäureanhydrid 0,163 g (0,5 mmol) 1,2-Dicyano-1,2-bis(2,3,5-trimethyl-3-thienyl)ethen und 0,43 mL Ethylenglykolmonomethylether werden zu einer Mischung aus jeweils 0,43 mL dest. Wasser und 0,21 g Kaliumhydroxid gegeben. Es bildet sich eine gelbe Suspension. Unter Rühren wird 24 h zum Rückfluß erhitzt. Die Reaktionslösung wird in ca. 50 mL Wasser aufgenommen und vorsichtig mit 25%iger HCl angesäuert bis pH 3 erreicht wird. Der Farbstoff wird zweimal in je 80 mL Ether aufgenommen und das Lösemittel weitgehend abgeszogen. Über Nacht bilden sich Kristalle. Man erhält 0,017 g (0,05 mmol; 10 % d. Th.) gelb-grünliche Kristalle FT-IR (KBr); Ȟ[cm-1], (Intensität) 3446 (m), 2900 – 2858 (m), 1761 (s), 1715 (s), 1267 (s), 920 (s) MS EI 70 eV, Direkteinlaß, 190 °C m/z (% rel. Int.) 59 (26), 125 (25) , 301 (56), 346 (100) [M] 8 Experimenteller Teil 8.6 281 Anbindung von Farbstoffen an das mesoporöse Material Alle Anbindungsreaktionen werden in getrockneten Lösemitteln und unter Schutzgasatmosphäre durchgeführt. Die Angabe von Ausbeuten ist nach der SOXHLET-Extraktion der Farbstoff wegen der hohen Verluste oft nicht sinnvoll. Die Charakterisierung erfolgt durch XRD- und Stickstoffsorptionsmessung sowie REM-Aufnahmen, DRIFT und UV/Vis in diffuser Reflexion. 8.6.1 Kovalente Anbindung von 4’-Dimethylaminoazobenzol4-carbonsäure an Si-MCM-418: Beispiel für Peptidbindung O O O Si HO NH2 + CH2Cl2 + O N N + DCC N 2 C15H15N3O2 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 CH3 CH3 3 206,33 269,30 O O O Si O N H N N 4 N CH3 CH3 0,626 g 3-aminopropylfunktionalisierter Si-MCM-41 1 (aus der Silylierung von 0,5 g Ausgangsmaterial) wird für mehrere Stunden bei 80 °C getrocknet, im Ölpumpenvakuum evakuiert und danach unter Rühren in 15 mL Dichlormethan suspensiert. Man kühlt das Reaktionsgefäß 8 auf ~ - 10 C und gibt 6,73 mg (0,05 mmol 2/g Si-MCM-41) G. Wendelberger, Synthese homöomerer Peptide aus Aminosäuren, in Houben-Weyl 1974, 15/2, 101. 282 8 Experimenteller Teil 4’-Dimethylaminoazobenzol-4-carbonsäure 2 hinzu. Nach ½ Sunden wird zu der Suspension eine ebenfalls gekühlte Lösung aus 5 mL Dichlormethan und 105 mg (5 mmol, ALDRICH) Dicyclohexylcarbodiimid 3 gegeben. Das Eisbad wird nicht mehr erneuert, so daß die Reaktionsmischung langsam Raumtemperatur annehmen kann. Nach 20 Stunden Rühren wird der Feststoff abgefiltert (Fritte Nr. 3 oder 4) und der Feststoff durch gründliches Waschen mit Dichlormethan und Ethanol entfernt. Als letzter Reinigungsschritt erfolgt eine SOXHLETExtraktion mit Ethanol über einen Zeitraum von 2 Tagen. Abschließend wird der Feststoff bei 80° C getrocknet und verbleibt für 2 Stunden Ölpumpenvakuum (10-3 mbar) überführt. Man erhält 0,626 g eines reinorangen Pulvers von farbstoffbeladenen Si-MCM-41 4. O O O Si O N CH3 5 N N N CH3 CH3 Die Reaktion wurde abweichend auch mit 0,634 g N-methylaminopropylfunktionalisiertem Si-MCM-41 (aus der Silylierung von 0,5 g Ausgangsmaterial) durchgeführt. Man erhält 0,643 g eines reinorangen Pulvers von farbstoffbeladenen Si-MCM-41 5. 