Rede von Herrn Oberbürgermeister Jürgen Roters anlässlich der Eröffnung der MusikTriennale 2010 am 24. April 2010, 20 Uhr, Kölner Philharmonie Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrter Herr Prof. Lammert, sehr geehrter Herr Staatssekretär Grosse-Brockhoff, sehr geehrte Frau Piel, sehr geehrte Frau Spizig, sehr geehrter Herr Dr. Burger, sehr geehrter Herr Louwrens Langevoort, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Liste der Gäste des heutigen Abends ist so klingend, und der Kreis der Anwesenden ist so hochrangig, dass ich mit Blick auf meine Uhr meine Begrüßung kurz halten möchte. Meine Damen und Herren, ich freue mich, Sie zum Eröffnungskonzert der MusikTriennale in der Kölner Philharmonie begrüßen zu können. Köln ist eine traditionsreiche Musikmetropole. In unserer Stadt sind große Werke der Musikgeschichte zur Uraufführung gelangt. Man denke nur an Werke von Gustav Mahler, Richard Strauss, Béla Bartók und Karlheinz Stockhausen. Hier lebten und leben bedeutende Komponisten, hier arbeiteten und arbeiten wichtige Musiker, hier blühen eine produktive Musikszene und ein traditionsbewusstes Musikleben. In ihm präsentieren Solisten, Ensembles, Bands, Chöre und Orchester die Musik der Vergangenheit und Gegenwart in ihrer stilistischen Vielfalt und Breite. Köln ist eine Stadt, in der international renommierte Einrichtungen und Institutionen ihren Sitz haben und in der weltbekannte Künstlerinnen und Künstler auftreten – häufig hier in unserer Philharmonie. 1 In diesem Jahr findet die MusikTriennale zum sechsten Mal statt. 1994 hatte sie als ein Experiment begonnen, als ein Zyklus von drei Festivals im Abstand von jeweils drei Jahren. Das Ziel war es, bis zur Jahrtausendwende einen resümierenden Rückblick auf die Musik des sich neigenden Jahrhunderts zu werfen. 2004 folgte ein zweiter Zyklus, wiederum drei Festivals im Turnus von drei Jahren, gewissermaßen ein zweiter Blick zurück. Damals standen unter anderem die Werke des italienischen Komponisten Luigi Nono im Mittelpunkt, was große Beachtung und internationale Anerkennung fand. In 2007 wartete die MusikTriennale gleich mit mehreren Programmschwerpunkten auf, darunter die Musik Chinas, die Werke des italienischen Komponisten Luciano Berio und – als übergreifendes Thema – die musikalische Improvisation in ihren unterschiedlichen Facetten und Ausprägungen. Meine Damen und Herren, in diesem Jahr wendet die MusikTriennale ihren Blick keinem bestimmten Ort oder Land zu, und doch steht das Thema in Verbindung zu Orten, in denen man zu Hause ist, sich geborgen fühlt, mit allem vertraut ist. Es geht um „Heimat“, jenem persönlichen Ort von uns allen, der angesichts von Migration, Mobilität und Flexibilität für viele zu schwinden droht. Heimat – in diesem deutschen Wort, das sich nicht umstandslos in andere Sprachen übersetzen lässt, schwingt Heim, Schutz, Vertrautheit und Sesshaftigkeit mit. Wer die vertraute Umgebung verlässt, womöglich vertrieben wird oder ins Exil gehen muss, wird heimatlos. Viele Musiker haben diese bittere Erfahrung zwischen 1933 und 1945 machen müssen und machen sie an vielen Orten der Erde noch heute. Damit ist der thematische Bogen über die Konzerte der diesjährigen MusikTriennale gespannt. Das Begriffspaar „Heimat – heimatlos“ stellt dabei keinen starren Gegensatz dar, vielmehr steht es für die Suche nach den musikalisch vielfältigen Antworten auf die Frage, wo Heimat genau beginnt und wo sie aufhört – geistig, emotional, geographisch. In den über 100 Konzerten werden Sie, meine Damen und Herren, Gelegenheit haben, höchst unterschiedliche Antworten auf diese Frage zu erhalten. Sei es von Gustav Mahler, dessen Werke zahlreiche Bezüge zu der Volks- und Tanzmusik seiner Kindheit und Jugend in Böhmen aufweisen, sei es von Hanns Eisler, den das Nazi-Regime wie viele seiner jüdischen Kollegen in die Emigration trieb, oder sei es von Karlheinz Stockhausen, der in Köln seine wichtigsten Wirkungsstätten hatte. Von 2 Stockhausen stammt auch der Zyklus „Klang“, dessen erste vollständige Aufführung in der diesjährigen MusikTriennale einen Programmhöhepunkt bildet. Meine Damen und Herren, ein Blick auf die Musik des 20. Jahrhunderts wäre unvollständig ohne den Jazz und die Musikkulturen anderer Länder und Kontinente. Unter dem Aspekt der Heimat und Heimatlosigkeit sind gerade sie es, die den am Fremden geschulten Blick auf das eigene Musikverständnis lenken und die Selbstverständlichkeiten unseres Konzertwesens in Frage stellen. Die Musik des 20. Jahrhunderts ist vielfältiger, als wir gemeinhin annehmen, und manchmal auch widersprüchlicher, als uns lieb sein mag. Aber erst durch den Vergleich des Vertrauten mit dem Fremden wird Musik für uns als authentisch-künstlerischer Ausdruck erfahrbar. Ich möchte an dieser Stelle den Mitgliedern der künstlerischen Leitung für das anspruchsvolle Programm und die geleistete Arbeit danken: Herrn Louwrens Langevoort als gesamtkünstlerischem Leiter, Herrn Professor Karl Karst und Herrn Siegwald Bütow vom Westdeutschen Rundfunk, Herrn Dr. Hermann-Christoph Müller als Vertreter der Stadt Köln sowie Herrn Thomas Oesterdiekhoff. Musik ist ein universelles Kulturgut, das allen Menschen zugänglich sein sollte. Die Träger der MusikTriennale Köln, namentlich die Stadt Köln, der Westdeutsche Rundfunk sowie die Förderer, die „Kulturstiftung des Bundes“, die „Kunststiftung NRW“ und die RheinEnergieStiftung, machen es möglich, dass die Karten zu erschwinglichen Preisen angeboten werden. Mein herzlicher Dank gilt zudem dem Kuratorium „KölnMusik e.V.“ und den vielen Unternehmen, die sich als Sponsoren den Trägern und Stiftungen zur Seite gestellt haben. Ohne ihre finanzielle Unterstützung würde es ein Festival mit der Strahlkraft der MusikTriennale nicht geben. Meine Damen und Herren, ich wünsche der MusikTriennale 2010 viel Erfolg. Und Ihnen allen, meine Damen und Herren, wünsche ich mit dem Eröffnungskonzert einen herrlichen Musikgenuss, verbunden mit der Hoffnung, dass Sie noch zahlreiche weitere Veranstaltungen des Festivals besuchen werden. 3