Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, XII. Gesetzgebungsperiode
Tagung 1985/86
34. Sitzung am 3. Dezember 1985
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Reiter (Seite 147),
2. Verlesung des Einlaufes (Seite 147),
3. Verhandlung:
Antrag des Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1986. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 148); Redner:
LHStv. Dr.Pröll (Seite 150).
Generaldebatte. Redner: Abg. Lechner (Seite 155), Abg. Dr.Bernau (Seite 165); Abstimmung über das
Eingehen in die Spezialdebatte (Seite 171).
Spezialdebatte zur Gruppe 0. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 172); Redner: Abg. Haufek mit 2
Resolutionsanträgen (Seite 172), Abg. Präs.Romeder (Seite 177), Abg. Präs.Pospischil (Seite 182),
Abg. Böhm (Seite 189); Abstimmung (Seite 194).
Spezialdebatte zur Gruppe 1. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 194); Redner: Abg. Knotzer mit
Resolutionsantrag (Seite 195), Abg. Klupper (Seite 198); Abstimmung (Seite 201).
Spezialdebatte zur Gruppe 2. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 201); Redner: Abg. Kalteis mit 2
Resolutionsanträgen (Seite 201), Abg. Ing.Schober (Seite 207), Abg. Keusch (Seite 212),
Abg. Lugmayr (Seite 216), Abg. Krendl (Seite 217), Abg. Hiller (Seite 221); Abstimmung (Seite 225).
Spezialdebatte zur Gruppe 3. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 226); Redner: Abg. Dr.Slawik
(Seite 226), Abg. Breininger (Seite 232), Abg. Rabl (Seite 240); Abstimmung (Seite 242).
Spezialdebatte zur Gruppe 4. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 242); Redner: Abg. Deusch
(Seite 242), Abg. Fidesser (Seite 245), Abg. Wagner (Seite 249), Abg. Mag.Freibauer (Seite 252).
PRÄSIDENT REITER (um 10.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung ist
geschäftsordnungsmäßig aufgelegen, es ist unbeanstandet geblieben, demnach als genehmigt zu
betrachten.
Ich darf bekanntgeben, daß der Klub der sozialistischen Abgeordneten Niederösterreichs mit
Schreiben vom 18.Novemer 1985 folgende Änderungen in den Geschäftsausschüssen des Landtages
vorgenommen hat:
Im Kommunalausschuß anstelle des ehemaligen Abg. Fürst Abg. Uhl als Ersatzmitglied.
Im Kulturausschuß anstelle des ehemaligen Abg. Fürst Abg. Uhl als Ersatzmitglied.
Im Schulausschuß anstelle des ehemaligen Abg. Fürst Abg. Uhl als Ersatzmitglied.
Im Sozialausschuß anstelle des ehemaligen Abg. Fürst Abg. Uhl als Mitglied.
Im Unvereinbarkeitsausschuß anstelle des ehemaligen Abg. Fürst Abg. Uhl als Mitglied.
Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.201/H-8/3 Vorlage der Landesregierung vom 19.November 1985 betreffend LandesFinanzsonderaktion für
Gemeinden, Erhöhung des Kredit- und Haftungsrahmens.
Ltg.202/H-1/12 Vorlage der Landesregierung vom 26.November 1985 betreffend Firma ART Entsorgungsbetrieb
Gesellschaft mbH, Wiener Neustadt, Antrag um Übernahme einer Innovationshaftung für 80 % eines
Kredites in Höhe von S 2,500.000,--.
Ltg.203/B-1/4 Bericht des Finanzkontrollausschusses des Landtages von Niederösterreich vom 15.Oktober 1985
über die bei Ausübung seines Kontrollrechtes gemachten Wahrnehmungen, I/1985.
PRÄSIDENT REITER (nach Zuweisung bzw. Mitteilung der bereits erfolgten Zuweisung des Einlaufes
an die zuständigen Ausschüsse):
Wir gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Ich bitte den Herrn Berichterstatter Abg. Kurzbauer,
durch seinen Bericht zur Ltg. 195/V-3 die Verhandlungen zum Voranschlag des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1986 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Als Berichterstatter obliegt mir die Aufgabe, dem Hohen Landtag den Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1986 zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen. Die
Vorlage wurde vom Finanzausschuß in eingehenden Beratungen gründlich durchgearbeitet. Die
Landesregierung hat gem. Art. 29 Abs.2 der NÖ Landesverfassung 1979 den Voranschlagsentwurf
der Einnahmen und Ausgaben des Landes für das Jahr 1986 rechtzeitig aufgestellt. Der Aufbau des
Landesvoranschlages 1986 entspricht den Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für
Finanzen vom 14.Februar 1983, BGBl.Nr. 159, Voranschlags- und Rechnungsabschlußverordnung VRV, mit der Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Länder, der
Gemeinden und von Gemeindeverbänden geregelt werden.
Er besteht aus dem Ordentlichen Teil, dem Außerordentlichen Teil und dem Konjunkturausgleichsteil
samt Erläuterungen sowie dem Dienstpostenplan und dem Kraftfahrzeug-Systemisierungsplan. Seine
vertikale Gliederung erfolgt aufgrund des Ansatz- und Postenverzeichnisses der VRV innerhalb der
einzelnen Teile (Haushalte) in Gruppen, Abschnitte, Unterabschnitte und Voranschlagsstellen nach
funktionellen, finanzwirtschaftlichen und ökonomischen Gesichtspunkten. Nähere Ausführungen hiezu
sind im Allgemeinen Teil der Erläuterungen zum Landesvoranschlag 1986 enthalten. Zur Erleichterung
der Handhabung ist dort auch ein alphabetisch geordnetes Schlagwörterverzeichnis beigegeben. Die
horizontale Gliederung umfaßt die Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsplanes 1986 in
Gegenüberstellung zu den entsprechenden Voranschlagsbeträgen des Finanzjahres 1985 sowie den
Beträgen der Jahresrechnung 1984.
In Weiterführung des schon bisher verfolgten Ordnungsprinzips werden im Hauptteil des
Landesvoranschlages 1986 durchgehend nur mehr die Einnahmen- und Ausgabenansätze dargestellt,
sämtliche weitere Untergliederungen finden sich in den Untervoranschlägen. Der Voranschlag 1986
sieht in Gegenüberstellung zum Voranschlag 1985 folgende Einnahmen und Ausgaben vor:
Einnahmen:
Ordentlicher Teil
1985..................S 22.876,873.000,-1986..................S 23.723,410.000,-Außerordentlicher Teil
1985..................S 47,500.000,-1986..................S 225,032.000,-Gesamteinnahmen
1985..................S 22.924,373.000,-1986..................S 23.948,442.000,-Ausgaben:
Ordentlicher Teil
1985..................S 23.717,602.000,-1986..................S 24.510,932.000,-Außerordentlicher Teil
1985..................S 657,556.000,-1986..................S 829,457.000,-Konjunkturausgleichsteil
1985..................S 245,000.000,-1986..................S 255,000.000,-Gesamtausgaben
1985..................S 24.620,158.000,-1986..................S 25.595,389.000,-Abgang:
Ordentlicher Teil
1985..................S 840,729.000,-1986..................S 787,522.000,-Außerordentlicher Teil
1985..................S 610,056.000,-1986..................S 604,425.000,-Konjunkturausgleichsteil
1985..................S 245,000.000,-1986..................S 255,000.000,-Gesamtabgang
1985..................S 1.695,785.000,-1986..................S 1.646,947.000,-Die Bedeckung des Abganges wird eine weitere Fremdmittelaufnahme erforderlich machen und eine
neuerliche Erhöhung des Schuldenstandes des Landes bewirken.
Das Gesamtausgabenvolumen des Voranschlages 1985 betrug S 24.620,158.000,--.
Das Gesamtausgabenvolumen des Voranschlages 1986 beträgt 25.595,389.000,-- Schilling.
Es ergibt sich somit eine Budgetausweitung um S 975,231.000,--, das sind 3,96 %.
Der Ordentliche Teil des Voranschlages zeigt gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung der Einnahmen
um 3,70 % oder S 846,537.000,--, eine Erhöhung der Ausgaben um 3,34 % oder S 793,330.000,--.
Die Personalausgaben (Verwaltung) erhöhen sich um rund S 235,000.000,--, die Leistungen für
Personal (Lehrer) steigen um rund S 105,000.000,--.
Die Sachausgaben (Ordentlicher, Außerordentlicher und Konjunkturausgleichsteil) erfahren
demgegenüber eine Steigerung um rund S 635,000.000,--.
Der Anteil der Personalausgaben (Verwaltung) an den ordentlichen Ausgaben zeigt folgende
Entwicklung: 1984 - 24,23 %, 1985 - 23,95 %, 1986 - 24,29 %.
Mit 31.Dezember 1985 läuft das Gehaltsübereinkommen für den öffentlichen Dienst aus. Die bereits
aufgenommenen Verhandlungen über eine Bezugserhöhung für die Zeit ab 1.Jänner 1986 waren im
Zeitpunkt der Abschlußarbeiten am Budgetentwurf noch zu keinem Ergebnis gelangt.
So wie schon in der gleichen Situation des Jahres 1984 soll innerhalb des Gesamtrahmens für die
budgetäre Bedeckung der zu erwartenden Besoldungsregelung in der Weise Vorsorge getroffen
werden, daß bei den einzelnen Voranschlagsstellen der Personalausgaben und Pensionen eine
Reserve eingebaut wurde. Diese Reserve soll jedoch bei allen in Frage kommenden
Voranschlagsstellen von Beginn an gesperrt und nur in dem Ausmaß in Anspruch genommen werden,
in welchem im Jahre 1986 allgemein eine Besoldungsregelung erfolgt.
Die folgende Aufstellung zeigt den prozentuellen Anteil der einzelnen Gruppen am Ausgabenvolumen
des Ordentlichen Teiles des Voranschlages 1986 in Gegenüberstellung zum Voranschlag 1985:
Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, 14,38 zu 14,34 %.
Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, 0,50 zu 0,54 %. Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport
und Wissenschaft, 26,40 zu 26,27 %.
Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus, 0,91 zu 0,94 %. Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, 25,62 % zu 25,92 %.
Gruppe 5, Gesundheit, 7,67 zu 7,57 %.
Gruppe 6, Straßen- und Wasserbau, Verkehr, 7,97 zu 7,95 %. Gruppe 7, Wirtschaftsförderung, 4,25
zu 3,26 %. Gruppe 8,Dienstleistungen,0,06 gleichgeblieben mit 0,06 %. Gruppe 9, Finanzwirtschaft,
12,24 % zu 12,95 %. Herkunft, Zweckwidmung und Begründung der einzelnen Einnahmen und
Ausgaben sind in den Erläuterungen zum Landesvoranschlag 1986 ausführlich dargestellt,
Änderungen gegenüber dem Vorjahr aus der Horizontalgliederung ersichtlich.
Die außerordentlichen Ausgaben sind mit S 829,457.000,-- veranschlagt, denen Einnahmen von S
225,032.000,-- gegenüberstehen. Es ergibt sich somit ein ungedeckter Abgang im Außerordentlichen
Teil von S 604,425.000,--. Die einzelnen Vorhaben sind in den Erläuterungen zum Außerordentlichen
Teil des Voranschlages näher beschrieben.
Der Konjunkturausgleichsteil enthält Ausgaben in der Höhe von 255 Millionen Schilling. Diese
vorgesehenen Kreditmittel betreffen investitionswirksame Ausgaben und sollen nur unter
Berücksichtigung der Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1986 eingesetzt werden. Dadurch besteht die
Möglichkeit, den Budgetvollzug mit den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen abzustimmen. Zur
Budgetentlastung soll die Finanzierungsform für Investitionsgüter im Rahmen von
Beschaffungsprogrammen, welche zur Erfüllung der laufenden Verwaltungsaufgaben erforderlich sind,
sowie von Bauvorhaben schrittweise auf die Nutzungsdauer dieser Güter abgestellt werden.
Im Voranschlag 1986 steht in diesen Fällen nur mehr ein Teilbetrag des Anschaffungs- bzw.
Herstellungspreises zur Verfügung. Der gesamte Kaufpreisrest bildet dann eine Vorbelastung
künftiger Finanzjahre.
Die zur Erfüllung dieser rechtsverbindlichen Verpflichtungen aus den Kaufbzw. Werkverträgen
erforderlichen Landesausgaben in den folgenden Jahren bedürfen vor ihrer Vollziehung der
Genehmigung durch den Landtag. Als Ausdruck des Einverständnisses ist eine diesbezügliche
Ermächtigung im Antrag, Abschnitt III, Ziffer 7, enthalten.
Entsprechend dem Beschluß des Landtages vom 14.Juli 1966 mußte für jedes einzelne noch nicht
begonnene Bauvorhaben ein gesonderter Beschluß des Landtages vorliegen. Mit der Entschließung
des Landtages vom 27.Mai 1982 wurde die Landesregierung von der Einhaltung dieser Entschließung
entbunden. Es wurde dabei zum Ausdruck gebracht, daß die Bestimmungen des IV. Abschnittes der
NÖ Landesverfassung über die Mitwirkung an der Vollziehung im Zusammenhang mit der Einrichtung
des Finanzkontrollausschusses für das Kontrollrecht des Landtages ausreichen. Die für die
Durchführung von Bauvorhaben des Landes erforderlichen Kreditmittel werden vom Landtag im Wege
des jeweiligen Voranschlages genehmigt. Der Landtag hat am 10.Oktober 1985 beschlossen, einen
"NÖ Fremdenverkehrsförderungsfonds" mit eigener Rechtspersönlichkeit zu errichten. Der Fonds
übernimmt sämtliche Aktiva und Passiva der bestehenden Verwaltungseinheiten
"Fremdenverkehrsförderungsfonds" und "Wirtschaftsförderungsfonds" mit Ausnahme der auf den
Bereich der Wirtschaft entfallenden Aktiva und Passiva. Die daraus folgenden finanziellen
Auswirkungen sind im Landeshaushalt 1986 darzustellen.
Zur Erleichterung des Budgetvollzuges werden sämtliche Personalausgaben (ohne Dienstreisekosten)
als gegenseitig deckungsfähig erklärt. Damit besteht die Möglichkeit, allfällige unumgängliche
Überschreitungen in Teilbereichen des Voranschlages durch allfällige Einsparungen in anderen
Teilbereichen zu bedecken. Die Ermächtigung der Landesregierung, die Ausgabenkredite des
Außerordentlichen Teiles des Voranschlages gegenseitig deckungsfähig zu erklären, wird auf den
gesamten Außerordentlichen Teil ausgedehnt.
Es ist daher zum Beispiel möglich, während des Jahres die Finanzierung von Bauvorhaben bei
gegenüber dem Bauzeitplan abweichendem Baufortschritt dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Zur
Durchführung des Landesvoranschlages 1986 werden wieder alle jene Bestimmungen beantragt, die
sich schon bisher für den Budgetvollzug als notwendig oder zweckmäßig erwiesen haben. Ich darf den
Herrn Präsidenten nun bitten, die Verhandlungen über den Voranschlag 1986 einzuleiten.
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Finanzreferent des Landes, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll.
Landeshauptmannstellvertreter DR.PRÖLL (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! "Mit Maß zum Ziel" - unter diesem Motto präsentiere ich
Ihnen heuer den Budgetentwurf Niederösterreichs für das Jahr 1986. Nach mehr als 100 Stunden
Budgetverhandlungen mit meinen Regierungskolleginnen und Regierungskollegen hat sich diese
Generallinie immer mehr herauskristallisiert. Es war nicht einfach, aber es ist gelungen.
Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen zum Budget
1986:
Zum Ersten: Es freut mich sehr, daß der vorliegende Budgetentwurf 1986 erstmals seit vielen Jahren
wieder ungeteilte Zustimmung der Landesregierung erfahren hat. Diese Zustimmung bestätigt nicht
nur die nackten Zahlen, sondern auch die Ideologie, die hinter diesen Zahlen steht. Und diese
Zustimmung ist gleichzeitig auch die Anerkennung des Kurses, den wir mit den Budgets der letzten
Jahre eingeschlagen haben.
Die zweite Vorbemerkung. Als Verantwortliche im Land sind wir Treuhänder für insgesamt 25,6
Milliarden Schilling. Uns muß bewußt sein, daß es sich um 25,6 Milliarden Schilling Steuergelder
handelt. Umgerechnet auf rund 1,4 Millionen Landesbürger, also rund 18.000 Schilling pro
Niederösterreicher, egal ob Kleinkind oder Urgroßvater. Jedem dieser Mitbürger sind wir für die
sinnvolle, für die maßvolle und für die effiziente Verwendung dieser Summen verantwortlich. Wir alle
beraten und bestimmen also in den nächsten Tagen über Geld, das nicht unser eigenes Geld ist,
sondern das unseren Landsleuten gehört.
Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesen Vorbemerkungen zurück zur
Devise unseres Budgets "Mit Maß zum Ziel". Das Maß, das wir bei der Budgeterstellung angelegt
haben, war einerseits Sparsamkeit durch Nullbudgetierung. Wir haben jeden Budgetposten
durchleuchtet und darauf geprüft, ob die Ausgabe überhaupt notwendig ist. Das Argument, "Es war
immer so", gilt schon lange nicht mehr. Nur so ist es nämlich möglich, die Steuergelder auch effizient
und wirkungsvoll für die Zukunft einzusetzen.
Das Maß, das wir bei der Budgeterstellung angelegt haben, war andererseits der Zwang, trotz eines
relativ kleinen Budgets optimale Effekte zu erzielen. Aber das höchste Maß überhaupt besteht darin,
das Budget an den Bedürfnissen unserer Landsleute zu orientieren. Daraus resultiert auch unser
Bestreben nach Sparsamkeit bei gleichzeitigem optimalem Effekt dieses Budgets. Aus den
vorgenannten Determinanten ergeben sich auch die Ziele des Budgets 1986 automatisch:
Erstens ist es wichtig, entsprechend den Bedürfnissen unserer Landsleute neue Impulse im Land zu
setzen, zweitens ist es gleichzeitig unumgänglich, den Anforderungen an das Budget auch im
nächsten Jahr voll gerecht zu werden und drittens wollen wir gleichzeitig mit dem Budget 1986 auch
für die Zukunft vorsorgen, denn wer zielorientiert ist, der ist auch zukunftsorientiert.
Es war daher ein absolutes Muß, nach zwei Jahren Sparbudget noch ein drittes Jahr der Sparsamkeit
anzuhängen. Warum? Auch diese Frage läßt sich in drei Punkten leicht erklären: Erstens. Die
Wirtschaftsfachleute sagen uns voraus, daß sich der leichte Konjunkturaufschwung im ersten Halbjahr
1986 fortsetzen wird. Demgegenüber halten dieselben Experten bereits für Ende 1986/Anfang 1987
wieder einen Konjunktureinbruch für möglich. Ausgegangen ist diese Entwicklung im Jahr 1983 von
vielen wichtigen Industrieländern. Weltweit haben alle Staaten die damalige Konjunkturerholung
ausgenützt und ihre Budgetdefizite und Arbeitslosenraten verringert. Was aber erwartet uns in
Österreich? Damit bin ich beim zweiten Punkt, warum wir noch einmal auf die Bremse steigen
müssen. Das Belastungspaket der Bundesregierung hat erwartungsgemäß bewirkt, daß Österreich
der internationalen Aufwärtsentwicklung nachhinkt. Unsere Experten befürchten sogar, daß wir schon
im kommenden Jahr mit Arbeitslosenraten um die fünf Prozent rechnen müssen, und neuerlich
würden besonders unsere Jugendlichen von einer solchen Entwicklung betroffen sein. Das Budget
1986 mußte also auch eine Reserve für diesen Eventualfall anlegen.
Und drittens. Die mittel- und langfristige Budgetprognose, die wir auch heuer wieder für
Niederösterreich erstellt haben, hat ergeben, daß unser Land bei einer linearen Ausgabenentwicklung
schon in vier Jahren doppelt so hoch verschuldet wäre wie jetzt. Auch angesichts der drohenden
Schuldenentwicklung war es also notwendig, ein drittes Sparjahr einzuplanen.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren also die drei Eckpunkte, an denen
wir uns beim Erstellen des Landeshaushaltes zu orientieren hatten. Ich betone aber nochmals, daß es
uns gemeinsam gelungen ist, diese Vorhaben mit einer maßvollen und vor allem konjunkturgerechten
Budgetpolitik zu meistern, nämlich:
Wir haben sowohl die Effizienz des Landeshaushaltes für 1986 gesichert,
wir werden den Anforderungen unseres Landes und seiner Menschen voll gerecht und
wir können gleichzeitig auch für drohende Konjunktureinbrüche vorsorgen und dann Gas geben, wenn
es die Konjunkturlage erfordert. (Beifall bei der ÖVP.)
Daß es nicht leicht war, all das zu erreichen, wissen die Damen und Herren der Landesregierung.
Hätte das Budget 1986 allen Wünschen ihrerseits Rechnung getragen, müßten wir heute ein
Budgetdefizit von 5 Milliarden Schilling verantworten. So ist es uns aber gelungen, den Abgang im
Budget um 2,9 % oder weitere 50 Millionen Schilling zu senken.
Für dieses Verständnis möchte ich besonders dem Herrn Landeshauptmann und meinen
Regierungskolleginnen und Regierungskollegen von ganzem Herzen danken. Herr Präsident! Hohes
Haus! Nun aber zu den inhaltlichen Schwerpunkten des Landeshaushaltes: Umwelt, Arbeit und
Wirtschaft, Dorferneuerung, Sozial- und Gesundheitspolitik und Kultur. Zum ersten Schwerpunkt, zur
Umwelt:
Niederösterreich hat sich in den letzten Jahren eine führende Rolle in der Umweltpolitik erarbeitet.
Diese Rolle soll auch die Zukunft prägen. Deshalb haben wir auch eine Umweltoffensive auf vier
Ebenen eingeleitet, nämlich
durch das Niederösterreichische Umweltschutzgesetz, das den Umweltanwalt auf Landesebene und
Umweltgemeinderäte auf lokaler Ebene verankert hat,
durch das Luftreinhaltegesetz, das demnächst im Landtag behandelt wird und eine weitere
Verbesserung der Luft in Niederösterreich bringen wird,
auf der Ebene des Abfallwirtschaftsgesetzes, dessen Grundlage schon mit dem Müllkonzept
vorbereitet wurde, und im Bemühen der Wasserreinhaltung, die auf der Ebene eines neuen
Finanzierungsmodells stattfindet, das wiederum Gewähr gibt, daß auch noch unsere Kinder reines
Wasser trinken können. Aber noch zwei grundsätzliche Bemerkungen, Hohes Haus, zur
Umweltschutzpolitik:
Umweltpolitik ist eine klare Herausforderung für alle. Eine klare Herausforderung für die Politik, eine
klare Herausforderung für die Technik, aber auch eine klare Herausforderung für den Bürger. Die
Politik muß den Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie austarieren,
die Umwelttechnik muß von der Reparaturetage in die Planungsetage übersiedeln,
der Bürger darf seine eigene Verantwortung nicht länger auf seinen Nachbarn abschieben, und
alle miteinander müssen wir in Zukunft wieder Vertrauen in die Umwelttechnik aufbauen und
Vertrauen in die setzen, die diese Umwelttechnik auch in Zukunft bedienen werden. Und zum zweiten.
Ich stehe nicht an, Hohes Haus, mich an dieser Stelle für die gemeinsame Umweltschutzpolitik zu
bedanken, die sich in letzter Zeit zwischen den beiden großen Parteien Niederösterreichs
herauskristallisiert hat. Diese Gemeinsamkeit ist meines Erachtens der einzige Weg, die Umwelt
Niederösterreichs nicht nur für die Tiere und für die Pflanzen, sondern auch für die Menschen in
Zukunft lebenswert zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Eines liegt klar auf der Hand. Umwelt und Wirtschaft bedingen einander. Das eine ohne das andere
führt zu nichts. Deshalb hat Niederösterreich auch als erstes Bundesland seine Förderung für
umweltrelevante Investitionen neu gestaltet und an den Bundes-Umweltfonds angekoppelt. Das heißt,
Umweltschutzinvestitionen sind zum Nullzinssatz möglich, und insgesamt gibt das Land
Niederösterreich im Jahre 1986 306 Millionen Schilling für den Umweltschutz aus. Damit bin ich beim
zweiten, beim nächsten Schwerpunkt unseres Budgets, nämlich Arbeit und Wirtschaft.
Unser oberstes Ziel bei der Budgeterstellung war die Arbeitsmarktpolitik. Ein Drittel des
Gesamtbudgets wird in diese Richtung 1986 wirksam. In absoluten Zahlen gesprochen, bedeutet dies
eine Ausgabe von 8,300 Millionen Steuerschilling. Zur Wirtschaftsförderung und zur Wirtschaftspolitik
ein zweiter Satz. Gerade das Jahr 1986 ist von einer grundsätzlichen Trendwende und von einer
neuen Entwicklung in unserer Wirtschaftspolitik gekennzeichnet. Der Grund dafür ist, daß der
Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds und der Fremdenverkehrsförderungsfonds
erstmals im Jahr 1986 in voller Kraft wirksam werden.
Der Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds hat mit seiner Konstruktion und mit seiner
finanziellen Ausstattung eine Finanzkraft von rund einer Milliarde Schilling. Bereits für 1986 ist
vorgesehen, daß zirka 400 Millionen Schilling an Förderungsmitteln in die Wirtschaft hineinfließen
werden. Diese geballte Kraft braucht die Wirtschaft, um durch neue Gedanken und Ideen eine neue
Beweglichkeit zu erreichen. Neue Produkte führen zu neuen Arbeitsplätzen. Neue Märkte zu mehr
Geld - und mehr Geld für die Forschung wieder zu neuen Produkten und zu neuen Arbeitsplätzen.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang
auch ein Wort zu den niederösterreichischen Landesfonds.
Die Landesbudgets haben in der Vergangenheit laufend Landesfonds mit eigener
Rechtspersönlichkeit gespeist und damit eine erhebliche Finanzkraft dieser Fonds aufgebaut. In der
jetzigen Zeit der Budgetenge ist es absolut richtig, diese Kraft auch entsprechend zu nützen und damit
das Landesbudget zu entlasten. Selbstverständlich erfolgt die Benützung der Fonds unter genauer
Beobachtung der wirtschaftlichen Situation und unter genauer Kontrolle der Regierungsmitglieder und
Abgeordneten beider im Landtag vertretenen Parteien. Die Heranziehung dieser Fonds ist deshalb
keine Flucht aus der Verantwortung, sondern ein wirksames Mittel zur Wirtschaftsbelebung, das wir
rechtzeitig eingerichtet haben und jetzt auch entsprechend nützen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch im Bereich der Landund Forstwirtschaft,
also für den ländlichen Raum, geht es darum, mit neuen Ideen und neuen Produkten neue Märkte zu
erschließen, um neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Die Aufwendungen für die Land- und
Forstwirtschaft sind im nächsten Jahr mit 421 Millionen Schilling dotiert. Das bedeutet eine Steigerung
um rund 10 Prozent. Dadurch können vor allem die wirtschaftlich schwachen Regionen besser
gestützt und gefördert werden. Außerdem ist es gelungen, den Landesbeitrag an den Siedlungsfonds
überproportional zu steigern und erneut ein Sonderprogramm für den Wegebau zu erstellen. Ein
zusätzliches Augenmerk wurde auf die Stützung des Viehexportes gelegt, weil damit bäuerliches
Einkommen entsprechend abgesichert werden kann. Eines, Hohes Haus, können wir aber nicht,
nämlich den massiven Rückzug der Bundesregierung gerade auf diesem Sektor in vollem Umfang
auffangen. Die Vernachlässigung der Agrarpolitik durch die Bundesregierung ist bedauerlich. Die
Bauern in Österreichs Agrarland Nummer eins brauchen unsere Aufmerksamkeit und unsere
Unterstützung ebenso, wie wir die Bauern brauchen. Die Bundesregierung kann und darf aus ihrer
Verantwortung für die Bauernschaft nicht entlassen werden. (Beifall bei der ÖVP.) Und ich kann an
den Landwirtschaftsminister von dieser Stelle aus nur appellieren, der Agrarpolitik nicht wie bisher
Fesseln anzulegen, sondern der Agrarpolitik endlich Türen in die Zukunft aufzustoßen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Nun zum nächsten Schwerpunkt, Dorferneuerung. Die Dorferneuerung ist die geistige Grundlage der
Politik für den ländlichen Raum. Die Dörfer sind Heimat von Menschen und deshalb müssen unsere
Dörfer auch wieder Gesichter bekommen. Wie stark der Ruf nach einer verbesserten Lebensqualität
geworden ist, beweist, daß die Tiroler, die Salzburger, die Oberösterreicher und die Steirer dabei sind,
unsere niederösterreichische Aktion zur Dorferneuerung in ihren Bundesländern zu übernehmen.
"Niederösterreich schön erhalten - schöner gestalten" ist nicht nur der Name einer Aktion, sondern ist
zu einer Geisteshaltung in unserem Land geworden. Dorferneuerung, Altstadtsanierung, Erhaltung
und Nutzung von Industriedenkmälern, diese Aktionen signalisieren einen neuen Aufbruch in unserer
Heimat. Und sie sind deswegen so erfolgreich, weil die Eigeninitiative der Menschen, die hinter diesen
Aktionen stehen, unmittelbar augenscheinlich wird. Darum wird der Landesbeitrag für die
Dorferneuerung im nächsten Jahr um 75 Prozent steigen. Damit werden wir den Planungsauftrag, den
wir aus den einzelnen Gemeinden erhalten haben, entsprechend absichern. Für die Dorferneuerung
stehen unter anderem ja auch die Mittel der Wohnbauförderung, der Raumordnung, des
Straßenbaues und dergleichen zur Verfügung.
Und nun zum nächsten Schwerpunkt, Sozial- und Gesundheitspolitik. Einen sehr hohen Stellenwert im
Budget 1986 wird auch heuer wieder die Spital- und Gesundheitspolitik einnehmen. So stehen für die
Sozialoffensive 2,5 Milliarden Schilling zur Verfügung und für die niederösterreichischen Spitäler
werden 1,7 Milliarden Schilling zur Verfügung stehen. Die niederösterreichische Sozialoffensive ist
deshalb erfolgreich, weil sie von der Basis her nach oben aktiviert wird. Eigeninitiative wird gefördert
und macht auch zusehends Schule. Unsere niederösterreichischen Sozialhilfeeinrichtungen, die
praktisch ausnahmslos unbürokratisch organisiert sind, haben heute österreichweit bereits
Vorbildcharakter gewonnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Auf dem Sektor der Spitalsfinanzierung ist unser Bundesland durch einen starken Akzent eines
Nachtrages im Budget 1985 up to date. Wie Sie wissen, hat Niederösterreich in diesem Jahr einen
wesentlichen Beitrag zur Lösung der angespannten Finanzierungslage der niederösterreichischen
Krankenanstalten geleistet. Mit der Novelle zum Krankenanstaltengesetz, die partnerschaftlich
zwischen den Gemeinden und dem Land Niederösterreich erarbeitet wurde, wurde eine finanzielle
Verbesserung ermöglicht. Während aus Landesmitteln schon im März 1985 rund 350 Millionen
Schilling an die Spitalsträger überwiesen wurden, ist der Bund mit seinen Zahlungen noch immer ein
Jahr im Rückstand. Dadurch fehlen den niederösterreichischen Spitälern 700 Millionen Schilling. Im
Interesse der niederösterreichischen Spitalserhalter muß ich den Bund eindringlich auffordern, den
niederösterreichischen Spitälern das zeitgerecht zu geben, was ihnen auch zusteht. (Beifall bei der
ÖVP.)
An dieser Stelle auch ein Wort zum Finanzausgleich: Ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes
hat den § 8, das Kernstück des Finanzausgleichsgesetzes, in dem die generelle Verteilung der Mittel
geregelt ist, mit 30.September 1986 außer Kraft gesetzt. Der Beweggrund dafür war eine
ungenügende Kostenabdeckung für die Bundespolizei in den beiden Statutarstädten Krems und
Waidhofen a.d. Ybbs. Es ist nun Aufgabe des Gesetzgebers, dafür Sorge zu tragen, daß der
Finanzausgleich im Lichte dieses höchstgerichtlichen Erkenntnisses auch entsprechend saniert wird.
Das darf aber nicht dazu führen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß das
Verteilungsergebnis des Finanzausgleiches generell damit in Frage gestellt wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun zum Schwerpunkt Kultur: Einen deutlichen Schwerpunkt setzt der Landeshaushalt auch in die
Kulturpolitik. Die Aufstockung dieses Budgets auf insgesamt 301 Millionen Schilling soll aber nicht nur
dem verstärkten Denkmalschutz und der besseren Wahrung unseres kulturellen Erbes nützen. Unser
Land blickt auf eine tausendjährige Kulturgeschichte zurück und ich meine, daß wir deshalb auch
Verantwortung und Verpflichtung für die zeitgenössische Kunst und ihre Förderung haben. Ein Land
mit Kunst ist ein Land mit Ideen. Und ein Land mit Ideen ist ein Land mit Zukunft. Die Zukunft, meine
sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir uns ständig erkämpfen, und wir müssen auch bereit
sein, für diese Zukunft entsprechend Geld einzusetzen.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun weitere wichtige Positionen im Budget
1986:
Für die Ausgaben der Wohnbauförderung sind 3,46 Milliarden Schilling vorgesehen, um auch im
nächsten Jahr sichere Arbeitsplätze im Bau- und Baunebengewerbe halten und schaffen zu können.
Für die Verwirklichung des Staatsvertrages mit dem Bund liegen wiederum 130 Millionen Schilling
bereit. Der Straßenbau ist mit 762 Millionen Schilling veranschlagt, wozu noch der Ausbau der
Straßenmeistereien kommt. Für die Gemeinden werden 2,9 Milliarden Schilling zur Verfügung stehen,
weil gerade die Gemeinden in immer kürzerer Zeit immer höheren Anforderungen gerecht werden
müssen. Das Geld ist vor allem dort notwendig, wo unsere Mitbürger die Politik hautnah miterleben
können. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch die Sportförderung wurde mit einem Plus von 8 % kräftig angehoben. Hauptsächlich wurde
damit den Sportausbildungs- und Trainingszentren der Jugend geholfen. Für den Jugendsport wurde
sogar ein eigener Budgetansatz geschaffen, weil wir merken, daß auf diesem Sektor große Nachfrage
besteht und weil wir im Sinne der Volksgesundheit natürlich alles tun möchten, um den Jugendund
Breitensport entsprechend zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)
Natürlich möchte ich als Landesfinanzreferent auch einige Worte zum Projekt Landeshauptstadt
sagen und Ihnen aus meiner Sicht erklären, warum ich für dieses Vorhaben eintrete.
Zuvor noch eine grundsätzliche Bemerkung: Ein derartig umfangreiches und zukunftsweisendes
Projekt wie eine Landeshauptstadt kann nur in Form einer Sonderfinanzierung bewältigt werden. Es
muß darauf abgezielt werden, daß die daraus entstehenden Belastungen für das Budget erst dann
wirksam werden, wenn es zu einer Entspannung der gesamtwirtschaftlichen Situation kommt, die sich
wiederum in den Einnahmen des dann zu erstellenden Budgets positiv auswirkt.
Vor allem vier Gründe sind es, die meine Einstellung untermauern: Erstens: Eine Landeshauptstadt in
Niederösterreich bringt entscheidende neue Impulse für das wirtschaftliche, kulturelle und
gesellschaftliche Leben unseres Landes. Und einen Wohlstand, Hohes Haus, können wir erst dann
aufs Land breit verteilen, wenn wir zuerst diesen Wohlstand auch erwirtschaftet haben in diesem
Land. (Beifall bei der ÖVP.)
Zweitens: Eine Landeshauptstadt garantiert einen Aufschwung der Wirtschaft, weil neue Investoren in
unser Land gebracht werden können. Denken Sie nur an die zahlreichen Organisationen, Institutionen
und Dienststellen, die zur Zeit von Wien aus für Niederösterreich und die Niederösterreicher tätig sind.
Drittens: Eine Landeshauptstadt garantiert neue Impulse auf dem Bildungssektor und diese neuen
Impulse haben wieder zur Folge, daß unseren Unternehmern der Weg zu neuen Produkten und
neuen Technologien im eigenen Land erleichtert wird. Viertens: Eine Landeshauptstadt garantiert, daß
auch unsere Kinder im eigenen Land arbeiten werden und nicht wie bisher in andere Bundesländer
abwandern und aussiedeln müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Jemand, der sich um die Zukunft des Landes, um die Zukunft unserer Regionen, um die Zukunft
unserer Dörfer, um die Zukunft der Wirtschaft und der Arbeitsplätze Gedanken macht, der muß
einfach die Chance einer eigenen Landeshauptstadt erkennen. (Beifall bei der ÖVP.)
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun zur Gesamtübersicht des Budgets 1986:
Das Budget 1986 verzeichnet Einnahmen von 23,9 Milliarden Schilling - das ist eine Steigerung um
4,47 % - und es veranschlagt Ausgaben von 25,6 Milliarden Schilling, das ist eine Steigerung von 3,96
%. Der Abgang konnte gegenüber dem Vorjahr neuerlich um 50 Millionen Schilling oder 2,88 %
gesenkt werden. Wie Sie wissen, ist es gelungen, den Abgang seit 1983 jedes Jahr erneut zu senken.
Und nun zu einem kurzen Vergleich der Budgetpolitik zwischen dem Land Niederösterreich und dem
Bund: Aus der Entwicklung der Budgets dieser beiden Gebietskörperschaften in den letzten drei
Jahren kristallisieren sich im wesentlichen drei Unterschiede heraus: Erstens: Während die
Einnahmensteigerungen des Landes Niederösterreich nun schon seit drei Jahren über den
Ausgabensteigerungen liegen, ist das beim Bund genau umgekehrt. Während das Defizit
Niederösterreichs in diesen vergangenen drei Jahren um ein Drittel gesenkt werden konnte, hat der
Bund sein Defizit in diesem Zeitraum erheblich erhöht. Zweitens: Die Bundesregierung hat den
Budgetspielraum vollkommen verloren. Der Schuldenstand 1985 in Prozenten des Budgetvolumens
1986 beträgt in Niederösterreich 48 und beim Bund 108 Prozent. Drittens: Was mich besonders
optimistisch stimmt, das ist einfach die Entwicklung der Nettoverschuldung. Im Gegensatz zur
Bundespolitik hat Niederösterreich in den letzten Jahren seine Schulden mehr und mehr getilgt,
während der Bund seine Schulden vor sich hergeschoben hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nun all jenen danken, die an der Erstellung des
Budgets mitgewirkt haben. Ich möchte allen Regierungskolleginnen und Regierungskollegen, an der
Spitze dem Herrn Landeshauptmann, für das Verständnis der wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten
und für die Zustimmung zu diesem Voranschlag herzlich danken.
Mein Dank gilt aber besonders denen, die in oft mühsamer Detailarbeit bis zur endgültigen
Fertigstellung mitgewirkt haben. Die Liste derer, die hier genannt werden müssen, ist sehr lang. Ich
will Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, die Sie mitgearbeitet haben, auch sagen, daß ich genau
weiß, was an Knochenarbeit während der letzten Wochen und Monate im Zusammenhang mit der
Erstellung des Voranschlages 1986 geleistet wurde. Ich danke deshalb dem Leiter der
Finanzabteilung, Herrn Vortr.Hofrat Dr.Rudolf Höbart, und seiner gesamten Mannschaft: Herrn
Wirkl.Hofrat Dr.Walter Pecker, Herrn Budgetdirektor Reg.Rat Friedrich Krebs, Herrn Insp.Rat Eduard
Pichler und seinen tüchtigen Mitarbeitern. (Beifall bei der ÖVP.)
Durch die tatkräftige Mithilfe von Herrn Landesamtsdirektorstellvertreter Vortr.Hofrat Dr.Karl Kern, der
für die rechtzeitige EDV-mäßige Fertigstellung des Zahlenwerkes alle Kräfte zur Verfügung stellte, und
Herrn Vortr.Hofrat Mag.Josef Wallig mit seinen Mitarbeitern in der Druckerei, der Buchbinderei und
Kopierstelle ist es möglich gewesen, das Budget 1986 zeitgerecht vorzulegen. Herzlichen Dank an
jeden einzelnen dieser Mitarbeiter.
Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassen: Das
Landesbudget 1986 steht unter dem Motto "Mit Maß zum Ziel". Es bringt nach den beiden
Sparbudgets der vergangenen Jahre ein weiteres Sparjahr, ohne die Anforderungen an den
Landeshaushalt zu vernachlässigen. Ja im Gegenteil, es werden neue Impulse im Land im Jahre 1986
gesetzt werden, es wird allen Anforderungen voll gerecht werden und wir können auch gleichzeitig mit
dem Budget 1986 für schwierige Zeiten vorsorgen. Impulse wird es besonders in den Bereichen
Umweltschutz, Wirtschaftsförderung und Arbeitsplatzsicherung, Dorferneuerung, Sozial- und
Gesundheitspolitik und Kultur geben. Dieses Budget verdeutlicht unseren Willen, Vorsorge für die
Zukunft zu treffen, und unterstreicht auch den Gedanken unserer Treuhandschaft für die
niederösterreichischen Steuergelder. Ich danke Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für
Ihre Aufmerksamkeit und bitte den Herrn Präsidenten, die Beratungen über den Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1986 aufzunehmen. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Generaldebatte und erteile als erstem Redner dem Herrn Abg.
Lechner das Wort.
Abg. LECHNER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoher Landtag! Der
Finanzreferent hat in seinen Ausführungen wiederholt festgestellt, daß es sich heuer wieder um ein
Sparbudget handelt, und ich möchte sagen, es ist dies das dritte im Leben des Finanzreferenten
geworden. Während das Budget 1985 eine Ausweitung von ca. einer Milliarde oder 4,16 % erfuhr, mit
einer Senkung des Defizites von 120 Millionen, wird im Jahre 1986 das Budget eine Ausweitung von
975 Millionen Schilling, das sind etwa 3,96 %, erfahren, und der Abgang wird etwa um 50 Millionen
gesenkt werden können.
Meine Damen und Herren! Der Finanzminister des Bundes sagt über sein Budget: etwas restriktiv,
sparsamst erstellt bzw. leicht restriktiv bis konjunkturneutral. Der Wirtschaftsförderung, dem Wohnbau,
dem Umweltschutz wird besonderer Primat eingeräumt. Der Umweltfonds des Bundes erhält wieder
eine Milliarde, der Wasserwirtschaftsfonds eine Zuführung von 2 Milliarden und 4 Milliarden Haftung,
sodaß für den Wasserwirtschaftsfonds etwa 6 Milliarden Schilling (laut mündlicher Berichtigung von
Abg. Lechner 6 Milliarden Schilling) zur Verfügung stehen werden. Unser Landesfinanzreferent erklärt:
Sparbudget, aber Impulse für Umweltschutz, Wirtschaft und Arbeit, und er nennt auch einige
Schwerpunkte, auf die ich noch zu sprechen komme. Im wesentlichen, meine Damen und Herren,
könnte man eigentlich sagen: Wie sich die Bilder gleichen! Jeder Referent spricht von Sparsamkeit,
unser Finanzreferent im besonderen davon, und er vergißt auch nicht bei seinen Ausführungen zu
sagen - das hören wir jetzt schon, seit er Finanzreferent ist -, wie gut das niederösterreichische
Budget bewältigt wird und wie schlecht der Bund seine Sache bewältigt. Man kann, meine Damen und
Herren, und das haben wir wiederholt getan, Vergleiche bringen mit anderen Ländern, so viel man will,
man kann die verschiedenen Aufgabenstellungen zwischen Bund und Land besprechen - es nützt
alles nichts!
Man kann auch von den antizyklischen Maßnahmen während der Rezession reden, der Einsatz von
Bundesmitteln hat ja letztlich die Arbeitslosenrate weit unter dem Niveau der anderen Industriestaaten
gehalten. Die OECD-Staaten weisen eine Arbeitslosigkeit von 11 % aus, Österreich hat 4,7. Die
Absicherung des Vorsprunges hat natürlich, Herr Finanzreferent, in den vergangenen Jahren erhöhten
Finanzbedarf ausgelöst, der sich in Krediten des Bundes niedergeschlagen hat. Ich habe schon
einmal dem Finanzreferenten des Landes Niederösterreich vorgehalten, daß sich die Länder in einer
Zeit der Rezession sehr wohl nicht zu diesen antizyklischen Maßnahmen hinreißen ließen, sondern
den Bund vorgeschickt haben, und heute schimpft man darüber, daß der Bund mehr Schulden hat als
die Länder!
Sie schimpfen immer wieder über die Verschuldung des Bundes und sind stolz darauf, diesen
Vergleich zu ziehen und vergessen dabei, daß wir nie in jene Situation gekommen sind, in denen sich
die konservativen Staaten seit Jahren befinden, wo man die Verschuldung groß schreibt, Herr
Finanzreferent, und wo auch die Arbeitslosenrate groß geschrieben wird. Dazu, Herr Dr.Pröll, möchte
ich schon sagen, es wäre vielleicht auch angezeigt, um die ganze Demagogie dieser Aussagen
festzuhalten, wenn Sie sich einmal eine Liste geben ließen, wieviele Forderungen die Österreichische
Volkspartei so in einem Jahr im Parlament an den Bund richtet. (Beifall bei der SPÖ.) Sie haben es
gerade getan, Herr Finanzreferent, als Sie von der Landwirtschaft gesprochen haben. (Abg.
Anzenberger: Herr Klubobmann, die CA haben Sie vergessen und die Voest haben Sie auch
vergessen!)
Herr Kollege Anzenberger! Ich würde diese Sache hier etwas ausklammern aus sehr begreiflichen
Gründen, aber ich komme darauf zurück. Ich kann Ihnen die Zahlen von England und den USA und
der BRD gleich sagen, wenn Sie wollen, dann werden Sie daraus noch den Schluß ziehen, daß es
sich gar nicht so schlecht lebt in Österreich, wo der Streik in Sekunden gemessen wird, wo man die
Hälfte der Arbeitslosenrate im Vergleich zu den OECD-Staaten hat. Da schimpft der Herr Präsident
Graf im Parlament darüber, daß es keine Budgetsanierung gibt und keine Steuersenkung, und auch
unser Finanzreferent schließt sich, so lese ich in der Zeitung, dem Bedauern an, daß wieder keine
Steuersenkung erreicht wird. Doch eines vergißt er eigentlich nie: die Gelder, die aus dem
gemeinsamen Steuertopf des Bundes dem Land zugute kommen, sehr gerne zu nehmen. (LHStv.
Dr.Pröll: Umso verantwortungsvoller ist diese Aussage, Herr Klubobmann!)
Wie sieht's denn dann, Herr Finanzreferent, bei den Steuersenkungen aus? Bei Ihnen wohnen doch
sicher zwei Seelen in einer Brust, (LHStv. Dr.Pröll: Nein, nein, nur eine!) und ich frage Sie auch, weil
Sie das immer wieder vergessen, wie schaut denn die Aufteilung der öffentlichen Abgaben in
Österreich aus? Wir haben beim Bund von 1967 bis 1976 einen Durchschnitt von 64,30 % und von
1977 bis 1986 von 61,63 %. Der Bund hat also auf Einnahmen zugunsten anderer Körperschaften
offensichtlich verzichtet. Von den Ländern kann man das nicht sagen. Die Länder haben vom Jahre
1967 bis 1976 durchschnittlich Einnahmen aus diesen gemeinsamen Steuern von 18,71 %, und von
1977 bis 1986 erwartet man eine Aufteilung von 19,41 %. Zum Unterschied zu den Gemeinden: Die
Gemeinden haben von 1967 bis 1976 14,14 % aus diesem Steuertopf entnommen, viel zu wenig sage
ich, und diese werden in den Jahren 1977 bis 1986 auf 13,3 % reduziert.
Meine Damen und Herren! Daraus ist ersichtlich, daß die Länder wieder sehr gut bei den
Finanzausgleichsverhandlungen abgeschnitten haben, die Gemeinden aber sicher nicht. Für 1986
bitte stellt der Bund den Ländern und Gemeinden und verschiedenen Fonds die "niedrige Summe",
Herr Finanzreferent, von 138,2 Milliarden zur Verfügung. An Länder und Gemeinden 138,2 Milliarden!
Also so schlecht kann der Bund nicht gewirtschaftet haben, wenn er so viel Geld, nämlich um 9,5
Milliarden mehr oder 7,3 % den Ländern und Gemeinden zuweisen kann. (Abg. Anzenberger und
Abg. Buchinger: Das ist ja ein Gesetz! - Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ob Sie jetzt dagegen sind oder nicht, mit Freude können wir feststellen,
daß sich die österreichische Konjunktur ganz im Gegensatz zu Ihrer Aussage, Herr Finanzreferent,
weiterhin gefestigt hat! Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Halbjahr 1985 real um 2,14 %
gewachsen. Bis Ende 1984 war zwar die Auslandsnachfrage die Stütze der heimischen Wirtschaft,
seit Beginn 1985 bitte hat aber auch die Inlandsnachfrage deutlich an Dynamik gewonnen. Der
Warenexport stieg in den ersten 8 Monaten gegenüber dem Vorjahr real sogar um 14 %, (Abg.
Anzenberger: Trotz SPÖ-Regierung!) und wir erwarten uns auch heuer wieder eine ausgeglichene
Leistungsbilanz, meine Damen und Herren! Laut WIFO wird das Bruttoinlandsprodukt im
Jahresdurchschnitt 1985 real um 3 % steigen, die Leistungsbilanz wird also ausgeglichen sein, aber
die Preisentwicklung ist günstiger gelaufen, als ursprünglich erwartet. Die Inflationsrate wird
voraussichtlich bei rund 3 1/2 % liegen, um mehr als 2 % unter dem Vorjahresniveau. Der Herr
Finanzreferent erwartet sich im Jahre 1987 eine Konjunkturabflachung, verschiedene andere
Fachleute, die es offensichtlich auch gibt, erwarten sich das schon im Jahre 1986. Nachdem hiefür
sicher verschiedene Quellen genommen werden, ist nur zu hoffen, daß weder die eine noch die
andere Prognose recht hat. Eine Konjunkturumfrage der Industrie, Herr Finanzreferent, hat ergeben,
daß die Auftragsbücher voll sind. Mit einer relativ starken Auslandsnachfrage wird nun auch ein
sicheres Bestellvolumen im Inland zur Konjunkturstütze. Die Industriellenvereinigung sagt am 10.10.:
"Die Auftragslage muß als erfreulich bezeichnet werden."
Und wenn ich jetzt die Handelskammerzeitung lese, Herr Präsident Höfinger, dann muß man direkt
begeistert sein, denn die machen uns das Leben nicht leicht, wenn da einmal oben steht: "Erfreuliche
österreichische Wirtschaftsentwicklung." Herr Präsident Höfinger, wenn Sie heute oder morgen etwas
anderes sagen, muß ich Ihnen die Handelskammerzeitung vorhalten.
Meine Damen und Herren! Obwohl der Bund durch den Staatsvertrag und durch Beteiligung an
verschiedenen Förderungsaktionen des Landes mitwirkt und selbst eine große Anzahl von solchen
Aktionen führt, wird von uns aus immer wieder auf das Fehlen von verschiedenen Impulsen
hingewiesen. Diesmal hat's der Herr Finanzreferent offensichtlich vergessen. Da wird nun der
Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds des Landes, der nach Aussagen des Finanzreferenten
Dr.Pröll heute eine entscheidende Trendwende in der Entwicklung der Wirtschaftsförderung bringen
soll, gegenübergestellt, und er verweist hier auf eine Finanzkraft von einer Milliarde.
Herr Finanzreferent! Wissen Sie, das sind so theoretische Zahlen. Für mich ist eines sicher: Die
Zusammenlegung aller Förderungsaktionen ist ein langgehegter Wunsch und eine Forderung der SPÖ
schon zur Zeit Hans Czettels gewesen, nur war die ÖVP damals hiezu nicht bereit. (LHStv. Dr.Pröll:
Sagen Sie bravo, daß wir sie jetzt haben!) Wir sind ja so glücklich darüber, Herr Landeshauptmann,
(LHStv. Dr.Pröll: Na siehst!) daß die ÖVP endlich bereit war, diese Aktion zu setzen, aber Sie sollten
nicht von Milliarden reden, Herr Finanzreferent! Für mich bedeutet die Zusammenlegung dieser Fonds
nicht mehr an Kraft, als sie die Fonds vorher hatten, (LHStv. Dr.Pröll: Da bin ich froh, daß Sie nicht
Finanzreferent sind, Herr Klubobmann! Um Gottes willen!) Herr Finanzreferent, wenn dieser
Strukturverbesserungsfonds nicht aufgrund der eigenen Rechtspersönlichkeit auch entsprechende
Kredite aufnehmen wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Mittel sind ja nicht mehr geworden, Herr Finanzreferent, sondern sie wurden zusammengelegt; er
ist beweglicher geworden, der Fonds, zweifellos! Aber was uns jetzt schon fehlt, das möchte ich gleich
anmerken: Eine Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten wird in nächster Zeit von uns verlangt
werden. Richtig, der Informationsfluß von der Geschäftsführung in Richtung Kuratorium ist derzeit nur
sehr bedingt gegeben, und hier wird sicher in nächster Zeit von uns ein entsprechender Vorstoß
gemacht werden. Die SPÖ-Fraktion hat schon im Vorjahr die Wiedereinführung der
Fremdenverkehrskreditaktion verlangt. Da hat die ÖVP halt ein ganzes Jahr gebraucht. Man war nicht
bereit, darüber zu verhandeln, aber es ist endlich eine Lösung gefunden worden: Man hat hier doch
einen Fremdenverkehrsförderungsfonds geschaffen und ihn mit eigener Rechtspersönlichkeit
ausgestattet. Ich nehme sogar an, daß dieser Fremdenverkehrsförderungsfonds imstande wäre, aus
eigenem eine solche Fremdenverkehrskreditaktion des Landes eventuell auch zu inkludieren.
Ich möchte, nachdem ich ja nicht dazu da bin, den Finanzreferenten zu loben, aber doch feststellen,
daß die Werbung des Landes im Budget immer unterpräliminiert war, und ich glaube, daß hier ein
großer Nachholbedarf besteht, der durch den Fremdenverkehrsförderungsfonds hoffentlich abgedeckt
und entscheidend die Möglichkeiten verbessern wird. Und jetzt zu meinem Lob.
Herr Finanzreferent! Ich vermerke diesmal positiv, fast positiv die Aufstockung der
Fremdenverkehrsförderungsmittel um nahezu 7 Millionen. Aber das Lob bitte nur mit Einschränkung,
denn ich erinnere mich, daß unter Ihrem Vorgänger - der hat für den Fremdenverkehr mehr übrig
gehabt - der Fremdenverkehr schon einmal im Budget die Summe von etwa 123 Millionen zur
Verfügung gehabt hat. Davon sind wir noch weit weg! Ich glaube, auf diesem Sektor muß noch sehr
viel geschehen.
Im Budget 1986, und das haben wir besonders unterstrichen, wird dem Umweltschutz besonderes
Augenmerk zugewendet. Die Erhaltung, aber leider auch schon die Wiederherstellung einer gesunden
Umwelt bekam in letzter Zeit Vorrang. Wir hatten durch Aufklärung der Bevölkerung sicherlich erreicht,
daß die Menschen umweltbewußter geworden sind. Wir müssen uns aber von denen distanzieren,
meine Damen und Herren, die im Umweltschutz vielleicht die Rückkehr zur Robinsonade verstehen.
Hier möchte ich einmal auch jenen Medien volle Anerkennung zollen, die dieses gesunde
Umweltbewußtsein gefördert haben und trotzdem keine Kraftwerkstürmer geworden sind. Wir sind uns
doch bewußt, meine Damen und Herren, daß wir diese Energie unbedingt brauchen, wollen wir ein
gesundes Wachstum in der Wirtschaft erhalten. Es gibt keine andere Entwicklung, die gegen die
Arbeitslosigkeit Erfolge bringen könnte. Manche sagen, es gäbe keine, andere wieder behaupten, es
müßte eine Versöhnung zwischen Ökonomie und Ökologie geben. Ganz gleich, es muß aber trotzdem
ein Miteinander geben, wenn auf beiden Seiten Vernunft herrscht. Ich möchte hier ganz klar zum
Ausdruck bringen, dem Extremismus, gegen alles zu sein, muß nach Prüfung aller Fakten, nach
Abwägung der Für und Wider eine klare Entscheidung entgegengesetzt werden! (Beifall bei der SPÖ.)
Es muß zumindest gewahrt sein, meine Damen und Herren, daß jene Behörden, die nach bestem
Wissen und Gewissen entscheiden, restlos entscheiden, nicht als Verbrecher hingestellt werden. Der
Finanzreferent redet von einem Rekord für den Umweltschutz. Bitte, es ist sehr schwierig
nachzuweisen, ob die 306 Millionen, die er angibt, richtig sind. Es gibt da so viele Möglichkeiten,
Zuzählungen zu machen, aber wir glauben, daß diese Summe ungefähr stimmt.
Ich muß in diesem Zusammenhang auch über die Probleme der Gemeinden sprechen - das gehört
einmal, wenn man über das Budget des Landes redet, dazu -, die gerade bei der Lösung der
Umweltschutzaufgaben schwersten Belastungen ausgesetzt sind. Für einen Großteil dieser
Gemeinden sind diese Belastungen untragbar geworden. Ich möchte hier noch einmal die Aussage
des Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes nur in zwei Sätzen wiederholen, der da sagt,
"das Bundesbudget sowie die Länderbudgets könnten nur dann als ausgewogen und zukunftsweisend
gelten, wenn auf die Belange der Gemeinden künftig verstärkt Rücksicht genommen werde". Und ein
anderer Satz dazu: "Es ist auf die Dauer nicht möglich, daß die Umweltschutzinvestitionen, die ja im
Interesse aller Länder sowie des Gesamtstaates liegen, weitgehend von den Gemeinden allein
getragen werden." Das ist die Aussage des Präsidenten des Gemeindebundes. Der Herr
Finanzreferent hört gar nicht zu. Es interessiert ihn nämlich gar nicht, daß die Gemeinden Probleme
haben, weil er, wie ich leider feststellen muß, vor etwa 14 Tagen beim Kommunalgipfel, der wieder
einmal stattgefunden hat und wo keine Lösung gefunden wurde, eigentlich sogar eine sehr negative
Haltung bei der Hilfe für die Gemeinden eingenommen hat, zumindest habe ich es so verstanden.
Das Land Niederösterreich leistet den Gemeinden für den Ausbau der Abwasserbeseitigung sehr
wenig Hilfestellung. Es geistert noch immer die Summe durch das Haus, daß das Land den
Gemeinden ca. 160 Millionen an Beiträgen schuldet und nicht auszahlt, weil zu wenig Mittel da sind.
So hat es für das Modell, das der Landesrat Höger vorgetragen hat, womit man eine Finanzierung für
die Gemeinden finden will, nämlich 60 % Wasserwirtschaftsfonds, 20 % Anschlußgebühren und 20 %
Landesbeitrag, wieder keine Einigung gegeben, weil der Finanzreferent noch einmal die Überprüfung
der angegebenen Prozentsätze für die Anschlußgebühren zwischen 20 und 28 % verlangt hat. Es
kommt ja darauf an, wie das Projekt aussieht, ob es sich um eine Streusiedlung handelt, oder ob es
hier eine komprimierte Dorf- und Marktentwicklung gibt. Es nützt nichts, meine Damen und Herren,
von einem Budgetschwerpunkt beim Umweltschutz zu reden, wenn die Gemeinden bei der
Finanzierung der größten Projekte, und das ist eben die Kanalisation, das ist eben der Umweltschutz,
vom Land fast allein gelassen werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Es nützt nichts, wenn in vielen Reden die Gemeindefreundlichkeit besondere Erwähnung findet, wenn
die Gemeinden mit dem Projekt Kanal aus finanziellen Gründen einfach nicht fertig werden können.
Da die Hilfe des Landes zu gering ist, liegt auch die Ausbauquote unter 50 %, denn es gibt ja einen
Großteil von Gemeinden, die sich erst gar nicht mit dem Projekt zu beginnen trauen, weil eben das
Ganze über ihre finanziellen Kräfte geht. Man vergleicht, meine Damen und Herren, und das ist ja
heute wieder geschehen, die Schulden des Landes mit denen des Bundes, ich vergleiche die
Landesschulden mit den Gemeindeschulden. Wenn das eine gestattet ist, Herr Landesfinanzreferent,
dann muß auch das andere gestattet sein:
Die Landesschulden betragen so um 10 Milliarden Schilling. Sie werden, so haben Sie einmal gesagt,
1991 ungefähr das Doppelte betragen, nämlich 20 Milliarden. Das ist derzeit eine Kopfquote von etwa
6.700 Schilling.
Die Gemeinden haben Schulden von 16,7 Milliarden, 10 : 16,7 Milliarden, Kopfquote fast 12.000
Schilling. Das Budget 1986 bringt wieder die größte Hilfe des Landes an die Gemeinden - Sie haben
es rühmlich erwähnt, Herr Finanzreferent, und hier muß ich Sie wieder korrigieren - mit 2,9 Milliarden.
Voriges Jahr waren es 2,8 Milliarden, heuer haben Sie sogar 2,9, also etwas draufgeschlagen.Hier
muß ich das einmal ganz klarstellen.Das Land gibt für die Gemeinden im Ordentlichen und
Außerordentlichen Voranschlag die Summe von 2,14 Milliarden aus.Das Land bekommt vom Bund
zweckgebundene Einnahmen für die Gemeinden,zweckgebunden für die Gemeinden,von
1.012,000.000,-- Schilling, und die Leistungen der Gemeinden an das Land bitte, mit Landesumlage,
NÖKAS, Sozialhilfe und Sonstiges, macht 1,1 Milliarden aus. Wenn ich die zweckgebundenen
Einnahmen der Gemeinden, die vom Bund über das Land ausbezahlt werden, und die Leistungen der
Gemeinden an das Land addiere, meine Damen und Herren, dann komme ich auf eine Summe von
2,11 Milliarden, dem gegenüber stehen 2,14. So hat das Land im Budget 1986 den Gemeinden
effektiv bitte 30 Millionen gegeben. 30 Millionen! Voriges Jahr waren es 130 Millionen. Das muß
einmal hier gesagt und vorgerechnet werden, und man soll mir beweisen, daß es anders ist! Wir
haben uns redlich bemüht, das aus dem Budget herauszurechnen, Herr Landesfinanzreferent! (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir sind uns klar darüber, daß der Finanzreferent einen Budgetspielraum von 5 % hat. Er sagt
natürlich, der Bund hat gar keinen Spielraum mehr, aber er hat 5 %. (LHStv. Dr.Pröll: Das sage nicht
nur ich. Das sagt auch der Herr Finanzminister!) Seien Sie glücklich, Herr Finanzreferent, Sie haben
halt ein besseres Budget gemacht. Sie haben's halt schneller gelernt als der Vranitzky, (Abg.
Buchinger: Besser gewirtschaftet!) ist alles möglich. (Beifall bei der SPÖ.)
Beispiele muß ich aber schon bringen über Ihre Schwerpunkte "Mit Maß zum Ziel", Herr
Landesfinanzreferent! Schwerpunkt, haben Sie gesagt, Sportförderung. Bitte, es ist jetzt so, die Frau
Landesrat wird zufrieden sein, daß natürlich einige Belastungen herausgefallen sind, und daher sind
andere Positionen erhöht worden. Damit wir aber doch die Kirche im Dorf lassen: Sportförderung
53,74 Millionen und 8 % Steigerung. Ich darf nur leise dazu bemerken, im Rechnungsabschluß 1984,
Frau Landesrat, gab es bereits eine Summe von 53,95 Millionen. Also im Rechnungsabschluß 1984
waren die Mittel für Sportförderung bereits höher als 1986. Ich bezweifle daher, ob man hier von
einem Schwerpunkt sprechen kann, aber ein bißchen überzeichnen darf man ja, Herr Finanzreferent!
Sozialoffensive. Herr Finanzreferent, gestatten Sie mir die Aussage, Sie haben mit diesen Mitteln,
wenn Sie sie ausgeben, nicht mehr getan, als den gesetzlichen Bestimmungen, die Ihnen unser
Sozialhilfegesetz vorschreibt, und allen anderen Dingen zu entsprechen. Nicht mehr und nicht
weniger! Und damit Sie auch erinnert werden: So schön schaut das nämlich für das Land gar nicht
aus. Auch hier haben wir uns bemüht herauszurechnen. Schauen Sie, bei der Position 1,41,
Allgemeine Öffentliche Wohlfahrt, da sind die Gemeinden einmal mit über 540 Millionen enthalten, und
wenn ich die Positionen 41, 42 und 43 zusammenzähle, so gibt zwar das Land 2,5 Milliarden aus,
aber es bekommt bitte 1,9 Milliarden an Einnahmen, sodaß praktisch in diesen Positionen das Land
lediglich 600 Millionen zusätzlich ausgibt, denn die 1,9 kriegen S' ja: Einnahmen bei den
Pensionistenheimen, Pflegeheimen, Beiträge der Gemeinden, Jugendwohlfahrt u.s.w. Da schaut das
Ganze schon nicht mehr so nach Sozialoffensive aus. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie reden von 8,3 Milliarden für Arbeitsplatzsicherung. Es ist uns einfach nicht möglich, aus dem
Budget diese Summen definitiv zusammenzuzählen. Wir haben es auch gar nicht versucht, aber ich
möchte das gelten lassen, denn jeder Bleistift, jeder Papierbogen, der praktisch im Land gekauft wird,
hat in irgend einer Sache mit der Arbeitsplatzsicherung zu tun. Aber da müßte man auch, wenn das
Land 0,3 Milliarden auf diese Art und Weise für die Arbeitsplatzsicherung ausgibt, dem Bund
einräumen, daß auch er etwa ein Drittel für diese Arbeitsplatzsicherung ausgibt, und das würde dann
einen Betrag von 164 Milliarden bedeuten! Wenn das stimmt, müßte das auch stimmen.
Meine Damen und Herren! Als Abschluß zu den Aussagen des Finanzreferenten. Ich habe mich sehr
gewundert darüber, aber ich habe in der Landeskorrespondenz schon davon gelesen. Ich bin ein
aufmerksamer Leser, denn ein Klubobmann der Sozialistischen Partei ist ja gezwungen, sich vorher
mit den Aussagen des Finanzreferenten zu beschäftigen, aber die Einbegleitungsrede bleibt ja
bekanntlich das große Geheimnis des Finanzreferenten, bis er seine Rede hier beendet hat. (LHStv.
Dr.Pröll: Warum bekomme ich nicht Ihre Rede vorher? Der ist lieb!) Da lobe ich mir das Parlament, da
schaut's nämlich ein bißchen anders aus, Herr Finanzreferent! Das ist ein kleiner Unterschied. (LHStv.
Dr.Pröll: Herr Klubobmann! Darf ich nur das reden, was Sie mir vorschreiben? Darf ich schon reden,
was mir einfällt!) Aber nein, ich kritisiere es nicht einmal, weil ich kein Recht dazu habe. Ich habe nur
festgestellt, daß mir die Vorbereitung über Ihre Aussagen nur über die Landeskorrespondenz möglich
ist, weil Sie Ihre Einbegleitungsrede als Geheimnis hüten, bis Sie sie gehalten haben. (LHStv. Dr.
Pröll: No na!) Nun, hier lese ich aber - und Sie haben es ja heute gesagt, keine Überraschung mehr
für mich - die Feststellung über das umfassende Projekt "Landeshauptstadt" im Rahmen einer
Sonderfinanzierung außerhalb des Budgets. Meine Damen und Herren! "Die positiven Auswirkungen
der Landeshauptstadt lassen damit rechen," so sagt der Landesfinanzreferent, "daß die zu
erwartenden Mehreinnahmen bereits für die Sonderfinanzierung herangezogen werden können."
Wir haben am 7.11. hier die Behandlung der beiden Gesetzesvorlagen über Volksabstimmung und
Volksbefragung, also das Thema Landeshauptstadt, behandelt, und ich muß sagen, es ist schon
verwunderlich, daß der Finanzreferent des Landes Niederösterreich, der die Kurzfassung der ÖIRStudie sicher genauso gelesen hat wir wir, zu einer solchen Aussage kommen kann. Er weiß genauso
wie wir, daß diese Studie keine Kosten-NutzenAnalyse enthält, wenn sie auch immer wieder als
Schlagwort benutzt wurde. Er weiß genauso wie wir, daß auf Seite 11 der Studie steht, ich zitiere: "Die
immateriellen, insbesondere psychischen, sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen der
Landeshauptstadt haben wahrscheinlich einen größeren gesamtwirtschaftlichen Stellenwert als die
materiellen, zum Beispiel die wirtschaftlichen Aspekte." Er weiß also genauso wie wir, daß der
angegebene Bevölkerungsgewinn von 20.000 bis 50.000 geschätzten Einwohnern als Zielgröße für
das ganze Land und nicht für die Landeshauptstadt allein angegeben ist. Hier muß man nämlich
einmal mit dem Irrtun aufräumen. Das ÖIR sagt eindeutig, daß sich die Zielgröße der Zuwanderung für
das ganze Bundesland ....... (LHStv. Dr.Pröll: Das genügt ja, bitte!) Ich komme schon dazu. Hier
kommt noch die große Einschränkung des ÖIR dazu, Herr Landesfinanzreferent, vielleicht haben Sie
es gelesen: "Ob bzw. wann diese Größe tatsächlich erreicht wird, hängt jedoch in erster Linie vom
Erfolg des Projektmanagements ab." In der Studie wird noch der strukturpolitische Aspekt für
Niederösterreich in mehrfacher Hinsicht als bedeutungsvoll angegeben: der Beitrag bitte durch die
Landeshauptstadtgründung zum Ausbau der regionalen Disparitäten. Und hier behaupte ich, die
Disparitäten werden nicht abgebaut, sondern sie werden durch Gründung einer Landeshauptstadt auf
das größte verstärkt. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist uns vollkommen unverständlich, daß die Landeshauptstadt, also die Konzentration, die
Schaffung von mehr Arbeitsplätzen in dieser Stadt, (Abg. Anzenberger: In Niederösterreich!)
besonders in der Dienstleistung den Abbau der regionalen Disparitäten bewirken soll. Hier trifft genau
das Gegenteil zu: Durch Schaffung eines Verwaltungszentrums, eines Dienstleistungszentrums
entsteht ein neuer Sog, (Abg. Steinböck: Für Niederösterreich, Herr Klubobmann!) das sagen ja auch
die Fachleute, der die Disparitäten in den Regionen zwangsläufig verschärfen muß. Das ÖIR sagt
selbst, daß die entscheidenden Fragen, die im Zusammenhang mit diesem Projekt zusätzlich geprüft
werden müssen, folgende sind: (Ruf von Abg. Anzenberger.)
Herr Kollege Anzenberger! Heute können Sie mich nicht herausfordern, ich gebe Ihnen keine Antwort.
Ich gebe Ihnen keine! (Abg. Anzenberger: Weil Dir nichts einfällt!) Der Beitrag, heißt es hier, zum
Abbau der regionalen Entwicklungsunterschiede innerhalb des Landes muß geprüft werden. Es ist
also nicht geprüft: der Beitrag zur strukturellen Verbesserung des Arbeitsplatzangebotes, der Beitrag
zur Verminderung unzumutbarer Berufspendelwanderung, der Beitrag zur Aufwertung der gesamten
Ostregion durch Ausbau eines Entwicklungspols. Ja bitte, bildet man sich denn wirklich ein, daß eine
niederösterreichische Landeshauptstadt sozusagen ein Konkurrenzunternehmen zur
Bundeshauptstadt sein kann? Ich glaube, da überschätzt man das Projekt überhaupt. In dieser
Richtung, meine Damen und Herren, wurde auf jeden Fall bisher nichts geprüft, und es wurden daher
auch keine Antworten durch das ÖIR gefunden. Wir glauben, daß der regionale
Entwicklungsunterschied verschärft, die Berufspendelwanderung nicht vermindert wird und die
Aufwertung der gesamten Regionen eine Überschätzung des Projektes ist. Interessanterweise - wenn
es stimmen sollte, Herr Landeshauptmann - erscheint in den NÖN vom 20.11. ein Artikel. Da steht als
Überschrift "Metropole am Prüfstand". Es ist der Dr.Sauberer, der Leiter des Österreichischen
Institutes für Raumplanung, im Pressehaus anwesend gewesen und hat dort einige Feststellungen
getroffen und sich zu Richtigstellungen veranlaßt gefühlt und sagt: "So halte das ÖIR zwar die
Bewerberstädte", und jetzt zählt er die fünf auf, "für geeignet, es behaupte aber keineswegs (nämlich
das Institut), daß sie besser als Wien seien". Ich habe hier bitte die NÖN zitiert. Ich weiß nicht, ob der
Redakteur geirrt hat, aber das ist jetzt einmal eine Aussage des Dr.Sauberer als Leiter des Institutes.
(LH Mag.Ludwig: Nachlesen!)
Meine Damen und Herren! Es ist ja auch nicht damit zu rechnen - Herr Finanzreferent, da geben Sie
sich optimistischesten Prognosen hin -, daß es deshalb, weil man jetzt einfach sagt, neben dieser
Stadt wird die Landeshauptstadt gebaut, entsprechende Betriebe gibt, die sich hier ansiedeln. Die
hätten schon Zeit gehabt, sich in verschiedenen Städten anzusiedeln. Die Feststellung, daß die
Verschiebung vom primären und sekundären zum tertiären Arbeitsplatzangebot eine strukturelle
Verbesserung darstellt, bitte sehr, trifft das ÖIR, Herr Landeshauptmann, aber das Österreichische
Institut für Berufsbildungsforschung wehrt sich vehement dagegen, daß man sagt, die Arbeitsplätze im
tertiären Bereich hätten eine besondere Qualifikation. Dieses spricht sogar von einer Dequalifikation in
bestimmten Bereichen bei den Arbeitsplätzen im tertiären Bereich.