8.6.2 Kovalente Anbindung von Sulforhodamin B Säurechlorid an Si-MCM-419, 10: Beispiel für Sulfonamidbindung 0,5 g Si-MCM-41 werden aminofunktionalisiert. Der aminofunktionalisierte Si-MCM-41 wird im Trockenschrank auf 80° C erhitzt und im Ölpumpenvakuum getrocknet. Man befüllt den Reaktionskolben mit Stickstoff und gibt 30 mL Dichlormethan unter Rühren zu. Die Suspension wird im Eis/Kochsalz-Bad gekühlt. Die gewünschten Menge an Sulforhodamin B Säurechlorid 2 wird schnell zugegeben. Nach einer Stunde Rühren werden 100 µL Pyridin hinzugefügt. Nun wird nicht weiter gekühlt. Nach 20 Stunden Rühren wird der Feststoff 9 10 P. Hamm, Herstellung heteromerer und O-(S-)-Peptidbindungen, in Houben -Weyl 1974, 15/2, 372. L. Gattermann, T. Wieland, Die Praxis des organischen Chemikers, 43. Aufl., de Gruyter 1984, 158, 246. 8 Experimenteller Teil 283 CH3 N H3C SO3 O O Si O NH2 + O Cl + CH2Cl2/Pyridin O S - Pyridiniumchlorid O 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 2 C27H29ClN2O6S2 CH3 N 577,11 CH3 CH3 N H3C SO3 O O O O O S Si N O H CH3 N 3 CH3 abgefiltert (Fritte Nr. 3 oder 4) und gründlich mit Dichlormethan und Ethanol gewaschen. Die abschließende Reinigung erfolgt durch Soxhletierung. Die farbstoffbeladene Probe wird auf 80 C erhitzt und abschließend im Ölpumpenvakuum getrocknet. Man erhält ein margentafarbenes Pulver von farbstoffbeladenem Si-MCM-41 3. 8.6.3 Kovalente Anbindung von 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-hydroxy)indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin an Si-MCM-41: Beispiel für Etherbrücke CH3 H3C O O Si O I N Acetonitril N + HO O - HI CH3 2 C22H20N2O2 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 344,41 CH3 H3C N O O N Si O O O CH3 3 284 8 Experimenteller Teil 1 g Si-MCM-41 wird iodofunktionalisiert. 1,235 g iodofunktionalisierter Si-MCM-41 1 werden für zwei Stunden auf 80 °C erhitzt und im Ölpumpenvakuum getrocknet. In das Reaktionsgefäß werden 25 mL Acetonitril unter Stickstoffatmosphäre zugegeben. Nach ½ Stunde Rühren wird die gewünschten Menge an 1,3,3-Trimethyl-9’-(3-hydroxy)-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin 2 sowie die Aktivatoren Pyridin oder K2CO3 zugegeben und die Suspension unter Lichtausschluß zum Rückfluß erhitzt. Nach 20 Stunden Rühren wird der Feststoff abgefiltert (Fritte Nr. 3 oder 4) und mit 50 mL Acetonitril und viel Dichlormethan mehrfach gewaschen. Die abschließende Reinigung erfolgt durch Soxhletierung mit Dichlormethan. Die farbstoffbeladene Probe wird auf 80 °C erhitzt und abschließend im Ölpumpenvakuum getrocknet. Man erhält ein sienna-braunes Pulver von farbstoffbeladenem Si-MCM-41 3. 8.6.4 Ionische Anbindung von Zn-Phthalocyanin-tetrasulfonsäurenatriumsalz: Beispiel für Ionische Bindung SO3Na N O N N O Si O CH3 + N H3C N Zn - NaCl N SO3Na CH3 N Cl 1 innere (und äußere) Oberfläche des SiO2 + DMSO NaO3S 2 C32H12N8O12Na4S4Zn Y SO 3 O Si O N SO3Na 986,11 O N N H3C CH3 N N N CH3 O3S N Zn N SO3 N N Y N 3 Y O 3S 0,5 g Si-MCM-41 werden trimethylammoniumfunktionalisiert. Der aminofunktionalisierten Si-MCM-41 1 werden im Trockenschrank auf 80° C erhitzt und im Ölpumpenvakuum getrocknet. Man befüllt den Reaktionskolben mit Stickstoff und gibt 25 mL trockenes Dimethylsulfoxid DMSO zu. Das Material wird in unter Rühren suspendiert. In die