Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 1 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 1). Adrenogenitales Syndrom (AGS)? - AGS ist eine der häufigsten angeborene Erbkrankheit Inzidenz: 1 : 10.000 (in IBK) Autosomal rezessiv Störung der adrenalen Steroidsynthese > 90% Defekt der 21-Hydroxylase 5 – 8% Defekt der 11-Hydroxylase selten 17-Hydroxylase. Je nach Schergrad des Defektes tritt die Krankheit unmittelbar nach der Geburt, oder erst während Erwachsenenalter. Ätiologie und Pathogenese: Es sind mindestens 8 Enzymmutationen der Steroidbiosynthese bekannt, die nach schwergrad des Defekts bzw. je nach betroffenem Enzym zu verschiedenen Krankheitsbildern mit unterschiedlicher Ausprägung führen. Der Schwergrad hängt vom Ausmaß der Kortisolproduktion und –sekretion ab, weil Kortisol ist als einziges NNR-Hormon über das negative Feedback die hypothalamisch-hypophysäre Sekretion von CRH bzw. ACTH deutlich hemmt. Die infolge niedriger Kortisolsekretion gesteigerte CRH- und ACTHSekretion bewirkt eine Stimulation der intakten Synthesewege. Damit werden andere Nebennierenrindenhormone als Kortisol in hoher Menge synthetisiert und sezerniert. Noch mal die häufigsten Enzymdefekten: - 21-Hydroxylase-Mangel (Defekt auf Chr. 6q21 d.h. im HLA-Komplex) 11-Hydroxylase-Mangel (Defekt auf Chr. 8q21) und 17-Hydroxylase-Mangel (Defekt auf Chr. 10q24.3). Morphologie: Die ACTH-Stimulation verursacht eine diffuse Hyperplsie beider NNR (10 – 20faches Normlgewicht). Sie sind gyriert, auf der Schnittfläche gelb-braun. Histologisch besteht eine diffuse Hyperplasie. Klinik: Das Klinische Krankheitsbild kann aus dem Enzymdefekt abgeleitet werden: - Der 21-Hydroxylase-Mangel führt zur Virilisierung und je nach Schwergrad des Enzymdefektes, zur erniedrigten Aldosteronsekretion. Diese führt zum Salzverlust mit Hyponatriämie und Hyperkaliämie. Bei stark ausgeprägten Enzymdefekt besteht beim Mädchen bei der Geburt eine Klitorisvergröserung und verwachsene Labioscrotalfalten. Die inneren Geschlechtsorgane sind normal ausgebildet. Beim Knaben kann ein Kryptorchismus oder eine Hypospadie bestehen. Der Tod kann in der ersten Lebenswoche eintreten, insbesondere bei hochgradigem Kortisoldefekt. - 11-Hydroxylase-Mangel führt zur Virilisierung. Bei diesem Enzymdefekt kann neben Kortisolmangel ebenfalls der umbau von 11-Desoxykortikosteron zum Kortikosteron und Aldosteron blockiert sein, sodass ebenfalls ein Salzverlustsyndrom entstehen kann. - Bei 17-Hydroxylase-Mangel sind Kortisol- und Androgensynthese blockiert. Es werden nur noch Mineralkortikoide produziert. Diese führt zur hohen Aldosteronsekretion mit konsekutiver Hypernatriämie, Hypokaliämie und Hypertonie. Die sexuelle Differenzierung ist unvollständig. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 2 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 2). Transplantatabstoßung? Typen der Organtransplantation Man unterscheidet vier Typen der Transplantation: - Autologe Transplantation: Zellen oder Gewebe desselben Individuum werden verpflanzt, entsprechend sind Spender und Empfänger identisch, z.B. bei Hauttransplantation nach Verbrennung. - Syngene Transplantation: Dieser Typ von Transplantation findet zwischen Spendern und Empfängern statt, die genetisch identisch sind, z.B. monozygote Zwillinge oder Inzuchttierstämme. - Allogene Transplantation (Allotransplantation): Dies ist klinisch die häufigste Art der Transplantation. Sie bezeichnet die Transplantation von Organen zwischen verschiedenen Individuen der gleichen Spezies z.B. Mensch zu Mensch, die jedoch immunogenetisch verschieden sind. - Xenotransplantation: Bezeichnet die Übertragung von Organen zwischen verschiedenen Spezies z.B. Schwein zu Mensch. Transplantatabstoßung Man unterscheidet drei Typen von Abstoßung: - hyperakute - akute und - chronische Abstoßung. Hyperakute Abstoßung Die hyperakute Abstoßung wird durch Vorbestehende alloreaktive Antikörper gegen Gruppenantigene (AB0) oder Histokompatibilitätsantigene ausgelöst. Sie kann sich innerhalb weniger Minuten oder nach Stunden und Tagen entwickeln und führt praktisch ausnahmslos zum Verlust des Transplantats. Die allogenen Antikörper binden an Antigene im Gewebe, insbesondere an das Endothel, was zu einer Aktivierung von Kompliment und Gerinnungssystem führt. Es entstehen Mikrothromben, welche die Kapillaren verschließen. Dieser Vorgang kann so rasch ablaufen, dass er bereits intraoperativ beobachtet werden kann. Akute Abstoßung Die akute Abstoßung ist die häufigste Form einer Organdysfunktion. Sie entwickelt sich oft während der ersten Wochen nach Transplantation. Die akute Abstoßung wird durch eine T-Zell-Antwort des Empfängers gegen die Fremdantigene (Alloantigene) auf dem Transplantat ausgelöst. Dieses betrifft vor allem Moleküle der Klasse I des Haupthistokompatibilitätskomplexes (major histocompatibility complex MHC). Die allogenen Proteine werden den Effektor-T-Zellen über antigenpräsentierende Zellen des Spenders präsentiert, die mit der Transplantation in den Körper des Empfängers und anschließend in die regionalen LK gelangen (direkte Allogenerkennung). Die zweite Möglichkeit liegt in der Aufnahme von alloreaktiven Proteinen durch antigenpräsentierende Zellen des Empfängers mit nachfolgender T-Zell-Präsentation und Aktivierung der Effektor-T-Zellen (indirekte Allogenerkennung). Chronische Abstoßung Die chronische Abstoßung tritt meist nach dem zweiten Monat nach Transplantation auf, häufig, aber nicht immer bei Patienten mit vorangegangenen Schüben akuter Abstoßung. Ursächlich scheinen auch hier alloreaktive T- und B-Zellen beteiligt zu sein. Ein morphologisches Hauptmerkmal ist die obliterierende Schaumzellarteriopathie. Folge: Minderdurchblutung, Fibrosierung und Funktionsverlust des betroffenen Organs. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 3 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Transplantation einzelner Organe Niere Indikation für Nierentransplantation sind alle Formen des chronischen Nierenversagens, z.B. chronischer Glomerulonephritis oder Diabetes mellitus. Die akute Abstoßung äußert sich klinisch vor allem durch Anstieg des Serumskreatinins. Daneben können eine Schwellung des Transplantats sowie Sekundärsymptome wie Fieber, Hypertonie und Inappetenz beobachtet werden. Morphologisch werden bei der Diagnostik der akuten Abstoßung die folgenden vier Elemente beurteilt: - Tubulitis Arteritis Interstitielle Entzündung Glomerulitis. Die chronische Abstoßung äußert sich morphologisch vor allem als Transplantatglomerulopathie. Dabei kommt es zu einer Proliferation der mesangialen Zellen mit Vermehrung der mesangialen Matrix und später zu einer Verdickung der glomerulären Kapillarwand. Außerdem finden sich eine progressive interstitielle Fibrose und Tubulusatrophie sowie eine verdickte Gefäßintima mit Arterio- und Arteriolosklerose. Leber Die häufigsten Indikationen für die Lebertransplantation sind Krankheitszustände, die zu einem funktionellen Leberversagen führen. Dazu gehören alle chronischen Lebererkrankungen wie Virushepatitis, Stoffwechsel- oder Gallenwegserkrankungen und das akute Leberversagen. Die akute Abstoßung äußert sich klinisch durch Fieber, Transplantatvergrößerung, Verminderung der Gallenproduktion. Morphologisch äußert sich die akute Abstoßung durch: - Portale Entzündung Gallengangsläsionen Endothelitis. Die chronische Abstoßung äußert sich durch zunehmenden Verlust an Gallengängen und obliterative Arteriopathie. Lunge Indikation für Lungentransplantation ist Endstadium chronischer obstruktiver und restriktiver Lungenerkrankungen. Z.B. bei Patienten mit Mukoviszidose. Die klinische Symptomatik der akuten Abstoßung nach Lungentransplantation schließt Fieber mit Leukozytose, interstitielle Infiltrate im Röntgenbild und Pleuraergüsse ein. Bei schweren Formen der akuten Abstoßung kann es zu einem diffusen perivaskulären und interstitiellen Entzündungsinfiltrat mit Alveolerschaden, Nekrose, Blutungen und hyalinen Membranen kommen. Leitsymptome bei der chronischen Abstoßung sind die Verschlechterung des Gasaustausches und die daraus resultierende progressive Dyspnoe. Die chronische Abstoßung manifestiert sich morphologisch vor allem unter dem Bild einer sog. Bronchiolitis obliterans. Sie tritt erst nach dem dritten Monat nach Transplantation auf und manifestiert sich durch submuköse Einlagerungen von Bindegewebe mit zunehmender Obliteration des Lumens der Bronchiolen. Auch eine oblitarative Vaskulopathie wird beobachtet, die eine Verdickung von Arterien und Venen mit oder ohne entzündliches Infiltrat zeigt. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 4 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Herz Die Transplantation des Herzens wird bei Patienten mit therapieresistenter schwerer Herzinsuffizienz. Als Ursache dieser Insuffizienz sind ischmische, dilatative und obstruktive Kardiomyopathien, aber auch schwere Herzrhythmusstörungen zu nennen. Die klinische Symptome der akuten Abstoßung sind wenig spezifisch: Leistungsabfall, Abgeschlagenheit, Fieber und Herzrhythmusstörungen. Die Diagnose muss durch Biopsie gesichert. Histologisch äußert sich die akute Abstoßung in einem interstitiellen wie auch perivaskulären, überwiegend aus Lymphozyten bestehenden Entzündungsinfiltrat. Entscheidend ist, ob es zu einer zusätzlichen Schädigung bzw. Nekrose der Herzmuskelzellen kommt. Eine spezielle Veränderung ist die genannte Quilty-Läsion (benannt nach dem ersten Patienten, bei dem diese Veränderung beobachtet wurde). Dabei handelt es sich um ein endokardiales lymphozytäres Entzündungsinfiltrat, das auch auf das Myokard übergreifen kann. Die chronische Abstoßung äußert sich am Herzen vor allem durch die chronische Herzinsuffizienz. Morphologisch besteht eine Transplantatvaskulopathie, die sich wie bei anderen Organen durch eine fibrointimale Hyperplasie vor allem der Arterien äußert. Pankreas und Pankreasinseln Das Pankreas wird gewöhnlich bei Diabetikern meist in Kombination mit einer Niere transplantiert. Als klinisches Symptom der akuten Pankreasabstoßung ist Fieber. Morphologisch zeigt sich bei der akuten Abstoßung ein überwiegend lymphozytäres infiltrat, häufig vermischt mit eosinophilen und neutrophielen Granulozyten. Diese Entzündung ist vor allem periduktal und perivaskulär nachweisbar. Bei der chronischen Abstoßung findet sich ein zunehmender Parenchymverlust durch eine Fibrose bei obliterativer Arteriopathie. Anstelle des ganzen Pankreas werden heute häufiger isolierte Langerhans-Inseln transplantiert. Dabei wird das Pankreas durch Kollagenase verdaut. Die endokrinen Inseln werden getrennt und durch die Portalvene in die Leber transplantiert, wo sie sich in den Portalfeldern einnisten. Dünndarm Die Dünndarmtransplantation wird relativ selten durchgeführt. Sie ist klinisch indiziert beim Kurzdarmsyndrom, wenn nach ausgedehnter Darmresektion keine ausreichende Resorptionsleistung besteht. Die akute Abstoßung äußert sich klinisch durch Fieber, Abdominalschmerzen. Histologisch Hauptmerkmale sind ein herdförmiges, primär lymphozytäres Entzündungsinfiltrat, intraepitheliale Entzündungszellen sowie insbesondere eine Apoptose der Krypten. Bei der chronischen Abstoßung bildet sich primär eine obliterative Arteriopathie mit Ulzera und zunehmender Fibrose des transplantierten Darms. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 5 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen Die Stammzellentransplantation ist in einer allogene und einer autologe Form möglich. Die allogene Stammzellentransplantation wird durchgeführt in der Therapie von malignen, insbesondere hämatologischen Erkrankungen wie der chronischen myeloischen Leukämie, akuten Leukämien, Non-Hodgkin-Lymphomen oder dem multiplen Myelom. In einem ersten Schritt wird der Tumor durch eine aggressive Chemo- und/oder Radiotherapie behandelt. Hierbei wird einerseits der Tumor eradiziert, anderseits das Immunsystem des Empfängers weitgehend zerstört, um eine Graft-versus-Host-Reaktion zu verhindern. Nach Möglichkeit werden bei der allogenen Transplantation die Stammzellen von einem Geschwister verwendet, um eine möglichst hohe HLA-Übereinstimmung zu erreichen. Bei der autologen Stammzellentransplantation werden dem Patienten Stammzellen entnommen und nach dem Chemo-/Radiotherapie wieder infundiert. Der Vorteil dieser Methode ist, dass durch das eigene Mark keine Graft-versus-Host-Reaktion ausgelöst wird. Graft-versus-Host-Reaktion Das größte Problem im Anschluss an eine Stammzellentransplantation ist die Graft-versusHost-Reaktion. Die akute Graft-versus-Host-Reaktion befällt vor allem die Haut, den Gastrointestinaltrakt und die Leber. - Morphologisch zeigt die Haut in der basalen Epidermis eine vakuoläre Degeneration und zunehmende epidermale Nekrose bei häufig nur geringgradig entzündlichem Infiltrat. Mit zunehmendem Schwergrad kommt es zu einer subepidermalen Spaltbildung mit gelegentlich vollständiger Ablederung der Epidermis. - Im Gastrointestinaltrakt finden sich herdförmige Nekrosen der Krypten mit Ausbildung von Lakunen, die mit Zelldébris („Zellmüll“) gefüllt sind. Bei Zunahme des Schwergrades der Graft-versus-Host-Reaktion kommt es zu einem progressiven Verlust an Krypten und schließlich zur diffusen Ulzeration der Mukosa. - In der Leber äußert sich die Graft-versus-Host-Reaktion morphologisch in einem zunehmenden Verlust von Gallengängen, der zu einem Gallengangsverlustsyndrom führen kann. Bei der chronischen Graft-versus-Host-Reaktion, die 100 tage oder später nach Transplantation auftritt, können zusätzlich weitere Organsysteme betroffen sein, z.B. die Speicheldrüsen oder Lungen. Der Befall der Speicheldrüsen wie auch der Tränendrüsen führt zu trockenem Mund und trockenen Augen (Sicca-Syndrom).In der Haut findet man eine zunehmende dermale und subepidermale Fibrosierung mit Pigmentverschiebungen und Atrophie der Epidermis und der Hautanhangsdrüsen. Andere Erkrankungen, die nach Knochenmarktransplantation gehäuft auftreten, sind interstitielle Pneumonien und eine Verschlusskrankheit der kleinen Zentralvenen der Leber (venookklusive Erkrankung). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 6 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 3). Chronische Polyartirtis (cP)? Syn: primäre chronische Polyartritis (PCP), rheumatoide Arthritis Es handelt sich um eine chronische Entzündung, vor allem der Gelenke, die zu einer Gelenkzerstörung führen kann. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Die Häufigkeit der Erkrankung steigt nach dem 49. Lebensjahr an. Häufig sind die Extremitätengelenke (v.a. die kleinen Gelenke, wie die Fingergelenke) gleichzeitig und symmetrisch betroffen. Der Verlauf ist variabel und folgt schubweise einer proliferativen Phase, danach einer destruktiven und degenerativen Phase, um letztlich in die ausgebrannte und terminale Phase zu münden. Ätiologie und Pathogenese: Die Ursache der cP ist noch unbekannt. Eine wichtige Bedeutung kommt humoralen und zellulären immunologischen Mechanismen zu. Nach initialer Aktivierung neutrophiler Granulozyten durch Interleukine setzten diese Gelatinase B frei. Gelatinase B schneidet Kollagen Typ II und hinterlässt immunodominante Peptide, die anschließend durch MHC-II-Moleküle präsentiert werden und autoreaktives T-Zellen aktivieren (sog. REGA-Hypothese, remnant epitopes generate autoimmunity). Die Entzündung ist zunächst auf das vaskularisierte Stratum synoviale beschränkt. In der Synovialis finden sich Lymphozyten und Plasmazellen, die Immunglobuline, v.a. von Typ IgG, produzieren. Bei bis zu 80% der Patienten finden sich im Serum und auch in der Synovialflüssigkeit Rheumafaktoren (IgM, IgA und IgG). Rheumafaktoren sind nicht spezifisch für diese Erkrankung, sondern finden sich auch bei nichtreumatischen Erkrankung wie Sarkoidose, Endokarditis, Tuberkulose, interstitiellen Lungenkrankheiten. Auf die Rolle genetischer Faktoren weisen nicht nur Familienuntersuchungen, sondern auch die Assoziation der Erkrankung mit HLA-DR4 hin. Morphologie: Die Krankheit betrifft Gelenke, Sehnen und Sehnenscheiden sowie periartikuläre Weichteile. Gelenke und Weichteile sind gerötet und geschwollen. In der Synovialmembran finden sich anfangs und im akuten Schub neutrophile Granulozyten, später überwiegend Lymphozyten, Plasmazellen, Makrophagen, Mastzellen und Lymphfollikel mit Keimzentren. Es kann auch zu fokaler Fibrinablagerungen und zu fibrinoider Nekrose in der Synovialis kommen. Folge ist eine granulierende Entzündung mit Verdickung der Synovialmembran mit Ausbildung ödematöser, gefäßreicher Zotten. Das die Gelenkoberfläche bedeckende Granulationsgewebe wird als Oberflächenpannus bezeichnet. Auch Sehnen, Muskeln und periartikuläre Gewebe werden in den Entzündungsprozess einbezogen. Späte Folgen sind eine fibröse oder knöcherne Gelenkversteifung (Ankylose) und Gelenksdeformationen. Systemische Manifestationen stellen bei 30% der Patienten eine Perikarditis dar, ebenso eine Splenomegalie, Lymphknotenhyperplasie, normozytäre hypochrome Anämie, Pleuritis, interstitielle Pneumonie und Fibrose, in 10% eine Hepatomegalie mit Steatose und Portale Entzündung. Für die systemische Osteoporose wird neben der Steroidtherapie und Inaktivität die Aktivierung von Osteoklasten durch Interleukine verantwortlich gemacht. Klinisch-pathologische Korrelationen: Das klinische Bild der Erkrankung ist variabel. Sie äußert sich bei den meisten Patienten mit Müdigkeit, Übelkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Fieber. Neben symmetrischer Schwellung und Rötung der Gelenke findet sich v.a. morgendliche Gelenksteifigkeit. Als folge der Knochen- und Knorpeldestruktion sowie der Sehnenkontraktur entwickelt sich eine typische Ulnardeviation der Finger. Die Laborbefunde sind zwar hinweisend, aber nicht beweisend. Die Rheumafaktoren sind nur bei 80% der Patienten nachweisbar. Zur klinischen Diagnose einer cP müssen mindestens 4 von 7 Kriterien der American Rheumatoid Association erfüllt und über 6 Wochen vorhanden sein: Morgensteifigkeit, Arthritis in mehr als 3 Gelenken, Arthritis der Handgelenke, symmetrische Arthritis, Rheumaknoten, Rheumafaktoren, Erosionen und/oder gelenknahe Osteoporose in Finger- oder Handgelenk. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 7 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Die Prognose der rheumatoiden Arthritis ist variabel. Bei ca. 50% der Patienten kommt es zu einer fortschreitenden Erkrankung mit schweren destruktiven Gelenkveränderungen. In ca. 25% der Fälle heilt die Erkrankung aus, bei weiteren 25% finden sich nur geringe Gelenkveränderungen. Sonderformen der chronischen rheumatoiden Polyarthritis Juvenile chronische Arthritis Syn: Mb. Still Es handelt sich um eine Arthritis, die vor dem 16 Lebensjahr einsetzt und mindestens 6 Monate anhält. Die Erkrankung verläuft meist seronegativ (ohne Rheumafaktoren). Morphologisch bestehen Ähnlichkeiten zur chronischen Polyarthritis des Erwachsenen. Bei einem Teil der Patienten wird nur ein oder werden wenige Gelenke befallen. Knie- und Sprunggelenk sind bevorzugt. Daneben werden polyartikuläre Formen mit Beteiligung vieler Gelenke beobachtet, die entweder mit oder ohne systemische Manifestation (z.B. Fieber > 39C° bei 95% der Patienten, Hautausschläge bei 88%, Hepatosplenomegalie bei 45%, Lymphknotenvergrößerung bei 60%, Pleuritis,Perikarditis, Anämie, Leukozytose) einhergehen. 10% der juvenilen Patienten entwickeln eine sekundäre Amyloidose. Felty-Syndrom Beim Felty-Syndrom handelt es sich um eine schwere Verlaufsform der chronischen Polyarthritis mit Splenomegalie und Neutropenie, die bei ca. 10% der cP-Patienten beobachtet wird. Adulte und juvenile Formen kommen vor. Die Ursache der Neutropenie ist noch ungeklärt. Die Gelenkzerstörungen sind bei diesen Patienten besonders stark ausgeprägt. Das Milzgewicht erreicht bis 2150 g. Die Mortalität ist hoch. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 8 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 4). Systemischer Lupus erythematodes (SLE)? Definition: Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine klassische systemische Autoimmunerkrankung, die alle Organe betreffen kann und besonders an Haut, Gelenke, Nieren und serösen Häuten zu Schädigungen führt. Sie ist durch das Auftreten von Autoantikörpern charakterisiert, die gegen Zellkernkomponenten (antinukläre Antikörper, ANA), doppelsträngige DNA (Anti-dsDNA-Antikörper) oder Histone (Antihiston-Antikörper) gerichtet sind und keine Organspezifität aufweisen. Daneben können Autoantikörper gegen Protein-Phospholipid-Komplexe (Anti-phospholipid-Antikörper) bzw. gegen Erythrozyten, Leukozyten oder Thrombozyten vorkommen. Es kommen Typ II und III- Reaktionen vor. Epidemiologie: Über 85% der Betroffenen sind Frauen, wobei die Altersstufen von 20 – 40 Jahren überwiegen. Pathogene: Kausale Pathogenese: Die Anti-dsDNA-Antikörper und Anti-Histon-Antikörper sind typische Autoantikörper bei SLE. Genetische Faktoren, hormonelle Faktoren, Infektionen und Umweltfaktoren können für die Pathogenese des SLE bedeutsam sein. Formale Pathogenese: Die meisten Organläsionen erklären sich durch die Bildung und Ablagerung von Immunkomplexen (Typ-III-Hypersensitivität), die von Autoantigenen und Autoantikörpern gebildet werden und über die Komplementaktivierung eine schwere Entzündung verursachen. Zytotoxische Reaktionen (Typ-II-Hypersensitivität) kommen durch Antikörper gegen Erythrozyten, Leukozyten oder Thrombozyten zustande. Morphologie: SLE betrifft vor allem Gelenke, Haut, Neire, seröse Häute, Herz und ZNS. - Niere: In der Niere als Pathomechanismus liegt eine Glomerulonephritis vom Immunkomplextyp zugrunde. Dabei wird angenommen, dass sich in situ DNA-antiDNA-Komplexe ausbilden. Nach der WHO-Nomenklatur sind fünf Reaktionsklassen zu unterscheiden: Klasse I: Lichtmikroskopisch, immunhistochemisch und elektronenmikroskopisch normale Niere Klasse II: Leichte mesangiale Lupusglomerulonephritis Klasse III: Fokal-segmentale proliferative Glomerulonephritis (weniger als 50% der Glomeruli betroffen) Klasse IV: Diffuse proliferative Glomerulonephritis (betrifft 40 – 50% der SLEPatienten) Klasse V: Membranöse Glomerulonephritis. Eine pathognomonische Nierenveränderung gibt es nicht. - Haut: Der charakteristische Befund ist das schmetterlingsförmige Erythem im Gesicht. Ähnliche Erytheme kommen an Extremitäten und Rumpf vor. Sie werden durch Sonnenlicht verstärkt. Daneben können urtikarielle, bullöse, makulopapuläre und ulzeröse Exantheme auftreten. Histologisch findet man eine Vaskulitis sowie Ablagerungen von Immunglobulin und Komplement an der dermoepidermalen Grenze. - Gelenke: Eine Arthritis ist bei SLE häufig und kann jedes Gelenk befallen. - Seröse Häute: Pleuritis, Perikarditis oder Peritonitis werden bei SLE häufig beobachtet. Akut besteht eine fibrinöse oder mit Erguss einhergehende serofibrinöse Entzündung, die zu Fibrösen und Verwachsungen führen kann. - Herz: Außer der Perikarditis kommt eine nichtbakterielle verrruköse Endokarditis (Libman-Sachs) vor, die jede Klappe betreffen kann. Selten ist eine Myoakrditis. - ZNS: Neuropsychiatrische Symptome können auf Intimaproliferation und Thrombosen kleinerer Gefäße zurückgehen, für dir wahrscheinlich AntiphospholipidAntikörper bedeutsam sind. - Lunge: Selten kommt es zu einer interstitiellen „Lupuspneumonie“ oder Alveolitis mit Übergang in eine chronische interstitielle Lungenfibrose. - Andere Manifestation: Grundsätzlich kann jedes Organ beteiligt sein. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 9 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom Definition: 40-50% der SLE-Patienten entwickeln Autoantikörper gegen ProteinPhospholipid-Komplexe. Epidemiologie: Es handelt sich vermutlich um die häufigste Autoimmunerkrankung des Weichteilsgewebes. Pathogenese: Die Autoantikörper richtet sich gegen Plasmaproteine, die mit Phospholipiden Komplexe bilden, z.B. Prothrombin, Annexin V, 2-Glykoprotein I, Protein S und Protein C. Einige dieser Antikörper binden auch das Cardiolipinantigene, das in der Syphilisserologie gebraucht wird, sodass falsch positive Reaktionen vorkommen. Diese „falsch positive“ Reaktion kann diagnostisch für das Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom genutzt werden. Morphologie: Das Antiphosphoöipid-Antikörper-Syndrom ist durch eine Hyperkoagulabilität mit gehäuften venösen und arteriellen Thrombosen gekennzeichnet. Arterielle Thrombosen führen vor allem zu zerebralen Ischämien, aber auch zu Herz-, Mesenterial- und Niereninfarkten. Venöse Thromben betreffen vorrangig die tiefen Beinvenen, aber auch Niere, Leber und Retina. Klinisch-pathologische Korrelationen: Eine exakte Diagnosestellung ist umso wichtiger, da eine gerrinungshemmende Therapie und nicht eine Immunsupresion wie bei anderen Autoimmunerkrankungen zweckmäßig ist. 5. Dermatomyositis? Definition: Diese seltene Erkrankung ist durch eine Entzündung und segmentale Nekrose der Muskulatur und eine gleichzeitige Dermatitis charakterisiert. Ätiologie und Pathogenese: Antinukleäre Antikörper werden bei einem Drittel der Patienten gefunden. Relativ spezifisch sind Antikörper gegen die Histidyl-Transfer-RNA-Synthese. Obwohl die genauen Ursachen der Erkrankung unbekannt sind, scheinen Kapillaren der Hauptangriffspunkt der Autoimmunreaktion zu sein. Die Entzündungsreaktion führt zu Gefäßverschlüssen, die lokalisierte Nekrosen der Muskulatur zur folge haben. Morphologie: Histologisch findet sich eine fokale, manchmal auch ausgedehnte Infiltration durch Lymphozyten mit deutlicher Betonung um Kapillaren. Typisch sind das Auftreten von perifaszikulären atrophischen Muskelfasergruppen sowie eine Verminderung intramuskulärer Kapillaren. Muskelfasernekrosen führen zu einer Erhöhung der Keratinphosphokinase im Blut. Klinisch-pathologische Korrelationen: Charakteristisch ist das Erythem im Gesichtsbereich, das als „fliederfarben“ beschrieben wird. Daneben finden sich auch Erytheme im Bereich der Streckseiten der Arme und Finger. Die Muskelveränderungen äußern sich klinisch als plötzliche Muskelschwäche und Druckschmerzhaftigkeit mit Betonung proximaler Muskelgruppen. Später kommt es zu Atrophie, Kontrakturneigung sowie in einem Teil der Fälle zu Schluckstörungen durch Beteiligung der Ösophagusmuskulatur. Seltener findet siech eine Beteiligung von Herz, Niere, Gstrointestinaltrakt oder Lunge. Die Inzidenz von Karzinomen des Gastrointestinaltraktes ist bei Patienten mit Dermatomyositis erhöht. Polymyositis Definition: Die Polymyositis unterscheidet sich von der Dermatomyositis durch das Fehlen von Hauterscheinungen. Das Muster des Musklebefalls mit Betonung proximaler Muskelgruppen ist aber sehr ähnlich. Eine Beteiligung andere Organe wie Herz und Lunge kann ebenfalls vorkommen. Ätiologie und Pathogenese: Im Gegensatz zur Dermatomyosis scheinen Muskelzellen der direkte Angriffspunk der Autoimmunreaktion zu sein. CD8-Lymphozyten sind in der Umgebung von Muskelfasern deutlich vermehrt. Morphologie: Im Bereich der geschädigten und der angrenzenden normalen Muskelzellen zeigen sich dichte lymphozytäre Infiltrate. Gefäßveränderungen werden in der Regel nicht beobachtet. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 10 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 6. Sklerodermie? Syn: progressive systemische Sklerose, PSS Definition: Das Kennzeichen dieser Erkrankung ist eine im gesamten Körper anzutreffende Ablagerung von Kollagen, weshalb die Bezeichnung PSS deskriptiv besser zutrifft. Nach der klinischen Bild werden verschiedene Verlaufsformen unterschieden: - Die diffuse Sklerodermie ist durch großflächige Hautbeteiligung, frühe Beteiligung innere Organe (Gastrointestinaltrakt, Lunge, Niere, Skelettsystem, Speicheldrüsen, Herz, Muskulatur, Nervensystem) sowie einen rasch progredienten Verlauf gekennzeichnet. - Die lokalisierte Sklerodermie (auch als Akrosklerose bezeichnet) bleibt lange auf bestimmte Hautregionen (mit Betonung der Akren) beschränkt. Bei der Mehrzahl der Patienten kommt es nach längerem Verlauf zur viszeralen Beteiligung. Als Sonderformen werden eine plaquearrtige (Morphaea), eine lineare sowie eine subkutane Form abgegrenzt. - Das CREST-Syndrom umfasst den Symptomkomplex aus Calcinosis cutis, Raynaud-Phänomen, ö(e)sophageale Dysmotilität, Sklerodaktylie und Teleangiektasie. Ätiologie und Pathogenese: Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt. Obwohl eine Ablagerung von Kollagen besteht, konnte kein Defekt der Kollagensynthese oder des Kollagenabbaus festgestellt werden. Die Aktivierung von CD4-T-Lymphozyten führt zur Ausschüttung von Zytokinen, die ihrerseits Fibroblasten aktivieren und/oder Kapillaren schädigen können. Entzündungsmediatoren wie PDGF (platelet derived growth factor) und TGF (transforming growth factor) können die Transkription von Kollagen und induzieren. Diese Veränderungen haben als Endstadium eine Fibrose zur Folge. Fast alle Betroffenen weisen antinukleäre Antikörper auf, von denen die Antikörper gegen DNA-Topoisomerase (Scl 70) fast ausschließlich bei der PSS vorkommen. Morphologie: Veränderungen der Kapillaren und kleinen Arterien finden sich schon in den frühesten Krankheitsstadien, wobei in allen Fällen eine Intimafibrose der Fingerarterien beobachtet ist. Mit Fortschreiten der Erkrankung kommt es zur Vermehrung von Kollagenfasern und schließlich zur ausgeprägten Fibrose. Durch die Verengung der kleinen Gefäße kommt es im Endstadium zu Ischämie und Nekrosen. Klinisch-pathologische Korrelation: Es können fast alle Organe geschädigt werden wie: - Haut: Die Veränderungen beginnen an Akren und Gesicht und schreiten nach zentral fort. Die Epidermis ist verdünnt, die Hautanhangsgebilde atrophieren. Im Endstadium kann es infolge des Verschlusses der Kapillaren zu Nekrosen, Ulzera und Verlust von Fingergliedern kommen. - Gastrointestinaltrakt: V.a. ist Ösophagus betroffen. Durch die Fibrose entstehen Schluckstörungen sowie eine Refluxösophagitis, ev. auch Ulzera. Die Atrophie der Darmmukosa kann Durchfälle und ein Malabsorptionssyndrom verursachen. - Lunge: Gefäßveränderungen stehen im Vordergrund. Sie führen zu pulmonalem Hochdruck. Daneben findet sich eine interstitielle Fibrose. - Skelettsystem: Eine Synovialitis wird oft in frühen Krankheitsstadien beobachtet. Im Spätstadium findet sich eine Fibrose. - Niere: Auch in der Niere stehen Gefäßveränderungen im Vordergrund. Sie betreffen in erster Linie kleine Arterien und Arteriolen, die eine ausgeprägte Intimafibrose aufweisen. Die Glomeruli zeigen keine spezifischen Veränderungen. Folge der Gefäßveränderungen ist ein arterieller Bluthochdruck. Ein terminales Nierenversagen zählt zu den häufigsten Todesursachen bei PSS. - Speicheldrüse: Die fortschreitende Fibrose führt zu Xerostomie und Xerophthalmie. - Muskulatur: Die seltene Myositis ist den Veränderungen bei Polymyositis sehr ähnlich. - Herz: Myokardfibrose, Perikarditis mit Perikarderguss sowie Gefäßveränderungen werden relativ selten beobachtet. Klinisch zeigen sich Herzinsuffizienz und Arrhythmien. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 11 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 7. MCTD = mixet connective tissue disease = Gemischte Bindegewebekrankheit? Syn. Sharp-Syndrom Definition: Der Begriff umfasst ein Krankheitsbild, das Symptome des SLE, der Polymyositis sowie der progressiven systemischen Sklerose zeigt. Ätiologie und Pathogenese: Serologisch ist die Erkrankung durch das obligate Auftreten von Autoantikörpern gegen ein Ribonukleoprotein (Anti-U1-RNP) gekennzeichnet. Morphologie: Die morphologien Veränderungen entsprechen einer Kombination der zuvor genannten Erkrankungen. Klinisch-pathologische Korrelation: Klinische stehen Gelenkbeschwerden, Muskelschwäche und Raynaud-Phänomen im Vordergrund. Auffällig ist das gute Ansprechen auf Steroide. Die Prognose ist besser als bei den vorher erwähnten Erkrankungen, was unter anderem durch das Fehlen von Nierenveränderungen bedingt ist. 8. Diabetes mellitus? Diabetes mellitus wird durch einen absoluten oder relativen Mangel an Insulin hervorgerufen. Man unterscheidet Typ-I und Typ-II- diabetes. Typ-I (insulin dependet diabetes mellitus, IDDM, auch juveniler Diabetes) Bei Typ-I liegt ein absoluter Mangel an Insulin vor, der Patient ist auf die Zufuhr von Insulin angewiesen. Ursache ist eine Zerstörung der B-Zellen in den Pankreasinseln, in der Regel hervorgerufen durch eine Autoimmunerkrankung, die u.a. durch eine Virusinfektion ausgelöst wird. Die Inseln werden von T-Lymphozyten infiltriert, und es sind Autoantikörper gegen Inselgewebe (islet cell antibodies, ICA) und Insulin (insulin autoantibodis, IAA) nachweisbar. 80% der Patienten bilden Antikörper gegen die in den B-Zellen exprimierte Glutamatdekarboxylase. Diabetes mellitus Typ I tritt bei Trägern bestimmter HLA-Antigene wie HLA-DR3 und HLA-DR4 gehäuft auf, es liegt also eine genetische Disposition vor. Typ-II (non insulin dependet diabetes mellitus, NIDDM, auch Altersdiabetes) Der Typ-II ist die häufigste Form des Diabetes. Auch hier spielt die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle. Es liegt jedoch ein relative Mangel an Insulin vor, die Patienten sind nicht auf die exogene Zufuhr von Insulin angewiesen. Die Insulinausschüttung kann normal sein, die Zielorgane zeigen jedoch gegenüber Insulin eine verminderte Empfindlichkeit. Die meisten Patienten mit Typ-II-diabetes sind übergewichtig. Das Missverhältnis von Energiezufuhr und Energieverbrauch steigert die Konzentration an Fettsäuren im Blut, was wiederum die Glucoseverwertung in Muskel- und Fettgewebe senkt. Folge ist eine Insulinresistenz, die zu gesteigerter Insulinausschüttung zwingt. Durch folgende Down-Regulation der Rezeptoren nimmt die Resistenz weiter zu. Herabgesetzte Insulinempfindlichkeit betrifft vorwiegend die Insulinwirkung auf den Glukosestoffwechsel, während die Wirkungen auf Fett- und Proteinstoffwechsel noch gut erhalten sind. Eine relativer Insulinmangel kann ferner durch Autoantikörper gegen Rezeptoren oder Insulin zustande kommen sowie durch (extrem selten) Defekte im Aufbau von Insulin, des Insulinrezeptors oder intrazellulären Signalübertragung. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 12 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Klinik IDDM + NIDDM: - Polyurie: (Hyperglykämie-induzierte osmotische Diurese) - Polydipsie (sek) - Polyphagie (krankhaft gesteigerte Nahrungsaufnahme) - Glukosurie - Hyperglykämie: Akkumulation von Glukose in Insulin-unabhängigen Zellen (Linsenzellen, Nervenzellen) Intrazelluläre Osmolarität + Wassereinstrom Zellschwellung + Trübung ( Katarakt, Polyneruropathie). - V.a. IDDM: Lipolye steigt an (weil Glukose nicht mehr in der Zellen kommt) Oxidation zu Ketonkörper Ketoazidose ketoazidotischer Koma. - V.a. bei NIDDM: Dehydratation hyperosmolares Koma. - Gewichtsabnahme - Hochgradiege Müdigkeit - Gesteigerte nichtenzymatische Glykosilierung von Proteine Lumeneinengung von Kapillaren und Arteriolen diabetische Mikroangiopathie ( Glomerulosklerose, Retinopathie, Polyneruropathie) + Bindung an LDL Atherosklerose ( Myokardinfarkt, Apoplex, Gangrän). 9. Cholesterinstoffwechsel? Cholesterin (=Cholesterol) ist nicht nur ein wichtiger Baustein der Zellmembranen, sondern auch die Ausgangssubstanz für wichtige Stoffe wie die Gallensalze und die Steroidhormone. Der tägliche Verlust von Cholesterin mit dem Stuhl (in Form von Koprostanol) und mit der abgeschilferten Haut beträgt ca. 0,6 g, der von Gallensalzen rund 0,5 g. Diese Verluste müssen durch Neusynthese (Darm, Leber) laufend ersetzt werden. Cholesterin wird mit der Nahrung z.T in freier, z.T in veresterter Form aufgenommen. Die Cholesterin-Ester (ChoEster) werden vor der Resorption durch die unspezifische Carboxyesterase des Pankreas zu Cholesterin gespalten und in dieser Form im oberen Dünndarm absorbiert. Die Mukosazellen enthalten ein Enzym (ACAT = Acyl-CoA-Cholesterin-Acyltransferase), so dass in die Chylomikronen sowohl Cholesterin als auch Cho-Ester eingebaut werden. Cholesterin und Cho-Ester der Chylomikronenreste gelangen in die Leber, wo die lysosomalen, saueren Lipasen Cho-Ester wieder zu Cholesterin spalten. Cholesterin aus diesen und anderen Quellen (LDL, HDL) kann von der Leber aus dann u.a. folgende Wege gehen: 1. Ausscheidung in die Galle 2. Umwandlung in Gallensalze 3. Einbau in VLDL (=very low density Lipoprotein(LP)), aus denen unter Einwirkung von LPL (=Lipoproteinlipase) IDL (=intermediate density LP) und schließlich LDL (=low density LP) entstehen. Aus LDL entstehen Cholesterin und Cho-Ester an Zellen mit LDL-Rezeptoren (z.B. Leberzellen). Die Rezeptordichte auf der Zelloberfläche ist je nach Cholesterinbedarf geregelt. LDL wird in die Zellen endozytotisch aufgenommen und lysosomale, saure Lipasen spalten Cho-Ester zu Cholesterin. Cholesterin steht der Zelle damit zum Einbau in Membranen oder für die Steroidsynthese zur Verfügung. Bei Cholesterinüberschuss wird in der Zelle: - die Cholesterinsynthese gehemmt (3-HMG-CoA-Reduktase) - die ACAT (=Acyl-Coa-Cholesterin-Acyltransferase) aktiviert, die das Cholseterin verestert und speichert - die LDL-Rezeptor-Synthese gehemmt. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 13 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Hypercholesterinämien Ätiologisch unterscheidet man bei den Hypercholesterinämien (> 200 mg/dl): 1. reaktiv-physiologische Formen (Überbelastungen): durch ungünstige Ernährung z.B. bei fettreicher Ernährung. 2. sekundär-symptomatische Formen: durch Erkrankungen induzierte Stoffwechselstörungen z.B. nephrotisches Syndrom, Cholestase. 3. familiäre Hypercholesterinämien: a. polygene Hyperchlesterinämien (Mehrzahl aller Hypercholesterinämien) Zusammenwirken endogener (Erbanlage) und exogener (Ernährung, Übergewicht, Alkohol) Faktoren stark erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheit (KHK). b. monogene Hypercholesterinämien (5% aller Hypercholesterinämien). Familiäre Hypercholesterinämie: - autosomal-dominanter Erbgang, Genmutationen auf Chromosom 19 - um Gallensäuren herzustellen, nimmt die Leber über LDL-Rezeptoren Cholesterin auf - Hetreozygote: Mangel an LDL-Rezeptoren; LDL-Cholesterin > 300 mg/dl; KHK im mittleren Lebensalter - Homozygote: Fehlen des LDL-Rezeptors; LDL-Cholesterin > 50 mg/dl; KHK bereits im jungen Alter. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 14 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 10. Steroidhormonsynthese? Cholesterin (Cholesterol) ist die Muttersubstanz der Steroidhormone. Es entsteht v.a. in der Leber über mehrere Zwischenstufen aus Acetyl-CoA und wird durch Lipoproteine zu den endokrinen Drüsen transportiert. Auch in der Nebennierenrinde kann Cholesterin de novo synthetisiert werden, nicht jedoch in der Plazenta. Cholesterin enthält 27 C-Atome. Über mehrere Zwischenstufen entsteht die Ausgangssubstanz der Steroidhormone, Pregnenolon. Aus Pregnenolon wird Progesteron gebildet, das nicht nur selbst ein wirksames (weibliches Sexual-)Hormon ist, sondern aus dem auch alle anderen Steroidhormone synthetisiert werden können: 1. die Hormone der NNR 2. die männlichen Sexualhormone (Androgene) im Hoden, in Ovar und in der NNR und 3. weitere weibliche Sexualhormone (Östrogene) im Ovar. Welches Hormon endgültig wo produziert wird, hängt ab von: 1. welche Rezeptoren für die übergeordneten Steuerhormone (ACTH, FSH, LH etc.) vorhanden sind und 2. welche Enzyme zur Veränderung des Steroidmolekülgerüstes in der jeweiligen Hormondrüsenzelle dominieren. Die NNR enthält 17-, 21- und 11-Hydroxylasen, also Enzyme, die eine OH-Gruppe an dem der Zahl entsprechenden C-Atom des Steroids einführen. Hydroxylierung am C-Atom 21 macht das Steroid für die 17-Hydroxylase ungreifbar: Es können, wie in der Zona glomerulosa der NNR, dann nur noch die Mineralcorticoide, also Cortikosteron und Aldosteron gebildet werden. Wird zuerst am C-Atom 17 hydroxyliert führt der weitere Syntheseweg einerseits zu den Glucocortikoiden (Zona fasciculata der NNR), anderseits zu den sog. 17-Ketosteroiden mit einer Ketogruppe am C-Atom 17. Glucocortikoide und 17-Ketosteroide können also, auch unter Umgehung des Progesterons, aus 17-OH-Pregnenolon gebildet werden. Von den 17-Ketosteroiden führt ein direkter Weg zu den beiden Östrogenen Östron und Östradiol oder ein indirekter über das androgene Hormon Testosteron. An manchen Zielzellen für Androgene (z.B. Prostata) ist Dihydrotestosteron oder Östradiol die eigentlich wirksame Substanz, beide entstehen aus Testosteron. Der Abbau der Steroidhormone findet hauptsächlich in der Leber statt. Sie werden dort meist mit ihren OH-Gruppen an Sulfat oder Glucuronsäure gekoppelt und anschließend mit der Galle oder dem Harn ausgeschieden. Hauptausscheidungsform der Östrogene ist das Östriol, die der Gestagene Pregnandiol. Seine Messung im Urin kann dem Schwangerschaftsnachweis dienen. Ein Anstieg des Östrogenspiegels beim Mann z.B. durch verminderten Östrogenabbau (Leberschaden), führt u.a. zur Entwicklung von Brüsten (Gynäkomastie). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 15 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 11.Alkoholinduzierte und toxische Leberschäden? Toxische und Medikamentöse Leberschäden Als primäre Lebergifte (primäre Lebertoxine) werden Substanzen bezeichnet, die die Leber direkt schädigen. Sekundäre Lebergifte wirken toxische erst nach Biotransformation in der Leber. Nach Art der Schädigung und dem klinischen Bild lassen sich obligate und fakultative Lebertoxine unterscheiden. - Bei obligate Lebertoxinen ist die Leberschädigung dosisabhängig. - Fakultative Lebertoxine bewirken Leberschädigungen in nicht dosisabhängiger Weise. Formen von toxische und medikamentöse Leberschäden: - - - Leberzellnekrosen: Bei Obligaten primären Lebertoxinen finden sich üblicherweise läppchenperiphere Leberzellnekrosen (entsprechend der Rappaport-Zone 1), während sekundärer Lebertoxine Nekrosen vor allem im Läppchenzentrum (Rappaport-Zone 3) bewirken. Leberzellverfettung (Steatose): Es handelt sich dabei um die Einlagerung von Triglyzeriden in das Zytoplasma der Leberzellen, wobei eine kleintropfige (mikrovesikuläre) und eine großtropfige (makrovesikuläre) Form der Verfettung unterscheiden werden können. Intrahepatische Cholestase: Sie sind charakterisiert durch das Auftreten von Gallenthromben, treten v.a. bei fakultativen Lebertoxinen. Hepatitische Veränderungen: Durch eine reihe von Medikamente kann bis zur Leberzellnekrose kommen. Bei absetzten des Toxins kommt es zu einer Restitutio ad integrum. Garnulome: Es handelt sich um Granulome die aus Epitheloid- und Riesenzellen bestehen und auch Lymphozyten und eosinophiel Granulozyten enthalten. Vaskuläre Veränderungen: Es kann zur Venenverschlusskrankheit kommen = (Budd-Chiari-Syndrom). Hyperplastische und neoplastische Veränderungen: Die lang dauernde Einnahme von Anabolika und oralen Kontrazeptiva kann zur Entwicklung von Leberzelladenome, ev. auch Karzinomen führen. Alkoholische Leberschäden Definition: Alkohol (Ätanol) ist ein obligates Lebertoxin, dessen Wirkung aber individuell verschieden ist. Auftreten und Schwergrad des alkoholischen Leberschädens hängen von einer Reihe von Faktoren wie Alkoholmenge, Dauer der Alkoholkonsum, Geschlecht, genetische Faktoren, Ernährung ab. Die kritische Alkoholmenge für Männer liegt bei ca. 60 – 80 g reinen Alkohols pro Tag. Für Frauen liegt sie unter diesem Wert (20 – 40 g/Tag). 100 g Alkohol entsprechen ungefähr 1 l Wein, 2,5 l Bier oder 0,3 l Whisky. Die durchschnittliche pro Tag aufgenommene Alkoholmenge eines männlichen Alkoholikers mit Leberzirrhose liegt bei ca. 160 g über 8 – 10 Jahre. Pathogenese: Äthanol wird schnell aus dem Magen resorbiert und fast zur Gänze in der Leber zu Acetaldehyd und Acetat abgebaut, wobei beim normalen Menschen pro Stunde ungefähr 7 – 10 g Ätanol eliminiert werden. Der Hauptabbau erfolgt durch die NADabhängige Alkoholdehydrogenase, ein im Zytosol vorhandenes Enzym, das die Oxidation von Äthanol zu Acetaldehyd katalysiert. Acetaldehyd wird durch die NAD-abhängige Aldehyddehydrogenase über Acetyl-CoA schließlich zu Acetat abgebaut. Acetat kann dann zu CO2 und Wasser oder im Rahmen des Zitronensäurezyklus zu anderen Verbindungen (z.B. Fettsäure) umgewandelt werden. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 16 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Das Alkoholabbauprodukt Acetaldehyd scheint aber die wesentliche schädigende Rolle zu spielen. Acetaldehyd ist toxisch und bindet an Phospholipide, AS, Hormone, Zellmembranen und Zellskelettkomponenten. Ferner steigert Acetaldehyd die Kollagensynthese, aktiviert Komplement, erhöht die Lipidperoxidation und interferiert mit dem mitochondrialen Elektronentransport. Der Entstehung reaktiver Sauerstoffverbindungen wird eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des alkoholischen Leberschädens zugeschrieben. Morphologie: Das morphologische und Klinische Spektrum des alkoholischen Leberschadens umfasst die Fettleber, die alkoholische Hepatitis und die Leberzirrhose. - Alkoholische Fettleber (Steatose der Leber): Makroskopisch zeigt sich ein vergrößertes (bis zu 6000 g), „teigiges“ weiches und gelbes Organ. Histologisch äußert sich die Verfettung als Fetteinlagerung in das Zytoplasma der Leberzellen. Die Mitochondrien sind häufig vergrößert. Das glatte ER ist als Ausdruck der Enzyminduktion vermehrt. Die Fettleber kann mit Cholestase assoziiert sein. - Alkoholische Hepatitis (steatohepatitis): Die alkoholische Hepatitis ist histologisch durch überwiegend läppchenzentrale Leberzellnekrosen, neutrophil-granulozytäre Infiltrate und das Auftreten intrazytoplasmatischer Einschlüsse, sog. Mallory-Körper charakterisiert. In einem recht hohen Prozentsatz finden sich auch unterschiedlich schwer ausgeprägte Cholestasezeichen. - Alkoholische Leberzirrhose: Für die Entwicklung der Leberzirrhose sind hauptsächlich die im Rahmen der alkoholischen Hepatitis auftretenden Leberzellnekrosen verantwortlich. Die alkoholische Leberzirrhose ist meistens kleinknotig. Gelegentlich sind Leberzellen und kleinere Leberzellgruppen durch schmale Bindegewebesepten dissoziiert, sodass ein maschendrahtähnliches Fibrosebild entsteht. Aktive Zirrhosen sind durch Fortbestehen des entzündlichen und nekrotisierenden Geschehens, d.h. der alkoholischen Hepatitis, charakterisiert. Bei inaktiven Zirrhosen (Fehlen des Entzündungsprozesses) ist die alkoholische Genese nicht mehr sicher erkennbar. Bei Alkoholkarenz ist die alkoholische Hepatitisreversibel. Es bleiben aber häufig Residuen (Fibrosen) zurück. Bei kontinuierlichem Alkoholmissbrauch entwickelt ein recht hoher Prozentsatz (ca. 30%) der Patienten mit alkoholischer Hepatitis in relativ kurzer Zeit (1 – 2 Jahren) eine Leberzirrhose. Klinisch-pathologiesche Korrelationen: Patienten mit alkoholischer Fettleber sind klinisch fast immer asymptomatisch. Das klinische Bild der alkoholischen Hepatitis ist ebenfalls variabel, kann aber in schweren Fällen mit Ikterus, Fieber und Leukozytose einhergehen. Alkoholische Fettleber, kombiniert mit Cholestase, Hämolyse und Hyperlipidämie, wird als Zieve-Syndrom bezeichnet. Die Prognose hängt vom Schwergrad des Leberzellschadens ab, die Letalität erreicht 30%. Bei Alkoholkarenz ist die alkoholische Hepatitis reversibel. Bei kontinuierlichem Alkoholmissbrauch entwickelt ein recht hoher Prozentsatz der Patienten mit alkoholischer Hepatitis in relativ kurzer Zeit eine Leberzirrhose. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 17 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 12. PROSTAGLANDINE Prostaglandine und die chemisch verwandten Leukotriene sind biologisch hochaktive Stoffwechselprodukte der Arachidonsäure. Sie stellen eine Klasse niedermolekularer Lipide dar und werden von unterschiedlichen Zelltypen in praktisch sämtlichen Organsystemen synthetisiert Biosynthese Ausgangsmolekül ist Arachidonsäure Arachidonsäure ist ein ungesättigte C-20 Fettsäure die von Linolsäure ableitet (von der Nahrung). In der Zelle liegt Arachidonsäure fast ausschließlich an Membranphospholipide gebunden vor – von dort wird sie durch Ca++ abhängige Phospholipase A2 freigesetzt um die Arachidonsäure Kaskade im Gang zu bringen. Je nach Enzymausstattung verschiedener Zellen, wird die Arachidonsäure entweder über den Lipooxygenaseweg zu den Leukotrienen oder Zyklooxygenaseweg zu den Prostaglandinen, Thromboxanen und Prostazyklinen umgewandelt oder Durch die Cytochrom P450-Epoxygenase entstehen Epoxyeicosatrienoate. PGE2 dilatiert die Bronchial- und Gefäßmuskulatur (und hält den Ductus arteriosus und das Foramen ovale ofen), kontrahiert die Darm- und Uterusmuskulatur, schütz die Magenmukosa, hemmt die Lipolyse, erhöht die GFR, ist an der Fieber und Schmerz entstehung beteiligt und erhöht die Gefäßpermeabilität. PGD2 führt zur Bronchokonstriktion. PGI2 (=Prostacyklin) das im Endothel gebildet wird, wirkt vasodilatierend und hemmt die Thrombozytenaggregation, während THromboxane (in Thrombozyten) diese födert und vasokonstriktorisch wirkt. Leukotriene lösen die Kontraktion von glatter Muskulatur in Bronchien, Gefäßen, Darm und Uterus aus. Glukokortikoide blockieren Lipo- und Zyklooxygenase Stoffwechsel durch Inhibierung der Phospholipase A. Aspirin inhibieren Zyklooxygenasestoffwechsel dh. PG-Synthese aber nicht die der Leukotriene. Nikotin hemmt die Prostazyklinsynthese => Verschiebung des Gleichgewichts zugunsten von Thromboxan diese führt zur Entwicklung von Arteriosklerose und Thrombose bei Rauchern. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 18 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 13. HIV? Erworbenes Immundefektsyndrom Syn: AIDS (acquired immunodefizienzy syndrome) Die Erreger des erworbenen Immundefektsyndroms (AIDS), die humanen Immunodeficienzviren (HIV-1 und HIV-2), gehört zur Subfamilie der Lentiviren. Pathogenese: Die Übertragung erfolgt auf sexuellem Weg. Durch HIV-kontaminiertes Blut und Blutprodukte ist eine Infektion auch möglich. Von einer HIV-positiven Mutter kann die Infektion auf das Kind übertragen werden (intrauterin, perinatal und mit Muttermilch). Das HIV-1 und HIV-2 können jede CD4+-Zelle infizieren. Dazu gehören v.a. T-Helferzellen, aber auch antigenpräsentierende Zellen, darunter Makrophagen, Gliazellen des ZNS sowie Langerhans-Zellen der Haut und des Darms. Neben viralen Genprodukten beeinflussen Zytokine die Virusreplikation, so der TNF- und die Interleukine IL-2, IL-6 und IL-12 stimulierend, Interferon- und Interferon- hemmend. Der entscheidende Infektionsvorgang erfolgt durch die Bildung des viralen Hüllproteins gp 120 an das CD4-Antigen, den natürlichen HLA-Klasse-II-Antigen-Korezeptor. Im weiteren folgen ist ein zelluläre und humorale Abwehr nicht mehr möglich. Klinisch-pathologische Korrelationen: Krankheit verläuft in drei(I-II) Stadien: I. Akutes retrovirales Syndrom: (akutes HIV-Infektion), 2 – 6 Wochen nach der Erstinfektion klagt der Patient über Fieber, „Grippegefühl“, Nachtschweiß. Bei Körperliche Untersuchung finden sich geschwollene LK und Exantheme sowie eine Pharyngitis. Im Blut sind eine starke Virämie und ein Abfall der T-Helferzellen nachweisbar. HIV-Antikörper können noch negativ sein. II. Asymptomatisches Stadium: (klinische Latenzphase), Im Verlauf von 10 Jahren kommt es zu einer starke Abnahme der CD4+-T-Lymphozyten und zur Entstehung eines Lymphadenopathie-Syndroms (LAS).Diese ist definiert durch zwei extraiguinale, über 1 cm große Lymphknotenstationen, die länger als 3 Monate persisitieren. III. Symptomatisches Stadium: - Vorliegen einer gesicherten HIV-Infektion, die mit einer Vielfalt von Symptomen verbunden ist, so z.B. Nachtschweiß, Fieberschübe bzw. subfebrile Temperaturen, Durchfälle ohne Erregernachweis, Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, Anämie, Leukopenie, Thrombopenie sowie eine Verminderung der T-Helferzellen. - Das erworbene Immundefektsyndrom ist u.a. gekennzeichnet durch das Auftreten von: - Opportunistische Infektionen: Pneumocystitis-carinii-Pneumonie, ZNS-Toxoplasmose, Candida-Ösophagitis, ZNS-Kryptokokkose, progressive multifokale Leukoenzephalopathie, Salmonellen-Sepsis, Tuberkulose, atypische Mykobakteriosen. - Bestimmte virusassoziierten Tumoren, malignen NHL der B-Zell-Reihe, KaposiSarkomen und anogenitalen Plattenepithelkarzinomen. - Und neurologischen Komplikationen. Therapie: Der Angriffspunkt liegt in der Hemmung zweier viruseigener Enzymaktivitäten: der reversen Transkriptase (RT) sowie der Protease, die für Endfertigung essentieller viraler Proteine notwendig ist. Unter den RT-Hemmern unterscheidet man so genannte nukleosidische RT-Inhibitoren, die dazu führen, dass "falsche" Nukleotide eingebaut werden, wodurch die reverse Transkriptase blockiert wird, sowie nicht-nukleosidische RT-Inhibitoren. Gegen einzelne der eingesetzten Proteasehemmer kann das Virus durch Punktmutationen Resistenzen entwickeln. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 19 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 14. Amyloidose? Definition: Amyloidose bezeichnet einen gemeinsamen Befund bei ätiologisch sehr unterschiedlichen Krankheiten. Chemisch völlig unterschiedliche Moleküle führen zu einem gemeinsamen morphologischen Bild das auf einerFalttstruktur beruht. Ätiologie und Pathogenese: Eine Klassifikation beruht auf der Identifikation der involvierten Vorläuferproteine. - AA: Das erste A steht für Amyloidprotein, das zweite für ein Akute-Phase-Protein, das seines den Namen SAA (Serum-Amyloid-A) trägt. Unter normalen Bedingungen findet sich SAA nur in sehr geringen Konzentrationen im Serum. Bei Gewebeschädigung oder Entzündung bildet die Leber aber große Mengen. Chronisch entzündliche Erkrankungen wie Tuberkulose, Lapra, Osteomyelitis und Bronchiektasen, rheumatoide Arthritis und chronische entzündliche Darmerkrankungen sowie gelegentlich auch Tumoren führen zu Überproduktion von SAA. - AL: Das L steht für Immunglobulin-Leichtketten. Die Amyloidose vom AL-Typ ist durch eine monoklonale Proliferation von B-Lymphozyten oder Plasmazellen bedingt. Bei 90% der Patienten ist auch im Serum ein monoklonales Immunglobulin (BenceJones-Protein) nachweisbar. - ATTR: Die Buchstabenfolge TTR ist von Transthyretin abgeleitet, das eine Zusammenziehung der Begriffe Transportmolekül für Thyroxin und Retinol darstellt (früher Präalbumin genannt). Eine Ablagerung von ATTR-Amyloid findet man im Herzen, v.a. bei Patienten über 80 Jahren. Selten, genetisch bedingt führt die Ablagerung von ATTR zu Polyneuropathie und Nephropathie. - A2M: ß2M steht für 2-Mikroblobulin, das bei chronischer Nierenerkrankung vermehrt gebildet wird und nicht dialysbar ist. - A: Das -Protein (auch A4-Protein) wird im Hirn gebildet und auch nur hier als Amyloid abgelagert, z.B. bei Alzheimer. - AE: Hiermit werden verschiedene lokale Ablagerungen zusammengefasst, bei denen das Vorläuferprotein aus endokrin aktiven Zellen stammt. Klinisch-pathologische Korrelationen: Durch antibiotische und tuberkulostatische Therapie ist die AA-Amyloidose seltener geworden. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 20 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 15. Sarkoidose? Syn: Morbus Boeck Definition: Die Sarkoidose ist eine generalisierte granulomatöse Entzündung unbekannter Ätiologie mit bevorzugtem Befall von Lymphknoten, Lunge, Haut, Knochen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Pathogenese: Diskutiert wird eine Immunantwort auf noch unbekannte (virale?) Antigene, die wahrscheinlich über den Respirationstrakt in den Organismus gelangen. Eine typische Befundkonstellation beim Sarkoidosepatienten sind: - reduzierte Anzahl von T-Lymphozyten im peripheren Blut mit einem verminderten Quotienten von T-Helferzellen zu T-Suppressor-Zellen von 0,8 : 1 (normal 2 : 1) - beeinträchtigte T-Zell-Aktivität in betroffenen Organen mit einem Verhältnis von THelferzellen zu T-Suppressor-Zellen von 10 : 1 - Vorkommen von hyperreaktiven B-Lymphozyten im peripheren Blut. Morphologie: Es kann jedes Organ betroffen sein. In 90% manifestiert sich die Sarkoidose intrathorakal. - Lymphknoten: Bevorzugt sind die Hiluslymphknoten, mediastinalen und zervikalen LK befallen. Histologisch findet man dicht gepackte, nichtverkäsende Granulome aus Epitheloidzellen und Langhans-Riesenzellen. Beim chronischen Krankheitsverlauf entwickeln sich eine zunehmende Fibrose und schließlich eine knotenförmige Vernarbung. - Lunge: Die Lunge ist meistens betroffen, der Befund ist jedoch häufig unauffällig. Selten findet man 1 – 2 cm große knötchenförmige Indurationen. Im akuten Stadium können Granulome in der Nachbarschaft von Blut-, Lymphgefäßen und Bronchien nachgewiesen werden, die später vernarben und zum Narbenemphysem mit konsekutivem Cor pulmonale führen können. - Haut: In 5 – 40% der Fällen liegt eine granulomatöse Dermatitis mit 5 mm großen Läsionen vor. Sind diese im Gesicht lokalisiert, spricht man von Lupus pernio. - Augen und Parotis: Das sog. Uveo-Parotis-Syndrom (Heerford-Syndrom) tritt im Rahmen der Sarkoidose mit einer Häufigkeit von 5 – 20% auf und ist durch eine granulomatöse Iridozyklitis, Uveitis, Kalkablagerungen in Horn- und Bindehaut sowie durch eine granulomatöse Parotitis gekennzeichnet. - Knochen: In 90% der Fälle werden granulomatöse Knochendestruktionen (Ostitis multiplex Jüngling) nachgewiesen. - Gelenke: In 15% der Fälle kann eine granulomatöse Arthritis in Sprung-, Knie- und Handgelenken die ersten Symptome darstellen. - Sonstiege Manifestationen: Leber und Milz sind in 20 – 70% betroffen. Meist handelt es sich dabei um leichte Verläufe, die mit einer Hepatosplenomegalie verbunden sein können. Eine Akute Sarkoidose mit radiologisch bihilärer Lymphknotenschwellung, Erythema nodosum und Polyarthritis wird als Löfgren-Syndrom bezeichnet. Klinisch-pathologische Korrelationen: Häufig wird die Sarkoidose zufällig im Rahmen einer Röntgenuntersuchung des Thorax festgestellt, bei der eine bilaterale Hiluslymphadenopathie aufgefallen ist. Viele Patienten suchen den Arzt wegen Luftnot, Brustschmerzen, Hömoptoe oder wegen Allgemeinbeschwerden wie Fieber, Gewichtsverlust und Nachtschweiß auf. Bei 60 – 70% der Patienten heilt die Sarkoidose ohne Folgen aus. Bei den Übrigen kommt es zu einer Progression mit Entwicklung einer Fibrose. Zur Diagnosesicherung wird zumeist ein Lymphknotenbiopsie genommen, die eine typische granulomatöse Lymphadenitis zeigt. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 21 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 16. Renin-Angiotensin-Aldosteron-System? Sinkt der renale Blutdruck akut unter ca. 90 mmHg, wird über renale Barosensoren die Reninausschütung und damit die systemische Plasma-Reninkonzentration erhöht. Renin ist Peptidase, die vom Angiotensinogen (aus der Leber) das Angiotensin I abspaltet. Das sog. Angiotensin-Converting-Enzym (=ACE), das u.a. in der Lunge vorkommt, spaltet vom Angiotensin I zwei AS (His, Leu) ab, wodurch das Angiotensin II entsteht. Steuerung des RAS: Über 1-Adrenozeptoren kann die Blutdruckschwelle, ab der die Reninsekretion steigt, zu höheren Werten verschoben werden, über 1-Adrenozeptoren wird die basale Reninsekretion erhöht. Die zwei Haupteffektoren des RAS sind AS II sowie Aldosteron, dessen Sekretion in der Nebennierenrinde durch AT II stimuliert wird. Beide Hormone erhöhen direkt (schnell) oder indirekt (langsamer) den Wideranstieg des Blutdrucks, was in der Folge die Reninausschütung normalisiert. Zudem hemmen AT II und Aldosteron die Reninausschüttung (negative Rückkoppelung). Neben den Wirkungen von AT II auf die Struktur von Myokard und Gefäßen kann man schnelle und langsame Wirkungen unterscheiden: - Gefäße: AT II ist eine sehr vasokonstriktorische und damit blutdrucksteigende Substanz und wirkt (via Endothelin) an den Arteriolen (schnelle Wirkung). - ZNS: AT II beeinflusst auch den Hypothalamus, was via Kreislauf-„Zentrum“ eine Vasokonstriktion bewirkt. Außerdem löst AT II im Hypothalamus eine vermehrte ADH-Sekretion und Durst aus und fördert den NaCl- Appetit (langsame Wirkung). - Niere: Eine AT II-vermittelte Vasokonstriktion in Vas afferens und/oder Vas efferens trägt wesentlich zur Regelung von Nierendurchblutung und GFR bei (langsam Wirkung). Außerdem fördert AT II direkt die Na+-Resorption im proximalen Tubulus (lansam Wirkung). - Nebennieren: In der Rinde stimuliert AT II die Synthese von Aldosteron (langsam Wirkung), im Mark setzt es Adrenalin frei (schnelle Wirkung). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 22 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 17. Aldosteronproduktion und Störungen? Produktion: Aldosteron gehört zu den Mineralcortico(stero)iden und wird in der Zona glomerulosa der Nebennierenrinde gebildet. Aldosteron führt zu einer Retention von Na+ mit Anstieg des Extrazellulärvolumens und zu einer Mehrausscheidung von K+. Die Aldosteron-Ausschüttung steigt durch: a. eine Verminderung von Blutvolumen und Blutdruck (vermittelt über Angiotensin II) und b. eine Hyperkaliämie. ACTH stimuliert die Aldosteron-Synthese, während Atriopeptin (ANP) die Ausschüttung hemmt. Störungen: CONN-Syndrom? (=prim. Hyperaldosteronismus) Definition: Inadäquate gesteigerte Sekretion von Aldosteron durch die Nebenniere mit Suppression der Reninsekretion. Ätiologie und Pathogenese: In ca. 60% der Fälle ist ein NN-Adenom und in 40% eine doppelseitige NN-Rinden Hyperplasie als Ursache. Morphologie: Erhöhte Adosteronspiegel führt zur Hypernatriämie, Hypokaliämie (+ Hyperkaliurie), Reninspiegel sinkt und als folge entsteht eine Hypertonie. Klinik: Müdigkeit, Muskelschwäche und selten Lähmung oder Tetanie (Hypoakliämie). Sekundärer Hyperaldosteronismus Definition:Es handelt sich um eine erhöhte Aldosteronproduktion der Nebennierenrinde infolge Stimulation durch das Renin-Angiotensin-System. Er ist wesentlich häufiger als der prim. Hyperaldosteronismus. Ätiologie und Pathogenese: - Mangeldurchblutung einer oder beider Nieren. Dabei wird auch zusätzlich extraadrenal Aldosteron durch Endothelzellen und glatte Muskelzellen produziert. - Krankheiten mit Natriumretention im Gewebe (Ödeme) oder in der Peritonealhöhle (Aszites). Dabei entstehen eine Hyponatriämie und eine Hypovolämie. Dies führt zu einer weiteren Stimulation des Renin-Angiotensin-Systems. - Reninproduzierendem Tumor. - Bartter-Syndrom bei Hyperplasie des juxtaglomerulären Apparats mit erhöhter Reninproduktion, erhöhtem Serumaldosteron, Hypokaliämie, niedrigem Bluthochdruck, Resistenz der Blutgefäße gegen die Angiotensinwirkung. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 23 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 18. Regulation des Salz-Wasser-Haushalts? Osmoregulation: Die Körperflüssigkeiten haben eine Osmolalität von ca. 290 mosm/kg H2O. Wird die Osmolalität im Extrazellulärraum (EZR) z.B. durch NaCl-Aufnahme oder Wasserverlust gesteigert, wäre ein Wasserausstrom aus dem Intrazellulärraum (IZR) die Folge, da der IZR mit dem EZR im osmotischen Gleichgewicht steht. Um die Zellen vor größeren Volumenschwankungen zu schützen, muss die Osmolalität des EZR daher streng geregelt werden. Daran sind v.a. Osmosensoren (v.a. im Hypothalamus), ADH als Hormon sowie die Niere als dessen Zielorgan beteiligt. H2O-Mangel: Wenn H2O-Verluste des Körpers nicht oder ungenügend ersetzt werden, wird der EZR hyperton: Schon ein Anstieg der Osmolalität um nur 1% (= 3 mosm/kg H2O) genügt, um die Ausschüttung von ADH aus dem Hypophysenhinterlappen zu erhöhen. ADH senkt die H2O-Ausscheidung. Der ebenfalls hypertone Liquor löst über zentrale Osmosensoren im Hypothalamus hyperosmotischen Durst aus, der zur Auffüllung des Körperwassers auffordert. Verdauungsbedingte H2O-Verschiebungen im Magen-Darm-Trakt werden dem Hypothalamus über periphere Osmosensoren im Pfortadergebiet und über vagale Afferenzen gemeldet. H2O-Überschuss: Die Aufnahme hypotoner Flüssigkeit vermindert die Osmolalität im EZR. Dieses Signal hemmt die Ausschüttung von ADH, und eine Wasserdiurese ist die Folge. Volumenregulation: Die NaCl-Aufnahme beträgt etwa 8 – 15 g/d. Dieselbe Menge/Zeit muss von den Nieren wieder ausgeschieden werden, damit der Na+-Bestand des Körpers konstant bleiben. An dieser Volumenregulation sind v.a. beteiligt: - Renin-Angiotensin-System: Seine Aktivierung bewirkt über Angiotensin II (senkt GFR) und Aldosteron eine Na+-Retention. - Atriopeptin (=ANP=atriales natriuretisches Peptid): Es wird aus Zellen des Herzvorhofs ausgeschüttet, wenn der EZR anwächst (und damit der Vorhofdruck steigt). ANP vermehrt die renale Na+-Ausschüttung durch Erhöhung der Filtrationsfraktion und Hemmung der NaCl-Resorption aus dem Sammelrohr. - ADH: Die ADH-Sekretion wird stimuliert a). durch erhöhte Osmolalität, b). wenn über Dehnungssensoren im Vorhof eine Senkung des EZR an den Hypothalamus gemeldet wird (Gauer-Henry-Reflex), c). durch AT II. - Eine Druckdiurese, bei der vermehrt Na+ und Wasser ausgeschieden wird. Sie wird dadurch ausgelöst, dass sich bei vergrößertem EZR der Blutdruck erhöht. Salzmangel: Eine Hyponatriämie bei primär normalem H2O-Bestand vermindert über die herabgesetzte Blutosmolalität die ADH-Sekretion, so dass die H2O-Bestand vermindert über die herabgesetzte Blutosmolalität die ADH-Sekretion, so dass die H2O-Ausscheidung ansteigt. EZR und somit auch Plasmavolumen und Blutdruck werden dadurch reduziert. Dies aktiviert das RAS, das nun über AT II hypovolämischen Durst auslöst und über Aldosteron Na+ retiniert. Durch die Salzretention wird schließlich (via ADH-Anstieg) Wasser zurückgehalten, und außerdem wird Wasser getrunken, so dass sich das EZR-Volumen wieder normalisiert. Salzüberschuss: bei normalem H2O-Bestand erhöht die Plasmaosmolalität (Durst) und die ADH-Ausschüttung (H2O-Retention). Dadurch wächst der EZR und, das RAS wird gebremst. Außerdem wird über ANP vermehrt NaCl und in der Folge H2O ausgeschieden, so dass sich der EZR wieder normalisiert. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 24 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 19. ADH? Das ADH (=antidiuretische Hormon == Adiuretin = Vasopressin) wird in den Nuclei supraopticus und paraventricularis des Hypothalamus gebildet und über die Axone der hormonproduzierenden Neurone in den Hypophysenhinterlappen transportiert. ADH verursacht über cAMP den Einbau von Wasserkanälen in die luminale Membran von distalem Tubulus und Sammelrohr der Niere und fördert so dort die Wasserresorption. ADH stimuliert auch die tubuläre Reorption von Na+ und Harnstoff. Hohe ADH-Konzentrationen führen ferner zur Vasokonstriktion. Stimuli für die Ausschüttung von ADH sind Hyperosmolarität (adäquater Reiz ist die Zellschrumpfung) und eine herabgesetzte Füllung der Vorhöfe des Herzens, ebenso Erbrechen, aber auch Angst, Schmerzen, Stress und sexuelle Erregung. Auch Angiotensin II, Dopamin sowie einige Pharmaka bzw. Toxine fördern die ADH-Sekretion. Hemmend wirken eine verstärkte Vorhofdehnung sowie GABA, Alkohol und Kälte. Ein ADH-Überschuß beruht auf eine gesteigerte ADH-Bildung im Hypothalamus, z.B. bei Stress. ADH kann auch bei Tumoren (v.a. kleinzelligen Bronchus-CA) oder bei Erkrankungen der Lunge gebildet werden. Folge ist eine verminderte Wasserausscheidung (Oligurie). Ein ADH-Mangel tritt bei verminderter Ausschüttung auf, wie etwa bei dem genetisch bedingten zentralen Diabetes insipidus, bei Zerstörung der Neurone z.B. durch Autoimmunerkrankungen oder bei sonstigen Schädigung des Hypothalamus. Auch exogene Einflüsse wie z.B. Kälte oder Alkohol kommen als Ursache in Frage. Allerdings kann die ADH-Wirkung in der Niere auch bei normaler ADH-Sekretion ausbleiben, z.B. aufgrund defekter Rezeptoren, Wasserkanäle bei der renalen Diabetes insipidus. Die Patienten sind gezwungen, die renalen Wasserverluste durch vermehrtes Trinken (Polydipsie) zu kompensieren. 20. Aufbau eines Gens? Gen = Für ein Protein (bzw. eine spezifische RNA wie rRNA oder tRNA) codierende DNASequenz mit den dazu gehörigen Signalen: Start für Transkription (Promotor) und Translation, Ribosomenbildung der mRNA, Termination der Transkription und Translation, gegebenenfalls Regulationsseqenzen und Introns. (Gen besteht aus einer regulierendenund einer codierenden Region). Bei höheren Eukaryonten sind Gene mit über 100 000 Nucleotidpaaren häufig und einige sind mehr als zwei Millionen Nucleotidpaare lang; es werden jedoch nur etwa 1000 Nucleotidpaare benötigt, um ein Protein durchschnittlicher ( eines, ca 300 – 400 AS enthält) Größe zu codieren. Der Größte Teil der zusätzlichen Länge besteht aus langen Stücken nicht codierender DNA, welches die relativ kurzen Abschnitte codierende DNA unterbrechen. Die codierenden Sequenzen werden Exons genannt, die dazwischenliegenden (nicht codierenden) Sequenzen nennt man Introns. Das RNA-Molekül (primäres RNA-Transkript genannt), das von einem solchen Gen synthetisiert wird, wird verändert, indem die IntronSequenzen beim Vorgang des RNA-Spleißens entfernt werden. Die genetische Information besteht bei den meisten Lebewesen aus DNA, in der vier verschiedene Nukleotide, (Nukleotid = Zucker, Base und Phosphat, Nukleosid = Zucker und einer Base), welche die Bausteine Adenin, Cytosin, Guanin oder Thymin enthalten, einen Buchstabencode bilden. Jeder Zellkern des Menschen enthält 2 x 23 fadenförmiege DNA-Moleküle, die insgesamt ca. 3 x 109 Nukleotidpaare besitzen. Die ca. 30000 Gene des Menschen machen weniger als 5% der Gesamt-DNA des Zellkerns aus. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 25 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 21. Fieber, Hyperthermie? Siehe Zetteln. 