Die Studie, meine Damen und Herren - ich zitiere noch einmal, das letzte Mal zitiere ich -, in welchem
Maße die angeführten finanzwirtschaftlichen Effekte einen Beitrag zur Abdeckung der
Finanzerfordernisse leisten, hängt von dem gewählten Finanzierungsmodell ab. Der Aspekt des
Steuerrückflusses, Herr Finanzreferent, sollte jedoch nicht zu sehr im Mittelpunkt der Betrachtungen
stehen. Erfahrungsgemäß können hochrangige Einrichtungen der öffentlichen Hand, die zu großen
Hochbau- und infrastrukturellen Institutionen führen, nicht aus induzierten zusätzlichen
Steuereinnahmen finanziert werden. Sie haben nämlich heute behauptet, daß sogar schon während
der Bauzeit Mehreinnahmen zu erwarten sind.
Man weiß zwar nichts, meine Damen und Herren, von der Größenordnung dieses Projektes, man
redet zuerst von 20 bis 30 Milliarden Schilling, sagt dann 3,7 Milliarden für die Verwaltung, 6 Milliarden
für den Wohnbau, weiß nichts über eine eventuell bestehende Infrastruktur, weil man ja noch gar nicht
weiß, wo die Stadt hinkommt, weiß nichts über die notwendigen Verkehrseinrichtungen aus dem
gleichen Grund und verläßt sich darauf, daß alle anderen Institutionen, die es gibt, auf Befehl
sozusagen, sofort ihre Bauten irgendwo in der von uns genannten Landeshauptstadt errichten
werden.
Man erwartet sich natürlich noch einen gar nicht kleinen Beitrag des Bundes - wenn man jeden Tag
die Aussagen des Landeshauptmannes hört, ist das mindeste eine Universität, nicht wahr -, und auf
der anderen Seite vergleicht der Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll die Bundesschuld mit
den Landesschulden. Das ist eben der Ausgleich, der bei uns immer gefunden wird, und so etwas ist
nicht schön: das ist Demagogie! (LH Mag.Ludwig: Herr Kollege Lechner! Nur einen Zwischenruf. Die
Salzburger werden heuer um 3,5 Milliarden eine Universität bauen, und da sind auch unsere Gelder
drinnen!) Herr Landeshauptmann, wir haben immer wieder gesagt, daß Sie jederzeit unsere
Unterstützung haben, wenn es sich darum handelt, daß universitäre Einrichtungen nach
Niederösterreich kommen. Da sind wir auf Ihrer Seite, auf jeden Fall. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ÖIR spricht, ausgehend von einer durch Rechnungs- und Schätzwertung getroffenen Annahme
zur Bevölkerungsentwicklung, jetzt komme ich dazu, von Ertragsanteilen, von 400 Millionen für das
Land, und durch die Landeshauptstadt bekommt es natürlich mehr, aber meine Damen und Herren,
wir sollten eines nicht vergessen: Das ÖIR spricht auch von einer Binnenwanderung und von einer
Zuwanderung. Nehmen wir wirklich an, daß die Zuwanderungen in eine Landeshauptstadt durch
Wiener erfolgen wird? Na, ich nicht. Ich kenne die Wiener, und wir haben sie sehr gerne draußen, als
Zweitwohnsitzer, aber daß sie aus Wien in die Landeshauptstadt zuwandern werden, das ist völlig
ausgeschlossen. Es wird sich also, sollte es uns tatsächlich gelingen, Arbeitsplätze in der
Landeshauptstadt zu schaffen, um eine sogenannte Binnenwanderung handeln, es werden nämlich
aus dem Weinviertel, aus dem Waldviertel und dort, wo es eben keine Arbeitsplätze gibt, die Leute
zuwandern. Der Präsident Romeder, ich könnte fast in seinen Gehirnwindungen lesen, (Abg.
Präs.Romeder: Brav!) der denkt sich jetzt, na wenn von Schweiggers z.B. 15 Leute abwandern und
sich in Krems ansiedeln und wenn ich bei den Ertragsanteilen gerade an der Grenze bin, dann ist mir
das lieber. (Abg. Präs.Romeder: Lieber als in Wien!) Offensichtlich ist das mit den Gehirnwindungen
noch nicht aktuell, sonst müßte man sagen, er hätte dabei gedacht, dann bekommt nämlich der Ort
Schweiggers mitunter weniger Ertragsanteile, damit Krems mehr bekommt. Das ist die einfache
Rechnung, die wir zu stellen haben. (Abg. Präs.Romeder: Herr Kollege Lechner! Heute entscheiden
Wiener über unsere Landesregierung!)
Der Finanzreferent hat auf jeden Fall die Summe von 400 Millionen an Ertragsanteilen für das Land
als fix angenommen, so wie er auch den Verkauf aller Häuser in Wien mit 700 Millionen bewertet.
Offensichtlich ist hier auch der Landtagssitzungssaal mit eingeschlossen. Herr Landeshauptmann, es
tut einem direkt weh, zweimal hörte ich Sie vorige Woche in diesem historisch wertvollsten und
sozusagen wichtigsten Saal Österreichs reden, und so gehen Sie mit dem Saal um, aus dem Sie
ausziehen wollen. (LH Mag.Ludwig: Herr Kollege! Aber der Bundesrat wird einziehen! Da bleiben wir
dann drinnen!) Wir werden nicht sehr viel bestimmen, denn zu 50 % gehört alles ideell auch einem
anderen - wissen Sie auch, haben wir schon geprüft. (LH Mag.Ludwig: Ja, ja! Das stimmt schon!) Es
gehört nicht alles uns in Wien. Herr Landesfinanzreferent! Jetzt sind Sie wieder da. Ich muß Ihnen
noch etwas dazu sagen. (LHStv. Dr.Pröll: Bitte!) Schauen Sie, Sie rechnen die 700 Millionen mit,
rechnen mit 400 Millionen Ertragsanteilen und sagen, das ist lesbar in der Presse, Sie wollen ja nur
eine kleine Landeshauptstadt. Das beruhigt mich eigentlich wieder. Er will nur eine kleine
Landeshauptstadt haben, eine maßvolle Landeshauptstadt will er haben, (LHStv. Dr.Pröll: Ja, so.
Nicht klein, sondern maßvoll!) er ist ein Spezialist für die aus Bayern importierte Dorferneuerung, und
er meint sogar unter dem Titel einer großen Dorferneuerung müßte man das Ganze sehen, und da
weiß ich nicht, Herr Landeshauptmann, (Beifall bei der SPÖ.) ob Sie mit der Dorferneuerung, die der
Pröll meint, zufrieden sind. Ich verstehe es nicht. (LHStv. Dr.Pröll: Herr Klubobmann! Dieses Zitat
müssen Sie bringen! Bringen Sie mir das Zitat!) Die Presse vom 12./13.10., Herr Landesfinanzreferent
- ich zitiere nur dann, wenn ich es weiß -,können Sie sich ausheben lassen. 12./13.10. "Die Presse",
bitte. (LHStv. Dr.Pröll: Gott sei Dank!) Eine maßvolle Landeshauptstadt als größere Dorferneuerung,
damit könnte man einverstanden sein. Sie waren also nicht in Laxenburg, meine Damen und Herren,
dort hat man ganz andere Vorstellungen gehört, und der Herr Landeshauptmann konnte sich an den
Aussagen der großen Wissenschaftler sonnen.
Hier muß ich schon sagen, Herr Landeshauptmann, im Dorf wird es kein Landestheater geben, im
Dorf des Dr.Pröll wird es keine Oper geben, im Dorf wird es wahrscheinlich auch nach Sebestyün
keine große Konzerthalle geben, und der Herr Sebestyün, der redet ja auch fast von Philharmonikern!
Kollege Bernau, 0,94 % Kulturbudget! Na, wenn wir uns dann in der Landeshauptstadt einmal
entsprechend ausbreiten wollen, werden die Kulturprozente ein bißchen anders ausschauen müssen!
(LHStv. Dr.Pröll: Dann haben wir sicher die 1 %-Grenze durchstoßen! Heuer haben wir die 300
Millionen-Grenze durchstoßen! - Abg. Stangl: Dann muß es der Bund wieder machen! - LHStv.
Dr.Pröll: Der kann ja nichts mehr!) Herr Landesfinanzreferent! Sie sehen allerdings auch bei der
Finanzierung dieser Landeshauptstadt keine Probleme. Sie sagen, das ginge so wie beim Tullner
Krankenhaus: 20 Jahre, 7,5 % Sonderfinanzierung. Na ja, wenn man bedenkt, 7,5 % bei 20 Milliarden,
dann zahlen wir 40 Milliarden ungefähr zurück, plus Wohnbau 6 Milliarden. Sie sehen hier
offensichtlich kein Problem. Ich bin neugierig, es wird ja sehr lustig werden, wenn die anderen
Regionen auf die Wohnbauförderungsmittel warten dürfen. Das haben wir schon einmal gehabt.
Wer aber die Studie des ÖIR aufmerksam gelesen hat, muß erkennen, daß hier so viele Unbekannte
enthalten sind, der Bau einer Landeshauptstadt so viele Risken mit sich bringt, die Kosten derzeit bitte
überhaupt nicht abschätzbar sind und daß bei realistischer Abwägung der Annahmen, der
Schätzungen, der Beurteilungen, der Aussagen, alles, was es da gibt, viele Zweifel auftauchen, und je
öfter ich diese Studie lese, meine Damen und Herren, umso größer werden die Zweifel. Ich sage
Ihnen jetzt ein Beispiel dazu, wo meine Zweifel, Herr Landeshauptmann, sehr groß geworden sind.
Ein Beispiel, das mich besonders nachdenklich gemacht hat. Da heißt es:
Im Jahre 1983 sind in Niederösterreich 348.000 unselbständig Beschäftigte in den Betrieben
gewesen, davon in der niederösterreichischen Industrie 152.000, und davon waren über 100.000 in
sinkenden Branchen tätig. Über 100.000 in sinkenden Branchen! Als Antwort auf diese strukturell
gefährdeten Industriearbeitsplätze offeriert das Institut für Raumplanung 8.000
Dienstleistungsarbeitsplätze, und das bitte im Jahre 2000. (LH Mag.Ludwig: Das ist nicht mehr lange!)
Der Lehrbeauftragte am Institut für örtliche Raumplanung der Technischen Universität,
Dipl.Ing.Dr.Puchinger, sagt zu Recht, daß dieser Vorschlag des ÖIR als vernünftiges Programm zur
Strukturverbesserung ernstlich in Zweifel gezogen werden kann, und da hat er sich meiner Ansicht
nach sehr zurückhaltend ausgedrückt.
Meine Damen und Herren! Es ist irreal anzunehmen, daß sich durch Gründung einer
Landeshauptstadt die Arbeitsplatzprobleme im Grenzland und in den Problemgebieten lösen werden.
Sie lösen sich nicht von selbst, und schon gar nicht durch die Landeshauptstadt. Es ist nur die halbe
Wahrheit, daß in einer künftigen Landeshauptstadt eine Erhöhung der Ertragsanteile eintritt, und auch
die Ertragsanteile für das Land durch Zuwanderung eine Erhöhung erfahren. Die ganze Wahrheit
heißt nämlich, daß durch die Abwanderung, durch die Binnenwanderung andere Gemeinden von
diesem Mehr für die Landeshauptstadt negativ betroffen werden. Und nun der Vorwurf. Anstatt daß
man diese schwierige Materie wirklich geprüft hätte, lang geprüft hätte, diskutiert hätte, und, wie von
uns angeregt, eine zweite Studie hätte anfertigen lassen, hat man einfach die Volksbefragung für 1.,
2.März durchgesetzt. Und jetzt, meine Damen und Herren, wird die Propagandawalze mit öffentlichen
Mitteln in Gang gesetzt! (Abg. Ing.Schober: Informationskampagne, bitte!) Ich nenne sie
Propagandawalze, Herr Kollege, (Abg. Anzenberger: So heißt das nur in Gaming!) 2,5 Millionen für
eine Broschüre, damit sich die Freude der Bevölkerung an der Landeshauptstadt vervielfachen soll, in
der Regierung vor 14 Tagen oder drei Wochen beschlossen. 3 Millionen bitte im Nachtragsbudget.
Offensichtlich hat man bei Schretter - der Rausch ist weg, verbleibt also nur mehr der Schretter vergessen, eine Plakatserie einzukalkulieren. Eine Plakatserie und Inserate, eines nach dem anderen,
sollen bis zum 1.März sozusagen die richtige Atmosphäre schaffen. Na ja, die Frau Landesrat Prokop,
die denkt in den NÖN sozusagen mit träumerischem Blick an das Blühen der vier Viertel und an das
Wachsen des Selbstbewußtseins der Niederösterreicher und glaubt, daß unser Land unbedingt eine
Stadt braucht, die dieses Land repräsentiert. Es wäre vielleicht noch interessant zu erfahren, wer
dieses Inserat bezahlt. Es steht nämlich nichts dort, wer es bezahlt. Zahlt's das Land oder zahlt's die
ÖVP? Eines ist aber sicher, meine Damen und Herren! Diese Aussage ist zumindest etwas Neues, ein
neuer Aspekt: Wir brauchen eine Stadt, die unser Land repräsentiert, aber, Frau Landesrat Prokop,
mir sind die Repräsentationsspesen zu hoch! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich möchte gar nicht eingehen auf die offensichtlich vom neuen
Präsidenten des Landesschulrates als notwendig erachteten Erlässe über Aufsatzwettbewerbe und
Nationalfeiertag. Offensichtlich werden hier schon die Kinder - na ja, das ist so ein kleiner
Kinderkreuzzug - für politische Ziele mißbraucht. Ich möchte darauf nicht eingehen, ich hab's nur kurz
erwähnt.
Im Voranschlag 1986 bitte sind wieder für die Information 30 Millionen eingesetzt. Wir haben im
Ausschuß versucht, eine Zusage der ÖVP zu erreichen, daß sie mit diesem Geld keine
Landeshauptstadtwerbung treibt. Wir hätten uns vorgestellt, daß wir für die Fremdenverkehrswerbung
und sogar für die Weinwerbung Mittel ausgeben. Die ÖVP war für eine Zusage in dieser Richtung
nicht zu haben, und so sind wir nicht bereit, nachdem hier diese Propagandawalze - mit mindestens
15 Millionen rechnen wir - in Richtung Landeshauptstadt in Bewegung gesetzt wird, dieser Position
zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Was wir in Niederösterreich brauchen, wäre die Dezentralisierung der
Landesverwaltung, eine umfassende Verwaltungsreform, die Ausgliederung der Verwaltungseinheiten
aus der Zentrale in die Viertelshauptstädte, auch in die Bezirkshauptmannschaften. Dazu brauchen
wir keine Landesregierung! Seit Jahren gibt es einen Projektstab, der über diese Dinge berät.
Ergebnis? Herr Landesfinanzreferent! Dafür sind Sie nicht allein verantwortlich, sondern auch Ihr
Vorgänger: Es war dazu kein Geld vorhanden. Die Ergebnisse dieser Beratungen konnten daher nicht
in die Tat umgesetzt werden. Das ist das Versäumnis der Mehrheit dieses Hauses. Sie hat die
Möglichkeit der Stärkung der Viertel, der Viertelshauptstädte, der Bezirksvororte nicht genützt. Sie hat
konzentriert und redet jetzt zwangsläufig, weil das ÖIR das ja förmlich zur Bedingung macht, von einer
Regionalisierung und von flankierenden Maßnahmen, die gesetzt werden müssen. Es war also bisher
kein Geld zur Dezentralisierung da, und nun soll auf einmal Geld da sein für die Landeshauptstadt, für
die Dezentralisierung, für die Regionalisierung? Es ist uns, meine Damen und Herren, nicht gelungen,
die Abwanderung aus dem Grenzland zu stoppen, wir haben den wirtschaftlichen Erneuerungsprozeß
nur teilweise geschafft, wir haben die hohen Einkommensunterschiede in den verschiedenen
Regionen nicht beseitigt, und das alles wollen wir mit der Landeshauptstadt lösen! Wir brauchen
Arbeitsplätze in Wiener Neustadt, in Neunkirchen, im Waldviertel, im Weinviertel und schaffen
Dienstleistungsarbeitsplätze irgendwo, wo eben die Landeshauptstadt entstehen soll.
Meine Damen und Herren! In der Landeskorrespondenz hat der Herr Landeshauptmann eine
Rückblende zu Perspektiven für die Zukunft gegeben. Ich habe das wieder sehr aufmerksam gelesen.
Er redet von "einem Land in Trümmern", "auf vielen Gebieten zur führenden Kraft in Österreich
geworden" - alles in Ordnung -, trotz aller Erfolge, sagt er aber, droht unserem Land ein Ausrinnen an
jungen Bürgern, an wirtschaftlicher und kultureller Substanz, und Niederösterreich droht in eine
Sackgasse zu kommen. Herr Landeshauptmann - ich kann Ihnen das jetzt nicht ersparen -, wenn das
stimmt und wenn Sie davon überzeugt sind, hätte ja Niederösterreich nie das Agrarland Nummer eins
und das Industrieland Nummer eins werden können, da wären wir schon früher ausgeronnen. Wenn
das aber trotzdem stimmt, und Sie behaupten es ja, dann muß ich Sie als Landeshauptmann und Ihre
Partei als ÖVP für diese Sackgasse, in die Sie das Land offensichtlich geführt haben, verantwortlich
machen! (Beifall bei der SPÖ.) Ich sage aber, das Land hat gute Aufbau- und Ausbauerfolge. Das ist
meine Meinung, Herr Landeshauptmann! (LR Blochberger: Er streitet es aber ab!)
Zumindest für einige Jahre waren wir Industrieland Nummer eins. Ich glaube nicht trotz Wien als
Mittelpunkt, sondern zum Großteil durch Wien als Mittelpunkt. Wir sind doch so stolz auf das
Industriezentrum Süd. Na ja, warum ist denn diese Konstruktion gelungen? Warum sind denn dort
Industrien hingekommen? Nicht aufgrund unserer großartigen Ideen und Zuwendungen, die wären
auch ohne Zuwendung gekommen, sondern weil sie eben in der Nähe der Bundeshauptstadt ihre
Erfolge feiern wollten und auch können. Wir werden also das Ausrinnen an Substanz nur dann
verhindern, wenn wir eine potente Regionalpolitik betreiben, wenn wir zumindest einen Teil jener
Mittel, meine Damen und Herren, in den Regionen einsetzen, für die Gemeinden einsetzen.
Es ist merkwürdig, daß der Herr Finanzreferent, der sonst immer vom Sparen redet, stolz ist auf das
dritte Sparbudget, das er heute vorgelegt hat, für die Finanzierung der Landeshauptstadt keine
Probleme ortet, aber bei den Gemeinden immer Probleme sieht. Wir haben dieses Sparen unseres
Finanzreferenten bisher unterstützt und auch akzeptiert und oft auf Forderungen verzichtet, die sicher
berechtigt gewesen wären. Für uns, Herr Landesfinanzreferent, taucht aber, seit heute zumindest,
durch Ihre Aussage nun doch die Frage auf, ob diese Haltung, diese Einstellung noch in einer Zeit
vertretbar ist, wo der Finanzreferent Milliardenbeträge für die Verwirklichung eines Projektes
auszugeben bereit ist, dessen Notwendigkeit nicht nur wir sehr in Frage stellen. Das ist nämlich in
meinen Augen aufgrund dieser unfertigen Studie eine riskante Sache, und ich möchte das Wort
"Spekulation" nicht verwenden. Meine Damen und Herren! Wir sind fest davon überzeugt, daß die
Hilfestellung des Landes für die Gemeinden die beste Landespolitik wäre. Eine finanzielle Stärkung
der Gemeinden bedeutet Befruchtung der heimischen Wirtschaft, bedeutet Schaffung von
Lebensqualität, und der Einsatz von Landesmitteln für die Gemeinden bedeutet wirtschaftliche
Entwicklung in den Regionen, das, was uns derzeit nicht befriedigt. Wir brauchen diese Milliarden also
nicht für eine Landeshauptstadt, sondern für die Regionen und für die Gemeinden. Dann werden wir
aus dieser vom Landeshauptmann genannten Sackgasse herauskommen.
Meine Damen und Herren! Das Budget 1986 wurde sicher nach sparsamen Grundsätzen erstellt, auch
mit einigen Schwerpunkten, und wir werden ihm bis auf die Position "Information" die Zustimmung
geben. Allerdings möchte ich festhalten, daß die Hilfestellung für die Gemeinden gewiß nicht
ausreichend gegeben ist. Ich habe bereits angekündigt, daß für uns die Einstellung des
Finanzreferenten zur Landeshauptstadt auch eine andere Auffassung und Haltung zu den immer groß
angekündigten Sparbudgets bedingen könnte. Man kann nicht in der Aufbringung von Milliarden für
die Finanzierung einer Landeshauptstadt kein Problem sehen und andererseits die wichtigen
Aufgaben für die Gemeinden nur in sehr geringem Maße erfüllen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Als nächstem Redner zur Generaldebatte erteile ich Herrn Abg. Dr.Bernau das
Wort.
Abg. Dr.BERNAU (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nach
dem ausführlichen und sehr anschaulichen Bericht des Landesfinanzreferenten, Herrn
Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll, dem ich sehr herzlich danken möchte, hat nun mit der
Verteidigungsrede für die österreichische Bundesregierung und der Negativaussage zu neuen
Initiativen des Landes Niederösterreich durch den SPÖ-Klubobmann die detaillierte Budgetdebatte
begonnen. Diese Debatte, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist mehr als eine traditionsreiche
Form der Auseinandersetzungen über die wichtigsten Fragen der Landespolitik. Sie ist vielmehr die in
der parlamentarischen Demokratie vorgesehene Beratung und Entscheidung über den Voranschlag
der Regierung für das kommende Haushaltsjahr. Dem Landtag kommt die Budgethoheit zu, das heißt,
daß die vom Volk gewählten Mandatare zu bestimmen und zu verantworten haben, wie die
Vollziehung mit den öffentlichen Geldern umgeht. Es ist ein weiser Grundsatz unserer Verfassung,
diese Entscheidung den Repräsentanten des Volkes zu überlassen, denn die Mittel des
Landeshaushaltes, über deren Verwendung hier entschieden wird, dürfen nicht leichtfertig
ausgegeben werden. Diese Mittel, meine Damen und Herren, sind nicht ein Geschenk des Landes, sie
kommen nicht aus einem Füllhorn, das die Regierung gnädig über die Bürger ausgießt, sondern sie
sind ausschließlich das Ergebnis der Arbeit und des Fleißes unserer Landesbürger. (Beifall bei der
ÖVP.)
Das gleiche gilt natürlich auch für die Bundesausgaben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, der Staat,
die öffentliche Hand, hat nichts, außer dem, was die Wirtschaft und damit jeder einzelne durch seine
Leistung schafft und wovon er einen Teil in Form von Steuern und Ausgaben der öffentlichen Hand
wieder zur Verfügung stellt. Wir sollten uns diese Tatsache vor Augen halten, bevor wir, ob als
Vertreter einer Interessensgruppe oder als Politiker, Leistungen des Staates fordern. Wenn Geld
gebraucht wird für die Förderung der Wirtschaft, für die Schaffung von Arbeitsplätzen, für den
Umweltschutz, für sozial Schwache, für die Verbesserung der Lebensqualität und wofür auch immer,
dann ist zu allererst zu prüfen, wie dieses Geld erwirtschaftet werden kann. Diese Binsenweisheit
sollten sich auch alle jene vor Augen halten, die einerseits die Idee einer Landeshauptstadt für
Niederösterreich ablehnen, auf der anderen Seite aber lautstark nach einer wirtschaftlichen Förderung
der Regionen, nach der Schaffung von mehr Arbeitsplätzen, nach mehr Geld für
Abwasserbeseitigungsanlagen und nach vielem anderem rufen. Sie tun damit so, als ob unserem
Finanzreferenten irgendwo ein riesiger Haufen Geld zur Verfügung stünde, sozusagen ein
niederösterreichisches Fort Knox, und er nur wie der Heilige Nikolaus in wenigen Tagen bei den lieben
Kindern in seinen Sack greifen müßte, um in den Regionen die notleidenden Betriebe und die
Gemeinden aus diesem Geldhaufen zu beteilen. Eine fürwahr kindliche Vorstellung, die unseren
Kleinen sicherlich gemäß ist, die noch an den lieben Nikolaus glauben, nicht aber
verantwortungsvollen Politikern. (LR Blochberger: Wie ein Lehrer kindisch sein kann!) Es ist, meine
Damen und Herren, eben nicht so, daß eine böse ÖVP den Geldhaufen aus Bosheit oder Hochmut
oder sonst irgend einem Grund in das Projekt einer Landeshauptstadt stecken will, während die brave
SPÖ damit lieber die Regionen, die Gemeinden, die notleidenden Betriebe beschenken möchte. Das
Geld, meine Damen und Herren, wird weder für das eine noch für das andere da sein, wenn wir es
nicht, wie wir es bereits gesagt haben, wie es auch der Landesfinanzreferent sehr detailliert hier
dargestellt hat, vorher gemeinsam erwirtschaften. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)
Die Österreichische Volkspartei wurde bei den letzten Landtagswahlen, nachdem sie schon bisher in
Niederösterreich zur führenden politischen Kraft bei allen Wahlen gewählt worden war, mit dem
größten Vertrauen seit Bestehen der ÖVP in der Zweiten Republik in Niederösterreich ausgestattet.
Dieses hohe Maß an Zustimmung in der niederösterreichischen Bevölkerung kann für uns aber nicht
heißen, daß wir uns nun auf unseren Lorbeeren ausruhen können, daß wir die Hände in den Schoß
legen dürfen und nur kleine Korrekturen anbringen müssen, um unsere große Mehrheit zu halten.
Vielmehr ist es für uns eine noch größere Verpflichtung, für all das vorzusorgen, was dieses Land in
den nächsten Jahren und Jahrzehnten braucht und was in der Möglichkeit einer vorausschauenden
Politik gelegen ist.
Wir haben, meine verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, nach neuen Wegen zu suchen,
wie dieses Land zwischen den großen Wirtschaftsräumen Wien, Linz, dem steirischen Industriegebiet
am Rande der toten Grenze, benachteiligt durch eine langjährige Besatzung und schließlich im Einfluß
des Sogs der Bundeshauptstadt, nicht nur von der Verfassung her ein selbständiges Bundesland sein
kann, sondern auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit und Selbstbehauptungsfähigkeit erhalten und
ausbauen kann. Die Idee einer eigenen Landeshauptstadt in Niederösterreich kann ein solcher Weg
sein. In dieser Auffassung bestärken uns unabhängige Fachleute, die allgemein anerkannt sind und
nur in der letzten Zeit da und dort und auch von der SPÖ aus zweifellos durchsichtigen taktischen
Gründen plötzlich der Parteilichkeit geziehen werden. In dieser Auffassung bestärken uns nicht zuletzt
die ganz offensichtlich zur Schau gestellten Zweifel der Sozialistischen Partei dieses Landes, die sich,
wie wir es gerade gehört haben, derzeit auf eine negative Haltung eingeschworen hat, in der es aber
trotzdem, das muß ich sagen, Gott sei Dank viele maßgebliche Persönlichkeiten gibt, die die
Bedeutung dieses Projektes für Arbeit und Wirtschaft in unserem Land längst erkannt haben, und weil
mein Vorredner die Tagung in Laxenburg in der vorigen Woche schon zitiert und auch den Herrn
Prof.Sebestyün hier erwähnt hat, erinnere ich mich, mich hat das sehr beeindruckt, daß dieser Mann
zwei Dichter zitiert hat.
(Zweiter Präsident Pospischil übernimmt den Vorsitz.)
Der eine war Johann Nestroy, dessen Formulierung so lautet: "Die edelste Nation ist die Resignation."
Das ist der Standpunkt, meine verehrten Damen und Herren, den wir nicht teilen. Der andere
Standpunkt wurde von Heinrich Heine formuliert, der da schrieb: "Der Gedanke geht der Tat voran wie
der Blitz dem Donner." Und so muß, meine verehrten Freunde, auch solchen neuen Ideen der
Gedanke der Tat vorausgehen, auch dann, wenn vielleicht ein Teil der vorgesehenen Pläne nicht
verwirklicht werden kann oder erst später verwirklicht werden wird. Aber wenn man überhaupt nichts
denkt, meine Damen und Herren, dann passiert eben nichts in diesem Land! (Lebhafter Beifall bei der
ÖVP.) Entscheiden aber werden die Frage, ob Niederösterreich eine Landeshauptstadt erhalten soll,
weder die ÖVP, noch die Sozialisten, noch irgend welche Experten, sondern einzig allein die
Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher! (Beifall bei der ÖVP.)
Dafür haben wir mit dem Gesetz betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Errichtung
einer Landeshauptstadt die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Auch dabei wurden wieder die
Zweifel, oder, wenn Sie wollen, die Unsicherheiten der Sozialisten in diesem Land ganz deutlich, wir
haben es ja auch ganz deutlich vorhin gehört. Zunächst hat es geheißen, man wolle über den Entwurf
der ÖVP, betreffend ein Volksbefragungsgesetz, überhaupt nicht diskutieren und lehne ihn rundweg
ab. Parteienverhandlungen 7.Oktober. Dann wurde eher überraschend von der SPÖ im zuständigen
Ausschuß die Beiziehung von Experten verlangt. Wir sind diesem Verlangen selbstverständlich gerne
nachgekommen. Schließlich, das ist in der letzten Sitzung hier nicht ganz klargestellt worden, habe ich
im Verfassungs- und Rechtsausschuß der SPÖ vorgeschlagen, allenfalls noch eine weitere Sitzung
abzuhalten, um den Fraktionen die Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt aufgrund des
Expertenhearings noch einmal zu überdenken. Der Klubobmann der SPÖ hat dies als nicht notwendig
abgelehnt, was sein gutes Recht ist, aber drei Tage später hier im Plenum die Rückverweisung der
Gesetzentwürfe der ÖVP an den Ausschuß verlangt, weil sie noch nicht genügend durchdiskutiert
seien. So ist die richtige Darstellung. (Abg. Lechner: Schon wieder eine unrichtige Darstellung!)
Aber, aber, bitte sehr, Herr Kollege Lechner, nachdem ich ausdrücklich gefragt habe, sollen wir nicht
noch einmal sprechen, haben Sie darauf gesagt, wir reden über Euren Entwurf nicht, nur über
unseren. Darauf habe ich gesagt, na das brauchen wir nicht. Sie haben ja unseren Entwurf hier im
Haus als nicht ausreichend bezeichnet und deswegen die Rückverweisung an den Ausschuß verlangt.
Das ist die Tatsache, die ich noch einmal klarstellen wollte. (Abg. Lechner: Wir haben einen Antrag
eingebracht, Herr Kollege, das vergessen Sie schon!)
In diesem Verhalten, meine Damen und Herren, und auch in der Tatsache - jetzt komme ich auf Ihren
Entwurf zu sprechen -, daß Sie in Ihrem Entwurf bezüglich einer Volksabstimmung für die Gültigkeit
des Ergebnisses eine Teilnahme von zwei Dritteln der Stimmberechtigten verlangen, obwohl Sie ganz
genau wissen, daß solche Beteiligungsquoten in keinem demokratischen Land weder bei
Volksbefragungen noch bei Volksabstimmungen erreicht werden, zeigt ganz deutlich, daß Sie in
Wahrheit weder eine Volksbefragung noch eine Volksabstimmung über eine niederösterreichische
Landeshauptstadt haben wollen. Das ist eine Folgerung, die sich aus diesen Ziffern, glaube ich, sehr
klar ergibt. Erst vorgestern haben Sie gehört, daß in der Schweiz eine neuerliche Volksabstimmung
bzw. Volksbefragung eine 37%ige Beteiligung seitens der Wähler hatte, was als großer Erfolg
hingestellt wurde. Aber offensichtlich fürchten Sie, meine sehr geehrten Herren, daß die Wähler die
ablehnende Haltung der Sozialisten nicht teilen werden. Wir hingegen wollen vielmehr, ich hab's
schon erwähnt, die Niederösterreicher fragen, (Abg. Lechner: Und mit teurem Geld die Willensbildung
beeinflussen!) ob sie eine Landeshauptstadt wollen oder ob sie sie nicht haben wollen. Spricht sich
keine Mehrheit dafür aus, dann ist die Frage geklärt, und zwar nicht durch die Sozialisten, sondern
durch die niederösterreichische Bevölkerung. Spricht sich aber eine Mehrheit dafür aus, dann werden
wir mit Ihnen, mit der SPÖ, in Verhandlungen über ein Verfassungsgesetz, betreffend die Errichtung
einer Landeshauptstadt, eintreten. Ich möchte es hier ausdrücklich und neuerlich betonen: Die
Errichtung einer Landeshauptstadt bedarf nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen, sondern
auch im Interesse einer guten und erfolgreichen Verwirklichung dieser Idee der Zusammenarbeit aller
politischen Kräfte in unserem Land, (Beifall bei der ÖVP.) und das habe ich mehrfach betont. Mit der
Idee einer Landeshauptstadt, mit der Suche nach neuen, zukunftsorientierten Projekten, mit dem
Bemühen, dieses Land für seine Bürger positiv zu gestalten, unterscheiden wir uns ganz bewußt von
der Politik der Ablehnung neuer Ideen, vom Miesmachen, vom Kritisieren um jeden Preis. (Abg.
Stangl: Aber geh!) Wir haben es ja gerade gehört, 65 Minuten lang haben wir das gehört, ich brauche
es daher nicht mehr weiter zu zitieren. Die zahlreichen anschaulichen Beispiele dafür, wie zum
Beispiel die jahrzehntelange Ablehnung des U-BahnBaues in Wien durch die Wiener Sozialisten, die
Ablehnung der Errichtung von Autobahnen durch die Bundessozialisten in Österreich oder der
Wachauer Bundesstraße, der Gründung der Niogas oder nunmehr eben auch die Ablehnung der
Landeshauptstadtidee, sprechen, meine Damen und Herren, Bände. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir unterscheiden uns aber auch mit unseren Initiativen ganz deutlich von einer Bundespolitik, die in
den letzten Jahren ausschließlich damit beschäftigt war, Skandale zu verniedlichen, interne
Streitigkeiten zu bereinigen und finanzielle Löcher mit Hilfe von Steuergeldern zu stopfen, das glaube
ich schon, die aber nicht mehr die Kraft findet, in nur irgend einem Bereich eine ideenreiche,
zukunftsorientierte Politik zu betreiben. Da ist zum Beispiel der Bundesminister Fischer - er ist
Obmannstellvertreter der SPÖ, übrigens berufsmäßiger Friedensstifter im Koalitionsausschuß mit der
kleinen Regierungspartei - nicht in der Lage, wie es seine Aufgabe wäre, sich um die hohen Schulden
zu kümmern. Und wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie richtig unser Angebot zur
Errichtung einer Universität in Niederösterreich ist, dann haben ihn wohl die Proteste der Professoren
und Studenten der Technischen Universität sehr deutlich erbracht. (Abg. Stangl: Das ist billig!) So
billig ist das nicht, das ist lediglich eine Feststellung.
Ein weiteres Beispiel. Da muß also der Generaldirektor der größten österreichischen Bank von einer
für den Außenhandel offensichtlich sehr wichtigen Auslandsreise vorzeitig zurückkehren, um seinen
Sitz im Parteivorstand der SPÖ im 21.Bezirk von Wien zu retten, und der Herr Bundeskanzler ist fast
ausschließlich damit beschäftigt, Pannen der Regierungspolitik zu überdecken. (LR Blochberger: Das
derpackt er nicht mehr!)
Es ist daher, meine Damen und Herren, sicherlich kein Zufall, daß wir heute über einen Voranschlag
diskutieren können,der sowohl auf der Ausgabenseite als auch beim Abgang auch unter der
Berücksichtigung der naturgemäß verschiedenen Aufgabenstellung ein vielfach erfreulicheres Bild
zeigt als der zur gleichen Zeit im Nationalrat zur Beratung stehende Bundesvoranschlag. Es ist auch
kein Zufall, sondern schlicht und einfach Tatsache, daß hier in Niederösterreich die beiden großen
politischen Parteien bei allen ideologischen Unterschieden konstruktiv zusammenarbeiten für dieses
Land und seine Bewohner, was ich mit Dankbarkeit feststellen möchte, während auf der Bundesebene
eine Großpartei verzweifelt versucht, sich mit Hilfe der Kleinpartei an der Macht zu halten, deren
Exponenten weder die politische Kraft noch die persönlichen Fähigkeiten mitbringen, um gemeinsam
wichtige und zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen. (Abg. Icha: Verzweifelt versucht Ihr es!)
Die ÖVP, Herr Kollege, braucht nichts zu versuchen, die Wähler werden es entscheiden. Wir sind sehr
zuversichtlich, daß die Wähler genauso schlau geworden sind, wie es die Niederösterreicher Gott sei
Dank schon seit 40 Jahren sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben, meine Damen und Herren, in Niederösterreich, wo diese von mir erwähnte
Zusammenarbeit noch immer funktioniert, die wir vor allem den großen Männern der ersten Stunde
unserer Zweiten Republik verdanken, auch im vergangenen Jahr gemeinsam viel erreicht:
Wir haben ein modernes Umweltgesetz geschaffen. Wir haben mit dem Wirtschafts- und
Strukturverbesserungsfonds sowie dem Fremdenverkehrsfonds eine wichtige Maßnahme zur
Belebung der Wirtschaft gesetzt.
Wir haben den endgültigen Beschluß über den Bau des Marchfeldkanales erreicht und vieles, vieles
andere mehr. Auf der Bundesebene, wo man diesen Weg der Zusammenarbeit verlassen hat, ist
dagegen vieles, sehr vieles liegen geblieben. Die Krise der verstaatlichten Betriebe ist keineswegs
gelöst, sondern im Gegenteil mit dem unvorstellbaren Defizit der VOEST in noch stärkerem Maße
ausgebrochen. Die ausreichende Sorge für die Pensionisten geriet mehr und mehr ins Wanken. Im
Umweltbereich wurde nichts gelöst, (Abg. Anzenberger: Ist Euch das noch zu wenig?) weder die
Luftreinhaltung, für die nun seit drei Jahren dem Bund die Kompetenz zukommt, noch die
Sondermüllproblematik, noch die Mitsprache der Bevölkerung beim Umweltverfahren. Und schon gar
nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren, ging in der Energiepolitik weiter, weil man nach den
Ereignissen in der Stopfenreuter Au vor knapp einem Jahr offenbar nach dem Grundsatz vorgeht,
daß, wer nichts tut, auch keinen Fehler machen kann. Wir sollten daher die Zusammenarbeit wieder
ernst nehmen, um die drängenden Probleme unserer Zeit zu lösen. Wir sollten, meine Damen und
Herren, wieder mehr miteinander als gegeneinander reden, wenn die vielen Ansprachen, die in
diesem Jahr zu Jubiläumsfeierlichkeiten der Zweiten Republik gehalten wurden, (Abg. Kalteis: Aber
ohne Gulasch! - Heiterkeit bei LH Mag.Ludwig.) nicht reines Lippenbekenntnis bleiben sollen. Zu
dieser ehrlichen Zusammenarbeit gehört aber auch der Verzicht auf böswilliges politisches Taktieren,
das Schlechtmachen des anderen um jeden Preis. Ich habe mich, Sie erinnern sich, nicht gescheut,
von dieser Stelle aus damals, als Herr Landesrat Brezovszky wegen seines naturschutzbehördlichen
Bescheides für die Errichtung eines Kraftwerkes in Hainburg übrigens von seinen Parteifreunden als
Umweltverbrecher bezeichnet wurde, sehr deutlich zu sagen, daß wir von der Österreichischen
Volkspartei auch einem Regierungsmitglied der anderen Fraktion bis zum Beweis des Gegenteils
selbstverständlich vertrauen und ihm zugute halten, daß er sein Amt nach bestem Wissen und
Gewissen ausübt. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich stehe auch heute selbstverständlich zu dieser Erklärung. Ich bedaure aber, daß es in den Kreisen
der Sozialistischen Partei noch immer welche gibt, die Landeshauptmann Ludwig angreifen, obwohl
sich die seinerzeitigen Anschuldigungen gegen ihn spätestens nach dem Freispruch des ehemaligen
Landesparteisekretärs Zimper von den diesbezüglichen wesentlichen Anklagepunkten (Abg. Uhl: Das
ist kein Freispruch!) endgültig als das erwiesen haben, was wir immer gesagt haben und weswegen
wir auch hier als Mehrheitspartei in diesem Landtag der Auslieferung des Herrn Landeshauptmannes
nicht unsere Zustimmung geben konnten, nämlich als bösartige politische Intrige, die deswegen
besonders verwerflich war, weil damit teilweise erfolgreich versucht wurde, die bis dahin in unserem
Land in hohem Ansehen stehende Justiz mit hineinzuziehen. (Abg. Wagner: Was ist mit der
Immunität?) Ich werde über die Immunität gleich was sagen. (LH Mag.Ludwig: Haben Sie eine
Immunität? - Abg. Wagner: Ich brauche keine!) Diese Vermengung von Politik und Justiz, dieser
Versuch, sich mit den Mitteln der politischen Macht die nach der Verfassung unabhängige
Gerichtsbarkeit willfährig zu machen, ist die bedenklichste Entwicklung unserer sonst
zugegebenermaßen so gefestigten österreichischen Demokratie. Wenn die objektive, von den
politischen Mächten unbeeinflußte und nur dem Gesetz verpflichtete Rechtsprechung nicht mehr
gewährleistet ist, dann ist, meine Damen und Herren, eine tragende Säule der Demokratie
weggefallen, nämlich die Trennung der Staatsgewalten. (Abg. Steinböck: Genauso ist es!) Es muß
uns sicherlich auch mit Sorge erfüllen, daß nicht nur bei uns in Österreich, sondern auch in anderen
Ländern, der ständig steigende Einfluß der Regierungen auf ihre Parlamente zu beobachten ist. Aber
noch schlimmer ist es, wenn die Regierung, in welcher Form auch immer, auf die Rechtssprechung
Einfluß nimmt. Ich möchte bitte wirklich nicht mißverstanden werden: Natürlich kann ein Gerichtsurteil
im demokratischen Rechtsstaat einer sachlichen Kritik unterzogen werden. Ich habe beispielsweise
selbst hier von diesem Platz aus im vorigen Jahr die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über
die Briefwahl kritisiert, ich habe aber gleichzeitig nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir uns dieser
Entscheidung zu stellen haben und sie selbstverständlich zur Kenntnis nehmen, nicht, wenn's paßt,
paßt's, (Abg. Lechner: Wenn es paßt, dann paßt es!) sondern daß wir sie selbstverständlich zur
Kenntnis nehmen. Nicht die Kritik an einer richterlichen Entscheidung ist die Gefahr für die
Demokratie, sondern die Einflußnahme auf die Justiz, meine Damen und Herren! Diese Einflußnahme
geschieht heute nicht plump und direkt, sondern sehr, sehr subtil und ist damit noch um vieles
gefährlicher. Es wird nicht auf die richterliche Entscheidung direkt Einfluß genommen, aber es wird
verhindert, daß bestimmte politisch bedeutsame Angelegenheiten überhaupt auf den Tisch eines
Richters kommen, entweder weil man die mögliche strafrechtliche Verurteilung einer Persönlichkeit
des politischen Landes verhindern oder politische Skandale nicht aufdecken will, oder um eine Person
politisch oder, was für mich noch viel ärger wiegt, leider oft auch wirtschaftlich und menschlich
fertigzumachen. Das erste, ein Beweis, der dann Gott sei Dank gut ausgegangen ist, hat im großen
Stil mit dem glücklicherweise gescheiterten Versuch begonnen, die Untersuchungen beim
Allgemeinen Krankenhaus zu verhindern und ist seither um viele unrühmliche Beispiele, wie die
Causa Androsch, die Causa Proksch oder neuerdings in den letzten Tagen die Causa Petuely
bereichert worden. Für das zweite, für die Methode, mittels einer willfährigen Leitung einer
Staatsanwaltschaft Verfahren zu verzögern und damit die gerichtlichen Entscheidungen und einen
möglichen Freispruch für den Beschuldigten so lang als möglich hinauszuschieben, gibt es leider auch
sehr tragische Beispiele:
Mir ist noch sehr deutlich im Ohr, wie Sozialisten und Freiheitliche lautstark gefragt haben, wieso denn
der burgenländische ÖVP-Mandatar Ferenc Sauerzopf noch frei herumlaufe. Heute haben sich die
strafrechtlichen Verdächtigungen um Sauerzopf in nichts aufgelöst!
Und mit welcher Entrüstung haben Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, den Rücktritt des
damaligen ÖVP-Abgeordneten Zimper von der Funktion als Bürgermeister gefordert! Heute ist das
Urteil, das, zugegeben, noch nicht rechtsgültig ist, (Abg. Lechner: Eines ist rechtsgültig! - LH
Mag.Ludwig: Kollege, warten Sie noch eine Zeit!) das die Funktion Zimpers als Bürgermeister
ausschloß, aufgehoben. Das hat mit der Funktion des Bürgermeisters nichts zu tun.
Der ITT-Generaldirektor, meine Damen und Herren, und Präsident der Vereinigung österreichischer
Industrieller, Mayer, mußte wegen einer, in diesem Fall unüblich eifrig agierenden Staatsanwaltschaft
in Untersuchungshaft, hat seine bürgerliche Ehre verloren gehabt, hat seine Funktionen in den
industriellen Vereinigungen zurückgelegt und ist heute freigesprochen. Die gerichtliche Untersuchung
gegen den früheren Direktor der Landeshypothekenbank Müller, ich hab's schon einmal hier erwähnt,
aber ich muß es wieder sagen, dauert nämlich nunmehr bereits sechs Jahre, ohne daß eine Anklage
an das zuständige Gericht erhoben worden wäre oder die Untersuchung eingestellt würde. Ich weiß
wirklich nicht, ob sich in den zuständigen Gremien der Justiz irgend jemand schon einmal Gedanken
darüber gemacht hat, was das für einen Menschen, der in der Mitte seines Lebens steht und seine
berufliche Zukunft gestalten soll, bedeutet. Ganz abgesehen von der psychischen Anforderung,
jahrelang mit der Drohung einer strafgerichtlichen Verurteilung leben zu müssen, ist der Betroffene
praktisch chancenlos, vor Abschluß dieses Verfahrens eine entsprechende berufliche Tätigkeit
ausüben zu können. Und selbst wenn er schuldig wäre, könnte bei entsprechend raschem Reagieren
der Justiz die allfällige Strafe heute wahrscheinlich schon verbüßt sein und er wäre wieder ein freier
Mann. So aber lebt er seit sechs Jahren, ich habe es erwähnt, und ich fürchte noch eine lange Zeit,
weiter unter der Drohung einer strafrechtlichen Verurteilung und ist möglicherweise überhaupt
schuldlos.
Ich glaube, ein wahrhaft, so möchte ich es bezeichnen, Kafkaesker Zustand, in dem sich die
österreichische Justiz heute in unserem Land befindet. Hätten wir im Landtag den Landeshauptmann,
wie dies so viele gefordert haben, der damals parteipolitisch beherrschten Staatsanwaltschaft
ausgeliefert, wäre es ihm wahrscheinlich nicht anders ergangen als dem Herrn Direktor Müller. Man
hätte wohl versucht, für lange Zeit grundlose Verdächtigungen gegen einen erfolgreichen Politiker
wachzuhalten, wie man das ja vor der Landtagswahl im Herbst 1983 in einer für den Rechtsstaat
unzumutbaren Form unvorstellbarerweise getan hat. Ich muß hier eines klar und deutlich sagen,
obwohl ich mir vollkommen bewußt bin, damit der derzeitigen sogenannten öffentlichen Meinung nicht
nach dem Mund zu reden:
Die Immunität der vom Volk gewählten Mandatare, die einst als Schutz vor den absolutistischen
Übergriffen regierender Monarchen eingeführt wurde, ist heute zum Schutz vor einer ohne Rücksicht
auf die Grundwerte der demokratischen Verfassung parteipolitisch agierenden Regierungsgewalt
notwendiger denn je. Die Demokratie in unserem Land - Bundesminister Ofner, bitte, ich zitiere nur
einen Mann -, die Demokratie in unserem Land, wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, umso
besser funktionieren, politische und wirtschaftliche Entscheidungen werden umso klarer und
sachgerechter ausfallen, je mehr es uns gelingt, große und anonyme Verwaltungsapparate
zurückzudrängen und kleinere, überschaubare Einheiten zu forcieren.
Die Österreichische Volkspartei in Niederösterreich bekennt sich dabei auch ganz besonders zum
föderalistischen Prinzip in unserem Staat. Wir wollen mit der Idee einer Landeshauptstadt neben allen
wirtschaftlichen und ideellen Vorteilen, die wir uns davon erwarten, auch einen deutlichen Schritt in
Richtung Föderalismus und Dezentralisierung gehen. Die Verwaltung dieses Landes soll nicht in der
zentralen Bundeshauptstadt, sondern im Land selbst erfolgen. Föderalismus und Dezentralisierung
können natürlich nicht auf dieser Ebene allein haltmachen. Wir werden daher vielmehr ein
umfassendes Konzept der Dezentralisierung erstellen, welches die Verwaltung dorthin bringt, wo sie
vom Bürger gebraucht wird: in die Bezirke, in die Außenstellen der Bezirksverwaltungsbehörden und
in die Gemeinden. Dazu ist aber Voraussetzung, daß die Frage der Landeshauptstadt geklärt ist.
Dieselbe föderalistische Gesinnung möchten wir auch gerne von der Bundesregierung fordern. Wir
haben deshalb nach Vorarlberg und Tirol als drittes österreichisches Bundesland im heurigen Jahr
hier im Landtag eine Föderalismusresolution beschlossen. Wir wollten damit ein Zeichen dafür setzen,
wie ernst wir dieses Anliegen nehmen. Wir wollen damit aber auch aufzeigen, daß die
Weiterentwicklung des Bundesstaates in Österreich einfach zu langsam vor sich geht. Wir haben uns
gefreut, meine Damen und Herren, daß auch die zweite Fraktion dieses Hauses unserer
Föderalismusresolution grundsätzlich zugestimmt hat. Wir bedauern freilich auch, daß man, wie ich
damals erwähnt habe, wie mir auch heute noch scheint, aus parteipolitischen Erwägungen einzelne
Punkte abgelehnt hat, aber wir bedauern viel mehr die Antwort, die der Bundeskanzler dem
Landeshauptmann von Niederösterreich auf diese Resolution des Landtages übermittelt hat. Wir
bedauern diese Antwort deshalb, weil sie ganz offensichtlich nicht von einem föderalistischen, sondern
von einem zentralistischen Geist geprägt ist.
Der Bundeskanzler hat nämlich, ohne auch nur mit einem einzigen Wort auf die einzelnen Punkte
dieser Resolution einzugehen, schlicht und einfach mitgeteilt, daß er solche Verhandlungen über
Länderförderungen nur mit der Verbindungsstelle der Bundesländer bzw. mit den von den Ländern
einvernehmlich nominierten Verhandlungsführern für sinvoll halte.
Meine Damen und Herren! Wir wissen die segensreiche Einrichtung der Verbindungsstelle der
Bundesländer zu schätzen. Auch wir bekennen uns zum Verhandlungsstil, daß sie im Auftrag der
Länder mit dem Bund über das Förderungsprogramm der Bundesländer verhandelt. Wir müssen aber
den Bundeskanzler und die Bundesregierung sehr deutlich darauf aufmerksam machen:
Bundesstaatlichkeit ist nicht das Verhältnis zwischen dem Bund und einer einzigen Vertretung der
Länder, sondern Bundesstaatlichkeit bedeutet, daß dem Bund selbständige Bundesländer
gegenüberstehen. Diese selbständigen Bundesländer haben aber neben den Forderungen, auf die sie
sich gemeinsam geeinigt haben, auch eigene Probleme und Interessen, die sich eben aus der
Eigenart ihres Landes ergeben. Und gäbe es diese Vielfalt der Probleme nicht und auch nicht die
Vielfalt der Interessenslage der einzelnen unterschiedlichen Länder, dann brauchten wir eben keinen
Bundesstaat und könnten uns mit irgend einer institutionellen Vertretung der regionalen Interessen
begnügen. Der unerträgliche Zustand, um nur ein Beispiel aus unserer Föderalismusresolution
herauszugreifen, der unerträgliche Zustand - Sie haben dem auch nicht Ihre Zustimmung gegeben -,
daß dem gewählten Landeshauptmann überhaupt keine Einflußmöglichkeit auf die Sicherheitspolizei
in seinem Lande zusteht, und die sich daraus schmerzlich ergebenden Auswirkungen heute vor einem
Jahr in der Hainburger Au waren (Abg. Lechner: Einmal so und einmal so!) und sind eben derzeit
konkret ein Problem Niederösterreichs und nicht ein Problem von Vorarlberg, Tirol, Kärnten oder Wien
Ich möchte also gerne erleben, was eine Fachgewerkschaft der Unternehmerseite antworten würde,
wenn diese den Anspruch stellte, nur mehr mit der Bundesleitung des Gewerkschaftsbundes
Verhandlungen zu führen. Wir erwarten uns daher von der Bundesregierung mehr Verständnis für die
Forderungen der Länder, auch für jene, die diese aufgrund ihrer besonderen Stellung erheben. Der
Vertrag mit dem Bund gemäß Art. 15 a der Bundesverfassung, betreffend das Übereinkommen über
den Bau des Marchfeldkanales, ist ein positives Beispiel und zeigt sehr deutlich, daß auch die
Bundesregierung sich bisweilen durchaus bewußt ist, eigenständigen Ländern gegenüberzustehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen nicht nur kritisieren, wir sollen auch das Positive
sagen. Davon unterscheide ich mich, möchte ich mich zumindest unterscheiden von meinen
Vorrednern.
Meine Damen und Herren! Wir beschließen morgen oder spätestens übermorgen den Voranschlag
des Landes für das Jahr 1986 und geben damit der Regierung die Ermächtigung, mit den von unseren
Bürgern und unserer Wirtschaft erarbeiteten Mitteln im Interesse des Landes zu arbeiten. Wir werden
diese Ermächtigung der Regierung wie in den vergangenen Jahren wieder einvernehmlich erteilen. Es
herrscht damit in Niederösterreich weiterhin der Geist der Zusammenarbeit, der sachlichen
Auseinandersetzung, die bei allen politischen Unstimmigkeiten doch immer wiederum um ihre Grenze
weiß. Es herrscht der Geist der Sparsamkeit und der Bedachtsamkeit im Umgang mit den von
unseren Landesbürgern erarbeiteten Steuergeldern. Es herrscht aber auch der Geist des
Fortschrittes, der Bereitschaft, dieses Land für die Zukunft vorzubereiten und zu gestalten.
Dieser Grundkonsens, dem wir uns, wie es der Abg. Lechner eben vorhin erwähnt hat, mit der
einvernehmlichen Verabschiedung dieses Voranschlages verpflichten, könnte gerade im
Jubiläumsjahr unserer Zweiten Republik über die Grenzen unseres Landes hinaus als Beispiel einer
ehrlichen Politik für das Land und seine Bewohner dienen. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste zur Generaldebatte ist erschöpft, der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Ich bitte das Hohe Haus, in die Spezialdebatte einzugehen.
(Nach Abstimmung über das Eingehen in die Spezialdebatte): Danke. Angenommen.
Ich beabsichtige, bei der Spezialdebatte die Beratung und Beschlußfassung des Ordentlichen Teiles
über alle Gruppen, des Außerordentlichen Teiles zu den Gruppen 0, 2, 4, 5, 6, 8 und 9, des
Konjunkturausgleichsteiles zu den Gruppen 2, 4, 5 und 6 sowie des Dienstpostenplanes 1986 je unter
einem abzuführen und nach Verabschiedung des Ordentlichen Teiles, des Außerordentlichen Teiles,
des Konjunkturausgleichsteiles sowie des Dienstpostenplanes 1986 über den Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1986 als Ganzes hinsichtlich Erfordernis und Bedeckung und
über den Antrag des Finanzausschusses zum Voranschlag, Punkt I bis Punkt VIII, abstimmen zu
lassen.
Bei der Abstimmung der einzelnen Gruppen des Voranschlages beabsichtige ich, zunächst über
allfällige Abänderungsoder Zusatzanträge zu den drei Teilen des Voranschlages 1986, dann über die
Gruppe selbst und zum Schluß über allfällige zu der jeweiligen Gruppe eingebrachte
Resolutionsanträge abstimmmen zu lassen. Ich ersuche nun den Berichterstatter, Herrn Abg.
Kurzbauer, zur Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, Ordentlicher und
Außerordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Die Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine
Verwaltung, weist ordentliche Ausgaben im Betrage von 3.563,615.000,-- Schilling aus, denen
Einnahmen von S 597,555.000,-- gegenüberstehen. Diese Gruppe enthält Einnahmen und Ausgaben
für Landtag, Landesregierung, Amt der Landesregierung, Bezirkshauptmannschaften, Sonderämter,
sonstige Aufgaben der Allgemeinen Verwaltung, Personalvertretung, Pensionen und
Personalbetreuung. Der prozentuelle Anteil der Gruppe am Ausgabenvolumen des Ordentlichen
Teiles des Voranschlages beträgt 14,54 %. An außerordentlichen Ausgaben sind in der Gruppe 0 S
28,536.000,-- vorgesehen.
Herr Präsident, ich darf bitten, die Debatte einzuleiten.
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Worte gelangt Herr Abg. Haufek.
Abg. HAUFEK (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Es findet diese
Budgetdebatte nun in einem zu Ende gehenden Jahr statt, in dem sehr viel und sehr oft und zu vielen
Anlässen daran erinnert wurde, daß vor 40 Jahren noch im Donner der Kanonen des Zweiten
Weltkrieges unsere Republik gegründet wurde, und erinnert wurde an die Aufbauleistung eines
Landes, in dem die Menschen trotz einer noch nie zuvor dagewesenen Zerstörung ihrer Heimat
jedenfalls mehr als jemals zuvor an die Lebensfähigkeit dieses Österreichs geglaubt haben. Ich bin
mir einfach nicht sicher genug darüber, ob immer wieder bei diesen Veranstaltungen oder auch nur
des öfteren, daran erinnert wurde, daß 1945 der Weg in die Demokratie zu allererst in den Gemeinden
Platz gegriffen hat.
Meine Damen und Herren! Viele der von den Besatzungsmächten eingesetzten Bürgermeister haben
sich als die Männer der ersten Stunde sehr wesentlich um den Wiederaufbau ihrer Gemeinden, damit
natürlich unseres Bundeslandes, dieses neuen Österreichs, bemüht. Und in den Gemeinden ist zu
allererst der Glaube und das Vertrauen auf eine bessere, neue Zeit gekommen.
In diesen 40 Jahren sind die Aufgaben der Gemeinden umfassender geworden. Von der reinen
Verwaltungsgemeinde heraus wurden unsere Gemeinden eingebunden in die kulturellen und sozialen
Aufgaben. Sie sind in vielen, vielen Bereichen Gestaltungsgemeinden. Bei ihnen liegen die großen,
die umfassenden, die direkten Fragen des Umweltschutzes. Sie sind trotz einer rückläufigen Tendenz
noch immer die größten Investoren, die bedeutendsten Partner der Wirtschaft in ihren Regionen, und
es ist der Konjunktureinbruch nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen. Die später einsetzende bessere
wirtschaftliche Entwicklung in den vielen Regionen ist kommunal noch nicht wirksam geworden, und
vor allem der Entfall und der Rückgang der gemeindeeigenen Einnahmen wirkt sich besonders
deswegen so negativ aus, weil sich ja die Aufgaben der Gemeinden im Gegensatz zu den Einnahmen
nicht verringert haben. Die Gemeinden zusammen, das wurde hier wiederholt betont, sie machen erst
in ihrer Summe dieses Land aus, und das Wohlbefinden der Menschen in den Gemeinden: daraus
wird erst das Bekennen zum florierenden, zum funktionierenden, zum demokratischen Gesamtstaat.
Es ist daher ein Gebot der Stunde, eine unabdingbare Notwendigkeit, daß sich die übergeordneten
Gebietskörperschaften Bund und Land ihres Partners Gemeinden im besonderen annehmen müssen.
Dies hat erst heuer im Jänner der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, unser Präsident
Reiter, sehr deutlich gesagt, indem er erklärt hat, vom Bund und den Ländern erwarten wir, daß sie
künftig noch verstärkt ein Ohr für die berechtigten Anliegen der Gemeinden haben und daß dies auch
finanziell den Niederschlag findet.
Es ist heute sicherlich nicht möglich, die Auswirkungen zu erkennen, die der Verfassungsgerichtshof
mit seinem Erkenntnis zum Finanzausgleichsgesetz gesetzt hat. Es gibt Aussagen des
Finanzministers, auch der Herr Landesfinanzreferent hat ja heute ebenfalls darauf hingewiesen, daß
im Licht dieser Erkenntnisse der Bundesgesetzgeber sicherlich Maßnahmen für die klagenden und
rechtbehaltenden Gemeinden setzen muß, es aber darüber hinaus nicht notwendig sein muß, mit
1.10.1986 ein gänzlich neues Verteilungssystem zu beschließen. Es ist auch dieser Finanzausgleich
nicht einmal ein Jahr alt, er ist paktiert zwischen Bund, Länder, Gemeinden. Viele Jahre wurde
darüber verhandelt. Es hat ja auch, ich erinnere daran, beim Abschluß dieses Finanzausgleiches eine
Summe von Vereinbarungen gegeben über eine Reihe von aufgezählten Fragen, über die
unverzüglich die Verhandlungen fortzusetzen sind, auch im Interesse der Länder und der Gemeinden.
Es ist ja bekannt, daß bereits im April die erste dieser Besprechungen stattgefunden hat. Es ist, wenn
wir so sehr daran festhalten, daß das gesamte Finanzausgleichssystem nicht geändert werden soll, ja
auch deswegen so wichtig, weil sich sehr wohl die Frage stellt, ob es aufgrund der zwischenzeitlichen
Ereignisse überhaupt noch zu einem derart gleichwertigen Finanzausgleich kommen könnte, wobei es
auch ganz sicher als unmöglich erachtet werden muß, daß die sieben offenen Problembereiche bis
zum 30.September tatsächlich einer befriedigenden Lösung zugeführt werden können.
Es hat nämlich der Finanzausgleich 1985 vor allem den Gemeinden einiges gebracht. Es hat ja
Finanzminister Vranitzky unmittelbar nach seiner Amtsübernahme die Erklärung abgegeben, daß es
sein unabdingbarer Wille ist, wiederum einen paktierten Finanzausgleich zu erzielen und daß - das ist
sehr wesentlich - im Hinblick darauf, daß die Anteile des Bundes und der Länder an den
gemeinschaftlichen Bundesabgaben zugenommen haben, ein Nachziehen der Gemeinden als
unerläßlich zu erachten ist.
Ich darf in Erinnerung rufen, daß der Finanzausgleich 1985, berechnet nach dem
Bundesrechnungsabschluß 1983, einen Verzicht des Bundes auf 2,2 Milliarden, einen Gewinn der
Länder von 660 Millionen und ein Plus für die Gemeinden von 1,6 Milliarden gebracht hat. Ich erinnere
an die heute vom Landesfinanzreferenten angezogene Verteilung der Mittel des Maßnahmenpaketes.
Ja, damals haben die Länder sehr gerne mit 2,3 Milliarden mitgemischt, während die Gemeinden nur
690 Millionen Schilling erhalten haben, und es ist bedauerlich - das wurde auch vom Gemeindebund,
vom Städtebund zum Ausdruck gebracht -, daß die Länder bei den Verhandlungen sehr hart
geblieben sind, etwa im Verlangen, im gemeinsamen Verlangen darüber, daß endlich die Aufhebung
dieser systemwidrigen Landesumlage stattfindet.
Wir stehen als Abgeordnete dieses Hauses natürlich in der Mitverantwortung für unser
niederösterreichisches Heimatland, aber dazu gehören nun einmal auch lebensfähige Gemeinden,
und nicht von ungefähr kommt es, daß sich Landeshauptmann Ludwig und der Landesfinanzreferent,
dieser auch heute wiederum in seiner Einbegleitungsrede, ihrer Gemeindefreundlichkeit und der
Wichtigkeit der Gemeinden für das Land Niederösterreich gerühmt haben.
Ich habe in der Budgetdebatte des Vorjahres bereits darauf hingewiesen, daß sich der Herr
Landesfinanzreferent, dessen Unterschrift bitte ja das Protokoll der
Finanzausgleichsverhandlungen trägt, zumindest möchte ich sagen, unrichtig über das Ergebnis
informiert hat - in der Pressekonferenz vom 7.November 1984 mag das noch verzeihlich sein -, wenn
er damals gemeint hat: "Damit der gemeindefreundliche Finanzausgleich zustande kommen konnte,
hat das Land wesentliche Forderungen zurückgestellt und auf zwei Prozentpunkte der Landesumlage
verzichtet." Es hat nämlich auch hier der Landesfinanzreferent vergessen zu sagen, daß ihm der
Verzicht nichts gekostet hat, weil er ja den Ländern zur Gänze vergütet wurde. Aber wesentlich
bedenklicher als diese Aussage in einer Pressekonferenz ist mir erschienen, daß der Herr
Landesfinanzreferent Dr.Pröll auch die Abgeordneten dieses Hauses unrichtig informiert hat, nämlich
in der Einbegleitungsrede des Vorjahres, wo er auf Seite 14 schreibt und hier auch erklärt: "In langen
und sehr harten Verhandlungen ist es uns gelungen, einen neuen Finanzausgleich für die nächsten
vier Jahre zustande zu bringen, der unseren Gemeinden mehr Geld zur Bewältigung ihrer Aufgaben
bringt." Und nun kommt's: "Nicht zuletzt wurde dieses positive Ergebnis durch den Verzicht der Länder
auf berechtigte Forderungen erzielt." Anmerkung dazu: "Niederösterreich hat sogar auf den
Vorzugsanteil bei der Mineralölsteuer verzichtet."
Tatsächlich ist da dem Protokoll auf Seite 22 über die Finanzausgleichsverhandlungen und auch dem
Gesetz zu entnehmen, daß der Bund den Ländern Burgenland, Steiermark und Niederösterreich
diesen Entfall ebenfalls zur Gänze vergütet. Wenn ich das schon einmal hier gesagt habe und
wiederhole, dann nur deswegen, weil der Herr Landesfinanzreferent es nicht lassen kann, diese
unrichtigen Behauptungen nach wie vor in die Welt zu setzen, denn er hat auch im März 1985 noch
immer diese Aussage aufrechterhalten, wie das aus der Landeskorrespondenz vom 20.März 1985 Sie können es ja nachlesen - zu entnehmen ist. Und aufreizend - deswegen habe ich mir auch die
Landeskorrespondenz vom 20.März 1985 mitgenommen - ist noch, daß er besonders den
Schwerpunkt der Landesförderung für die Gemeinden im Bereich der Wasserwirtschaft hervorhebt.
Deswegen aufreizend, weil sich hier schon jahrelang hindurch nichts geändert hat in der Bereitstellung
der Mittel "Wasserwirtschaft für die Gemeinden", auch im Voranschlag 1986 sind die Mittel nicht
eingesetzt, um dem Baugeschehen folgen zu können. Es wird das Land weiterhin, wie so viele Jahre
bereits zuvor, den Gemeinden 160 Millionen Schilling an zugesagten bereits verbauten Mitteln
schuldig bleiben. So leicht darf es sich auch der Landesfinanzreferent in der Begründung seines so
hervorragenden Budgets, wie er das jetzt bei uns immer macht, nicht machen. Es ist ja schon so, daß
Reden schreiben und etwas tun bekanntlich zweierlei Dinge sind. Es hat schon unser Klubobmann in
seiner Wortmeldung davon gesprochen, und ich erinnere: Im Vorjahr hat es geheißen 2,8 Milliarden
Schilling Leistung des Landes für die Gemeinden, in Wirklichkeit sind 130 Millionen herausgekommen,
und heuer haben wir gar in der Einbegleitungsrede 2,9 Milliarden Schilling stehen, in Wirklichkeit aber
sind es um fast 100 Millionen weniger, als das Land im Vorjahr tatsächlich für die Gemeinden
bereitgestellt hat. Es ist also wirklich ein sehr betrüblicher Aspekt, der in diesem Budget 1986 seinen
tiefen Niederschlag findet, aber es ist auch aus dieser Aufstellung, aus diesen Erklärungen sichtbar,
warum denn die Mehrheit des Hauses den Landesfinanzreferenten so sehr in seinem Lieblingsspiel,
nämlich dem Umverteilen, unterstützt. Ich darf in Erinnerung rufen, daß im Oktober 1984 die Mehrheit
des Hauses sogar so weit gegangen ist, als der Aufteilungsschlüssel zum Sozialhilfegesetz geändert
wurde, ein Empfehlung, eine Vereinbarung des Kommunalgipfels zu brechen und zum
Verteilungsgesetz nochmals Verteilungsrichtlinien, ohne daß man uns vorher informiert hat, zu setzen.
Angeblich geschieht das immer wieder im Interesse der finanzschwachen Gemeinden.
Meine Damen und Herren! Gerade im Interesse finanzschwacher Gemeinden verstehe ich einfach
nicht, warum Sie nicht bereit sind, mit uns die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen. Es gibt
nämlich die Möglichkeit, wenn ich auf die Strukturhilfe verweise, sämtlichen niederösterreichischen
Gemeinden einen Sockel der Chancengleichheit zu geben, auf dem sie aufbauend weiterarbeiten
könnten. Ich darf in Erinnerung rufen, daß erstmals 1977 allen Gemeinden des Landes, deren
Finanzkraftkopfquote den damaligen Landesdurchschnitt von S 2.509,-- nicht erreicht hat, eine
Strukturhilfe gegeben wurde. 78 Millionen sind 1977 zur Verfügung gestanden, 54 vom Land, 24
Millionen aus Bedarfszuweisungen, also aus Mitteln der Gemeinden selbst.
1985 hat die durchschnittliche Finanzkraftkopfquote S 4.055,-- betragen, und seit Jahren, nämlich seit
1977, stehen diese damals 79, jetzt 80 Millionen Schilling, 55 Millionen Landesmittel, 25 Millionen
Bedarfszuweisung unverändert zur Verfügung, und wir wissen alle, daß es nur möglich ist, den
Gemeinden ca. 1/3 des Differenzbetrages bereitzustellen, sodaß es aufgrund der zu geringen
Budgetierung der Mittel für die Strukturhilfe einfach niemals möglich sein wird, tatsächlich das damals
gesteckte Ziel zu erreichen. Es sind also auch im kommenden Budget, das wir morgen oder
übermorgen beschließen werden, nicht mehr Mittel enthalten. Dabei hätten wir eine Chance, meine
Damen und Herren! Der Bund stellt aufgrund der Finanzausgleichsverhandlungen heuer, das heißt
also noch im Jahre 1985, erstmalig den Ländern für ihre finanzschwachen Gemeinden einen Beitrag
zur Verfügung, der heuer 96 Millionen Schilling beträgt, der im kommenden Jahr über 100 Millionen
ausmachen wird. Das heißt, nur etwas mehr als eine Verdoppelung der 50 Millionen Landesmittel
würde ausreichen, um das 1977 vorgegebene Ziel endlich zu erreichen, und ich frage mich wirklich,
warum das nicht möglich ist, warum denn unsere dazu gestellten Anträge wirklich immer wieder von
Ihnen abgelehnt werden, obwohl man mit dieser Strukturhilfe sehr offen richtliniengemäß und für alle
verständlich allen finanzschwachen Gemeinden unseres Landes helfen könnte. (Beifall bei der SPÖ.)
So dürfen Sie sich nicht wundern darüber, daß sich bei uns der Eindruck verstärkt, daß in Wirklichkeit
bei Ihnen nicht die Interessen der finanzschwachen Gemeinden im Vordergrund stehen, sondern echt
die Aufrechterhaltung der Umverteilung. Dieses Umverteilungsspiel ist aber nicht etwas, was die
Gemeinden draußen brauchen. Das ist einfach nichts anderes als die Aufrechterhaltung eines
Abhängigkeitsverhältnisses, das eben aufgebaut ist, nicht auf einen Anspruch, sondern auf das
huldvolle, gnadenvolle Geben. Das ist es, was wir ablehnen, meine Damen und Herren, weil es
erstens zutiefst dem demokratischen Denken widerspricht, aber auch dem föderalistischen Prinzip,
von dem Sie immer wieder, auch heute der Klubobmann Bernau, hier gesprochen haben (Beifall bei
der SPÖ.)
und weil von diesem föderalistischen Prinzip einfach eines immer ausgeschlossen bleibt, nämlich die
Gemeinden. Hier macht das Land einfach keine Ausnahme, das ist ja festzustellen, und wenn es nicht
so ist, meine Damen und Herren von der Mehrheit, dann bitte, warum wehren Sie sich gegen die
Herausgabe eines Gemeindeförderungsberichtes?