Suspension gibt man 4,86 mg (0,005 µmol) Zn-Phthalocyanintetrasulfonsäurechlorid 8 Experimenteller Teil 285 Zn-PTSCl 2, welches unter weiterem Rühren gelöst wird. Nach einer Stunde wird 100 µL Pyridin zugegeben. Zunächst wird vier Stunden bei Raumtemperatur gerührt, dann wird die Reaktionsmischung auf 90 °C erhitzt. Nach 20 Stunden wird ein Feststoff abgefiltert (Fritte Nr 3) und mit DMSO und Ethanol gründlich gewaschen. Es wird eine mehrtägige SOXHLETBehandlung mit Ethanol durchgeführt. Abschließend wird das Produkt im bei 80 °C Ölpumpenvakuum getrocknet. Man erhält ein blaugrünes Pulver von farbstoffbeladenem Si-MCM-41 3. Im Falle der ionischen Anbindung von (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonat wird in einem zweiten Schritt im mesoporösen Wirt eine in-situ-Synthese durchgeführt, wie sie im folgenden für den Zeolithen Y beschrieben wird. 8.7 In-situ-Synthese von Spiropyranen im Zeolithen Y am Beispiel von 6-Nitro-1’,3’,3’-trimethylspiro[2H-1]benzopyran-2,2’indolin (N-BIPS) Der zu beladende Zeolith Y wird kalziniert oder getrocknet. 1 g des Zeolithen wird in 15 ml Ethanol abs. im Rundkolben vorgelegt. Nun werden 0,089 mL (510-4 mol) an 2-Methylen1,3,3-methylindolin zugegeben und für drei Tage geschüttelt. Nach dem Abfiltern mit einer Keramikfritte Nr. 4 wird das Molekularsieb intensiv gewaschen. 669 mg 2-Hydroxy-5-nitrosalicylaldehyd (410-3 mol/g Zeolith) werden in 15 mL Ethanol in einen Rundkolben gegeben. Nach einigen Stunden Rührens bei Raumtemperatur wird für 3 Tage zum Rückfluß erhitzt und anschließend das Molsieb gewaschen und einer SOXHLETbehandlung unterzogen. Diese Reaktionsführung wurde ebenfalls bei der Beladung von 8-Methoxy-6-Nitro-BIPS und 6,8-Dinitro-BIPS angewandt. 286 8 Experimenteller Teil 9 Zusammenfassung und Ausblick 287 9 Zusammenfassung und Ausblick 9.1 Zusammenfassung Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung von Nanokompositsystemen mit photochromen Eigenschaften. Durch Modifizierung anorganischer Molekularsiebe sollte in WirtGast-Materialien die Stabilisierung von optischen Schaltzuständen photochemisch aktiver Farbstoffklassen erreicht werden. Diese Aufgabe erforderte die gezielte Bearbeitung mehrerer unterschiedlicher Aspekte: (i) zunächst die Modifizierung von Molekularsieben und mesoporösen Materialien zur Immobilisierung von photochromen Farbstoffen. (ii) Um die Fixierung in den Poren der Wirtsysteme zu erreichen, mußten Farbstoffe derivatisiert werden oder geeignete Zielstrukturen organischpräparativ synthetisiert werden. (iii) Die Gestaltung von Nanokompositen oder die schrittweise Modifizierung von porösen Materialien erfordert die Charakterisierung aller Zwischenstufen mit aufwendiger Festkörperanalytik. (iv) Die Zielverbindungen müssen im Hinblick auf ihre photochemischen Eigenschaften untersucht werden. Die im Laufe der Arbeit an der beschriebenen Aufgabenstellung entwickelten Techniken wurden zudem in ein DFG-Projekt (WA 111617) zur Darstellung organisch modifizierter, mesoporöser Dünnfilme eingebracht. Als anorganische Wirtmaterialien dienten das mesoporöse Silikat MCM-41 sowie der mikroporöse Zeolith Y respektive DAY. Die Zeolithdarstellungen konnten nach einem Standardverfahren durchgeführt werden. Zur Synthese des Si-MCM-41 wurde die Methode der homogenen Fällung von J. RATHOUSKÝ und A. ZUKAL auf große Ansätze optimiert. So war es möglich, die erforderlichen Mengen des porösen Silikates in gleichbleibender Qualität darzustellen (Kap. 5.3). Das gewonnene amorphe Silikat zeigte eine annähernd perfekte Fernordnung, 288 9 Zusammenfassung und Ausblick garantierte ein reproduzierbares Umfeld für die molekularen Gäste und kann in seinen großen Poren (ca. 32 Å) auch sterisch anspruchsvolle Molekel aufnehmen. Dieses Wirtmaterial mit homogener hexagonaler Textur und enger Porengrößenverteilung wurde basierend auf der Methode der schrittweisen Funktionalisierung, die der Autor in einer vorangehenden Arbeit enwickelte, für die extraktionsstabile Einlagerung von photochromen Farbstoffen vorbereitet. In diesem Verfahren wird durch regiospezifische Modifizierung mit Diphenyldichlorsilan (DPDCS) die äußere Oberfläche für weitere Anbindungen blockiert (Kap. 5.4), so daß in einem folgenden Schritt die Kondensationsreaktion eines Alkoxysilans mit einer funktionellen Gruppe exklusiv im Poreninneren erfolgen kann (Kap. 5.5). An diese funktionelle Gruppe wird schlußendlich der aktivierte Farbstoff angebunden (Kap. 5.6). Neben dem bereits arrivierten 3-Aminopropyltriethoxysilan (APTES) wurden für kovalente Kopplungsreaktionen N-Methylaminopropyltrimethoxysilan (MAPTMS) und 3-Iodopropyltrimethoxysilan (IPTMS) eingesetzt. Rückschläge bei der Aktivierung eines Chromophoren auf herkömmliche Weise (Derivatisierung organischer Säure) gaben den Anstoß zur Entwicklung einer neuartigen Methode zur Immobilisierung von anionischen Farbstoffen via COULOMB-Wechselwirkung. Dazu wurde das quarternäre Ammoniumsalz N-Trimethoxysilylpropyl-N,N,N-methylammoniumchlorid (TMS-TMA) als ionischer precursor eingesetzt. Die Immobilisierung im Poreninneren des Wirtmaterials erforderte bezüglich der Gastmoleküle notwendige Vorüberlegungen. Neben der anwendungsorientierten Auswahl des Chromophoren ist das Angebot einer reaktionsfähigen Ankergruppe als Gegenstück zur Funktionalisierung des Wirtes unerläßlich. Der abschließende Schritt wurde durch Kopplungsreaktionen unter milden Bedingungen, die weder den Farbstoff zersetzen, noch eine Strukturschädigung des Trägermaterials zur Folge haben, durchgeführt. Dazu wurden als Sulfonsäurechloride aktivierte Farbstoffe (Zn-2,9,16,23-Terasulfonychloridphthalocyanin, Sulforhodamin B Säurechlorid) durch Ausbildung eines Sulfonamides an aminofunktionalisierten Si-MCM-41 gebunden. Aktivierte Carbonsäuren (4’-Dimethylamino-azobenzol-4-carbonsäure, Carbocyanin (Cy5)) wurden durch Peptidbindung umgesetzt. Das photochrome Spirooxazin 9’-Hydroxy1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin konnte durch Reaktion einer Hydroxygruppe in nukleophiler Substitution am iodofunktionalisierten Si-MCM-41 erfolgreich verankert werden. Des weiteren konnte die Umsetzung von Anhydriden der Carbonsäure mit aminofunktionalisiertem Si-MCM-41 zu Imiden erreicht werden. Mit dem in Modellre- 9 Zusammenfassung und Ausblick 289 aktionen bestätigten Verfahren