Wir haben an Landeshauptmann Ludwig, an Landesrat Blochberger, an die Landesräte Dr.Brezovszky
und Höger 1984 die Anfrage gerichtet, was denn aus ihren Ressorts den Gemeinden an Förderungen
bereitgestellt wurde. Interessanterweise waren es die sozialistischen Regierungsmitglieder, die in
Achtung vor den Abgeordneten dieses Hauses detaillierte Berichte vorgelegt haben, die sich auch
gefallen lassen mußten, von der Mehrheit sich vorwerfen zu lassen, daß sie Gesetz und
Verfassungsrecht gebrochen hätten. Und als damals einer unserer Redner, der Abg. Koczur, gefragt
hat, ist denn etwas dabei, wenn man öffentlich klar und deutlich zum Ausdruck bringt, was man den
Gemeinden gibt, da hat der Herr Landeshauptmann einen Zwischenruf getätigt. Er hat gemeint, das,
genau das, sei ein Verfassungsbruch. Es liegt ja schon seit geraumer Zeit die Stellungnahme des
Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes vor, angerufen von der NÖ Landesamtsdirektion. Ich
darf aus dem umfangreichen Elaborat nur den Punkt 5, nämlich die Schlußbemerkung zur
Rechtsauffassung des Verfassungsdienstes, vorlesen. Da heißt es hier: "Ausgehend von der oben
dargestellten Rechtsauffassung des Verfassungsdienstes muß im Zusammenhang mit der von dort
vorgelegten Frage somit der Schluß gezogen werden, daß aus Artikel 20 (3)
Bundesverfassungsgesetz keine Einschränkung des Rechtes des Landtages oder einzelner
Abgeordneter abgeleitet werden kann und von der Landesregierung Auskünfte über konkrete
Förderungen, die das Land einzelnen Gemeinden gewährt, zu geben sind."
Ich darf aus diesem Grund auch einen Resolutionsantrag stellen (liest):
"Resolutionsantrag des Abg. Haufek zur Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich
für das Jahr 1986, Ltg. 195. Die Landesregierung und insbesondere auch die einzelnen Mitglieder der
Landesregierung werden neuerlich aufgefordert, aus ihren Bereichen dem Landtag einen jährlichen
Bericht über die an Gemeinden gewährten Förderungen vorzulegen."
Ich darf Ihnen noch einen Vorschlag machen. Ich gehe dabei aus von der Meinung des Herrn
Landeshauptmannes. Er hat in einer seiner Radioreden, nämlich am 22.April 1985, folgendes gesagt:
"Auf Landes- und Gemeindeebene ist es auf Grund der Einbeziehung aller politisch relevanten Kräfte
gewährleistet, daß keine gute, konstruktive Idee, von welcher Seite immer, verlorengeht." Er meinte,
man habe auf Bundesebene oft den Eindruck, daß eine an sich gute politische Idee ganz einfach
deshalb nicht übernommen oder zumindest ernsthaft diskutiert werde, weil sie von jemand anderem
komme, und er stellt richtig fest: "Ich halte das für ein krasses Mißverständnis der Politik und der
politischen Arbeit schlechthin."
Ich hoffe, daß der Herr Landeshauptmann seine Aussage auch auf den Niederösterreichischen
Landtag bezogen hat, denn auch hier gibt es ja für die Gemeinden natürlich eine Reihe von
Förderungsmöglichkeiten. Es wird auch sehr viel in diesem Land gedruckt, Berichte, Broschüren
werden herausgegeben, manches ist vielleicht unnötig, manches aber auch wichtig, durchaus
brauchbar, weil es sich um echte Informationen handelt. Wenn ich gemeint habe, es gibt eine Reihe
von Möglichkeiten der Förderungen für Gemeinden, dann habe ich oft den Eindruck, es gibt schon
derartige Förderungen, zu viele, nicht was das Geld betrifft, das die Gemeinden erhalten könnten,
sondern aus der Sicht der Vielfalt dieser Aktionen, und man könnte auch hier fast meinen, daß die
Vielfalt nur deswegen aufrechterhalten wird, immer wieder Neues dazukommt, damit sich niemand
mehr so recht auskennt, denn wer sich nicht auskennt, kommt gar nicht auf den Gedanken, erst
irgendwo zu suchen, das haben wir bitte auch bei der Wirtschaftsförderung bis zu den letzten
Beschlüssen erlebt. Ich möchte, um nicht mißverstanden zu werden, niemandem in diesem Haus
bewußt diese Überlegung in die Schuhe schieben, aber ich glaube, Bürgernähe, Bürgerservice, das
muß auch heißen Gemeindenähe und Gemeindeservice! Und so schlage ich die Auflegung einer
Gemeindeförderungsfibel vor, etwa in einer auswechselbaren Ringmappenform, wie das zuletzt bei
der Landesverfassung und der Geschäftsordnung des Hohen Hauses geschehen ist. Meine Damen
und Herren! Wenn Sie meinem Antrag beitreten, dann tun Sie eigentlich nur etwas, was Sie selbst im
Leitbild 80 der Niederösterreichischen Volkspartei im Kapitel 3 verlangt haben. Sie haben nämlich
damals erklärt, man sollte die Gemeinden in die Lage versetzen, über alle sie betreffenden
Angelegenheiten, vor allem auf dem Gebiet des Förderungswesens, das von den verschiedenen
Rechtsträgern, wie Bund, Land, Kreditinstitute und dergleichen, getragen wird, zu informieren, damit
für die Ausschöpfung dieser Mittel dem Gemeindebürger das bestmögliche Kommunalservice geboten
werden kann. So lade ich Sie ein, Ihrer eigenen Vorstellung beizutreten und folgendem
Resolutionsantrag die Zustimmung zu geben (liest):
"Resolutionsantrag des Abg. Haufek zur Gruppe 0 des Voranschlages 1986, Ltg. 195. Die
Landesregierung und insbesondere die beiden für Gemeindeangelegenheiten zuständigen Mitglieder
der Landesregierung werden aufgefordert, für die niederösterreichischen Gemeinden ein Handbuch
nach dem Lose-Blatt-System zu erstellen, in welchem die Förderungsmöglichkeiten für Gemeinden
des Landes und des Bundes sowie die entsprechenden Richtlinien für die Gewährung dieser
Förderungen in übersichtlicher Form dargestellt sind". Ich darf nochmals den Herrn Landeshauptmann
Ludwig zitieren. Er hat in seiner Radiorede am 10.März unter anderem folgende Aussage getroffen:
"Aus der berechtigten Sorge um den weiteren politischen Stil, mehr noch um die Weiterentwicklung
unserer Demokratie möchte ich mich heute mit einem Appell an die Öffentlichkeit, an alle
verantwortlichen Kräfte in Stadt, Land und Gemeinden wenden. Dieser Appell, diese Bitte lautet, auf
den einfachsten Nenner gebracht: Nur ein Stil des verständnisvollen Miteinanders, nur ein Stil der
Sachlichkeit und der Toleranz und der behutsamen Reformen, und zwar in der gemeinsamen Sorge
um Österreich, ist imstande, die Probleme der Gegenwart und der Zukunft zu lösen." Warum ich das
hier wiedergebe - Hubert, (zu Abg. Auer gewendet) warum ich das wiedergebe, wenn der Zwischenruf
mir gemeint war -: weil ich glaube, daß es gerade im Bereich der Kommunen, unserer Gemeinden,
wichtig wäre, diese durchaus zu unterstreichenden Aussagen auch hier in Niederösterreich
hochzuhalten, daß man gerade bei den Gemeinden versuchen müßte, deren Probleme aus dem
tagespolitischen Eifer herauszuhalten, nämlich möglichst objektive, sachliche Aussagen zu treffen.
Es ist ja, meine Damen und Herren, nicht zu leugnen, daß in der Regierungserklärung auch die
Abschaffung der Lohnsummensteuer enthalten gewesen ist oder noch enthalten ist, ein Verlangen,
das bitte die Wirtschaft immer gestellt hat, die Industrie gestellt hat, und auch die
Niederösterreichische Handelskammer hat in ihrer Zeitung die Abschaffung der Lohnsummensteuer
verlangt. Ich habe erst kürzlich, nämlich zu einem Zeitpunkt, als es wirklich nicht mehr aktuell
gewesen ist, darüber nur zu reden, auch in der Landeskorrespondenz feststellen müssen, daß im
März 1985 die Frage der Abschaffung der Lohnsummensteuer aktualisiert wurde. Meine Damen und
Herren! Wir sozialistischen Abgeordneten haben gegen diesen Passus der Regierungserklärung
immer unsere Bedenken eingewendet. Wir haben als Partei und als sozialistische Gemeindevertreter
unsere Bedenken, unser Verlangen gegenüber der Bundesregierung deponiert, und es hat in dieser
Frage, genauso wie in vielen anderen Fragen der Gemeinden auch keinen Unterschied in der
Auffassung zwischen dem Städtebund und Gemeindebund gegeben. Es ist mir daher wirklich
unerklärlich, warum nun Anfang März 1985, also einige Tage nach dem Appell des Herrn
Landeshauptmannes zu Sachlichkeit und Objektivität, ohne daß es einen Anlaß dazu gegeben hat,
hohe Funktionäre der ÖVP-Niederösterreich in einer Veranstaltung des Modells Niederösterreich, den
Kampf um diese Lohnsummensteuer für die Gemeinden aktualisiert haben. Es ist nämlich noch eines
interessant. Das Pikante daran ist, daß im LudwigProgramm "Für eine schönere Zukunft", dem Modell
Niederösterreich, auf Seite 85 unter dem Kapitel "Chancen für Regionalpolitik" sehr wohl die
Forderung auf Abschaffung der Lohnsummensteuer enthalten ist.
Noch ein Beispiel. Ich glaube, daß so etwas im Interesse der einvernehmlichen Bemühungen um
unsere Gemeinden nicht sein darf. Da wird im Oktober in den Oberösterreichischen Nachrichten dem
Bautenminister in den Mund gelegt, er hätte erklärt, die Gemeinden seien die größten Preistreiber. Es
hat mit Recht der Österreichische Gemeindebund diese Meldung aufgegriffen, selbstverständlich, es
hat die Niederösterreichische Landeskorrespondenz am 7.November darüber geschrieben, ich habe
gestern die Bürgermeisterzeitung in der neuen Form erhalten, sie hat die Meldung übernommen.
Ich habe letzten Samstag die Möglichkeit gehabt, mit dem neuen Bautenminister selbst darüber zu
reden. Er hat mir auch von einem Brief unseres Präsidenten namens des Gemeindebundes erzählt.
Bitte, Bundesminister Übleis hat es zurückgewiesen - ich bin ermächtigt, das hier im Hohen Haus zu
sagen -, daß eine derartige Beschuldigung gegenüber den Gemeinden Österreichs jemals von ihm
gekommen ist. Er wird auch eine entsprechende Beantwortung des Briefes vornehmen. Aber, meine
Damen und Herren, man kann das Ganze noch in einem anderen Licht sehen, nämlich daß diese
Beschuldigungen, im besonderen an Bundesminister Übleis ausgesprochen, auch in Bezug auf die
Erhöhungen der Kanal- und Wassergebühren etwas eigenartig klingen, wenn wir alle wissen, daß
über 320 niederösterreichischen Gemeinden 1985 die Bedarfszuweisungen gesperrt wurden, weil
keine Gemeinderatsbeschlüsse über kostendeckende Gebühren vorgelegen sind, über Mindestsätze
beim Wasser von 12 Schilling, beim Kanal von 10 Schilling etwa und Anliegerleistungen nach der
Bauordnung von 2.734 Schilling. Sich zu Maßnahmen, die man als richtig findet, als richtig befunden
hat, zu bekennen, ganz klar, dafür stehe ich ein, dafür müssen wir einfach geradestehen. Aber bitte,
nicht im gleichen Augenblick für eine derartige Maßnahme den bösen Buben woanders suchen, einen
anderen beschuldigen, der zu sein, der unbedingt diese Erhöhungen verlangt, denn das ist zumindest,
um aus den Worten des Herrn Landeshauptmannes abzuleiten, etwas unfair. Und genauso unfair ist
die Kritik am Wasserbautenförderungsgesetz Ende November 1985, zu einem Zeitpunkt, wo jedem
von uns schon bekannt gewesen ist, daß innerhalb von zwei Jahren nun schon das zweite Mal dem
Parlament besonders verbesserte Förderungsrichtlinien des Wasserwirtschaftsfonds zur
Beschlußfassung vorliegen. Das ist ja auch im Kommunalgipfel sehr eingehend berichtet worden.
So darf ich abschließend eines feststellen: Der Obmann des ÖVP-Landtagsklubs, Dr.Bernau, hat
schon mehrmals und auch heute von hier aus erklärt, daß, wenn sich die Niederösterreicher am 1.
und 2.März gegen die Aussiedelung der Schreibtische aus Wien aussprechen - in Ihrer Definition heißt
es natürlich gegen die Errichtung einer Landeshauptstadt -, diese Frage vom Tisch sei. Ich glaube,
vielleicht im Gegensatz zu Ihnen, daß als Ergebnis das Nein der niederösterreichischen Bevölkerung
herauskommen wird, trotz der vielen Millionen Schilling, die Sie aufwenden, um überhaupt das
Bedürfnis für eine solche Sache zu wecken, trotz Ihres schon versuchten bedenklichen Einflusses
auch auf Schulen, um auf dem Weg über die Kinder zu den Eltern zu kommen. Ich glaube aber, wenn
als Ergebnis ein Nein zur Landeshauptstadt herauskommt, dann bitte wäre es nur fair, wenn der Herr
Landesfinanzreferent die Mittel, die dafür außerhalb des Landesbudgets bereitgestellt worden wären wir haben ja heute gehört, daß die Kosten natürlich das Landesbudget tragen wird, nur zu einem
späteren Zeitpunkt -, trotzdem bereitstellt, nämlich für eine in unseren Augen bessere andere Vision:
für die Stärkung der Regionen nicht erst nach Errichtung eines Bürogebäudes, sondern bereits jetzt
von hier aus, wenn Sie wollen, von diesem Landtagssitzungssaal, für die Stärkung der Regionen aus
den Gemeinden heraus, um den in diesen Gemeinden lebenden Menschen eine echte, gute, erfüllte
Heimat zu geben, denn erst dann würde Niederösterreich das echte Land Nummer eins der Republik
werden. Dann könnten wir nämlich sehr, sehr viel tun für unser Land, für seine Menschen in starken,
gesunden Gemeinden. Dann würde tatsächlich ein Niederösterreich verwirklicht, das blüht.
"Wohlstand über's ganze Land", das ist unsere Vision, und dabei mitzutun, meine Damen und Herren
von der Mehrheit, lade ich Sie wirklich nach dem 1. und 2.März sehr herzlich ein. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Worte gelangt Herr Präsident Romeder.
Abg. Präsident ROMEDER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ich möchte eingangs einmal positiv und dankbar bemerken, daß heute in diesem Haus von
meinem Vorredner sehr oft das Ludwig-Programm und Ludwig-Reden zitiert wurden. Ich vermerke das
sehr positiv, weil ich annehme, daß damit auch eine Zustimmung verbunden ist, denn etwas anderes
habe ich aus diesen Wortmeldungen nicht herausgelesen. (Abg. Icha und Abg. Krenn: Als Irrtum!)
Bitte, dann darf ich es als Irrtum hinnehmen, daß praktisch diesen zitierten Aussagen des
Landeshauptmannes nicht die Zustimmung gegeben wird, sondern hier eine andere Meinung
vertreten wird.
Bitte, das muß ich dann deutlich zum Ausdruck bringen, ich habe es jetzt nach Ihrem Zwischenruf zur
Kenntnis genommen. Es hat auch seine Konsequenzen, wenn man sich gegen die Toleranz und
gegen die Aussagen, die hier zum Ausdruck gebracht wurden, inhaltlich stellt, aber bitte, das ist
jedermanns eigene Sache. Ich glaube, die Beratung der Fragen der Gemeinden anläßlich der
Budgetdebatte ist sicher immer wieder ein Schwerpunkt. Ein Schwerpunkt nicht nur im Rahmen der
Förderung, sondern auch ein Schwerpunkt notwendiger Aussagen, wie überhaupt, anläßlich der
Budgets etwas innezuhalten und nachzufragen: Sind wir im Land auf dem richtigen Weg? Wie müssen
die Schwerpunkte und Prioritäten auch in Zukunft gesetzt werden und wie sind sie in der
Vergangenheit gesetzt worden?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man heute durch unser Land fährt, dann, glaube ich,
kann man feststellen, daß sich gerade das Zusammenspiel der Landespolitik und der Kommunalpolitik
im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte für unser Heimatland Niederösterreich positiv entwickelt
hat. Es war vor einigen Jahren und vielleicht vor einem Jahrzehnt und darüber hinaus noch einiges
nicht vorstellbar, was wir heute erreicht haben. Ich darf es auch heute wiederum im Jahr der Jubiläen
bewußt betonen, denn als Niederösterreicher und als Kommunalpolitiker wie auch als Landespolitiker
haben wir doch einen entsprechenden Anlaß, darauf stolz zu sein.
Wir haben die Chancengerechtigkeit nicht nur verbal zum Ausdruck gebracht, wir haben sie in diesem
Zusammenspiel über unsere Gemeinden etwas verwirklicht. Eine hundertprozentige Verwirklichung ist
von der Geographie her durch die Umstände nicht möglich, aber wir haben hier dieses Ziel erfolgreich
angepeilt. Nicht nur auf ausgebaute Straßen und Gemeindewege können wir verweisen, sondern
auch auf die schönen, modernen Kindergärten in unseren kleinsten Dörfern, auf die entsprechende
Versorgung auch im vorschulischen Alter. Ich verweise auf die vielen Neubauten, auf den
hervorragenden Unterbau unseres Schulwesens, wo gerade Land und Gemeinden
zusammengeholfen haben, diesen Unterbau entsprechend zu bewerkstelligen, sodaß wir heute in
manchen unserer Dörfer und Märkte draußen auch von den Räumlichkeiten her modernere Gebäude
haben als manchmal sogar in Ballungszentren. Ich bin stolz darauf, denn auch das ist
Chancengerechtigkeit.
Ich verweise darauf, was vor Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre, daß wir auch in unseren
kleinen und mittleren Gemeinden eine Palette von Freizeiteinrichtungen haben, vom Fußballplatz über
den Tennisplatz, über den Eisstock- und Stockschießplatz und dergleichen mehr bis zu
entsprechenden Hallen. Auch das soll heute noch einmal in dem Jahr der Jubiläen besonders
unterstrichen werden, weil es eine hervorragende Aufbauleistung der niederösterreichischen
Gemeinden und auch des Landes Niederösterreich ist. Wir müssen ja heute auch feststellen: Diese
Aufbauleistungen wären nicht möglich gewesen, wenn nicht die Gemeinden vom Land
Niederösterreich im Rahmen der verschiedenen Aktionen immer wieder entsprechend unterstützt
worden wären, und ich glaube, daß wir gerade als niederösterreichische Gemeinden und als Land
Niederösterreich darauf rückblickend und auch gegenwartsbezogen entsprechend stolz sein können.
Ich streite nicht ab, daß diese Aufbauarbeit, wo Generationsbauten geleistet wurden, wo das Land
immense Mittel in unsere Gemeinden, in die Infrastruktur hineinfließen ließ, meine sehr geehrten
Damen und Herren, sicher zu einer entsprechenden Arbeitsplatzsicherung über die Aufträge in den
Gemeinden und durch die Gemeinden geführt hat. Ich glaube, das ist auch ein wesentlicher Faktor,
der mitgeholfen hat, in mancher strukturschwachen Region durch Bauaufträge entsprechende
Arbeitsplätze zu erhalten. Sicher, das ist auch eine Wahrheit, und die sei nicht verschwiegen, es sind
in dieser Zeit auch die Schulden der Gemeinden entsprechend angewachsen - heute wurde bereits
die Zahl von 16,7 Milliarden erwähnt - und damit sind die Gemeinden heute weniger in der Lage, der
Aufgabenstellung der Arbeitsplatzsicherung zu entsprechen. Ich darf hier nur zum Vergleich auf einige
Ausgaben der Gebietskörperschaften und speziell der Gemeinden im Lauf der letzten Jahre
hinweisen. So haben die Gemeinden in den Jahren 1976 bis 1981, gemessen an den
Gesamtgebietskörperschaften, noch rund 45,7 % ausgegeben, in den Jahren 1978 bis 1983 waren es
nur mehr 39 % und von 1981 bis 1983 ist diese Quote auf 11,7 % abgesunken. Es wird den
Gemeinden bei den gewaltig gestiegenen Baupreisen heute auch schwerer gemacht. Ich suche nicht
einen Schuldigen, ich stelle nur das Faktum als solches fest. Sicher haben hier auch sehr viele
bundespolitische Maßnahmen mitgewirkt, die ich nicht der Reihe nach aufzählen will, weil sie ja uns
allen bekannt sind, sodaß heute manche Facharbeiterstunde nicht nur von Privaten, sondern auch
von der öffentlichen Gebietskörperschaft schwer finanzierbar ist. Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Wir müssen uns daher überlegen, wenn wir in der Vergangenheit erfolgreich waren, wenn wir
auch heute noch erfolgreich sind, das, glaube ich, darf ich noch einmal betonen, wie wir auch in
Zukunft im Interesse der Menschen in diesem Land und damit im Interesse unserer Gemeinden
erfolgreich sein können. Und hier ist sicher so wie in der Vergangenheit auch in Zukunft die
Entwicklung des Finanzausgleiches eine entscheidende Frage. Ich möchte nicht das heute bereits
zum Teil Gesagte wiederholen. Ich möchte nur in dem Zusammenhang auf das
Verfassungsgerichtshoferkenntnis verweisen. Wir erwarten ja noch ein weiteres Erkenntnis, nämlich in
Bezug auf die Beschwerde der Stadtgemeinde Wolfurt in Vorarlberg, und dieses wird sicher für
Niederösterreich und somit in der Oberverteilung und in der Unterverteilung auf die Gemeinden
Niederösterreichs schlechthin, über die vom Siebenerschlüssel betroffenen Gemeinden weit
hinausgehend, von entscheidender Bedeutung sein. Ich hoffe, daß hier doch auch unsere
Überlegungen, die wir im Lauf der letzten Jahre als niederösterreichische Gemeinden mit unseren
speziellen Problemen in den Finanzausgleich mit eingebracht haben, in Zukunft auch im rechtlichen
Bereich erfolgreich sein können. Eine wichtige Frage für die Zukunft ist sicher der weitere Abbau des
Spannungsverhältnisses beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel. Beim letzten Finanzausgleich
wurden ja bereits erste Erfolge erzielt. Wir sind sehr froh, daß hier auch der Städtebund in vielen
Gesprächen mit dem Gemeindebund mitgegangen ist, und es daher leichter war, auch die Interessen
der kleineren und mittleren Gemeinden in Bezug auf den abgestuften Bevölkerungsschlüssel zu
vertreten. Ich glaube aber, wir dürfen bei dem Erreichten nicht stehen bleiben. Hier haben wir eine
weitere Aufgabe, nämlich das Spannungsverhältnis weiters zu verringern, denn es versteht heute
niemand, daß in einer kleinen Landgemeinde draußen der einzelne Bewohner weniger wert ist, wenn
ich so unter Anführungszeichen sagen darf, als in den Ballungszentren der Großgemeinde. Auch in
der kleinen Gemeinde sind heute Kanal, Wasser, die gesamte Infrastruktur aufzubringen. Wenn ich
nur vom Kanal- Wasserleitungsbau spreche, dann haben wir oft pro Laufmeter viel weniger
Anschlußwerber, die Kosten sind aber auch gegeben, nur die Einnahmen können in keiner Weise mit
einer größeren Stadt verglichen werden, wo es Hochhäuser und dergleichen gibt und daher pro
Lauflänge für Kanal oder Wasserleitung ganz andere Gebühren ermöglicht werden. Daher muß auch
dieses Problem eine zentrale Frage aller kommenden Finanzausgleichsverhandlungen sein, denn
darüber sind wir uns auch im klaren: Wenn nicht durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes
zur Gänze eine Änderung des Finanzausgleiches erfolgt, dann werden aus der Sicht der kleineren
und mittleren Gemeinden Verbesserungen sicher nur in Etappen zu erreichen sein.
Für Niederösterreich und somit für die niederösterreichischen Gemeinden wird die Frage des
Zweitwohnsitzes, des zweiten ordentlichen Wohnsitzes, weiterhin nicht nur verfassungsrechtlich mit
allen Konsequenzen der Mandatsverteilung und dergleichen mehr, sondern ganz speziell im
Zusammenhang mit dem Finanzausgleich von wesentlicher Bedeutung sein und bleiben, ja geradezu
noch bedeutungsvoller werden. Wenn wir bedenken, daß wir heute in Niederösterreich Gemeinden
haben, wo bereits mehr Zweitwohnsitzer sind als die ursprünglich dort geborenen Einwohner, dann
sieht man auch die Problematik, die sich ergibt.
Die Frage des zweiten ordentlichen Wohnsitzes, der heute mehrfach gegeben sein kann, steht
rechtlich - es ist erfreulich, wenn man das feststellen kann - außer Streit. Aber man muß auch endlich
die Konsequenzen daraus im Rahmen des Finanzausgleiches ziehen und unsere Forderungen
bezüglich der zweiten Volkszahl berücksichtigen, um eben auch in der Zweitgemeinde, wenn ich so
formulieren darf, die Möglichkeit zu schaffen, von diesem ordentlichen Wohnsitzer entsprechende
Abgaben, Bundesabgaben zu erhalten. Ich hoffe, daß man dieser Frage bei den nächsten
Finanzausgleichsverhandlungen nähertritt. Ich weiß, diese Problematik stellt sich speziell in
Niederösterreich grenzüberschreitend mit dem Bundesland Wien, stellt sich sicher in der Dimension
mit den anderen Bundesländern, aber hier, glaube ich, in der Unterverteilung zwischen den einzelnen
Gemeinden müßten auch die anderen Bundesländer Interesse haben, diese Frage im Sinne der
Gerechtigkeit zu lösen. Wir müssen schon im Zusammenhang mit der Oberverteilung ein Interesse
haben, weil wir als Bundesland Niederösterreich diese Gelder brauchen, um auch für die Gemeinden,
unabhängig von der Unterverteilung, auch eine entsprechende Strukturpolitik machen zu können.
Auch das ist eine Aufgabe des Landes, und diese haben wir im Zusammenwirken mit den Gemeinden
in den letzten Jahren wahrgenommen, sonst hätten wir das von mir eingangs erwähnte Ziel, nämlich
die Lebensqualität auch in den kleineren und peripheren Gemeinden, durch die Schaffung
entsprechender Einrichtungen nicht erreichen können. Daher soll diese Strukturpolitik dem Land
Niederösterreich weiterhin ermöglicht werden, und wenn wir zu einer weiteren Reduzierung der
Landesumlage ja sagen, dann, ich wiederhole bewußt, auch im Interesse der kleineren Gemeinden im
Abtausch für das Land, für die Länder, damit diese Strukturpolitik im Interesse der Gemeinden
weitergeführt werden kann. Hier ist ja Niederösterreich vorbildlich. Wir haben ein eigenes Gesetz
geschaffen, wo diese Landesumlage den Gemeinden zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden
muß, und ich darf sagen, im Rahmen des Gemeindebundes hat Niederösterreich hier sicher in einer
Vorbildfunktion.
Eine weitere wichtige Frage ist in Zukunft eine realistischere Finanzkraftermittlung, eine Frage, wo die
Meinungen stark auseinandergehen, bei den Vertretern im Österreichischen Gemeindebund wie auch
bei den übrigen Kommunalpolitikern. Hier einen Weg zu suchen, wo für die notwendige Unterstützung
und Förderung die echte Finanzkraft zugrunde liegt, ist, glaube ich, von entscheidender Bedeutung.
Wenn heute zum Ausdruck gebracht wurde, wir sollen als Gemeinden keine Bittsteller sein, dann
schließe ich mich dieser Forderung an, ich habe sie von diesem Rednerpult bereits einige Male zum
Ausdruck gebracht. Wir wollen im Rahmen des Konzerts der drei Gebietskörperschaften für uns
selbstverständlich die gleichen Rechte beanspruchen, um unsere Kompetenzen erfüllen zu können,
und dazu braucht man die nötigen Geldmittel. In der gebundenen Finanzwirtschaft stehen wir sicher
immer wieder den anderen stärkeren Gebietskörperschaften als schwächerer Partner vis a vis. Hier,
glaube ich, wäre endlich die Änderung des Finanzverfassungsgesetzes, wonach auch die Gemeinden
bei den Finanzausgleichsverhandlungen eine rechtlich normierte Vertretung haben, notwendig. Auch
im Hinblick auf alle Verhandlungen dem Bund gegenüber soll, meine sehr geehrten Damen und
Herren, unserer Forderung endlich entsprochen werden. Wir haben uns verfassungsrechtlich mit
dieser Frage auseinandergesetzt, aber es ist endlich an der Zeit, die Vertretung der Gemeinden
politisch zu lösen, und wenn man es will, dann kann man es, wenn man es nicht will, dann kann man
immerhin entsprechende rechtliche Ausreden finden. Wenn wir aber in Zukunft als Partner neben den
Ländern, neben dem Bund bestehen wollen, dann wird diese Frage weiterhin auf der Tagesordnung
stehen müssen, und sie wird eines Tages, ich hoffe sehr bald, endlich verwirklicht werden!
Wir stehen am Ende des Jahres 1985 und beraten das Budget 1986, auch das sei heute erwähnt,
damit keine einseitige Darstellung des Erreichten und des noch zu Erreichenden und heute hier zu
Kritisierenden im Raum stehen bleibt. Wir haben als Gemeinden im Jahre 1985 und für die Zukunft
einiges erreicht, wenn ich ganz bewußt nur auf das Sozialhilfegesetz verweise: daß hier der Schlüssel
geändert wurde,
daß es gleichzeitig dem Kommunalgipfel gelungen ist, was dann im Budget seinen Niederschlag fand
und auch jetzt immer mehr verwirklicht wird, daß die Kosten der neuen Aufgabenstellung der
Sozialhilfe im Rahmen von Umgruppierungen doch nicht über Gebühr ausgeweitet werden, sodaß die
Gemeinden auch in Zukunft in der Lage sind, diese Gelder aufzubringen. Gerade die Änderung des
Finanzschlüssels im Rahmen der Sozialhilfe, wo die finanzschwachen Gemeinden bewußt bevorzugt
behandelt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sicher eine gewaltige Entlastung der
niederösterreichischen Gemeinden, vor allem der finanzschwächeren Gemeinden, mit sich gebracht.
Da das in die Zukunft hineinwirkt, sei es auch heute entsprechend betont. Die Gemeinden werden
gewiß weitere Wünsche und Forderungen haben, auf die ich heute nicht eingehen werde, weil sich die
Gemeindevertreterverbände im Zusammenhang mit diesen Fragen mit den zuständigen
Regierungsmitgliedern auch in Zukunft auseinandersetzen werden müssen. Aber ein erster Schritt ist
hier getan. Wenn man Vergleiche zu anderen Bundesländern durchführt, wo ich eingestehe, daß die
Sozialhilfegesetze der einzelnen Bundesländer verschiedene Inhalte haben, kann sich unser
Verteilungsschlüssel auch aus der Sicht der Gemeinden und das, was wir als Kommunalpolitiker und
Landespolitiker in der Wertung einer mehr inneren Gerechtigkeit im Laufe der letzten Zeit erreicht
haben, auch vor der Öffentlichkeit Niederösterreichs sehen lassen.
Ich brauche nur auf die Beschlußfassung zum Krankenanstaltengesetz verweisen. Auch hier konnte
doch einiges zugunsten der Gemeinden ins Lot gebracht werden, und ich hoffe, daß in diesem
Zusammenhang auch der Bund in nächster Zeit nachzieht. Hier erwarten wir uns noch einige
Entscheidungen im Interesse der Gemeinden, vor allem der niederösterreichischen Gemeinden, für
die wir ja in diesem Hohen Hause die Verantwortung tragen.
Ein Problem der Gegenwart und leider in die Zukunft hineinreichend - heute auch angeschnitten -, ist
sicher die Frage, die Umweltprobleme entsprechend zu bewerkstelligen. Ich unterstreiche das, was
einer meiner Vorredner gesagt hat: Man darf hier bewußt die Gemeinden nicht allein im Regen stehen
lassen. Ich freue mich ganz besonders, daß gerade im Land Niederösterreich beide politischen
Fraktionen in der Landespolitik, und auch hier wieder im Zusammenspiel mit den Kommunen, echt
zusammenstehen und an einem Strang ziehen, denn sonst wäre sicher manche dieser
Lösungsmöglichkeiten, wenn man bewußt verschiedene Standpunkte hineininterpretiert, nicht
möglich. Wenn bis heute in der Frage der Abwasserbeseitigung zwei Kommunalgipfel in
Niederösterreich durchgeführt wurden - und wir haben das Endziel, nämlich eine neue Regelung der
Finanzierung, noch nicht endgültig erreicht -, dann wäre es für mich auch als Kommunalpolitiker und
Kommunalvertreter angenehmer, schon heuer sagen zu können, das Ziel, das wir gemeinsam
anstreben, können wir der Öffentlichkeit präsentieren, aber ich stehe nicht an zu sagen, wir sind bei
jeder dieser Beratungen dem Ziel näher gekommen, wir haben einen Schritt weitergetan, nachdem
auch das Wasserbautenförderungsgesetz neu novelliert wurde. Und da wollen wir gar nicht
"Schwarzer Peter" spielen, wer hat Verdienste, wer hat hier mitgewirkt, ich glaube vielmehr, hier
waren wir vom Land Niederösterreich mit unseren Vertretern, es waren die politischen Parteien im
Parlament, es waren alle, die hier einwirken können, bis ins Ministerium, mitbeteiligt!
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen auch in Niederösterreich vor der
schwierigen Aufgabe, die Fragen endgültig einer besseren Lösung zuzuführen, hier noch ein neues
Kanalgesetz zu beraten, und wenn die Problematik so einfach wäre, dann wäre sicher auch der
Beschluß im Zusammenhang mit den Sonderbenützungsgebühren bereits im Landtag gefaßt. In
beiden Klubs wird diese Frage schon beraten, und wir haben uns ja über die
Gemeindevertreterverbände geeinigt, daß in nächster Zeit interne Gespräche geführt werden sollen,
um dann auch klubintern die weiteren Vorgangsweisen entsprechend regeln zu können. Ich glaube
daher, daß bei der Beratung im nächsten Kommunalgipfel ein Zusammenklang von Bundesförderung,
Landesförderung, legistischen Maßnahmen erreicht werden kann und es damit möglich ist, in einer
wichtigen Frage für die Gemeinden, für die Zukunft unseres Landes, für die Arbeitsplatzsicherung hier spielt ja alles zusammen - doch einen wesentlichen Schritt vorwärts zu kommen. Ich bin immer
Optimist gewesen, ich bin's auch in dieser Frage, denn ohne den notwendigen Optimismus hätten wir
Niederösterreich nicht aufbauen können, hätten unsere Bürgermeister und Gemeindevertreter nicht
das in unseren Gemeinden erreicht, auf das wir heute besonders stolz sind.
Später werden in anderen Kapiteln sicher die Fragen der Müllentsorgung noch extra zu beraten sein.
Bei uns, glaube ich, ist es eine wichtige Frage, daß auch die Müllentsorgung ganz wesentlich in die
Kommunen mit hineinspielt, und ich darf hier noch einmal ein Problem speziell herausnehmen: die
Entsorgung der Autowracks, die wir in Zukunft noch befriedigender, wenn sie auch in einigen
Regionen funktioniert, vielleicht doch auch durch legistische Maßnahmen noch besser in den Griff
bekommen müssen. Ich darf vielleicht auch aus meiner Sicht und damit aus der Sicht der Gemeinden,
die, glaube ich, auch mitrepräsentieren, zur Frage der Landeshauptstadt etwas sagen. Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Über eines müssen wir uns auch im klaren sein: Wenn wir in Zukunft in
unsere peripheren Gebiete an der Staatsgrenze, im Alpenvorland, in unsere finanzschwachen
Regionen mehr Geld hineinbringen wollen, wenn wir Arbeitsplätze absichern wollen, dann muß vorher
natürlich, das wiederhole ich heute bewußt, das Land Niederösterreich zu mehr Geld kommen. Ich
kann langfristig, weit in die Zukunft hinein zu mehr Geld kommen, wenn die Abwanderung verflacht
wird - verflacht wird, zu stoppen wird sie wahrscheinlich nicht sein -, allein durch die Menschen, die
sonst an ein anderes Bundesland verlorengehen, wenn sie in Niederösterreich bleiben und wenn in
der Oberverteilung in Zukunft mehr Geld nach Niederösterreich kommt, niederösterreichisches Geld,
das darf ich betonen, damit es nicht in einem anderen Bundesland wirksam ist, denn auch das Land
Niederösterreich gibt als niederösterreichischer Arbeitgeber, man darf es ruhig so bezeichnen,
niederösterreichisches Geld in einem anderen Bundesland aus, wo ein Landtag dieses Bundeslandes
und eine Landesregierung in diesem Bundesland über diese Gelder entscheiden. Es ist ein
moralisches Recht zu sagen, dieses Geld soll zur Entwicklung unserer engeren Heimat, für die wir
verantwortlich sind, entsprechend beitragen. (Beifall bei der ÖVP.) Nur dann, meine Damen und
Herren, wenn wir das erreichen, ist mehr Geld da, um das zu verwirklichen, nämlich noch mehr für
periphere Gebiete, für finanzschwache Gebiete zur Verfügung zu haben.
Und als Schlußbemerkung. Ich habe aus der Beratung vom 7.November über Volksbefragung,
Volksbegehren herausgelesen - vielleicht habe ich mich, als ich dem Generalredner zugehört
habe,getäuscht -, daß man, wenn man so einen Antrag einbringt und diesen dann auch in diesem
Hohen Haus vertritt, daß man der Grundidee als solcher positiv gegenübersteht und nur einen
anderen Weg zum Ziel vorgeschlagen hat. Über Wege kann man im Leben immer streiten. (Präsident
Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Nach manchen Äußerungen, die ich heute gehört habe, darf ich sagen, daß es hier ein bißchen
anders ist. Es ist nicht mehr der Eindruck da, der mit dieser Gesetzeseinbringung, wie das auch hier
zum Ausdruck gebracht wurde, entstand, daß man nämlich die Grundidee, die man am 7.November
anscheinend noch positiv betrachtet hat, noch heute so bewertet. Ich hoffe aber, meine sehr geehrten
Damen und Herren, daß man nach dem 1. und 2.März auch im Interesse der Gemeinden von der
SPÖ-Seite zu dieser Grundidee wiederum zurückkehrt. (Abg. Icha: Die Grundidee war, daß man in
den Gemeinden die Menschen berücksichtigt!) Es darf einer auch in Korneuburg zu Hause sein, der
Interesse hat, daß das Land Niederösterreich stärker wird, und alle Gemeinden, im Waldviertel noch
mehr, weil wir besondere Probleme haben, haben Interesse, daß das Land Niederösterreich eine
stärkere Finanzkraft aufweist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein gutes Land ist nur dann
gegeben, wenn es seine Gemeinden hochhält - das gilt für Bund und Land - und entsprechend
unterstützt. Nur dann sind wir in der Lage, die von uns immer wieder angesprochene Lebensqualität
zu erreichen, auch in Zeiten, wo man sehr oft konservatives Denken negativ beurteilt hat. Heute ist
man sich wieder im klaren, daß es Werte gibt, die über die Zeit hinausreichen. Ich darf sagen,
Heimatgefühl ist auch ein konservativer Wert im besten Sinne des Wortes, und die Gemeinden, liebe
Freunde, meine sehr geehrten Damen und Herren, geben eben Heimat. Heimat, meine sehr
Geehrten, heißt, sich geborgen fühlen, zu Hause sein, und wir wollen auch in Zukunft eine gute
Heimat. Wir wollen daher, daß das Land wie auch der Bund sich um unsere Gemeinden sorgt. Wir
werden jedenfalls Entsprechendes dazu beitragen. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Präsident Pospischil.
Abg. Präsident POSPISCHIL (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Es
war früher so, daß ich mich oft in der Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, zu
Wort gemeldet habe. Verwaltungsvereinfachung, Dezentralisierung, EDV-Angelegenheiten, das waren
immer Dinge, die wir von verschiedenen Seiten her beleuchtet haben und daraus unsere Schlüsse
zogen. Ein moderner Staat bedarf einer fortschrittlichen und leistungsfähigen Verwaltung. Diese
Überlegungen waren es, die es notwendig machten, seitens des Landes geeignete Schritte zu
unternehmen und dementsprechende Maßnahmen zu setzen. Und so entstand, wir erinnern uns noch
sehr genau, im Jahre 1979 eine ständige Projektgruppe, die sich mit einer Verwaltungsreform zu
beschäftigen hat. Ihre Ziele sind die Dezentralisierung der Landesverwaltung, der soziale Ausgleich in
den einzelnen Regionen und die wirtschaftliche Stärkung der Landesviertel. Die Stärkung der
einzelnen Regionen sollte also das große Ziel sein und daher ein Markstein im Ausbau einer
modernen Verwaltungsorganisation. Ich habe es schon gesagt, daß wir uns bei den Budgetdebatten
bei der Gruppe 0, Allgemeine Verwaltung, darüber unterhalten haben, dieses spezifische Problem
eben diskutierten und dabei immer wieder auf die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung
und die damit verbundene Verwaltungsvereinfachung und Dezentralisierung Bezug genommen
haben. Verwaltungsreform und Verwaltungsvereinfachung, Modernisierung und Dezentralisierung der
Verwaltung sind ein ständiger Prozeß und demnach auch nichts Neues. Die Bemühungen in dieser
Richtung, meine Damen und Herren, sind unverkennbar und es sind kleine und kleinste Schritte, wie
sie immer wieder in den vorliegenden Berichten der Projektgruppe bezeichnet werden, der ich
persönlich angehöre und mitarbeiten kann. Mein Kollege Stangl sitzt auch in der Projektgruppe, sie ist
mehr eine Dachorganisation verschiedener anderer Projektgruppen und Ausschüsse, auf die ich
sicher noch zu sprechen kommen werde. Warum jedoch bis heute der große Durchbruch nicht
gelungen ist und die großen Zielvorstellungen, wie eben Stärkung der Landesviertel auch im
Zusammenhang mit einer Dezentralisierung, nicht erreicht wurden, muß einmal im Landtag diskutiert
werden, und da paßt eben die Debatte zur Budgetgruppe 0 besonders. Ich habe also von Mitarbeitern
in dieser Projektgruppe gesprochen. Das Mitarbeiten in dieser Projektgruppe ist allerdings so zu
verstehen, daß ihre Mitglieder einmal im Jahr, meist ist es um die Zeit der Budgetdebatte,
zusammenkommen. Ich habe mich davon schon einige Male entschuldigen müssen, denn wenn man
gerade in der Gruppe vorgesehen ist, das Wort zu ergreifen, dann kann man nicht auch drüben sein.
Also wir werden um diese Zeit zusammengerufen, um den Bericht des Leiters, des Vorsitzenden
dieser Projektgruppe zu hören und zu diskutieren.
Die Projektgruppe setzt sich zusammen aus Vertretern der politischen Parteien, aus der
Beamtenschaft und auch aus einem Vertreter der Zentralpersonalvertretung. Ihre Aufgaben sind
neben der Generallinie, die ich bereits skizziert habe, insbesondere die Aufarbeitung bereits
vorhandener Arbeitsergebnisse von Reformgruppen - da haben wir also schon wieder die Teilung -,
Überlegung über die Bildung, Zusammenlegung, Trennung oder Änderung von Abteilungen,
Untersuchung der Zweckmäßigkeit einer Zusammenlegung von Abteilungen zu Gruppen, Erwägungen
über eine Verlegung von Dienststellen oder Agenden nach Niederösterreich, Beurteilung, welche
Agenden, auch die der Außenstellen, in die elektronische Datenverarbeitung einbezogen werden
können, Kosten-Nutzen-Rechnung - das ist jetzt auch ein Schlagwort geworden, ich werde heute auch
dazu noch etwas sagen -, Aufzeigen von Möglichkeiten zur Vereinfachung des Verwaltungsablaufes.
Meine Damen und Herren! Zur Erfüllung dieser Aufgaben wurde im Rahmen der Projektgruppe eine
Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Herrn Landesamtsdirektors eingesetzt. Dieser Arbeitsgruppe gehören,
wie ich schon gesagt habe, die Beamtenschaft, Vertreter der Personalvertretung an, wobei eben der
Herr Landesamtsdirektor ermächtigt ist, auch amtsfremde Kräfte beizuziehen. Er ist weiters
ermächtigt, für Spezialfragen Arbeitsausschüsse einzusetzen. Ich sage das deswegen so ausführlich,
um verständlich zu machen, daß diese Arbeitsgruppe von Beamten unter dem Vorsitz des Herrn
Landesamtsdirektors dem Auftrag entsprechend eine ständige Durchleuchtung und Durchforstung
aller Bereiche der Landesverwaltung durchführt. Den Mitgliedern der Projektgruppe, wenn ich von den
Politikern rede, sowohl von der ÖVP wie von der SPÖ, wird, wie ich schon sagte, nur einmal die
Gelegenheit gegeben, die Berichte über das Arbeitsergebnis zu hören. Hier setzt meine erste Kritik
ein.
Dieser Mangel, geschätzte Damen und Herren, wird ja immer beklagt, weil sich aus der einmal im Jahr
stattfindenden Sitzung rein arbeitsmäßig für die in der Projektgruppe tätigen Politiker so gut wie nichts
ergeben kann.
Es drängt sich natürlich der Verdacht auf, daß man es nicht gerne hat, wenn da viel mitgeredet wird,
und man lieber unter sich bleibt. Ich möchte nicht nur bei der Budgetdebatte die Gelegenheit
wahrnehmen es zu sagen, sondern darauf hinweisen, daß wir das schon oft beanstandet haben, zum
Beispiel am 23.Oktober 1979, eben bei so einer Sitzung der Projektgruppe. Da heißt es: "Bei der
anschließend durch den Herrn Landeshauptmann eröffneten Diskussion äußert
Landtagsabgeordneter Stangl, Obmannstellvertreter des Finanzkontrollausschusses, daß die
Projektgruppe nicht lediglich als Berichtempfänger gesehen werden soll, sondern daß ein
beiderseitiges Zusammenspiel zwischen Projektgruppe und den Ausschüssen bestehen muß. Es gibt
einige Dinge, die man vom Großen her sehen muß: ein wesentlich größerer Einsatz der EDV in den
verschiedenen Sparten der Verwaltung. Ein neues Feld der Betrachtung muß geöffnet werden, so
muß auch die Frage der Dezentralisierung, aber auch der Zentralisierung überlegt werden.
Arbeitsausschüsse bestehen, aber dieses Gremium muß grundsätzlich an die Arbeitsgruppen
herantreten." Und so weiter, und so weiter. Das würde zu lange dauern, wenn ich jetzt das alles
vorlesen würde. Damit ist also bewiesen, daß wir diesen Umstand beklagen und immer wieder zur
Diskussion stellen. Nachdem die Sache unberücksichtigt blieb, wiederhole ich nochmals, daß der
Verdacht, unter sich bleiben zu wollen, naheliegt. Eine andere Erklärung hiefür fällt mir nicht ein, gibt
es nicht.
Das soll aber nicht heißen, daß nichts geschehen ist. Einige Beispiele werden bestätigen, daß es
Verbesserungen gibt. Sie beginnen schon in der Gesetzgebung. So ist das Initiativrecht der
wahlberechtigten Landesbürger in Gesetzgebung und Verwaltung und das Einspruchsrecht nach der
neuen Landesverwaltung zu nennen. Ich denke an die notwendige und bereits mit Erfolg
abgeschlossene Rechtsbereinigung. Sie war notwendig geworden, weil die gesamte Rechtsordnung,
nicht nur die der Länder, durch wiederholte Überleitungen in andere Verfassungsordnungen sowie
zahlreiche Änderungen von Gesetzen sehr unübersichtlich geworden ist. Die Lose-Blatt-Sammlung
bewährt sich. Ich denke an die neue Kanzleiordnung und sehe sie als Reform einer inneren
Verwaltung. Einzelne Arbeitsausschüsse konnten die Arbeit bereits erfolgreich abschließen. Das gilt
zum Beispiel für die Dienstpostenbeschreibung, für die Stellenausschreibung, Materialverzeichnis,
Formularwesen usw., und die elektronische Datenverarbeitung, also die EDV, ich will mich jetzt
keinesfalls mit Einzelheiten beschäftigen, sollte dabei nicht unerwähnt bleiben. Ich werde aber später
noch darauf zurückkommen. Also im wahrsten Sinne des Wortes, so wie es in den Berichten auch
immer zum Ausdruck kommt, kleine und kleinste Schritte einer Reform, die in der Verwaltung natürlich
notwendig sind. Ich wiederhole, die Projektgruppe besteht nicht erst seit 1979, sie reicht zurück bis
1968. Es wurden über Firmen Untersuchungen zur Verwaltungsvereinfachung angestellt. Eine Art
innere Revision ist also über die Bühne gegangen. Die Verwaltung wurde nach verschiedensten
Gesichtspunkten durchleuchtet und auch Vorschläge wurden erst erstattet.
Auf ihnen sollte also die neue Projektgruppe mit schon viel größeren Zielvorstellungen aufbauen - da
rede ich wieder von der Projektgruppe aus dem Jahre 1979 -, schon allein aus dem einfachen Grund,
weil das Aufgabengebiet Verwaltung noch immer größer wird und die Aufgaben, die ihr gestellt
werden, auch ständig zunehmen. In diesem Spannungsfeld muß die Verwaltung agieren, davon muß
auch jede Verwaltungsreform ausgehen. Der neuen Projektgruppe, die mittlerweile bereits sechs
Jahre alt ist, stellen sich große Aufgaben. Der Ruf nach einer bürgernahen Verwaltung wird immer
größer, der Prozeß der Dezentralisierung und der Stärkung der einzelnen Landesviertel war, so sollte
man glauben, damit eingeleitet. Eine sinnvolle und vielversprechende Überlegung, die voll und ganz
von den Parteien bejaht wurde, von der man sich etwas erwarten konnte. In den Tätigkeitsberichten
der letzten Jahre wird auch darauf immer Bezug genommen, zusammengefaßt ungefähr so - nur ein
Satz dazu:
Die öffentliche Verwaltung hat in den letzten Jahrzehnten einen Umwandlungsprozeß gigantischen
Ausmaßes vollziehen müssen. Sie ist in dieser Zeit von einer rein vollziehenden Verwaltung zu einer
überwiegend gestaltenden geworden. Dieser Umwandlungsvorgang ist noch nicht abgeschlossen und
dauernd in Fluß. Meine Damen und Herren! In dieser Situation müssen also ständig Konsequenzen
gezogen werden. So kommt es auch in den Berichten zum Ausdruck. Und hier setzt jetzt meine zweite
Kritik ein: Diese notwendigen Konsequenzen, die entsprechenden Zielvorstellungen, sie sind
ausgeblieben. Ich berichte dies deswegen wiederum so genau, um zu beweisen, daß es sich bis
heute in der Hauptsache nur um die innere Reform, das habe ich schon gesagt, der Verwaltung
handelt. Die Zielvorstellungen jedoch, die Verwaltung näher zum Bürger zu bringen, sind, außer den
kleinsten Schritten, auf der Strecke geblieben. Die Bemühungen um eine Dezentralisierung sind daher
als gescheitert zu betrachten, weil sie in Wirklichkeit nicht ernsthaft genug, so wie wir das meinen,
betrieben wurden. In den jährlichen Sitzungen der Projektgruppe haben die sozialistischen Vertreter
auf diesen Umstand hingewiesen. Daher haben wir uns auch mit den Einrichtungen der
Geschäftsordnung der Ämter der Landesregierungen, außer Wien, beschäftigt, waren uns aber auch
dessen bewußt, daß verfassungsrechtliche Schranken zu beseitigen sind. Wir haben von
Außenstellen gesprochen, denen Sachbereiche zuzuweisen wären, deren Erledigung wiederholte
Aussprachen mit Parteien oder Verhandlungen an Ort und Stelle erforderlich machen.
In unserem Vorschlag, wir haben auch ein dementsprechendes Papier ausgearbeitet und vorgelegt,
der Hofrat Dr.Kleedorfer hat sich damit sehr intensiv beschäftigt und hat sich auch verdient gemacht,
heißt es: "Sitz und örtlicher Wirkungsbereich der Außenstellen, die man als Gebietsverwaltungsämter
bezeichnen könnte, müßten den bestehenden Gebietsbauämtern in Wiener Neustadt, St. Pölten und
Krems gleich sein. Man hat also auch das Gebietsbauamt Wien-Umgebung mit einbezogen, es hat
sich ja in dieser Hinsicht etwas geändert. Wir haben weiters als Verwaltungsvereinfachung
vorgeschlagen, artverwandte Materien, die bisher von mehreren Abteilungen wahrgenommen wurden,
in einer Abteilung zusammenzufassen. Als Beispiel wurde die Zusammenfassung der Agenden der
Abteilungen II/2, R/2, II/5 und I/5 oder die Abteilungen I/6, I/6a genannt. Mit dieser Änderung wäre
nicht unbedingt eine Korrektur der Geschäftsordnung zu sehen gewesen, weil auch jetzt, je nach der
Materie, ein und dieselbe Abteilung mehreren Mitgliedern der Landesregierung zugeordnet ist.
Dennoch wäre eine Bereinigung des Kompetenz-Wirrwarrs anzustreben, weil klare Kompetenzen im
Ausbau einer modernen Verwaltungsorganisation eine unabdingbare Voraussetzung sind. In dieser
Hinsicht hat sich aber leider ab 1983 die Situation noch verschlechtert. Einen besonderen
Schwerpunkt in der Landesverwaltung haben wir in der Anwendung, und da bin ich jetzt bei dem
Kapitel, das mich besonders bewegt, der elektronischen Datenverarbeitung zu sehen. Hier handelt es
sich um einen permanenten Prozeß in der Verwaltung. Und nach jahrelangen Anfangschwierigkeiten,
für die keinesfalls die in der Abteilung tätigen Mitarbeiter allein verantwortlich waren, die Gründe hiefür
lagen vielmehr in der oberen Etage der Verwaltungshierarchie, ist heute der Umfang und die
Komplexität der EDV-Anwendung nach den gegebenen Möglichkeiten und der Zeit entsprechend
ausgerichtet. Auch in dieser Hinsicht haben wir immer unsere Vorschläge gemacht und mit einer
Dezentralisierung in Zusammenhang gebracht. Ich persönlich habe dazu oft Stellung genommen und
auf Möglichkeiten hingewiesen. In unserem Vorschlag heißt es dazu: "Die mit der weitgehenden
Zentralisierung der Abteilungen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung verbundenen
Schwierigkeiten beim internen Geschäftsverkehr sind durch den Einsatz moderner
Kommunikationsmöglichkeiten, sprich EDV, leicht zu überwinden. Mehraufwendungen könnten durch
Einsparung an Arbeitszeit und Reisekosten kompensiert werden." Wir haben, wie man sieht, auch die
Wirtschaftlichkeit nicht außer Betracht gelassen und einbezogen; jedenfalls haben wir sie nicht
vernachlässigt. Die Möglichkeiten der Anwendung und Nutzung der EDV sahen wir in vielen
Bereichen. Zum Beispiel die Ausstattung der Bezirkshauptmannschaften mit Bildschirmgeräten und
einem Anschluß an den Landhauskomputer, den alle Beteiligten der Projektgruppen begrüßten und
für notwendig und richtig hielten. Leider scheiterte dieser Vorschlag bis heute nur an den finanziellen
Möglichkeiten. Er scheitert an der Kostenfrage.
Meine Damen und Herren! Wie einfach wäre es für den Bürger, zum Beispiel in Waidhofen a.d. Thaya,
könnte er sich über die Erledigung eines Antrages, die Wohnbauförderung betreffend, die
notwendigen Auskünfte bei seiner nächsten Bezirkshauptmannschaft einholen. Oder wie einfach wäre
es für einen Gewerbetreibenden aus Scheibbs, könnte er von einem Beamten der
Bezirkshauptmannschaft Auskunft darüber erhalten, was der Erledigung seines Antrages auf
Förderung wegen einer geplanten Investition im Wege steht. Das als zweites Beispiel.
Und wieviele Bürgermeister und Gemeindemandatare könnten sich einen weiten Weg, mit viel
Zeitaufwand verbunden, ersparen, wenn ihnen diese Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Allein die
Tatsache des Datenverbundes Land-Gemeinden beweist, wie auf einfache Art und Weise
Verwaltungsvereinfachung und Hilfe möglich ist. Aber auch dieses eine Beispiel zählt ebenfalls nur zu
den kleinen Schritten. Es gibt jetzt 326 Gemeinden und es sind 627.000 Einwohner, die sich dieses
Datenverbundes bemächtigen, die davon Gebrauch machen. Es handelt sich aber nur um das
Einwohnermeldewesen, und daher verwundert es uns nicht, daß immer mehr Gemeinden von einer
anderen Möglichkeit Gebrauch machen, nämlich von der GEMDAT. Das ist eine Gesellschaft über die
Banken. Dort wird der ganze Bereich mit einbezogen, natürlich auch das Rechnungswesen. Die
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in St.Pölten mit ihren 19 Dienststellen beweist, wie
Dezentralisierung verwirklicht werden kann und wieviele Vorteile für den Bürger damit in Verbindung
stehen. Der Versicherte ist nicht angewiesen auf die Hauptstelle, wo seine Daten und der
Versicherungsverlauf in Evidenz gehalten werden. Er erledigt seine Geschäfte ganz einfach auf der
Bezirksstelle. Er erscheint dort, bringt seine Wünsche vor, der Angestellte gibt die Daten in das
Bildschirmgerät ein und in Sekundenschnelle ist abzulesen, um was es sich dabei handelt. Meine
Damen und Herren! Auch in dieser Hinsicht haben wir uns innerhalb der Projektgruppe ständig
bemüht und auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, und es wurde auch von niemandem in Zweifel
gezogen, daß das nicht richtig wäre. Hier steht, und zwar im Vorjahr, als wir zur gleichen Zeit
wiederum zu einer Sitzung eingeladen wurden: "Zweiter Präsident Pospischil berichtet von den
positiven Erfahrungen, die bei den Bezirksstellen der Gebietskrankenkassen gemacht wurden, im
besonderen bei der Auskunftserteilung über Beitragszahlungen, Rückstände usw. Daher soll dies
auch in der Verwaltung angewendet werden. Die Dezentralisierung ist nur voll wirksam, wenn man
den direkten Zutritt zu den zentral gespeicherten Daten hat."
Und der Abg. Stangl hat ergänzt, er verweise darauf, daß sich die Anfragen bei Sprechtagen nicht nur
auf die Wohnbauförderung beziehen, sondern auch auf andere Bereiche, wie
Staatsbürgerschaftsangelegenheiten, Gewerbeförderung, usw. Dipl.Ing.Weber berichtete über die
Kostenentwicklung. Er hat uns wiederum mitgeteilt, daß wir kein Geld haben, daß man wohl einsieht,
daß das eigentlich sehr notwendig, ja zwingend wäre, wenn wir eine Dezentralisierung ernsthaft
betreiben wollen, aber das Geld fehle uns ganz einfach.
Meine Damen und Herren! Ein Ausschuß, um zu einem anderen Beispiel zu kommen, für
Verwaltungsvereinfachung innerhalb des Österreichischen Gemeindebundes beschäftigte sich mit
diesen Fragen und konnte, die elektronische Datenverarbeitung betreffend, den Gemeinden schon
vielfach Hilfestellung leisten, wenn sie auch nur beratend war und damit in Verbindung zu sehen ist,
daß Fehlinvestitionen ausgeblieben sind.
Eine Studienreise vor etlichen Jahren unter der Führung des ehemaligen Generalsekretärs des
Österreichischen Gemeindebundes, Hofrat Dr.Hammer, in den süddeutschen Raum, hat ebenfalls
einige Aufschlüsse über moderne Verwaltungsformen gegeben. Im Bundesland Hessen sind alle
Gemeinden mit dem Landhauskomputer verbunden, die Verwaltungsreform wurde dort vollzogen. Der
Prozeß dauerte ca. eineinhalb Jahre und bewährt sich bestens, wie wir heute wissen. Allerdings geht
diese gewaltige Investition nicht auf Kosten der Gemeinden, sondern das Land selbst hat die Kosten
übernommen, und das hat damals, vor 6, 7 Jahren, für das Bundesland Hessen einen Betrag von
ungefähr 70 Millionen DM ausgemacht. Das sind also umgerechnet rund 500 Millionen Schilling. Im
Vergleich zur Landeshauptstadt wenig Kosten, aber ein großer Nutzen, verbunden mit dem
bürgernahen Service, das uns vor Augen schwebt und in eineinhalb Jahren vollzogen werden könnte.
Für die Landeshauptstadt, das lesen wir aus dem Kurzbericht, der uns vorliegt, benötigen wir etwa 20
bis 30 Jahre, ja man spricht sogar schon von 50 Jahren.
Ich komme zurück zur Projektgruppe Verwaltungsreform. Mit Pauken und Trompeten im Jahre 1979
angekündigt, auch in der Rundfunkrede des damaligen Landeshauptmannes Andreas Maurer, am
11.11. 1979 eingeblasen, ist sie, wenn man die großen Zielvorstellungen, die damit in Verbindung
stehen, nämlich Viertelsämter zu schaffen, gescheitert. Der ursprünglich von den Parteien vertretene
Gedanke - wie Sie sehen, in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Gesagten stehend -, die
Regionen zu stärken, aufzurüsten, gleiche Lebensbedingungen zu schaffen, wurde ganz einfach
verworfen, beziehungsweise fallen gelassen, wie dies aus dem Bericht der Projektgruppe
Verwaltungsreform 1984 zum Ausdruck kommt. Also fallen gelassen. Das, was wir uns 1979
miteinander so groß zum Ziel gesetzt haben, Viertelsämter einzurichten, die Regionen zu stärken, sie
aufzurüsten, wurde fallen gelassen. Über diese bedauerliche Tatsache, meine Damen und Herren,
wurde in der Öffentlichkeit nicht gesprochen. Nirgendwo wird darüber berichtet, die Angelegenheit
bleibt also unter uns, sollte eher vertraulich behandelt werden unter dem Motto: "Reden wir nicht mehr
darüber, wir haben uns da was vorgenommen, es geht die Rechnung nicht auf." Warum sie nicht
aufgeht, wissen wir auch: weil das Geld dazu ganz einfach fehlt. Also, meine Damen und Herren, was
soll's! Wir haben ja schon wieder eine neue Idee. Und das berechtigt mich, wenn ich von der
Projektgruppe Verwaltungsreform rede, auch dazu Stellung zu nehmen. Innerhalb der Projektgruppe
Verwaltungsreform wurde bereits im Vorjahr die Projektgruppe Landeshauptstadt ins Leben gerufen.
Also die Maxime lautet: Sobald eine Hoffnung begraben ist, muß rasch eine neue gewählt werden. Es
geht dabei aber nicht in erster Linie um die Lösung von Problemen, sondern darum, immer wieder
neue Hoffnungen zu wecken, daß mit einer neuen Methode etwas gelöst werden könnte. Die Taktik ist
aber da sehr leicht durchschaubar. Durch ständigen Wechsel der Methode kann man die Öffentlichkeit
jahrelang in Atem halten, ohne daß irgend etwas Entscheidendes zur Lösung des Problems geschieht
oder geschehen kann. Im konkreten Fall, meine Damen und Herren, glauben wir nicht daran, daß da
viel geschehen kann, weil uns eben die Voraussetzungen fehlen. Erstens ist es das notwendige Geld,
und zweitens die Tatsache, daß wir wiederum einmal etwas wollen, was wir nicht brauchen, weil wir
es haben.
Die Ankündigung der Kosten-Nutzen-Rechnung ist völlig danebengegangen. Und in ihrer Not sagen
die beauftragten Experten des ÖIR: "Die Landeshauptstadt läßt sich nicht rechnen." Aus ganz
verständlichen Gründen: weil in der Gleichung so viele Unbekannte sind, und das sollte keine Kritik
sein, meine Damen und Herren, wir lesen es nur heraus, wir stellen das nur fest! Wen wundert's,
wenn immer wieder, und das haben wir heute schon gehört, versucht wird - der Herr
Landeshauptmannstellvertreter und Finanzreferent hat es in seiner Einbegleitungsrede wieder
besonders unterstrichen -, Berechungen außerhalb des Budgets anzustellen, nur um zu wissen,
wovon man redet.
(Dritter Präsident Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Sind wir uns darüber im klaren, daß der Bau eines neuen Verwaltungszentrums nur auf Kosten der
anderen Regionen erfolgen kann, wie dies am Beispiel der Südstadt, und darauf wurde auch heute
schon Bezug genommen, nachweisbar ist. Als Müllner mit seinem Südstadtprojekt begann, war
plötzlich, und das kann niemand ableugnen, das ist ja nachweisbar, kein Geld mehr für andere
normale Landesanliegen da. Die Häuslbauer mußten damals 4 Jahre auf die Zuteilung der Mittel aus
der Wohnbauförderung warten. Wollen wir tatsächlich wiederum diesen Zustand? Ich erinnere mich,
als vor einigen Monaten bei einer Sitzung des Wohnbauförderungsbeirates der Herr
Landeshauptmann so über den Tisch her gesagt hat: Na, wie war denn das früher, als die Häuslbauer
vier Jahre und länger auf die Mittelzuteilung warten mußten? Es ist ein Alarmzeichen - die Sprecher
vor mir, die sich mit Gemeindeangelegenheiten beschäftigt haben, haben darauf Bezug genommen -,
es ist ein Alarmzeichen, wenn 357 von 559 Gemeinden in Niederösterreich als finanzschwach gelten,
weil sie über ein Steuereinkommen verfügen, daß 20 % und mehr unter dem Landesdurchschnitt liegt.
Sollten wir nicht lieber unsere Gemeinden unterstützen? Sollten wir nicht den Regionen helfen? Meine
Damen und Herren! Wir sind auch damit nicht einverstanden, daß für die Hebung des
Landesbewußtseins so hohe finanzielle Mittel aufgebracht werden. Es sind dies die Steuergelder
unserer Mitbürger, die wir zweckmäßiger aufgeteilt wissen möchten. Meine Fraktion will, wie wir das
auch schon in der Sitzung des Finanzausschusses besprochen haben, eine Aufteilung der budgetären
Mittel, der 30 Millionen, damit auch der entsprechende Nutzen für möglichst viele Bereiche gegeben
werden kann. Ich erlaube mir daher, folgenden Antrag zu stellen (liest):
"Antrag des Abg. Pospischil betreffend Änderung des Voranschlages 1986, Ltg. 195.
Die zur Voranschlagsstelle 1/021001 ausgewiesene Summe von 30 Millionen Schilling ist nur mit 15
Millionen festzusetzen. Ein weiterer Betrag von 15 Millionen Schilling ist für Zwecke der Information
über Möglichkeiten der Betriebsansiedlung und über Förderungsmaßnahmen sowie für die Werbung
für niederösterreichische Weine und den niederösterreichischen Fremdenverkehr zu verwenden und
sind gegebenenfalls diesbezügliche Voranschlagsstellen zu schaffen."
Meine Damen und Herren! Nun zur letzten Sache. Da wird nunmehr die Landeshauptstadt als großes
Reformwerk angekündigt. Das ist es zweifellos nicht! Mit der vorliegenden Kurzfasssung der Studie
des ÖIR kann man auch nicht sehr viel anfangen. Die mangelhafte Ausarbeitung, wie sich diese
Kurzfassung präsentiert, wirkt sich eher in einer gestörten Systematik aus. Angekündigt war, so haben
wir oft gehört - laßt's euch nur Zeit, ihr werdet es schon sehen, wenn einmal die Studie vorliegt -, eine
große verwaltungsreformatorische Arbeit. Diese sogenannten reformatorischen Elemente sind sehr
dürftig, ich möchte sagen, entsprechen überhaupt nicht den Ankündigungen, sind in der Studie kaum
auffindbar und, soweit sie gegeben sind, in Ansätzen und Hinweisen stecken geblieben.
Wenn man also die zur Verfügung stehenden Unterlagen prüft, dann sind wir von dem mit viel
Aufwand und Kosten angekündigten Reformwerk weit entfernt. Außerdem steht diese Studie, wenn
ich das noch einmal wiederholen darf, im Widerspruch zu den jüngsten Entscheidungen der
Projektgruppe Verwaltungsreform, die im Vorjahr in ihrem Bericht die großen Zielvorstellungen, wie
Stärkung der einzelnen Landesviertel und bürgernahe Verwaltung durch Schaffung von
Viertelsämtern, aufgegeben hat. Gerade das, meine Damen und Herren, wird in der Studie des ÖIR
verlangt, das wird vorgeschlagen, auch das wurde heute schon zum Ausdruck gebracht. In der Studie
des ÖIR steht, inwieweit dieses Projekt erfolgreich sein kann, welche konkreten Lösungen gefunden
und welche flankierenden Maßnahmen gesetzt werden, und weitere entscheidende Fragen, die im
Zusammenhang mit dem Landeshauptstadtprojekt zusätzlich geprüft werden müssen, sind der Beitrag
zum Abbau der regionalen Entwicklungsunterschiede innerhalb des Landes, ferner der Beitrag zur
Aufwertung der sogenannten Ostregion, zum Beispiel der Ausbau eines weiteren
Entwicklungsproblems neben Wien. Dr.Sauberer schreibt weiter: "Das gesellschaftliche
Konfliktpotential nimmt zu. Aufgabe einer modern eingerichteten Landesverwaltung und Politik muß es
daher in immer stärkerem Maße sein, zur Lösung dieser Konflikte beizutragen." Und taxativ wird dann
aufgezählt: "Mehr Bürgernähe, stärkere Dezentralisierung, stärkerer Servicecharakter, Nutzen der
modernen Kommunikationstechnologien."
Das sollte, meine Damen und Herren, der Grund dafür sein, so ist es wenigstens zu werten, daß
plötzlich und auch innerhalb der Projektgruppe Verwaltungsreform, wenn wir den letzten Bericht lesen,
wiederum diese Zielrichtung in den Vordergrund rückt. Sehr peinlich, daß wir bisher dazu nicht in der
Lage waren, Entscheidendes zu tun. Ich komme jetzt noch einmal auf den ehemaligen
Landeshauptmann Andreas Maurer zurück. Der damalige Landeshauptmann hat 1979 in seiner
Regierungserklärung den Abbau der regionalen Unterschiede angekündigt und ausgeführt: "Wenn wir
uns nicht mehr vornehmen, als wir tatsächlich realisieren können, wird es uns auch in der
Gesetzgebungsperiode 1979 bis 1984 möglich sein, den Bau des neuen, modernen Niederösterreich
konsequent fortzusetzen und dadurch das Leben für alle Landesbürger, egal in welchen Vierteln sie
wohnen, welcher Arbeitsklasse sie zuzuzählen sind, angenehmer, schöner, sicherer und damit auch
glücklicher zu gestalten."
Meine Damen und Herren! Was ist daraus geworden? "Egal in welchen Vierteln sie wohnen", dieser
Gedanke wurde verworfen! Nutzung der modernen Kommunikationstechnologie, damit Verwirklichung
der Dezentralisierung ist nicht möglich, ich wiederhole, weil kein Geld da ist. Das, meine Damen und
Herren, ist die Realität. Aber wir kommen aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus und wenden uns
an den Bürger in unserer Not. Er sollte jetzt gefragt werden, wie er darüber denkt. Aber das Abfragen,
und da möchte ich ganz kurz Stellung nehmen, ist wiederum nichts Neues. Die Niederösterreichische
Gesellschaft für Regionalforschung und Regionalplanung, kurz REGIO genannt, hat ja schon öfter
entsprechende Untersuchungen vorgenommen. Den Fragenkatalog hat die Niederösterreichische
Verwaltungsakademie ausgearbeitet. Es wurde nicht gefragt, ob die Niederösterreicher eine eigene
Landeshauptstadt wollen, sondern es ging bei der Befragung um die Verwaltung, was die
Niederösterreicher von der Verwaltung halten, ob sie diese Verwaltung brauchen. Die Befragung
wurde letztmals im Winter 1981 durchgeführt. Das Ergebnis ist recht interessant und aufschlußreich,
nämlich zwei Prozent der Niederösterreicher haben mit der Landesverwaltung sehr häufig zu tun,
weitere 2 Prozent häufig und 11 Prozent gelegentlich. Das heißt, 85 Prozent der Bürger haben mit der
Landesverwaltung nichts zu tun. Wir aber wollen ihnen eine Landeshauptstadt einreden, weil sie für
sie so wichtig ist.
Vielmehr, meine Damen und Herren, zählt zu den wichtigsten Anliegen der Niederösterreicher die
Dezentralisierung. 77 % der Befragten finden, man sollte mehr Angelegenheiten als bisher näher beim
Wohnort, z.B. bei der Bezirkshauptmannschaft, erledigen können. Ja, Sie sagen, das ist richtig - in der
Projektgruppe Verwaltungsreform wird das auch immer wieder so gesagt -, das wollen wir, das geht
aber nicht, wir haben das Geld nicht dazu. Wenn wir Vorschläge unterbreiten und wenn wir unsere
Vorstellungen deponieren, dann wird sofort repliziert. Nicht deswegen, weil man gar nicht will, sondern
- ich bin davon überzeugt - das kostet viel Geld, und die Verantwortlichen dort sagen, wir haben das
Geld ganz einfach nicht. Nur frage ich mich, wieso es plötzlich und momentan da ist. Das steht also in
großem Widerspruch, und zu glauben, daß man das alles neben dem Budget finanzieren kann, ist ein
Aberglaube. Wir alle, die wir da herinnen sitzen, wissen ganz genau - es werden auch die Tullner
wissen, wenn sie ihr Landeskrankenhaus auf diese Art und Weise durch eine
Finanzierungsgesellschaft in Auftrag geben, daß die Rückflüsse ganz einfach durch die Gemeinde zu
tätigen sind -, daß auch das Land Niederösterreich die Rückflüsse ins Budget wird einbauen müssen.