gelang mittels Maleinimidbindung erstmals die Verankerung des Diarylethenfarbstoffes 2,3-Bis(2,4,5-trimethyl-3-thienyl)-maleinsäureanhydrid im mesoporösen Silikat. Das starke COULOMB-Wechselwirkungspotential des TMS-TMA- modifizierten Si-MCM-41 wurde genutzt, um in-situ-synthetisch ein Derivat des Spiropyrans 6-Nitro-1’,3’,3’-trimethylspiro[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin (N-BIPS) zu immobilisieren. Auf gleiche Weise gelang die annähernd quantitative Einlagerung des Natriumsalzes von Zn-Phthalocyanintetrasulfonsäure (Kooperation mit Herrn O. BARTELS). In die mikroporösen Zeolithe wurden Derivate des BIPS durch Diffusion der Edukte in die Poren und anschließende in-situ-Synthese zum diffusionsgehinderten Produkt eingebracht. Die Auswahl der photochromen Verbindungen erfolgte nach dem Anwendungspotential in NLO und der zu erwartenden Schaltstabilität. Spiropyrane, Spirooxazine und Diarylethenfarbstoffe gelten gemeinhin als Vertreter mit größter Stabilität der Photoisomere. Diese herausragenden Eigenschaften stehen nicht zuletzt in Abhängigkeit zum Substitutionsmuster. Bei der Planung der Darstellung mußte dies in Betracht gezogen werden. Unter anderem wurde die vollständige Synthese von 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin durchgeführt (Kap. 5.2). Über den Alkoxysilananker konnte der Farbstoff direkt an Silikat angebunden werden. Über die Darstellung des (2,3,3-Trimethylindoleninium-1-yl)-propionsulfonates wurde die ionische Anbindung von Spiropyranen im Si-MCM-41 erreicht. Die Isolierung der Produkte und Zwischenstufen war stets sehr aufwendig, da die Trennung durch Thermochromie und Photochromie beeinflußt wird. Um eine steuerbare, schrittweise Funktionalisierung des mesoporösen Silikates MCM-41 zu garantieren, ist eine verläßliche Festkörperanalytik notwendig. Mit Stickstoffsorptions- und XRD-Messungen, DRIFT- und Reflexions-UV/VIS-Spektroskopie sowie REM und TEM konnte der Fortschritt der Darstellung der Nanokomposite verfolgt werden. So konnte in weiterführenden Untersuchungen der Einfluß der Reaktionsparameter auf die Regioselektivität der Passivierung der äußeren Oberfläche des SI-MCM-41 mit DPDCS und die Abhängigkeit der Modifizierung mit Alkoxysilanen von der Natur der Kopfgruppe gezeigt werden. Das Ziel der kontrollierten, extraktionsstabilen Verankerung der Farbstoffe konnte auch für kleinste Konzentrationen realisiert werden. Mit der konfokale Fluoreszenzmikroskopie konnte der Beweis geführt werden, daß selbst bei Konzentrationen von 10-10 mol des Fluoreszenzfarbstoffes Cy5 pro g Si-MCM-41 von einer absolut homogenen Verteilung im Wirtgitter auszu- 290 9 Zusammenfassung und Ausblick gehen ist. Das bildgebende Verfahren bestätigte auch, daß ein Blockieren der äußeren Oberfläche nicht notwendig ist (Kap. 7.1). Die photochemischen Untersuchungen ergaben, daß durch die kovalente oder ionische Anbindung Si-MCM-41-Nanokomposite erzeugt wurden, die in der Stabilität ihrer Photoisomere Farbstofflösungen oder imprägniertem porösen Silikat hoch überlegen sind. 9’-(3-Trimethoxysilylpropoxy)-1,3,3-trimethyl-indolenin-2,3’-[3H]naphth[2,1-b][1,4]oxazin (~ 5·10-6 mol/g) beispielsweise zeigte nach Belichtung bei Ȝ = 500 nm reverse Photochromie und eine stark verlangsamte thermische Relaxation zum Ausgangszustand (pseudo1.-Ordnung, k = 6,9·10-6, t1/2 = 28 h). Bei höherer Beladung konnte sogar eine vollständige Stabilisierung ohne jegliche Rückreaktion beobachtet werden. Auch die ionische Anbindung eines N-BIPS-Derivates an TMS-TMA stabilisierte das Photoisomer nach Belichtung derart, daß die thermische Rückschaltung verhindert wurde (Kap. 6). Der entscheidende Unterschied zwischen imprägniertem Material und kontrolliert funktionalisiertem Si-MCM-41 ist die Stabilisierung der cisoiden oder transoiden Konformationsund Konfigurationsisomere durch Wechselwirkung mit dem jeweiligen chemischen Umfeld, bedingt durch die Modifikation des Poreninneren. Durch die in dieser Arbeit vorgestellten Techniken ist eine gezielte Anpassung des chemischen Umfeldes des fest verankerten Farbstoffes möglich. So konnte im iodofunktionalisierten Si-MCM-41 sogar unbeständige Intermediate des Spirooxazins stabilisiert werden. Die Photoschaltung von BIPS-Derivaten im mikroporösen Zeolithen Y sollte den Einfluß des Käfigeffektes auf die sterisch anspruchsvolle Photokonversion der Spiropyrane im Vergleich zum mesoporösen Si-MCM-41 zeigen. Durch den Einsatz dealuminierter Zeolithe und unterschiedlicher Substitutionsmuster konnten gezielt Funktionsmaterialien hergestellt werden, die auf ihre photochromen Eigenschaften optimiert wurden. Die räumliche Einschränkung führte zu bemerkenswerter Stabilisierung der transoiden Isomere, den Photomerocyaninen. Durch Verschiebung des Si/Al-Verhältnisses wurde gezielt Einfluß auf die Protonierung der offenen Isomere genommen, deren revers-photochromes Verhalten sich gegenüber dem ihrer unprotonierten Pendants unterscheidet. Als idealer Kompromiß zwischen großem Farbunterschied nach reverser Photochromie und thermischer Stabilität soll hier die in-situSynthese von 6-nitrosubstituierten N-BIPS in Zeolith DAY mit Si/Al = 63 (k = 7,0·10-6, t1/2 = 27,5 h) aufgeführt werden. Im Rahmen der photochemischen Untersuchungen konnte nach Belichtung des 8-Methoxy-N-BIPS in weitestgehend dealuminiertem Faujasiten bei 9 Zusammenfassung und Ausblick Ȝ = 500 nm erstaunlicherweise 291 direkte Photokonversion zum angeregten Triplett- Photomerocyanin festgestellt werden. Die Halbwertzeit betrug t1/2 = 20 min. In Lösung kann dieses instabile Intermediat nur mittels flash-Photolyse für wenige µs nachgewiesen werden. 9.2 Ausblick Da mit den vorgestellten Methoden Materialien mit ausgezeichneten Eigenschaften dargestellt wurden, bietet sich meiner Meinung nach ein weites Betätigungsfeld für die Entwicklung von nicht-linear-optischen und photoschaltbaren Nanokompositen. Vordringlich ist die Entwicklung einer quantitativen Analytik zur Bestimmung der Beladung von anorganischen Molekularsieben mit den empfindlichen photochromen Farbstoffen zu nennen. Komparative Spektrometrische Untersuchungen führten hier nicht zu verwertbaren Ergebnissen, da eine Vielzahl von schlecht kontrollierbaren Einflüssen sowohl Bandenlagen als auch die Reflektivität verändern. Ein Schwerpunkt muß die recht