Und das macht Milliardenbeträge aus, wie es immer angekündigt wird, Herr Kollege Anzenberger! Ich
rede ja von nichts anderem als von dem, was uns immer wiederum erklärt wird und was wir also da
nachzulesen haben: Das Geld werden wir dazu nicht haben. Meine Damen und Herren! Man weiß
eigentlich schon sehr viel von den Niederösterreichern in der Richtung Landesverwaltung und kann
davon ableiten, daß es in Wahrheit nur wenige sind, die hier zu tun haben, und das gilt auch für ein
neues Verwaltungszentrum, das wir Landeshauptstadt nennen. Eine Vision, wie Dr.Johann
Millendorfer in Laxenburg erklärt hat. Der Kollege Lechner hat in der Generaldebatte darauf Bezug
genommen und gemeint, daß die Experten da vieles ausgesagt oder der Landeshauptstadt das Wort
geredet haben. Ich lese auch anderes heraus, Kollege Lechner! Der Dr. Millendorfer in Laxenburg
bezeichnet das Projekt als neues Abenteuer im Spannungsverhältnis zwischen Vision und Realität.
Das ist nachzulesen, steht in der Landeskorrespondenz drin. Und Architekt Gustav Peichl bezeichnet
es als lebendiges Denkmal. Also auch da wehrt sich immer der Herr Landeshauptmann, wenn man
davon spricht, und bezeichnet es als Prozeß vernetzter Systeme. Meine Damen und Herren!
Zusammenfassend will ich daher sagen, wenn man die Arbeit der letzten Jahre in der Projektgruppe
"Reform der Landesverwaltung" sieht und Bilanz zieht, ist es bei dem geblieben, von dem immer
berichtet wurde. Die Bemühungen sind da, aber es sind die kleinen und die kleinsten Schritte; es
handelt sich um eine innere Reform der Landesverwaltung. Die großen Zielvorstellungen wurden nicht
erreicht. Es ist ein Prozeß vernetzter Systeme, die um eine Projektgruppe Landeshauptstadt erweitert
wurden. Es ist nicht so, wie das immer behauptet wird, daß der Zug bereits abgefahren ist. Immer
mehr kritische Stimmen aus der Bürgerschaft und auch von namhaften Experten erheben sich gegen
dieses Projekt. Das alles zusammen macht es aus, daß an der Verwirklichung des Projektes
Landeshauptstadt bis tief hinein in die Bevölkerung trotz massivster Werbung größte Bedenken und
vielfach Verwirrung besteht. Es wird und wurde schon viel zu viel herumgepfuscht und wenig
systematische Arbeit geleistet. Wir bedauern das zutiefst, wir betrachten uns als Partner, die ganze
Sache ist Landesverfassung, aber wir sind in den Prozeß erst nach einem Jahr einbezogen worden
und haben das aus den Plakaten, aus den Mitteilungen der Medien zur Kenntnis nehmen müssen.
Meine Damen und Herren! Die Sozialistische Partei, der sozialistische Klub der
Landtagsabgeordneten wird sich daher von seinem Weg nicht abbringen lassen, nicht abbringen
lassen können, den sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich in den einzelnen Regionen
weiterzuverfolgen, alles zu tun, damit diese Vorstellung verwirklicht werden kann. Wir sehen diese
große Aufgabe nicht erst seit heute und wollen daher unbeirrt an einer Verwaltungsreform festhalten,
die wir unter Ausnützung moderner Kommunikationsmöglichkeiten in einer Dezentralisierung der
Verwaltung und mehr Bürgernähe sehen. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Böhm. Ich erteile es
ihm.
Abg. BÖHM (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Am Beginn gleich einige
Feststellungen zu den vorhin eingebrachten Anträgen des Kollegen Abg. Haufek. Die Österreichische
Volkspartei wird dem ersten Antrag, der sich nicht von jenem Antrag unterscheidet, den wir im
vergangenen Jahr anläßlich der Budgetdebatte zur Gruppe 0 auch schon abgelehnt haben, heuer
nicht die Zustimmung geben. In der Begründung ist kein neuer Aspekt enthalten, und es sind nach wie
vor unsererseits verfassungsrechtliche Bedenken gegeben hinsichtlich des Datenschutzes.
Wir werden dem zweiten Antrag des Kollegen Haufek hinsichtlich der Herausgabe eines Merkbuches
in Lose-Blatt-Form die Zustimmung geben. Und zum Antrag des Herrn Präsident Pospischil. Hierüber
ist ja im Finanzausschuß in den Vorberatungen zum Budget 1986 ausführlich debattiert worden und
ich glaube, ich kann es mir also ersparen, noch einmal auf die Argumente der ÖVP-Fraktion
einzugehen. Wir werden also diesem Antrag nicht die Zutimmung geben. Ich möchte aber zur Gruppe
0, meine Damen und Herren, und weil gerade von meinem Vorredner einiges auch im Hinblick auf
Verwaltungsreform, Dezentralisierung, gesagt wurde, auch noch einige Ausführungen bringen. Der
Budgetentwurf für das Jahr 1986 ist neuerlich, das ist ja heute in der Budgetrede des
Landesfinanzreferenten schon sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, als Sparbudget ausgelegt.
Beim ersten Betrachten hinsichtlich der Ausgaben für das Personal erscheint allerdings eine
verhältnismäßig starke Steigerung um insgesamt 235 Millionen Schilling gegeben. Das ist eine
Steigerung, der Berichterstatter hat es am Beginn auch schon gesagt, um insgesamt 4,95 %. Das
erscheint vielleicht beim ersten Betrachten im Hinblick auf die Erhöhung der Löhne und Gehälter der
öffentlich Bediensteten mit 1.Jänner 1986 etwas zu hoch, weil ja die durchschnittliche Erhöhung
lediglich 4,25 % betragen wird.
Da aber in den Gehaltsverhandlungen der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mit den
Dienstgebervertretern auch eine Mindeststeigerung von 500 Schilling im Monat vereinbart wurde,
welche bis zu einem Monatseinkommen von rund S 12.000,-- dann als Mindestbetrag tatsächlich
wirksam wird, ist diese höhere Prozentziffer sicher erklärbar. Schließlich fällt ein nicht geringer Teil der
niederösterreichischen Landesbediensteten zufolge der vorhandenen Einkommensstrukturen in diese
Regelungen mit dem Mindestbetrag. Aber dazu auch einmal ein offenes Wort. Besonders angestrengt,
so scheint es mir, hat sich die Bundesregierung bei der Erfüllung der Wünsche der öffentlich
Bediensteten anläßlich dieser Gehaltsverhandlungen tatsächlich nicht. Immerhin ist sie es ja
letztendlich, die auf Grund der Bestimmungen der Bundesverfassung für die Gestaltung des
Besoldungsrechtes aller öffentlich Bediensteten, und somit nicht nur der Bundesbediensteten,
sondern auch für die Landes- und Gemeindebediensteten federführend ist. Ich sage das auch aus
zwei Gründen:
Es hat in letzter Zeit zwei Lohnabschlüsse gegeben. Die Metaller haben vor Abschluß der
Gehaltsverhandlungen der öffentlich Bediensteten bei ihrer Lohnrunde ein weit günstigeres Ergebnis
erzielt, daneben ist für diese Berufsgruppe auch noch eine Verkürzung der Arbeitszeit mit 1.November
1986 vereinbart worden. Das ganz ohne Neid, nur als reine Tatsache hingestellt. Ich freue mich, wenn
andere Berufsgruppen sehr günstige Lohnabschlüsse nach Hause bringen können. Die
Handelsangestellten haben vor rund 2 Wochen ebenfalls ein günstigeres Ergebnis bei ihren
Lohnverhandlungen abschließen und erreichen können. Und noch ein zweites zu meiner vorigen
Behauptung. Das erst in der zweiten Verhandlungsrunde geäußerte Angebot des Bundeskanzlers und
des Finanzministers zur Forderung der vier Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, nämlich die
Bezüge der öffentlich Bediensteten lediglich um 2,5 % zu erhöhen, wurde mit Recht vom obersten
Organ der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, vom Zentralvorstand, einstimmig, und das auch mit den
Stimmen der sozialistischen Gewerkschaftskollegen, als eine Provokation bezeichnet und auf das
schärfste zurückgewiesen. Im Hinblick auch auf die mit 1.Jänner 1986 neuerlich um ein halbes
Prozent steigenden Pensionsbeiträge kann man dieses Angebot von 2,5 %, das ursprünglich gemacht
wurde, tatsächlich nur als eine Art Almosen bezeichnen.
Aber vielleicht sind auch andere Faktoren für diese Verhaltensweise ausschlaggebend. Vielleicht sind
die Dienstpostenvermehrungen in den Zentralstellen des Bundes und der Bundesverwaltung die
Ursache für ein gar nicht so soziales Verhalten der Bundesregierung bei den Gehaltsverhandlungen
der öffentlich Bediensteten. Vermehrungen in den Zentralstellen des Bundes um rund 20 % seit dem
Jahre 1970 kosten eben mehr Geld, verursachen ein bedeutend höheres Maß an Personalkosten, die
dann irgendwo auf Kosten der im Dienststand Befindlichen vielleicht auch wieder hereingebracht
werden müssen. Ich glaube, daß Sparsamkeit in der Verwaltung durch sinnvolle
Organisationsänderungen auch bei vermehrtem Arbeitsaufwand sicherlich angebracht ist, daß diese
vermehrten Kosten aber nicht auf dem Buckel und zu Lasten der im Dienststand befindlichen
Dienstnehmer hereingebracht werden können. Das sind jene Grundsätze und Maximen, meine
Damen und Herren, die auch bei der Erstellung des Landesbudgets für das Jahr 1986 in einem sehr
großen Maße Anwendung und Beachtung gefunden haben. Der Personalaufwand im kommenden
Budgetjahr steigt zwar von bisher 23,95 % geringfügig auf 24,29 %, aber das ist auch darauf
zurückzuführen, daß die Ausweitung des Gesamtbudgets lediglich um rund 4 % erfolgt und somit
unter der Steigerungsrate der Personalkosten, ich habe das ja vorhin angeführt, zu liegen kommt.
In der Gruppe 0 sind auch im Außerordentlichen Teil Budgetmittel für den Umbau und Ausbau sowie
für die Sanierung von Amtsgebäuden, vornehmlich der Bezirkshauptmannschaften, vorgesehen. Ich
begrüße das ganz besonders, weil damit nicht nur gegenüber den vorsprechenden Parteien, unseren
niederösterreichischen Landesbürgern, ein besseres Image der Verwaltungsbehörden und eine
gewisse Erleichterung für die Parteien geboten werden kann, sondern weil auch die
Arbeitsbedingungen der in diesen Dienststellen beschäftigten Landesbediensteten doch wiederum ein
Stück verbessert werden können. Durch dieses außerordentliche Budget und die darin vorgesehenen
Budgetmittel kann im Jahre 1986 das Um- und Ausbauprogramm bei den Bezirkshauptmannschaften
mit ganz geringen Ausnahmen, es gibt noch solche, etwa die Bezirkshauptmannschaft WienUmgebung, als abgeschlossen betrachtet werden. Wenn dabei noch die Mittel für den Neubau von
Gebäuden der Straßenverwaltung - ich sage das jetzt nur in diesem Zusammenhang - im Ausmaß von
insgesamt 69 Millionen Schilling zugezählt werden, welche ebenfalls beitragen, daß die
Arbeitsbedingungen für einen Teil der Landesbediensteten in diesem Bereich wieder verbessert
werden, dann ist das Land Niederösterreich auch in der Aufgabenstellung des
Landesbedienstetenschutzgesetzes, eines der ersten Gesetze für öffentlich Bedienstete in ganz
Österreich, neuerlich ein weiteres Stück vorangekommen.
Diese Feststellung, meine Damen und Herren, bedeutet allerdings nicht, daß alle erforderlichen
Maßnahmen zum Schutze des Lebens und der Gesundheit der Bediensteten - so heißt es ja in
diesem Landesbedienstetenschutzgesetz - vollends getroffen worden sind. Seitens der
Landesamtsdirektion wurden durch das Amtsinspektorat laufend Kontrollen bei verschiedenen
Dienststellen durchgeführt, und mit Ende des Jahres 1984 wurde dem Landtag entsprechend den
Bestimmungen des Landesbedienstetenschutzgesetzes ein Bericht über die Tätigkeit und
Wahrnehmungen auf dem Gebiete des Bedienstetenschutzes vorgelegt. Hier sind auch verschiedene
Beanstandungen enthalten. Es geht also darum, möglichst rasch die vorhandenen Mängel zu
beheben.
Meine Damen und Herren! Ich möchte mich aber anläßlich der heurigen Budgetberatungen mit dem
Thema bürgernahe Verwaltung doch etwas näher auseinandersetzen, zumal ja auch mein Vorredner,
Herr Präsident Pospischil, auf diese Fragen ziemlich deutlich eingegangen ist. Dazu gehört natürlich
auch die Strategie zur Verbesserung des Verhältnisses Bürger und Verwaltung. Grundsätzliche
Überlegungen zum Thema Partizipation oder Teilnahme des Bürgers am Verwaltungshandeln führen
auch sehr rasch zur Erkenntnis, daß alle diese Maßnahmen ohne ausreichende Kommunikation
zwischen beiden Teilen wohl niemals möglich sein können.
Gestatten Sie daher eine vielleicht etwas provokante Feststellung. Rechtliche Voraussetzungen, und
nur solche Voraussetzungen, für ein Teilhaben des Bürgers am Verwaltungshandeln zu schaffen,
ohne auch eine kommunikatorische oder kommunikativ psychologische Basis dafür vorzubereiten,
wäre sicher sinnlos und auch ohne Wirkung. Das käme etwa, das ist vielleicht ein etwas weit
hergeholter Vergleich, dem Versuch gleich, zwei Taubstummen zur Verständigung ein Telefon zur
Verfügung zu stellen. Was nützen umfassende rechtliche Möglichkeiten allein, wenn sich niemand
findet, sie mit praktischen Handlungen und Verhaltensweisen entsprechend auszuschöpfen. Das
Problem der Partizipation ist vorrangig, aber, wie ich schon gesagt habe, ein Problem der
Kommunikation. Dieses in vielen Bereichen oft fehlende Verständlichmachen der Verwaltung und
diese von der Verwaltung her gewollte Teilnahme der Bürger erfordert sicher auch in Zukunft ein
stärkeres Dialogangebot seitens der Administration. Mehr Information für unsere Landesbürger ist
auch ein Beitrag zur stärkeren Kommunikation mit allen Niederösterreichern und damit sicher auch
eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen Bürger und Verwaltung.
Dazu auch einige Bemerkungen, weil gerade in den Beratungen des Finanzausschusses über das
Budget 1986 wiederum, so wie in den vergangenen Jahren, über die bekannten 30 Millionen für die
Information debattiert wurde. Ich selbst habe im Vorjahr zum selben Thema schon darauf
hingewiesen, daß ja ein nicht geringer Teil dieser Budgetmittel, dieser 30 Millionen Schilling, für die
laufenden Informationen des Landes, wie Landeskorrespondenz, Amtliche Nachrichten,
Niederösterreich-Perspektiven usw., verwendet wird. Natürlich gibt es auch Aufwendungen für
Inserate in den verschiedensten niederösterreichischen Medien und Plakataktionen mit
unterschiedlichen Themen, auch mit dem Thema, Herr Kollege Icha, "Landeshauptstadt". Dazu
schreibt die Arbeiter Zeitung am 21.November 1985, ich zitiere wörtlich: "Die Hauptstadtdiskussion
wurde durch den massiven politischen Einsatz der Österreichischen Volkspartei verpolitisiert. Es kann
also auf keinen Fall von einer Informationskampagne gesprochen werden, die der fairen Information
nützt." Wenn jemand, meine Damen und Herren von der sozialistischen Landtagsfraktion, diese Frage
verpolitisiert, dann sind Sie es, bitte sehr, gewesen. (Abg. Stangl: Aber geh!) Sie haben ja die Frage
der Information und auch die geplante Volksbefragung parteipolitisch hochstilisiert. Aus den
Ausführungen Ihres Klubobmannes haben wir das heute wieder sehr deutlich gehört. (Abg. Stangl:
Gulaschwerbung!)
Sie waren auch nicht bereit, darf ich das auch sagen, beinahe nicht bereit, meine Damen und Herren,
im Finanzausschuß die Zustimmung für die Bereitstellung der notwendigen Budgetmittel zu geben. Ich
glaube, Sie haben gut daran getan, es nicht so weit kommen zu lassen, gegen die Durchführung eines
Gesetzes zu stimmen. Man sollte zwar Gleiches mit Ungleichem nicht vergleichen, aber ich möchte
aus diesem Anlaß doch diesen Versuch machen, und zwar aus folgender Überlegung, Herr
Klubobmann! Ungleich höher als in Niederösterreich, bitte, ungleich höher als in Niederösterreich, und
ich glaube, dieser Vergleich ist wohl angebracht, sind die Werbeaufwendungen der Gemeinde Wien
etwa - Sie haben ja hier einige Dinge herausgeschrieben - im Jahre 1984 mit satten 127 Millionen
Schilling. Da hat es die verschiedensten Publikationen gegeben. (Abg. Lechner: Für den
Fremdenverkehr!) 127 Millionen Schilling, Kollege Stangl, nur für die zuständige Magistratsabteilung!
Da gibt's zum Beispiel, und das wird Ihnen ja bekannt sein, dieses wöchentlich erscheinende Magazin
"Wien aktuell", (LH Mag.Ludwig: Schurl, das kostet viel Geld!) fast eines der größten österreichischen
Wochenblätter, (Abg. Stangl: 2,2 Millionen Schilling!) und wenn Sie es ein bißchen aufmerksamer
lesen, werden Sie zugeben, daß das ausschließlich eine Bejubelung der sozialistischen
Rathausmehrheit ist, nichts anderes, (Abg. Lechner: Und was geschieht dabei zusätzlich? - Abg.
Stangl: Was steht in den Perspektiven drinnen?) wöchentlich erscheinend. Und da ist es, glaube ich,
wohl angebracht, Herr Kollege Stangl, daß für Fragen der niederösterreichischen Landesverwaltung,
daß für Informationen der niederösterreichischen Landesbürger ein Betrag zur Verfügung gestellt wird,
der doch um einiges unter diesem Vergleich liegt. (Unruhe im Hause.) Aber vielleicht darf ich
weitersprechen.
Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin schon davon gesprochen, daß es notwendig ist, neue
Strategien zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Bürger und Verwaltung zu entwickeln. Es ist
sicher nicht schwierig, grundlegende Ideen zu sammeln, Vorschläge dafür auszuarbeiten - der Teufel
steckt bekanntlich aber im Detail - und es liegt auch sicherlich nicht an der mangelnden
Innovationsbereitschaft der Verwaltungsträger, sondern einfach daran, daß der Apparat selbst in
seinen vorhandenen Strukturen einfach zu geringe innovatorische Fähigkeiten entwickeln kann.
Niederösterreich ist vor mehr als 10 Jahren bereits einen eigenen Weg gegangen und hat hier auch
besondere Akzente in dieser Richtung gesetzt. Mit der Errichtung der Niederösterreichischen
Verwaltungsakademie bezeugte das Land seine Bereitschaft, die notwendigen Voraussetzungen für
eine wirksame Verwaltungstätigkeit zu schaffen. Das Land investiert in die Fortbildung seiner
Dienstnehmer in der Erwartung, daß sich diese Investitionen genau so wie in der Privatwirtschaft in
besonders hohem Maße auf Sicht gesehen verzinsen. Diese Erwartungen sind in diesen 10 Jahren,
ich glaube, das feststellen zu dürfen, auch in einem sehr hohen Maße eingetreten, und ich möchte
allen Verantwortlichen von dieser Stelle aus anläßlich dieses heurigen 10. Geburtstages der
Niederösterreichischen Verwaltungsakademie meine besondere Gratulation aussprechen.
Mit der Gründung der Verwaltungsakademie wurden auch besondere Erwartungen in das
innovatorische Potential der Landesbediensteten gesetzt. Vermehrte Bildung motiviert bekanntlich
auch zu neuen Ideen in der Verwaltung und führt rascher und effektiver zu einer Verwaltungsreform -
da gebe ich dem Herrn Präsident Pospischil recht -, zu einer Reform, die sich ständig den geänderten
Bedürfnissen der Bevölkerung auch in Niederösterreich anzupassen hat. Ich sehe die Situation, in der
sich eine moderne Verwaltung heute befindet, so:
Die öffentliche Verwaltung wird als Unternehmer wie jedes andere Unternehmen, vielleicht mit einigen
Abstrichen, angesehen, das dem Bürger als Konsument Produkte anbietet, und zwar in der Regel als
Dienstleistungen. Es sind daher auch jene Prämissen und Methoden anzuwenden, die ein
Unternehmen gemeinhin anwendet, um sein Image zu verbessern und den Konsumenten zum
Verkauf seiner Produkte anzuhalten. Marketing, und das meist in einer Wettbewerbssituation mit
anderen Unternehmungen, bedeutet aber auch zu informieren und durch die verschiedensten
Instrumente den Konsumenten zur Annahme eines Produktes zu motivieren. Damit im
Zusammenhang steht auch die Forderung nach besserer Public Relations der Verwaltung, etwa auch
nach einer Vereinfachung der Formulare und der Behördensprache und natürlich auch nach ständiger
Verbesserung des Verwaltungsmarketings, oder sagen wir auch gemeiniglich einer Verbesserung des
Verwaltungsservices. Eines dieser Beispiele bei der Entwicklung neuer Anwendungen ist das EDVProjekt der Bezirkshauptmannschaften, und das möchte ich ewas näher erläutern. Es ist bereits
abgeschlossen, Herr Klubobmann, nur ist es seinerzeit als Projekt gelaufen. Mitte 1984 wurde
begonnen, die Bezirkshauptmannschaften mit Textverarbeitungsgeräten auszustatten. Seit Oktober
1985 sind 55 Geräte fix und fertig installiert, und alle, ausnahmslos alle Bezirkshauptmannschaften mit
mindestens einem Gerät ausgestattet. Mitte 1986 soll die Grundausstattung im Bereich
Textverarbeitung mit insgesamt 89 Geräten tatsächlich erreicht sein und abgeschlossen werden.
Damit können für die häufigsten schriftlichen Erledigungen und Bescheide einheitliche Texte in ganz
Niederösterreich verwendet werden. Diese Texte werden auch unter besonderer Berücksichtigung der
sprachlichen Verständlichkeit verfaßt und von Sprachwissenschaftlern ständig geprüft.
Ich finde diese Entwicklung sehr erfreulich, und zwar ist es durchaus nicht so, Herr Klubobmann, darf
ich das vielleicht einmal so sagen, daß juristische Präzision und sprachliche Verständlichkeit
unbedingt im Gegensatz stehen müssen. Wir glauben das manchmal gemeiniglich, aber im Bemühen
von beiden Seiten ist hier sicherlich auch ein Konsens zu finden. Der oft so theoretische Begriff,
Kollege Stangl, der interdisziplinären Kooperation, er wird ja oft auch mißbraucht, hat bei diesem
Beispiel sehr große praktische Bedeutung bekommen und dient der Bevölkerung unseres Landes
wohl auch ganz besonders. Niederösterreich hat in diesem Punkt, das möchte ich feststellen,
innerhalb der öffentlichen Hand sicher wieder Pionierarbeit geleistet.
Landeshauptmann Ludwig hat sich erst unlängst in einer seiner turnusmäßigen Radioansprachen mit
konkreten Maßnahmen bürgernaher niederösterreichischer Politik befaßt. Er hat sich dabei auch auf
ein Symposium der Verwaltungsakademie mit dem Motto "Bürgerbeteiligung und Bürgernähe"
bezogen. Hinter diesen Begriffen steht die Grundtendenz der gesamten Landespolitik und auch der
vielen persönlichen Bemühungen des Landeshauptmannes. Diese Entwicklung hat mit der Schaffung
des Raumordnungsgesetzes in Niederösterreich vor mehr als 10 Jahren begonnen und wurde mit der
neuen Landesverfassung 1978 sinnvoll in Richtung einer bürgerfreundlichen Politik fortgesetzt. Schon
bei der neuen Raumordnung wurde von Anfang an Wert auf eine breite demokratische Mitbestimmung
gelegt.
Gleichzeitig wurde unsere Verwaltung von innen her, aber auch durch äußere Maßnahmen in Form
moderner Gebäude schrittweise erneuert, umstrukturiert und schon in manchen Bereichen, das darf
ich besonders unterstreichen, weil auch heute wieder gewisse Zweifel angemeldet wurden,
dezentralisiert.
Unsere Landesverfassung ist die Grundlage oder das Grundgesetz, mit dem überhaupt erst verstärkt
Bürgernähe und Bürgerbeteiligung möglich geworden sind. Somit besitzen wir, meine Damen und
Herren, in Niederösterreich alle denkbaren Instrumente zur Beteiligung der Bürger und auch der
Gemeinden an der Gesetzgebung und Vollziehung des Landes. Der Sprechtag des
Landeshauptmannes in den Bezirken und der wöchentliche Arbeitssprechtag in unseren
Landesdienststellen werden nach wie vor gerade sensationell in Anspruch genommen, und auch im
vergangenen Jahr waren es etwa 150.000 niederösterreichische Landesbürger, die davon Gebrauch
gemacht haben.
Meine Damen und Herren! Diese vor einigen Jahren eingeleitete Entwicklung sollte aber auch in
Zukunft im Interesse des Landes und im Interesse der Bürger dieses Landes fortgesetzt werden. Ein
taugliches Mittel dazu ist sicherlich neben der Dezentralisierung eine weitere Regionalisierung. Ich
meine, daß derzeit eine enorm günstige Voraussetzung für diese Regionalisierung gegeben ist,
einfach deshalb, weil das zeitliche Zusammentreffen der Beschäftigung mit diesem Thema und die in
Gang befindliche und alle Lebensbereiche erfassende Revolution bei den neuen
Kommunikationstechniken vorhanden sind.
Ich habe vorhin auch schon darauf hingewiesen, daß Bürgerbeteiligung und Demokratisierung der
Verwaltung allerdings so lange Phrasen bleiben müssen, solange es nicht gelingt, die
Kommunikationsbarrieren insbesondere mit Hilfe der modernen Technik abzubauen. Das muß ja nicht
unbedingt nach dem Beispiel der ersten elektronischen Stadt der Welt, nämlich von Columbus in Ohio,
stattfinden. Dort konnte bereits im Jahre 1978 jede Hausfrau ihre Einkäufe via Bildschirm tätigen.
Provokant und vielleicht stark extrem und übertrieben könnte man jetzt folgende Frage stellen: Warum
sollte dann nicht auch die Möglichkeit eingeräumt werden, via Computer etwa über die Frage der
günstigsten Aufstellung einer Straßenbeleuchtung mitzudiskutieren oder abzustimmen? Das ist sicher
nicht die Zielrichtung einer künftigen bürgernahen Verwaltung. Diese Kommunikationstechnik, meine
Damen und Herren, sollten wir uns aber dennoch sinnvoll zunutze machen. Gerade im
Zusammenhang mit einer stärkeren Dezentralisierung der Verwaltung ist sie sicher auch ein probates
und brauchbares Hilfsmittel dafür. Regionalisierung bedeutet aber mehr als nur
Behördendezentralisierung. Sie muß einfach in allen Bereichen des öffentlichen Lebens wirksam
werden und alle Stufen, auch der Siedlungsstrukturen, umfassen. Ich bin daher überzeugt, daß die
Regionalisierung in Form des Zurückholens verlorengegangener Funktionen und die Ausstattung der
Regionen mit neuen Funktionen ein Gebot der Zeit geworden ist. Die Menschen, und das wissen wir
heute bereits sehr deutlich, fühlen sich in einer Welt von zentralisierten Apparaten nicht wohl, und das
Bestreben nach mehr Eigenleben und mehr Eigenständigkeit in überschaubaren Kleingebieten und
Strukturen nimmt ständig auch in diesen Bereichen zu. Ich möchte aber zum Schluß noch einen Punkt
anführen. Meine Damen und Herren! Mit dem Niederösterreichischen Umweltschutzgesetz 1984
wurde die so wichtige Institution des Umweltgemeinderates in jeder Gemeinde, aber auch die des
Umweltanwaltes in Niederösterreich geschaffen. Beide sind Einrichtungen, die sich in dieser kurzen
Zeit sicher schon bestens bewährt haben. Der Umweltanwalt, gleichsam ein Ombudsmann, arbeitet
für das Land und vor allem für die Landesbürger seit März dieses Jahres mit größtem Erfolg. In dieser
Zeit hat sich aber gezeigt, daß etwa 60 % der Beschwerden und Interventionsfälle Bundesrecht und
damit Bundesagenden betreffen.
Es wäre daher dringend erforderlich, daß die Agenden des Landesumweltanwaltes auch auf
bundesrechtliche Kompetenzen ausgedehnt werden, so wie es umgekehrt ja bei der
Bundesvolksanwaltschaft für Landeskompetenzen der Fall ist. Die Landesregierung hat im
Zusammenhang mit einer zum Thema Demokratisierung des Verwaltungsverfahrens abgegebenen
Stellungnahme, ich sag's nur jetzt noch einmal, am 24.September einstimmig diese Forderung bereits
angemeldet und entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Bei all den Fragen, meine Damen und Herren, wie Föderalismus, Regionalisierung, Dezentralisierung,
Verwaltungsreform, geht es in erster Linie um den einzelnen Menschen. Oberste Maxime aller dieser
Überlegungen und Handlungen sollten daher auch die Wünsche und Zielvorstellungen der Menschen
in unserem Lande sein. Die Vielgestaltigkeit, aber auch die Überschaubarkeit der politischen
Ordnungen, die Schaffung von Möglichkeiten für die Entfaltung vieler Kräfte sind die
wirklichkeitsnahen Alternativen zu manchen heute leider schon sehr versteinerten Strukturen. Wir von
der Österreichischen Volkspartei wollen diese Verantwortung auch in Zukunft tragen und die Chancen
nützen. Wir werden der Gruppe 0 unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Die Rednerliste ist erschöpft, der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Abg. LECHNER (SPÖ): Zur Geschäftsordnung! Nachdem der Abg. Böhm erklärte, daß die ÖVP dem
Antrag des Abg. Pospischil nicht beitritt, beantrage ich, daß der Unterabschnitt 1/02100, Information
und Dokumentation, einer gesonderten Abstimmung unterzogen wird.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Der Herr Abg. Lechner hat den Antrag gestellt, über die
Voranschlagsstelle 1/02100 gesondert abstimmen zu lassen. (Nach Abstimmung über den Antrag des
Abg. Lechner): Einstimmig angenommen.
Zur Abstimmung liegen vor die Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, sowie der
Abänderungsantrag des Herrn Abg. Präsident Pospischil und zwei Resolutionsanträge des Abg.
Haufek. Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag des Ordentlichen Teiles und des
Außerordentlichen Teiles, dann über die Gruppe selbst und zum Schluß über die Resolutionsanträge
abstimmen. Ich ersuche nunmehr den Herrn Berichterstatter, den Abänderungsantrag zu verlesen.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Antrag des Abg. Pospischil betreffend Änderung des
Voranschlages 1986, Ltg. 195. Die zur Voranschlagsstelle 1/021001 ausgewiesene Summe von 30
Millionen Schilling ist nur mit 15 Millionen Schilling festzusetzen. Ein weiterer Betrag von 15 Millionen
Schilling ist für Zwecke der Information über Möglichkeiten der Betriebsansiedlung und über
Förderungsmaßnahmen sowie für die Werbung niederösterreichischer Weine und den
niederösterreichischen Fremdenverkehr zu verwenden und sind gegebenenfalls diesbezügliche
Voranschlagsstellen zu schaffen.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER (nach Abstimmung über den Abänderungsantrag des Abg.
Präsident Pospischil): Abgelehnt. Ich bitte den Berichterstatter, numehr den Antrag zu der Gruppe 0,
Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, Ordentlicher Teil und Außerordentlicher Teil, zu
stellen.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich stelle den Antrag, die Gruppe 0, Vertretungskörper und
Allgemeine Verwaltung, mit Einnahmen im Ordentlichen Teil des Voranschlages von S 597,555.000,-und Ausgaben von S 3.563,615.000,-- sowie Ausgaben im Außerordentlichen Teil von S 28,536.000,-zu genehmigen.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Auf Grund des Antrages des Abg. Lechner lasse ich über die
Voranschlagstelle 1/02100 gesondert abstimmen. (Nach Abstimmung): Angenommen. (Nach
Abstimmung über die Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, Ordentlicher Teil und
Außerordentlicher Teil, mit Ausnahme der Voranschlagstelle 1/02100, in Erfordernis und Bedeckung):
Angenommen.
Ich lasse nunmehr über die beiden Resolutionsanträge abstimmen. (Nach Abstimmung über den
Resolutionsantrag des Abg.Haufek bezüglich Gemeindeförderungsgesetz): Abgelehnt. (Nach
Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Haufek betreffend Handbuch für
Gemeindeförderungen): Einstimmig angenommen.
Wir kommen daher zur Gruppe 1, und ich ersuche nunmehr den Berichterstatter, Herrn Abg.
Kurzbauer, zur Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, Ordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit,
beinhaltet ordentliche Ausgaben in der Höhe von S 133,085.000,-- und Einnahmen von S
29,525.000,--. In diese Gruppe fallen Einnahmen und Ausgaben für Feuerwehrwesen,
Katastrophendienst und Landesverteidigung. Der prozentuelle Anteil der Gruppe am
Ausgabenvolumen des Ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt 0,54 %.
Herr Präsident! Ich darf bitten, die Debatte einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Knotzer.
Abg. KNOTZER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und
Herren! Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, verzeichnet im Voranschlag 1986 ein
Ansteigen der Ausgaben von S 117,783.000,-- auf S 133,085.000,--. Bei den Feuerwehren ergibt sich
in erster Linie die Erhöhung durch die Förderungsausgaben, Ermessensausgaben, für die 1985 noch
S 23,679.000,-- vorgesehen waren, für 1986 von S 24,699.000,--, also ein Ansteigen von über einer
Million Schilling. Aber bereits im Rechnungsabschluß 1983 waren bei diesem Posten S 26,535.000,--,
sodaß hier sicherlich mit einer Überschreitung zu rechnen sein wird. Am 31.12.1985 soll die vom
Landesgesetzgeber vorgeschriebene Mindestausrüstung der Feuerwehren durchgeführt werden bzw.
abgeschlossen sein. Ich darf dazu einen Resolutionsantrag einbringen (liest):
"Resolutionsantrag des Abg. Knotzer zur Gruppe 1 des Voranschlages des Landes Niederösterreich
für das Jahr 1986, Ltg. 195. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag einen Bericht über
den derzeitigen Stand der Ausrüstung, insbesondere aber über die Erfüllung der Vorschriften über die
Mindestausrüstung der Feuerwehren vorzulegen."
Laut § 4 dieses Gesetzes bzw. dieser Verordnung ist bis 31.Dezember 1985 ein entsprechendes
Konzept für eine Änderung dieser Verordnung vorzulegen. Viele Gemeinden sind finanziell nicht in der
Lage, diese Mindestausrüstung zu installieren bzw. zu finanzieren. Es wäre daher, um der Verordnung
und dem Gesetz auch Rechnung tragen zu können, vom Land Niederösterreich eine stärkere
Förderung der Mindestausrüstung notwendig.
(Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Genauso wäre von der Post jetzt die technische Möglichkeit zu schaffen, den Feuerwehrnotruf 122 an
eine ständig besetzte Bezirkszentrale durchzuschalten. Von dieser Bezirkszentrale kann über Funk Herr Landesrat, Sie haben darüber bereits einige Male gesprochen - die Feuerwehrsirene der örtlich
zuständigen Feuerwehren ausgelöst werden. Dieses System ist bis jetzt in fünf Bezirken
Niederösterreichs installiert und hat sich hervorragend bewährt.
Zum Beispiel beim Brand im Werk Semperit in Traiskirchen waren binnen weniger Sekunden die
Feuerwehren des Bezirkes Baden verständigt und es zeigte sich, wie wichtig eine gute Ausbildung,
gute Ausrüstung der Feuerwehren ist. Es konnte durch die rasche Alarmierung und durch die gute
Ausrüstung - die Gemeinde Traiskirchen hat 1984 eine Magirusleiter, die 5 Millionen Schilling gekostet
hat und vom Land mit S 890.000,-- gefördert wurde, angekauft - ein viel größerer Schaden verhindert
werden, und die Semperit konnte bereits nach acht Tagen wieder voll die Produktion durchführen.
Dies war also nur ein Beispiel. Nachdem die Bezirksalarmierung sicherlich nicht eine reine
Angelegenheit der Gemeinden ist, sondern über Gemeindegrenzen hinweggeht bzw. auch über
Bezirksgrenzen, müßte sich also das Land Niederösterreich eine Förderung überlegen bzw. diese
Bezirksstellen mit Hilfe des Landes errichten und auch erhalten. Zur Finanzierung der Feuerwehren
überhaupt. Von den rund 500 Millionen Schilling, die das Feuerwehrwesen in Niederösterreich kostet,
bringen die Gemeinden Niederösterreichs über 200 Millionen Schilling auf, die Feuerwehren selbst
rund 210 Millionen und das Land Niederösterreich 100 Millionen. Die Aufteilung der Kosten zu je
einem Drittel wäre gerechtfertigt, sodaß eine Entlastung der Gemeinden und zum Teil auch der
örtlichen Feuerwehren und der Bezirksfeuerwehren entstehen würde. Die Feuerwehren bringen ja ihre
Mittel überwiegend durch Veranstaltungen, Altpapiersammlungen und Alttextiliensammlungen auf. Es
ist also mit den 76.486 Mann der Feuerwehren Niederösterreichs, davon sind 63.884 Aktive,
erfreulicherweise ein Ansteigen der Feuerwehren um 1000 Mann zu verzeichnen. Sie führten 1984
knapp 35.000 Einsätze durch, davon waren 3.722 Brandeinsätze und über 27.000 technische
Einsätze. Hier ist also ein Rückgang gegenüber dem Berichtsjahr 1983 festzustellen, wie ja die Herren
und die Damen sicher wissen, aber durch den trockenen Sommer 1983 ist ein Ansteigen der
technischen Einsätze durch die Wasserzubringung zu verzeichnen. Nachdem hier 1984 eine
Verbesserung eingetreten ist, ist dadurch ein Rückgang erfolgt. Erfreulich ist auch der Rückgang bei
den Verletzungen. Waren es 1983 noch 195 Männer, die sich im Einsatz verletzt haben, so waren es
1984 nur noch 139. Dieser Rückgang ist sicherlich durch die bessere Ausrüstung und die bessere
Ausbildung zu verzeichnen. Ich möchte aber auch den Männern der Feuerwehren recht herzlich
danken, die Gesundheit und Leben riskieren und ihre Freizeit opfern im Interesse der Bevölkerung
Niederösterreichs. Ich darf aber auch den vielen freiwilligen Hilfsorganisationen, wie dem Roten
Kreuz, den Samaritern, Maltesern, Bergrettung und Wasserrettung, danken. Der Rettungsdienst ist
zwar Angelegenheit der Gemeinden, aber gerade diese Rettungs- und Hilfsorganisationen stehen
dem Katastrophen- bzw. Zivilschutz zur Verfügung, und eine verstärkte finanzielle Förderung dieser
Organisationen, Herr Landeshauptmann, wäre sicherlich zu überlegen. Zumindest, Herr
Landesfinanzreferent, eine Förderung der Landesverbände dieser Organisationen würde eine
finanzielle Entlastung der Bezirks- und Ortsgruppen, darüber hinaus auch der Landesverbände
bringen, die teilweise ihre Finanzen nur durch Aufrechterhaltung von Kursbetrieben in Ordnung halten
können. Dank auch diesen Frauen und Männern, die ihre Freizeit opfern, um unseren Mitbürgern und
Mitbürgerinnen, unseren Niederösterreichern und Niederösterreicherinnen rasch erste Hilfe bzw. einen
raschen, sicheren und fachlichen Transport in unsere Krankenhäuser zu gewährleisten. Bei diesen
Hilfsorganisationen, Rettungsorganisationen geht es täglich um Leben und Tod, und rasche Hilfe bzw.
Transporte sind also oft lebensrettend. Ich bin selbst Vorsitzender einer Rettungsorganisation und
kenne daher die finanziellen Nöte und Sorgen dieser Organisationen. Für die Öffentlichkeitsarbeit,
Herr Landesfinanzreferent, haben Sie 30 Millionen vorgesehen, für Plakate, Broschüren und
verschiedene andere Werbungsmittel, für diese Organisationen gibt es aber im Budget nicht einmal
einen Budgetansatzpunkt. Genauso wie die Hilfe des Landes für den Notarzthubschrauber wird die
Hilfe des Landes notwendig sein für einen Notarzt, Rettungsauto, um in Zukunft genügend Ärzte zur
Verfügung zu haben. Diese Dinge für Niederösterreich installieren, den Notarztdienst aufbauen zu
können, geht sicherlich nur mit Hilfe des Landes Niederösterreich. Vielfach geht dieser Rettungsdienst
über die Gemeinde- und Bezirksgrenzen hinweg, und es wäre also sicher auch im Interesse des
Landes, hier vielen Niederösterreichern und Niederösterreicherinnen zu helfen.
Der Notarzthubschrauber ist eine gute Einrichtung, ist aber natürlich mit vielen Schwächen behaftet,
nämlich bei schlechtem Wetter, Sturm, Nebel, keinen Landemöglichkeiten oder anderen
Behinderungen ist der Einsatz dieses Rettungshubschraubers oder Notarzthubschraubers nicht
möglich. Die Gemeinden sind mit der Finanzierung der Notarztautos vielfach überfordert bzw. geht
diese ja über Gemeindegrenzen und Bezirksgrenzen hinweg. Gerade diese Einrichtung wird aber in
Zukunft sehr wichtig sein. Überwiegend bei Verkehrsunfällen ist oft das wichtigste die
Schockbekämpfung. Das freiwillige Hilfspersonal, die Sanitäter der Rettungsorganiationen, sind wohl
gut ausgebildet, aber ärztliche Hilfe kann selbstverständlich nur ein Arzt durchführen, und hier ist, um
in unserem Bundesland einen Rettungsdienst und Notarztdienst flächendeckend installieren zu
können, die Hilfe des Landes Niederösterreich notwendig, und um diese Hilfe ersuche ich Sie, Herr
Landesfinanzreferent, namens der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. Damit könnten
viele Menschenleben gerettet werden, die durch eine rasche ärztliche Hilfe vor dem Verbluten und oft
infolge Unfallschocks verursachtem Aussetzen der Atmung, des Kreislaufes und des Herzens zu
retten wären. Hier unseren Dank und das Hoffen auf die Unterstützung des Landes, um diesen
Organisationen Hilfe gewähren zu können. Nun zur Exekutive: zur Gendarmerie und Polizei. Dank
auch diesen Frauen und Männern. Es sind auch Frauen in der Gendarmerie und Polizei tätig. Ich
möchte für das Jahr 1985 nur sagen, daß es sicherlich eines der erfolgreichsten Jahre in der
Geschichte der österreichischen Rauschgiftfahnder sein wird. 110 kg Heroin mit einem Marktwert von
1,2 Milliarden Schilling konnten bisher sichergestellt werden. Österreich und damit auch unser
Bundesland Niederösterreich bleibt damit eines der sichersten Länder der Welt. Dies bestätigen auch
eine rückläufige Zahl der Verbrechen und höhere Aufklärungsquoten. So werden zur Zeit 97,7 % der
Mordfälle geklärt. Für das Innenministerium sind im Budget 10,9 Milliarden Schilling ausgewiesen.
Damit ist auch für 1986 der erfolgreiche Weg in der Sicherheitspolitik gewährleistet. Der
Hubschrauberrettungsdienst, ich habe das ja zuerst erwähnt, für Katastrophen - in ganz Österreich
gibt es also derzeit 18 Hubschrauber - wird weiter ausgebaut. Ich hoffe auch mit Hilfe des Landes. Für
die Anstrengungen im Sicherheitsbereich wird auch nächstes Jahr kräftig investiert. Für die Polizei
sollen 827 Millionen Schilling verwendet werden und für die Gendarmerie 954 Millionen. Beachtliche
Teile davon sind für Niederösterreich vorgesehen.
Ich darf nun zu einem Thema kommen, über das ich auch im Vorjahr berichtete, nämlich über das
Flüchtlingslager Traiskirchen, nachdem es im Bezirk Baden sicherlich zu diesem Bereich dazu gehört.
Das Flüchtlingslager Traiskirchen wurde 1903 als Militärkadettenschule eröffnet, 1919 bis 1938 war es
eine Bundeserziehungsanstalt, 1939 bis 1945 die sogenannte Napola, von 1945 bis 1955 waren über
3.000 russische Besatzungssoldaten in diesem Lager bzw. in dieser Schule, und seit 4.11.1956 ist
das Lager Traiskirchen ein Flüchtlingslager. Der Gesamtstand an Flüchtlingen in Österreich beträgt
derzeit 5.200. Davon sind rund 3000 in Gasthöfen überwiegend in Niederösterreich untergebracht,
1.500 sind im Lager Traiskirchen untergebracht, 150 in der Vorderbrühl, 50 in Reichenau, 180 in Bad
Kreuzen und 160 in Thalheim.
Über 36 Nationen befinden sich im Flüchtlingslager oder in dessen Außenstellen: derzeit rund 2.300
Tschechen, 1200 Ungarn, 600 Polen, 650 Rumänen, 300 Jugoslawen und noch einige hundert
Bulgaren. Sie sehen, daß diese Flüchtlinge überwiegend aus den Ostblockländern kommen.
1986 werden wir in Traiskirchen und im Bezirk Baden dreißig Jahre mit dem Flüchtlingslager
Traiskirchen leben. Seit 1956 sind mehr als 300.000 Asylsuchende durch dieses Lager gegangen. 95
% davon wollen sofort ins Ausland, nach Übersee. Dadurch wird versucht, den Lageraufenthalt so
kurz als möglich zu gestalten. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist also 4 bis 8 Monate. Es wird
natürlich immer schwieriger, diesen Flüchtlingen die Ausreise in die verschiedensten westlichen
Länder zu erleichtern. Die Überseeländer haben immer schärfere Vorschriften, und dadurch verzögern
sich viele Ansuchen oft um Monate. Die Anwesenheit so vieler Menschen verschiedenster Nationen
unterschiedlichster Mentalität strapaziert natürlich die zwischenmenschlichen Beziehungen bis auf das
Äußerste, des öfteren auch mit der bodenständigen Traiskirchner Bevölkerung, denn die Anrainer des
Lagers haben oft mit Belästigungen und Ruhestörung während der Nachtstunden zu leben.
Auf Grund eines Besuches von Minister Blecha vor 3 Monaten in der Gemeinde Traiskirchen und im
Lager konnte jedoch vieles verbessert werden. Wir haben ihn ersucht, den Flüchtlingsstand möglichst
konstant auf 1.500 zu halten, also eine Höchstzahl von 1.500. Das wurde vom Minister angeordnet
und gewährleistet jetzt eine menschenwürdige Unterbringung in diesem Flüchtlingslager. Der
Personalstand der Gendarmerie wurde aufgestockt. Es gibt also hier einen eigenen Lagerposten mit
27 Mann, sodaß ein laufender Dienstbetrieb gewährleistet ist. Derzeit sind 100 Beschäftigte
überwiegend aus dem Bezirk Baden in den Außenstellen und im Lager tätig. Es gibt auch eine
Außenstelle des Arbeitsamtes, eine Poststelle, eine Expositur der BH Baden, ein Asylwerberreferat
und auch Büros von sieben verschiedenen Hilfsorganisationen, die sich bemühen, im
Flüchtlingsproblem mitzuhelfen. Das hat auch eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung für den Bezirk
Baden, denn über 60 Firmen oder Kleingewerbetreibende haben Aufträge bzw. beliefern das Lager
täglich, wöchentlich oder sind mit ihren Firmen im Lager beschäftigt.
Zum Schluß möchte ich noch feststellen, daß die Zeit von 1945 bis 1955, wo oft über 3000 russische
Soldaten im Lager waren, für die Traiskirchner Bevölkerung eine schwere Belastung war. Genauso
sind seit 4.11.1956, seit der Installierung des Flüchtlingslagers, über 300.000 Flüchtlinge durch dieses
Lager gegangen. Das Flüchtlingslager Traiskirchen wird 1986 30 Jahre bestehen und viele Reden
über Hilfe, Solidarität und Freiheit sind gehalten worden. Die Traiskirchner Bevölkerung hat das alles
sicherlich 30 Jahre tagtäglich in der Praxis durchgeführt und die Traiskirchnerinnen und Traiskirchner
hätten sich wahrlich den Friedensnobelpreis verdient. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zu Worte gelangt Herr Abg.Klupper.
Abg. KLUPPER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geschätzten Damen und Herren!
Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, befaßt sich, grob gesprochen, ich drücke das mit
großen Worten aus, mit dem Katastrophenschutz und mit dem Zivilschutz. Es ist dies zwar eine kleine
Budgetpost und mit rund 133 Millionen Schilling und einem Anteil von 0,54 % am Gesamtbudget die
kleinste Budgetpost überhaupt, auf Grund ihrer Auswirkungen für das Land und die Sicherheit seiner
Bevölkerung jedoch von großer Bedeutung.
Dies ist auch ein Bereich, in dem es ein starkes Zusammenwirken zwischen den Behörden und ihren
Organen und einer großen Zahl von freiwilligen Organisationen und ihren Helfern gibt, wobei man eine
Vielzahl der Frauen und Männer, die in diesen freiwilligen Organisationen tätig sind, sicherlich als
Idealisten bezeichnen kann. Sie opfern ihre Freizeit, nehmen materielle Einbußen und Gefahren auf
sich, um anderen aus ihrer Not und Gefahr zu helfen. Zu den behördlichen Organen gehören die
gesamte Exekutive sowie alle im Bereich des Katastrophenschutzes Tätigen, vom zuständigen
Landesrat über die Abteilung VI/9 und die Bezirkshauptmannschaften bis hin zu den Bürgermeistern.
Dazu kommen die freiwilligen Organisationen und Vereine wie Feuerwehr, Rettungsorganisationen,
Zivilschutzverband, Bergrettung, Wasserrettung, Rettungshundebrigade, Naturwacht und andere
mehr. Ich möchte hier von dieser Stelle aus allen Menschen, die in diesen freiwilligen Organisationen
tätig sind, für ihren unermüdlichen Einsatz und für ihre aufopfernde Tätigkeit für das Land und seine
Bürger herzlich danken. Wir sind stolz auf ihre Leistungen und hoffen, daß weiterhin auch möglichst
viele junge Landesbürger den Weg in diese Organisationen finden mögen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort "Zivilschutz" wird oft gebraucht, genau so oft aber
auch falsch verstanden und falsch zugeordnet. Verankert ist der Begriff im Bundesverfassungsgesetz
über die umfassende Landesverteidigung, und hier besonders im Bereich der zivilen
Landesverteidigung und im Landesverteidigungsplan. Das Verfassungsgesetz wurde mit den Stimmen
aller im Nationalrat vertretenen Parteien verabschiedet. Die einstimmige Beschlußfassung
unterstreicht das Wollen und dokumentiert eindeutig auch den Willen des Gesetzgebers. Die Aufgabe
des Zivilschutzes ist es, die gesamte Bevölkerung vor allen Gefahren zu schützen: Vor Gefahren, die
der Alltag mit sich bringt, vor Gefahren, die durch Elementarereignisse eintreten können, aber auch
vor Gefahren, die in einem Krisenfall, einem Neutralitätsfall oder durch kriegerische
Auseinandersetzungen drohen, von denen wir zwar hoffen, daß sie nicht eintreten mögen, in die wir
aber trotz unserer Neutralität verwickelt werden könnten. Sinn und Zweck aller Zivilschutzmaßnahmen
muß es sein, das Leben und die Gesundheit aller Bürger unseres Landes und alle geistigen,
kulturellen und materiellen Werte möglichst vor Schaden zu bewahren. Auf Grund dieser breiten
Palette von Aufgaben ist Zivilschutzarbeit eine umfassende Tätigkeit, die nur im Zusammenwirken
verschiedener Teile auch tatsächlich bewältigt werden kann.
In erster Linie fallen diese Aufgaben in den Bereich der Behörden und ich möchte mir erlauben, hier
nicht nur das aufzuzählen, was schon geschehen ist, sondern in meinen Ausführungen auch das zum
Ausdruck bringen, was in Zukunft in diesem Staat noch geschehen sollte. Auf Grund der Bedeutung
und der sachlichen Zuordnung können nämlich die wesentlichen Zivilschutzaufgaben nur
Behördenaufgaben sein. Dazu gehört der Ausbau eines umfassenden Warn- und Alarmdienstes, um
die Bevölkerung rechtzeitig vor drohender Gefahr zu warnen oder zu alarmieren, dazu gehören
Strahlenschutzmaßnahmen, um durch eine permanente Kontrolle möglichst frühzeitig eine allfällige
großräumige Gefährdung der Menschen zu erkennen und Schutzmaßnahmen rechtzeitig einzuleiten.
In den behördlichen Aufgabenbereich gehören auch die notwendigen Sanitätsvorsorgen und, meine
sehr geehrten Damen und Herren, wir können bei Katastrophenschutzübungen feststellen, daß schon
ein simulierter Verkehrsunfall mit zehn oder fünfzehn Schwerverletzten unsere Krankenhäuser vor fast
unlösbare Probleme stellt. Dazu gehören Evakuierungsvorbereitungen und eine Bevorratung im
Großen und natürlich, auch das möchte ich sagen, gehört dazu der Schutzraumbau. Beim
Schutzraumbau glaube ich ist es notwendig, daß man sich das Bedrohungsbild überlegt, und ich
möchte feststellen, daß ein großer Teil der Bedrohungen nicht im militärischen Bereich liegt. Der
größte Teil der Bedrohungen liegt im Alltag und ich möchte hier zwei Beispiele besonders
hervorheben:
Eine Bedrohung liegt auf der Straße durch den Transport gefährlicher Güter. Sie rollt täglich über
unsere Straßen. Unfälle solcher Fahrzeuge könnten bei ungünstigen Voraussetzungen zu
großräumigen Vergiftungen, Bränden und anderen Bedrohungen führen. Ein Schutzraum würde
gegen diese sehr aktuellen Gefahren schützen. Erinnern Sie sich an die Situation vor einigen Wochen
in Rottenmann, wo zu entscheiden war, ob man nicht die ganze Stadt evakuieren muß.
Ein zweites Bedrohungsbild liegt im Bereich der Atomkraftwerke. 17 Kernkraftwerke sind an den
Grenzen Niederösterreichs postiert. Sie sind in Betrieb oder werden in absehbarer Zeit in Betrieb
gehen. Im Falle eines Unfalls stellen sie eine große Gefahr für unser Land dar. Auch in einem solchen
Fall bestünde die Möglichkeit, durch geschützte Räume die Bevölkerung während des notwendigen
Zeitraumes vor der drohendsten Gefahr zu schützen. Wir haben hier zwar ein gut aufgebautes
Alarmsystem, es gibt internationale Verträge, daß der Staat über solche Unfälle informiert wird, und
wir haben dann die Bundeswarnzentrale und die Landeswarnzentralen. Ich frage mich jedoch, wohin
sich die Bevölkerung wendet, wenn sie in diesem Fall tatsächlich alarmiert wird, und wo sie Schutz
sucht. Ich glaube daher, meine sehr geschätzten Damen und Herren, daß die Notwendigkeit von
geschützten Räumen sicherlich von einem Großteil anerkannt wird. Wie man dazu kommt, darüber
kann man verschiedener Auffassung sein. Hier gibt es viele Möglichkeiten von Freiwilligkeit bis zum
Zwang, von Förderungen bis zu einem steuerlichen Anreiz. Auch der letzte Kommunalgipfel hat sich,
wie ich feststellen konnte, mit dieser Frage befaßt. Ich glaube, daß es richtig ist, das Für und Wider in
aller Ruhe abzuwägen und eine vernünftige und vertretbare Lösung zu finden, möchte aber
meinerseits alle Beteiligten ersuchen, das Ziel dabei nicht aus dem Auge zu verlieren.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich habe einige der wesentlichsten Behördenaufgaben
erwähnt. In einigen Bereichen wurde ansatzweise bereits einiges getan. So ist das
StrahlenschutzFrühwarnsystem installiert und soweit ich weiß auch voll in Ordnung. Auch im Warnund Alarmdienst wurden durch Leistungen der Länder und Gemeinden einige Fortschritte erzielt.
Vieles ist aber über das Planungsstadium bisher nicht hinausgekommen. Ich gebe zu, daß es in all
diesen Bereichen sehr viele Kompetenzstreitigkeiten gibt. Der größte Teil der Kompetenzen liegt hier
im Bundesbereich. Eine im Frühjahr dieses Jahres durch das Innenministerium durchgeführte
Zivilschutzenquete hat zwar das Problembewußtsein gefördert und zu einer Auflistung all dieser
Probleme geführt, auf die Konsequenzen daraus müssen wir aber nach wie vor warten.
Der zweite Teil der Zivilschutzaufgaben fällt in den Bereich der Einsatzorganisationen und das ist
jener Bereich, der bestens funktioniert, wovon wir uns ja häufig überzeugen können. Rettung und
Feuerwehr sind nicht nur ausgezeichnet organisiert, sie haben auch einen überaus hohen
Ausbildungs- und Ausrüstungsstand. Für das Feuerwehrwesen ist für das Jahr 1986 ein Betrag von
rund 101 Millionen Schilling vorgesehen. Damit ist die Basis für ein weiteres erfolgreiches Wirken
unserer Wehren gegeben. Ich glaube, daß es außer Zweifel steht, daß die Feuerwehren ein sehr
bedeutender Faktor in unserem Bundesland sind und mit Dankbarkeit können wir feststellen, daß rund
76.000 Männer freiwillig diesen Dienst für die Allgemeinheit verrichten. Sie opfern nicht nur ihre
Freizeit, sondern setzen häufig auch ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel, um anderen zu helfen
und andere aus Gefahrenbereichen zu bergen.
Wie mein Vorredner schon gesagt hat, sind bei solchen Einsätzen im Jahr 1984 immerhin 139 Männer
verunglückt. Umso unverständlicher ist es, wenn man hört, daß freiwillige Feuerwehrmänner im Fall
von Einsätzen oft Probleme an ihrem Arbeitsplatz haben. Auch beim Besuch von Lehrgängen und
Kursen zur Aus- und Weiterbildung gibt es zunehmend Schwierigkeiten. Ich glaube, daß hier das
Verständnis für diese Aufgabe für die Allgemeinheit doch im Vordergrund stehen müßte und daß das
Verstehen vorhanden sein muß, daß gerade in einer Zeit, in der die Einsätze immer schwieriger
werden, auch eine gediegene und gute Ausbildung in diesem Bereich notwendig ist. Die ursprüngliche
Hauptaufgabe der Freiwilligen Feuerwehren, nämlich der Brandschutz, tritt immer mehr in den
Hintergrund. So waren von den rund 35.000 Einsätzen im Jahre 1984 nur 11 % Brandeinsätze, 28.000
Einsätze lagen hingegen im technischen Bereich. Einsätze bei Verkehrsunfällen, bei chemischen
Unfällen und Ölalarm erfordern natürlich auch ein Zusätzliches an Ausrüstung und selbstverständlich
eine ganz spezifische Ausbildung. Was die Ausrüstung betrifft, so glaube ich, daß in den vergangen
Jahren durch Unterstützung des Landes Niederösterreich und seiner Gemeinden, aber auch durch die
Kraft der Feuerwehren selbst sehr viel geleistet wurde. Was die Ausbildung betrifft, so zählen unsere
Wehren zu den besten, nicht nur national, sondern auch international gesehen. Bei den 8.
Internationalen Feuerwehrwettkämpfen, welche heuer in Vöcklabruck in Oberösterreich stattfanden,
konnten sich alle aus Niederösterreich teilnehmenden Gruppen auszeichnen. So wurden die Gruppe
Loipersbach und die Gruppe St.Pölten jeweils zweiter und eine gesamtniederösterreichische
Wettkampfgruppe konnte den beachtlichen dritten Platz erreichen. Zu diesen Erfolgen ebenfalls meine
herzliche Gratulation.
Der dritte Teil des Zivilschutzes letztlich ist der Selbstschutz der Bevölkerung. Dieser Bereich wird
hauptsächlich vom niederösterreichischen Zivilschutzverband abgedeckt. Die Motivation der
Bevölkerung und die Motivation jedes einzelnen Bürgers zum Selbstschutz ist Hauptaufgabe des
Zivilschutzverbandes. Er erfüllt diese Aufgabe durch Öffentlichkeitsarbeit, durch Aufklärung und
Information. Dazu werden jährlich an allen Pflichtschulen und an allen berufsbildenden und
allgemeinbildenden höheren Schulen Vorträge gehalten, alle Wehrpflichtigen werden über die
Zivilschutzaufgaben informiert und erhalten eine Unterweisung in den lebensrettenden
Sofortmaßnahmen. Es gibt Vorträge und Unterweisungen in den Gemeinden und Betrieben und eine
sehr aktive Schulungs- und Beratungstätigkeit für alle Sparten, die in diesen Bereich des
Selbstschutzes fallen. Außerdem werden jährlich in mehreren Bezirken Zivilschutzwochen
durchgeführt, um Impulse für den Selbstschutz der Bevölkerung zu geben. Mit all diesen Maßnahmen,
meine sehr geschätzten Damen und Herren, wird versucht, den Selbstschutz stärker in der
Bevölkerung zu verankern. Selbstschutz beinhaltet ja alle Maßnahmen, die jeder Bürger in
Notstandsituationen zu seinem eigenen Schutz sowie zum Schutz der Mitmenschen treffen soll. Dabei
genügt die Bereitschaft zur Hilfe allein noch nicht, man muß auch wissen, wie man helfen kann. In
Österreich gibt es jährlich rund 2.000 Unfalltote alleine im Verkehrsbereich, nicht mitgezählt jene Fälle,
die sich im Haushalt und Betrieb ereignen. Ärzte schätzen, daß sicherlich 1/5 davon heute noch leben
könnte, wenn es Menschen gegeben hätte, die in den ersten entscheidenden Minuten nach dem
Unfall die notwendigen lebensrettenden Sofortmaßnahmen durchgeführt hätten. Es ist daher wichtig,
daß möglichst viele Menschen über diese Maßnahme Bescheid wissen. Ähnliches könnte man im
Brandfall sagen, wo durch Kenntnis und Handhabung der einfachsten Brandschutzgeräte mancher
Großbrand schon im Entstehen zu verhindern gewesen wäre. Der Aufgabenbereich des
Zivilschutzverbandes ist daher sehr breit gestreut, von Aufklärung, Motivation und Ausbildung bis hin
zur Mitwirkung im Katastrophenschutz im Rahmen der umfassenden Landesverteidigung. Zur
Erfüllung dieser Aufgaben sind im Voranschlag 1,6 Millionen Schilling als Förderungsmittel
vorgesehen. Ich glaube, daß auf Grund der Aufgabenstellung und der Bedeutung für die Sicherheit
der Bevölkerung in den nächsten Jahren eine Steigerung dieses Betrages ins Auge gefaßt werden
müßte. Ich möchte zusammenfassen: Für die Sicherheit unserer Bevölkerung sind drei Kriterien
entscheidend. Erstens die verantwortliche Vorsorge der Behörden, um den Schutz und die
Versorgung der Bevölkerung in Katastrophen- und Krisenfällen sicherzustellen. Zweitens das volle
Funktionieren unserer Einsatzorganisationen; daß sie derzeit funktionieren, davon können wir uns
laufend überzeugen. Und drittens auch die Bereitschaft jedes einzelnen Landesbürgers, im Rahmen
des Selbstschutzes für sich selbst und für seine Nächsten vorzusorgen.
Hohes Haus! Im Bereich der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wurde einiges erledigt, manches in
Angriff genommen, vieles muß aber noch geschehen. Der Voranschlag 1986 bildet die finanzielle
Basis dafür und wir werden diesem Voranschlag gerne die Zustimmung erteilen.
Was den Resolutionsantrag des Abg. Knotzer betrifft, so kann ich für meine Fraktion feststellen, daß
wir auch diesem die Zustimmung erteilen werden. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft, der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Ich bitte den Berichterstatter, den Antrag zur Gruppe 1, Öffentliche Ordnung
und Sicherheit, Ordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich stelle den Antrag, die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung
und Sicherheit, mit Einnahmen im Ordentlichen Teil des Voranschlages von S 29,525.000 und
Ausgaben von S 133,085.000 zu genehmigen.
PRÄSIDENT REITER (Nach Abstimmung über die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit,
Ordentlicher Teil, in Erfordernis und Bedeckung): Einstimmig angenommen. Wir kommen zum
Resolutionsantrag des Herrn Abg. Knotzer betreffend Mindestausrüstung der Feuerwehren. (Nach
Abstimmung über diesen Antrag): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Kurzbauer, zur Gruppe 2, Unterricht und Erziehung,
Sport und Wissenschaft, Ordentlicher Teil, Außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu
berichten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft, enthält ordentliche Ausgaben von S 6.438,228.000 und Einnahmen von S
5.354,184.000. Diese Gruppe umfaßt die Einnahmen und Ausgaben für den allgemeinbildenden
Unterricht, den berufsbildenden Unterricht einschließlich Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung,
die Förderung des Unterrichtes, die vorschulische Erziehung, die außerschulische Jugenderziehung,
den Sport und die außerschulische Leibeserziehung, die Erwachsenenbildung sowie für Forschung
und Wissenschaft.
Der prozentuelle Anteil der Gruppe am Ausgabenvolumen des Ordentlichen Teiles des Voranschlages
beträgt 26,27 %. Im Außerordentlichen Teil betragen die Ausgaben dieser Gruppe S 54,300.000,
wozu noch Ausgaben von S 10,000.000 im Konjunkturausgleichsteil kommen. Ich darf bitten, die
Debatte einzuleiten.
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Kalteis.
Abg. KALTEIS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Landtages! Die
Gruppe 2 bietet auch heuer im wesentlichen, wenn man das rein finanzielle sieht, keine
Anknüpfungspunkte zu einer grundlegenden Kritik. Rein budgetmäßig kann ich eine Fortsetzung der
Sparpolitik unseres Landesfinanzreferenten feststellen, und wenn man von gewissen Schwerpunkten
absieht, möchte ich eine gleiche Rasur erkennen. Ich kann nur das sagen, bitte, was ist. (Heiterkeit bei
Herrn LHStv.Dr.Pröll.) Ich weiß nicht, ob der Herr Landeshauptmann am Schluß auch so lacht. Ich
kann allerdings schon jetzt verkündigen, daß wir den Bereichen, zu denen ich rede, unsere
Zustimmung erteilen werden.
Soweit gut, aber sehr verehrter Herr Landesfinanzreferent, daß der Schul- und Kindergartenbaufonds
wiederum herhalten muß, ist doch ein erster kritischer Ansatzpunkt und das finde ich doch
bedauerlich. Wir können wirklich mit Dankbarkeit feststellen, daß die wesentlichen Bauvorhaben - Sie
wissen das ja, denn es wurde bei allen Budgetdebatten über den unglaublichen Erfolg des Schul- und
Kindergartenbaues berichtet - ausgeführt sind. Dank dieser enormen Leistungen sind auf dem Gebiet
der Neu- und Zubauten zwar Spitzen erreicht, aber die Einrichtungen der letzten Jahre zeigen immer
deutlicher, daß sich der Schwerpunkt von den Neubauten zu den Sanierungen, Um- und Zubauten
verlegt hat. Hiefür sind eine ganze Reihe von Gründen anzuführen. So gibt es einmal auf diesem
Sektor einen sehr großen Nachholbedarf, denn es ist auch klar, daß man die sogenannten kleineren
Vorhaben zugunsten der Neubauten zurückgestellt hat und nur im unumgänglich notwendigen
Ausmaß erledigt hat. Zweitens gibt es eine Zurückstellung von notwendigen Reparaturarbeiten;
gerade die sogenannten Kaiser Franz Josefs-Jubiläumsschulen aus dem Jahre 1908, die jetzt
immerhin bald 80 Jahre bestehen werden, haben ganz wesentliche Aufarbeitungen notwendig.
Dächer, Fenster, Böden, kostspielige Installationen etc. müssen gemacht werden. Dann gibt es auf
Grund des neuen Denkens auf dem Energiesektor immer wieder Notwendigkeiten der
Heizungsverbesserung, der zusätzlichen Wärmedämmung, Fensterauswechslung, etc., etc. Die
Schulgebäude sind auch zu modernisieren, den Erfordernissen der heutigen Zeit anzupassen,
Sonderunterrichtsräume sind einzurichten. Und jeder hat ja nicht eine so große Halle wie zum Beispiel
in Hollabrunn, wo sich die Vera Rußwurm bei der Volkssendung beeindruckt zurücklehnt und sagt,
das ist aber eine schöne, riesige Halle, sondern viele turnen in einem kleinen Kammerl, besonders in
den abgelegenen Orten. Da wäre es doch nicht schlecht, wenn man auch die ein bißchen zum Zug
kommen ließe, was nicht heißen soll, daß in jenen Gebieten, die wirtschaftlich nicht so gut beisammen
sind, große Investitionen durchgeführt werden sollen. Auch die Herabsetzung der Schülerzahlen
verlangt immer mehr und immer dringender zusätzliche Räume. Ich kann ja hier offen sagen, daß
auch im SPÖKlub, wenn Schulfragen diskutiert werden und diverse Änderungen zur Sprache
kommen, natürlich auch der zusätzliche Schulraumbedarf sofort im Vordergrund steht. Und da
schmerzt es uns eben, wenn der Schulbaufonds systematisch gekürzt wird. Wer diese Debatten
aufmerksam verfolgt hat, kann feststellen, daß wir in den letzten drei Jahren eine Halbierung zur
Kenntnis nehmen mußten. Wir glauben, daß sich der Landesfinanzreferent sicherlich nicht das Odium
einer Schulunfreundlichkeit, ich möchte kein anderes Wort verwenden, zuziehen will, und daher,
geschätzter Herr Landesfinanzreferent, sehen wir nächstes Jahr hoffentlich wieder andere
Ansatzpunkte, ich würde Sie sehr darum bitten. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich
nun etwas ausführlicher mit dem Kindergartenwesen in Niederösterreich beschäftigen. Das
Kindergartenwesen Niederösterreichs, glaube ich, ist mit verschiedenen geringfügigen
Einschränkungen als vorbildlich zu bezeichnen. Es soll in absehbarer Zeit grundsätzlich reformiert
werden. Eine umfassende Novelle zum Kindergartengesetz ist in Vorbereitung, die neben einer
Neuregelung des Verhältnisses Eltern - Kindergarten wichtige Neuerungen im Bezug auf die
Betreuung behinderter Kinder bringen wird. Damit wird der klar erkennbaren Tendenz zur möglichst
weitgehenden Integration dieser Kinder in den sogenannten Normalkindergarten Rechnung getragen
werden. Bemerkenswert ist, daß es auch bereits von seiten privater Vereinigungen solche
Bestrebungen gibt und ein Kernpunkt bei diesen Lösungsansätzen wäre zum Beispiel eben die
gemeinsame Betreuung und Erziehung von behinderten und nicht behinderten Kindern. Es gibt hier
Privatinitiativen, wie zum Beispiel das "Kindernest" der Lebenshilfe in Tulln oder der integrative
Kindergarten der Vereinigung zugunsten körper- und mehrfachbehinderter Kinder und Jugendlicher in
Wiener Neustadt. Es wäre wünschenswert, wenn im Wege der kommenden Gesetzesnovelle auch die
Möglichkeit geschaffen würde, solche Modelle weiterhin zu erproben und ihnen auch angemessene
Förderungsmittel zukommen zu lassen. Ein weiteres Problem des Kindergartenwesens stellt die
Ermöglichung einer effizienten Aufsicht und Kontrolle durch entsprechende Aufstockung der Zahl der
Kindergarteninspektorinnen dar. Ich darf darauf hinweisen, daß bereits seit längerer Zeit Bemühungen
im Gange sind, die Zahl der Kindergarteninspektorinnen von 6 auf 10 zu erhöhen. Diese Vorstöße
waren leider bisher nicht von Erfolg gekrönt. Und wenn man in Rechnung stellt, daß im Jahre 1975
letztmalig eine Aufstockung der Zahl der Kindergarteninspektorinnen von fünf auf sechs erfolgte und
der Gruppenschlüssel, 145 Gruppen pro Aufsichtsorgan, von einer Gesamtzahl von 873 Gruppen
ausging, während nunmehr 1.399 Gruppen vorhanden sind und der Gruppenschlüssel somit 233
Gruppen pro Aufsichtsorgan beträgt, dann ist es auch klar, daß die Kindergarteninspektion hier ganz
einfach vor einer unlösbaren Aufgabe steht. Eine wirkungsvolle Aufsicht ist aber im Interesse einer
bestmöglichen Erziehung und Betreuung unserer Jüngsten unerläßlich und ich erlaube mir daher,
nachstehenden Resolutionsantrag einzubringen (liest):
"Resolutionsantrag des Abg. Kalteis zur Gruppe 2 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für
das Jahr 1986, Ltg. 195. Seit dem Jahre 1975 ist die Zahl der Kindergarteninspektorinnen, die als
Aufsichtsorgane in den öffentlichen Kindergärten Niederösterreichs tätig sind, mit sechs unverändert.
Die Zahl der Kindergartengruppen ist jedoch von 873 im Jahre 1975 auf 1.399 im Jahre 1985
gestiegen, das heißt, daß eine Kindergarteninspektorin derzeit im Durchschnitt 233
Kindergartengruppen zu betreuen hat, während sie vor 10 Jahren nur etwa 145 Gruppen zu betreuen
hatte. Unter diesen Umständen besteht die Gefahr, daß die Kindergarteninspektorinnen ihre
Aufsichtspflichten nicht mehr entsprechend wahrnehmen können.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß die Zahl der
Kindergarteninspektorinnen um weitere vier auf insgesamt 10 aufgestockt wird."
Ein Problem, das auch sehr viele Kindergartenerhalter angeht, sind die Öffnungszeiten. Hier gibt es
auf der einen Seite noch immer Schwierigkeiten für berufstätige Eltern, was auf der anderen Seite
immer auch eine Belastung für die kindergartenerhaltenden Gemeinden bedeutet, die sich diesem
Problem stellen oder mit ihm auseinandersetzen. Auch vom beschäftigungspolitischen Standpunkt
wäre in dieser Beziehung ein größeres Angebot wünschenswert, da man auf diese Weise zusätzliches
Kindergartenpersonal benötigt und zusätzliche Arbeitsplätze für Kindergärtnerinnen geschaffen
würden, durchaus vertretbare Arbeitsplätze. Auch eine Änderung der Regelung des Turnusdienstes in
der Form, etwa bei Kindergärten ab drei Gruppen eine zusätzliche Kindergärtnerin einzustellen, würde
hier eine Erleichterung bringen. Ich erlaube mir daher, auch zu dieser Anregung einen
Resolutionsantrag einzubringen (liest):
"Resolutionsantrag des Abg. Kalteis zur Gruppe 2 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für
das Jahr 1986, Ltg. 195. Die Betriebszeiten öffentlicher Kindergärten haben oftmals zur Folge, daß
berufstätige Eltern ihre Kinder nur mit größten Schwierigkeiten in den Kindergarten bringen oder vom
Kindergarten rechtzeitig abholen können. Vor allem in städtischen Bereichen, aber auch in Gebieten,
in denen das Berufspendeln eine Notwendigkeit ist, besteht daher das Bedürfnis längerer
Öffnungszeiten bei Kindergärten. Diese längeren Öffnungszeiten sind aber oftmals nur durch
Mehrleistungen der Kindergärtnerinnen möglich.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß allfällige Mehrleistungen von
Kindergärtnerinnen bei längeren Öffnungszeiten der Kindergärten im Interesse berufstätiger Eltern
durch das Land getragen werden."
Zur angesprochenen Kindergartengesetznovelle möchte ich noch einige Schwerpunkte anführen. Das
Mitspracherecht, das Mitwirkungsrecht der Eltern soll in den Vordergrund gerückt werden durch die
Schaffung von Elternbeiräten pro Gruppe. Aber die Eltern sollen auch Pflichten übernehmen, vor allem
sollen sie die Bildungsarbeit im Kindergarten nach besten Kräften unterstützen. Ein Hauptanliegen an
die Zukunft - hier muß ich wohl sagen, besonders der Frau Landesrat Traude Votruba - ist die
Schaffung geeigneter Einrichtungen für die Betreuung entwicklungsgehemmter und behinderter
Kinder im kindergartenfähigen Alter. Niederösterreich hat nämlich für diese Kinder derzeit nur fünf
heilpädagogische Kindergärten aufzuweisen: Wiener Neustadt, Mödling, Straßhof, Krems und
Korneuburg. Ich möchte daran erinnern, daß ich schon vor zwei Jahren hier einen Resolutionsantrag
eingebracht habe, daß der Herr Landesfinanzreferent auch hier für den Sachaufwand Ansatzposten
schaffen möge. Beim ersten überfliegenden Studium des Budgets habe ich mich gefreut, weil bei
heilpädagogischen Kindergärten eine Million und ein bißchen was eingesetzt war. In der Zwischenzeit
mußte ich aber bei Erkundigungen zu meinem Bedauern feststellen - es sei denen vergönnt -, daß das
für ganz etwas anderes ist und nicht für die von den Gemeinden eingerichteten heilpädagogischen
Kindergärten. Ich bitte daher, das noch einmal zu überprüfen und die bestimmt nicht sehr
wesentlichen Beträge in das Budget einzubauen. Der Grund für die unbefriedigende Situation im
allgemeinen sind die finanziellen Erfordernisse für die Errichtung, die nach der derzeitigen Rechtslage
allein die Gemeinden treffen, und daher überlegen es sich leider auch im Jahr der Behinderten die
Gemeinden sozusagen, bitte das wohl zu verstehen, in den sauren finanziellen Apfel zu beißen. Ein
Vorschlag wäre die Errichtung mobiler heilpädagogischer Kindergärten, die je nach Bedarf aufgebaut
und nach längerer Zeit, vielleicht auch nach einigen Jahren, wieder abgebaut und an einen anderen
Standort verlegt werden könnten. Die gemeinsame Erziehung von behinderten und nicht behinderten
Kindern wäre natürlich das Ideale und, um das schon vom Kindergartendasein an sich abzeichnende
Ghettodasein der Behinderten von Haus aus unmöglich zu machen, wäre die Schaffung von
Integrationsgruppen etwas ganz hervorragendes.
Ein Schwerpunkt des Entwurfes wird auch sein, daß die Aufgaben des Kindergartenpersonals definiert
werden. Wenn sie dann auch entsprechend durchgeführt werden, könnte die Kinderzahl der
Kindergartengruppen von derzeit 15 bis 30 auf 14 bis 28 herabgesetzt werden, was schon ein
wesentlicher Vorteil wäre. Alle diese Maßnahmen bzw. Absichten sind als Beitrag zu den
Bemühungen zu sehen, unseren Kindern einen guten und chancenreichen Einstieg in die Gesellschaft
des Jahres 2000 zu ermöglichen. Und nun zu den Pflichtschulen. Ich will Sie nicht mit den üblichen,
ich möchte fast sagen endlosen Zahlen belasten, um nicht zu sagen belästigen. In dankenswerter
Weise, möchte ich sagen, schickt ja der Landesschulrat hier immer wieder ein wirklich umfangreiches
Zahlenmaterial aus und auch von der zuständigen Abteilung der Landesregierung werden natürlich
die entsprechenden Unterlagen umfangreichst zur Verfügung gestellt. Ich möche noch global
feststellen, wir haben leider wieder eine große Senkung der Schülerzahlen. 127.425
Pflichtschülerinnen und Pflichtschüler werden von 11.280 Lehrern betreut. Und wenn es sich noch
nicht herumgesprochen hat, eine interessante Zahl, das kann ich mir nicht verkneifen, zahlen tut diese
Lehrer sowieso der Bund. 12 Schüler haben einen Lehrer. Rein mathematisch gesehen wirklich eine
gute Versorgung. Trotzdem warten rund 1.500 Kolleginnen und Kollegen vor den Schultoren. Und
wenn heuer 115 eingestellt werden konnten und zwar alle geprüfte Sonderschullehrer, zeigt sich auch
schon die sehr begrüßenswerte Stoßrichtung. Vor allem männliche Hauptschullehrer des
Stellungsjahrganges 1983, die damals noch den Präsenzdienst abgeleistet haben, und Lehrer aus
anderen Bereichen, AHS, BHS, Pensionistenbetreuung usw., wurden eingestellt, in Summe 115. Aber
bei 1.500 sind das 10 % und wenn es so weitergeht, werden wir den Kolleginnen und Kollegen sagen
müssen, sucht euch einen anderen Beruf, einen anderen Job. "Job" höre ich nicht gerne, aber bitte,
sucht euch einen anderen Job. Aber das ist natürlich keine Zukunftsvision, auf die ich mir erlauben
werde noch zu kommen, sondern das ist schon sehr betrüblich. Einige Vorschläge, um arbeitslose
Lehrer unterzubringen, wären: Eine Verstärkung der Aktion "Lehrer in der Erwachsenenbildung", hier
ist noch ein ganz breites Spektrum von Möglichkeiten der Unterbringung - gemeinsam, würde ich
sagen und ich betone das auch - durch kleine Gemeinden (Bibliotheken etc.), Land und Bund offen.
Oder der Einsatz von Lehrkräften im Bereich der Sportverbände und auch in der außerschulischen
Jugendarbeit.
Ich möchte mich nun in der Folge - manche werden sagen kurz, die Zeit drängt - mit dem Schulhit 85,
das ist nämlich die "Neue Hauptschule", befassen. Nach drei Monaten, am Samstag ist nämlich der
dritte Monat abgelaufen, kann ich einen ersten Erfahrungsbericht aus meinem Heimatbezirk geben,
wo sechs Hauptschulen sind, in denen in den ersten Klassen nach dieser Neuen Hauptschule
gearbeitet wird.
Am Beginn des Schuljahres stellte sich die bange Frage, ob es in den einzelnen Schulorten gelingen
wird, die nötige Schülerzahl von mehr als 30 Schülern zu erreichen, um mit zwei Stammklassen
beginnen zu können. Was wurde nun unternommen, speziell im Bezirk Lilienfeld, aber auch wo
anders, um diesen optimalen Start zu ermöglichen?
Erstens wurden Elternabende und Tage der offenen Tür an den Hauptschulstandorten veranstaltet
und durch den engagierten Einsatz der Direktoren, der Bezirksschulinspektoren und der Lehrer gelang
es zunächst einmal, die Abgabe, wenn ich das ein bißchen herzlos sagen darf, an die AHS etwas zu
stoppen. Allerdings sei nicht verschwiegen, daß in den Ballungsräumen und in den AHS-nahen Orten
oder in der Bezirksstadt Lilienfeld selbst nach wie vor dieser Absog, wenn ich das so bezeichnen darf,
rund 30 % beträgt. Weiters wurden die Lehrerteams für die Gegenstände Deutsch, Mathematik und
Englisch bereits im vorigen Schuljahr intensiv geschult und schließlich brachte noch die 8. SchOGNovelle eine ganz wesentliche Verbesserung durch die Herabsetzung - nach außen schaut das gar
nicht so groß aus - von 33 auf 30 Schüler; das hat in der Praxis sehr massive und weitreichende
Auswirkungen. Außerdem wurden die Lehrer für Deutsch, Mathematik und Englisch, also für die
Kursfächer, bereits am Schulschluß des vergangenen Jahres den Eltern der Schüler des kommenden
Jahres vorgestellt und die Eltern konnten bereits mit den Lehrern diskutieren, was eine sehr, sehr
große Hilfe war.
Und so gelang es, an allen sechs Schulen mit den entsprechenden Stammklassen zu beginnen, und
wir können feststellen, daß die zweite Leistungsgruppe ungefähr 45 % an allen Standorten ausmacht,
das ist der Mittelbau, und daß die erste Leistungsgruppe rund 25 bis 30 % in den Kursfächern
ausmacht und detto die dritte Leistungsgruppe. In den realen Fächern wie Geographie,
Wirtschaftskunde, Geschichte und Sozialkunde und in den meisten musischen Fächern wurden bei
allen Informationstagen, aber auch bei den Schulungskursen zunächst Schwachstellen geortet und
diskutiert, sie konnten aber in der Praxis weitgehend hintangehalten werden. Was auf Grund der
ersten - ich gebe zu, nach drei Monaten sicher bescheidenen - Erfahrungslage festgestellt werden
kann, ist die unbedingte Notwendigkeit einer Klassenvorstandsstunde, denn es kann vorkommen, daß
der Klassenvorstand Deutsch und bildnerische Erziehung in der Klasse unterrichtet, dann hat er in der
Woche die Kinder nur zwei Stunden, nämlich in bildnerischer Erziehung, beisammen. Und wenn er
Mathematik und etwa Leibesübungen für Knaben unterrichtet, hat der Klassenvorstand im ganzen
Jahr die gesamte Klasse nicht einmal geschlossen beisammen. Das ist eine Schwachstelle, die
beseitigt gehört.
Eine weitere Erkenntnis, die man schon vorhersah, die sich aber jetzt als besonders gravierend
herausstellte, war auch, daß nicht mehr der Lehrer im Mittelpunkt steht, sondern das Lehrerteam, und
daß die Zusammenarbeit im Lehrerteam optimiert werden muß, daß hier ein gutes Miteinanderwirken
stattfinden muß, daß sich alle ihrer Erziehungsaufgabe bewußt sein müssen.
Wir glauben, daß diese Schule, die sich verstärkt dem Kind zuwendet und auch wieder menschlicher
geworden ist, eine neue Schulzukunft eingeleitet hat, eine Zukunft, die allerdings durch manche
Eskapaden bundesweit und landesbezogen nicht ganz problemlos ist. Das hat nichts mit Budget zu
tun, aber mit dem Schulgeist. Da ist zunächst einmal die Begabtenförderung a la Schäfer aus
Salzburg, die unser Landesschulrat übernommen hat, mit Beratungsstellen, Psychotests für die
materielle Begabtenförderung, Intelligenzquotientenfeststellung als Voraussetzung fürs Studium, für
Förderungen etc. Ich glaube, daß das zunächst einmal für die Papierindustrie sehr gut sein wird, denn
da brauchen wir neue Formulare, es muß ja der Intelligenzquotient mitgetragen werden. Vielleicht
kann man ein Knopfloch mit verschiedenen Farben herstellen, ich habe diesen IQ, der hat jenen IQ,
wenn einer hereinkommt bei der Tür, weiß man schon, welchen IQ er hat. Da habe ich noch etwas zu
sagen dazu: vielleicht könnte damit die Aufnahmsprüfung ersetzt werden, denn wenn der
entsprechende IQ nicht vorhanden ist, na was will er dann, was bildet er sich denn ein? Der IQ ist aber
Gott sei Dank auf Erwachsene nicht anwendbar. Ich habe mir erlaubt, im Lexikon der Pädagogik, 4.
Auflage vom Herder-Verlag nachzusehen, daß ab dem 16. bis 17. Lebensjahr keine
Intelligenzanlagen mehr reifen. Also da wirst du abgestempelt, so bist du. Bitte das schreibt der
Herder, im Lexikon der Pädagogik, 4. Auflage, unter Intelligenz und Intelligenzanreifung nachzulesen.
(Dritter Präsident Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Den Buben oder Mädchen kann ich nur empfehlen, laßt euren IQ bestimmen, denn wenn die böse
Schule kommt - ich weiß nicht, wie sie dann heißen soll, gemeinsame Schule oder Einheitsschule der
10 bis 14 jährigen -, dann bist du mit dem entsprechenden IQ ganz einfach nicht zu nivellieren.
Und eine ganz pikante IQ-Geschichte am Rande. Ich kenne persönlich, weil er gar nicht so weit weg
wohnt, den ehemaligen Staatsmeister im Schach. Er war zwei Jahre Österreichischer Staatsmeister
im Schach, also der österreichische Kasparow. Er hat alles, was ich ihm am Schachbrett
entgegenstellte, weggeputzt, wenn ich das so sagen darf, schachspielerisch. Interessant war nur, daß
er Schüler des zweiten Klassenzuges war und seine Schullaufbahn in der dritten Hauptschulklasse
des zweiten Klassenzuges beendet hat. Aber zum Schachmeister von Österreich durch zwei Jahre hat
es sehr wohl gereicht. Und da muß ich jetzt sagen, das wäre doch vielleicht ein Ansatzpunkt, damit
man hier tief nachdenkt über all diese Dinge, die uns hier beschert werden sollen. Ich erlaube mir hier,
unseren Herrn Unterrichtsminister zu zitieren, der in der Vorwoche bei einer Pressekonferenz zu
dieser ganzen Themengruppe gesagt hat, eine Orwell'sche Horrorerwartung oder Vision. Die zweite
Problematik bitte, die ich heute noch hier vortragen will und die mir sehr am Herzen liegt, ist der
Problemkreis niederösterreichische Schuljugend auf Herbergsuche, amtlich verordnet. Die
niederösterreichische Schuljugend und zwar die höhere Schuljugend soll in Aufsatzwettbewerben zum
Problem der Landeshauptstadt, vom Landesschulrat verordnet, Stellung nehmen. Ich habe hier die
Abschrift eines Briefes des Herrn Unterrichtsministers an den amtsführenden Präsidenten des
Landesschulrates für Niederösterreich. Ich möchte Ihnen den Inhalt nicht vorenthalten, da heißt es: "In
dem von Ihnen gezeichneten Erlaß werden die wesentlichen Grundlagen der staats- und
völkerrechtlichen Existenz Österreichs gleichsam überlagert durch einen Teilaspekt der
Staatswerdung der Republik Österreich, nämlich die Frage der Landeshauptstadt von
Niederösterreich. Ich darf dazu feststellen, daß diese Vorgangsweise nicht im Einklang mit den
Intentionen der obersten Schulbehörde des Bundes steht. Die von Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident
- ich muß leider den Herrn Unterrichtsminister korrigieren, richtig wäre Herr geschäftsführender
Präsident -, in den Mittelpunkt gestellte Frage einer Landeshauptstadt für Niederösterreich ist ein
eminent politisches Problem, zu dem die politischen Parteien in unserem Lande äußerst
unterschiedliche Positionen einnehmen. Umso mehr muß daher bei einer unterrichtlichen Behandlung
solcher Themen gelten, was der von allen drei im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam
erarbeitete Grundsatzerlaß "Politische Bildung in den Schulen" aus dem Jahre 1978 ausführt. Der
erzieherische Grundsatz muß es sein, daß bei Stellungnahmen und Wertungen stets auch
abweichende Meinungen aufgezeigt werden und zwar im Hinblick darauf, daß in der Demokratie auch
verschiedene Wertvorstellungen und Meinungen nebeneinander bestehen können - mich dauert, daß
der Herr Klubobmann Bernau nicht hier ist -, soferne sie für unsere Gesellschaft den gültigen
Grundwerten verpflichtet sind und diese nicht verletzen. Gegensätzliche Interessen sollen offen
dargestellt und unterschiedliche Auffassungen im Dialog ausgetragen werden, zumal das Gespräch
eine wichtige Voraussetzung dafür ist, einen Konsens zu finden, oder einen Kompromiß zu erzielen."
Soweit das Zitat. In jenem Erlaß schreibt der Herr Minister weiters: "Sehr geehrter Herr Präsident! Ich
sehe nun überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Frage einer Landeshauptstadt für
Niederösterreich zum Gegenstand einer echten Diskussion gemacht werden soll, in der auch
gegenteiligen Meinungen Raum gegeben wird. Sie verwenden zwar mehrmals die Ausdrücke Frage,
Problem, Diskussion, wie aber aus dem Zusammenhang zu erkennen ist, nicht in jenem Sinne, wie
diese im Grundsatzerlaß vorgesehen sind. Sie geben vielmehr eine Meinung vor und verletzen damit
ein Grundprinzip der politischen Bildung an Österreichs Schulen. Eine ähnliche Verengung des
demokratischen Meinungsspektrums erblicke ich auch in dem von Ihnen ausgeschriebenen
Aufsatzwettbewerb Niederösterreich - ein Land sucht seine Hauptstadt. Ich bedaure es
außerordentlich und warne vor den Folgewirkungen, dem Abgleiten der politischen Bildung in unseren
Schulen zu parteipolitischer Einseitigkeit. Gerade dies, sehr geehrter Herr Präsident, ist aber etwas,
das wie ich glaube niemand von uns will. Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung."
Na, ich muß schon sagen, da ist einiges drinnen. Ich möchte hier festhalten, was sich der
Landesschulrat und auch die Landtagsmehrheit, die ja dahintersteht, mit diesem Aufsatz- und
Zeichenwettbewerb leistet und geleistet hat, ist bisher ohne Beispiel. Eine Beeinflussung der Kinder,
eine Beeinflussung der Bevölkerung, der Eltern und Großeltern über die Kinder, das ist
Gesinnungsmanipulation in Reinkultur. (Beifall bei der SPÖ.) Ich frage auch, in welchen Gremien
wurde diese jeder demokratischen Grundeinstellung hohnsprechende Vorgangsweise beschlossen?
Wo bleibt die viel strapazierte Zusammenarbeit? Meine Damen und Herren, wir haben das Signal
verstanden, das heißt, ich möchte nicht einmal meine gesamte Fraktion hier einbinden, verzeihen Sie,
ich persönlich habe das Signal verstanden. Entweder ihr, also die Landesroten, beugt euch, schließt
euch unseren Aktivitäten kritiklos an, bedingungslos an, oder wir werden euch schon zeigen, wo's
langgeht. Da aber letztlich die Bevölkerung über dieses Thema entscheiden wird, fürchten wir den
Ausgang einer solchen Abstimmung mit klarer Fragestellung überhaupt nicht. Und damit der Herr
Landeshauptmann, den ich persönlich anspreche, nicht nur gesiebte Aufsätze bekommt von Jurys, wo
ich auch gerne drinnen wäre, möchte ich einen Aufsatz dem Landtag zur Kenntnis bringen, den einer
außer Konkurrenz geschrieben hat. (LH Mag.Ludwig: Hast Du den selber geschrieben?) Lieber Herr
Landeshauptmann! Ich bin zwar kein höherer Schüler, (Ruf bei der SPÖ: Dann hat er ihn nicht
geschrieben!) aber ich erlaube mir, mich auch an der Herbergsuche zu beteiligen. Sie sind unser aller
Landesvater. Aber mein Vater ist mein richtiger Vater und er diskutiert viel mit mir, auch das Thema
Landeshauptstadt. Er ist ein braver Arbeiter, fleißig und pflichtbewußt, aber das Wissen eines
Bezirkshauptmannes, das möchte ich zugeben, oder eines AHS-Direktors oder eines Professors hat
er leider nicht. Diese Herren geben natürlich massive Stützhilfe für die höhere Schuljugend bei der
Herbergsuche. Sie sind so überzeugt von der Notwendigkeit der neuen Herberge, daß sich ihren
Aussagen ein Jugendlicher kaum entziehen kann. Vorgesetzte haben nämlich in Österreich, Gott sei
es gedankt, noch allemal recht. Daß sie in der Ringelschen Spezies beheimatet sind, (Abg. Breininger:
Wie altklug geschrieben!) die den vorauseilenden Gehorsam eifrigst ausüben, kann als zusätzliche
Facette der österreichischen Seele gewertet werden. Mein Vater allerdings ..." (Abg. Breininger: Wie
alt ist der Schreiber?) Ich wende mich an den Landeshauptmann, daher muß ich die Unterbrechungen
nicht zur Kenntnis nehmen. "Außerdem weiß er, mein Vater, im Gegensatz zu manchen Studierten
und Vorgesetzten, daß ein Schilling nur einmal ausgegeben werden kann. Er, mein Vater, der
Arbeiter, der sehr viel liest, hörte da etwas von einem "Perpetuum mobile", das ist etwas, was von
selber läuft, sich von selber finanziert. Da aber wir beide, mein Vater und ich, keine Lateiner sind, wir
uns also da nicht recht auskennen bei dem vom Selberlaufen und Selberzahlen, ist uns da einiges
unklar. Vielleicht findet sich einmal ein Vorgesetzter oder ein Vorauseiler, der uns das näher erklärt.
Wir sind da voll der Hoffnung. Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, mein Vater weiß nichts von
diesem Brief. Er möge mir verzeihen, er ist bald 60 und versteht wenig von Visionen. Er kann sich
darunter nicht sehr viel vorstellen. Er ist froh, wenn er nicht wie viele seiner Freunde pendeln muß,
wenn wir alle in der Familie zu essen und anzuziehen haben. Er ist auch froh, wenn für den Urlaub
etwas Geld bleibt, vor allem wenn die Einlagen am Sparbuch steigen, auf jenem Sparbuch ..." (Ruf bei
der ÖVP: Von dem Zinsertragsteuer eingehoben wird!) Laßt euch Zeit! "Auf jenem Sparbuch, das
mein Vater als gewissenhafter Mensch angelegt hat. Unsere fortschrittliche Gemeinde hat nämlich
verlauten lassen, 1995 wird der Ortskanal gebaut werden und unser Hausanschluß würde sich nach
heutigem Geld auf S 32.000 stellen." Ein schöner Batzen Geld, meine Damen und Herren, der muß
erst erspart werden. (LH Mag.Ludwig: Du mußt reduzieren in der Gemeinde Traisen!) "Mein Vater ist
weiter froh, wenn endlich meine verheiratete Schwester die Wohnung bekommt, noch schnell
bekommt, denn er glaubt, daß die neue Herberge sehr viel Geld kosten würde, und die Beamten
wollen ebenso wie er in Zukunft nicht pendeln. Und im übrigen glaubt mein Vater, die in Wien hätten
immer noch den längeren Arm. Da weiß ich aber nicht, Herr Landeshauptmann, ob mein Vater recht
hat. Mein Vater ist auch froh, wenn er, weil er ein Schulfreund unseres Bürgermeisters ist, mit ihm hie
und da debattieren kann. Und mein Vater hat mir auch verraten, daß er den Bürgermeister, obwohl er
nicht seiner Partei angehört, gewählt hat. Der Bürgermeister ist nach der Meinung meines Vaters
einer, der für einen Gemeindeschilling eine Maus nach Mariazell treibt. Bitte das ist kein Frevel, das
sagt man so bei uns im Bezirk. Und wenn von diesem und jenem die Rede ist, dann sagt der
Bürgermeister immer, das sei zwar notwendig, aber wir haben kein Geld. Und als ihn mein Vater
fragte, was er von der Vision, von der Herbergsuche halte, bekam der Bürgermeister einen roten Kopf
und ließ Vater einfach stehen. Und der Vater war ganz desparat, denn er hatte ihn keineswegs
beleidigen wollen. Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, von uns war nur meine Schwester in der
AHS, aber von der weiß ich noch, wie gotterbärmlich sie einmal weinte, als sie auf eine Schularbeit mit
dem Thema, warum in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah, ein Nichtgenügend bekam.
Und jetzt, Herr Landeshauptmann: sie hatte keinen einzigen Fehler, auch keinen Beistrichfehler. Und
trotzdem eine Fünf, nur stand ein kleiner Satz dabei, das Thema verfehlt. Sehr geehrter Herr
Landeshauptmann, bitte seien Sie bei der Beurteilung meines Aufsatzes gnädig, denn Sie sind
gescheiter als ich, während ich das Thema nur so behandelt habe, wie bei uns daheim darüber
geredet wird." Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. - LH Mag.Ludwig: Der Stangl wird den Wettbewerb
kritisieren und Du machst eine Show damit!)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Schober.
Abg. Ing.SCHOBER (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf auch heuer zur
Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft, das Wort nehmen. Soeben ist ein
Schüleraufsatz verlesen worden und ich bin jetzt in gewissen Schwierigkeiten, denn wenn man hier
am Pult qualifiziert oder den Finger hebt, vor allem noch als Lehrer, wird das problematisch. Da heißt
es dann sofort, lassen Sie die belehrenden Äußerungen. Aber ich kann fast nicht umhin. Wenn ich
jetzt qualifizieren müßte - es ist vom Kollegen betont worden, daß dieser Briefschreiber kein höherer
Schüler ist -, müßte ich ein Sehr Gut hinschreiben, aber für den Vater. Herr Kollege, ich habe das
Gefühl, daß das kaum ein Aufsatz eines nicht höheren Schülers war, er war aber trotzdem gut vom
Gedanklichen her, möchte ich sagen. (LH Mag.Ludwig: Eines Direktors!)
Meine geschätzten Damen und Herren, es wurde bereits vom Herrn Berichterstatter und meinem
Vorredner betont, daß die Gruppe 2 prozentuell die größte Gruppe ist mit 26,27 %. Ich bin aber so
ehrlich, hier anzuführen, daß die Bezüge und Pensionen der Landeslehrer hier mit inkludiert sind,
damit da nicht ein falscher Eindruck entsteht. Wir brauchen aber unser Licht sicher nicht unter den
Scheffel zu stellen, denn im Bildungsbereich und im Schulbereich wurde sehr viel Positives, wie auch
bei den Ausführungen des Vorredners zum Kindergartenwesen zum Ausdruck gekommen ist,
geleistet.
Ich möchte aber bei der Gruppe 2 doch ein Ereignis nicht unerwähnt lassen, meine Damen und
Herren, das für das Schulwesen von besonderer Bedeutung war. Mitte des Jahres 1985 ist der
bisherige amtsführende Präsident des Landesschulrates für Niederösterreich, Herr Hofrat Anton
Sagbauer, über eigenes Wollen aus dieser Funktion ausgeschieden. Ich möchte hier im Hause die
Gelegenheit wahrnehmen, mir ist das auch ein persönliches Bedürfnis, Herrn Hofrat Anton Sagbauer
für seine Arbeit und seinen Einsatz, auch für das entgegengebrachte Verständnis im Interesse des
Schul- und Bildungswesens ein herzliches Dankeschön zu sagen. Herr Hofrat Sagbauer hat es immer
verstanden, im sinnvollen Miteinander die Probleme zu lösen, und ich wünsche ihm hier für den
wohlverdienten Ruhestand vor allem Gesundheit. Noch einmal ein herzliches Dankeschön.
Sein Nachfolger als amtsführender Präsident wurde Herr Adolf Stricker, der in seiner Antrittsrede am
2.Juli 1985 folgendes ausführte - ich darf eine kurze Passage wörtlich zitieren: "Es ist ein ganz großes
Erbe, das ich heute gleichsam als neuer Verwalter übernehme. Meine Aufgabe wird es sein, mit Ihrer
aller Hilfe dieses Erbe nicht nur zu bewahren, sondern seine Substanz weiter zu mehren. Dies ist nicht
nur eine Schuldigkeit gegenüber meinem überaus engagierten Amtsvorgänger, sondern auch
gegenüber allen Mitarbeitern im niederösterreichischen Schulwesen. Dies ist auch eine hohe
Schuldigkeit gegenüber allen Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern, die bisher sehr viel zur
Entwicklung ihrer Schule beigetragen haben."
Ich möchte von dieser Stelle dem neuen amtsführenden Präsidenten alles Gute, viel Kraft und
Gesundheit, vor allem Erfolg bei der Bewältigung seiner verantwortungsvollen Aufgaben wünschen.
Meine geschätzten Damen und Herren, ich darf jetzt bei den Kleinsten beginnen. Wir könnten in
Niederösterreich 90 % der drei- bis sechsjährigen versorgen. Hiezu trägt auch wesentlich die
Möglichkeit des Zuschusses für Kindergartentransport bei. Aus einer Landeskorrespondenz habe ich
entnommen, daß die Besuchsquote derzeit 76 % ist, also eine optimale Kindergartenversorgung in
Niederösterreich. Und in der Landeskorrespondenz vom 5.August 1985 heißt es, im
Begutachtungsverfahren befindet sich derzeit eine Neufassung des Niederösterreichischen
Kindergartengesetzes. Der Entwurf sieht unter anderem eine verstärkte Mitsprache der Eltern vor und
soll die führende Stellung des Landes Niederösterreich auf dem Kindergartensektor weiter ausbauen
und festigen. Ich habe mich sehr kurz gefaßt, weil ich annehme, daß über die Novellierung - ich habe
im Vorjahr bei meinen Ausführungen gemeint, wir werden früher zur Novelle kommen, das war nicht
möglich - des Niederösterreichischen Kindergartengesetzes im Hause noch sehr ausführlich debattiert
wird. Ich darf es daher kurz machen. Mich freut es, daß hier eine so positive Stellungnahme der
Landeskorrespondenz vorliegt. Es heißt hier weiters, es ist eine Vorrangstellung, die auch von den
neuesten Zahlen des Österreichischen Statistischen Zentralamtes über das Jahr 1984/85
eindrucksvoll bestätigt wird. Dann sind die Zahlen angeführt, Kindergärten, Gruppen, Besucherquote,
Prozent, Nulltarif, also alles Positive. Ich darf daher zum Kindergartenwesen zusammenfassend
feststellen, daß wir eine optimale Kindergartenversorgung in Niederösterreich haben. Und nun bitte
gleich zu den beiden Resolutionsanträgen. Es ist schon richtig, daß die Gruppen weit mehr geworden
sind, und daher können wir dem Resolutionsantrag bezüglich der Kindergarteninspektorinnen
zustimmen, nachdem gemeinsam eine Abänderung des Antrages erfolgte; im letzten Absatz heißt es
nunmehr, die Landesregierung wird daher aufgefordert zu prüfen, ob mit dem derzeitigen Stand an
Kindergarteninspektorinnen das Auslangen gefunden werden kann oder ob eine Aufstockung
erforderlich ist. Nach dieser Abänderung wird meine Fraktion diesem Resolutionsantrag die
Zustimmung geben.
Beim zweiten Resolutionsantrag des Herrn Abg. Kalteis, längere Betriebszeiten der Kindergärten zu
ermöglichen, ist ebenfalls eine gemeinsame Abänderung erfolgt; es heißt jetzt im letzten Absatz, die
Landesregierung wird daher aufgefordert, unter Berücksichtigung von dienstrechtlichen und
finanziellen Auswirkungen Modelle zu erstellen, welche längere Öffnungszeiten der Kindergärten im
Interesse der berufstätigen Eltern ermöglichen. Auch diesem Resolutionsantrag wird meine Fraktion
die Zustimmung geben. Meine geschätzten Damen und Herren, der Kollege Kalteis hat zwar voriges
Jahr gesagt, er hält von Zahlen nicht allzu viel - das ist richtig, mir gehts auch so bei Jahreszahlen -,
aber ich darf konzentriert doch die Statistik mit hereinnehmen. Es werden derzeit an 1.052 Schulen
aller Organisationsformen und 6.392 Klassen von 11.280 Lehrern 127.425 Schüler unterrichtet. Ich
habe diese Zahlen in einem Satz zusammengefaßt, erspare mir aber jetzt auf Volksschulen,
Hauptschulen, Organisationsformen und dergleichen einzugehen. Bei den Klassen gab es ja keine
wesentliche Änderung, die meiste Abnahme war hier bei der Hauptschule. Ich darf feststellen, daß
dazu sicher die Einführung der Neuen Hauptschule durch die Zahlenkonstellation mit beigetragen hat.
Bei den Schülern haben wir gegenüber dem Vorjahr um 3.357 Schüler weniger. Ich darf von einer
gewissen Konsolidierung deshalb sprechen, weil vom Schuljahr 1983/84 auf das Schuljahr 1984/85
die Abnahme noch 6.849 Schüler betragen hat. Also hat die Schülerabnahme Gott sei Dank nicht
zugenommen, sondern ist ein gewisses Einpendeln festzustellen. Vollkommen unbefriedigend ist
derzeit die Situation bei den Anstellungen. Laut Landesschulrat gibt es derzeit 1.500
Anstellungswerber und heuer konnten wir nur 115 einstellen. Hier ist also keine Verbesserung
eingetreten und man wird sich überlegen müssen, welche Möglichkeiten es hier gibt. Die sinkenden
Schülerzahlen bringen natürlich auch beim Dienstpostenplan Schwierigkeiten für die
Schulorganisation. Ich habe im Vorjahr ausführlich über die Berechnung gesprochen. Es gab
Verhandlungen, es ist aber nicht möglich gewesen, den Schlüssel von 18 auf 15 bei den Dienstposten
an der Volksschule herabzusetzen. Auch dem Ansuchen des Landesschulrates beim
Bundesministerium wurde nicht stattgegeben; die 205 Dienstposten, die beantragt waren, um die
Organisationsform im ländlichen Raum aufrecht zu erhalten, konnten nicht bewilligt werden.
Geschätzte Damen und Herren, ich darf mich vielleicht kurz mit den Neuerungen der 8.
Schulorganisationsgesetznovelle befassen. Ich möchte hier ein Wort zitieren von Präsident Stricker,
der gemeint hat, die größte Betriebsumstellung im Schulwesen bedeutet das Anlaufen der Neuen
Hauptschule und wir in Niederösterreich sind sehr stolz, daß niederösterreichische Pädagogen und
Schulpolitiker an diesem Modell der Neuen Hauptschule bestimmend mitgearbeitet haben. Die
Grundintention dieser neuen Form der Hauptschule ist es, dem leistungsfähigen und leistungswilligen
Schüler des ländlichen Raumes eine der AHS-Unterstufe vergleichbare Bildungsmöglichkeit in seinem
unmittelbaren Lebensraum zu eröffnen und weiters den übrigen Schülern, den einseitig Begabten,
eine ihren Anlagen und Fähigkeiten bestmögliche Forderung und Förderung angedeihen zu lassen.
Ich glaube daher, daß diese Form der Neuen Hauptschule die Zielsetzung erfüllt, die da heißt, die
Hauptschule hat in einem vierjährigen Bildungsgang eine grundlegende Allgemeinbildung zu
vermitteln sowie die Schüler je nach Interesse, Neigung und Fähigkeit für das Berufsleben und für den
Übertritt in mittlere und höhere Schulen zu befähigen. Ich sehe daher in der Einführung der Neuen
Hauptschule einen wesentlichen Schritt zur Realisierung der Bildungschancengleichheit im ländlichen
Raum. Geschätzte Damen und Herren, ich darf vielleicht noch ein paar Dinge anführen. Die Neue
Hauptschule mit differenziertem Unterricht habe ich angezogen und in diesem Zusammenhang darf
ich auch sagen, nachdem das Ausführungsgesetz zu diesen Neuerungen auch in der Begutachtung
ist, erspare ich mir, im Detail auf Leistungsgruppen, Schülergruppen einzugehen. Es wird sicher
Gelegenheit sein, bei der Novelle zum niederösterreichischen Pflichtschulgesetz noch dazu Stellung
zu nehmen. Es konnte auch eine befriedigende Lösung bei den Leistungsgruppen erreicht werden.
Auf die Fachkoordinatoren und was es so darum herum noch gibt möchte ich nicht eingehen;
wesentlich erscheint mir, daß die Forderung nach Herabsetzung der Schülerzahlen erfüllt werden
konnte. In der ersten aufbauenden Hauptschulstufe wurde von 36 auf 30 abgesenkt, in der zweiten
und vierten Hauptschulstufe auf 33, polytechnischer Lehrgang von 36 auf 30 Schüler. Sonderschulen,
eine wesentliche Änderung: sprachgestörte Kinder, körperbehinderte Kinder und die normale ASA
herabgesetzt auf 16, Sonderschule für sehbehinderte Kinder, schwerhörige Kinder und
Heilstättenschulen herabgesetzt von 12 auf 10, Sonderschulen für blinde, gehörlose und
schwerstbehinderte Kinder von 10 auf 8. Auch in der AHS-Unterstufe ein Absinken von 36 auf 30, in
der Berufsschule von 36 auf 33. Eine Änderung in der AHS, der modernen Forderung der Wirtschaft
angepaßt, ist die Einführung des Informatikunterrichtes in der fünften Klasse, erstes Semester
Pflichtgegenstand, im zweiten Semester kann man sich entscheiden nach 14 Tagen, ob man beurteilt
werden will und den Gegenstand damit als verbindliche Übung absolviert. Änderung der
Volksschullehrerausbildung von 4 auf 6 Semester. Das waren so die wesentlichen Änderungen, wie
gesagt, ich habe das konzentriert gebracht, weil bei der Novelle zum Niederösterreichischen
Pflichtschulgesetz sicher hier im Hause entsprechend Stellung genommen wird.
Ich darf vielleicht bemerken, daß mit dem Schuljahr 85/86 eine mir sehr wesentlich erscheinende
Neuerung im Rahmen des breitgefächerten Bildungsangebotes eintritt, ebenfalls der modernen Zeit
Rechnung tragend. So wird an der HTL Krems eine höhere Abteilung für Bautechnik, Restaurierung
und Ortsbildpflege eingeführt, ein sehr aktuelles Thema, Schwerpunkte dieser fünfjährigen
Ausbildung: Unterweisung in traditionellen Handwerkstechniken, Aufnahme von Baudenkmälern und
Dokumentationen, Ausarbeitung von Revitalisierungsprojekten, Stadterneuerung, Ortsbildpflege und
Ensembleschutz. Ich glaube, daß diese höhere Abteilung sicher unter dem Aspekt der Forderungen,
die wir heute stellen, ihre Berechtigung hat. An der HTL Hollabrunn wurde eine neue Fachrichtung,
eine technische Lehranstalt für Lebensmitteltechnologie und Fleischwirtschaft errichtet, und zwar soll
dort in einer fünfjährigen Ausbildung außer der Allgemeinbildung das praktische und theoretische
Fachwissen in den Gegenständen Lebensmittelchemie, Biologie, Tierkunde, Schlachttechnik und
Fleischkunde vermittelt werden. Weitere Neueinführungen: An der HTL St.Pölten eine höhere
Abteilung für elektronische Datenverarbeitung und Organisation; ich glaube, daß ein Berufseinsatz
dieser Fachleute im Computerwesen, die EDV-orientiert sind, sicher gegeben ist. Einige neue höhere
Abteilungen in Waidhofen a.d. Ybbs, Schulversuch fünfjährig, Abteilung für Maschinenbau und
Automatisierungstechnik, also Schwerpunkt Vorrichtungsbau, Robotertechnik, Steuerungs- und
Manipulationstechnik. Die Abteilung trägt der neuen Entwicklung in der Industrie Rechnung. Und last
not least an der HTL Mödling eine höhere Abteilung für Bautechnik und Umweltschutz; hier wurde
bereits im Vorjahr ein erster Jahrgang geführt, sodaß man heuer mit einem ersten und einem zweiten
Jahrgang unterrichtet. Während dieser fünfjährigen Ausbildung soll der Schüler die Zielsetzung eines
aktiven Umweltschutzes erfahren, also eine umweltbewußte Planung vom Vorentwurf bis zum
baureifen Projekt, und er soll auch Kenntnisse betreffend Baudurchführung erhalten. Ich glaube, daß
es sehr lobenswert ist, daß man dem Umweltschutz auch an den höheren Schulen Rechnung trägt.
Ich möchte das ganze übertiteln: die Schule für die Zukunft.
In Zusammenhang mit den Neuerungen vielleicht auch ein Wort zur Begabtenförderung. Hier gibt es
furchtbare Mißverständnisse, auch in den Formulierungen, habe ich das Gefühl. Eines steht fest: zum
Ruf eines Landes haben sicher besonders Begabte wesentlich beigetragen. Ich möchte nicht auf
Details eingehen, nur kann ich nicht verstehen, daß man sich wehren sollte, besonders Begabte zu
fördern. Wir haben die besonders Benachteiligten gefördert, dazu stehe ich, und daher stehe ich auch
zum anderen. (Abg. Stangl: Herr Kollege! Niemand wehrt sich, besonders Begabte zu fördern. Nur
gegen die Art, wie man Begabte feststellt, wehren wir uns!) Ich habe gesagt, ich will nicht ins Detail
gehen, mir geht es um die große Linie, (Abg. Stangl: Gegen die Begabtenförderung hat niemand
etwas!) Herr Kollege Stangl, ich habe gesagt, scheinbar gibt es hier Mißverständnisse und
Formulierungsschwierigkeiten. Es soll auch keine besonders privilegierte Schicht geschaffen werden.
Ich begrüße daher und wir haben uns auch diesbezüglich im Kollegium geeinigt, daß beim
Landesschulrat eine Auskunfts- und Beratungsstelle eingerichtet wird, die sowohl Schülern wie auch
Eltern und Lehrern zur Verfügung steht, wo man sich über Probleme, die ein besonders Begabter
hätte, Auskunft und Beratung holen kann. (Abg. Stangl: Was willst Du denn beraten, wenn nichts hier
ist!) Wir sind uns einig, daß diese Stelle einmal in einem Probegalopp arbeiten soll, damit man sieht,
wie sich das anläßt. Dann werden wir sehen. Ich will nicht gleich etwas verurteilen, Kollege Stangl,
was noch keine Erprobung gefunden hat. (Abg. Stangl: Mehr als ein Türschild wird es ohnehin nicht
werden. Was soll es denn für eine Beratungsstelle geben, wenn man keine Unterlagen hat!) Man kann
dort beraten, welche Schullaufbahn, welche Möglichkeiten usw. Lassen wir uns von dieser
Einrichtung, Herr Kollege Stangl, überraschen und überzeugen, man wird ja dann sehen, welcher
Effekt hier gegeben ist. (Abg. Stangl: Man wird etwas machen, damit man aus der Erfahrung lernen
kann!) Ja.
Vielleicht noch ein kurzes Wort. Ich wollte eigentlich gar nicht mehr darauf einsteigen, bin aber etwas
betrübt, daß es bei den Medien, ich habe das schon einmal gesagt, nicht so recht mit der
Partnerschaft klappt. Nicht alles können sie loben, es gibt sicher etwas, das nicht lobenswert ist, aber
es gibt doch immer wieder eine Feindbildschaffung. Mich hat ein bißchen betrübt, als ich im Kurier
lesen mußte, Schulangst, Schulunlust trägt zu miesem Schulklima bei. Mir kommt das so ähnlich vor
wie der Fehler, den viele Eltern machen. Ich kann ein bißchen mitreden, ich habe fünf Kinder und fünf
Enkelkinder. Ich habe immer gewarnt davor, daß Eltern sagen, na warte, wenn du in die Schule
kommst, dort werden sie dir schon zeigen, was los ist. Das ist das Unguteste, was man tun kann, weil
man dem Kind eine furchtbare Vorstellung von der Schule bereits auf den Weg mitgibt. Ich bedaure es
sehr, daß das wieder in den Zeitungen hochgespielt wird, wobei wir ganz vergessen, daß sich in der
Familie sehr viel geändert hat. Ich möchte jetzt nicht im Detail darauf eingehen, beide Eltern
berufstätig, Kinder viel allein, Großvater- oder Großmutter-Kinder, viele Miterzieher. Ich denke jetzt
nicht negativ über die Medien, ich kreide den Eltern an, daß ich vielfach hören muß, wenn ich in
Familien komme, gehts fernsehen, damit wir eine Ruhe haben. Also wir haben es gar nicht ungern,
wenn die Kinder beim Fernsehen sitzen, da hat man dann Ruhe und ist ungestört. Und wir haben es
heute mit nervösen, unkonzentrierten, teilweise auch nicht erzogenen Kindern zu tun, die überall den
Eltern dreinreden. Ich habe vor kurzem erlebt, daß man gar kein Gespräch führen konnte in dem
Haus. (Abg. Stangl: Da habe ich einen Zwischenruf gemacht!) Aber einen berechtigten, Herr Kollege
Stangl. Wir Lehrer kriegen daher Kinder, die etwas schwierig in der Gemeinschaft sind. Bitte eines
darf ich sagen: ich behaupte hier, daß es die vollkommen angst- und streßfreie Schule nicht gibt;
selbst wer glaubt, er kann alles und weiß alles, wird vor gewissen Situationen gewisse Gefühle im
Magen spüren, und dazu darf ich auch sagen, ich habe erlebt, wie ich aus der Schule gekommen bin,
daß das Leben nicht streßfrei, angstfrei ist. Da gibts Ellbogen, einen rauhen Wind, da muß man sich
behaupten. Na, wäre das richtig, wenn die Schule auf das Leben vorbereiten soll, daß man so quasi
die Schüler unter einen Quargelsturz stellt und alles ausräumt? Die Schule hat auf das Leben
vorzubereiten und der gesunde, nicht nervöse, in geordneten Familienverhältnissen lebende Schüler
wird auch dieses Klima verkraften, wobei ich mich zu sagen traue, daß man sicher der
Menschengerechtheit, Kindergerechtheit, der inneren Schulreform das Augenmerk zuwenden muß.
Aber wenn jemand der Utopie nachhängt, die vollkommen angst- und streßfreie Schule ohne
Belastung wäre das Ideal, dann ist das glaube ich ein großer Irrtum. Mehr wollte ich dazu nicht sagen.
Ja vielleicht noch eines, die Noten. Ich würde bitten, sich ganz genau die Dinge zu überlegen. Es gibt
ja drei Möglichkeiten. Wir können die Noten überhaupt abschaffen, das kommt mir dann so vor, wie
wenn man einen Hochspringer die Latte wegnimmt. Ich meine, das wäre auch ein Blödsinn, weil er
dann überhaupt kein Maß hat, wie er in seiner Leistung liegt. Also dieser Gruppe kann ich nicht das
Wort reden. Es geht dann um die Ansicht der verbalen Beurteilung oder Benotung. Ich persönlich darf
sagen, daß eine verbale Beurteilung oft in ihrem Ausdruck viel härter sein kann. Wir sind einmal von
diesem Schülerbeschreibungsbogen abgekommen, um diese Dinge abzustellen. Ich sage noch
einmal: gut überlegen und nicht über Eltern und Pädagogen hinweg eine Entscheidung treffen aus
irgendwelchen Gründen. Falsch wäre es auch, wenn die verbale Beurteilung ausarten würde. Ich
glaube, ich habe einmal einen Schulinspektor gekannt, der verbale Sätze geformt hat und gesagt hat,
wenn das zutrifft, ist es eins, wenn das zutrifft, ist es ausgezeichnet. Also wenn das so ausarten
würde, wäre man wieder beim System. Ich möchte mich heute nicht irgendwie festlegen, aber doch
bitten, das genau zu überlegen, bevor man eine Änderung der Leistungsbeurteilung herbeiführt.
Ja, meine Damen und Herren, heute ist auch viel von der Landeshauptstadt gesprochen worden. Wir
haben seinerzeit in der Schule, da waren wir uns einig, die politische Bildung und die
staatsbürgerliche Erziehung eingeführt. Also nicht die parteipolitische Bildung, sondern politische
Bildung, staatsbürgerliche Erziehung. Ich habe im "Pflichtschullehrer" vom Juli 1985 gelesen und das
sehr begrüßt, daß es hier die Aktion gibt: "Niederösterreichs Jugend lernt ihre Bundeshaupstadt
kennen."
Ich begrüße die Zielsetzung sehr, daß sich Kinder die Entwicklung ansehen, was sich in Wien an
Kulturellem, Historischem tut. Meine Kinder waren auch bei dieser Aktion und der Lehrer in Purgstall
hat sich erfrecht, eine Nachbereitung zu machen und sie einen Aufsatz schreiben zu lassen. Meine
Kinder haben zwar gute Noten darauf gehabt, aber da ist mir auch plötzlich eine Vision gekommen
und ich habe mir gedacht, dann wäre es ja möglich, daß vielleicht Niederösterreichs Jugend ihre
Landeshauptstadt besucht. Ich habe aber den Gedanken sofort fallen lassen, als ich gelesen habe,
daß die SPÖ-Frauen meinten, das sei nicht politische Bildung, sondern parteipolitische Bildung. Ich
habe mich dann nicht mehr getraut, darüber zu reden, habe mir aber gedacht, vielleicht ist es möglich,
meine Damen und Herren von der Linken, daß wir in Zukunft gemeinsam Pate stehen und der
Landesschulrat in Zukunft eine Aktion ausschreibt: "Niederösterreichs Jugend lernt ihre
Landeshauptstadt kennen." Ich lade Sie dazu herzlich ein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der
ÖVP. - LH Mag.Ludwig: Das ist dann die nächste Vision! - Abg. Anzenberger: Ihr habt den Zug
verpaßt!)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Keusch, ich erteile
es ihm.
Abg. KEUSCH (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich sehe in meinem
Debattenbeitrag zur Gruppe 2, Berufsschulwesen, den Versuch einer Standortbestimmung der
Berufsschulausbildung in Niederösterreich. Nachdem die demographische und konjunkturelle
Entwicklung eigentlich erwarten läßt, was sich seit 1984 ankündigt, nämlich eine Entspannung am
Lehrstellensektor, eine Verbesserung des Lehrstellenangebots, möchte ich mich nicht zu sehr mit den
Problemen der Jugendbeschäftigungslosigkeit, sondern mit dem schulischen Sektor und den
speziellen Problemen der Ausbildung beschäftigen. Vorher aber doch einige grundsätzliche
Anmerkungen. Es wird vielfach zu euphorisch behauptet, der Jugend gehöre die Zukunft. In
Wirklichkeit geht und sieht die Jugend der Zukunft mit Skepsis entgegen, begründet durch die latente
Kriegsgefahr, durch die Zerstörung der Umwelt, durch die Bedrohung des Lebensraums, der Natur
insgesamt. Wenn man in das Berufsleben eintritt, gibt es Schwierigkeiten, Lehrplatzwünsche müssen
oftmals abgeändert, revidiert werden und wer den Übertritt von der Schule in den Beruf nicht schafft,
geht einer ungewissen Zukunft entgegen. Bei der Gelegenheit darf ich die letzten Zahlen auf diesem
Sektor nennen. Ende November gibt es 7.381 Jugendarbeitslose, das ist die Altersgruppe bis 25
Jahre, davon sind 47 % Mädchen betroffen. Eine wesentlich geringere Zahl, nämlich 1.512
Jugendliche, sind jünger als 19 Jahre und hier betrifft das überwiegend Jugendliche in den
saisonabhängigen Berufen. Allerdings stellt das Landesarbeitsamt fest, daß die
Langzeitarbeitslosigkeit in Niederösterreich Gott sei Dank verschwindend gering ist. Zur Zeit jedoch
gibt es 600 Lehrstellensuchende, überwiegend Mädchen, wie festgestellt wird, die wegen der fixierten
Berufswünsche und auch aus Mobilitätsmangel noch keinen Lehrplatz gefunden haben. Ich darf bei
dieser Gelegenheit feststellen, daß das Landesarbeitsamt für Lehrstellenförderung 37 Millionen
Schilling ausgegeben und damit 2000 Lehrstellenantritte gefördert hat, und ich möchte eigentlich in
dem Zusammenhang nur die Frage stellen, wieviel hat denn Niederösterreich im Zusammenhang mit
dieser groß angekündigten 1000 Schilling-Lehrstellenförderung ausgegeben? Im 84er Jahr, das
wissen wir ja mittlerweile, war diese Förderung noch nicht relevant, weil sie ja erst im Jahr 1985 zum
Tragen kommen sollte. Zu all diesen Problemen kommt natürlich auch die Mikroelektronik, die sich in
unseren Lebensbereichen, im Haushalt, in der Freizeit, im Berufsleben immer stärker ausbreitet und
zweifellos unsere Arbeits- und Lebensbedingungen grundlegend verändern wird. Diese Aspekte
sollten wir bei der Beurteilung des Standards unserer Berufsausbildung in Niederösterreich
berücksichtigen. Ich darf aber vorweg betonen, daß es auch aus unserer Sicht keine Einwände gegen
das duale Ausbildungssystem gibt, daß auch wir die Vorzüge des dualen Ausbildungssystems
uneingeschränkt begrüßen und zwar die Praxisnähe der Ausbildung und auch die erhöhte
Lernbereitschaft der jungen Menschen. Allerdings ist dieses System nur so lange gut, als es eine
andauernde Wechselwirkung zwischen dem Umsetzen der technischen Veränderungen im Betrieb
und der theoretischen Ausbildung im Berufsschulunterricht gibt, solange diese Wechselwirkung,
dieses Anpassen fortgesetzt wird, daß also diese technischen Veränderungen auch im
Ausbildungssystem umgesetzt werden. Hier ist sicherlich noch einiges im argen, wiewohl ich zugebe,
daß das natürlich ein Unterschied ist, ob es sich um einen Familienbetrieb oder um einen
gewerblichen Betrieb mittlerer Größe handelt, oder um einen Industriebetrieb. Ich glaube es ist
unumstritten, daß die Lehrstellen in den Industriebetrieben sehr qualifiziert sind. Die finanzielle
Struktur, die betriebliche Struktur spielt bei Gewerbebetrieben, bei Familienbetrieben zweifellos eine
Rolle und es kommt dort vielleicht langsamer zu dieser Umsetzung. Auf keinen Fall sollten
ökonomische Überlegungen ausschlaggebend sein für die Anzahl der Lehrlinge die man bereit ist
auszubilden im Betrieb bzw. für die Qualität der Ausbildung. Zugegeben, natürlich spielt ein zweiter
Berufsschultag eine Rolle, weil der Lehrling eben um einen Tag weniger im Betrieb beschäftigt ist.
Diese Dinge sollten halt weniger stark wirksam werden und hier stehe ich ein bißchen im Widerspruch
zum Professor Krejci, der gemeint hat, daß dieser Anpassungsprozeß eigentlich selbstverständlich ist.
Daß dieser Prozeß auch im privaten Bereich, im gewerblichen Bereich, aus Wettbewerbsgründen, weil
man gezwungen ist, technische Veränderungen im Betrieb umzusetzen, genauso schnell vor sich
geht, kann man sicher nicht generalisieren. Ich meine also, wenn manche Lehrlinge schon nicht die
Gelegenheit haben, die modernsten technischen Geräte im eigenen Betrieb kennenzulernen, an ihnen
ausgebildet zu werden, daß zumindest in der Berufsschule die Gelegenheit bestehen soll, an diese
Dinge heranzukommen, mit ihnen umgehen zu lernen. Hier reklamiert auch der Berufsschulrat - nicht
nur die Gewerkschaftsjugend, die ja immer als viel zu überspitzt mit ihren Forderungen dargestellt wird
- für den Unterricht praktische Arbeit, Bürocomputer, Rechenmaschinen, elektrische
Schreibmaschinen; oder in den anderen Berufsschulen NC-gesteuerte Einrichtungen, wie sie heute in
einem Industriebetrieb üblich sind, zum Beispiel Schweißstände, Schleifmaschinen. Es hat sich viel
verändert auf dem Sektor, bei den Buchdruckern gibts den Fotosatz. All diese Dinge sollten ja die
Lehrlinge auch in den Berufsschulen haben, um an ihnen ausgebildet zu werden, und hier darf ich
sagen, daß ungefähr 26.000 Schüler in den letzten 10 Jahren an Geräten ausgebildet wurden und für
Bauten und Einrichtungen 1 Milliarde aufgewendet wurde. Bei der Gelegenheit darf ich aber trotzdem,
weil ich mir den Bericht der zuständigen Abteilung angeschaut habe, feststellen, daß im Jahr 1978/79
noch über 31.000 Lehrlinge ausgebildet wurden, während es im heurigen Jahr nicht mehr ganz 26.000
sind. Das bestätigt die Tendenz, die ja schon angekündigt wurde, daß es in den 90er Jahren einen
Mangel an qualifizierten Facharbeitern geben wird. Dieser Problematik sollten wir im Interesse unserer
Wirtschaft und deren Wettbewerbsfähigkeit doch andauernd unser Augenmerk zu wenden und ich
muß auch feststellen, es wird leider merkbar, daß der Herr Landesfinanzreferent Dr.Pröll in dieser
Legislaturperiode, was die Ausbildung unserer jungen Menschen anlangt, auf der Bremse steht.
Bisher standen ungefähr 8 Millionen im außerordentlichen Budget zur Anschaffung der erforderlichen
Sachaufwände zur Verfügung. Natürlich kann man, weil das jetzt nicht der Fall ist, nicht von einem
Stagnieren reden; er hat halt etliche große Brocken, die ja im Bau sind, am Sektor Berufsschulbau mit
Leasing finanziert und zwar: Lilienfeld 103 Millionen, Groß Siegharts 60 Millionen und Mödling 75
Millionen. Es geht also einiges vor sich, das sei unbestritten, allerdings, wenn man über Leasing
finanziert, ist das ja keine besondere Belastung des gegenwärtigen Budgets, des Budgets 1986, und
daher wäre es gar kein Problem gewesen, wenn der Herr Landesfinanzreferent auf die weiteren, eher
bescheidenen Wünsche des Berufsschulrates eingegangen wäre, die der Obmann des
Berufsschulrates an ihn persönlich herangetragen hat. Es wäre das die Fortführung mancher
Berufsschul- bzw. Schülerheimbauten, Mistelbach zum Beispiel, Neunkirchen, Pöchlarn, Stockerau,
Wr. Neustadt, Zistersdorf. Für einige dieser Vorhaben liegen schon fix und fertige Konzepte vor, die
das Budget sicherlich nur mit einigen Millionen Schilling belastet hätten.
Ich stehe hier, auch was die Berufsausbildung anlangt, im Widerspruch zum Aufmacher in der
Handelskammerzeitung - der Herr Präsident Höfinger ist leider nicht anwesend -, wo man meint, daß
hier seitens des Unterrichtsministers ein Anschlag auf die Ausbildung in den Betrieben geschieht und
daß die Betriebe da nicht eingeschränkt werden dürften. Sie finden da Haare in der Suppe, wenn man
den Berufsschulunterricht zu verlängern wünscht. Jetzt muß man aber durchaus zur Kenntnis
nehmen, daß die technische Entwicklung zweifellos die Quantität, aber auch die Qualität der
beruflichen Struktur in hohem Maße verändern wird und längst gültiges Fachwissen verliert plötzlich
an Bedeutung. Das sehen wir bei vielen Berufen, zum Beispiel beim Drucker oder Setzer, beim
Werkzeugmacher, Fotosatz und PC-Technik, programmgesteuerte Maschinen gibt es, und so meine
ich, daß der Beruf der Zukunft über langfristige Qualifikationen verfügen müßte, daß es eine breite
Grundausbildung geben müßte, auf der man dann eben eine Spezialausbildung aufbaut. Kurzfristig
wäre also notwendig, EDV-Unterricht, Fremdsprachenunterricht einzuführen, und ich glaube, da ist
sogar der Obmann des Finanzkontrollausschusses nicht ganz gegenteiliger Auffassung. Auch der
Turnunterricht wäre notwendig in den Berufsschulen, eher zum Ausgleich, als sportliche, als
körperliche Betätigung aus gesundheitlichen Gründen. Ich gebe schon zu, daß das natürlich
zwangsläufig in Richtung Verlängerung des Berufsschulunterrichtes führt, daß das einen weiteren
Berufsschultag unter Umständen oder eine Verlängerung der Berufsschulzeit nach sich ziehen wird.
Längerfristig glaube ich, daß die bestehenden Lehrberufe selektiert werden müßten hinsichtlich ihrer
Inhalte, daß man sie zusammenschließen sollte zu Flächenlehrberufen, daß man unter Umständen
neue Lehrberufe im Hinblick auf die Umwelttechnik entwickeln könnte. Das Berufsausbildungsgesetz
gibt die Möglichkeiten, das in Schulversuchen abzutesten, und man sollte die berufliche Bildung auf
eine breite Grundausbildung stellen. Und das Fernziel der Berufsausbildung ist, neben den
theoretischen Kenntnissen eine umfassende Allgemeinbildung zu vermitteln. Das würde für mehr
Mobilität, aber auch für mehr berufliche Sicherheit sorgen, das Umsteigen in andere Berufe
erleichtern. Es ist ja nichts Neues, daß es wahrscheinlich kaum damit abgetan sein wird, im Leben
einmal einen Beruf erlernt zu haben, und ich bin überzeugt davon, daß die Realisierung dieses
gravierenden berufsbildungspolitischen Vorhabens, nämlich die Qualität der Berufsbildung
anzuheben, nicht ohne Verlängerung der Berufsschulzeit und ohne Klärung des
Finanzierungssystems zu lösen sein wird.
Darüber hinaus ist es natürlich auch erforderlich, die Ausbildner andauernd zu schulen, dem
technischen Stand anzupassen. Und hier verstehe ich das Lamento der Wirtschaft absolut nicht, denn
mit dieser Haltung, nämlich gegen den Berufsbildungsfonds so vehement aufzutreten, verhindert man
natürlich eine hochwertige zukunftsorientierte Berufsausbildung. Unabhängig nämlich von den
ökonomischen Überlegungen könnte man eine bessere Berufsausbildung vermitteln und ich werde
auch gleich sagen warum: weil es einen Lastenausgleich geben könnte zwischen jenen Betrieben, die
sich den "Luxus" leisten können, Lehrlinge auszubilden, und zwischen jenen, die sich die Kosten dafür
ersparen wollen und dann am Arbeitsmarkt ausgebildete Fachkräfte, weil sie ein paar Schilling in der
Stunde vielleicht, hochgegriffen ein paar Schilling, eine Kleinigkeit, mehr bezahlen, diese
ausgebildeten Fachkräfte den anderen abwerben. Ein paar Zahlen in dem Zusammenhang, meine
Damen und Herren, damit das ganze Problem verdeutlicht wird. Die Hälfte unserer Jugend lernt einen
Lehrberuf, nur jeder siebente ist in einem Industriebetrieb ausgebildet. Und hier auch ein Faktum, das
merkbar wird in letzter Zeit. Daß es an qualifizierten Ausbildungsplätzen in der Industrie mangelt,
beweist eine Statistik der Bundeswirtschaftskammer, wonach die Durchfallquote bei
Lehrabschlußprüfungen - das ist der Grund, warum ich immer zwischen den Ausbildungsplätzen
Gewerbe und Industrie unterschieden habe - zum Beispiel bei KFZ-Mechanikern in der Industrie bei
Lehrabschlußprüfungen 15 % beträgt und bei KFZ-Mechanikern im Gewerbe um die 25 %. In
ähnlicher Dimension bewegt sich die Durchfallquote bei Einzelhandelskaufleuten: Industrie 8 bis 9 %,
im Gewerbe 15 %. Das ist ebenfalls eine Situation, die man beachten müßte und die eigentlich in die
Richtung geht, von der ich geredet habe, bei der es möglich sein müßte, eine gleichwertige
Ausbildung zu vermitteln.
Und meine Damen und Herren, weil ich gerade aus einer Gegend komme, die unter dem Überbegriff
"Industriegraben" einzureihen ist - ich mache mir nichts vor, das hat also mit Betriebsansiedlungen zu
tun -, weiß ich auch, daß sich die Lehrstellenproblematik regional sehr stark unterschiedlich
präsentiert. Aus dem Grund bin ich auch ein Fan, was vielleicht nicht die Intention aller anwesenden
Damen und Herren trifft, für regionale Ausbildungsstätten, weil da eine qualitativ gleichwertige
Ausbildung geboten wird und weil ich glaube, daß es nicht der zufälligen wirtschaftlichen Situation
überlassen werden darf, ob ein junger Mensch die Chance bekommt, einen Beruf zu erlernen, ganz
abgesehen davon, daß es ja viele gibt, die einfach eine Neigung zur Erlernung eines manuellen
Berufes empfinden. Und jene, die die Chance hatten, einen Lehrplatz zu bekommen, einen Beruf zu
erlernen, können in einigen Jahren, wo es Konjunktur gibt, wo es sicher bessere Arbeitsbedingungen
gibt, bessere Wettbewerbsbedingungen gibt, wesentlich leichter einsteigen ins Berufsleben als jene das ist ja nachweisbar, das sagen ja alle, die sich damit beschäftigen -, die keinen Beruf erlernt haben,
erlernen konnten und aus irgendeinem Grund über keine derartige Ausbildung verfügen.
Und ob Sie es gern hören wollen oder nicht, mich fasziniert auch noch diese Czettel-Idee, das Modell
einer Facharbeiterbildung auf dem Niveau einer mittleren Reife, nämlich eine sogenannte
Facharbeitermatura. Ich glaube, in diese Richtung müßten wir die Facharbeiterausbildung im
Interesse der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in Zukunft und auch im Interesse unserer
jungen Menschen hintrimmen. Daß das Geld kostet, ist klar. Und jetzt zur Finanzierung des
Berufsbildungsfonds. Na logisch, das werden nicht die Unternehmer, die Gewerbetreibenden allein
zahlen müssen und auch nicht können, da wird die öffentliche Hand mitfinanzieren müssen. Die
Gemeinden zahlen ja schon für die Berufsbildung, nämlich an die Berufsschulen, und die öffentliche
Hand wird jetzt mit einspringen müssen zur Finanzierung. Damit wäre eigentlich die Chance gewahrt,
den Erfordernissen der Zukunft auf diesem Sektor Rechnung zu tragen, und wir sollten uns doch zu
diesen fortschrittlichen Lösungen entschließen und nicht immer gleich aus kurzsichtigem Interesse
von seiten der Wirtschaft, was ich absolut nicht verstehen kann, wenn solche Ideen nur aufflammen,
nur ausgesprochen werden, sich schon mit einer Vehemenz dagegen stemmen und von Anschlag und
dergleichen reden. (Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren, jetzt noch zu den Internaten. Letztlich ist das Land laut Pflichtschulgesetz
gesetzlicher Schülerheimerhalter, auch wenn die Handelskammer auf breiter Basis diese Interessen
wahrnimmt. Es müßte also Anliegen aller Organe des Landes sein, diese 20 Berufsschulen auf einen
zeitgemäßen Standard anzuheben, daß es keine Schlafsäle mehr gibt, daß es Räume mit vier bis
sechs Betten gibt, eine Dusche, ein WC in diesen Räumen, und daß die Räume eine Größenordnung
haben, in der sich die jungen Leute aufhalten können, wo sie lernen können. Vieles ist geschehen.
Herr Kollege Buchinger, schauen Sie mich nicht gleich so vorwurfsvoll an, ich sage ohnehin, daß
schon sehr vieles geschehen ist auf dem Sektor. Aber es gibt natürlich auch einige Dinge, die im
argen liegen. St.Pölten, Baden, Eggenburg, Stockerau, Schrems, Amstetten, Waldegg wurden
angeglichen; ich sage das der Vollständigkeit wegen. Da wurden Inneneinrichtungen instandgesetzt
und verbessert, Fenster ausgewechselt, Fassadenaktionen gemacht und Elektro- und
Sanitärinstallationen vorgenommen.
Einiges, wie gesagt, liegt noch im argen, aber hier gibt es fix und fertige Konzepte, allerdings fehlt im
Budget die finanzielle Bedeckung. Es tut mir so leid, daß der Herr Landesfinanzreferent nicht da ist.
Ich darf bei der Gelegenheit auch ein paar Intentionen der Gewerkschaftsjugend, bei der ich mich
umgehört habe, zum Ausdruck bringen. Und zwar sagt die Gewerkschaftsjugend, die Ausbildung in
der Berufsschule Neunkirchen ist optimal. Dort gibt es hinsichtlich des Gebäudes nichts, allerdings
gibt es im Internat Heizungsprobleme, Isolierprobleme, das entspricht nicht dem derzeitigen Stand. In
Stockerau 1 bei den Elektrikern gibt es noch krassere Probleme: klassenraumähnliche Zimmer für vier
bis zehn Personen, nur um die Problematik ein bißchen zu verdeutlichen, keine Lernräume
vorhanden, das muß derzeit im Speisesaal geschehen, die Spinde sind am Gang, duschen kann man
nur dreimal in der Woche im Keller und da gibt es Wasserzufuhrprobleme, der Letzte bleibt
wahrscheinlich eingeseift, da rinnt das Wasser nimmer. So wurde es mir geschildert und ich bitte um
Verständnis, wenn ich das sage, um zu verdeutlichen, daß es doch noch einiges zu erledigen gäbe
und daß es sicherlich finanziell machbar gewesen wäre. Pöchlarn: Dort wird von den Berufsschülern
begrüßt, daß die Internatseinrichtung im Selbstbau hergestellt wird. Das ist auch eine gute Idee, finde
ich, allerdings dauert es halt verdammt lang und die Bitte wäre, rasch fertigstellen. In Langenlois
wohnt immer noch ein Teil der Schüler im alten kasernenähnlichen Gebäude, das neue Internat ist
erst teilweise bezogen. In Theresienfeld gibt es Probleme mit der Spannung; wenn man einen
Haarföhn und einen Radio gleichzeitig betätigt, dann fällt die Spannung zusammen. Eine Renovierung
der Innenräume wäre ebenfalls dringend.
Meine Damen und Herren, ich habe versucht, die Probleme der Berufsbildung anzuziehen. Ich weiß,
wie sensibel dieser Bereich ist, und bin mir dessen bewußt, daß ich mit meinen Überlegungen nicht
ausschließlich auf Gegenliebe stoßen werde. Weil es zweifellos ein Finanzierungsproblem ist, muß
man sich erst mit diesen Gedanken abfinden in der Wirtschaft, das dauert halt eine gewisse Zeit, das
verstehe ich. Ich würde Sie aber bitten, sich diesen Intentionen einigermaßen anzuschließen. Ich
glaube, im Interesse der Ausbildung unserer Jugendlichen und im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit
unserer Wirtschaft wird es im Hinblick auf die technologischen Veränderungen unumgänglich sein,
derartige Lösungen anzustreben, und ich würde auch bitten, daß man der finanziellen Bedeckung
dieses Sektors künftig das entsprechende Augenmerk zuwendet. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Frau Abg. Lugmayr.
Abg. LUGMAYR (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Verehrte Damen und Herren! Ich möchte den
Teil der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildung an den Fach- und Berufsschulen ein wenig
beleuchten. Niederösterreich war immer schon führend im Berufsschulwesen und im Fachschulwesen
der Land- und Forstwirtschaft. Aber trotzdem muß man ein Ausbildungssystem immer wieder
überdenken und beurteilen, ob es noch praxisgerecht ist und ob es nicht da und dort angepaßt
werden sollte. In einer Zeit, wo das Geld knapp ist, wo wir ein Sparbudget vorgelegt bekommen, ist es
natürlich besonders schwierig, Anpassungen zu finden, die kein Geld kosten und trotzdem wirksam
sind.