anspruchsvolle organisch-präparativer Synthese der photochromen Farbstoffsysteme sein, denn anwendungsorientiertes Arbeiten erfordert das Darstellen von Zielstrukturen. Einer weiteren Beabeitung des Themenkomplexes sind sonst Grenzen gesetzt. Mit dem verwendeten LaserbelichtungsUV/Vis-Spektrometer-Meßaufbau war eine Untersuchung der Materialien nur aufgrund ihrer hervorragenden Stabilisierung der photochemischen Schaltzustände möglich. Neben dem instabilen optischen Aufbau und offensichtlicher gerätetechnischer Mängel verhinderte die fehlende Möglichkeit zur Kurzzeitspektrometrie ein adäquates Arbeiten. Hier sind viel Zeit und Geld erforderlich. In weiterführenden Projekten wurde den Techniken der schrittweisen Funktionalisierung mesoporöser Materialien ein größeres Anwendungspotential erschlossen. Durch Anbindung polymerisationsfähiger Alkoxysilane an farbstoffbeladene Nanokomposite konnten in Zusammenarbeit mit Herrn F. BAUER (IOM, Leipzig) mechanisch stabile, transparent Oberflächenbeschichtungen mit optischen Eigenschaften dargestellt werden. Bereits erwähnt wurde die Beladung von mesoporösen Dünnfilmen als zukunftsträchtiger Weg (Kap. 7.3). So verankerte Farbstoffe sind z. B. nutzbar als Photokatalysatoren oder Gassensoren. Es konnte in gezeigt 292 9 Zusammenfassung und Ausblick werden, daß kovalent im Porenvolumen des Si-MCM-41 verankertes Phthalocyanin elektrochemische aktiv ist. Ein Übertragungsmechanismus garantiert den Elektronenaustausch im isolierenden Wirtmaterial. Daher verspricht der Einbau in mesoporöse Dünnfilme die Entwicklung von zukunftsweisenden Funktionsmaterialien. Anlage: Abkürzungen 293 Anlage: Abkürzungen AFM Kraftmikroskop APTES 3-Aminopropyltriethoxysilan BET BRUNAUER, EMMETT, TELLER (Sorptionsmodell) BIPS 1,3,3-Trimethylspiro-[2H-1]benzopyran-2,2’-indolin BJH BARRETT, JOYNER, HALENDA (Sorptionsmodell) CAN Ammoniumcer(IV)hexanitrat CTAB Cetyltrimethylammoniumbromid DAY dealuminierter Faujasit DCC Dicyclohexylcarbodiimid DE Diarylethen DMF Dimethylformamid DMSO Dimethylsulfoxid DPDCS Diphenydichlorosilan DRIFT FOURIER-Transformations-IR-Spektometrie in diffuser Reflektion EISA verdampfungsinduzierte Selbstorganisation HOMO höchstes besetztes Molekülorbital IPTMS 3-Iodopropyltrimethoxysilan IR infraroter Bereich des Spektrums KMK kritische micellare Konzentration LCT flüssigkristallines Templat LUMO niedrigstes unbesetztes Molekülorbital MAPTMS N-Methylaminopropyltrimethoxysilan MA Maleinsäureanhydrid MC (Photo-)Merocyanin MCM MOBIL’s Composition of Matter (Molsieb) NLO nichtlineare Optik PA Phthalsäureanhydrid 294 Anlage: Abkürzungen Pc Phthalocyanin PMMA Polymethylmethacrylat PTS Phthalocyanintetrasulfonsäure REM Rasterelektronenmikroskop SAM selbstorganisierende Monolage SBA Santa Barbara (Molsieb) SBU sekundäre Baueinheit SHB spektrales Lochbrennen SO Spirooxazin SP Spiropyran TEM Transmissionselektronenmikroskop TEOS Tetraethylorthosilikat THF Tetrahydrofuran TMS-TMA N-Trimethoxysilylpropy-N,N,N-trimethylammoniumchlorid ULP äußerst großporige Materialien UV/Vis ultravioletter und sichtbarer Bereich des Spektrums X cisoides Intermediat der Spirochromen XRD Röntgendiffraktometrie