Man muß zugeben, daß in unseren Fach- und Berufsschulen sehr viel gemacht wurde in den letzten
Jahren an Neubauten, an Zubauten. Aber trotzdem ist noch einiges notwendig - ebenso wie in den
anderen Berufsschulen, wie wir gerade gehört haben - an Internatszubauten, Adaptierungen. Und die
Erhaltung darf man auf keinen Fall vergessen, denn es ist immer wieder etwas zu reparieren und zu
erhalten. Und wenn wir bedenken, daß es in Niederösterreich 25 landwirtschaftliche Fachschulen und
neun Berufsschulen gibt, dann ist das schon eine schöne Stange Geld, die dafür notwendig ist. Es
wurden zwar in den letzten Jahren einige Berufsschulen aufgelassen, dafür werden aber mehr
Fachschulen benötigt, weil der polytechnische Lehrgang eingeführt wurde in den Fachschulen und
weil der Zustrom der Schüler eben größer geworden ist. Inzwischen wurden einige Schulen
zusammengelegt, damit die Ausbildung in der Praxis besser gewährleistet ist, und es gibt die
verschiedensten Überlegungen. Ich meine, aber die Standorte, die heute noch sind, dürften nicht
mehr verringert werden, denn wir wissen - ich beurteile das ganz besonders vom Standpunkt der
Beratung und der Erwachsenenbildung, weil unsere Fachschulen ja auch Beratungsstützpunkte sind daß es heute in der Landwirtschaft besonders wichtig ist, daß man Beratungskurse halten kann, wo
man die Bäuerinnen und Bauern informiert, welche Möglichkeiten es gibt in der Alternativproduktion,
über bessere Produktionsmöglichkeiten, über Umstellung auf Nebenerwerbslandwirt. Das ist für die
verschiedensten Gruppen notwendiger denn je, auch deshalb, weil sich leider der Bund vom
Beratungswesen finanziell zurückgezogen und sein Budget sehr stark eingekürzt hat. Eine
Qualitätsverbesserung der Ausbildung in den landwirtschaftlichen Fachschulen, die nichs kosten
würden, meine ich wäre durchführbar, indem man in den dreijährigen Fachschulen der
verschiedensten Sparten der Landwirtschaft das Praxisjahr, das derzeit nach den drei Jahren
zwischen Schule und Facharbeiter- bzw. Gehilfenprüfung absolviert wird, zwischen zweitem und
drittem Lehrgang einbauen würde. Es wäre dies möglich im Rahmen der Schulausbildung und daher
auch die Krankenversicherung im elterlichen Betrieb gerechtfertigt und nicht so teuer. Wir haben ja die
Erfahrung der Gartenbaufachschule Langenlois, wo das schon seit vielen Jahren praktiziert wird, wo
man dieses Praxisjahr auch als Fremdpraxis vorschreibt. Das wäre sicher geeignet, die Ausbildung in
der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern, ohne daß es Geld kostet.
Die Ausbildung soll praxisgerecht und vielseitig sein, sie soll sich auch auf verschiedenen Ebenen
abspielen, besonders für die Bauern und Bäuerinnen. Ich meine damit, daß wir auch Möglichkeiten
anbieten müssen für einen späteren Berufseinstieg, das heißt, wenn ein Bursch eine
Berufsausbildung hat in irgendeiner anderen Sparte, schon einige Jahre gearbeitet hat und dann
vielleicht arbeitslos wird, soll er die Möglichkeit haben, in einem Betrieb anzufangen als Bauer. Oder
wenn die Eltern bereits in Pension gegangen sind und er nun in den Betrieb einsteigt, soll er dazu eine
Ausbildung angeboten bekommen, einen sogenannten Einsteigerlehrgang oder eine
Umschulungsmöglichkeit. Ganz besonders wichtig finde ich das auch zum Einstieg in den Beruf der
Bäuerin, denn wir wissen, daß die Mehrheit der Bäuerinnen zu diesem Beruf kommt, ohne daß sie in
der Jugendzeit, in der Zeit der Berufsausbildung daran gedacht hätten, weil sie eben einen Bauern
geheiratet haben und dann eben Bäuerinnen wurden. Sehr viele Mädchen, die eine Berufslehre
abgeschlossen und eine Prüfung abgelegt haben, hätten den Wunsch, ein Jahr oder einige Monate in
einer Schule die Ausbildung zu einer Bäuerin zu absolvieren. Es gibt Gott sei Dank auch schon
Überlegungen im Referat, solche Sonderlehrgänge anzubieten. Ich hoffe, daß sich auch die
Arbeitsmarktförderung beteiligen wird bei der Finanzierung solcher Lehrgänge für Burschen und
Mädchen, die in den Beruf Bauer oder Bäuerin einsteigen möchten. Es wird auch notwendig sein,
nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in anderen Berufen - in Amerika ist das schon seit vielen
Jahren üblich -, daß man sich nicht auf eine Berufsausbildung verläßt, sondern womöglich mehrere
Berufsausbildungen absolviert. Bei dieser schwierigen Umstrukturierung der Arbeitsplätze wäre das
sehr wünschenswert und ich würde es wieder besonders vom Standpunkt der Mädchenausbildung
begrüßen, wenn sehr viele Mädchen erkennen, daß auch die Ausbildung in ländlicher Hauswirtschaft
eine Berufsausbildung ist, es aber notwendig ist, dann zusätzlich für die jeweilige Betriebssparte, wo
ich dann tätig bin, einen Aufbaulehrgang zu absolvieren, in Landwirtschaft, im Weinbau, im
Gartenbau, in den verschiedensten Richtungen, die ich eben für den Betrieb brauche. Die Ausbildung
muß sehr viele Möglichkeiten aufzeigen, es muß Weiterbildungsmöglichkeiten geben. (Abg. Stangl:
Das kann man doch alles im Fortbildungswerk führen!) Ich möchte darauf hinweisen, daß man dort
nicht auf die Wichtigkeit der hauswirtschaftlichen Ausbildung Bedacht nimmt. Im Fortbildungswerk
wollen sie eine Berufsausbildung finanzieren, einen Sonderlehrgang. Solche Lehrgänge werden sicher
angeboten, aber das ist zu wenig. Es müssen längere Kurse sein und es müßte eine
Berufsausbildung und eine Prüfung zum Schluß sein. Es müßte eine weitere Ausbildung ermöglicht
werden.
Ich möchte auch davor warnen, daß man die Ausbildung für die Familie, für den Haushalt und für den
Beruf der Mutter zu sehr abwertet. Wenn man in diesem Beruf auch nicht sehr viel verdient, ist es
trotzdem eine wertvolle Tätigkeit für unser Land, besonders im Hinblick darauf, daß es in Zukunft
große Aufgaben in der Familie zu bewältigen geben wird im Bereich der menschlichen Probleme, im
Bereich Umweltschutz im Haushalt. Es wird finanzielle Schwierigkeiten immer in der Familie zu
bewältigen geben, und dazu ist eine Ausbildung für die Familientätigkeit notwendig. Eine Möglichkeit
wäre eine hauswirtschaftliche Ausbildung vor der beruflichen Ausbildung, wo man sich dann Geld
verdient, und eine Zusatzmöglichkeit der Erwachsenenbildung wäre die Ausbildung in allen
Lebensbereichen. Im Bereich der Familienpolitik sind in Niederösterreich schon sehr gute Ansätze
geschaffen worden mit dem Familiengesetz, die verschiedenen Weiterbildungsmöglichkeiten werden
sicher noch ausgebaut und ergänzt. Und ich meine, daß Mädchen und Burschen erkennen müssen,
daß ein Wissen über Haushalt und Familie sehr notwendig ist, und bin sehr froh darüber, daß man in
den Fachschulen auch den Burschen ein Grundwissen an Hauswirtschaft anbietet. Aber man sollte
dabei nicht eine Spezialausbildung, die für die Mädchen jetzt angeboten wird, freiwillig natürlich,
benachteiligen und umbringen. Die Möglichkeit zu einer ländlichen hauswirtschaftlichen Ausbildung
müßte weiter bestehen. Ein spezielles Wissen in der Haushaltsführung wird in Zukunft sehr wichtig
sein, nicht nur im Bereich der Familie. Es wäre auch notwendig, in sehr vielen anderen Bereichen gut
hauszuhalten, auch in der Politik. Das wird man sicher nicht mit Quotenregelung und Zwang
erreichen, sondern nur im Verständnis miteinander, im Verständnis, daß auch dieser Bereich sehr
wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Krendl.
Abg. KRENDL (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die
Gruppe 2 gibt mir wieder die Möglichkeit, über Familie, Sport und Jugend zu sprechen. Die Vereinten
Nationen haben mit Entschließung der UN-Generalvollversammlung vom 17.Dezember 1979 und vom
11.Dezember 1980 das Jahr 1985 zum Internationalen Jahr der Jugend erklärt. Im heurigen Jahr
bilden also Fragen der Jugend einen eigenen Mittelpunkt der Tätigkeit dieser Weltorganisation,
Fragen des Verhaltens und Selbstbewußtseins der Jugend, ihrer Probleme, ihrer Konflikte und
Orientierungen. Im heurigen Jahr hatten die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Gelegenheit, ihre
eigene Jugendpolitik im Lande mit der Jugendpolitik in anderen Ländern zu vergleichen und
gegenüberzustellen, aber auch über die Lage und über die Rolle der Jugend Erfahrungen
auszutauschen und Initiativen im Bereiche der Jugendarbeit zu setzen. Das heurige Jahr wurde als
Jugendjahr, wenn man es so sehen will, aber auch unter das Motto "Mitwirkung, Entwicklung und
Frieden" gestellt. Im Lichte dieser Ideen sollen drei Problemfelder besonders behandelt werden, die
für die Gegenwart und Zukunft der Jugend weltweit von Bedeutung sind. Es handelt sich um die
Fragen nach der Rolle, die die Jugend zum Beispiel zwischen den Generationen spielt, nach den
Möglichkeiten, die sie in ihrer Entfaltung und Selbstverwirklichung freilegt und die ihr offenstehen und
nach den Sicherheiten und Zukunftschancen, auf die sie ihre Lebensperspektiven gründen kann. Ich
habe schon einige Male hier im Hohen Haus darüber gesprochen, daß die Jugend in den
Gesellschaften der Industrieländer und Entwicklungsländer der Welt nicht nur sozial, sondern längst
auch politisch einen eigenen und wichtigen Faktor darstellt. Das Spannungsfeld der Jugend ist groß,
das wissen wir alle. Es ist ja die Altersgruppe, die für die Entwicklung bis zum Erwachsensein
zunächst noch den besonderen Schutz des Gesetzes genießt und dann sukzessive in die eigene
Verantwortung entlassen wird. Es ist jene Zone des Lebens, in der das Wünschbare mit dem
Machbaren streitet, in der die Realisierbarkeit von Vorstellungen sich an vorhandenen Kräften und
Möglichkeiten erweist. Das Hineinwachsen der Jugend in die Erwachsenenwelt ist für sie nicht leicht,
das wissen alle, die mit Jugend zu tun haben oder gehabt haben. Das Zurkenntnisnehmen all der
Kräfte, der Werte, der Ordnungen des Erwachsenenlebens schafft oft ganz große Konfliktsituationen.
Die jungen Menschen müssen die soziale Verantwortung ebenso erkennen wie die Tatsache, daß
allgemeine Wohlfahrt auf der Grundlage individueller Arbeit und Leistung aufgebaut ist und daß man
in den Genuß der Freiheit nur dann gelangen kann, wenn man auch bereit ist, diese Freiheit zu
verteidigen. All diese Erkenntnisse sind wesentliche Voraussetzungen des politisch-gesellschaftlichen
Friedens. Und diese Jugend stellt sich natürlich auch ihre Fragen, auf die sie Antworten erwartet. Sie
fragen: Stehen der jungen Generation im notwendigen Umfang und in angemessener Breite Wege in
die Berufs- und Arbeitswelt offen? Oder: Erfährt die junge Generation, daß sie gebraucht wird? Oder:
Wie wird ihr Lebensraum und ihre Umwelt in Zukunft beschaffen sein? Und wir, die heutige
Erwachsenengeneration, fragen uns dann oft im Zusammenleben mit den Jungen, haben wir es bei
der Überwindung von speziellen Jugendgruppen mit einer kompromißlosen oder ablehnenden,
schwärmerischen oder skeptischen, im diesseits oder im abseits stehenden Jugend zu tun? Fragen
also auf beiden Seiten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.
Wir haben als politisch Tätige in diesem Lande eine große Verantwortung gerade auf diesem Gebiet
übernommen und ich glaube, daß wir uns alle dieser Herausforderung, die uns gestellt ist, bewußt
sind, daß wir überlegen müssen, wie wir den jungen Menschen helfen können, sich zu formen, daß sie
dann später als Erwachsene mit den Problemen des Lebens fertig werden können. Unsere
Zielsetzung muß es sein, die Entfaltungsmöglichkeiten des jungen Menschen zu erkennen und zu
fördern, ihm seinen eigenen Stellenwert einzurichten im Leben, ihm zu helfen und sein
Leistungsbewußtsein zu wecken. Der junge Mensch muß erkennen, daß seine eigene Begabung nicht
nur seinem eigenen egoistischen Weiterkommen dient, sondern auch zur Verpflichtung führt, dem
Schwächeren zu helfen. Er muß erkennen, daß es notwendig ist, daß er seine Fähigkeiten und
Fertigkeiten der Gemeinschaft zur Verfügung stellt. Diese Herausforderung an uns als
Erwachsenengeneration stellt sich natürlich auch im Landesbudget. Setzen wir, so fragen wir uns oft,
die finanziellen Mittel optimal ein? Erreichen wir mit den eingesetzten Mitteln den gewünschten Effekt?
Ich habe im Vorjahr schon davon gesprochen, daß die Jugendorganisationen und Jugendverbände
eine unendlich wichtige Rolle in der Jugendarbeit darstellen. Die eigentliche und wirkliche
Jugendarbeit geschieht, das wissen wir alle, in den traditionellen Jugendgruppen. Ein gutes Maß hier
zu finden zwischen den Großveranstaltungen auf Landes- oder Bezirksebene und der notwendigen
Unterstützung von Jugendorganisationen und Jugendverbänden ist daher im Budget anzustreben. Wir
meinen, daß ein höherer Ansatz gerade bei der Jugendförderung notwendig wäre. Begründen könnte
man das damit: Pädagogisch gut geschultes Personal kostet Geld, Jugendleiterausbildung ist
notwendig, wenn ich mir auch vorstellen könnte und das habe ich aus dem Bericht des
Jugendreferates entnommen, daß bei der Jugendleiterausbildung des Landesjugendreferates der
Schwerpunkt nicht unbedingt nur auf Tanzausbildung liegen müßte. Es gab in der Berichtsperiode
lediglich einen Rhetorikkurs und einen Kurs für Jugendzeitungsredakteure. Von den insgesamt acht
Kursen waren sechs Kurse Jugendtanz und Volkstanz. Sei es wie es sei, diese
Jugendleiterausbildung ist unendlich wichtig und sollte in dieser Richtung auch fortgeführt werden.
Für die Errichtung und Ausgestaltung von Jugendtreffs wurden nun aufgrund des neuen
Jugendgesetzes 1,153.000 Schilling ausgegeben. Auch hier wieder aus dem Bericht des
Jugendreferates: Es ist interessant, daß 31 Förderungsansuchen eingegangen sind und - hören Sie 39 Ansuchen bewilligt worden sind. Egal wie es gemeint ist, ich wollte mit diesem Beispiel nur
aufzeigen, in welchen Größenordnungen finanzielle Mittel gerade bei diesen Jugendtreffs notwendig
sind.
Die Ausgaben werden also immer mehr, auch bei den Jugendorganisationen, bei den
Jugendverbänden. Die Mittel reichen oft nicht aus, um eine entsprechende und wirkungsvolle
Jugendarbeit zu machen. Wir könnten uns daher als dringend notwendig einen höheren Ansatz für die
Förderung von Jugendverbänden vorstellen. Im Vorjahr habe ich schon darauf verwiesen, daß wir uns
eine ähnliche Förderung, wie sie es derzeit beim Sport in Niederösterreich gibt, wünschen würden.
Der Aufwand für das pädagogische Personal, ähnlich wie bei der Trainerförderung beim Sport, wäre
förderungsmäßig anzustreben. Es muß also unser Bestreben sein, alles daran zu setzen, daß wir eine
effiziente Jugendarbeit nach besten Kräften fördern. Wir müssen daher Personen, Institutionen,
Verbände und Vereine unterstützen, die sich zum Ziel gesetzt haben, unsere Jugend zu
selbstbestimmenden, gleichberechtigten, hilfsbereiten, selbstbewußten und friedliebenden Menschen
zu formen. Aus dem Bericht der Abteilung I/4, und damit komme ich zum Sport, können wir die
Aktivitäten des Sportreferates des Landes Niederösterreich ersehen. Der Bericht enthält eine Reihe
von positiven Initiativen. Ich möchte als positiv die Durchführung des Lehrlingssporttages der
Berufsschulen hervorheben. Über 500 Teilnehmer aus 21 Berufsschulen waren dort vertreten. In mehr
als 17 Disziplinen maßen die Jugendlichen ihr Können. 800 Zuschauer konnten begrüßt werden. Es
ist meiner Meinung nach wichtig, daß durch diesen Lehrlingssporttag in sinnvoller Weise eine große
Anzahl von jungen Menschen motiviert wird, auch selbst sportlich aktiv zu werden. Bei dieser
Gelegenheit darf ich anmerken, daß die Ausbildung der Berufsschullehrer durch die Sportabteilung
besonders intensiv gemacht wird. Der Finanzkontrollausschuß hat schon wiederholte Male bei seinen
Prüfungen darauf verwiesen, daß beim Ausbau der Berufsschulen darauf zu achten ist, daß im
Bereich dieser Schulen auch zeitgemäße Sportanlagen mitgebaut und errichtet werden. Wir alle
wissen, was es für einen Lehrling bedeutet, wenn er den ganzen Tag bei einem anstrengenden
Ausbildungsprogramm im Lehrsaal sitzen muß und mitmachen muß. Ein gesunder Ausgleich ist hier
sicherlich die Möglichkeit, Sport und Bewegung zu machen. Auf diese Tatsache wird ja auch im
Tätigkeitsbericht hingewiesen. Diese Sporttage haben sicherlich eine große Vorbildwirkung, davon bin
ich überzeugt, ebenso wie etwa der Leistungs- und der Spitzensport. Ich finde, daß auch die
Beratungstätigkeit durch die Sportabteilung im Hinblick auf den gezielten Einsatz von
Sportförderungsmitteln zum Bau von Sportstätten äußerst sinnvoll ist. Immerhin werden für diese
Aktivitäten in Niederösterreich 34 Millionen Schilling an niederösterreichische Sportvereine und
Gemeinden ausgegeben. Wir haben selbst in unserer Gemeinde diese Beratung in Anspruch
genommen. Ich war bei den Besprechungen dabei und kann nur Positives berichten. Es ist sehr
notwendig, daß sich die örtlichen Vereine hier beraten lassen können.
Nach wie vor besteht von den Vereinen und Verbänden der Wunsch, die Subventionen für
Administrationskosten, die ständig steigen, zu erhöhen. Büromaterial, Aussendungen und vor allem
die Mietkosten für Verbandslokale und Sporthallen werden immer teurer. Positiv ist, daß es für
Sporthallenmieten einen Ersatz gibt, weil gerade in der Winterzeit oder in der Zeit, wo man nicht
draußen Sport treiben kann, bzw. überhaupt für Sportarten, die man nur in den Hallen betreiben kann,
diese Hallen gemietet werden müssen, was den Vereinen viel Geld kostet. Ich denke hier an Handball
oder an Schwimmen oder ähnliches. Ich glaube also, daß man das als positiv bezeichnen kann. Wir
würden nur glauben, daß die Förderung für den Trainereinsatz noch höher dotiert werden sollte als es
derzeit der Fall ist.
Für den Jugendsport wird heuer 1 Million Schilling im Budget ausgewiesen. Im Hinblick auf eine
sinnvolle Nachwuchspflege und eine systematische Talentfindung für den Spitzensport ist dies auch
notwendig, nur muß man halt jetzt die geeigneten Wege suchen für einen sinnvollen und
wirkungsvollen Einsatz dieser Geldmittel. Wir könnten uns beispielsweise eine stundenweise
Bezahlung von geeigneten Trainern vorstellen, von Lehrern, die Zeit haben, vielleicht am Nachmittag,
oder für gut geschulte, speziell für die Jugend geschulte Trainer. Und es sollen ja auch mit diesen
Geldmitteln Fortbildungskurse, die Abhaltung von Trainingslagern und die Ausrüstung der Sportler
gefördert, aber auch Fahrtspesenzuschüsse gewährt werden. Das ist alles in diesem Ansatz inkludiert
und ich glaube, daß es gut ist, daß man heuer diese Voranschlagsstelle geschaffen hat.
Wir sind der Meinung, daß die Sportbewegung außerhalb der Schule nur von den Vereinen und
Verbänden optimal durchgeführt werden kann. Diese sind aber auch angewiesen auf die ihnen echt
zugesagten finanziellen Mittel. Und hier ist doch etwas negativ zu bemerken; der Ansatz im Budget für
Sportvereine und Sportverbände ist nur um 200.000 Schilling erhöht worden, nämlich von 3,5 auf 3,7
Millionen Schilling, das bedeutet in Wirklichkeit keine Erhöhung, weil neue Verbände von der
Bundessportorganisation aufgenommen worden sind und von der Landessportorganisation anerkannt
worden sind. Mehr Verbände, daher haben die bereits bestehenden Verbände mit demselben Geld
auszukommen, ich lese das so aus dem Budget, und es gibt bisher nach meiner Meinung de facto
keine Erhöhung. (LR Prokop: Welche sind neu aufgenommen?) Das werden wir sicher dann
richtigstellen, Frau Landesrat. Tatsache aber ist, daß die Ausgaben für Sach- und Personalaufwand
immer weiter steigen und da sind wir schon wieder konform in unserer Meinung, wie ich schon vorher
gesagt habe. Besonders deutlich ist dies bei der Sportförderung für Jugendverbände. Hier werden die
großen Leistungen für den Breitensport und den Gesundheitssport mit 532.000 Schilling schon seit
Jahren gleich gefördert, auch das könnte man einmal etwas anheben.
Unsere Zielvorstellungen auf diesem Gebiet gehen dahin, daß wir meinen, der Sport kann in
Niederösterreich nur dann funktionieren, wenn wir die Verbände und Vereine in Hinsicht ihrer
Einrichtungen, im Sinne einer funktionierenden Administration und auch in personeller Hinsicht
wirkungsvoll fördern und unterstützen. Das Vereins- und Verbandsleben darf nicht eingeschränkt
werden. Die Impulse des Sportreferates sind gut und wirkungsvoll. Es wurde auch hier erkannt, daß
der Sport nur in den Vereinen, von den Vereinen, durch die Vereine und mit den Vereinen leben kann.
Diese Erkenntnis ist eine Realität, die wir über alle politischen Grenzen hinaus so verstehen. Vor allem
in den Vereinen selbst wird das über die politischen Grenzen so gesehen.
Und nun gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zum Bereich der Familienpolitik. Aus den eher
bescheidenen Anfängen der 40er Jahre und der frühen 50er Jahre entwickelte sich quantitative
Familienpolitik in Österreich seit den 60er Jahren zu einem integrierten Bestandteil staatlicher Sozialund Einkommenspolitik. Im Jahre 1984 erreichten die familienpolitisch motivierten Zahlungen und
Leistungen der öffentlichen Hand bereits einen Umfang von rund 42,5 Milliarden Schilling. Davon
entfielen 35,5 Milliarden auf Leistungen des Familienlastenausgleiches, 4,9 Milliarden auf sonstige
Leistungen des Bundes, der Länder und Gemeinden und weitere 2,1 Milliarden auf Leistungen der
Sozialversicherungen. Die Familienförderung des Bundes umfaßt 35 % aller Ausgaben des Bundes
für die Bereiche Gesundheit und Soziale Wohlfahrt. In Niederösterreich haben wir mit der Schaffung
des Niederösterreichischen Familiengesetzes die legistischen Voraussetzungen für die Förderung der
Familien geschaffen. Immer mehr aber kommen wir bei der Frage der Förderungen unserer Familien
darauf, daß es nicht immer nur um materielle Werte geht, sondern daß wir vielmehr auf ideelle
Förderungsmöglichkeiten in der Zukunft Bedacht nehmen müssen. Bei einer Befragung, die im
Auftrage des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz durchgeführt wurde,
zeigte sich folgendes: Die Meinung der Befragten zur staatlichen Familienpolitik, insbesondere zu
familienorientierter Verteilungspolitik waren geteilt. Mehr als zwei Fünftel, nämlich 43 %, beurteilen
diese Politik als positiv. Etwas über ein Fünftel, 22 %, hielt die österreichische Familienpolitik für nicht
großzügig genug und immerhin ein Drittel, 35 % genau, hielt dieselbe Politik für großzügig, ja manche
sagten sogar verschwenderisch. Die traditionelle Kritik, daß zu wenig für die Familien geschehe,
wurde von einem zunehmend kleineren Kreis geübt. Man kann also daraus sehr wohl schließen, daß
die materielle Förderung sicher nicht in allen Fällen, aber doch in weiten Bereichen als ausreichend
empfunden wird. Wenn ich gleich in konkreten Punkten noch Verbesserungen angemerkt haben
möchte, so möchte ich das am Beispiel der Hausstandsgründung zeigen. Bei der Förderung der
jungen Familien sollte gerade in einer Zeit, wo sie dabei sind, die Familie zu gründen, das Haus zu
bauen, die Familie aufzubauen, wo es noch keine Kinder oder vielleicht ein Kind gibt, dieser Zuschuß
größer sein. Es sollte mehr Geld gegeben werden können, höhere Beträge sollten als Förderung
eingesetzt werden und die Laufzeit dieser Förderung müßte länger sein, damit sich die Familie wirklich
mit diesem Geld etwas schaffen kann. Dieses Beispiel sollte lediglich zeigen, daß es sicher immer
wieder Bereiche gibt, die auch finanziell noch abzudecken sind. Es wird immer Bereiche geben, in
denen Menschen noch wirkungsvoller geholfen werden könnte als bisher. Mir geht es aber heute
hauptsächlich darum, einige grundsätzliche Anmerkungen zur Familie der heutigen Zeit zu machen,
weil ich glaube, daß auch dies notwendig ist, wenn man sich bei einer Budgetdebatte mit
Familienpolitik beschäftigt. Der erste Schritt des Menschen in die Gesellschaft erfolgt zumeist in der
Familie. Der überwiegende Teil der Menschen wird auch später die Familie bevorzugen, das
Familiengefüge. Man kann es einer demokratischen Gesellschaft also nicht verübeln, daß es ihr nicht
gleichgültig sein kann, wie diese Familie lebt, welche Beziehungen sie zur gesamten Gesellschaft
herstellt. Es ist erwiesen, daß die Familie den höchsten Einfluß auf die Entwicklung des Kindes und
des jungen Menschen hat. In der Familie entstehen Werthaltungen, Einstellungen, Verhaltensweisen,
Gewohnheiten, in der Familie beginnt die Bildung des Kindes, die Vorbereitung auf das
gesellschaftliche Zusammenleben, auf die Arbeit, auf die Freizeit, auf die Konsumwelt. In der Familie
beginnt die Begegnung mit der Kultur, egal, was sich jeder einzelne darunter vorstellt. Der Mensch ist
Zeit seines Lebens, vom Säuglings- bis zum Greisenalter, auf Hilfe, je nach Lebensphase
verschieden, angewiesen. Kommt diese Hilfe weitgehend oder lange Zeit aus der Familie, so wird
diese Familie als der innere Halt des Menschen empfunden. Die Entwicklung der Familie, ihre
Struktur, ihre Größe und ähnliches sind immer wieder einem Wandel unterworfen. Alle aus diesem
Wandel sich ergebenden Veränderungen der familiären Verhältnisse legen eine dynamische Sicht der
Familien nahe. Sie regen an, die Aufgaben der Familie, die familienpolitischen Grundsätze, die
Forderungen an die Gesellschaft immer wieder neu zu überdenken. Diese Überlegungen werden uns
immer wieder beschäftigen müssen, wenn wir uns mit Familienpolitik, mit Familienförderung
beschäftigen. Die Erziehung der Familien, das Reifmachen der Familie für die Beschäftigung mit
Angeboten aus der Erziehungswissenschaft und der Kultur, die in der eigenen Familie wirksam
eingesetzt werden könnten, wird eine zentrale Frage werden. Die Eltern haben heute mehr als jemals
zuvor eine große Aufgabe zu erfüllen. Sie müssen die vielen Angebote im Kultur- und Bildungsbereich
aufnehmen, sie prüfen und überlegen, wie weit diese Angebote dazu dienen können, in ihren Kindern
Begabungen zu wecken. Das müssen sie dann entscheiden. Meine sehr verehrten Damen und
Herren, wie oft verkümmern Talente, wie oft verkümmert Begabung und Veranlagung nur deshalb,
weil niemand da ist, der diese Begabung auch erkennt. Wir müssen in der Politik alle
Voraussetzungen schaffen, damit unsere Familien die Angebote überhaupt annehmen können, um sie
sinnvoll und wirkungsvoll auszunützen.
Und darum meine ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es wichtig ist, durch eine
gezielte und wirksame Budgetpolitik entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. Jeder Schilling, der
im Bereich des Sportes, der Jugenderziehung, aber auch in der Familienpolitik ausgegeben wird,
schlägt sich letztlich durch die Tätigkeit vieler tausender Idealisten zu Buche. Jeder Schilling, in
diesem Bereiche eingesetzt, kann uns helfen, einen weiteren Schritt in eine gute Zukunft zu tun.
(Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zu Worte gelangt Herr Abg. Hiller.
Abg. HILLER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Das Landesbudget 1986 gibt heute Anlaß, sich
auch mit dem Themenkreis Jugend, Beruf, Sport, Freizeit näher zu befassen, wie das gerade mein
Kollege Krendl getan hat. Es gilt hier vor allem, die Fakten darzustellen und die Absichten der
niederösterreichischen Politik darzulegen.
Das zu Ende gehende Jahr 1985, von der UNO zum Internationalen Jahr der Jugend erkoren, ist
daher ein besonders aktueller Grund, um sich dieses Themas Jugend, im Spannungsfeld von
Konflikten und Interessen gelegen, etwas näher anzunehmen, wobei dieses Thema sicher nicht leicht
zu bewältigen ist. Die Lebensphase Jugend ist schon an und für sich sehr schwer einzugrenzen. Was
ist eigentlich Jugend, stellt sich die Frage. Ist die Jugend ein körperlicher Zustand, ein geistiger oder
ein kultureller? Vor allem die Statistik tut sich sehr schwer, diesen Lebensabschnitt genauestens
einzugrenzen. Beginnt für sie die Jugend mit dem Abschluß der Pflichtschule oder mit dem Beginn der
Pubertät? Endet die Jugend dagegen mit dem Erreichen der Großjährigkeit, der Verehelichung, des
Studienabschlusses oder vielleicht durch die eigene Hausstandsgründung? Beschließt denn ein
gewisses Lebensalter die Jugend? Ein uralter Wunschtraum der Menschheit nach ewiger Jugend
kann diese Situation noch mehr verwirren. Wir brauchen aber, sehr geehrte Damen und Herren, für
unsere praktischen politischen Entscheidungen Kriterien, um eine möglichst effiziente Politik für
unsere nachkommende Generation in Niederösterreich machen zu können, und wir tragen dafür auch
eine sehr hohe Verantwortung. Ich halte die Verselbständigung des Einzelnen, das Loslösen von
seiner Familienabhängigkeit und seine Kritikfähigkeit gegenüber unserer neologistischen sehr freien
Gesellschaft für die wichtigsten Merkmale des Erwachsenseins. Bei dieser Verselbständigung spielen
natürlich wirtschaftliche, physische und psychische Argumente eine wichtige Rolle und wir kommen
selbst bei dieser Argumentation schon wieder ins Wanken, wenn wir sehen, daß sowohl physisch als
auch psychisch erwachsene Personen, wie zum Beispiel Studenten oder Arbeitslose, die ihre geistige
Entwicklung bereits abgeschlossen haben, einfach nur dadurch, daß sie noch nicht wirtschaftlich
selbständig sind, letztendlich die völlige Verselbständigung nicht erfahren haben. Wir kennen diesen
Kontrast, daß es junge Familien unter 20 Jahren mit einem Kleinkind gibt, die vielleicht noch zur
Jugend zu zählen wären, während andere vielleicht jenseits des 25. Lebensjahres noch studieren.
Wir alle fühlen uns aber verpflichtet, diese entscheidende Lebensphase von der Kindheit zum
Erwachsensein positiv zu beeinflussen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die
niederösterreichische Landespolitik hat auch wiederholt durch die verschiedensten Maßnahmen wie
Jugendgesetz, Sportförderungsgesetz und verschiedene Beihilfen diese Verpflichtung
wahrgenommen. Neben dem Einstieg der Jugend in die Arbeitswelt, der uns heute vor allem von der
Arbeitsmarktsituation her große Probleme schafft, ist das Freizeitverhalten und vor allem die
Freizeitbetätigung zu berücksichtigen. Zwar fördert auch heute noch das Berufsleben großteils junge
Menschen in ihrer positiven Ausrichtung, jedoch ist diese pädagogisch sehr wichtige Bewährung im
Arbeitsprozeß und Beruf leider allzu vielen verwehrt. Es nimmt das außerberufliche Leben, unsere
Freizeit, einen wesentlichen Anteil an der Formung und Selbstverwirklichung unserer jungen
Generation. Dazu kommen noch die vielen kommerziellen und gesellschaftlichen Zwänge, die es für
die Jugend zu relativieren gibt, wenn sie ihr sehr heftig über die Medien vermittelt werden. Wir können
als Erwachsene mitverfolgen, wie gepushte Popstars und die dahinterstehenden Agenturen ständig
einen neuen Lebensstil kreieren und der Jugend vor Augen führen. Mit nachgeschalteten TV-Spots,
Videos oder einer Flut von Jugendmagazinen wird die Jugend ständig umworben, von ihrer Kaufkraft
für diese Dinge etwas abzugeben. Und die Mittel dieser Branche sind wahrhaft nicht zimperlich.
Unverfroren wird in den Liedertexten, in den Songs, in den Featchers, wie man es heute nennt, die
Sensibilität dieser jungen Menschen angesprochen. Ihre Friedenssehnsucht, ihr Verständnis für eine
bessere Umwelt oder ihre Ablehnung einer allzu kapitalistischen Welt wird nur ausgenützt. Die wahren
Motive dieser Weltverbesserer werden später erkannt, wenn sie die Gagenforderungen für ihre
Auftritte durchzusetzen vermögen oder wenn sie selbst als Umweltverpester auftreten, indem sie
überdimensionale PKWs oder Motorräder fahren. In diesem Umfeld von kommerzieller Umwerbung
mit all ihren Widersprüchen vollzieht sich die entscheidende Prägung unserer Jugend. Eine
empirische Untersuchung, meine Damen und Herren, über die Ansprüche der Jugend
Niederösterreichs an die Zukunft zeigt uns, daß sie zum überwiegenden Teil den wichtigen materiellen
Dingen letztendlich nicht abschwört und sich damit kaum von den Ansprüchen der Erwachsenenwelt
unterscheidet. Als erstrebenswert gilt nach wie vor eine eigene Wohnung, eine gute
Wohnungsausstattung, Geld für Urlaub und für das Lieblingskind des Österreichers, das Auto. Diese
Dinge erachten 9 von 10 Niederösterreichern als sehr wichtig und die Befragung ging dahin, was
würde diese junge Generation dafür ausgeben, was würde sie einsetzen. Und die Beantwortung ergab
eine Bereitschaft zur Ableistung von Überstunden, wodurch dieses Verhältnis 9 von 10 entstanden ist.
Ich glaube, daß wir durch diese Studie auch ganz deutlich vor Augen geführt bekommen, daß das
kommerzielle Unterhaltungsangebot unsere Jugend nicht total vereinnahmt hat. So hält zum Beispiel
rund ein Viertel der Befragten ein Fernsehgerät, Schallplatten oder eine Stereoanlage für unwichtig,
ein Videogerät gar die Hälfte der Befragten. Es scheint hier also schon eine gewisse Sättigungsphase
dieser modernen Kommunikationsmittel erreicht zu sein. Worauf vermehrt angesprochen wird, ist die
Investition von Zeit und Geld in die eigenen Aktivitäten. Dem Zusammensein mit Freunden, dem
Urlaub, dem Sport wird weitaus mehr Bedeutung zugemessen. Die Kommunikation untereinander,
aber auch das Zusammensein mit Eltern trotz dieser Phase, wo man versucht sich zu
verselbständigen, die eigene Persönlichkeit in den Vordergrund zu rücken, ist also ein sehr
überraschendes Ergebnis. Nette Leute kennenzulernen, ist ein sehr wichtiges Ansinnen unserer
Jugend in Hinsicht auf die Freizeitbewältigung. Ein überraschend geringer Prozentsatz, und zwar nur
20 %, nennen Diskotheken, Kaffees, aber auch gute Gasthäuser als ideale Jugendtreffs.
Rund ein Drittel nennt Sportstätten und Sportveranstaltungen als die idealen Kommunikationszentren,
wo sie auch eine entsprechende gesellschaftliche Verwirklichung erfahren können. Diese für uns so
erfreuliche Tatsache hebt den Sport nicht nur im Hinblick auf die Lebensertüchtigung sehr positiv ab,
sondern streicht die gesellschaftliche Bedeutung ganz besonders hervor. Mit dem
Niederösterreichischen Sportförderungsgesetz und der Dotierung durch das Landessportbudget 1986
ist garantiert, daß auch im kommenden Jahr der Breitensport in Niederösterreich auf möglichst breiter
Basis gefördert werden kann. Der Schwerpunkt des Sportgesetzes, der Schwerpunkt der
Sportförderung durch das Land gilt vor allem den strukturellen Gegebenheiten unseres Bundeslandes,
dem Breitensport. Etwa 60 % des Sportbudgets stehen den derzeit mehr als 1000 Sportvereinen
Niederösterreichs für deren Ausbau, für die Adaptierung und Modernisierung ihrer Sportstätten zur
Verfügung. Das ermöglichte schon in den vergangenen Jahren eine ganz entscheidende
Verbesserung des Ausbaustandards der niederösterreichischen Sportstätten und gestattet auch den
Sportstättenbau in besonders ländlich strukturierten Gebieten. So können wir feststellen, daß sich die
Ausstattung ständig verbessert, was sich vor allem in zeitgemäßen Sanitärräumen und
Flutlichtanlagen oder besserer Sportplatzwartung niederschlägt. Dies sind Investitionen für die
Vereine, die nicht nur hohe Bausummen und Anschaffungskosten erfordern, sondern es fallen auch
rückwirkend sehr hohe Betriebskosten für den Energieverbrauch an. Man hat seitens der
Sportabteilung dieses Problem erkannt und hiefür Finanzierungsmittel besonderer Art zur Verfügung
gestellt. Hier kann nunmehr vor allem dann, wenn Sportvereine alternative Energieformen nutzen
wollen oder nutzen können, ein besonders hoher Beitrag geleistet werden. Dieser neue
Förderungsansatz resultiert daraus, daß ein Sportverein in Niederösterreich zum Beispiel mit dem
Einbau einer Wärmepumpe für die Warmwasseraufbereitung 62 % der Energiekosten nachweislich
eingespart hat. Ich glaube, daß hier letztendlich nicht nur die Mittel, die seitens des Landes kommen,
entsprechende Hilfestellungen geben können, sondern vor allem auch das Vermitteln von Wissen und
Beratung.
Mein Vorredner Krendl hat sehr deutlich darauf hingewiesen, daß er sehr einverstanden ist mit der
Beratungs- und Kurstätigkeit, die von der Niederösterreichischen Landessportschule in
Zusammenarbeit mit den Dach- und Fachverbänden abgeführt wird. Wir haben sehr viele Probleme im
Sportwesen der modernen Zeit. Zum einen die großen Belange einer Wirtschaftsführung, vor allem
der größeren Vereine, die selbst wissen, wie leicht Sportvereine in die Fänge der Finanzämter
kommen können. Ungewollt, obwohl sie nicht auf Profit wirtschaften, aber allein schon durch die
großen Umsätze besteht diese Gefahr, obwohl diese Umsätze ja nur als Durchlaufposten zu bewerten
wären. Niederösterreichs Sportvereine werden ja aussschließlich ehrenamtlich geführt und verwaltet.
Jeder Verein muß heute auch trachten, dem jungen Niederösterreicher ein sehr attraktives
Sportangebot bieten zu können. Der vermehrte Zuspruch hat einen mehrfachen Ursprung, wobei das
Land über die Förderungseinrichtungen in Abstimmung mit den Verbänden die sehr positive
Entwicklung immer wieder verstärken kann. Es ist hier zu bemerken, daß erstens der Sport auch in
den kleineren Gemeinden und Dörfern mit der Gründung von Sportvereinen und der Errichtung von
Sportplätzen Einzug hält. Er kann in diesem Bereich sehr wohl die Lebensqualität steigern. Zweitens,
daß in Städten und Schulorten die Ausstattung mit Sporthallen und Turnsälen zügig voranschreitet
und gerade die Nutzung dieser Sporthallen es zuläßt, ein Sportprogramm rund um das Jahr zu
ermöglichen, ohne Abhängigkeit von Wetter, Jahreszeit oder Saison. Drittens: Bei den vielen
Sportarten, die in Niederösterreich ausgeübt werden, ist eine sehr starke Expansion des
Tennissportes zu verzeichnen. Allein in den vergangenen 5 Jahren hat sich die Anzahl der
Tennisplätze in Niederösterreich von 700 auf knapp 1500 Plätze erhöht, also mehr als verdoppelt.
Diese erfreuliche Entwicklung der Sportausübung kann sehr wohl auch als ein Erfolg der Sportpolitik
des Landes Niederösterreichs, mit eingeschlossen die verantwortliche Frau Landesrat Liese Prokop,
gesehen werden. Sie versteht es immer wieder, über den Landessportrat, über die
Niederösterreichische Landessportschule und über den Landessportfachrat Impulse zu geben und ein
breites Zusammenwirken aller sportlich Hauptverantwortlichen in Niederösterreich zu ermöglichen.
Für diese große Aufgabe und die weiteren Aufgaben des Sport- und Freizeitangebotes in
Niederösterreich sind erfreulicherweise im Budgetvoranschlag 1986 gesteigerte Ansätze vorgesehen.
Der Niederösterreichische Sportstättenschilling und die Ansatzpost Sportstättenbau mit angehobenen
Summen gegenüber dem Voranschlag 1985 sind ein Nachweis hiefür. Ich kann die Aussage von
Klubobmann Lechner nicht akzeptieren, sehr geehrte Damen und Herren, wo er Vergleiche zieht
zwischen Voranschlag und Rechnungsabschluß. Ich glaube, Herr Klubobmann, es ist angebracht, daß
man hier Vergleiche von Voranschlagsziffer zu Voranschlagsziffer anstellt, denn ich halte es für sehr
erfreulich, daß die Möglichkeit besteht, so wie sie auch unsere Frau Landesrat genutzt hat, im
Rahmen eines Nachtragsbudgets des Landes noch zusätzlich Mittel für die Sportförderung
herauszuholen. Das sollte nicht als ein Vorwurf hier dargestellt werden, sondern ich glaube, im Sinne
des Sportes ist es sehr wichtig und einsichtig, daß sich das zuständige Regierungsmitglied sehr
nachhaltig für eine Ausweitung des Budgets, sei es auch in einer etwas anderen Form als über den
Voranschlag, hiefür einsetzt. Der Voranschlag war geringer, zugegeben, das stimmt. Ich würde mich
aber freuen, wenn wie für das Jahr 1985, wo ein Nachtrag in Aussicht steht, vielleicht auch für 1986
ein Nachtrag zum Sportbudget erreicht werden kann. Was soll daran Negatives sein?
Neben dem Breitensport, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß natürlich auch dem
Spitzensport in Niederösterreich Rechnung getragen werden. Obgleich der Spitzensport aus
gesundheitlicher Sicht doch sehr umstritten ist, geht doch gerade von dieser Leistungsgruppe des
Sports ein großes Stimulans für ein vermehrtes Engagement der niederösterreichischen Jugend im
Sport aus. Neben dem Unterhaltungswert, dem Werbewert bringt natürlich der Spitzensport auch
bedeutende Einnahmen für die Wirtschaft. Ein neuer Schwerpunkt soll im Bereich des Jugend- und
Berufsschulsportes gesetzt werden. Die ersten Initiativen wurden hier im Jahre 1985 gesetzt. Bisher
konnte mangels eines Ansatzes im Budget gerade diesem Ansinnen nicht entsprechend Rechnung
getragen werden. Es ist daher auch zu begrüßen, daß dem Jugendsport in Zukunft mehr Mittel
zufließen werden, denn gerade dieser Jugendsport ist finanziell am aufwendigsten. Er kann sich ja
kaum selbst finanzieren durch attraktive Veranstaltungen, sondern es müssen eben die
verantwortlichen Jugendfunktionäre der einzelnen Vereine immer wieder an die Stammbudgets der
Vereine herantreten, um auch für ihre jugendpflegerischen Tätigkeiten etwas abzubekommen. Ich
glaube, daß mit dieser Post im Jahresvoranschlag 1986 ein neuer Akzent in positiver Richtung gesetzt
wurde. Mit der Institution der Niederösterreichischen Landessportschule im Bundeszentrum Südstadt
besteht derzeit auch eine vielgenützte Möglichkeit, eine sportorientierte Kurs- und Beratungstätigkeit
abzuführen. Darüber hinaus gibt es dort mit dem sportärztlichen Ambulatorium die Möglichkeit, den
Leistungssportlern auch die so wichtigen sportlichen Untersuchungen angedeihen zu lassen. Mit den
Förderungsmitteln für die einzelnen Fachverbände Niederösterreichs in Millionenhöhe rundet sich das
Bild einer umfassenden Sportförderung Niederösterreichs ab. Ich kann hier Ihren Argumenten, Herr
Abg. Krendl, also nicht beitreten, wo Sie sagen, die Mittel für die Verbände wären in Niederösterreich
nicht ideal gestaltet. Ich habe hier Zahlen des Bundesvoranschlages 1986 in Händen, wo eine
Kürzung der Beiträge für die Sport- und Fachverbände um insgesamt 5,5 Millionen Schilling
vorgesehen ist. Ich weiß schon, in welche Richtung die Mittel transferiert werden dürften, vor allem in
den Ausbau des Wiener Stadions und des Notnagelplatzes des ASKÖ. Ich glaube, daß
Niederösterreich mit einer zwar geringfügigen Steigerung von 5 % oder S 200.000,-- doch auch diesen
Sportverbänden und den Anträgen, wenn sie auch in vermehrter Zahl hier vorliegen, Rechnung
getragen hat. Mit einem Gesamtansatz von 53,7 Millionen Schilling für Niederösterreichs Sport im
Jahre 1986, das entspricht immerhin einer 8 %igen Steigerung, kann sowohl hinsichtlich der Summe
als auch der Steigerung im großen und ganzen den Wünschen der niederösterreichischen
Sportvereinigungen und Gemeinden eine Hilfestellung gegeben werden. Mir ist sehr wohl klar, daß
nicht alle finanziellen Vorstellungen völlig berücksichtigt werden können, aber diese Mittel sollen nach
unseren Vorstellungen eine Hilfe zur Selbsthilfe sein.
Nun, sehr geehrte Damen und Herren, das vermehrte Freizeitangebot wird zukünftig vor allem die
körperliche Tätigkeit mehr zu berücksichtigen haben. Der sogenannte Freizeitsport, eine neue
Sportart, ist in Zukunft auch in die Überlegungen unserer politischen Entscheidungen einzubinden,
auch eine neue Situation. Vor allem durch die Teilnahme von viel mehr Mädchen und Frauen an der
sportlichen Alltagswelt gilt es hier, denen politisch entsprechend auf die Sprünge zu helfen. Wir
kennen hier verschiedene Ansätze in den einzelnen Bundesländern, wo vor allem Frauen eine andere
Sensibilität gegenüber dem Sport entwickeln, nicht so sehr dem Leistungs-, dem Rekorddenken
nachhängen, sondern vor allem im Bereich der musischen Bewegungsabläufe mehr Interesse zeigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Niederösterreichischen Jugendgesetz und der
Schaffung des Landesjugendreferates wurde neben dem niederösterreichischen Sportgesetz eine
weitere gesetzliche Möglichkeit installiert, die der Jugend Niederösterreichs über viele gefährliche
Klippen ihrer Jugendentwicklung auf dem Weg zum Erwachsensein und zur Verselbständigung
hinweghelfen kann. Das Ziel der niederösterreichischen Jugendpolitik ist es, eine positive
Jugendpflege zu installieren. Darüber hinaus soll unseren eigenen Interessen durch eine
Beheimatung der niederösterreichischen Jugend in unserem eigenen Bundesland geholfen werden. In
diesem Begriff Beheimatung ist sehr viel verpackt: Ein Heimatgefühl, Zusammengehörigkeitsgefühl,
eine Ortsbezogenheit, Engagement und Anerkennung des Einzelnen. Diese Beheimatung ist in der
niederösterreichischen Jugend auch schon sehr stark verankert. Wir können durch Studien belegen,
daß die niederösterreichische Jugend sehr daran interessiert ist, in ihren angestammten Wohnorten
verankert zu sein und ihren ständigen Wohnsitz hier einzurichten. Und wir können feststellen, daß
gerade in den ländlichen Gebieten dieses Ansinnen verstärkt zum Durchbruch kommt. Es sind
natürlich in diesem Bereich sehr große Schwierigkeiten auszuräumen, die hohe
Jugendarbeitslosigkeit, die regionale Unterversorgung am Arbeitsmarkt. Aber ich glaube, meine sehr
geehrten Damen und Herren, wenn wir diesen Beheimatungsgedanken in unserer Jugend fördern
durch unsere politischen Entscheidungen, dann wird es auch möglich sein, daß Niederösterreichs
Jugend in ihrem eigenen Bundesland Erfüllung finden kann. Wir Politiker sind verpflichtet und wir tun
dies sehr gerne, für Niederösterreichs Jugend unsere politischen Entscheidungen entsprechend
abzustimmen und unserer Jugend in ihrem Streben nach Verwirklichung auch die entsprechende Hilfe
ständig angedeihen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft, der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Zur Abstimmung liegen vor die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft und die Resolutionsanträge des Herrn Abg. Kalteis. Ich bitte den Herrn Berichterstatter,
den Antrag zur Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft, Ordentlicher Teil,
Außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich stelle den Antrag, die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung,
Sport und Wissenschaft, im Ordentlichen Teil mit Einnahmen von S 5.354,184.000 und Ausgaben von
S 6.438,228.000, im Außerordentlichen Teil mit Ausgaben von S 54,300.000 und im
Konjunkturausgleichsteil mit Ausgaben von S 10,000.000 zu genehmigen.
PRÄSIDENT REITER (Nach Abstimmung über die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft, Ordentlicher Teil, Außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, in Erfordernis
und Bedeckung): Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung der beiden Resolutionsanträge des Abg. Kalteis. Der erste Antrag
beschäftigt sich mit der Aufstockung der Zahl der Kindergarteninspektorinnen. (Nach Abstimmung
über diesen Antrag): Einstimmig angenommen.
Der zweite Antrag betrifft die Öffnungszeiten der Kindergärten und die damit verbundene Abgeltung
der Mehrleistung der Kindergärtnerinnen. (Nach Abstimmung darüber): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Kurzbauer, zur Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus,
Ordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Die ordentlichen Ausgaben der Gruppe 3, Kunst, Kultur
und Kultus, beinhalten die Aufwendungen für bildende Künste, Musik und darstellende Kunst,
Schrifttum und Sprache, Heimatpflege, sonstige Kulturpflege und Kultus. Sie betragen S 229,446.000,
denen Einnahmen von S 13,776.000 gegenüberstehen.
Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des Ordentlichen Teiles des Voranschlages macht 0,94
% aus.
Herr Präsident, ich darf bitten, die Debatte einzuleiten.
PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gelangt Herr Abg. Dr.Slawik.
Abg. Dr.SLAWIK (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wie mir vorhin Kollege Kalteis gesagt hat, ist
meine Fraktion schon über der Zeit und ich soll mich kurz fassen. Also gerade beim Kapitel Kultur
kommt man drauf, es sei kürzer zu reden. Das war für mich schon ein bißchen symptomatisch und mir
ist - ich habe schon einige Male davon gesprochen, daß ich weiß, wie schwierig es ist, für dieses
"Randgebiet" der Politik volles Verständnis zu finden - dabei ein sehr nettes Wort eines Künstlers
eingefallen. Jean Cocteau hat einmal gesagt: "Kunst ist notwendig, wenn ich nur wüßte wofür." Und
genau in dieser Spannung glaube ich liegt das Problem, was wir damit anfangen. Aber ich werde mich
sehr bemühen, diese zwanzig Minuten einzuhalten.
Meine Damen und Herren, der Voranschlag der Gruppe 3, Kunst, Kultur, Kultus, ist von 1985 auf 1986
von 215,7 auf 229,4 Millionen gestiegen, das heißt von 0,91 auf 0,94 %, wenn man den prozentuellen
Anteil der Gruppe 3 am Ausgabenvolumen des Ordentlichen Teils des Voranschlages der beiden
Jahre vergleicht. (Zweiter Präsident Pospischil übernimmt den Vorsitz.)
Herr Kollege Breininger, ich will Ihnen nicht die würdigenden Worte für diese Tatsache wegnehmen,
denn erstens einmal: wenn man diese Prozentsätze des Budgets als Maßstab für unser beider
Redezeit nimmt, dann hätten wir jeweils nur fünf Minuten zur Verfügung. Das ist der eine Grund. Und
zweitens möchte ich noch etwas dazu sagen: Sie werden hier sicher, da bin ich überzeugt, einen
unaufhaltsamen Anstieg des Kulturbudgets in Richtung 1 Prozent-Marke feststellen. Ich kann Ihnen
aus eigener Erfahrung im Landhaus, die nur knapp zwei Jahre länger ist als Ihre, trotzdem sagen, das
ist ein sehr aufenthaltsamer Anstieg, den wir hier vor uns haben. Aber, meine Damen und Herren,
lassen Sie mich gleich zur Sache kommen, und diese Sache heißt Kulturpolitik oder auch, wie der
Titel eines Aufsatzes, den ich vor kurzem zu Gesicht bekommen habe: "Kunst, Kultur und Politik." Der
Verfasser ist Universitätsprofessor Dr.Peter Heintel von den Universitäten Klagenfurt und Wien. Ich
halte die Überlegungen, die er in diesem Aufsatz entwickelt, unter anderem deswegen für uns
nachdenkenswert, weil er nicht zuletzt auch ein gutes Gewissen liefert für diese Schwierigkeiten, die
wir immer im Verhältnis Politik und Kultur haben. Ich möchte seine Überlegungen kurz skizzieren und
daraus einige Schlußfolgerungen für unsere konkrete Problematik ableiten. Heintel entwickelt seine
Ideen in folgenden Thesen: Erstens einmal: die Kunst hat nie ganz zur neuzeitlichen Demokratie
gepaßt, wie wir sie kennen, und zwar weil sie vorwiegend unbequem, kritisch, subjektiv, ja manchmal -
sagen manche - sogar beinahe destruktiv ist. Das ist deswegen eine Schwierigkeit, das ist die zweite
These, weil vor der Entwicklung der Demokratie die Kultur im wesentlichen und die Kunst im
wesentlichen immer mit Macht, mit Religion, mit Repräsentation verbunden waren. Anders gesagt, die
Kunst hat immer versucht, die jeweilige politische Ordnung zu begründen und zwar anschaulich zu
begründen. Sie hat dargestellt, wie zum Beispiel die jeweilige Hierarchie aussieht. Das geht mit dieser
Anschaulichkeit der Kunst ja leichter, und Heintel bringt ein sehr einleuchtendes Beispiel: ein Schloß
ist kein Argument, ein adeliges Schloß ist kein Argument, aber es ist sinnlich wirksamer als jede
Erklärung. Da weiß man, wo die Macht sitzt, da braucht man nicht viel darüber zu reden. Im
Gegensatz dazu gibt es im Denken keine Hierarchie. An und für sich ist es egal, ob der Kaiser was
sagt oder ein einfacher Untertan. Wenn der Kaiser sagt, eins und eins ist drei, und der Untertan
beweist ihm, daß es zwei ist, hat halt der Untertan recht. Daher ist das Denken und Argumentieren
halt eine gewisse Schwierigkeit und eignet sich deshalb für diese Art der Darstellung der Macht nicht
ganz so gut. Es ist also der Vorteil der Kunst, daß sie das in Form eines Schlosses oder wie immer
anschaulich macht. Trotzdem, meine Damen und Herren, und jetzt kommen wir schon zu unserer
Situation, ist es keine Frage, daß auch die Demokratie Formen braucht, in denen sie sich selbst
darstellt. Auch die Demokratie braucht gewisse Formen des Festes zum Beispiel, und da meint jetzt
Heintel, daß die Demokratie die entsprechenden Formen der Kunst und Kultur noch nicht gefunden
hat. Er bringt dafür glaube ich sehr einleuchtende Beispiele, wenn er darauf hinweist, daß wir in der
Demokratie eigentlich auf sehr alte Riten und Rituale zurückgreifen, zum Beispiel
Bänderdurchschneiden oder Ehrenkompanie und so weiter. Das sind sicher aus alten Zeiten
übernommene Formen, die an und für sich mit Demokratie, Gleichheit usw. nicht so ohne weiteres in
Einklang zu bringen sind. Und diese Tatsache erklärt er eben damit, daß die Kunst, eben weil sie so
ein bißchen eine Außenseiterstellung in der Politik hat, eine Verlegenheit für die Politik darstellt und
man hat ihr ja aus dieser Verlegenheit einen Freiraum eingeräumt. Man spricht eben heute von der
Autonomie, von der Freiheit der Kunst, was einerseits ja wie gesagt Vorteile für die Kunst gebracht
hat, aber auf der anderen Seite Ausdruck einer Verlegenheit ist, weil Kunst und Kultur eben im
wesentlichen getrennt sind. Er sieht aber in dieser Trennung auch eine Chance und jetzt darf ich ihn
kurz, weil das am schnellsten geht, wörtlich zu Wort kommen lassen, nämlich was das für Folgen und
Chancen in unserer praktischen Kulturpolitik hat: "Kulturpolitik muß in ein neues Stadium treten. Es
geht nicht mehr darum, Kultur bloß zu hüten oder zu verwalten, überhaupt nicht mehr sie als eigenes,
abgetrenntes Gegenstandsfeld politisch zu behandeln. Es geht um die neue Herstellung eines inneren
Zusammenhanges. Es muß für die Überwindung der Schwierigkeiten unserer gegenwärtigen Politik
das herangezogen werden, was sich gegenwärtig noch versteckt. Kunst und Kultur müssen für Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft verwendbar werden, damit die völlige Orientierung am bloß rationalen
Handeln durchbrochen wird. Neue Formen politischer Kultur müssen eingeübt und erprobt werden,
damit Demokratie auch neue und akzeptiertere Selbstdarstellungsformen bekommt. In einer aktiven
Kunst- und Kulturpolitik liegt heute mehr Chance, Demokratie überleben zu lassen, als in einer
klassischen Wirtschaftspolitik im Angesicht ihres nur mehr hinausschiebbaren Endes. Hiezu würde
natürlich auch eine Wissenschafts- und Forschungspolitik dieser Art gehören." Meine Damen und
Herren, wenn ich das kurz erläutern darf; ich weiß, daß das nicht ganz einfach ist. Es geht darum:
Heintel meint, daß die Demokratie von einer Rationalität gekennzeichnet ist, die wir aus der Technik
usw. übernommen haben und die sich im wesentlichen zum Beispiel in Formen der Bürokratie
ausdrückt, wo man eben alles berechnen und rationalisieren kann, und daß wir hier an Grenzen
angelangt sind. Und er meint, daß hier die Chance ist, aus der Kultur, aus der Kunst Formen zu
übernehmen, mit denen wir die Demokratie lebendiger machen können. Das ist also die Chance, die
er hier sieht, und ich stelle jetzt die folgenden Überlegungen, mit denen ich eben ganz kurz auf einige
Punkte des Budgets eingehen möchte, ganz bewußt in diesen größeren Zusammenhang und mache
in diesem Zusammenhang Bemerkungen zu Kunst, Kultur, Wissenschaft und auch eine kurze
Bemerkung zum Thema Medien, weil wir auch diesen Ansatzposten in unserem Budget haben.
Der Herr Landesfinanzreferent hat von einem Sparbudget gesprochen, hat aber trotzdem gemeint, bei
der Kulturpolitik liege ein Schwerpunkt, trotz Sparbudget. Ich habe mir das genauer angeschaut, weil
ich mir gedacht habe, ich muß irgendwas übersehen haben. Aber selbst bei genauerem Hinsehen,
wenn ich anschaue zum Beispiel 1/31, bildende KÜnste, sind die 2,6 Millionen vom Vorjahr
gleichgeblieben. Schrifttum und Sprache: 1,2 Millionen, gleichgeblieben. Lediglich der Ansatz für
Musik und darstellende Kunst ist von 92 auf 95 Millionen gestiegen, also auch kein riesiger Sprung.
Wo der größere Sprung ist, das hat er ja selbst gesagt, nämlich bei der Dorferneuerung. Im
unmittelbaren Bereich Kunst usw. - er hat ja ausdrücklich die Kunst erwähnt - finde ich an und für sich
diesen Schwerpunkt nicht und ich würde mich ganz gern aufklären lassen, wo ich den übersehen
habe. Meine Damen und Herren, eben weil so gespart worden ist, möchte ich auf einige Punkte
hinweisen, wo berechtigte Wünsche der entsprechenden Kulturträger liegen und wo sehr viel
Sinnvolles mit mehr Geld geschehen könnte. Ich greife so wie jedes Jahr - auch der Kollege
Breininger hat das so gemacht - ganz kurz auch auf das Kapitel zwei zurück, Erwachsenenbildung.
Meine Damen und Herren, wir wissen, daß dort der Budgetansatz vor allem den beiden großen
Erwachsenenbildungsverbänden, Volkshochschulverband und Niederösterreichisches Bildungs- und
Heimatwerk dient und daß hier tatsächlich viel mehr finanzielle Unterstützung sinnvoll und nötig wäre,
weil sich eben gerade in diesem Bereich viele Neuaufgaben stellen, das ist klar.
Ich wäre ganz gern heute etwas genauer auf einen kleineren Bereich der Erwachsenenbildung
eingegangen. Ich werde es ganz kurz machen, es handelt sich um den Landesverband der
niederösterreichischen Bibliothekare, das heißt um die Förderung der Bibliotheken. Und da hat sich
eben dieser Landesverband der Bibliothekare konstituiert, schon vor einigen Jahren, und ich habe
heuer an dem ersten Landesbüchereientag, der veranstaltet wurde, teilgenommen. Ich muß Ihnen
sagen, daß dort über sehr eindrucksvolle Aktivitäten berichtet worden ist, ich zähle sie jetzt nur kurz
auf. Es gibt sogenannte Ö-Modelle, das sind Modelle, die vom Landesverband den Bibliotheken
angeboten werden, zum Beispiel Kinderadvent, Adventlesung, Kindernachmittag oder Andersentag,
wo vor allem in der Richtung Heranziehung und Heranbildung der Kinder zum Lesen gefördert und
unterstützt werden soll. Die Bibliotheken arbeiten im Medienverbund mit, sie haben Kontakte zu
anderen Kulturveranstaltern, zu anderen Landesverbänden, sie pflegen Auslandskontakte, auch
Kontakte zu Firmen. Sie tun sehr viel für die Ausbildung der Bibliothekare, sodaß es zu immer neuen,
modernen Formen der Bibliotheksbetreuung kommt. Es werden Büchereien bei der Arbeit unterstützt
durch die Verbandszeitschrift mit vielen Anregungen und nicht zuletzt hat der Büchereiverband das
Projekt "Buch im Zug" praktisch organisiert. Das waren nur einige Schlaglichter auf diese wirklich
wertvollen Tätigkeiten. Für diese Tätigkeiten, so betonen die Bibliothekare glaube ich mit Recht,
könnten sie wesentlich mehr Geld brauchen als sie derzeit haben. Ähnliches gilt, ich kann jetzt wieder
nur herausgreifen, für die Heimatpflege. Ich habe am 9.November an einer sehr schönen Diskussion
in Lackenhof teilgenommen, bei der es um den Stellenwert der Volkskultur in Österreich gegangen ist;
sie wurde vom Verband für zeitgemäße Volkskultur und Brauchtumspflege in Niederösterreich
veranstaltet. Es war deswegen so positiv für mich, weil hier wirklich ein sehr moderner, zeitgemäßer
Heimatbegriff deutlich geworden ist, jenseits aller Blut und Boden-Tümelei. Auch hier war der Tenor,
bitte mehr Geld würden wir für unsere Arbeit brauchen. Wenn ich aus dem Bericht der Abteilung III/2
des Amtes der NÖ Landesregierung nur zwei, drei Punkte herausgreifen darf: Blasmusik zum Beispiel.
Hier gibt es 4.400 in Ausbildung stehende Musiker und es werden weitere 1.900 erwartet. Meine
Damen und Herren, es ist klar, daß hier zusätzliches Geld notwendig wäre, es wird sicher nicht im
notwendigen Maße zur Verfügung stehen. Oder Arbeitsgemeinschaft Niederösterreichischer
Theatersommer. Eine sehr wertvolle Einrichtung, man hört aber immer wieder gerade von den
Laiensommerspielen, die auch unterstützt werden, aber natürlich nicht in dem Ausmaße wie die
Teilnehmer am Theatersommer, daß sie auch mehr Unterstützung brauchen könnten. Hier liegt die
Problematik, und wenn man manche dieser Spiele kennt - ich spreche nicht als Lokalpatriot, sondern
ich habe durchaus als Zeugen alle Kulturberichterstatter -, so reicht zum Beispiel das Niveau der
Nestroyspiele in Schwechat durchaus an manche professionelle Bühne heran. Daß es natürlich sehr
schade wäre, wenn da ein Niveauverlust eintreten würde, ist auch klar. Über Museumspädagogik lese
ich auf Seite 23 dieses Berichtes zum Beispiel, daß bei der Landesausstellung sieben
Museumspädagoginnen vor allem Jugendliche in einem Intensivprogramm betreut haben. Diese Vorund Nachbereitung erfaßte etwa 230 Schulklassen mit 4.500 Schülern. Das wird auch bei den
künftigen Landesausstellungen gepflegt werden. Das sind sehr sinnvolle Aktivitäten, bei denen das
Geld sicher nicht zum Fenster hinausgeworfen wäre, wenn man da vielleicht, wenn es notwendig ist,
noch mehr Hilfe geben könnte. Ich komme jetzt zum Bereich der Kunst, meine Damen und Herren.
Der Ankauf von Werken lebender KÜnstler ist eine sehr wesentliche Förderung, die sicher
ausgeweitet werden sollte. Und damit Sie sehen, ich mache es mir nicht so einfach, appelliere ich hier
nicht nur an das Land; ich möchte hier ausdrücklich an den Bund appellieren, die Möglichkeit zu
überprüfen - ich weiß, daß das schon öfter geschehen ist und daß es nicht ganz einfach ist -, wieweit
eine steuerliche Absetzbarkeit von Kunstankäufen möglich ist. Ich weiß schon, wie gesagt, dagegen
ist aus fiskalischen Gründen einiges einzuwenden, aber es gibt auch gute Möglichkeiten, diese
Einwände zu widerlegen. Ich kann hier nicht genauer darauf eingehen, weise aber nur darauf hin, daß
von niederösterreichischen Künstlern, habe ich gehört, zum Beispiel die Anregung kommt, jedem
Künstler, der entsprechend beim Finanzamt gemeldet ist, einen Bonus von 100.000 Schilling zu
geben. Er kann dann diesen Bonus, wenn er Bilder verkauft, an einen Käufer weitergeben, sodaß zum
Beispiel auch einer mit einer kleinen Brieftasche, wenn er ein Bild um 5.000 Schilling ankauft, von
diesem Künstler einen Bonus in dieser Höhe bekommt und diesen Betrag abschreiben kann. Das
wäre sozusagen auch die Möglichkeit einer sehr breit gesteuerten Förderung des Publikums, sodaß
sich auch Originale verkaufen lassen. Wenn jemand sich den Luxus erlaubt, um eine halbe Million von
einem dann sicher wohlhabenden und prominenten KÜnstler zu kaufen, kann er möglicherweise auch
die gesamten 100.000 Schilling abschreiben, und der nicht so bekannte Künstler kann vielleicht 10
Bilder um je 10.000 Schilling anbringen.
Kapitel Wissenschaft: Meine Damen und Herren, auch hier keine überwältigende Steigerung von 61,8
auf 64,2 Millionen. Im wesentlichen betrifft diese Steigerung das Landesmuseum, aber gerade beim
Kapitel Wissenschaft, glaube ich, geht es ja nicht nur ums Geld, sondern auch ums Klima, das die
Wissenschaft vorfindet in einem Land. Und wenn wir jetzt mit den Wissenschaftlern so sorgsam
umgehen und sie nach Niederösterreich holen wollen, eine ganze Universität anbieten, dann glaube
ich ist auch notwendig, daß die Wissenschaftler die Gewähr haben, daß sie hier in diesem Land auch
eine entsprechende Atmosphäre vorfinden. Und da möchte ich ganz kurz auf das eingehen, was sich
bei der Diskussion um die Landeshauptstadt und um die Studie des ÖIR ereignet hat. Mich hat
besonders die eine Passage in diesem Gutachten interessiert, wo es heißt, wie man jetzt ständig hört,
die Niederösterreicher hätten zu wenig Landesbewußtsein. Mich hat erstens einmal überhaupt
interessiert, wie die Wissenschaft Landesbewußtsein definiert. Ich kann mir schon einiges selbst
erklären, ganz einfach gesagt, heißt das eine gefühlsmäßige Bindung an das Land; wenn ich
grundsätzlich ja zu meinem Land sage, dann habe ich ein Landesbewußtsein. Nun ist die
Behauptung, wir hätten zu wenig Landesbewußtsein, an und für sich schon etwas merkwürdig, denn
wer das grundsätzlich behauptet, legt eigentlich alle Niederösterreicher ein bißchen auf die
Psychiatercouch, denn mangelndes Landesbewußtsein bei einer Person und mangelnde Ichstärke ist
eigentlich ein Problem für den Psychologen. Ich weiß nicht, ob man das den Niederösterreichern so
ohne weiteres nachsagen kann. Aber diese Studie hat das auch behauptet und ich habe daher
angenommen, hier gibt es Untersuchungen. Ich habe bei dieser Unterausschußsitzung gefragt, sagen
Sie, haben Sie das festgestellt, weil Sie das behaupten? Wie definieren Sie das Landesbewußtsein,
wie gliedern Sie das auf? Zweitens, wie haben Sie das untersucht? Drittens, haben Sie da auch
Vergleichsstudien, die festgestellt haben, die Oberösterreicher hätten das, was wir nicht haben?
Daraufhin hat mich der Herr ganz verwundert angeschaut und gesagt, nein, das haben wir natürlich
nicht. Jetzt habe ich ihn gefragt: Entschuldigung, wie könnn Sie das dann als Wissenschaftler
behaupten? Ich meine, ich kann das als Privatperson und Sie auch, aber in einer wissenschaftlichen
Studie? Er war dann ein bißchen verlegen und hat gesagt, na haben Sie eine Ahnung, wieviel ich in
Österreich herumkomme? Sie werden mir doch zutrauen, daß ich mir da ein Urteil bilde. Darauf habe
ich gesagt, was glauben Sie, wieviel wir Landespolitiker in Niederösterreich herumkommmen, also
dieses Urteil hätten wir auch. Zum Schluß hat er sich nicht anders zu helfen gewußt, als mir zu sagen,
na widerlegen Sie mir das. Er hat es viel feiner gesagt, er hat gesagt, falsifizieren Sie das. So sagt
man nämlich heute wissenschaftlich; man braucht nichts mehr verifizieren, also beweisen, daß es so
ist, sondern falsifizieren, widerlegen.
Meine Damen und Herren, also wenn das wissenschaftlich ist! Das ist schon eine Methode, aber in
dem Fall ist es sehr lustig, denn dann könnte ich behaupten zu irgendeinem, Sie sehen weiße Mäuse,
und wenn er sagt nein, dann sage ich, widerlegen Sie es mir, daß Sie weiße Mäuse sehen, sonst sind
Sie reif für den Psychiater. Also, meine Damen und Herren, das ist eine etwas schwierige Geschichte.
Ich möchte das aber in dem Fall nicht so sehr den Wissenschaftlern vorwerfen, sondern ich glaube
eben, daß hier gegenüber der Wissenschaft eine Vorgangsweise eingeschlagen wurde, welche diese
Atmosphäre eben nicht mit sich bringt, die wir im Land haben sollten, wenn wir die Wissenschaftler
wirklich ernst nehmen. Ich möchte ganz kurz mit einem Zitat eines prominenten deutschen
Wissenschaftlers, der sehr oft als Gutachter herangezogen war, zeigen, was er dazu meint, nämlich
wieweit der Wissenschaftler unabhängig in seinem Urteil ist,wenn er ein Gutachten erstellt. Er sagt
folgendes, es ist Hartmut von Hentig: "Unabhängigkeit muß mehr bedeuten als die Freiheit von
Pressionen, also Unterdrückungen durch den Auftraggeber, sie muß auch Freiheit von Vorurteilen,
Gewohnheiten, Handlungszwängen, Ergebnisdruck und Prestigemomenten bedeuten." Meine Damen
und Herren, wenn ich einem Wissenschaftler sage, untersuchen Sie mir objektiv, ob wir eine
Landeshauptstadt brauchen, zugleich aber sage, wir brauchen eine und ich plakatiere es groß, dann,
muß ich sagen, beneide ich diesen Wissenschaftler nicht. Und ich glaube eben, daß hier von seiten
der Politik gegenüber der Wissenschaft etwas vorliegt, was die Wissenschaft nicht unbedingt
goutieren will, da kann man sie noch so sehr mit Universitäten usw. locken. Ich glaube, dieses
Verhältnis der Politik zur Wissenschaft muß man etwas sensibler angehen. Ich möchte allerdings auch
an die Wissenschaft appellieren. Mir hat ein Universitätsprofessor unlängst gesagt, er hat sich
gewundert, daß viele seiner Kollegen - manche, ich will nicht übertreiben - einen Tag vorher noch ihre
große Skepsis gegenüber einer Landeshauptstadt geäußert haben und in der Öffentlichkeit haben sie
dann sehr positiv geredet; er hat dann das Wort "Auftragsbegehrlichkeit" verwendet. Also ich muß da
schon auch an die Wissenschaftler appellieren, ihren eigenen Berufsstolz vielleicht etwas ernster zu
nehmen, denn mir fällt da wieder ein, was Bert Brecht in "Galilei" den Wissenschaftlern als Gefahr vor
Augen hält, nämlich sie könnten ein Geschlecht erfinderischer Zwerge werden, die für alles gemietet
werden können. Ich glaube, das kann weder im Interesse der Wissenschaft noch der Politik sein.
Meine Damen und Herren, zum Thema Universität noch: Wir haben uns immer dazu bekannt, daß wir
universitäre Einrichtungen nach Niederösterreich bringen wollen, und in dieser Studie zu einer
niederösterreichischen Universität ist eine sehr eindrucksvolle Liste. Ich habe mir auf zwei Seiten
herausgeschrieben, sehr verkürzt, was es in Niederösterreich schon an universitären Einrichtungen
gibt, von Seibersdorf über Laxenburg mit der JASA, IFAC, IFSR bis zu den Instituten der
Österreichischen Akademie der Wissenschaft. Ich bin erst bei Punkt 3, es sind 10 Punkte. Ich schenke
Ihnen die restlichen, aber wenn man sich das anschaut, dann sieht man, daß diese Institute über ganz
Niederösterreich verstreut sind. Da ist Lunz dabei, da ist Himberg dabei, da ist Laxenburg dabei usw.
und genau davon glaube ich, geht sowohl geistig als auch von den Arbeitsplätzen her der Impuls aus,
den wir brauchen. Das ist eben eine verstreute und über das ganze Land verteilte Möglichkeit,
Arbeitsplätze zu schaffen, und ich sehe wirklich nicht, was es bringen sollte, wenn eine ganze
Universität herkommt. Bitte schön, es bringt zunächst einmal eine Menge von Professoren,
Assistenten usw. Aber wer sagt denn, daß das Niederösterreicher sind? Wenn ich eine Universität von
Wien nach Niederösterreich verlege, werden eine Menge Wiener in Niederösterreich lehren. Es
kommen einige Verwaltungsposten dazu, wo mir aber auch noch nicht ganz klar ist, ob diese von
Niederösterreichern besetzt würden. Und dann kommt eine Reihe von Studenten, aber das sind ja
keine Arbeitsplätze. (Abg. Dipl.Ing.Rennhofer: Wir haben kein Innsbruck, kein Salzburg, nichts!) Ist
Ihnen schon aufgefallen, daß Tirol nur Innsbruck hat und nicht Wien? Und daß Steiermark Graz hat
und nicht Wien? Wenn die Graz nicht hätten, hätten sie gar nichts. Aber Herr Kollege, ich gehe ja auf
das Argument ein. Entschuldigung, ich sage noch einmal, ich bin sehr dafür, daß wir Institute
herauskriegen, hauptsächlich deswegen, weil sie verstreut sind. Ich spreche aber jetzt von einer
ganzen Universität. Schauen Sie, in letzter Zeit ist vom Herrn Landeshauptmann selbst eine
veterinärmedizinische Universität genannt worden. Also dann kommen die paar Professoren und
Assistenten usw. die haben wir. Jetzt kommen die Studenten dazu. Erstens einmal redet er von
20.000 Studenten, die Niederösterreicher sind. Ich weiß nicht, wieviel Studenten des
veterinärmedizinischen Institutes Niederösterreicher sind. Es kommen also Studenten aus der
Steiermark und weiß Gott von wo überall her nach Niederösterreich. Es wird aber immer behauptet,
die Niederösterreicher brauchen das, wir produzieren dann Tierärzte und hätten dann mehr Tierärzte
in Niederösterreich. Verstehen Sie? Herr Kollege Schwarzböck, ich meine, Sie amüsieren sich
köstlich, ich mich auch, aber aus einem anderen Grund. Herr Kollege, darf ich Ihnen noch einmal
sagen, was ich meine? Herr Kollege Schwarzböck, Ihr köstlicher Humor freut mich ja, aber ich frage
Sie noch einmal: Die Behauptung lautet ja, wenn wir eine Universität hätten - hier wird zum Beispiel
die Universität für Veterinärmedizin konkret genannt, auch weitere, zum Beispiel eine
Friedensuniversität, eine Universität für die Dritte Welt - dann brauchen die in Niederösterreich
Studierenden nicht mehr einen Arbeitsplatz im Ausland zu suchen. Na, können Sie mir sagen, wieviel
Veterinärmediziner, wieviel Dritte-Welt-Studenten, wieviel Friedensuniversitätsstudenten Sie in
Niederösterreich unterbringen? Ich weiß nicht, ob Sie sie in der Landwirtschaftskammer unterbringen
oder sonstwo. Ich sehe das nicht. Daher sage ich Ihnen noch einmal, ich sehe sehr viel Gründe dafür,
daß wir möglichst viel Institute herausbringen, aber bei einer geschlossenen Universität habe ich eben
den Verdacht, daß es primär darum geht, ein Prestigeobjekt zu haben. Mir geht es um die Sache, mir
geht es darum, daß wirklich möglichst viele Institute herauskommen, die Impulse überall geben. Ich
habe ein paar Beispiele genannt. Ich habe auch die Liste, ich könnte sie Ihnen vorlesen, wenn Sie
wollen, Sie werden das wahrscheinlich kennen. Da kann im ganzen Land in Summe genau soviel oder
mehr herauskommen als mit einer Universität, das ist meine Argumentation. Und ich sehe das durch
Ihr freundliches Lächeln weder widerlegt noch bestätigt. Meine Damen und Herren, jetzt noch eine
letzte Sache: Bei der Expertentagung in Laxenburg ist man ja auf das Problem Bildung und Kultur
besonders eingegangen und ich habe jetzt der Landeskorrespondenz folgendes entnommen; ich
stelle das jetzt dem gegenüber, daß wir für so viele Dinge nicht das nötige Geld haben, um
aufzustocken. Also erstens einmal sind auf dem Gebiet des Schulwesens, ein großzügiges Angebot,
alle Schulformen auszubauen. Was das mit einer Landeshauptstadt zu tun hat, weiß ich nicht, aber ich
lasse es mir nachher erklären, denn meine Redezeit reicht da nicht aus. Dann die Errichtung einer
Universität, dazu habe ich schon gesprochen. Und weiters sind genannt: Ökologie, Wirtschaft,
Geistesgeschichte des Donauraums. Also was die Leute dann an Arbeitsplätzen bekommen, bei uns
zum Beispiel, weiß ich auch nicht. Dann ein Landestheater und da frage ich den Kollegen Breininger:
Nehmen wir an, Krems wird Landeshauptstadt, das ist ja nicht auszuschließen. Was werden die
Badener und die St.Pöltner dazu sagen? Sperren die dann zu, wenn wir ein Landestheater kriegen?
Den Kollegen Wallner möchte ich dann hören, aber Sie können mir das ja nachher sagen. (Abg.
Breininger: Werde ich Ihnen nachher erklären!) Im Musikwesen kriegen wir ein Konservatorium, eine
Fachhochschule für Musik, eine Konzerthalle für die Tonkünstler, die zugleich im neuen Landestheater
spielen. Bildende Kunst: Da ist erstens einmal die Landeshauptstadt selber ein Kunstwerk, da
kommen die Künstler dazu. Eine Landesgalerie kriegen wir, ein Landesmuseum, eine
Medienakademie für die Filmer usw., eine Akademie für Sprache und Dichtkunst, eine eigene
Tageszeitung. Meine Damen und Herren, sehr sympathisch bezeichnet das der Sprecher dieses
Arbeitskreises, der Schriftsteller Sebestyen, er spricht von einem Arbeitskreis der Träumer. Mir ist das
sehr sympathisch in der Kunst und in der Kultur, nur glaube ich, ein Politiker und vor allem auch der
Landesfinanzreferent sollte außer an die Träume, die mir sehr sympathisch sind, auch an die Zahlen
denken. Und wenn man so an die Zahlen denkt beim heurigen Budget, dann weiß man nicht, wie das
zusammengeht. Ich möchte daher noch einmal auf meinen schon oft geäußerten Vorschlag
hinweisen, ein Institut für Fernstudien zu gründen, das für Niederösterreich wie ich glaube
maßgeschneidert ist. Es ist für die Bedürfnisse des Landes sehr gut zu adaptieren, es ist billig und es
ist rasch zu verwirklichen.
Ein letzter Satz noch, meine Damen und Herren, weil wie gesagt Medienpolitik in diesem
Budgetkapitel ist. Ich habe versucht, diesen gesamten Kreis kurz zu skizzieren, Jörg Mauthe, den Sie
alle kennen, hat vor kurzem aus der Sicht eines Politikers, der allerdings auch das Metier des
Journalisten sehr gut kennt, sehr scharfe Worte, allerdings für eine bestimmte Form des Journalismus,
gefunden, die ich gar nicht wiederholen möchte. Aber Gert Leitgeb, der Chefredakteur des Kurier, hat
dazu am 1.11. geschrieben: "Mauthe, den man bisher für einen scharfsinnigen Beobachter der
politischen Landschaft halten durfte." Da würde ich appellieren an die Damen und Herren der Medien:
Wir Politiker sollen selbstkritisch sein, ich bin sehr dafür, wir sollen auch Kritik vertragen, aber wenn
das erste Mal ein Mann, der offensichtlich wirklich beide Seiten kennengelernt hat und eben aus
dieser neuen Sicht der praktischen Politik merkt, daß die Geschichte mit den Medien doch anders
ausschaut, soll man das glaube ich etwas ernster nehmen als eine Nebenbemerkung zu machen, daß
man ihn bisher für einen scharfsinnigen Beobachter gehalten hat. Deswegen ist er nicht auf einmal
weniger scharfsinnig geworden, weil er kritisch auch gegenüber den Medien ist. Ich glaube, die
richtigen Worte hat Präsident Kirchschläger diese Woche gefunden, als er in einen Interview sagte, er
glaube, daß die Medien ernstzunehmende Partner in der Gestaltung der Politik sind. Ich, meine
Damen und Herren, sehe in jedem kritischen Journalisten einen Partner. Er soll kritisieren, er soll
grundsätzlich kritisieren, allerdings ist es wichtig, daß er konkret kritisiert und nicht verallgemeinert. Ich
komme zum Schluß. Diese kritische Zusammenarbeit in allen Bereichen der Kulturpolitik zwischen
Politikern, Wissenschaftlern, Künstlern und Journalisten sowie in der Erwachsenenbildung letzten
Endes mit allen Staatsbürgern werden wir glaube ich in der Zukunft mehr denn je brauchen. Nur wenn
wir diese Zusammenarbeit nützen und praktizieren, dann werden wir die Chance, die ich am Anfang
mit diesem Zitat von Professor Heintel aufgezeigt habe, nämlich die Chance, die Kulturpolitik auch für
die Weiterentwicklung und für das Überleben der Demokratie fruchtbar zu machen, wirklich nutzen
können. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Wort gelangt Herr Abg. Breininger.
Abg. BREININGER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Meine Rede
zum Kulturbudget 1985 im Dezember des Vorjahres hier an dieser Stelle habe ich mit meinem ewigen
ceterum censeo und mit dem ceterum censeo aller Kultursprecher beendet, der Herr
Landeshauptmann, der Kulturreferent, aber vor allem Landeshauptmannstellvertreter Pröll als
Finanzreferent mögen den hoffnungsvollen Aufwärtstrend seit 1983 hinsichtlich des Kulturbudgets nur
ja nicht stoppen. Und wirklich, Sie erahnten, was ich sagen werde, aber ich werde es vielleicht anders
sagen als Sie glauben.
Die geplanten Ausgaben für die Bereiche Erwachsenenbildung, Forschung, Wissenschaft und für die
anderen Bereiche der Gruppe 3 - wir nehmen das ja rhetorisch immer zusammen, trennen es aber
statistisch - nämlich Kunst, Kultur und Kultus, sind wieder gestiegen, diese Mal aber wirklich absolut
und prozentuell. Von den beiden Leitgedanken des heurigen Gesamtbudgets, die wir nachlesen
können, dürfen sich jetzt wir Kultursprecher jenen aussuchen, der die Erreichung des optischen
Zieles, der geheimnisvollen, sagenhaften 1 Prozent-Marke verheißt. Ich wähle mir den Slogan "Mit
Maß zum Ziel", während manch anderer Bereichsprecher mit dem Slogan "Dank Sparsamkeit zum
Erfolg gelangen" auskommen muß. Da ich bekanntlich von der Wirtschaft komme, freut mich nebenbei
bemerkt natürlich sehr auch der Hauptschwerpunkt Arbeitsplatzsicherung, also ein Drittel des
Budgets, und die Wirtschaftsförderung. Bevor ich jetzt auf Details eingehe, die ich versuchen werde,
ein bißchen amüsant zu gestalten, weil wir die Zahlen schon ziemlich genau gehört haben, sie Ihnen
ja auch vorliegen und ich nicht zweifle, daß Sie sich alle sehr eingehend damit beschäftigt haben, ja
sie sogar wahrscheinlich auswendig können, möchte ich mich ein bißchen mit ein paar Repliken
aufhalten, auch schon traditionellerweise, zum dritten Mal. Repliken müssen sein, sie bringen ein
bißchen Salz in die Suppe und sie bringen ein bißchen Leben in einen müden Abend, der jetzt
langsam auch verheißt, zu Ende zu gehen. Replik Nummer eins auf Abg. Keusch: Er wird langsam
glauben, ich habe was gegen ihn, aber er ist immer der Vorredner zum Thema Lehrlingsausbildung,
Bildung und Ausbildung, und da ich der Berufsausbildungssprecher der Handelskammer
Niederösterreich seit mehr als 10 Jahren bin, kann ich mir nicht verkneifen und soll mir auch nicht
verkneifen, ein bißchen was darauf zu sagen, weil das ja sicherlich im weiten Sinn des Wortes auch
zur Kultur gehört. Dem Herrn Abg. Keusch möchte ich - nicht so polemisch, wie ich letztes Mal
begonnen habe - zunächst einmal danken, daß er das duale System außer Zweifel gestellt hat und
das duale System auch gelobt hat als wirklich zielführendes, gutes System, das keinen Vergleich mit
anderen Berufsausbildungssystemen zu scheuen braucht. Ich kann hier mit ihm gehen, in anderen
Punkten aber nicht, zum Beispiel - ich sage nur ein paar Gedanken - seiner no futureTheorie der
heutigen Jugend. Ich habe auch ein bißchen mit Jugendlichen diskutiert und ich gestehe schon zu,
daß es attraktiv ist und auch einer gewissen fin de siecle-Stimmung, einer Weltuntergangsstimmung
entspricht, wenn man von der Skepsis der Jugend spricht. Es mag auch skeptische Jugendliche
geben und ich bin der letzte, der die Jugendarbeitslosigkeit und ihr Problem verharmlost. Das gehört
zu den tragischesten Dingen, die es geben kann. Ich denke da an meine Zeit, als ich fertig war, wenn
ich damals nicht gewußt hätte, was ich anfangen kann. Ich habe zum Glück eine Auswahl gehabt, ich
habe anfangen können, meinen handwerklichen Beruf erlernen, ich hätte studieren können und habe
auch studiert. Also bei uns ist es ja noch gut gegangen. Aber ich kann diesen no future-Gedanken
nicht teilen und die Skepsis auch nicht teilen. Warum, mag uns allen ein bißchen zum Trost dienen.
Der Club of Rome, welcher der größte Skeptiker war, hat seine bedrohlichen Analysen schon
zurückgenommen; sie waren seinerzeit richtig vor 20 Jahren und weil sie im Raum standen, wurde ihr
Eintreffen ja verhindert in diesem Ausmaß. Auch der Club of Rome sagt bereits, daß die Jugend von
heute, wenn wir ihr in den nächsten Jahren noch über die Schwellen helfen - die geburtsstarken
Jahrgänge sind noch da, es kommen schwächere nach - eine interessante Zeit ihrer Ausbildung vor
sich hat und die materiell gefährdete Zeit ihrer Ausbildung hinter sich hat. Wir, die 40-jährigen oder 50jährigen unserer Generation sind ja noch bedrängt worden von den nachdrängenden Jugendlichen,
die unsere Jobs haben wollten; den 60-jährigen ist es noch am schlimmsten gegangen, wir sind schon
ein bißchen entlasteter, werden aber auch noch bedrängt. Die heute 20-jährigen oder 18-jährigen aber
haben hinter sich Ruhe und weniger nachströmende Jugendliche. Sie können sich also, wenn wir sie
erhalten können so lang und das will ich hoffen, das müssen wir versuchen, in Ruhe ausbilden lassen.
Sie sollen ein paar Berufe lernen, denn der Berufsausübende der Zukunft um das Jahr 2000 wird statistisch bewiesen und da zweifle ich nicht an den Wissenschaftern - sechs bis sieben Berufe in
seinem Leben ausüben müssen. Er muß mobil bleiben und wird mobil bleiben müssen. Diese
Ruhepause gönnen wir ihm, weil wir Vierziger noch jung genug sind, der Jugend diese lange
Ausbildungszeit zu vergönnen und auch zu ermöglichen. Wenn sie uns lassen allerdings. Wenn sie
drängen und es nicht erwarten können, dann kommt es zu einer Hudelei und dann kommt es zu einem
Engpaß. Aber allein schon die Geburtenzahlen sorgen dafür, daß sich die Lage entspannen wird auf
dem allgemeinen Sektor, der bedroht ist bis zu 25 Jahre hin. Jetzt schon entspannt ist die Lage auf
dem Lehrlingssektor. Bitte, ich sage es jetzt einmal überspitzt, ich weiß, daß das Kontrarufe
hervorrufen kann, aber es gibt kein Lehrlingsproblem in der gewerblichen Wirtschaft. Es gibt nur jedes
Jahr - ich weiß das, ich kenne die Statistik gut - das Problem, das wir aber schon seit 10 Jahren oder
länger noch haben, der vier- bis sechshundert schwer vermittelbaren Lehrlingssuchenden, die niemals
untergebracht werden konnten. Das ist niemanden gelungen und wird - das sage ich Ihnen ganz
offen, auch wenn es nicht ganz auf unserer Linie liegt - auch durch eine 1000 Schilling-Prämie nicht
gelöst werden können. Das Problem der schwer vermittelbaren Schüler muß man in einer anderen
Form lösen, man muß ihnen anders helfen. Das sind soziale Probleme und die ganze Kraft gehört hier
hinein. Da muß man helfen, aber das gehört nicht in das Lehrlingsreferat und gehört nicht in den
gewerblichen Problemkreis, denn dieser Sockel wird immer bleiben. Den müssen wir abbauen, aber
der wird nicht durch Berufsausbildung in gewerblichen Betrieben, durch die Meisterlehre abgebaut
werden können. Ansonsten gibt es Gott sei Dank dieses Problem nicht und ich sage Ihnen die Zeit
voraus, die schon nächstes Jahr beginnen wird, wo wir wieder rote Teppiche ausrollen werden, wenn
Lehrlinge kommen. Da werden wir sehr knien, obwohl ein Lehrling, bitte, das haben wir auch immer
gesagt, kein Geschäft in dem Sinne ist, das wissen Sie ja mittlerweile. Aber wir wollen ihn ja nicht als
Geschäft verwenden, sondern wir wollen eben junge Leute ausbilden, weil wir glauben, daß damit
auch unsere Berufe aufrecht erhalten werden können. (Unruhe - Ruf von Abg. Keusch.) Ich wehre
mich auch dagegen und werde es gleich begründen. Ich wehre mich deshalb dagegen, um das
Stichwort jetzt zu beantworten, Sie waren zuerst nicht da, und ich habe auch einen Konsens gefunden
zu Ihnen, nämlich im Lob für das duale System. Aber weil Sie selber die Verschulung anschneiden,
muß ich sagen, die Wirtschaft wehrt sich mit allem was sie hat gegen eine weitere Verschulung und
auch gegen die schwer durchführbare Praktizierung dieses zusätzlichen Berufsschultages. Sie
bemerken ja, daß niemand ihn wirklich durchführen kann, er ist administrativ furchtbar schwer
durchführbar, er ist nicht kontrollierbar, sagen uns die Berufsschuldirektoren und sagen auch die
Betriebe. Besonders in Wien ist das ein großes Problem, in Niederösterreich haben wir ja nur
turnusmäßige Schulen, es ist also ein Problem, das mehr Wien betrifft, aber generell kann ich Ihnen
sagen, daß ich persönlich - dafür stehe ich ein - gegen eine weitere Verschulung auf Kosten der
Praxis bin. Denn ich sage Ihnen offen, der Medaillenregen von Osaka, hinter den wir uns alle stellen,
weil wir stolz waren, daß 8 Österreicher in Japan die besten Preise in allen Branchen, in
Tischlereiwerkstätten, in internationalen Disziplinen des Handwerkes gewonnen haben, der ist
sicherlich nicht durch eine Verschulung allein zustande gekommen, sondern durch unser noch immer
bestehendes Gleichgewicht in der Praxis. Ich sage Ihnen voraus, wenn wir das Modell sozialistischer
Länder in ihrer Berufsanschauung einschlagen, dann geht es uns so wie Italien oder Frankreich, Sie
brauchen nur die Statistik anzuschauen, diese großen Länder haben zum Beispiel in Japan keine
Medaille oder nur eine gewonnen. Ich glaube, das ist ein Zeichen dafür, daß wir mit unserem
österreichischen Weg der Berufsausbildung nicht falsch liegen, ja mehr noch, sicherlich am besten
liegen. Aber ich glaube nicht, daß das eine Streitfrage jetzt ist. Ich möchte nur eines in Ruhe sagen:
Auch die Fondslösung ist für uns nicht akzeptabel; wir wollen keine weiteren Fonds mehr, wir haben
schon genug Fonds in Österreich, die paritätisch und sozialpartnerschaftlich besetzt sind und wo dann
der, der am meisten hineinzahlt, am wenigsten zu reden hat. Das kommt nämlich auch dazu. Und
bitte, auch wenn ich selber sehr viele Lehrlinge ausgebildet habe - ich habe über 20 persönlich
ausgebildet, ich bin sehr ausbildungsfreudig - muß ich jetzt die Betriebe in Schutz nehmen, die keine
ausbilden. Denn eine Strafe für jene, die keine ausbilden, daß die dann zur Kassa gebeten werden,
kann man in einer freien Wirtschaft nicht akzeptieren und praktizieren, zumal die Lehrlingsfrage ja
sehr entspannt werden wird und sich in den nächsten Jahren ganz sicher nicht mehr stellen wird. Und
auch was die Qualität anlangt glauben wir, daß in den Klein- und Mittelbetrieben - ich sage Ihnen auch
das ganz offen - jetzt besser ausgebildet wird als in Großbetrieben. Oder sagen wir gleich gut
ausgebildet wird, damit wir uns nicht streiten. Aber die Ausbildung in den Klein- und Mittelbetrieben
gewährleistet, daß der junge Mensch, ob Mädchen oder Bursch, so ausgebildet wird, wie es die
Kundschaft draußen, wie es das Leben verlangt, und nicht unter dem Glassturz am Markt
vorbeigeführt wird. Im Klein- und Mittelbetrieb macht er das, was die Wirtschaft braucht, er paßt sich
schneller an, wenn neue Technologien kommen, neue Konsumentenwünsche werden in den Kleinund Mittelbetrieben befriedigt. In einem flächendeckenden großen staatlichen Betrieb, wo es eine
Lehrwerkstätte gibt - auch das muß sein, bitte, ich sage nichts dagegen, das muß es geben, die
Verstaatlichte kann nur so ausbilden und hat auch ein hohes Ausbildungsniveau -, kann es passieren,
daß jemand am Markt vorbeigeschult wird, weil er eben nur in der Theorie steckt und nicht im Kontakt
mit der Bevölkerung und mit den Konsumentenwünschen steht.
Ich will diese Frage aber jetzt nicht hochspielen, sondern wirklich zu meinem eigentlichen Thema, zur
Kultur, kommen. Nur zu Dr.Slawik, mit dem ich ja immer versuche, eine feine Klinge zu kreuzen, wir
treffen einander auch öfter, wie letztlich auch bei den Bibliothekaren in Schwechat, möchte ich noch
etwas sagen. Ja, Dr.Slawik, ich bin noch naiv genug am Beginn des dritten Jahres meiner
Abgeordnetenschaft, an einen unaufhaltsamen Aufstieg zur 1 Prozent-Marke zu glauben und werde
auch dafür weiter kämpfen. Bis jetzt habe ich keinen Grund, daran zu zweifeln, es geht ja wirklich
aufwärts. Und was das Landesbewußtsein betrifft, das nach Ihrer Meinung nicht meßbar ist, gebe ich
Ihnen recht. Es ist nicht meßbar und das ist gut so. Emotionelle Problemkreise sind eben nicht
meßbar. Aber deswegen ist auch das Emotionelle ein rationaler Faktor in der politischen Entscheidung
und wer weiß, wie emotionell oder nicht emotionell die Niederösterreicher in dieser Frage entscheiden
werden. Mir macht es gar nichts, daß es neben einer politischen und sachlichen auch eine emotionelle
Entscheidung sein wird, denn große Entscheidungen in der Weltgeschichte, meine Damen und
Herren, sind sehr oft emotional getroffen worden. Ich könnte von Ihrer Ideologie auch einige nennen
im Laufe der Geschichte und sie waren gar nicht schlecht. Die französische Revolution zum Beispiel
möchte ich nicht missen, obwohl ich kein Kurzhosenträger bin. (Abg. Kalteis: Die Maria Antoinette
möchte ich schon missen!) Das hat mir auch nicht gefallen, das war grauslich. Da distanziere ich mich
von den Sansculotten. Zur Uni-Frage: Bitte, da haben Sie etwas falsch mitgekriegt. Ich war in
Laxenburg und habe es mitgehört. Sie haben sehr geschickt formuliert, liegen aber falsch. Der
Sebestyen hat gesagt, er führt die Konferenz der Träumer an, und das wird jetzt falsch ausgelegt,
wenn wir sagen, er ist ein Träumer. Es ist eigentlich lustig, daß er als "Träumer", der die Dichter und
Dichterlinge und Künstler dort anführt - in dem Arbeitskreis war ich auch zeitweise -, viel konkretere
Vorstellungen zu einer Uni hingelegt hat, als so mancher exakte Wissenschaftler. Das hat er gesagt
und das sage ich nur der Ordnung halber, so wollte er verstanden sein. Sie haben es aber als
Träumereien ausgelegt. Nein, er hat gemeint, die anderen sind die Träumer, er habe die Fakten
hingelegt und er sei viel realistischer als alle anderen. So war das gemeint. (Abg. Dr.Slawik: Ich habe
es aus der Landeskorrespondenz!) Das war zum Teil realistisch. Natürlich sind da noch keine fertigen
Pakete auf dem Tisch, aber ich glaube, wenn wir zu einer Vorstellung tendieren, dann kristallisiert sich
das erst heraus. Das macht ja nichts, man kann lang reden, es muß ja reifen. Jetzt haben wir tausend
Jahre nichts gehabt, also können wir 20 Jahre noch ruhig reden darüber, bis wir es genau wissen.
Aber unsere Vorstellungen gehen in Richtung einer umfassenden, kreativen Umweltuniversität im
weitesten Sinn. (LHStv. Grünzweig: 1000 Jahre war falsch!) 1000 Jahre war falsch, denn da muß man
Wien mit einbeziehen jetzt, das ist richtig. Jetzt aber bitte wirklich zu dem, worüber ich reden will,
nämlich zurück zum Kulturbudget. 1984 war es wie gesagt mit 0,88 % dotiert, 1985 mit 0,91 % und
1986 mit 0,94 %. Nach dem UNO-Schema, was völlig richtig dargestellt wurde, muß man es trennen.
Wenn wir Erwachsenenbildung, Forschung und Wissenschaft dazunehmen, kommen wir zum ersten
Mal - das verdient schon bitte ein kleines Bravo - zur Durchbrechung der Schallmauer mit einem
absoluten Betrag von über 300 Millionen Schilling. Denn man darf nicht vergessen, 0,94 % sind ja
nicht immer dasselbe, sondern in Zeiten eines kleineren Budgets nominell weniger, aber die Budgets
haben ja eine ziemliche Ausdehnung erfahren in den letzten drei Jahren und jetzt sind eben 0,94 %,
wie Sie richtig sagten, 230 Millionen oder wenn wir diesen Bereich der Ansätze 27 und 28
dazunehmen, eben 301 Millionen Schilling. Das ist schon wert, glaube ich, erwähnt zu werden, das ist
ein Betrag, für den man sich nicht zu schämen braucht, wenn man bedenkt, daß in anderen
Budgetansätzen ja auch noch Hilfen und Unterstützungen für die Kultur drinnen sind. Auch die
Landesgesellschaften kriegen nicht nur Geld für die Kultur, sondern sind auch Multiplikatoren, die auf
ihre Weise ja auch wieder Geld - Gott sei Dank - aufreißen und Sponsoren zur Kasse bitten, das läßt
sich ja multiplizieren. Also das alles zusammen und was die Gemeinden auch noch tun, ergibt glaube
ich jetzt einen Betrag, der zwar durchaus noch erhöht gehört und weiter angefochten werden muß,
das sage ich Ihnen offen, aber man muß jetzt zugestehen, daß einmal wirklich etwas dafür getan
wurde.
Interpretationsunterschiede gibt es diesmal bei dem Betrag kaum und auch prozentual nicht. Es wurde
auch nicht getan, was ich dankend zur Kenntnis nehme. Zahlen sind aber, meine Damen und Herren,
Schall und Rauch, wenn dahinter nicht wirkliche Fakten stehen und konkrete Hinweise darauf, was
denn alles hier gefördert wird. Das spare ich mir, weil der Kollege Dr.Slawik das sehr korrekt
wiedergegeben hat. Ich darf wirklich nur ein paar ganz große Brocken herausgreifen: Volksbildung 7
Millionen, Landesmuseum 19,5 Millionen, Schallaburg 7,5 Millionen, Pfaffenberg 1 Million. Musik und
darstellende Kunst: da sind die Musikschulen unser gemeinsames Sorgenkind, wir wissen, daß sie
darben, sie haben zu wenig, aber es ist auch eine leichte Erhöhung gelungen mit 19,5 Millionen.
Musikschulen betteln natürlich und wollen mit Recht, da sie ja ideell tätig sind, möglichst eine
gesetzliche Regelung. Wir haben uns aber darauf geeinigt, daß wir uns die teuren Modelle derzeit
nicht leisten können mit 60 oder 90 Millionen, das wären die Modelle a la Oberösterreich, das ist im
Moment nicht drin. So sagen wir, lieber eine allmähliche Steigerung, eine Verbreiterung der Qualität
und Quantität von den Gemeinden her. Schön wäre natürlich, das möchte ich auch immer wieder
betonen, dann ein Spitzensport in dieser Disziplin und einmal als Fernziel eine Musikhochschule, ein
Konservatorium, wie wir das nennen ist egal. (LHStv.Grünzweig: Die Erhaltung!) Ich weiß, aber das
könnte ja in dieser oder jener Form sein, daß paßt durchaus zu solch einem kulturellen Schwerpunkt,
auf den ich auch noch eingehen muß, weil Sie mich als Badner in eine verzwickte Lage gebracht
haben.
Ich spreche es einmal aus: Als Badner glauben wir ja, wir sind die heimliche kulturelle Hauptstadt,
nicht? Jetzt sagen natürlich alle zu mir als Badner, was sagst Du denn, wenn es St.Pölten wird oder
wenn es jetzt Krems wird? Da darf ich natürlich nicht unsportlich sein, ich darf nicht sagen, wenn wir
es nicht werden, bin ich nicht dafür. Wenn man zu etwas ja sagt, muß man ganz dazu ja sagen, aber
ich gestehe Ihnen, daß ich jetzt schon daran arbeite, so oder so gewisse dezentrale Bereiche der
Kultur in Baden zu halten, und da habe ich auch Mitkämpfer bei meinen Freunden, die ja auch für eine
Regionalisierung sind. Auf kulturellem Gebiet ist es uns wirklich gelungen, hier ganz klare Verhältnisse
zu schaffen, hier muß regionalisiert werden. Die Landestheater-Vorstellung wäre die, um es auch
nach dem Sebestyen-Modell zu sagen - das ist aber nur ein Vorschlag von ihm, ein Expertenvorschlag
-, daß ein Landestheater sagen wir im Kern sitzt, dort ausbildet, dort Stücke inszeniert, und die gehen
dann in die bestehenden schönen Theater, die wir haben, hinaus und bespielen die Theater in
Stagione-Manier. Das wäre jetzt im Moment die Vorstellung. (LHStv. Grünzweig: Der Herr
Bürgermeister Wallner hat alle Modelle vor 15 Jahren abgeblockt!) Ich glaube, Herr Bürgermeister
Wallner hätte nichts anderes hier gesagt. Ja, ich weiß, damals hat es die Geschichte gegeben mit
St.Pölten und Baden, ein Splitting-Verfahren, St.Pölten macht Sprechstücke, wir haben uns auf
Operette spezialisiert, wollten einander gegenseitig bespielen. Daraus ist nichts geworden, beide
Theater haben sich wieder getrennt und machen wieder beide alles. Was ich sage, das ist
Zukunftsmusik, das dauert sicher noch lange, aber ich könnte mir - ganz objektiv jetzt, man muß sich
ja auch einer Sache beugen, wenn man sich dazu entschließt - ein solches Ensemble vorstellen, das
hochwertig ausgebildet ist, mustergültige Inszenierungen hinlegt, aber dann auch wirklich das Land
befruchtet, damit im Sinne einer dezentralen Präsentation in unsere fünf, sechs schöne Theater
hinausfährt, die wir haben, zu historischen Theatern,die wir in Niederösterreich haben, auf Besuch
kommt.
Ich schließe jetzt mit der Statistik, betone nur noch auch die Verdienste der Tonkünstler. Ich war beim
Festakt dabei, habe vieles erfahren, was ich nicht gewußt habe. Ich war immer ein bißchen - ich sage
es nur für mich - ein kleiner Kritiker dieses hohen Betrages. Es sind fast 50 Millionen, heuer sind es
55,5, aber man muß schon, das hat auch der Herr Landeshauptmannstellvertreter dort gesagt, in
Rechnung stellen, was sie tun, die In- und Auslandskonzerte, die sie leisten. Und mir gefällt, daß sie
jetzt ein bißchen von der Elite heruntersteigen und einen neuen Plan haben, zusammen mit einer der
beiden Kulturgesellschaften in die Gemeinden kommen wollen, natürlich nur in Quartetten oder
Quintetten, um in kleinen Kammermusikkonzerten auch kleinere, finanzschwächere Gemeinden, die
sich so etwas nicht leisten können, die keine großen Säle haben, zu bespielen. Ich sage nur noch,
was erstmals in diesem Budget ist: Neu ist die Kartause Gaming; ich weiß, Sie werden sagen, relativ
wenig, aber doch ein gewisser Betrag, 700.000 Schilling. Stift Seitenstetten: 3 Millionen erstmals drin
als Vorsorge für die Landeshauptstadt. Als Förderung für die Theater haben wir 21 Millionen drin und da sage ich kein Geheimnis - der Finanzreferent Pröll ist natürlich so sparsam, daß mir heute die
Bürgermeister oft sagen, da muß man wirklich um jeden Schilling zum Kulturreferat extra betteln
gehen; was man früher leichter bekommen hat, bekommt man jetzt bestenfalls als Nachtrag. Das liegt
natürlich auch im Zug der Zeit, und nur so ist es ja möglich gewesen, ein Budget halbwegs im
Rahmen zu halten, damit es nicht platzt und überwuchert.
Ich freue mich natürlich - lassen Sie mich das als kleine Marginalie sagen, meine Freunde hänseln
mich eh schon, weil ich darüber so viel rede -, daß mein Bücherbus fahren darf. Ich bedanke mich
auch für das Wohlwollen und die Unterstützung dafür, natürlich auch hier beim Finanzreferenten, der
diesen Zuschuß gegeben hat. Der Bus läuft, funktioniert und ich muß sagen, den meisten Kampf habe
ich mit meinen Buchhändlern gehabt, die nicht an ihn geglaubt haben, die glaubten, er sei eine
Konkurrenz für sie. Es hat sich gezeigt, er ist keine Konkurrenz, er befruchtet den Buchhandel; im
Landbezirk Wr.Neustadt, wo er gefahren ist, wurden wahrscheinlich - ich kann es ja sagen, die Steuer
ist nicht hier - dann 1.800 Erstbestellungen in einem Monat bei den Buchhandlungen abgegeben. In
Wiener Neustadt gibt es halt nicht viele, da sind 2, 3 Buchhandlungen in den Genuß der Sache
gekommen, aber woanders, in Zwettl, wo er jetzt fährt, oder Waidhofen werden es sicher mehr sein,
da die Kinder ja eine freie Willensbildung haben, zum Buchhändler ihrer Wahl gehen. Der
Wunschzettel liegt auf und sie verteilen das. Ich bin froh, daß die Wirtschaft hier auch beruhigt ist, und
daß Buchhandel, Handelskammer, Landesschulrat und Buchklub der Jugend miteinander ordentlich
arbeiten können. Daß der Bücherbus jetzt einmal rollt, ist auch wieder als kleines Zeichen einer
dezentralen Kulturpolitik zu werten, die wir miteinander, glaube ich, auch zeichnen können. (Abg.
Dr.Slawik: Vielleicht könnte man die Landeshauptstadt auch als Bus fahren lassen!) Das wird windig,
bitte, das wird zugig. Das würde Ihnen ziehen, bitte Herr Doktor.
Jetzt bitte springe ich wieder weiter. Die Verdienste der Landesausstellungen brauche ich wohl nicht
zu erwähnen, aber was Sie vielleicht und auch der Herr Hofrat Schmitz als Abteilungsleiter jetzt nicht
erwarten, sei nicht als Kritik verstanden, sondern als Anregung, bitte als wirklich konstruktiv gemeinte.
Aber er wird mit Recht sagen, das hätten Sie mir schon hundertmal sagen können. Es ist mir aber
wirklich erst in der Nacht eingefallen, wie ich das geschrieben habe. Den Landesausstellungen noch
einmal ein Bravo: "Heiliger Leopold", Klosterneuburg, 330.000 Besucher, Schallaburg, "Die wilden
Fünfzigerjahre", 250.000 Besucher - einer weniger übrigens, es waren nur 249.999, um einen
Besucher zu wenig, dann hätten wir eine Viertelmillion gehabt -, die "Etrusker" 68.000 ungefähr. Aber
bitte eine Anregung: Bei all diesen herrlichen Ausstellungen, die so viele Leute ins Land bringen, die
so viele Wiener hinbringen und auch Besucher aus den anderen Bundesländern, die damit auch ein
Österreichbewußtsein heben und ein Historienbewußtsein heben, vielleicht ein bißchen weniger Fülle
an wissenschaftlicher Arbeit, die ja wirklich kraftvoll dahintersteckt. Oft ist ein bißchen weniger mehr,
damit meine ich die vielen Exponate und wissenschaftlichen Dokumentationen, die wir da
zusammentragen. Auch in Lilienfeld ist mir aufgefallen, daß man womöglich die räumliche Architektur
in den schönen Schlössern und Stiften erschlägt. Vielleicht sollte man - das kann man sicher tun,
durch hauseigene Mitarbeiter oder durch einen Architekten, den man zur Beratung heranzieht schauen, daß eben mehr Harmonie zwischen dem Raum, der Architektur des Hauses, in dem das
stattfindet, zwischen Hülle, wenn Sie wollen, und Fülle herrscht, dann würde man hier zu einem
ausgewogenen Verhältnis kommen und die Besucher hätten mehr von der Umgebung. Ich brauche
Ihnen nicht zu sagen, daß auf dem Programm als Vorschau steht: "Polen, Zeitalter der Jagiellonen" in
der Schallaburg. "Prinz Eugen" kommt in die Marchfeldschlösser, Schloßhof und Niederweiden. Der
Fremdenverkehr arbeitet auch schon daran, um das ein bißchen auszuwerten. Die drei nächsten
Ausstellungen sind auch schon fixiert: 1988 Seitenstetten, 1989 Industriegeschichte in Pottenstein,
1990 Rosenburg, kulturgeschichtliche Ausstellung. Die drei genannten Ausstellungen sind in drei
verschiedenen Vierteln wieder einmal dezentral plaziert, was ich gut finde, abseits von den
Ballungszentren, und befruchten dann die Viertel. Ich erwarte mir natürlich auch hier eine
wirtschaftliche Belebung, insbesondere durch den Fremdenverkehr und wechselseitig auch. Apropos
Ausstellungen: Mit einem Satz sei gestreift, weil es heute noch niemand gesagt hat, die blau-gelbe
Galerie in der Herrengasse 21, wo wir uns gut unterhalten haben. Wir waren dort als Fans der
Niederösterreicher in Wien mit moderner Kunst. 33 Maler stellen da zur Zeit aus und reflektieren ihre
Gedanken, ihre Talente am Beispiel historischer Vorbilder klassischer Kunst. Sehenswert bitte, wir
empfehlen jedem hinzugehen, der noch nicht dort war. Und so komme ich, da ich den Bücherbus
schon erwähnt habe, zur Musikerziehung und knüpfe an den Vorschlag an, den mein Vorredner für
die bildende Kunst gemacht hat. Ich möchte das auch unterstreichen für die Musikerziehung. Ich habe
es von Busek gehört, gebe ich zu, es ist nicht ein Gedanke von mir, aber es hat mir gefallen. Bei einer
Kultursprecherkonferenz in Gastein hat Dr.Busek etwas angeregt und damit nicht gegen den Bund
ausgeschlagen. Er hat nur gesagt, die Ruhensbestimmungen für selbständige Komponisten sind
direkt lächerlich, diese Ruhensbestimmungen für Komponisten, wenn sie steuerlich veranlagt sind,
gehören abgeschafft, denn erstens einmal ist es lächerlich, einem Komponisten zu sagen, ab 60 oder
65 darf Dir nichts mehr einfallen. Das glaubt ja niemand. Und das zweite wäre ein Vorschlag, wie Sie
ihn für die bildende Kunst getan haben, den ich sofort auch mitzeichnen werde, daß Private oder
Geschäftsleute oder auch Unternehmer hier mehr tun für die Komponisten. Und zusätzlich gehört
diese lächerliche Ruhensbestimmung abgeschafft, das paßt wirklich nicht zur Kunst und das würde
auch niemand verstehen. Daß der Nachwuchs versiegt, meine Damen und Herren, für bestimmte
Instrumente, das wissen wir. Eine Fessel-Studie sagt grausliches voraus, bei manchen Instrumenten
gibt es keinen Nachwuchs mehr. Da muß man aber nicht nur in den Musikschulen etwas tun, sondern
wahrscheinlich schon früher wäre es gut, schon in der Volksschule. Ich weiß schon, Schwierigkeit
Stundenplan, jetzt bin ich fast der "Verschuler", der sagt, da brauchen wir eine zweite Musikstunde in
der Volksschule. In der AHS sollte man vielleicht eine Langform eines Gymnasialtyps, eines
musischen Gymnasialtyps schaffen, wo Zeichnen und Musik sagen wir nicht immer alternativ stehen
müssen. Warum kann man nicht beides? Ich hätte gern beides gehabt, mußte aber wählen damals
zwischen Zeichnen und Musik. Vielleicht kann man das auch den Schulbehörden vortragen, das ist
eine Bundesregelung natürlich, und beides sollte bis zur achten Klasse der AHS Pflichtfach sein in
solchen Typen von musischen Gymnasien. Die Musikschulen selbst, habe ich gesagt, raunzen
natürlich, zuwenig ist da. Wir haben jetzt 118 Musikschulen in Niederösterreich mit 1741 Leitern und
Lehrern. Wir sollten sie unterstützen, aber man kann nur mit Wasser kochen. Es ist halt ein bißchen
mehr geworden, aber der Gesamtaufwand der Musikschulen beträgt 49 Millionen und sie kriegen nur
19,5 Millionen. Voriges Jahr haben sie 18 Millionen gekriegt. Ich weiß, das ist ein Anstieg, aber sie
müssen sich dann Geld von den Gemeinden holen, von überall holen, und können ihre Lehrer und
Ausbildner oft gar nicht bezahlen bzw. natürlich auch nicht entsprechend qualifizierte Lehrer anstellen.
Das wissen wir, aber ich glaube, da müssen wir noch eine Zeitlang darüberturnen, denn es wäre
fantastisch, heute zu sagen, übermorgen lösen wir das oder nächstes Jahr. Die Langmut der
Musikschulen ist ohnehin groß, muß ich sagen, und das muß man zur Kenntnis nehmen.
Jetzt bitte erlauben Sie eine kurze Überleitung zum Schlußstück meiner Ausführungen. Ich möchte
auch zum verwandten Thema Fremdenverkehr reden und habe ein paar Mal angedeutet, daß es
zusammengehört. Ich verspreche aber, daß ich mich morgen beim Kapitel 7 nicht mehr zum
Fremdenverkehr melde, daß Sie das dann schon hinter sich haben. Meine Freunde haben mir erlaubt,
daß ich jetzt den Fremdenverkehr mitbehandle und das mache ich auch, indem ich betone, daß der
Kulturtourismus das Bindeglied eben ist zwischen Kultur und Fremdenverkehr. Der Abg. Rabl, mein
Freund, wird dann noch zur wichtigen Ausgabenpost Dorferneuerung und Ortsbildgestaltung
sprechen, die wirklich explosiv gestiegen ist. Da hat der Dr.Slawik recht, dort liegt der Schwerpunkt
heuer. Aber Schwerpunkte muß man setzen und wer heuer im Sommer beim WittgensteinSymposium war in Kirchberg am Wechsel oder bei anderen Symposien, der hat auch bemerkt, wie
sehr die Wissenschaft und solche Symposien die Wirtschaft und vor allem die
Fremdenverkehrswirtschaft beflügeln. Weit und breit ist dort alles ausgebucht. Sie kriegen kein Bett,
und wenn es uns gelänge, mehr solcher Symposien nach Niederösterreich zu bringen, wäre das ganz
fantastisch für den heimischen Fremdenverkehr. Wenn ich die Fremdenverkehrsentwicklung kurz
skizzieren darf, der thematische Zusammenhang ist hergestellt - ich spreche jetzt nur in Schlagworten,
damit wir fertig werden: Die Fremdenverkehrsentwicklung schaut gesamtösterreichisch nicht gut aus,
in Niederösterreich hat sie bis August sehr gut ausgeschaut, fast atypisch, dann haben wir einen
leichten Einbruch bekommen; der August war zwar prima, aber leider schließen auch wir Ende
September mit einem Minus von 2 % der Gesamtübernachtungen ab, das heißt nominell minus
100.000 Übernachtungen. Das ist viel, schwer aufzuholen. Ein kleiner Trost liegt darin, daß eben das
Vorjahr 1984 überraschend gut war, daß wir uns an diesem Vorjahr messen müssen und das natürlich
schwer einholen können. Ein Trost liegt auch vielleicht darin, daß Niederösterreich mit 8 Milliarden
Schilling Fremdenverkehrsumsatz nur im Fremdenverkehr mehr Umsatz macht - was viele nicht
wissen, ich habe es auch nicht gewußt, bevor ich die Statistik gelesen habe - als Kärnten, Steiermark
oder Vorarlberg. Und zwar entfällt auf Niederösterreich mit 5,5 % der Betten über 11 % des
gesamtösterreichischen Fremdenverkehres. Das wissen wenige und das sollten wir hinaustragen.
Dazu kommen aber noch 5 Milliarden - das sind keine Schmähmilliarden - weiterer Umsatz im
Sekundäreffekt außerhalb des gewerblichen Fremdenverkehrs, aber verursacht durch
Fremdenverkehr. Daß leistungsfähige Fremdenverkehrsbetriebe der Garant für eine gute
Wirtschaftsentwicklung sind, wissen wir. Weil wir gar nicht so viele Möglichkeiten haben in
Niederösterreich, alles auf einmal zu tun, liegt hier unsere Chance, die müssen wir nützen. Unsere
gastronomischen Betriebe beschäftigen 23.000 Menschen. Meine Damen und Herren, aber auch das
Minus muß gesagt werden. Was gegen uns spricht, warum wir uns schwer tun mit unserer Werbung,
ist halt, daß wir eine ungünstige geographische Situation haben im Vergleich zu anderen
Bundesländern, daß wir im Osten liegen, eine lange, tote Grenze haben, daß bei uns der Neubeginn
erst beginnen konnte ab 1955, als der Westen uns längst schon voraus war in der Investition, daß die
Wintersaison bei uns halt nicht so zieht, obwohl natürlich das Ötschergebiet herrlich ist und ich bin
auch selbst gerne dort, und obwohl wir erstaunlich viel Umsätze machen. Ein Drittel aller
Nächtigungen kommt immerhin vom Winterfremdenverkehr, der aber doch nicht so einschlägt wie in
den westlichen, rein gebirgigen Ländern, und die erzielbaren Preise liegen halt bei uns unter dem
Niveau anderswo. Trotzdem und gerade deshalb müssen wir - ich glaube, da gibt mir auch die
Abteilung recht mit allen führenden Mitarbeitern - muß Qualität vor Quantität gehen, sonst können wir
keine neuen Chancen und keine neuen Märkte erobern. Im Verdrängungswettbewerb sind wir sicher
schlechter als der Massentourismus, darum müssen wir aus der Not eine Tugend machen und zum
sanften Tourismus, sprich Kulturtourismus, gehen. Diesen Weg haben wir aber schon eingeschlagen
und damit sagen wir unseren Experten nichts Neues, das wissen die natürlich längst, nur wir Politiker
putzen uns damit auf, analysieren es halt immer wieder und verkünden es, was auch eine gewisse
Funktion zum Zweck hat.
Ich überspringe jetzt vieles, zum Beispiel daß Ungarn ein interessantes Zukunftsland ist. 100.000
Nächtigungen aus Ungarn haben wir verzeichnet. Da gehört vielleicht auch mehr Information hin, daß
es mehr wissen, wie sie es in Amerika haben oder in andern Ländern.
Und so komme ich zum Schluß zu den beiden großen Strategien im Fremdenverkehr. Sie wissen ja
aus den Zeitungen, aus den teilweise kritischen, aber auch Jubelmeldungen, daß in diesem Jahr 1985
Landesregierung und Handelskammer, wo ja die beruflichen Fremdenverkehrsleute sitzen, getrennte
Strategien begonnen haben zur Verbesserung des Fremdenverkehrs. In der Handelskammer hat sich
der fremdenverkehrspolitische Ausschuß gegründet mit drei Arbeitskreisen, die einen Nahzielkatalog
aufgestellt haben. Und vorher schon wurde hier im Land ein Fremdenverkehrsbeirat geschaffen, der
auch schon steht. Beide zusammen haben jetzt einmal eine Bestandsaufnahme gemacht, haben
geschaut, wo stehen wir, was müssen wir als nächstes tun. Und damit wir nicht immer von dem reden,
was wir tun werden, sondern auch von dem, was wir schon getan haben - das tun wir nämlich viel zu
wenig als Niederösterreicher, wenn ich die großen Herren vom Ministerium so höre, liegen wir ganz
falsch, müssen was anderes tun - sage ich, verkaufen wir einmal das, was wir mit Erfolg bis jetzt
haben, vielleicht geht es doch einmal weg, wir können nicht jeden Tag was Neues erfinden.
Was haben wir an Erfolgen zu verbuchen? Seit dem Göttweiger Aktionsprogramm vor vier Jahren gibt
es eine verstärkte Schwerpunktförderung für den Fremdenverkehr. Die Verlängerung der Laufzeit von
geförderten Investitionskrediten durch Zinsstützung des Landes auf 15 Jahre hilft den
kapitalschwachen Betrieben und leider sind sie alle kapitalschwach oder fast alle. Das liegt im Zuge
der Zeit, die Betriebe sind ausgemergelt, sie sind ausgehöhlt, man muß ihnen helfen. Weiters die
Landesaktion "Schöneres Gasthaus Niederösterreich", die Förderungsaktion zur Verbesserung des
Standards der Privatzimmer. In diesem Jahr wurde bereits verwirklicht die Förderung von Betrieben,
von realisierbaren, energiesparenden Maßnahmen in Betrieben. Und das allerwichtigste, was wir nicht
vergessen dürfen, im Budget ist es schon drinnen, wir warten auf die Sanktionierung: ein
Fremdenverkehrsförderungsfonds wurde geschaffen nach dem Muster des Wirtschafts- und
Strukturverbesserungsfonds, über den dann sicherlich mein Kollege Hoffinger im Wirtschaftsteil
sprechen wird. Er ist ähnlich gegliedert, vergibt selber seine Kredite und kann auch am Kapitalmarkt
Kredite aufnehmen.
Wenn Sie mir noch ein paar Minuten zuhören, sind wir ganz fertig. Ich entschuldige mich nur für die
Länge, das ist kein Vorwurf fürs Raunen, ich bin ja kein Lehrer. Ich habe ja selber am meisten
getratscht in der Schule. Ich sage das nur zur Beruhigung. In Fortsetzung des Staatsvertrages BundLand ist es gelungen, mit dem Bund zusammen in dankenswerter Weise diesen Zinsenzuschuß bei
Kreditsonderaktionen von 3 auf 5 % zu erhöhen. Damit kann vor allem eine Besserstellung des
Waldviertels erreicht werden und dafür sind wir auch dankbar.
Es gibt auch eine 60 Betten Autobuskapazitäts-Aktion, die Betriebe stärken soll, die sich auf diese
Kapazität, auf ein "Autobusmaulvoll" sozusagen, einstellen wollen. Die bekommen dann eine 15 %ige
Prämie zu den Aktionskosten. Ich habe vieles nicht gesagt, das macht aber nichts, denn man sagt
ohnehin das, was wichtig ist, das andere bleibt auf der Strecke. Ich darf aber schon noch sagen, daß
als Landesinitiative auch die Versicherung erwähnt gehört, die für jeden niederösterreichischen Gast
gilt. Daß das Landesinformationsbüro übersiedelt zum Landesreisebüro am Heidenschuß, wissen Sie
auch. Daß die drei Arbeitskreise in der Handelskammer drüben ihre Nahziele formuliert haben und
schon an die Arbeit gehen, freut uns sehr, denn dort sitzen ja auch die Praktiker des Lebens und
damit die besten Experten, die eine gute Zusammenarbeit mit dem Land verfolgen. Wie schaut die
Zukunft des Fremdenverkehrs aus? Langfristige Prognosen wagt niemand abzugeben, aber es wird
jetzt ein Marketingkonzept ausgearbeitet und es liegt auch schon ein Rohkonzept vor. Es wurde ein
Diskussionsentwurf vom Amt der Landesregierung erstellt. Das Konzept sieht ein paar Schwerpunkte
vor, wobei oberstes Ziel die Verbesserung der kulturellen und der kulinarischen Angebote für den
Niederösterreicher und seinen Gast hier im Land ist. Es basiert auf den Grundsätzen
Angebotsstruktur, Inventur machen, was haben wir, wo stehen wir, Nachfrage erörtern, Werbung,
Absatz und Organisation vielleicht noch straffer machen, noch verbessern. Und damit gilt auch hier,
was Dr.Bernau gesagt hat in seiner Klubobmannrede, die Idee muß der Tat vorausgehen, auch im
Fremdenverkehr.
Ich schließe, meine Damen und Herren, mit einem Pröll-Zitat, das sei das zweite und letzte, was ich
heute bringe: "Ein Land mit Kunst ist auch ein Land mit Ideen und ein Land mit Ideen wird ein Land
mit Zukunft sein." Ich glaube sowohl in punkto Fremdenverkehr als auch im Bereich der Kultur an
Niederösterreich als fortschrittliches Land der Zukunft der Kultur und des Fremdenverkehrs, in dem
beide Bereiche ihre Chance haben und in dem Wirtschaft und Kultur in Einklang stehen. (Beifall bei
der ÖVP und einigen Abgeordneten der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Als nächster kommt Herr Abg. Rabl zu Wort.
Abg. RABL (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf der Tafel 4
der Einbegleitungsrede des Herrn Finanzreferenten, Landeshauptmannstellvertreter Pröll, zum
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1986 haben wir schematisch dargestellt die
drei Hauptgruppen bzw. die kleine Gruppe mit dem geringsten perzentuellen Anteil am Gesamtbudget,
dem Amtssachaufwand. Der Personalaufwand, die übrigen Sachausgaben und die Förderungen sind
die drei Hauptgruppen, auf welche etwa je ein Drittel des Gesamtbudgets entfällt. Es mag vielleicht
gerade der Hauptbereich Förderungen, vor allem auch die Kulturförderung, die doch eine wesentliche
Post im Gesamtbudget ist, vielleicht nicht wegen des finanziellen Rahmens, aber doch wegen ihrer
Bedeutung für die Bevölkerung dieses Landes, zunächst den Eindruck erwecken, daß Kultur immer
wieder nur etwas kostet. Wir wissen auch, daß Förderungsmaßnahmen sicherlich notwendig sind,
auch im Bereich der Kultur, daß aber die Kultur den Menschen nicht nur ideelle Werte bringt, sondern
darüber hinaus auch wirtschaftliche Werte; eine entsprechende Förderung von Kulturmaßnahmen
bringt auch wirtschaftliche Belebung.
In diesem Bereich der Gruppe 3 bringt die Dorferneuerung sehr wesentliche wirtschaftliche Impulse
gerade in den ländlichen Raum. Sie ist entstanden aus dem Grundgedanken der Aktion Ortsbildpflege
vor zwei, drei Jahren, die ja nicht nur eine Denkmalpflege sein sollte oder eine Erhaltung von
denkmalgeschützten Gebäuden, sei es nun in den Dörfern, in den Märkten oder in den Städten in
Form einer Altstadtsanierung, sondern schon diese Aktion Ortsbildpflege bezweckte die Schaffung
eines einheitlichen, bodenständigen Ortsbildes, eines Gesamtbildes der Dörfer abgestimmt auf den
ländlichen Raum dieses Bundeslandes Niederösterreich. Das ist verbunden mit einer
Grundlagenforschung, mit einer Erfassung der Struktur in den Dörfern, der Wirtschaftsstruktur, der
Bevölkerungsstruktur, um entsprechende Grundlagen für eine zielführende Raumordnung und
Flächenwidmung auch im kommunalen Bereich zu haben. Eine Raumordnung, eine Flächenwidmung
nicht nur zur Unterstützung der Baubehörden, nicht nur zu einer entsprechenden Baulandgestaltung,
sondern vor allem, um damit wieder eine echte Erneuerung des ländlichen Charakters herbeizuführen.
Eine Raumordnung und eine Flächenwidmung ist aber nicht nur im Dorf, sondern auch im Land
notwendig und damit ist auch die Schaffung einer eigenen Landeshauptstadt in diesem Bundesland
Niederösterreich angesprochen. Genauso wie im kleinen Bereich die Dorferneuerung unter der
Mitarbeit und der Mitentscheidung der Bevölkerung vor sich geht, soll auch auf Landesebene unter
Mitarbeit, unter Mitentscheidung und wenn Sie wollen auch unter Mitverantwortung der Bevölkerung
dieses Bundeslandes eine eigene Landeshauptstadt geschaffen werden. Das bedingt sowohl im
kleinen Bereich als auch im ganzen Land einen weiteren Ausbau der Verkehrswege. Herr Kollege
Icha, man darf das nicht immer so sehen, als wenn alle gleich hintaus von der Großstadt sitzen, man
muß auch sehen, daß in diesem Land Niederösterreich auch in den anderen Regionen, im Mostviertel,
im Waldviertel, Bürger dieses Landes wohnen, die genau dieselbe Beziehung zu dieser Heimat
Niederösterreich haben und sich ebenso zu ihr bekennen wie jene, die am Rande der Großstadt
wohnen (Beifall bei der ÖVP.) und vielleicht oft bedeutendere und fundamentalere Grundsätze haben,
gerade was die wirtschaftliche Belebung anlangt. Man hat auch immer wieder gesagt und es ist heute
erwiesen, daß das Waldviertel der Gesundbrunnen der Bundeshauptstadt ist. Wieviel Menschen sind
aus diesem Waldviertel in die Bundeshauptstadt abgesiedelt oder mußten absiedeln, haben hier
Familien gegründet, ihre Existenz aufgebaut und haben den Bevölkerungsabgang, den
Geburtenrückgang in der Bundeshauptstadt ausgeglichen! Das heißt eigentlich, daß dieses Wien
noch als Stadt mit dieser Bevölkerung leben kann, ist auch auf diese geschichtliche Tatsache und
historische Entwicklung zurückzuführen. Ich glaube, damit geht Hand in Hand eine Dorferneuerung in
Niederösterreich, aber gleichzeitig auch die Schaffung einer eigenen Landeshauptstadt in diesem
Bundesland. Wie bereits erwähnt, bringt ein weiterer Ausbau der Verkehrswege, die Verbesserung der
Infrastruktur, Hand in Hand damit die Schaffung von neuen Wirtschaftsräumen, Lebensräumen und
Erholungsräumen in einer gesunden Umwelt, verbunden mit der Dorferneuerung, eine Belebung der
Wirtschaft und bringt vor allem die Siedlungsmöglichkeit, die Möglichkeit und die Chance, daß junge
Niederösterreicher in Niederösterreich ihre Existenz aufbauen und mit ihren Familien in
Niederösterreich wohnen und leben können. Das ist eine Garantie dafür. (Beifall bei der ÖVP.)
Blicken wir zurück auf die Zeit des Entstehens der Dorferneuerung. Wie bereits erwähnt, hat sich
diese Dorferneuerung aus der Ortsbildgestaltung herausentwickelt. Damals, zu Beginn des Jahres
1984, wurden aus vier Gemeinden sechs Orte ausgewählt und dort der Versuch der Erarbeitung von
Dorferneuerungsplänen gestartet. Bereits am 12. Februar 1985, also im heurigen Jahr, wurden die
Richtlinien für die Erhaltung und Erneuerung von Orten im ländlichen Raum unter dem Titel
"Dorferneuerung in Niederösterreich" von der Landesregierung beschlossen und hiebei auch
Budgetmittel in der Größenordnung von 12 Millionen Schilling als offizieller Startschuß zur Erneuerung
der niederösterreichischen Dörfer zur Verfügung gestellt. Es wurde eine Informationswelle im heurigen
Jahr gestartet. Mit der Ausgabe von zwei Broschüren - das Heft 1/85 "Dorferneuerung, eine Aufgabe
für uns alle" und das Heft 2/85 "Wir erneuern unser Dorf" ist nicht nur die Bevölkerung
Niederösterreichs über diese Aktion informiert worden, sondern es sind vor allem auch Architekten,
Raumplaner, Zivilingenieure, damit angesprochen worden. Sie wurden eingeladen zur Mitarbeit an
diesen Dorferneuerungsplänen und wenn 120 schriftlich ihr Interesse daran bekundet haben, so
sehen wir auch, welches Echo dies gebracht hat.
Herr Kollege Icha, warum grault es Dich denn vor dieser Dorferneuerung so? Als Bürgermeister einer
großen Stadt packt Dich das immer an. Auch wir im Dorf draußen haben moderne Gedanken, sind
aufgeschlossen und wissen auch, daß es notwendig ist. (Abg Icha: Was tun wir denn mit den
Industrieorten?) Auch für die Industrieorte, na selbstverständlich! Hast Du überhört, daß ich gesagt
habe, Dorferneuerung bedeutet auch Schaffung neuer Wirtschaftsräume und was das alles mitbringt?
Auch die Landeshauptstadt bringt das selbstverständlich. Ich glaube, eine Bestätigung, daß diese
Information gut war, daß sie zielführend war und auf einen fruchtbaren Boden gefallen ist, sehen wir
darin, daß im Jahre 1985 130 Anmeldungen im Rahmen dieser Dorferneuerungsaktion beim Land
Niederösterreich eingelangt sind, daß hiezu Erhebungsbögen ausgearbeitet bzw. aufgelegt wurden
und daß Beamte der im Steuerungskomitee vertretenen Abteilungen mit diesen Erhebungsbögen, mit
Richtlinien ausgestattet, bereits mehr als 100 Orte besucht und im Rahmen dieser Aktion einen
Dorferneuerungsplan erstellt haben. Auf Grund der wöchentlichen Sitzungen, welche die Betreuer
dieses Steuerungskomitees abhalten, wissen wir, daß nunmehr 48 Orte, einschließlich der vorhin von
mir genannten 6 Testorte also insgesamt 54 Orte, mit einem Dorferneuerungsvorhaben befaßt worden
sind. Dorferneuerung, können wir sagen, ist nicht nur eine hohe planerische Herausforderung, sie ist
auch eine interdisziplinäre und ganzheitliche Planung in dem Sinn, daß nur diese dem
Aufgabenbereich gerecht werden kann. Ich darf nochmals darauf zurückkommen: Eine
interdisziplinäre einheitliche Planung für ganz Niederösterreich mit der Schaffung einer
Landeshauptstadt, nicht als einen neuen Zentralort, ist kein Bekenntnis zu einer Zentralisierung,
sondern die Schaffung einer Landeshauptstadt in Niederösterreich ist vor allem ein Bekenntnis zum
Föderalismus, in dem jeder Landesbürger auch das Selbstbewußtsein seiner engeren Heimat
bestätigt hat. Und das finden wir auch durch die Aussage des Landesfinanzreferenten bestätigt, der
bei einem Pressegespräch am 31.Oktober 1985 im Rahmen der Budgetbesprechungen mit den
Abteilungsleitern und seinen Regierungskollegen bereits erklärt hat, die Ansatzpost für die
Dorferneuerung für das Jahr 1986 zu erhöhen. Wenn wir im Budget eine 75 %ige Steigerung der
Ansatzpost für die Dorferneuerung vorfinden, so ist dies einerseits wohl die Bestätigung der
Notwendigkeit dafür, andererseits aber die Bestätigung, daß der Finanzreferent gerade für diese
Aktion und für dieses Gedankengut besonderes Verständnis hat. Kultur, das kann man bestätigen,
kostet nicht nur etwas, Kultur bringt auch etwas. Dorferneuerung und Landeshauptstadt in
Niederösterreich sind, damit möchte ich schließen, ein Bekenntnis zur niederösterreichischen Heimat,
Dorferneuerung und Landeshauptstadt bedeuten eine Stärkung des Selbstbewußtseins der
niederösterreichischen Bevölkerung. Mit dieser Dorferneuerung und der Landeshauptstadt in
Niederösterreich geben wir der Jugend aber auch den Glauben, daß ihre niederösterreichische
Zukunft eine Heimat hat. Dorferneuerung und Landeshauptstadt sei auch eine Bestätigung für unsere
Senioren, daß ihre Aufbauarbeit vor 40 Jahren nicht nur eine Notwendigkeit war, daß sie sinnvoll war,
sondern daß für diese Arbeit, die sie damals als politische Saat in unsere Heimat Österreich gelegt
haben, nunmehr auch die Ernte ins Haus steht. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Die Rednerliste ist erschöpft, der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 3, Kunst, Kultur und
Kultus. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 3, Kunst, Kultur und
Kultus, Ordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich stelle den Antrag die Gruppe 3, Kunst, Kultur und
Kultus mit Einnahmen im Ordentlichen Teil von S 13,776.000 und Ausgaben von S 229,446.000 zu
genehmigen.
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL (Nach Abstimmung über die Gruppe 3, Kunst, Kultur und
Kultus, Ordentlicher Teil, in Erfordernis und Bedeckung): Danke, einstimmig angenommen. Ich
ersuche den Berichterstatter Abg. Kurzbauer, zur Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und
Wohnbauförderung, Ordentlicher Teil, Außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu
berichten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Die Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung,
sieht ordentliche Ausgaben von S 6.354,574.000 vor. Die Einnahmen betragen S 4.849,824.000. In
dieser Gruppe sind Ausgaben und Einnahmen für allgemeine öffentliche Wohlfahrt, freie Wohlfahrt,
Jugendwohlfahrt, Behebung von Notständen, sozialpolitische Maßnahmen, familienpolitische
Maßnahmen und Wohnbauförderung vorgesehen. Der prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des
ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt 25,92 %. Im Außerordentlichen Teil sind Ausgaben von
S 52,751.000 bei Einnahmen von S 21,980.000 und im Konjunkturausgleichsteil Ausgaben von S
50,000.000 veranschlagt. Herr Präsident, ich darf bitten, die Debatte einzuleiten.
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Worte gelangt Herr Abg. Deusch.
Abg. DEUSCH (SPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
habe mich zum Abschnitt Behindertenhilfe der Gruppe 4 des Voranschlages zu Wort gemeldet.
Gestatten Sie mir dazu folgende Ausführungen: Die sozialdemokratische Bewegung in unserem
Heimatland, die in wenigen Jahren ihren hundertjährigen Bestand begehen wird, hat in ihrer
Gesellschaftspolitik stets den Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Diese humanitäre Einstellung
verpflichtet uns in besonderem Maße, dem behinderten Menschen in unserem Lande Hilfe
angedeihen zu lassen, denn wir müssen uns bewußt sein, daß bei einer wie immer gearteten
Behinderung in den meisten Fällen nur die Gemeinschaft helfen kann.
Im Rahmen der verfassungsgesetzlich gezogenen Grenzen sind sowohl der Bund als auch das Land
verpflichtet, Regelungen zugunsten der Behinderten zu treffen. Nun, ich habe in der vorjährigen
Budgetdebatte bereits über die Behindertenhilfe gesprochen und dabei den Aufgabenkreis des
Bundes ausführlich beschrieben. Ich möchte mich daher heuer nicht wiederholen, doch gestatten Sie
mir, daß ich besonders auf eine Initiative des Familienministeriums eingehe. Dieses hat beim
Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung eine Studie mit Fragestellung "Eltern mit
behinderten Kindern, Einstellungen, Anliegen und Wünsche" in Auftrag gegeben. Es wurden dabei
erstmalig die Eltern von behinderten Kindern befragt und damit wurde eigentlich Neuland betreten,
denn bisher hat sich die Behindertenforschung traditionell auf Rehabilitation und Reintegration des
einzelnen bezogen. Die Studie wurde im Oktober dieses Jahres veröffentlicht und ich darf Ihnen,
meine sehr geehrten Damen und Herren, einige Details zur Kenntnis bringen.
Die Zahl der behinderten Kinder in Österreich läßt sich nicht genau feststellen. Rückschlüsse erlaubt
nur die Zahl der Bezieher der doppelten Familienbeihilfe, in ganz Österreich sind es exakt 36.229.
Spitzenreiter ist Oberösterreich mit 6.970, gefolgt von der Steiermark mit 6.803 und Niederösterreich
mit 6.050 Beziehern. Gott sei Dank, können wir hier sagen, ist Niederösterreich nicht Behindertenland
Nr. 1. Vorarlberg mit 1.120 und Burgenland mit 1.424 bilden das untere Ende der Skala. Daß hinter
diesen Zahlen nicht nur behinderte Kinder, sondern oftmals auch behinderte Familien stehen, ist leider
traurige Wahrheit. Bei dieser Studie wurden 200 Familien zu je einem Drittel aus Wien, Tirol und der
Steiermark befragt und in 87 % der Fälle gaben die Mütter die Antwort auf diese Befragungen. Es
ergab sich, daß in 70 % der befragten Familien die Mütter wegen der behinderten Kinder nicht
berufstätig sein können. Mehr als die Hälfte, nämlich 58 % der Kinder dieser Befragten, sind geistig
behindert, 25 % sowohl geistig als auch körperlich, 21 % sind nur körperlich behindert und bei 85 %
beeinträchtigt die Behinderung auch das Nervensystem und die Psyche.
Was den finanziellen Bereich betrifft, wären viele Eltern an einer Verbesserung der
Kostenrückerstattung für Therapie und Arztkosten interessiert, ebenso für Heilbehelfe und
therapeutisches Spielzeug. An der Spitze der Wünsche steht aber nicht das Geld, sondern die
Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere die Einrichtung geschützter Werkstätten in größeren
Gemeinden. Bei dieser Befragung hat sich aber herausgestellt, daß die Information der betroffenen
Eltern noch nicht ideal ist. 73 % meinen, nicht ausreichend über die entsprechenden gesetzlichen
Bestimmungen informiert zu sein und 41 % wissen ihrer Ansicht nach zu wenig über finanzielle und
steuerliche Begünstigungen. Hier ist offensichtlich noch viel Aufklärungsarbeit nötig.
Aus der Stellungnahme von Frau Bundesminister Fröhlich-Sandner anläßlich der Präsentation der
Studie war zu entnehmen, daß es der Bund nicht dabei bewenden läßt, sondern sehr wohl
Konsequenzen aus dieser Studie ziehen wird und es wird ganz sicher auch der
Bewußtseinsbildungsprozeß, ich meine damit jenes Umdenken zugunsten der behinderten Menschen,
das in unserer Gesellschaft seit längerer Zeit eingesetzt hat, durch eine ständige Berichterstattung
über Probleme und Anliegen der behinderten Menschen in den Medien weiter intensiviert und
vorangetrieben.
Dieser Studie kann weiters entnommen werden, daß viele Eltern, die ihre behinderten Kinder in
Tagesheimen untergebracht haben, den Wunsch äußerten, eine Möglichkeit zu schaffen, daß die
behinderten Kinder fallweise einige Tage im Heim verbleiben können. Sie, die Eltern, können dann
wichtige Besorgungen machen, die ja auch ab und zu notwendig sind. Derzeit ist das aber nur sehr
schwer möglich, weil, so ergab die Studie, 2/3 der behinderten Kinder nicht einmal eine Stunde ohne
Aufsicht sein können; 3/4 können nicht allein auf die Straße gehen, 2/3 brauchen Hilfe beim An- und
Ausziehen und bei der KÖrperpflege und fast 1/3 beim Essen. Ich habe vor nicht allzu langer Zeit die
Tagesheimstätte der Caritas in Horn besucht. Es werden dort derzeit tagsüber 33 Behinderte mit
einfachen Arbeiten beschäftigt. Die Sorgen der Heimleiterin sind nicht sosehr finanzieller Natur,
sondern sie würde es begrüßen, wenn sie von der Geschäftswelt mit einfachen Aufträgen, die von den
Behinderten unter Anleitung durchführbar sind, betraut werden würde. Ihr wichtigstes Anliegen
allerdings wäre, daß mehrere im Tagesheim einstweilen leerstehende Räume für Wohnzwecke
adaptiert werden können, weil seitens der Eltern der Behinderten schon oft der Wunsch geäußert
wurde, fallweise ihr Kind zwei oder drei Tage in der Tagesheimstätte belassen zu dürfen, weil eben
doch hin wieder Abwesenheiten der Eltern notwendig sind, die sich über mehrere Tage erstrecken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es müssen Mittel und Wege für eine weitere Verbesserung
der Behindertenbetreuung gefunden werden. Die Geschäftswelt würde sicherlich einem Aufruf der
Behörden um Unterstützung der Tagesheime durch Erteilung kleinerer Aufträge ein offenes Ohr
schenken und die Umgestaltung von Räumen zu Wohnzwecken kann doch für das Land
Niederösterreich, das Förderungsmittel gewähren müßte, kein unlösbares Problem sein. Übrigens
wird eine längerfristige, außerfamiliäre Unterbringung der Behinderten auf Grund der von mir zitierten
Studie nur von einer kleinen Minderheit gewünscht.
Ich möchte in meinem Beitrag auch einige Landesprobleme näher behandeln. Hier fällt mir zunächst
angenehm auf, daß in der Waldschule Wr.Neustadt ein umfangreiches Investitionsprogramm, das die
Modernisierung und bauliche Sanierung des Internatstraktes der Sozialhilfeeinrichtung zum Ziel hat,
kurz vor dem Abschluß steht. Mit einem Kostenaufwand von 24 Millionen Schilling wurden dabei die
18 Jahre alten Baulichkeiten komplett renoviert, modernisiert und vor allem im Sanitätsbereich,
einschließlich der Badeanlagen, technisch auf den letzten Stand gebracht. Die für gesunde Menschen
so leicht zu bewerkstelligende Körperreinigung bedeutete nicht nur für die behinderten Kinder,
sondern auch und vor allem für das Pflegepersonal bisher eine echte, sich ständig wiederholende
körperliche Belastung. Nur wer gesehen hat oder es sich erzählen läßt, wie früher einmal viele Kinder
nur mit totalem persönlichem Einsatz und größter Körperanstrengung des Betreuungspersonals mit
Heben, Ziehen und Tragen zu einem warmen Bad kommen konnten, der kann ermessen, welche
Erleichterungen die nunmehr im Internat installierten neuen Sitzbadewannen mit ihren leicht zu
bedienenden Hebevorrichtungen nicht nur für die Kinder, sondern auch für das Personal der
Waldschule bedeuten. Dazu kommt die neue Ausstattung der Räume; helle, neue Wandanstriche,
ebensolche Boden- und Wandfliesen und das dazupassende Mobiliar machen den Aufenthalt im
Internat für die Kinder geradezu zum Vergnügen. All diese Sanierungs- und Umbauarbeiten werden im
Frühjahr 1986 zum Abschluß kommen. Es erscheint nur logisch, daß sich diesem Arbeitsvorhaben die
gleichfalls schon dringend nötige Adaptierung des eigentlichen Schulbereiches anschließen muß. Die
technischen Planungsarbeiten wurden bereits begonnen und es bleibt nur zu hoffen, daß in
absehbarer Zeit auch Kreditmittel zur Verfügung gestellt werden, damit das Bauvorhaben in Angriff
genommen werden kann. Die behinderten Kinder und das Lehrpersonal werden es sicher zu danken
wissen. Wenn auch dieses Projekt realisiert ist, dann wird sich die ganze Waldschule wieder in einem
Zustand präsentieren, der der Bedeutung und den österreichweiten Ruf dieser Einrichtung gerecht
wird.
Derzeit bietet die Waldschule insgesamt 118 Kindern und Jugendlichen Unterkunft, Erziehung und
Bildung. Der überwiegende Teil dieser Kinder erhält Pflichtschulunterricht. Einige besuchen sogar die
Handelsakademie oder eine Handelsschule. Daneben besteht seit 1983 auch eine Gruppe, in der
Beschäftigungstherapie angeboten wird. Dabei ist leider festzustellen, daß die Inanspruchnahme der
räumlichen, pädagogischen und technischen Möglichkeiten der Waldschule durch andere
Bundesländer weiter rückläufig ist, auch die verstärkte Regionalisierung der Behindertenhilfe und die
Schaffung neuer, direkt konkurrierender Einrichtungen in Niederösterreich tragen dazu bei, daß viele
Kinder, die in der Waldschule Wr.Neustadt optimale Förderungsmöglichkeiten vorfinden würden, jetzt
andere Erziehungs- und Bildungseinrichtungen besuchen, die freilich geographisch günstiger zu ihrem
Wohnort liegen. Ein Anliegen von grundsätzlicher Bedeutung in der Behindertenhilfe in
Niederösterreich stellt die Errichtung weiterer geschützter Werkstätten dar. Eine Modelleinrichtung
dieser Art wurde in St.Pölten geschaffen und hat sich in den zwei Jahren seit ihrer Eröffnung bestens
bewährt. Der massive finanzielle Einsatz von Stadt, Land und Bund hat dazu geführt, daß hier ein
Zentrum für Behindertenbeschäftigung und Behindertenbetreuung entstanden ist, das in die ganze
Region ausstrahlt und die in seine Entwicklung gesetzten Erwartungen weit übertroffen hat. Dazu
kommt eine geschickte, sachkundige Verwaltungs- und Geschäftspolitik. Alle diese positiven Faktoren
haben sich zugunsten der dort tätigen behinderten Menschen ausgewirkt. So sind derzeit in der
geschützten Werkstätte 75 Behinderte beschäftigt. Die im Verband stehenden Tagesheimstätten
werden von 62 Behinderten besucht. Da wegen des großen Andranges bereits wieder beengte
Raumverhältnisse herrschen, ist eine bauliche Erweiterung in Aussicht genommen. Der Erfolg dieser
Behinderteneinrichtung sollte dazu anregen, daß ehemöglichst auch in den anderen Landesvierteln
gleichartige Einrichtungen geschaffen werden. Der Bedarf ist jedenfalls vorhanden. Mir ist auch
bekannt, daß sich in Wr.Neustadt eine Initiative gebildet hat, die auf die baldige Errichtung einer
geschützten Werkstätte hinarbeitet. Es wäre zweifellos im Interesse der Behinderten unseres
Bundeslandes gelegen, wenn hier in absehbarer Zeit vom Land Taten gesetzt würden. Mir scheint
nämlich, daß Niederösterreich in dieser Beziehung bereits in Verzug ist. Ich möchte darauf hinweisen,
daß beispielsweise das Land Kärnten, das flächenmäßig weit kleiner als Niederösterreich ist, bereits
über drei derartige Werkstätten verfügt, die unter finanzieller Beteiligung des Bundes errichtet wurden.
Nach der von mir bereits mehrfach zitierten Studie ist die größte Sorge der Eltern die bange Frage,
was geschieht mit meinem behinderten Kind, wenn ich einmal nicht mehr bin. Dazu kommt, daß für
eine in die tausende gehende Gruppe von erwachsenen, vor allem geistig behinderter Menschen in
nächster Zeit geeigneter Wohnraum geschaffen werden muß. Ein großer Teil dieser Menschen lebt
noch im Familienverband, es ist aber abzusehen, daß viele Eltern aus Altersund Gesundheitsgründen
die Betreuung nicht mehr lange durchführen werden können. Ich darf dazu feststellen, daß in
Niederösterreich für diesen voraussehbaren und in den nächsten Jahren nach allen vorliegenden
Prognosen stark ansteigenden Bedarf bisher in keiner Weise vorgesorgt worden ist. Die wenigen,
bisher geschaffenen Wohngruppen und Wohnnester stellen bestenfalls einen Tropfen auf den heißen
Stein dar. Die zahlreichen Berichte der Medien über die zuletzt genannten Einrichtungen können nicht
darüber hinwegtäuschen, daß sie nur in ganz unzureichender Zahl vorhanden sind. Wenn ihre
Einrichtung im gleichen Tempo weitergeht wie bisher, wird es wohl bis zum Jahre 2100 dauern, bis
der benötigte Wohnraum geschaffen ist. Das werden aber jene Behinderten, die jetzt Wohnungen
brauchen, wohl nicht mehr erleben. Es ist für mich unverständlich, daß es in der Behindertenhilfe in
Niederösterreich an einem Gesamtkonzept mangelt. Ich bin überzeugt, daß es hoch an der Zeit ist,
von dem bisher betriebenen Prinzip der Improvisation und der Zufallsgründung von
Behinderteneinrichtungen wegzukommen und systematische, zukunftsorientierte Behindertenarbeit zu
betreiben. Nur wenn diese heute in so vielen Bereichen des öffentlichen Lebens selbstverständliche
Voraussetzung geschaffen wird, wird es möglich sein, in unserem Land weiterhin erfolgreiche Arbeit
für unsere behinderten Mitmenschen zu leisten und damit die gute Position Niederösterreichs unter
den Bundesländern zu halten. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT POSPISCHIL: Zum Worte gelangt Herr Abg. Fidesser.
Abg. FIDESSER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Sozialpolitik des Landes ist eingebettet in
die sozialpolitischen Rahmenbedingungen der sozialen Sicherheit, die insgesamt auf Bundesebene
gesetzt werden, und ist eingebaut in die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die unserem Land insgesamt
zur Verfügung stehen. Der Bund, die Bundesregierung und der Nationalrat bestimmen die
Rahmenbedingungen für die soziale Sicherheit, bestimmen die Rahmenbedingungen für die soziale
Arbeitswelt und der Bund setzt im wesentlichen auch die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Die
Sozialpolitik des Landes wird also immer wieder von der Bundespolitik oder von den Folgen der
Politik, die nicht oder schlecht gemacht wird, bestimmt. Und es ist wirklich eine Tragik der Sozialisten
(Abg. Kalteis: Das ist eine Tragik!) - ja, Du sagst es schon, es ist eine Tragik, Du weißt ja schon, was
ich sage, Du merkst es ja schon -, daß sie die größten Mißerfolge dort einstecken müssen, wo sie die
Zukunft für den Sozialismus gewinnen wollten, einerseits im Kampf gegen die Armut und im anderen
Bereich beim Ausbau der verstaatlichten Betriebe. In diesen Bereichen sind sie ausgezogen, um die
große Zukunft vorzuzeigen, und nach fünfzehn Jahren stehen sie in diesen Bereichen vor dem
größten Scherbenhaufen. (Abg. Wedl: Die einzige Tragik ist, daß wir hier zuhören müssen!) Nach 15
Jahren sozialistischer Politik sind die Armen, die am allgemeinen Wohlstand nicht teilhaben können,
nicht weniger geworden, das zeigt der letzte Sozialbericht der Bundesregierung deutlich auf, der
verschweigt das gar nicht. Sie sind nicht weniger geworden, sondern im Gegenteil, prozentuell mehr
geworden. Nach 15 Jahren sozialistischer Politik ist das System der sozialen Sicherheit nicht sicherer
geworden, sondern durch Überlastung wesentlicher Bereiche ist in weiten Bereichen die Finanzierung
in Frage gestellt und wissen manche Fachleute gar nicht, wie es in den nächsten fünf oder zehn
Jahren etwa im Pensionsversicherungsbereich weitergehen kann. Wir müssen die
Pensionsversicherung heute durch Abschieben von Milliardenbeträgen aus der Krankenversicherung,
durch Abziehen von Geldern aus dem Familienfonds finanzieren und durch Reduzierung von
Leistungen, aber nicht etwa von Überleistungen, die da und dort wirklich abgebaut gehören, nicht
etwa durch Wegschaffen von Überforderungen des Systems, nein, man spart immer wieder in den
Bereichen, wo das Geld eigentlich am notwendigsten wäre, bei den Kleinstpensionen. Nach 15 Jahren
sozialistischer Politik brauchen die verstaatlichen Betriebe Jahre hindurch Jahr für Jahr Milliarden, die
dem Sozialbereich vorenthalten werden; der Finanzminister hat uns im Parlament bei seiner
Budgetrede nachgewiesen, daß die Beträge für die Sozialpolitik nicht mehr, sondern weniger
geworden sind in vielen Bereichen. Also mich wundert dann nicht mehr, daß der Schrei nach
Privatisierung heute von den Steuerzahlern erhoben wird und gar nicht mehr nur von der Volkspartei.
Die Regierung sorgt nämlich nicht mehr dafür, daß der Ertrag der Wirtschaft für soziale Maßnahmen
eingesetzt wird, sondern ich habe heute das Gefühl, Umverteilung heißt für den Sozialismus, daß der
Ertrag der Privatwirtschaft in abgewirtschaftete Staatsbetriebe gesteckt wird. Zur Sozialpolitik in
Niederösterreich vier Überschriften: Das Sozialhilfegesetz 1974 hatte die beiden großen
Schwerpunkte finanzielle Absicherung der sozial Schwachen und Sozialeinrichtungen des Landes;
und die neuen Schwerpunkte, die wir seit Jahren setzen, sind Hilfe zur Selbsthilfe und vorbeugende
Hilfe.
Ich habe vor zwei Jahren hier gesagt, wir glauben, daß die finanzielle Absicherung der sozial
Schwachen weitgehend gewährleistet ist. Ich muß aber dem Sozialbericht der Bundesregierung
entnehmen, daß das gar nicht stimmt, und ich muß aus den Berichten der Sozialreferenten der Länder
herauslesen, daß die Sozialhilfebezieher mehr werden, schon deshalb, weil seit 1980 die Pensionen,
auch die Pensionserhöhungen der Kleinstrentner, deutlich hinter dem Ansteigen der Preise, also
hinter der Inflation zurückbleiben. Wenn etwa für das kommende Jahr nur um 3,5 % erhöht wird und
damit real die Pensionen nur um 1,5 bis 2 % steigen, dann heißt das natürlich für das Land, daß
immer mehr Bezieher dieser Kleinstpensionen und auch immer mehr Bezieher von
Notstandsunterstützungen zum Land kommen müssen, zur Sozialhilfe kommen müssen und steigt
beispielsweise die Anzahl der Ansuchen um Hilfen für Heizung, für Wohnkosten. Diese Einzelfälle
nehmen deutlich zu. Es ist so, daß der Bund 1982 geraten hat, daß die Leute halt Holzklauben gehen
sollen, und der Finanzminister bzw. auch der Sozialminister haben noch Anfang November
festgestellt, daß heuer kein Heizkostenzuschuß mehr bezahlt werden soll. Was da herauskommt, weiß
ich noch nicht. Ich hoffe, daß diese Heizkosten sehr wohl wiederum gegeben werden, wenn schon die
Pension um nicht mehr als 3,5 % erhöht wird.
Bei den Sozialeinrichtungen des Landes bewähren sich, da brauchen Sie sich nur die Zahlen
anzuschauen, die Bemühungen der letzten Jahre sehr wohl. Die Kosten für die Einrichtungen des
Landes gehen zurück, das heißt, in absoluten Zahlen gehen sie eigentlich nicht zurück, sondern sie
steigen prozentuell gegenüber den anderen Zahlen weniger an, nicht nur durch eine sehr wesentliche
Reduzierung der Investitionen bei Neu- und Ausbauten, sondern auch durch Umstrukturierung. Ich
erwähne hier nur die Umstrukturierung im psychiatrischen Krankenhaus in Gugging, wo es vor 11
Jahren noch über 1040 belegte Betten gab und wo wir jetzt zwischen 520 und 540 liegen. Hier wurden
teuerste Einrichtungen im Krankenhaus ersetzt durch andere Einrichtungen, die nicht nur
kostengünstiger, sondern wie sich zeigt auch für den Patienten, für den Hilfeempfänger wesentlich
günstiger sind.
Wir sind aber in diesem Bereich noch lange nicht am Ende und es ist sicher so, daß wir uns durch
gemeinsame Arbeit bemühen müssen, diesen Weg fortzusetzen, etwa beim psychiatrischen
Krankenhaus in Mauer, wo wir sicher einen Weg gehen müssen, wie das in Gugging der Fall war.
Oder durch Trennung der Kranken- und der Pflegeabteilungen in diesen Bereichen. Es muß so sein,
daß der Patient, der in ein Krankenhaus kommt, das Gefühl hat, er kommt in ein modernes
Krankenhaus, aus dem er möglichst bald wieder zurückkommen kann. Auf der anderen Seite müssen
die Pflegeabteilungen in diesen Krankenhäusern so geführt werden wie Pflegeheime des Landes,
sodaß in diesen Bereichen mehr Einsicht und mehr Vergleichsmöglichkeiten sind. Wir müssen uns bei
den Jugendheimen tatsächlich zu dem Schritt entschließen, etwa drei bis vier Jugendheime einer
andern Verwendung zuzuführen. Ich nenne jetzt nur das Jugendheim in Lunz, da stehen im Budget
1,3 Millionen Schilling Defizitabdeckung drinnen. Ja wenn jedes Gasthaus bei uns, wenn jeder
Beherbergungsbetrieb, etwa des Jugendherbergsverbandes oder des Jugendherbergswerkes, über
eine Million Zuschuß bekommen müßte, dann wäre das sicher nicht der beste Weg. Hier muß ein Weg
beschritten werden, der nicht Landeseinrichtungen teurer werden läßt, als Privateinrichtungen geführt
werden können. (Abg. Stangl: Lesen Sie unseren Kontrollbericht!) Ich lese ihn schon seit ein paar
Jahren, da bin ich Dir sehr dankbar, Stangl. Ich hoffe nur, daß wir uns einmal gemeinsam
entschließen, auch hier Maßnahmen zu setzen.
(Dritter Präsident Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Es muß auch bei anderen Einrichtungen möglich werden, auch dort, wo man mit dem Bund
gemeinsam arbeitet, Mehrgleisigkeit zu verhindern. Es ist sicher nicht der Zweck des
Landesinvalidenamtes, jetzt neue Möglichkeiten der mobilen Dienste einzuführen, wobei von
irgendeiner zentralen Einrichtung Leute in ganz Niederösterreich herumgeschickt werden, wenn auf
der anderen Seite flächendeckend in Niederösterreich solche Behinderteneinrichtungen angeboten
werden. Ich bin aber ganz der Meinung des Kollegen Deusch, daß wir mit dem Bund im
Invalideneinstellungsbereich zusammenarbeiten müssen, allerdings nicht in der Weise, daß man
glaubt, wir verhindern etwas. Im Gegenteil, wir verhandeln mit dem Bund und drängen ihn geradezu,
in Niederösterreich nicht nur in St.Pölten eine geschützte Werkstätte zu führen, sondern in Wiener
Neustadt und womöglich auch im nördlichen Niederösterreich. Worum geht es denn? Solange das
Invalideneinstellungsgesetz nicht beschlossen wird, verhandelt der Bund momentan gar nicht weiter.
Bei diesen Verhandlungen müßte erreicht werden, daß sich der Bund auf die Einstellung der Invaliden
in die Betriebe und deren Unterstützung konzentriert, aber nicht Behinderteneinrichtungen führen will,
die das Land besser und günstiger macht.
Wo ich noch bei Einrichtungen Ihrer Meinung bin, Herr Kollege Deusch, ist bei den Wohnnestern. Es
ist tatsächlich so, daß durch die großartigen Einrichtungen der Tagesheimstätten nun die Behinderten,
die bei ihren Familien bleiben, einen Raum finden, wo sie auch gerne sind, wo sie sozusagen in die
Arbeit hingehen. Die Gefahr besteht allerdings, wenn die Eltern für ihren Unterhalt nicht mehr sorgen
können, für ihre Betreuung nicht sorgen können, daß sie dann während des Tages auch in Probleme
kommen; wenn wir da nichts machen könnten, müßten sie in Heime kommen. Nun wird sukzessive
der Weg gegangen, dort, wo solche Fälle passieren, diesen Einrichtungen, seien es die Elternvereine,
die Lebenshilfe oder die Caritas, Möglichkeiten für Wohnnester zu bieten. Aber nicht so, daß das
sprunghaft geändert werden müßte, denn wir wollen keine neuen Heimsituationen schaffen. Wir
haben eigentlich vor 12 oder 15 Jahren aufgehört, neue Behindertenheime zu bauen, sondern wir
wollten, daß die Behinderten in ihrem Familienbereich bleiben können, und wenn das von der Familie
aus nicht möglich scheint, dann müßten sie in jenen Betreuungsbereich kommen, in den sie
hineingewachsen sind, nämlich in die Tagesheimstätten, und rund um sie die Betreuung der Eltern
oder der Angehörigen anderer Behinderter.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die vorbeugende Hilfe. Die vorbeugende Hilfe, die mit dem
Jugendgesetz, mit dem Familiengesetz und dem Seniorengesetz in die Wege geleitet wurde, muß
meines Erachtens noch verstärkt und in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden. Mit diesen
Gesetzen haben wir zwar die Rahmenbedingungen geschaffen, aber sicher sind die finanziellen
Vorsorgen, die da drinnen sind, noch nicht so, daß alle Möglichkeiten, wie diese Gesetze sie bieten,
tatsächlich ausgeschöpft werden können. Man muß allerdings sagen, daß im Rahmen der
Möglichkeiten, die nun die Organisationen bieten, die finanziellen Mittel ausreichen. Aber es müßte
beispielsweise im Bereich der Jugendhilfe mehr geschehen. Es muß möglich sein, daß wir bei der
Aktivierung der Organisationen stärker voranschreiten, damit auch in diesen Bereichen mehr
vorbeugend geholfen wird als hinterher. Wenn etwa durch eine vorbeugende Jugendhilfe junge
Menschen betreut werden, durch Bezugspersonen in ihrer Wohnumgebung, also etwa durch
Sonderschullehrer oder durch Erwachsene, die ihnen Stütze geben, weil die eigene Familie
ausgefallen ist, dann kostet das natürlich auch bestimmte Beträge, damit sich solche Erwachsene zur
Verfügung stellen. Aber wenn damit nur ein Jugendlicher von der Drogensucht gerettet wird, erspart
damit die vorbeugende Jugendhilfe der öffentlichen Hand zwischen 400.000 und 600.000 Schilling.
Das heißt, solche Hilfen für Organisationen rentieren sich ganz sicher. Ein weiterer Bereich ist die
Hilfe zur Selbsthilfe, wo wir, wie es heute schon gesagt wurde, tatsächlich in Österreich gegenüber
anderen Bundesländern bereits vorbildlich dastehen. Viele andere Bundesländer kommen zu uns und
interessieren sich, wie wir das organisieren. Der Ausbau der Sozialstationen ist, zumindest was die
Bezirke betrifft, flächendeckend, aber noch lange nicht, was die Gemeindebereiche betrifft. Ich möchte
mich jedoch sowohl beim Finanzreferenten als auch bei den Gemeinden, die da mitzahlen, herzlich
bedanken, daß gerade für diesen Bereich im Budget eine Aufstockung von 22 Millionen auf 29
Millionen Schilling erfolgt ist. Aber umgekehrt ist es mir umso unverständlicher, daß die
Gebietskrankenkasse den Wert dieser Einrichtungen dauernd und Jahr für Jahr ignoriert. Es ist so,
daß die Gebietskrankenkasse im Jahr 1984 erstmals 1,5 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt hat.
Das war ein Anfang, wo ich geglaubt habe, daß das ein Weg ist, diese Organisationen mit den
Krankenkassen in Kontakt zu bringen. Wie ich nun höre, wurde der Betrag im Jahre 1985 nicht
aufgestockt, sondern es ist mir gesagt worden, daß das erst im Jahre 1986 möglich wäre. Dazu
folgendes: Wir können jetzt nach 7 Jahren Erfahrung sagen, daß die echten Krankenpflegen, also die
Pflege jener, die zurückkommen aus dem Krankenhaus, oder die Betreuung tatsächlich Kranker,
ungefähr 20 bis 25 % der Einsatzstunden ausmachen. Das heißt, daß also die Krankenkassen etwa 6
bis 8 Millionen Schilling bezahlen müßten. Da nimmt sich dann der Betrag von 1,5 Millionen eher
bescheiden aus und wenn man noch dazu merkt, daß sie eigentlich gar nicht aufbauen wollen, dann
glaube ich, daß das eine Einstellung zur Politik ist, die man auf die Dauer nicht hinnehmen sollte.
Hoffentlich gelingt es im Nationalrat, daß die Krankenpflege in die Sozialversicherungsgesetze so
eingebaut wird, daß die Krankenkassen dazu gebracht werden, dafür entsprechende Gelder zu
geben, anstatt daß ihre Überschüsse in die Pensionsversicherungen abgezweigt werden. Ich könnte
noch verstehen, daß die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse vorsichtig wäre bei Abgängen.
Aber die letzten drei Jahre hat die Gebietskrankenkasse beträchtliche Überschüsse und kein
Verständnis für die Einrichtungen der Hauskrankenpflege. In anderen Bereichen stellt der Bund die
Weiterentwicklung in der letzten Zeit geradezu in Frage, zum Beispiel bei den Tagesmüttern. Es ist mir
unverständlich, daß die Finanzämter sich ihr Geld gerade in solchen Bereichen suchen, wo wir dabei
sind, unübersichtliche Pflegesituationen durch bestqualifizierte Familiensituationen zu ersetzen. Wir
schätzen, daß in Niederösterreich 3000 bis 5000 Kleinkinder oder Volksschulkinder durch
tagesmütterähnliche Personen gepflegt werden. Bei 3000 bis 5000 solchen Pflegesituationen, wo
jemand bloß sagt, ich paß auf dein Kind auf, haben wir derzeit nur etwa 200 Kinder in echter Pflege;
das Hilfswerk hat 150 Kinder und ich glaube die anderen Organisationen etwa 50 Kinder in Pflege. Es
handelt sich also um einen minimalen Prozentsatz. Und nun versucht der Finanzminister, sich von
diesen 100 oder 120 Tagesmüttern Steuergeld zu holen. Das ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine
Nachbarschaftshilfe und wie ich in der Wiener Zeitung lese, bleiben von den etwa 2.400 Schilling einer
Tagesmutter schätzungsweise 500 Schilling als echtes Einkommen. Und dann schreibt die Wiener
Zeitung darüber, Überschrift "Tagesmütter von Behörden gejagt". Das ist nicht irgendeine Zeitung, das
ist die Wiener Zeitung! Und da heißt es: "Österreichs Steuerfahnder machen jetzt Jagd auf jene
Ersatzmuttis, die ehrenamtlich und nur gegen eine Aufwandsentschädigung Kinder von berufstätigen
Frauen betreuen. Die Tagesmütter befürchten, daß es die Finanzbehörden auf die
Alleinverdienerabsetzbeträge der Ehemänner abgesehen hätten." Wenn wir diesen Weg gehen, dann
werden sich in Zukunft nicht mehr ausgebildete Frauen, die wissen, welche Probleme die Pflege eines
anderen Kindes mit sich bringt, für diese Dienste zur Verfügung stellen, sondern weniger. Die Leute
werden gegenseitig sagen, nimm dir mein Kind und paß drauf auf, dann weiß es niemand, dann wird
uns auch der Finanzminister nicht nachrennen. Ich hoffe, daß der Finanzminister möglichst bald und
zwar sehr deutlich zu verstehen gibt, daß er solche Steuerfahndungen nicht weiter betreibt, ansonsten
ist die gesamte Tagesmutteraktion in Gefahr.
Ich möchte zum Abschluß kommen und vielleicht allgemein auf das Gesamtproblem der Finanzierung
hinweisen. Ich bekenne mich zu der Vereinbarung, die die Gemeindeverbände mit dem
Finanzreferenten im Jahr 1983 geschlossen haben, daß in dieser Legislaturperiode die
Sozialausgaben nicht stärker als die Gesamtausgaben steigen sollen. Aber und das möchte ich hier
sagen, dann brauchen wir auch die entsprechenden Konsequenzen in der täglichen Sozialpolitik.
Denn ohne daß in der Sozialpolitik Änderungen eintreten, müßten die Aufwendungen für die
Einrichtungen des Landes, Krankenhäuser, Jugendheime, Pensionisten- und Pflegeheime usw.
jährlich um mehr steigen als das durchschnittliche Budget, allein von der Personalseite her. Das heißt,
wir brauchen in diesen Bereichen, wenn man so will, auch Umstrukturierungen, ansonsten werden
zwar die Einrichtungen, weil sie eben geschaffen wurden, gleichbleiben, aber bei dem normal
bleibenden Ausgabenrahmen müßten alle anderen Dinge, die, wenn man die Ausführungen gehört
hat, eigentlich ausgebaut werden sollten, zurückbleiben. Ich hoffe also, daß uns das gelingt, damit wir
die Einrichtungen zur Selbsthilfe und die vorbeugenden Maßnahmen ausbauen können.
Abschließend hoffe ich nur, daß möglichst bald die Volkspartei nicht nur in Niederösterreich, sondern
auch auf Bundesebene die Sozialpolitik bestimmen kann. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Wagner.
Abg. WAGNER (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich
habe heute schon geglaubt, daß die Budgetdebatte völlig anders abläuft wie in den vergangenen
Jahren, aber der Herr Abg. Fidesser hat mich wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt. Denn wenn ich
mich an die letzten Jahre erinnere, dann war es doch immer so, daß seitens der ÖVP fast von jedem
Redner irgendwelche Forderungen in Richtung Bund erhoben wurden. Heute, muß ich sagen, war das
bis zum Abg. Fidesser fast nicht der Fall, und es gab auch keinen Redner bis jetzt, der in Richtung
Bund so deutliche negative Aussagen gemacht hat. Gestatten Sie, daß ich doch einiges dazu sage.
Der Herr Abg. Fidesser meint, daß diese sozialistische Bundesregierung nun im Kampf gegen die
Armut versagt hätte und daß wir im Bereich der verstaatlichten Industrie vor einem Scherbenhaufen
stehen. (Abg. Auer: Na net!) Vielleicht. Zum Kampf gegen die Armut möchte ich auch etwas sagen.
Ja, meine sehr geschätzten Damen und Herren, haben Sie alles vergessen? Nach dem Weltkrieg ist
es sicher schwierig gewesen, in Österreich die Industrie wieder aufzubauen, aber es gab in der Phase
des Aufbaues ab 1945 halt eine echte Stahlkonjunktur und es gab in dieser Zeit für die
Schwerindustrie in Österreich eben nicht nur breiten Raum, wir haben in die ganze Welt LDStahlwerke verkauft und waren sehr stolz darauf. Die österreichischen Stahlkocher waren also
Spitzenleute in dieser Welt. (Abg. Fidesser: Das waren noch schöne Zeiten bei der ÖVP-Mehrheit! Da
war der Klaus noch für die verstaatlichte Industrie verantwortlich! - Abg. Buchinger: Dilettantentheater,
Laientheater hat er gesagt!) Herr Abg. Fidesser, was hat er gesagt? Dilettantentheater, oder wie hat er
gesagt? (LR Prokop: Laientheater, das ist ein feiner Unterschied!) Meine Herren der ÖVP,
Laientheater, das ist ziemlich dasselbe. Gut, Herr Abg. Fidesser, ich glaube nur, daß Sie völlig
übersehen haben, daß sich in den letzten Jahren in der Welt der Stahlmarkt fast in Auflösung
befindet, daß fast alle Stahlwerke dieser Welt große Defizite schreiben, (Abg. Fidesser: Darum hat die
Voest in Amerika ein Stahlwerk gebaut!) daß die Stahlwerke mit großen Subventionen des Staates
gestützt werden müssen und daß im Vergleich dazu die österreichischen Stützungsmaßnahmen für
den Stahl noch gering gewesen sind. Das sind die vielen Milliarden, von denen Sie gesprochen
haben, die in den letzten Jahren in die Industrie investiert werden mußten, (LR Prokop: Was war in
Amerika?) um diese Arbeitsplätze trotzdem aufrecht zu erhalten. (Abg. Keusch: Es ist ein Unterschied,
ob man einen Handelsbetrieb umstrukturiert oder ein Stahlwerk! - Abg. Fidesser: Das mußt Du der
Voest sagen!) Herr Abgeordneter, ich glaube, Sie haben völlig übersehen, daß es eben in der Welt
nicht mehr so leicht ist, gerade im industriellen Bereich zu investieren. Es mag vielleicht zutreffen, daß
die Umstrukturierung in Österreich in fast allen Betrieben zu spät begonnen hat; der entscheidende
Punkt ist aber gewesen, daß in den letzten Jahren auf diesem Gebiet sehr viel geschehen ist und daß
es da und dort auch wirklich funktioniert hat. Sie können uns schon glauben, daß der jetzige Flopp bei
der Voest, so kann man es sicherlich bezeichnen, uns allen keine Freude bereitet. (LR Prokop: Das
glauben wir gerne!) Aber ich glaube Sie haben doch keinen Grund - den Eindruck habe ich -, sich
darüber fast zu freuen, weil Sie dieser sozialistischen Regierung die Schuld geben können. (Abg.
Fidesser: Ich habe gerne mehr Geld in der Sozialpolitik!) Wenn man dem Herrn Abg. Fidesser
zugehört hat, dann möchte man fast meinen, er hätte das am liebsten plakatiert. Ich möchte damit
sagen, das ist also nicht so, wie es sich die ÖVP vorstellt, wir haben es uns auch nicht so
vorgestellt, glaube ich. Daß der ganze Vorstand sofort gegangen ist, das hat es ja bitte noch nie
gegeben und das ist doch der Beweis dafür, daß hier sicherlich vieles passiert ist, was eigentlich nicht
pas-sieren hätte dürfen. Ich glaube, entscheidend ist, daß wir uns jetzt nicht darüber streiten sollen.
Wir sind uns ja einig, daß die Leute, die dort gewerkt haben, es offensichtlich falsch gemacht haben,
aber es kann doch nicht unsere Aufgabe sein, uns darüber zu freuen. Und wenn Sie von ihrer Seite
sich darüber freuen, daß es ein Mißerfolg der Regierung ist, dann ist es wenn Sie wollen ein Mißerfolg
dieser ganzen Republik, denn wir werden alle dafür zahlen müssen und das ist der Unterschied.
(LHStv. Dr.Pröll: Leider! - Unruhe im Hause. - Beifall bei der SPÖ. - LR Blochberger: Na, das ist
lustig!) Nein das habe ich nicht gesagt. (Abg. Fidesser: So einfach kann man nicht die Schuld
abschieben! - LR Blochberger: Ich habe schon bessere Vergleiche gehört!) Meine sehr geschätzten
Damen und Herren, ich habe also gesagt, daß sich diese Budgetdebatte bisher etwas unterschieden
hat, und möchte nun zu meinem eigentlichen Thema kommen. Ich glaube, die Wählerversammlung
hat der Herr Abg. Fidesser abgehalten; ich kann mir nicht helfen, aber es war glaube ich so. Wenn
man die Kapitel Soziales vergleicht zwichen Bund und Land, dann läßt sich feststellen, daß in beiden
Budgets die soziale Sicherheit einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Im Bereich des Bundes sind es
fast 25 % der Gesamtausgaben, im Landesbudget sind es fast 26 %, wobei die Steigerungsraten im
Bundesbudget mehr als doppelt so hoch sind. Ich glaube, das zeigt auch, daß im Bereich der
Soazialpolitik gerade auf Bundesebene dieser hohe Stellenwert wirklich vorhanden ist.
Der Herr Landesfinanzreferent hat heute von der Sozialoffensive in Niederösterreich gesprochen. Die
Budgetausweitung im Vergleich zu 1985 betrug im Kapitel 4 0,3 % und wenn man das jetzt näher
untersucht, dann teilt sich diese 0,3 % Ausweitung wie folgt auf: 0,1 % bei der Wohnbauförderung und
0,15 % für Arbeitnehmerförderung, Pendlerbeihilfe, Wohnungsverbesserung und für die anderen
Sozialbereiche; ich streite nicht ab, daß das auch im weitesten Sinne dazugehört, sonst wäre es ja
nicht in diesem Kapitel. Bleiben also 0,05 %, das heißt, die Sozialoffensive in Niederösterreich besteht
aus einer Fortschreibung der Ansätze aus den Vorjahren.
Und am Beispiel der Pensionsanpassung 1986 - das hat der Herr Abg. Fidesser ja begonnen
auszuführen, hat sich aber dann eingebremst - ist doch zu erkennen, daß die ÖVP auf Bundesebene
immer wieder Lizitationspolitik betreibt. Die Zahl der Ausgleichszulagenbezieher betrug im Jahre 1970
in Österreich bei 1,275.000 Pensionisten 303.000, das waren also knappe 24 %. Im Jahre 1971
kamen dann aus dem Bereich der Bauernpension die Bezieher solcher Ausgleichszulagen dazu und
die Zahl ist sprunghaft auf 371.000 Ausgleichszulagenbezieher angestiegen. Im Jahre 1984 betrug die
Zahl der Pensionisten 1,578.000 und die Zahl der Ausgleichszulagenbezieher knapp 290.000, das
waren 18,3 %. Es ist also die Zahl jener Österreicherinnen und Österreicher, deren Pension unter dem
Ausgleichszulagenrichtsatz liegt, um 5 % zurückgegangen und ich glaube, daß ist sicherlich ein
Teilerfolg in diesem Kampf gegen die Armut. Ich gebe schon zu, daß es vielleicht zu wenig ist, aber
ich glaube auf der anderen Seite, daß sich natürlich der Finanzminister des Bundes, der
Sozialminister und alle anderen, die in diesem Bereich die entsprechenden Richtsätze aushandeln,
eben auch an die Quantität des zur Verfügung stehenden Geldes halten müßten. Es wird immer
gesagt, daß die Richtsätze für Ausgeichszulagen nicht entsprechend gestiegen sind. Ich darf Ihnen
sagen, ich glaube, das wird wider besseren Wissens gesagt, da von 1970 bis 1984 bei
Alleinstehenden und Ehepaaren der Ausgleichszulagenrichtsatz um 250 bis 260 % angestiegen ist
und die Pensionsdynamik bewirkt hat, daß hier insgesamt etwa 187 % Steigerung waren. Der
Verbraucherpreisindex ist in dieser Zeit um 135 % gestiegen, das heißt es gab einen realen Zuwachs
bei diesen Menschen, die eine Ausgleichszulage beziehen. (Abg. Fidesser: Aber die Energie- und
Wohnungskosten sind wesentlich höher gestiegen! - Abg. Stangl: Der Fidesser ist gescheit!) Herr
Abgeordneter, ich komme dann dazu. Und ich glaube daher, daß trotz aller Probleme diese falschen
Behauptungen immer wieder wider besseres Wissen in den Raum gestellt werden.
Die gleiche Entwicklung ist dann auch für das Jahr 1986 zu erwarten. Im Hauptausschuß des
Nationalrates wurde mit den Stimmen der ÖVP ein Anpassungsfaktor von 3,5 % beschlossen, das
heißt, die Erhöhung wird etwa um 0,5 % über der prognostizierten Preissteigerungsrate des Jahres
1986 liegen. Natürlich kann man jetzt sagen, was sind schon 0,5 %, und genau das wird ja jetzt wieder
von der ÖVP gesagt: warum 3,5 %, 3,9 % wäre die magische Zahl nach Meinung des ÖVPSozialsprechers Schwimmer. (Abg. Fidesser: Weil sich der Finanzminister die Hälfte davon selber bei
kleinen Einkommen zurückholt!) Das heißt also, es wird in Österreich auf alle Fälle im nächsten Jahr
eine reale Pensionssteigerung geben. Und jetzt werden Sie natürlich wieder schreien und sagen, ja
was hat das mit uns zu tun? Im gleichen Zeitraum wird in konservativen Staaten mit doch sehr
kräftigen Pensionsminderungen geantwortet. Ich glaube also, daß wir uns trotz aller Probleme nicht
beschweren können darüber, daß es im Bereich der Sozialpolitik überhaupt keine Fortschritte gibt.
(Abg. Fidesser: Bei den Kleinstpensionen nirgends!) Nun wird im Jahre 1986, das hat der
Finanzminister ja vor wenigen Tagen bekanntgegeben, der Pensionsabsetzbetrag angehoben und der
monatliche Freibetrag wird jetzt bei 6.700 Schilling liegen; es wird die Möglichkeit geben, auch
Werbungskosten geltend zu machen. Das heißt also, trotz eines Sparbudgets, zu dem wir uns auch
auf Bundesebene bekennen, gab es die Möglichkeit, wesentliche Wünsche der Pensionisten zu
erfüllen. Es gibt reale Pensionserhöhungen, vor allem im Bereich der Niedrigpensionen.
Und nun einige Anmerkungen zum Budget 1986 des Landes Niederösterreich:
Als positiv zu werten ist zweifellos die Tatsache, daß im Bereich der sozialmedizinischen
Betreuungsdienste eine sehr deutliche Steigerung von 22 auf 29 Millionen vorgesehen ist. Es ist auch
sicherlich positiv, daß in den Pensionistenheimen wieder mehr Pflegebetten zur Verfügung stehen
werden, wenn auch mit dem kleinen Schönheitsfehler, daß die Umgestaltung auch zu Lasten der
Gemeinden geht.
Negativ sind auch einige Punkte in diesem Landesbudget zu bewerten, der Herr Abg. Fidesser hat
das etwas umschrieben, ich werde es vielleicht ein bißchen deutlicher sagen. Wir haben in diesem
Landtag in den letzten Jahren mit viel Pomp und nicht zuletzt auch mit hohem Werbeaufwand
sogenannte Jahrhundertgesetze beschlossen und heute müssen wir feststellen, daß die Dotierung
mangelhaft gewesen ist und sich nicht verbessert hat. Ich meine zum ersten das Familiengesetz. Hier
sind unverändert 3 Millionen Schilling im Budget, bei der Familienförderung gab es eine Erhöhung von
2 auf 3 Millionen. Und hier werden also 300.000 Schilling für Druckwerke ausgegeben, ich weiß nicht,
ob diese Pickerln jetzt schon in Auftrag gegeben sind; es fallen für die Versicherung 180.000 Schilling
an Prämien an und es würde uns wirklich interessieren, wie viele solcher Familienpässe schon
ausgestellt wurden.
Im Bereich des Seniorengesetzes gibt es unverändert im Budget 3 Millionen Schilling, das heißt
weniger als 10 Schilling pro niederösterreichischen Pensionisten. Auch hier wäre eine deutliche
Anhebung dieser Ansätze denkbar, um eine echte Förderung der Senioren und
Pensionistenorganisationen durchzuführen. Das dritte Gesetz, das in diesem Landtag so weittragend
beschlossen wurde, war das Jugendgesetz und hier stehen unverändert 2 Millionen Schilling im
Voranschlag. Es gibt hier Aussendungen mit vielen guten Vorsätzen, ein 15 PunkteProgramm, wenn
ich es richtig im Kopf habe, aber ich glaube, daß daraus nicht sehr viel geworden ist. Jetzt gibt es nur
zwei Möglichkeiten, entweder die Nachfrage ist nicht so groß, dann glaube ich, müßte man
nachdenken, was es mit diesem Jugendgesetz auf sich hat, oder aber es ist nicht genug Geld da und
das macht es so schwierig. Das kann ich also von meiner Position aus nicht sagen.
Im Bereich der Hausstandsgründung fällt auf, daß im Jahre 1985 15 Millionen im Budget waren und im
Nachtragsvoranschlag weitere 8 Millionen, insgesamt also 23 Millionen. Im Budget 1986 sind es
wieder nur 19 Millionen und ich kann mir nicht vorstellen, daß hier die Zahl der Ansuchen zurückgeht.
Wenn es stimmt, was ich gehört habe, daß die Wartezeit zwischen 12 und 15 Monaten beträgt, dann
gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder es ist zu wenig Geld da, oder aber es dauert die Behandlung
zu lange. (LR Prokop: Diese Auskunft kann nicht stimmen!) Ich weiß es nicht, mir wurde es so gesagt,
solche Auskünfte werden gegeben, das kann schon möglich sein.
Sehr negativ ist zweifellos die Tatsache, daß die Sozialhilfebeiträge der niederösterreichischen
Gemeinden trotz einer Schlüsseländerung im Jahre 1985 mit 480 Millionen im Budget gestanden sind
und im Jahre 1986 sind es bereits wieder 541 Millionen. Das heißt, die niederösterreichischen
Gemeinden werden über 10 % mehr für diesen Sozialhilfeaufwand zu bezahlen haben und darüber
werden sich sicherlich die Gemeindevertreter sehr freuen. Ich glaube, daß diese seinerzeitige
Schlüsseländerung also wirklich etwas zu gering ausgefallen ist, das zeigen diese Daten ja sehr
deutlich.
Im Zusammenhang mit der Diskussion in der Familienbroschüre des Jahres 1985 kam es auch zu
einer Diskussion über den Mindestlebensstandard. In dieser Broschüre wurde - politisch
vordergründig, das gebe ich schon zu, und wahrscheinlich auch ein bißchen in Richtung Propaganda die Frage gestellt: "Errechnen Sie Ihre Armutsgrenze." Und wenn man diese Studie von
Dr.Schneidewind näher betrachtet, dann wird hier berichtet, daß der sozial annehmbare
Mindestlebensstandard in Österreich 58.000 Schilling netto beträgt. Sehr entscheidend ist in dieser
Studie und wahrscheinlich auch etwas überraschend, daß als relativ arm bezeichnet werden
unselbständig tätige Familien mit nur einem Elternteil, Hilfsarbeiter und - sehr überraschend und
wahrscheinlich gegen alle Klischees - daß eher selten kinderreiche Familien unter dieser
Armutsgrenze, diesem Mindestlebensstandard liegen. Ein Bediensteter des Sozialamtes in Salzburg
hat berichtet, daß 53 % der Sozialhilfempfänger in Salzburg bereits mehr als 5.000 Schilling
Nettoeinkommen im Monat haben und 6 % über 10.000 Schilling. Und damit komme ich zu dem, was
der Herr Abg. Fidesser gemeint hat, daß es offensichtlich heute andere Kriterien gibt wie vielleicht
noch vor wenigen Jahren, um zu eruieren, wer unter diesem Mindestlebensstandard lebt. Es ist nicht
mehr so einfach, hier zu sagen, alte Menschen oder was immer es ist sind jene Gruppe, die davon
bedroht ist. Es gibt heute auch wesentliche andere Gruppen, bei denen die Gefahr, daß sie unter
diesen Lebensstandard absinken, gegeben ist. Es gibt einen Brief des Katholischen
Familienverbandes Niederösterreichs, der in Richtung Mindestlebensstandard wie ich meine,
interessante und auch diskussionswürdige Vorschläge enthält, und ich meine, wir sollten natürlich in
diesem Lande auch über eine Weiterentwicklung der Sozialpolitik nachdenken.
Ich habe versucht, kurz auszuführen, daß es um eine Objektivierung der Kriterien und der Aussagen
geht, und es wäre vielleicht denkbar und ich würde das anregen, eine Studiengruppe einzusetzen, die
sich damit beschäftigt, welche Gruppen in Niederösterreich unter diesem zitierten
Mindestlebensstandard leben und welche Gründe dafür ausschlaggebend sind, daß sie unter diesen
Mindestlebensstandard gesunken sind. In der Studie von Peter Schneidewind wird sehr deutlich
gemacht, daß natürlich die gestiegenen Wohnungskosten, die gestiegenen Energiekosten dazu
beitragen, daß auch Familien, von denen man das an und für sich gar nicht annehmen könnte, unter
diesen Mindestlebensstandard fallen. Und es wäre sicherlich auch die Aufgabe der Landespolitik,
nachzudenken, wie diesen Menschen geholfen werden könnte, denn wir sind uns ja glaube ich
darüber einig, daß die Bundespolitik nur für die großen Linien der Sozialpolitik sorgt und wie ich meine
in den letzten Jahren gut gesorgt hat, auch wenn es immer noch Wünsche gibt. Unsere Aufgabe im
Land ist es aber sicherlich, diese sozialen Unterschiede auszugleichen und auch, wie ich meine,
Fehlentwicklungen zu bekämpfen. (Abg. Fidesser: Man müßte schon den Mindestaufwand für
Wohnung und Heizung abdecken!) Danke schön, damit komme ich zu einem Zitat, das ich vorhin nicht
gefunden habe. Da sagt der Dr. Schneidewind: "Das österreichische Recht geht vor
Mindeststandardregelungen genau dazu über, jedoch entspricht nur der Ausgleichszulagenrichtsatz
für Alleinstehende ungefähr dem jährlichen Mindesteinkommen." Das heißt, dieser
Ausgleichszulagenrichtsatz entspricht sehr wohl dem Mindestlebensstandard. Aber es gibt eben
andere Gruppen, die dann darunter fallen, und das ist genau das, was wir uns im Lande
Niederösterreich anschauen sollten und wohin meine Anregung geht: wirklich einmal sich darüber den
Kopf zu zerbrechen, wo diese Gruppen leben, und dann wirklich zu versuchen, im Bereich der
Sozialpolitik des Landes hier entsprechende Maßnahmen zu treffen. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Worte gelangt Herr Abg. Mag.Freibauer.
Abg. Mag.FREIBAUER (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Ich werde also über Pendlerfragen reden und sehe, der Großteil der
Abgeordneten ist bereits wieder eingependelt. Unser Gesamtprogramm für die niederösterreichischen
Pendler umfaßt drei wichtige Forderungen. Erstens neue Arbeitsplätze durch eine eigene
Landeshauptstadt mit gleichzeitiger Förderung der Regionen, zweitens Verbesserung des öffentlichen
Verkehrs in technischer, organisatorischer und tariflicher Hinsicht und drittens, die NÖ Pendlerhilfe
muß durch eine Bundeshilfe für die Pendler ergänzt werden. Beginnen wir mit der NÖ Pendlerhilfe.
Diese wurde von der ÖVP versprochen und auch von der ÖVP verwirklicht. Auf Grund der gemachten
Erfahrungen wurden dann die Richtlinien im Mai 1985 einstimmig geändert. So wurden die
Einkommensgrenzen angehoben und für die Pendler im Bereich des Verkehrsverbundes Ostregioen
wurde der Berechnungsmodus für die Pendlerstrecke verbessert. Als Ziel bleibt weiterhin die
verstärkte Information der Pendler sowie im Interesse der Antragsteller auch eine möglichst kurze
Zeitdifferenz zwischen Antragstellung und Auszahlung. Aber auf eines warten die Pendler immer
noch, nämlich auf die versprochene Hilfe seitens der Bundesregierung. Ich gebe zu, es gibt da
mehrere Möglichkeiten, aber man sollte sich nicht immer darauf ausreden, daß man sich nicht
entschieden hat, welche der Möglichkeiten nun zum Zug kommt. In der Bundesregierung wurde von
einer Änderung und Neugestaltung des KFZ-Pauschales gesprochen, also über einen
Steuerfreibetrag für die Pendler, es ist gesprochen worden über einen Steuerabsetzbetrag für die
Pendler und es ist nun höchste Zeit, daß die Bundesregierung eine dieser Möglichkeiten verwirklicht.
Wir wissen schon, daß jener SPÖ-Finanzminister, der die Hilfe für die Pendler versprochen hat, nicht
mehr im Amt ist, aber ich glaube, man kann die Pendler nicht so lange warten lassen, bis niemand
mehr im Amt ist von dieser Regierung. Es sollte schon vorher die Pendlerhilfe des Bundes gewährt
werden. (Abg. Icha: Das wird noch sehr lange dauern!) Und die Zahl der Pendler wird zwischendurch
immer größer. Nach der Volkszählung 1981 hat Niederösterreich 629.800 Beschäftigte und davon
arbeiten fast genau 50 %, nämlich 314.400 Personen, nicht in der eigenen Gemeinde, sind also
Auspendler. 180.200 dieser Auspendler arbeiten in einer anderen niederösterreichischen Gemeinde
und 130.500 Auspendler arbeiten in einem anderen Bundesland. 3.600 Auspendler arbeiten sogar im
Ausland. Die Pendlermobilität hat gegenüber 1971 stark zugenommen. Damals, also im Jahr 1971,
waren 37 % der niederösterreichischen Beschäftigten Auspendler und jetzt, also nach der
Volkszählung 1981, waren es 50 % der Beschäftigten. Und die Tendenz ist so, daß die Zahl der
Auspendler immer größer wird. Die Distanz vom Wohnort zum Arbeitsplatz hat ebenfalls
zugenommen, die Pendlerwanderung bringt eine zur Arbeitszeit hinzukommende Belastung, erhöht
auch das Verkehrsaufkommen - wir brauchen nur an den Stau auf den Einfahrten nach Wien zu
denken - und hat vielfältige sonstige wirtschaftliche Bedeutung. Unter Berücksichtigung der Einpendler
aus anderen Bundesländern in der Höhe von 43.800 hat Niederösterreich einen Auspendlerüberschuß
von 90.300 Personen. Ich habe gelesen, daß Sie das nicht anerkennen wollen und daß Ihr Experte,
der Herr Dipl.Ing.Dr.Kurt Puchinger das bezweifelt. Nur hat er nicht einmal die
Volkszählungsergebnisse 1981 studiert. Dazu daher zwei Zitate aus der Untersuchung zum Projekt
Niederösterreichische Landeshauptstadt, weil wir die Ergebnisse dieser Studie nicht verfälschen
wollen, so wie es der Herr Dr.Kurt Puchinger getan hat. Betrug der Saldo aus Einpendlern und
Auspendlern bereits im Jahre 1971 fast 60.000, so vergrößerte er sich im Jahrzehnt 1971 bis 1981 um
die Hälfte auf 90.000. Einen derart hohen Auspendlerüberschuß wie Niederösterreich erreicht kein
anderes Bundesland, weil die Landeshauptstädte attraktive Einpendlerzentren innerhalb der
Landesgrenzen sind. Trennt man die Landeshauptstadtstatistik vom übrigen Bundesland, ergeben
sich auch in anderen Bundesländern mit Niederösterreich vergleichbare Situationen. So beträgt zum
Beispiel der Auspendlerüberschuß der oberösterreichischen Bezirke ohne Linz rund 30.000. (Abg.
Stangl: Die fahren dann alle nach Wiener Neustadt?) Da müßten sie aber dumm sein. Wesentlich
erscheint, daß neben dem quantitativen Arbeitsplatzdefizit auch ein qualitatives besteht. Der Mangel
an Dienstleistungsarbeitsplätzen im Land ist besonders augenscheinlich. Die im Jahr 1981 gegebene
negative Pendlerbilanz von 90.000 gliedert sich wie folgt auf, alles auf Grund der Volkszählung 1981:
Sachgüterproduktion 26.000 Personen, Bauwesen 6.000, Dienstleistungen 57.000 und restliche
Wirtschaft 1.000. Noch einmal, der Herr Dipl.Ing.Dr.Kurt Puchinger, Ihr Experte, hat das bezweifelt. Er
war ja mit dabei bei der Pressekonferenz des Herrn Landesrat Höger am 11.Oktober 1985 zum
Thema Landeshauptstadt. Jedenfalls sagt der Herr Dr.Sauberer dazu, (LR Prokop: Die Regierung hat
das einstimmig beschlossen!) das ist ganz eindeutig, der Herr Dr.Sauberer bezeichnet das, was der
Herr Dipl.Ing.Puchinger da gemacht hat, als ein unqualifiziertes Manipulieren von Statistiken, mehr
brauche ich dazu nicht zu sagen. (Abg. Lechner: Sehr oberflächlich, Herr Kollege! Das ist schlecht
vorbereitet!) Ich könnte Euch eine Weile beschäftigen mit Zitaten und mit Ihren Experten, da brauchen
Sie keine Angst zu haben. Das zweite Zitat aus dieser Studie: Im Vergleich zu anderen
Bundesländern, die eine Landeshauptstadt als stark ausgeprägtes Dienstleistungszentrum besitzen
oder eine wesentlich höhere Fremdenverkehrsintensität aufweisen, fehlt Niederösterreich ein
expansionsfähiges größeres Dienstleistungszentrum mit entsprechendem Ausgangsniveau, das in der
Lage ist, Arbeitsplatzverluste in anderen Sektoren auszugleichen. (Abg. Lechner: Soso bis zum Jahre
2000!) Und in der Studie sehen Sie dann, wo Niederösterreich steht: Bei den
Dienstleistungsarbeitsplätzen an vorletzter Stelle, im Banken- und Versicherungswesen sogar an
letzter Stelle. Und dazu möchte ich nur eines sagen jetzt, damit Sie den Abschluß dazu hören: Wir
wollen nicht an letzter oder vorletzter Stelle stehen bleiben. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Lechner:
Nummer 1!) Richtig, Herr Klubobmann, Sie kennen die Parole, Niederösterreich Nr. 1, da sind wir
einer Meinung. Und deshalb fragen wir die Bevölkerung von Niederösterreich, ob Niederösterreich
eine eigene Landeshauptstadt erhalten soll. (Abg. Stangl: Wohin? Nach Mistelbach oder nach
Amstetten oder nach Krems? Wenn die Mistelbacher nach St.Pölten fahren, darauf freue ich mich!) Es
gibt auf der ganzen Welt kein Land ohne Hauptstadt, eine Hauptstadt soll für das Land da sein und
dazu muß sie im eigenen Land sein. Mit dieser eigenen Landeshauptstadt werden per Saldo auch
mehr Geldmittel zur Verfügung stehen (Abg. Stangl: Zum Schulden zahlen!) für die anderen Aufgaben,
die ebenfalls ihre Berechtigung haben. Nicht weniger, sondern mehr Mittel werden dann zur
Verfügung stehen. (Abg. Stangl: Ab wann?) Mehr Arbeitsplätze im eigenen Land, Kollege Stangl,
mehr Einwohner im Land, ja, jedenfalls in einer absehbaren Zeit, ich hoffe daß ich es noch erlebe.
(Abg. Lechner: 20 Jahre müssen Sie zahlen!) Mehr Einkommen im Land, mehr Kaufkraft im eigenen
Land, mehr Geld im eigenen Land für die Gemeinden und für die Regionen, mehr Wohlstand für alle
Niederösterreicher. (Beifall bei der ÖVP.) Bei den Schulden tät ich lieber vor der eigenen Tür kehren,
da haben Sie genug zu tun. (Abg. Stangl: Ich habe Schulden, haben Sie gesagt?) Du nicht, Du bist
gut gestellt, der Finanzminister war gemeint. (Abg. Stangl: Der Finanzminister hat auch keine!) Wir
verstehen uns, ja, der machts ja für uns alle, selber hat er keine, das weiß ich schon. (Abg. Stangl: So
wie der Pröll!) Der hat auch selber keine, hoffe ich.
Wir fragen daher die Niederösterreicher, ob wir eine eigene Landeshauptstadt erhalten sollen. (Abg.
Lechner: Wo? - Abg. Stangl: Wo? - Ruf bei der ÖVP: In Niederösterreich! - Abg. Stangl: Na, in
Vorarlberg werdet Ihr Sie machen!) Kommt auch noch, kommt alles, nur Geduld. Auf jeden Fall in
Niederösterreich. Und, meine Damen und Herren von der SPÖ, wir fragen auch Sie, ob Sie bereit sind
und willens sind, die Entscheidung der Niederösterreicher anzuerkennen. Mehr fragen wir gar nicht in
der ersten Stufe. (Abg. Stangl: Wenn sie korrekt ist, ja!) Das werden wir ja sehen, ob sie korrekt ist die
Frage. Sind wir uns einig? Das ist jetzt einmal die Frage, die der Landtag beschlossen hat, und sie ist,
weil sie der Landtag beschlossen hat, auf jeden Fall korrekt, solange sie nicht aufgehoben wird, Herr
Präsident. (Abg. Keusch: Ihr Klubobmann hat gesagt, daß sie nicht bindend ist! - Unruhe bei der
SPÖ.) Meine Herren Kollegen, Ihr könnt Euch auch zu Wort melden und dann setzen wir da wieder
fort.
Und nun zu Fragen des Verkehrsverbundes. Der Verkehrsverbund Ostregion ist seit Juni 1984 in
Betrieb, er ist eine echte Alternative zum Individualverkehr. Der Stangl ist schon erleichtert, daß wir
auf ein anderes Thema kommen, aber dort gibt es auch was, ja? Der Verkehrsverbund hat nun durch
Fahrgastzählungen überprüft, ob sich die Ausbaumaßnahmen im Nahverkehr, wie
Schnellbahnausbau, Parkeinrichtungen bei den Bahnhöfen und die Einführung des
Verkehrsverbundes mit dem Verbundtarif auswirken und in welchem Ausmaß. Die Fahrgastbewegung
ist linienweise getrennt nach Ein- und Aussteigern erhoben worden und es wurde ein Vergleich zur
letzten Verkehrszählung 1971 absolut und in Prozenten ausgeworfen. Die Analyse dieser
Untersuchung zeigt folgendes:
Die Ausbaumaßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Nahverkehrs greifen voll. Das verbesserte
Angebot wird gut angenommen, zum Beispiel auf der S 40, Franz Josefs Bahnhof-Tulln, 56 % mehr
Fahrgäste, auf der S 1, Meidling-Gänserndorf, 50 % mehr Fahrgäste, auf der S 2, LeopoldauMistelbach, 160 % mehr Fahrgäste und auf der S 3, FloridsdorfHollabrunn, ein Plus von 120 %.
Ebenso ist der Einfluß der Fahrplangestaltung deutlich zu beobachten. Verbesserungen im
Fahrplanangebot bringen Zuwächse an Fahrgästen, zum Beispiel auf der R 40, Krems-Tulln, einen
Zuwachs bis 121 % durch Taktverkehr und damit kürzere Fahrzeit oder auf der R 41, TraismauerTulln,
einen Zuwachs bis zu 104 % durch Elektrifizierung und kürzere Fahrzeit.
Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Die Ausdünnung der Fahrpläne führte zur Abwanderung von
Fahrgästen, als Beispiel die Strecke R 18, Pirawarth-Stammersdorf, mit einem Abgang bis zu 90 %
nur durch Fahrplanverschlechterungen.
Inwieweit das tarifliche Angebot, also der Verbundtarif des Verkehrsverbundes, die Fahrgastzahlen
beeinflußt, ist bei der ersten Analyse nur bedingt feststellbar. Der Beobachtungszeitraum ist noch zu
kurz. Auffallend ist jedoch schon jetzt die Frequenzsteigerung im Bereich der Zone 100 auf der S 7,
dann auf der S 1 bis Gänserndorf und auf dem alten Ast der S 3 sowie auf der
Schnellbahnstammstrecke. Auf allen diesen Linien- bzw. Streckenabschnitten erfolgten gegenüber
dem Jahr 1971 Fahrplanverbesserungen, aber wie der Vergleich S 7 vor-Verbund und nach
Einführung des Verbundes zeigt, dürfte ein erheblicher Teil des Fahrgastzuwachses auf das günstige
Tarifangebot des Verbundes zurückzuführen sein.
Die vom Verkehrsverbund Ostregion gemeinsam mit den Bundesbahnen gesetzten Maßnahmen,
sowohl auf der tariflichen als auch auf der betrieblichen Seite, waren erfolgreich. Noch einmal:
zusätzliche Fahrgäste können nur durch ein koordiniertes tarifliches und betriebliches Angebot
gewonnen werden, und jetzt stellt sich natürlich die Frage, welche Konsequenzen, Hoffnungen und
Befürchtungen sollten wir aus dieser Fahrgasterhebung ziehen? Ein paar Punkte dazu:
1. Die Phase zwei, Einbeziehung der Autobusse in den Verkehrsverbund, soll auf Grund der guten
Erfahrungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt verwirklicht werden und der frühestmögliche Zeitpunkt
ist der Sommerfahrplan 1987. Alles andere, was erzählt wird, ist also nur Wunsch. Der
Sommerfahrplan 1987 ist aus organisatorischen Gründen die erste Möglichkeit.
Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll und der Verkehrsminister haben sich ja auch schon vor einiger
Zeit auf diesen Termin geeinigt.
2. Die regionalen Verbünde in Niederösterreich werden ebenfalls eine bedeutende Hilfe für die
Pendler sein und werden auch eine Aufwertung des öffentlichen Verkehrs für Schüler und andere
Verkehrsteilnehmer bringen. Laut Staatsvertrag ist der Verkehrsverbund für das nördliche Weinviertel,
das sind die Regionen Hollabrunn und Mistelbach, sozusagen der Modellfall für alle anderen
niederösterreichischen regionalen Verbünde. Es wird daran gearbeitet und wir alle wünschen uns ein
Wirksamwerden gleichzeitig mit der Phase zwei, also Sommerfahrplan 1987, für diesen Modellfall.
3. Der Ausbau der Linien auf der Bundesbahn genauso wie der Ausbau der Buslinien, bessere
Fahrplangestaltung und ein einfacher Verbundtarif bringen Fahrgaststeigerungen, bringen mehr
Attraktivität und weniger Defizit. Das ist genau das, was wir bei den Bundesbahnen insgesamt
anstreben sollten, auch auf den Nebenbahnen.
4. Noch einmal muß ich wiederholen: Zusätzliche Fahrgäste nur durch koordiniertes tarifliches und
betriebliches Angebot. Das ist also das Ergebnis der Analyse. Aber was ist passiert trotz aller
Analysen und guten Ergebnissen? Die Spaltung des Verbundtarifes durch die einseitige Tariferhöhung
bei den Wiener Verkehrsbetrieben ist ganz eindeutig eine Abwertung des Verbundgedankens, eine
Schädigung des Verbundes, eine Maßnahme ohne Rücksicht auf die Pendler aus Niederösterreich.
Die Monatskarte wird um S 30,-- teurer, für Einzelfahrten braucht der Fahrgast wieder zwei
verschiedene Fahrscheine. Auch der Busek hat das kritisiert in Wien und der Dipl.Ing.Riedler, der als
Wiener Gemeinderat im Verkehrsverbund ist. Die alle haben das kritisiert, auch der Herr
Verkehrsminister Lacina hat das kritisiert, Sie können das nachlesen in den Zeitungen. Aber was hat
sich dann abgespielt? Der Verkehrsminister hat sich trotzdem mit der SPÖ in Wien geeinigt und es ist
dieser Tarif nun beschlossen worden, aber gegen die Stimmen von Niederösterreich und Burgenland.
In der Gesellschafterversammlung am 26.November haben Niederösterreich und Burgenland gegen
diesen Tarif gestimmt. Der Verkehrsminister war trotz all seiner Sorgen nicht imstande, die SPÖ Wien,
insbesondere den Verkehrsreferenten Stadtrat Hatzl, zu überzeugen, daß das eine Schädigung des
Verbundgedankens ist.
5. Günstig auswirken wird sich dagegen eine Vereinbarung und eine Einigung zwischen Pröll und
Lacina, nämlich die Erweiterung des Verkehrsverbundes ab 1.Jänner 1986 durch Einbeziehung der
Schnellzüge St.Pölten-Wien und Wr.Neustadt-Wien. Auf der Strecke Wr.Neustadt-Wien wird zum
Beispiel dadurch, daß der Schnellzug in den Verkehrsverbund einbezogen wird, die Monatskarte
billiger; sie wird statt S 1.034,-- dann S 898,-- kosten und das bringt sicher dem Verkehrsverbund
wieder neue Fahrgäste. Außerdem hat unser Landeshauptmannstellvertreter Pröll eine grundsätzliche
Zustimmung zur Erweiterung des Verkehrsverbundes mit der Einbeziehung des Raumes Ziersdorf
erreicht. Wirksam kann diese Lösung ebenfalls mit dem Sommerfahrplan 1987 werden. Man kann
auch ausrechnen, was das den Pendlern bringt. Wenn man nur die Pendler aus diesem Raum
rechnet, dann bringt das einen Pendlervorteil von ca. 200.000 Schilling pro Jahr. Und dazu kommen
sicher noch weitere Pendler, die dann das günstige Angebot annehmen, sodaß der Vorteil größer sein
wird als 200.000 Schilling pro Jahr. Ein Problem, das alle Berufsfahrer betrifft, sind auch die
Parkplätze bei den Bahnhöfen. Günstige Umsteigsmöglichkeiten von PKW und Bus auf Bahn, das ist
das, was den Verkehrsverbund und die Abwicklung begünstigt. Der Verkehrsverbund hat daher auch
eine Untersuchung gemacht und die Studie zeigt, daß überall dort, wo gute Verkehrsverbindungen
zum Ballungsraum Wien angeboten werden, der Berufsfahrer auch leicht zum Umsteigen auf
öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen ist. Gute Verkehrsbedingungen, das heißt also, viele Züge im
Nahverkehr und schnelle Züge auf Entfernungen über 30 km. In solchen Fällen sind dann auch
tatsächlich die vorhandenen Stellplätze alle ausgelastet und jeder nur mögliche Platz in der
Umgebung der Bahnhöfe ist verstellt. Die Wichtigkeit der park and ride-Anlagen wurde auch vom Land
Niederösterreich rechtzeitig erkannt und das Land fördert daher auch diese Einrichtungen. Wir haben
Beispiele genug in ganz Niederösterreich: 20 % Beitrag des Landes, 80 % Beitrag des Bundes,
Erhaltung und Instandhaltung durch die Gemeinden. Ich meine, dieses Finanzierungsmodell hat sich
bewährt und sollte auch angewendet werden beim Ausbau der Bushaltestellen bei den S-Bahnhöfen,
denn in der zweiten Phase des Verkehrsverbundes Ostregion kommt es bei den Autobuslinien
teilweise zu neuen Linienführungen, der Parallelverkehr soll ja dann aus wirtschaftlichen Gründen
vermieden werden. Verschiedene Autobuslinien werden Zubringerlinien für die Schnellbahn und daher
muß auch das Umsteigen vom Bus auf die Bahn reibungslos funktionieren. Der Weg von der
Bushaltestelle zum Bahnsteig, der Fußweg, muß kurz sein und daher müssen Autobushaltestellen oft
erneuert oder überhaupt erst errichtet werden. Da muß und wird sicher das Land Niederösterreich im
Rahmen der Vereinbarungen über den Nahverkehr den Bund zur Prüfung dieser Frage und zur
Erstellung eines Ausbauprogrammes auffordern. Es liegt ja schließlich auch im Interesse der Bahn,
daß Kunden umsteigen auf die Bahn, und daher kann man mit Recht verlangen, daß die auch
mitfinanzieren. Die Bahn ist nämlich der Partner, der sich bisher sträubt und sagt, was haben wir mit
Busbahnhöfen zu tun, wir sind ja Eisenbahn. Ich glaube, wenn man will, daß die Leute umsteigen auf
die S-Bahn, dann gehört halt der Busbahnhof auch mitfinanziert.
Damit kann ich insgesamt feststellen, daß das Land Niederösterreich beträchtliche Mittel ausgibt für
den Ausbau des Nahverkehrs, für die Schaffung von park and ride-Einrichtungen, für den zukünftigen
Ausbau von Autobushaltestellen und schließlich für die sogenannte Durchtarifierung bzw. für den
Pendlervorteil. Das ist eine beträchtliche Summe Jahr für Jahr. Wir können daher mit Genugtuung
feststellen, daß Niederösterreich für seine Pendler wirklich vieles tut. (Abg. Wedl: In die
Landeshauptstadt können sie dann pendeln!) Gut, wenn Sie wollen, dann fassen wir noch einmal
zusammen: Dieser Weg, kann man ruhig sagen, hat drei Meilensteine. Erstens einmal den
Verkehrsverbund und damit das billigere und bequemere Pendeln, zweitens die niederösterreichische
Pendlerhilfe und drittens, Sie wissen es, die Landeshauptstadt und die Aufwertung der Regionen.
Dieser Weg ist unser Weg und wer für Niederösterreich etwas tun will, der kann auf diesem Weg
mitgehen, (Abg. Lechner: Die 3-Meilenstiefel des Freibauer!) er führt in eine gute Zukunft für alle
Niederösterreicher. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des
Landes. Die nächste Sitzung des Landtages findet morgen, dem 4.Dezember, um 9.00 Uhr statt. Die
Beratungen über den Voranschlag werden mit der Spezialdebatte zur Gruppe 4, fortgesetzt.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 21.11 Uhr.)
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