22. Entzündung und Mediatoren? Entzündung siehe Zetteln, Entzündungsmediatoren? Man unterscheidet: I. Zelluläre Mediatoren: i. R. der Entzündung aus Zellen sezerniert werden. II. Plasma Mediatoren: aus inaktiven Vorstufen, die in Plasma vorhanden sind. ad I). Entweder präformiert in Vakuolen oder neu Synthetisiert. Endozhelzellen, Mastzellen, Basophile-, Eosinophile-, Neutrophile Granulozyten, Makrophagen, Fibroblasten. biogene vasoaktive Amin: Histamin, Serotonin, Arachidonsäurederivate: Leukotriene, Prostaglandine, Prostazyklin, Thromboxan A2 Plättchenaktivierender Faktor Zytokine: Interleukine, TNFa, Interferone Stickstoffmonoxid Lysosomale Bestandteile: kationische Proteine, saure und neutrale Proteine, O2Radikale. ad. II). Komplement System Gerinnungs- und fibrinolyse System Kalikrein-Kinin-System. Entzündungszellen: Leukozyten: - Neutrophile: Migration, Phagozytose, respiratory burst, lysosomale Aktivierung, Freisetzung von Entzündungsmediatoren. - Eosinophile: Myeloperoxidase. - Basophile: Histamin, Heparin, Kallikrein, Serotonin. - Monozyten/Makrophagen: Phagozytose, Komplementfaktoren, Zytokine, Wachstumsfaktoren, H2O2, NO, NO2, Arachidonsäurederivate, Matrixproteine, Aktivierung von Fibroblasten, Induktion der Angiogenese. - Lymphozyten: spezifische Abwehr, AK-Bildung i.R. B-Zell-Reaktion. - Thrombozyten: Blutstillung, Enzyme, Chemotaxis, Wachstumsfaktor. Entzündungsmerkmale: Atreriolenverengung (durch Adrenalin) mit Hypoxie. Kardinalsymptome: Dolor, Rubor, Calor, Tumor, Functio laesa. Störung des Elektrolythaushalts, Einwandern Neutrophiler und Mononzyten, Eosinophile. Immunreaktion über AK-Bildung, Aktivierung Komplementsystem, Chemotaxis, erhöhte Gerinnung, Dystrophie / Koagulationsnekrose, Fieber, Akut-Protein-Reaktion, erhöhte BSG. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 26 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 23. Schmerz? Siehe Zettel. 24. Lymphatische Organe? Siehe Zettel bzw. Helmberg Skriptum. 25. Plasmalipoproteine? Lipide werden im Blut in kugelförmigen Molekülkomplexen (Mikroemulsionen), den Lipoproteinen (LP), transportiert. Deren Außenschicht besteht aus amphiphilen Lipiden (Phospholipide, Cholesterin), ihr Inneres aus stark hydorophoben Lipiden, den Triglyzeriden und den Cholesterin-Ester sowie aus Apolipoproteinen. Die LP unterscheiden sich nach Größe, Dichte (density; namensgebend), Lipidzusammensetzung, Bildungsort sowie durch ihre Apolipoproteine (Apo). Apolipoproteine dienen als Strukturelemente der LP, als Liganden für LP-Rezeptoren in der Membran der LP-Zielzellen sowie als Enzym-Aktivatoren. Die Chylomikronen transportieren Lipide, v.a. Triglyzeride, vom Darm (über die Darmlymphe) in die Peripherie (Skelettmuskulatur, Fettgewebe), wo ihr ApoCII die endothelständiege Lipoproteinlipase (LPL) aktiviert. Sie spaltet von den Triglyzeride freie Fettsäuren ab, die v.a. von Muskel- und Fettzellen aufgenommen werden. Die Chylomikronen-Reste (-Remnants) binden in der Leber mittels ApoE an Rezeptoren, werden endozytiert und liefern so ihre restlichen Triglyzeriden sowie ihr Cholesterin und ihre Cho-Ester ab. Derart importierte sowie neu synthetisierte Triglyzeride und Cholesterin exportiert die Leber in VLDL (very low density LP) in die Peripherie, wo sie, mit ihrem ApoCII die Pipoproteinlipase aktivieren, was ebenfalls zur Freisetzung freier Fettsäure führt. ApoCII geht dabei verloren und ApoE wird exponiert. Übrig bleiben VLDL-Reste oder IDL (intermediate density LP), die zu ca. 50% zur Leber zurückkehren (Bindung v.a. mit ApoE an die LDLRezeptoren), dort neu beladen werden und als VLDL die Leber wieder verlassen. Die andere Hälfte der IDL wird durch Kontakt mit hepatischer Lipase zu LDL (low density LP) umgewandelt (dabei ApoE-Verlust und ApoB100-Exposition). 2/3 dieser LDL liefern ihr Cholesterin und Cho-Ester in der Leber ab, 1/3 in extrahepatischen Geweben, wozu beidesmal die Bindung von ApoB100 an die LDL-Rezeptoren notwendig ist. Die HDL (high density LPs) tauschen einerseits mit Chylomikronen und VLDL bestimmte Apolipoproteine aus und nehmen anderseits überflüssiges Cholesterin aus extrahepatischen Zellen und dem Blut auf. Mit ihrem ApoAI aktivieren sie das Plasmaenzym LCAT (LecithinChoelsterin-Acyltransferase, bewirkt teilweise Verseterung des Cholesterins) und liefern Cholesterin und Cho-Ester u.a. an die Leber und an Steroidhormon produzierende Drüsen (Ovar, Hoden, Nebennierenrinde), die HDL-Rezeptoren besitzen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 27 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Triglyzeride (=Triacylglyzerine) Die TG der Nahrung werden im Magen-Darm-Trakt zu freie Fettsäure (FFS) und 2Monoacylglyzeriden gespalten. Während die kurzkettigen FFS wasserlöslich sind und deshalb als solche absorbiert und über die Pfortader zur Leber gelangen können, werden die hydrophoben Produkte, also langkettige FFS und Monoacylglyzeride, im glatten ER der Darmmukosa wieder zu Triglyceride synthetisiert. Da die Triglyzeride nicht wasserlöslich sind, werden sie anschließend in Chylomikronen eingebaut. Diese werden in den Extrazellulärenraum exozytiert und von dort in die Darmlymphe (Umgehung der Leber!) abgegeben, mit der sie schließlich das Plasma des großen Kreislaufs erreichen. Auch die Leber synthetisiert Triglyzeride, wobei sie die dazu notwendige FFS aus dem Plasma entnimmt oder aus Glucose neu bildet. Die Leber-Triglyzeride werden in VLDL eingebaut und als solche ins Plasma abgegeben. Der Export in VLDL ist jedoch begrenzt, so dass es bei einem Überangebot an FFS oder Glucose zu einer Ablagerung von Triglyzeride in der Leber kommen kann (Fettleber). Freie Fettsäuren (FFS) FFS sind hochenergetische Substrate für den Energiestoffwechsel. Sie werden im Blut v.a. als Triglyzeride (in Lipoproteinen) transportiert und von den Lipoproteinlipasen des Kapillarendothels vieler Organe (v.a. Fettgewebe und Muskulatur) aus den Triglyzeriden sowohl der Chylomikronen als auch der VLDL abgespalten. ApoCII auf der Oberfläche dieser beiden Lipoproteinen dient dabei als Aktivator der LPL. Insulin, das nach einer Mahlzeit sezerniert wird, induziert die LPL, was den raschen Abbau der resorbierten NahrungsTriglyzeride fördert. Die LPL werden z.T. auch durch Heparin aktiviert, was zur „Klärung“ des durch Chylomikronen getrübten Plasmas beträgt. Die FFS, die im Plasma an Albumin gebunden sind, erreichen v.a. folgende Bestimmungsorte: - die Herz und Skelettmuskulatur, die Niere u.a. Organe, wo sie als Energiequelle in den Mitochondrien zu CO2 und H2O oxidiert werden (-Oxidation), - die Fettzellen, die die FFS wieder zu Triglyzeriden aufbauen und auch speichern. Erhöht sich der Energiebedarf oder vermindert sich die Nahrungszufuhr, werden die FFS aus den Triglyzeriden der Fettzelle dann erneut abgespalten (Lipolyse) und auf dem Blutweg zum Ort des Bedarfs transportiert. Adrenalin, Glucagon und Cortisol fördern, Insulin hemmt die Lipolyse - die Leber, wo die FFS oxidativ abgebaut oder aber wieder zu Triglyzeriden aufgebaut werden können. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 28 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 26. Vitamin-D-Mangel? Synthese von Vit-D (=Calciferol): Die beiden wichtigsten Vertreter der Gruppe der Calciferole (D-Vitamine) sind: - Vitamin D2 (Ergocalciferol): leitet vom Provitamin Ergosterol ab, das nur in Pflanzen synthetisiert werden kann und - Vitamin D3 (Cholecalciferol): leitet sich vom Proviatmin 7-Dehydrocholesterin ab, das von Tieren und Menschen aus Cholesterin synthetisiert werden kann. Aus diesem Grund hat Vit. D3 für den Menschen eine größere Bedeutung als Vit. D2. Biosynthese von Vit. D3: Cholesterin wird in der Leber in 7-Dehydrocholesterin umgewandelt Das in der Haut aufgenommene 7-Dehydrocholesterin (Povitamin D3) wird in einer UV-Licht-abhängigen Reaktion in Cholecalziferol umgewandelt. Cholecalciferol ist zwar das fertige Vitamin, jedoch nur schwach aktiv. Deshalb wird es in Leber und Niere durch Hydroxylierungen in die biologische aktive Form überführt: Cholecalziferol wird nach Transport in die Leber zu 25-Hydroxycholecalciferol hydroxyliert. 25-Hydroxycholecalziferol wird in der Niere erneut hydroxyliert, wobei 1,25Dihydroxycholecalciferol (=Calcitriol) entsteht. Biosynthese von Vit. D2: Vit. D2 wird nach dem gleichen Prinzip wie das Vit. D3 synthetisiert. Es wird unter Einwirkung von UV-Licht in der Haut aus Ergosterin gebildet, das aus pflanzlicher Nahrung stammt. Wichtigstes Zielorgan des Calcitriols ist der Darm, doch wirkt es auch auf Knochen, Niere, Plazenta, Milchdrüsen, Haarfollikel, Haut. Normalerweise fördert Calcitriol die Ca2+Absorption im Darm und die Mineralisation des Skeletts. Auch an Niere, Plazenta und Milchdrüsen steigert Calcitriol den Transport von Ca2+* und Phosphat. Vitamin-D-Mangel: Ein Vit.-D-Mangel führt zur Hemmung der Ca2+-Resorption im Darm sowie zu unzureichender Kalkeinlagerung in den Knochen. Ist das Skelettsystem noch im Wachstum, entsteht das Krankheitsbild der Rachitis (Ausbleiben der Mineralisierung des neugebildeten Knochen. Beim Erwachsenen entsteht das Krankheitsbild der Osteomalazie (Knochenerweicherung). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 29 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ RACHITIS Definition: Die Rachitis ist eine Krankheit der ersten Lebensmonate, die durch eine ungenügende Vitamin-D-Zufuhr mit der Nahrung oder eine ungenügende Bildung von Vitamin D in der Haut bei fehlender Sonneneinstrahlung hervorgerufen wird. Pathogenese: Der Vitamin-D3-Mangel führt zu einer verminderten Resorption von Kalzium und Phosphat aus dem Dünndarm sowie zu einer Beeinträchtigung der Synthese des Kalziumtransportproteins. Im Knorpel kommt es zu einer Reduktion der Kollagen- und Proteoglykansynthese sowie zu einer verminderten proteolytischen Aufspaltung der Knorpelgrundsubstanz und zu einer reduzierten Mineralisation besonders des epiphysären Blasenknorpels und der primären Spongiosa. Dadurch wird die Knorpelresorption verzögert. Klinisch-pathologische Korrelation: Die klinischen Symptome ergeben sich aus der Störung der Wachstumsfuge und aus der ungenügenden Mineralisation des Knochengewebes. So ist das Längenwachstum vermindert (rachitische Zwergwuchs). Auch der metaplastisch entstehende Knochen des Schädels ist unvollständig mineralisiert und eindrückbar (Kraniotabes) oder als folge einer vermehrten Osteoidbildung im Bereich der Ossifikationszentren deformiert (Caput quadratum). Die ungenügende Mineralisation der Wirbelkörper bedingt eine Verkrümmung der Wirbelsäule (Kyphoskoliose). Wenn die Therapie nicht rechtzeitig erfolgt, kann es zu einem dysproportionierten Minderwuchs kommen. Frakturen treten gehäuft im Bereich von Überlastungszonen (LooserUmbauzonen), zuweilen sich symmetrisch (Milkmann-Syndrom) auf. Daneben beobachtet man auch vermehrt Zahnbildungsstörungen. Schließlich besteht eine erhöhte Infektanfälligkeit. OSTEOMALAZIE Die Osteomalazie ist eine generalisierte Skeletterkrankung mit unzureichender Mineralisation der Knochengrundsubstanz, die nach Abschluss des Skelettwachstums auftritt. Sie führt zu erhöhter Weichheit und Verbiegungstendenz der Knochen. Knochengrundsubstanz kann normal oder überscheißend gebildet sein. In Europa ist die Krankheit selten. Ursache: 1. verminderte Vitamin D Aufnahme mit der Nahrung 2. verminderte intestinale Vitamin D Resorption z.B. bei Malassimilation (Zöliakie) 3. Mangel an 1,25-Dihydroxycholecalciferol: bei Mangel an UV-Licht chronische Nierenkrankheiten, Niereninsuffizienz Hydroxylierungsstörungen Lebererkrankungen Hyroxylierungsstörungen 4. Organresistenz gegenüber Vitamin D (mangelhafte Wirkung auf Knochen, z.B. Rezeptor Defekt) 5. Östrogenmangel (Postmenopause). Klinik: - Knochendeformierungen (Glockenthorax und Kyphoskoliose) - Knochenschmerzen (Bewegungsschmerzen) können zu Immobilisation führen. Looser – Umbauzonen: radiologisch Aufhellungsstreifen im Knochen durch Entmineralisierung. - Verminderte Knochendichte - Muskelschwäche infolge Kalzium-Mangel. Labor: Hypokalzämie, evtl. Hypophosphatämie, Anstieg von Parathormon. Komplikation: Ermüdungsfrakturen als wichtige Komplikation. Diagnose: Beckenkammbiopsie. Therapie: oral / parenteral Kalzium- oder Phosphatzufuhr, Vitamin D bzw. Vitamin D-Metaboliten. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 30 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 27. Vitamin K (Synthese und Mangel)? Synthese: Die Phyllokinone (=Vitamin K) leiten sich alle von 2-Methyl-1,4-Naphtochinon ab. Man unterscheidet nach unterschiedlichen Substituenten am C3-Atom zwei natürliche Vitamin-KFormen: - Vit. K1 trägt am C3-Atom eine Phytylseitenkette (20 C-Atome = 4 Isopreneinheiten), - Vit. K2 trägt am C3-Atom eine Difarnesylseitenkette (35 C-Atome = 7 Isopreneinheiten). Die Biosynthese der natürlichen K-Vitamine ist ausschließlich aus Pflanzen und Bakterien möglich. - Pflanzen: Vit. K1 und K2 - Bakterien: nur Vit. K2. Säugetiere, die nicht in der Lage sind, den Naphtochinonring zu synthetisieren, müssen Vit. K aufnehmen durch: - Verzehr grüner Pflanzen - Resorption von durch Darmbakterien gebildetem Vit. K2. Da Vit. K ein fettlösliches Vitamin ist, sind zur Resorption Gallensäuren erforderlich. Funktion des Phyllochinons Vit. K ist zur Synthese der Blutgerinnungsfaktoren II (Prothrombin), VII (Proconvertin), IX (Chrismas Factor) und X (Stuart Factor) notwendig. Es wirkt dabei als Cofaktor einer Carboxylase, die nach Beendigung der Translation die Glutamylreste der Gerinungsfaktoren carboxyliert (posttranslationale Carboxylierung). Erst durch diese Carboxylierung wird die für die Gerinnung notwendige Bindung von Ca2+-Ionen und Phospholipiden ermöglicht. Vit.-K-Mangel: Bei Vit.-K-Mangel ist die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabgesetzt (Verlängerung der Blutgerinnungszeit). Zu Therapeutische Zwecken (Thromboseprophylaxe) werden Vit.-K-Antagonisten wie z.B. Dicumarol (Marcumar) eingesetzt. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 31 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 28.Hyper- und Hypokortisolismus? Hyperkortisolismus: Morbus Cushing Syn: Hyperkortisolismus Definition: Die Krankheit ist durch eine lang dauernde erhöhte Sekretion von Kortisol bedingt. Epidemiologie: Frauen erkranken dreimal häufiger als Männer und tritt meist langsam progredient im mittleren Lebensalter auf. Ursachen: - hypothalamisch-hypophysär: durch ein ACTH-produzierendes Mikroadenom der Hypophyse verursacht. Folge: beidseitige Hyperplasie der Nebennieren v.a. der Zona fasciculata und reticularis. - adrenale Form: Tumor mit Kortisol-Produktion in NN - paraneoplastisch: ACTH ist erhöht beidseitige NNR-Hyperplasie. kleinzelliges Bronchus-Ca Thymom endokrine Pankreastumor. - iatrogen: lang dauernde Therapie mit Glukokortikoiden. Es entsteht eine Atrophie der NNR infolge der Feedback-Hemmung von Hypothalamus und Hypophyse durch exogen verabreichtes Kortisol. (CAVE: bei Therapie Absetzung!!!). Klinik: - Umverteilung von Fettgewebe: Mondgesicht, Stiernacken, Stammfettsucht, Striae auf Abdomen. - Proteinabbau: Osteoporose, Muskelatrophie, erhöhtes Infektionsrisiko (Cortisol hemmt immunologische Reaktionen) - Bei Frauen: Virilismus, Hirsutismus, Zyklusstörungen - Bei Kinder: Wachstumsstillstand - Psychische veränderungen - Diabetes mellitus: Steroiddiabetes: Stimulation der Glukoneogenese, Glukoseaufnahme in peripheren Zelle gehemmt. - Hypertonie: Kortisol fördert Katecholaminwirkung - Hautpigmentierung bei hypothalamisch-hypophysärer Ursache (POMC erhöht). Beim primären Hyperkortisolismus infolge eines Adenoms der NNR sind meist nur die Glukokortikosteroide vermehrt. Beim sekundären Hyperkortisolismus mit vermehrter ACTH-Sekretion und doppelseitieger NNR-Hyperplsie – sowie noch ausgeprägter bei Karzinomen der NNR – sind zusätzlich auch die Androgene (und weniger Aldosteron) vermehrt, so dass hier androgen bedingte Erscheinung hervortreten (Virilismus, Hirsutismus, Menstruationsstörungen). Therapie: - operative Entfernung (Tumor) - Hemmung der Kortisolsynthese (Metopiron) und ACTH-Sekretion (Dexamethason). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 32 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Hypokortisolismus: Morbus Addison? (=primäre chronische NNR-Insuffizienz) Definition: Reduktion bzw. Ausfall der NNR-Hormonsekretion infolge Zerstörung (mindesten 90“ der NNR zerstört), Rezeptormutationen oder Enzymmutationen der NNR. Ursachen: häufig: - Autoimmun-Adrenalitis (65%) - Tuberkulose (30%) - Tumormetastasen (5 – 10%) selten: - Enzymdefekte mit adrenogenitalem Syndrom - Rezeptormutation - Amyloidose - Sarkoidose - Hämochromatose. Autoimmun-Adrenalitis Bei der Autoimmun-Adrenalitis treten Antikörper gegen zytoplasmatische Antigene von NNR-Zellen auf. Folge: lymphozytäre Infiltration Zerstörung des Parenchyms Atrophie der NNR. Klinik: - Schwäche, Müdigkeit Anorexie, Gewichtsverlust Nausea, Erbrechen Hypotonie Hautpigmentierung: aufgrund fehlenden neg. feedback erhöhte Ausschüttung von POMC (Proopiomelanocortin). Labor: niedrig: Natrium, Chlorid, Bikarbonat, Glukose und Kortisol. hoch: Kalium (Verlusst der Aldosteronwirkung), ACTH. Lebensgefährliche Komplikation: ADDISON-KRISE Tritt bei zusätzlicher Belastung: - hyperkaliämische Herzrhythmusstörungen - Hypoglykämie. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 33 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 29. Hepatitis? Hepatitis ist eine Entzündung des Leberparenchyms. Als Ursache kommen Erreger (Vieren, Bakterien, Pilze, Parasiten), toxische Faktoren, Stoffwechselstörungen und Immunreaktionen. Akute Virushepatitis Definition: Die akute Virushepatitis ist eine durch Viren verursachte diffuse Leberentzündung, die nicht länger als 6 Monate dauert. Die wichtigsten Viren sind: HAV, HBV, HCV, HDV und HEV. Andere seltene Viren sind: EBV, Gelbfiebervirus, ZMV etc. Virushepatitis A Ätiologie: Das Hepatitis-A-Virus ist eine Picorna(RNA)-Virus. Epidemiologie: Da diese Virus über die Galle im Stuhl ausgeschieden wird, erfolgt die Infektion auf fäko-oralem Weg. Die Infektiosität des Stuhls besteht bereits vor Entwicklung der klinischen Symptomatik, und nimmt nach Manifestation der Erkrankung schnell ab. Eine Übertragung durch Bluttransfusion ist möglich, aber sehr selten. Aktive und passive Immunisierung ist möglich. Ein chronischer Virusträger besteht nicht. Klinisch-pathologische Korrelationen: Nach einer Inkubationszeit von 15 – 50 Tagen kommt es zu Übelkeit, Fieber, Appetitlosigkeit, Transaminase (Aminotransferase)Anstieg und Ikterus. Der Verlauf der Erkrankung ist mild. Serologisch lässt sich die Erkrankung durch den Anstieg das Anti-HAV-IgM-Antikörper-Titer diagnostizieren, wobei die IgM-Antikörper schnell wieder abfallen. In der Rekonvaleszenzphase steigen HAV-Antikörper vom IgG-Typ an, bleiben lebenslang bestehen und bewirken lebenslange Immunität. Hepatitis B Ätiologie: Das Hepatitis-B-Virus ist ein DNA-Virus. Die Übertragung des Virus erfolgt durch Blut und Blutprodukte, aber auch durch Speichel, Samenflüssigkeit, Vaginalsekret, Muttermilch, sowie „vertikal“ von der Mutter auf das Kind. Klinisch-pathologische Korrelationen: Klinisch unterscheidet man verschiedene Verlaufsformen: - Akute Virushepatitis B: Diese ist die häufigste Verlaufsform. Nach Infektion mit HBV kommt es bei 20 – 30% der Fälle zu einem akuten und bei ca. 60% zu einem subklinischen Verlauf. In den meisten Fällen erfolg Spontanheilung. Die Inkubationszeit beträgt 30 – 180 Tage. Das klinische bild ähnelt dem der Virushepatitis A. Ihre daure sollte 3 Monate nicht überschreiten. Bei einer Erkrankungsdauer zwischen 3 und 6 Monate wird klinisch von prolongierter Verlaufsform, bei einer Erkrankungsdauer von mehr als 6 Monaten von einer chronischen Hepatitis gesprochen. Im Rahmen einer akuten HBV-Infektion erscheint HBsAg im Blut frühestens 14 Tage nach Infektion und verschwindet üblicherweise bei Abklingen der klinischen Symptome. Nach verschwinden des HBsAg steigen die Antikörper gegen HBsAg an. Diese Antikörper bewirken eine dauernde Immunität. Antikörper gegen HBcAg treten früh auf und erreichen ihr Maximum etwa in der 3 Krankheitswoche. Hohe IgM-anti-HBc-Titer finden sich bei akuter Virushepatitis, niedrige Titer bei chronischen HBV-Infektionen. HBeAg tritt bei akuter Hepatitis im Blut erst nach dem HBsAg auf und verschwindet früher. Dieses Antigen weist auf die Virusvermehrung hin. - Chronische Hepatitis und chronische Träger (=Carrier) Status: Klinisch ist diese Situation durch eine Persistenz der HBs-Antigenämie für länger als 6 Monate charakterisiert. Morphologische lassen sich entweder Patienten mitentzündlichen Leberveränderungen oder lebergesunde Träger (Carrier) nachweisen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 34 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Virushepatitis C Ätiologie: Beim Hepatitis-C-Virus handelt es sich um einen Erreger, der durch Blut und Blutprodukte übertragen wird und für ca. 80% der früher als Non-A-Non-B-Hepatitis bezeichnete Leberentzündung verantwortlich ist. Er ist ein RNA Virus. Antikörper gegen HCV erscheinen in der Blutzirkulation 1 – 3 Monate nach Beginn der akuten Erkrankung. Das Risiko einer sexuellen Übertragung ist gering. Klinisch-pathologische Korrelationen: Nach einer Inkubationszeit von ca. 2 Monaten kommt es in 15 – 20% der Fälle zu einer akuten ikterischen Erkrankung, die der Hepatitis B ähnlich ist. Die Spontanheilung liegt bei ca. 15 – 20%. Daneben gibt es auch chronische Verlaufsformen und einen chronischen Virusträgerstatus. Die Tendenz zur Entwicklung einer chronischen Verlaufsform nach akuter Hepatitis ist hoch. (ca. 80%). Davon gehen bei Spontanverlauf ca. 20% in eine Leberzirrhose über. Später kann sich in der zirrrhotischen Leber ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln. Die Verabreichung von Interferon- ist derzeit die Therapie der Wahl sowohl der akuten als auch der chronischen Hepatitis C. Virushepatitis D Ätiologie: Das Hepatitis-D-Virus ist eine defektes RNA-Virus. Die HDV-Infektion ist an eine HBV-Infektion gebunden („Helfervirus“). Klinisch-pathologische Korrelationen: HDV kann für akute hepatitische (nekrotisierende) Schübe bei klinisch stabilen HBsAg-Trägern sowie für rasch progredienten Verlauf von chronischen Hepatitiden und Leberzirrhosen verantwortlich sein. Virushepatitis E Ätiologie: Die Virushepatitis E ist eine akute, enteral übertragene Erkrankung. Das HEV ist ein RNA Virus das im Stuhl nachweisbar ist. Die Infektion erfolgt durch kontaminiertes Trinkwasser. Reinfektionen sind möglich. Klinisch-pathologische Korrelationen: Das klinische Bild der Erkrankung entspricht demjenigen der akuten Hepatitis A. Bei schwangeren Frauen, vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft, zeigt die Erkrankung eine höhere Letalität. Chronische Lebererkrankungen oder ein chronischer Virusträgerstatus wurden bisher nicht beobachtet. Morphologie der akuten Virushepatitis Die Morphologie der akuten Virushepatitis ist bei den verschiedenen Formen ähnlich. Makroskopisch ist die Leber etwa vergrößert und gerötet. Das Histologische Bild der akuten Virushepatitis ist durch Parenchymveränderungen und Mesenchymveränderungen. - Die Parenchymveränderungen äußert sich durch: läppchenzentral betonte hydropische Schwellung von Leberzellen (Ballonzellen), die bis zur lytischen Nekrose führen kann. Im Leberläppchen findet man disseminierte Leberzellen mit ausgeprägtem eosinophilem Zytoplasma (eosinophile Degeneration). Dieser degenerative Prozess kann schließlich zum Zelluntergang führen (=“eosinophile Nekrose, „roter Körper“; Councilman-Körper). Es handelt sich dabei um Apoptose. - Die Entzündliche Mesenchymreaktion im Läppchen und in den Portalfeldern besteht überwiegend aus Lymphozyten. Die Portalfelder enthalten Lymphozyten und Histiozyten. Die entzündlichen Infiltrate dringen häufig von den Portalfeldern in die parenchymatöse Grenzplatte und in das Läppchen vor. Die parenchymatöse Grenzpatte zeigt aber normalerweise (Ausnahme Hep. A) keine Nekrosen. Sind Nekrosen nachweisbar, so wiesen sie oft auf einen chronischen verlauf. Die KupfferStrenzellen sind diffus und Herdförmig vergrößert und bilden sog. Kupffer-ZellKnötchen, und enthalten Pigmente (Ceroid, Siderin) als Abbauprodukte der Lebezellen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 35 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Folgezustände nach akuter Virushepatitis - Ausheilung (restitutio ad integrum) Entzündliche Residuen Posthäpatische hyperbilirubinämie Fibrosen unterschiedlichen Ausmaßes bis zu Zirrhose und Narbenleber Chronische Hepatitis Hepatozelluläres Karzinom. Chronische Hepatitis Definition: Es handelt sich um eine chronische Leberentzündung, die länger als 6 Monate anhält. Ätiologie: Als Ursachen kommen die HBV und HCV, Autoimmunhepatitis, Medikamente und Stoffwechselstörungen. Epidemiologie: Ca. 5 – 10% der Patienten mit akuter Hepatitis B entwickeln eine chronische HBV-Infektion. Risikogruppen für die chronische HBV-Infektion sind Personen mit Immundefekten (z.B. Dialysepatienten, Neugeborenen, Immunsuprimierte), Homosexuelle, Drogenabhängige und geistig behinderte. Bei der HDV-Infektion entsteht relativ häufiger eine chronische Hepatitis. Die HCV-Infektion führt in ca. 80% zu einer chronischen Hepatitis. Der Verlauf der chronischen Hepatitis C wird durch Alkoholismus verschlechtert. Die Autoimmunhepatitis macht 5 – 20% der chronischen Hepatitis aus. Sie tritt bevorzugt bei Frauen im jüngeren Lebensalter und nach der Menopause auf. Morphologie: Morphologische unterscheidet man ein leichte und ein schwere Form. - Bei der leichten Form sind die lymphozytären Infiltrate auf das Portalfeld beschränkt, die parenchymatöse Grenzplatte ist intakt. Leberzellnekrosen und entzündliche Infiltrate im Läppchen sind nur sehr gering ausgeprägt. Bei HBV-Genese lassen sich HBsAg-haltiege Leberzellen mit milchglasartig homogenisiertem Zytoplasma („Milchglaszellen“) nachweisen. Diese sind folge einem vermehrtem glatten ER. Diese Milchglaszellen fehlen aber bei Hepatitis C. - Bei der schweren Form kommt es zu zusätzlich zur lymphohistiozytären Portalfeldentzündung, an der sich auch Plasmazellen beteiligen. Diese Entzündungsprotzes greift aber auch die Läppchen. Dies ist mit Nekrosen und Apoptosen der Leberzellen der parenchymatösen Grenzplatte (sog. „Mottenfraßen“), Grenzzonenhepatitis vergesellschaftet. Nach Leberzellnekrosen kommt es häufig zu Fibrose, Septenbildung und schließlich (in ca. 20 – 50%) zu einer Zerstörung der Leberläppchenarchitektur, d.h. zu einer Leberzirrhose. Klinisch-pathologische Korrelationen: Die meisten Patienten mit gering aktiver (leichter) chronischer Hepatitis B sind beschwerdefrei. Pat mit hochgradig (schwere) aktiver chronischer Hepatitis B zeigen ein variables Beschwerdebild mit verminderter Leistungsfähigkeit, Appetitlosigkeit, konstanter Aminotranferase Erhöhung und gelegentlich Ikterus. Ca. 20 – 50% der Patienten entwickeln innerhalb von 5 – 10 Jahren eine Leberzirrhose. Die chronische Hepatitis D ähnelt der chronischen Hepatitis B, zeigt aber oft einen schweren verlauf. Die chronische Hepatitis C ist eine progressive Lebererkrankung die nach jahrelangem Verlauf zu einer Leberzirrhose führt. Alkoholkarenz ist notwendig, da Alkohol den Zirrhoseprozess beschleunigt. Die Autoimmunhepatitis geht häufig mit einer ausgeprägten klinischen Symptomatik, wie Müdigkeit, Übelkeit, Appetitverlust, Fieber, Gelenkschmerzen einher. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 36 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 30. Ikterus und Cholestase? Bilirubinmetabolismus Bilirubin ist ein Abbauprodukt des Häms und stammt großteils vom Hämoglobin der Erythrozyten (ca. 80%), Rest von anderen Hämoproteine, Myoglobin. Die Bilirubinproduktion aus Häm erfolgt in phagozytierenden Zellen vor allem der Milz, der Leber und des Knochenmarks durch mikrosomale (sauerstoff- und NADPH-abh.) Häm-Oxygenase. Bilirubin ist bei physiologischem pH wasserunlöslich, aber lipidlöslich. Es gelangt aus den Phagozyten in das Blut und wird dort an Albumin gebunden. Freies Bilirubin ist toxisch, kann Zellmembranen durchdringen, wirkt zytotoxisch (im Gehirn hemmt es RNA-, Proteinsynthese und Kohlenhydratstoffwechsel; Entkoppelung der oxidativen Phosphorylierung; Hemmung diverser Enzymsysteme). Der Bilirubin-Albumin-Komplex dissoziiert an der Plasmamembran der Leberzelle, wird an zytosolische Proteine (z.B. Ligandin) gebunden und zum ER transportiert. Dort wird Bilirubin durch das mikrosomale UDP-Glukuronyltransferase-System mit Glukuronsäure konjugiert; wobei überwiegend Diglukuronide (und wenig Monoglukuronide) entstehen. Konjugiertes Bilirubin ist wasserlöslich und über die Galle ausscheidbar. In der Galle findet sich Bilirubin in Form gemischter Mizellen in Kombination mit Cholesterin, Phospholipiden und Gallensäuren. Konjugiertes Bilirubin wird im distalen Dünndarm und Kolon durch Bakterienenzyme (BetaGlukuronidase) zu freiem Bilirubin hydrolysiert und zu Urobilinogen reduziert. Der größte Teil des Urobilinogens wird (zum braunen Urobilin oxidiert) über den Stuhl ausgeschieden, ein kleinerer Teil wird im terminalen Ileum (wenig auch im Kolon) rückresorbiert und über die Leber wieder in die Galle ausgeschieden (enterohepatische Zirkulation). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 37 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Ikterus (= Hyperbilirubinämie) Definition: Eine Erhöhung der Bilirubinonzentration im Blut über 2 mg/dl wird als Ikterus (=Gelbsucht) bezeichnet (bis 1 mg/dl = Subikterus). Klinisch-pathologische Korrelationen: Klinisch kommt zur Gelbfärbung der Haut, Skleren, Körperflüssigkeiten, Organen. Wegen seiner Wasserlöslichkeit bewirkt konjugiertes Bilirubin einen ausgeprägteren Ikterus als nichtkonjugiertes. Ursachen: Nach der Pathogenese unterscheidet man: prähepatische, hepatische und posthepatische Ikterus. Prähepatischer Ikterus: Überproduktion von Bilirubin (Folge: unkonjugiert Hyperbilirubinämie) Ein vermehrter Produktion von unkonjugiertem Bilirubin findet sich bei Hämolyse. Bei Neugeboren kann es dabei durch das unkonjugierte Bilirubin zu Nervenzellschädigung im Gehirn kommen (=Kernikterus). In seltenen Fällen kann durch vermehrten Abbau von unreifen Erythrozytenvorstufen im Knochenmark ein Ikterus entstehen (ShuntHyperbilirubinämie). Hepatischer Ikterus: Verminderte Bilirubinaufnahme in der Leberzelle (Folge: unkonjugiert Hyperbilirubinämie) Ein verminderte Aufnahme von unkonjugiertem Bilirubin in die Leberzellen findet sich Leberzellschädigung (z.B. Virushepatitis). Auch diverse Medikamente (z.B. AB, Röntgenkontrastmittel) können mit Bilirubin um die Aufnahme in die Leberzelle konkurrieren und damit die Bilirubinausscheidung behindern. Störungen der Bilirubinkonjugation (Folge: unkonjugiert Hyperbilirubinämie) - - Morbus Gilbert (Morbus Meulengracht, Gilbert-Syndrom): Mb. Gilbert betrifft 2 – 5% der Population mit bevorzug von Männer. Es handelt sich um ein autosomaldominant vererbte Erkrankung mit normaler Leberfunktionsstatus und normaler Leberhistologie. Die UDP-Glukuronyltransferase-Aktivität in der Leberzelle ist vermindert. Patienten mit Mb. Gilbert bedürfen keiner Therapie, ihre Lebenserwartung ist nicht eingeschränkt. Crigler-Najjar-Syndrom: Es existieren zwei Typen dieses Syndroms. Beim Typ I findet sich ein kompletter Defekt UDP-Glukuronyltransferase, der zu einer permanenten unkonjugierten Hyperbilirubinämie führt. Dieser Typ wird autosomalrezessiv vererbt. Das Enzymsystem ist mit Phenobarbital nicht induzierbar. Üblicherweise tritt der Tod mit Kernikterus im 1. Lebensjahr ein. Eine Lebertransplantation führt zur Normalisierung. Der Typ II des Crigler-Najjar-Syndroms wird autosomal-dominant vererbt. Die Aktivität der UDP-Glukuronyltransferase ist sehr stark vermindert. Das Enzymsystem ist aber mit Phenobarbital induzierbar. Eine Phenobarbitalbehandlung führt zu einer Steigerung der Enzymaktivität und zu einer enormen Besserung. Die Patienten überleben. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 38 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Störung des Transportes von konjugiertem Bilirubin (Folge: konjugierte Hyperbilirubinämie) - - Dubin-Johnson-Syndrom: Das autosomal-rezessiv vererbte Dubin-Jonson-Syndrom ist durch eine chronische konjugierte Hyperbilirubinämie charakterisiert, wobei die Leberzellen als einzige morphologische Veränderung ein schwarzbraunes, eisenfreies, melaninähnliches Pigment enthalten. Die konjugierte Hyperbilirubinämie beruht auf einem Defekt im Transport des konjugierten Bilirubins in den Gallekanalikulus. Der Ikterus wird durch Schwangerschaft und Kontrazeptiva verstärkt bzw. ausgelöst. Rotor-Syndrom: Es handelt sich um eine chronische familiäre konjugierte Hyperbilirubinämie. Dieses Syndrom unterscheidet sich vom Dubin-Jonson-Syndrom durch das Fehlen des Pigmentes in den Leberzellen. Leberzellschäden: Im Rahmen diverser, z.B. viraler oder toxischer, Leberzellschäden kann eine komplexe Störung des Bilirubintransportes auftreten und zu einer Hyperbilirubinämie führen. Störungen des Galleflusses aus den Kanalikuli in die extrahepatischen Gallengänge (Folge: konjugierte Hyperbilirubinämie) Die Störung des Galleflusses mit ihren Folgen wird als Cholestase bezeichnet. Die Ursachen können in der Leberzelle selbst liegen (=intrahepatische nichtmechanische Cholestase) oder auf einer Behinderung des Galleflusses in den intrahepatischen Gallengänge beruhen (=intrahepatische mechanische Cholestase). Posthepatischer Ikterus: Störung des Galleflusses aus der Leber über den Ductus choledochus in das Duodenum (Folge: konjugierte Hyperbilirubinämie) Extrahepatische mechanische Colestase. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 39 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Cholestase Definition: Unter Cholestase wird die Beeinträchtigung des Galleflusses verstanden, wobei Störungen auf dem gesamten Weg von der Galleproduktion in der Leberzelle bis zum Eintritt des Ductus choledochus in das Duodenum angreifen können. Physiologisch: versteht man die Verminderung bis Sistieren des Galleflusses. Morphologisch: versteht man die Retention von Gallepigment in den Leberzellen und in den Galleableitenden Wegen. Biochemisch: versteht man die Retention von normalerweise über die Galle ausgeschiedenen Substanzen in Blut und Geweben. Klinisch: Bilirubin (Ikterus), Gallensäure (Pruritus), Cholesterin (Hypercholesterinämie und seine Folgen), mangelhafte Resorption bestimmter Substanzen (Vitamin, Fette). Die Gallensäuresekretion ist die wichtigste Triebfeder des Galleflusses und baut gemeinsam mit sezerniertem Glutathion und Bikarbonat einen osmotischen Gradienten auf, welcher den Einstrom von Wasser über die tight junktionen und Wasserkanäle zur Folge hat. Die primär gebildete kanalikuläre Galle wird im weiteren Verlauf vom Gallengangsepithel durch Sekretion und Rückresorption einzelner Bestandteile modifiziert (duktale Galle) und in der Gallenblase eingedickt. Je nach Ursachen, unterscheidet man zwei Formen von Cholestasen: - intrahepatische und - extrahepatische Cholestase. Intrahepatische Cholestase: Die Cholestaseursachen liegen innerhalb der Leber. - Hepatozellulär: Wesentliche Ursachen sind Schädigungen der Zellmembranen mit Beeinfussung der Enzyme und Transportsysteme. Veränderung der intrahepatischen Gallengänge: Im Rahmen der intrahepatischen Gallengangsatresie, von Entzündungen oder Präzipitation von Gallsbestandteilen in den intrahepatischen Gallengängen. Extrahepatische Cholestase: Diese Form der Cholestase entsteht infolge eine mechanischen Galleabflusshindernisses außerhalb der Leber (Gallensteine, Tumoren des Gallengangs, der Papille, des Pankreas, vergrößerte Lymphknoten an der Leberpforte, entzündliche Schwellung des Pankreaskopfes, Gallengansstrikturen, Gallengangstresien). Oberhalb der Obstruktion werden die Gallengänge erweitert. Durch den Gallestau werden bakterielle Infektionen mit Entwicklung einer Cholangitis begünstigt. Folge: biliäre Fibrose; sekundär-biliäre Zirrhose. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 40 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 31. Anämien? Unter Anämie versteht man eine Verminderung der Erythrozytenzahl, der Hämoglobinkonzentration oder des Hämatokriten unter die Altersnorm. Anämien können nach ihrer Ursache eingeteilt werden in: - Erythrozytenbildungsstörung - Gesteigerte Erythrozytenabbau - Erythrozytenverlust. Nach der Erythrozytengröße: - Normozytär - Mikrozytär - Makrozytär oder Nach dem Hämoglobin(HB)-Gehalt: - Normochrom - Hypochrom - Hyperchrom. Anämien durch Bildungsstörung Anämien können durch folgende Bildungsstörungen verursacht werden: - Hämoglobinsynthesestörungen - DNA-Synthese-Störung - Störung der pluripotenten Stammzelle - Störung der erythropoetischen Stammzelle - Erythropoetinmangel - Unklare und durch multiple Mechanismen bedingte Störungen der Erythrozytopoese - Verdrängung der Erythropoese. Anämien durch Hämoglobinsynthesestörungen Hämoglobinsynthesestörungen führen zu einer hypochromen Anämie. Bei der hypochromen Anämie ist der Hb-Gehalt des einzelnen Erythrozyten vermindert. Zu den hypochromen Anämien zählen die Eisenmangelanämie und die Thalassämien. Eisenmangelanämie Ätiologie: Eisenmangelanämie kann folgende Ursachen haben: - Chronische Blutungen (am häufigsten) - Mangelhafte Eisenzufuhr (Säuglinge, Kleinkinder, Vegetarier) - Malabsorption (nach Magenresektion, Erkrankungen des Dünndarms) - Erhöhter Eisenbedarf (Schwangerschaft, Stillperiode, Wachstum). Morphologie: Im Blutausstrich finden sich hypochrome, mikrozytäre und ungleich geformte Erythrozyten (Poikilozytose) sowie Anulozyten (ringförmige Erythrozyten infolge Hämoglobinsmangel) und einzelne Targetzellen (schießscheibenartiege Erythrozyten). Im KM findet man eine Hyperplasie der Erythrozytopoese Klinisch-pathologische Korrelationen: Erst bei vollständiger Erschöpfung der Eisenreserven treten klinische Symptome auf. Allgemeinsymptome sind Kopfschmerzen, Müdigkeit und Blässe. Zusätzlich kommen Haut- und Schleimhautveränderungen wie Hohlnägelbildung, Brüchigkeit von Haaren und Nägeln, trockene Haut und Mundwinkelrhagaden. Schleimhautatrophie der Zunge, des Pharynx und des Ösophagus führt zu Zungenbrennen und Dysphagie. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 41 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Thalassämien Das Hämoglobin des Menschen besteht aus vier Globinketten (und-Kette) und nach deren Zusammensetzung unterscheidet man 3 Hämoglobintypen. Neugeborene und Erwachsene besitzen unterschiedliche Hämoglobinkonsstellationen: Neugeborene Erwachsene HbA1 () 20 – 40% 97% HbA2 () 0,5 – 1,5% 2,5% HbF () 60 – 80% < 0,5%. Bei der Thalassämien kommt zur einen quantitativen Störung der Hömoglobinsynthese. Bei der -Thalassämie ist die Synthese der -Ketten, bei der seltenen -Thalassämie die der -Ketten gestört. -Thalassämie Bei der -Thalassämie kommt zur eine Verminderung oder ein Verlust der -Kette des HbA1. Die überzähligen-Ketten werden in den Erythroblasten und den Erythrozyten abgelagert. Es resultiert eine schwere Störung der Erythrozytopoese mit intra- und extramedullärer Hämolyse. Ursache ist in den meisten Fällen eine Punktmutation, seltener Deletion von -GlobulinGenen. Sind beide Elternteile heterozygote Träger der Anlage, tritt mit 25% Wahrscheinlichkeit die homozygote Form (Thalassaemia major, Cooley-Anämie) auf. In der Hämoglobinelektrophorese fehlt der HbA1-Anteil, der HbF-Anteil ist beträchtlich erhöht und beträgt zwischen 30 und 95%, der HbA2-Anteil variert. Die homozygote Form manifestiert sich 3 – 6 Monate nach der Geburt, dem Zeitpunkt der Umstellung von HbF zu HbA. Morphologie: Im Blutausstrich zeigt sich das Bild einer hypochromen, mikrozytären Anämie mit erhöhtem Retikulozytenanteil, Normoblasten, Targetzellen und basophiler Tüpfelung der Erythrozyten. Im KM findet man eine Hyperplasie der Erythrozytopoese. Es kommt zur einer Ausgeprägte Siderose (Eisenablagerung) in den parenchymatösen Organen und im retikulohistiozytären System verursacht durch die verkürzte Lebensdauer der Erythrozyten und durch die wiederholte Bluttransfusionen. Klinisch-pathologische Korrelationen: Klinisch fallen bei der homozygoten Form eine Hepatosplenomegalie, Ikterus und eine schwere hämolytische Anämie auf. Ohne Therapie sterben die Patienten im 2 bis 3 Lebensjahrzehnten an Infektionen oder durch Eisenüberladung hervorgerufenen Organschäden. Die heterozygote Form (Minor-Form) verläuft häufig asymptomatisch, zeigt jedoch ein hypochromes, mikrozytäres Blutbild. -Thalassämie -Thalassämie ist meist die Folge einer Deletion eines oder mehrerer, selten aller vier Globin-Gene. Von der Zahl der defekten Globin-Gene hängt der Schwergrad der klinischen Symptomatik ab. Nur bei Deletion aller vier Gene wird die -Kette-Synthese vollständig unterdrückt und führt so zum Versagen der fetalen Hämoglobinsynthese und damit zum Tod in utero (Hydrops fetalis). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 42 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Anämien durch DNA-Synthese-Störungen: megaloblastäre Anämien Megaloblastäre Anämien sind Anämien, die auf einen Vitamin-B12- und/oder Folsäuremangel beruhen, wodurch es zu Störungen der DNA-Synthese kommt. Es resultiert eine hyperchrome Anämie mit Megaloblasten im KM und Megalozyten im peripheren Blut. Morphologie: Es findet sich eine makrozytäre, hyperchrome Anämie. Die Retikulozytenzahl ist im Verhältnis zum Schwergrad der Anämie niedrig, die Gesamtzahl der Leukozyten und Thrombozyten kann mäßiggradig vermindert sein. Das KM ist hyperzellulär und zeigt eine massive Hyperplasie der Erythrozytopoese, die überwiegend aus vergrößerten Erythroblasten (Megaloblasten) besteht. Auch die Normoblasten sind vergrößert. Eisenhaltiege Retikulumzellen und Sideroblasten sind vermehrt. Die Granulozytopoese weist häufig Reifungsstörungen mit Riesenstabkerniege und übersegmentierten Granulozyten und eine Eosinophilie auf. Vitamin-B12-Mangel Vitamin-B12 ist eine kobalthaltiege, porphyrinähnliche Ringverbindung. Es wird von Mikroorganismen der Darmflora synthetisiert. Da das im menschlichen Kolon synthetisierte Vitamin B12 nicht resorbiert werden kann, ist der Mensch auf die zufuhr über tierische Nahrung (Fleisch, Milch, Eier) angewiesen. Vitamin B12 ist ein essentielles Koenzym für die DNA-Synthetase und kommt im Körper in zwei aktiven Formen vor (Adenosylcobalamin, Methylcobalamin). Es wird im terminalen Ileum resorbiert, wofür der Intrinsic-Faktor notwendig ist. Im Plasma wird Vitamin B12 an Glykoproteine gebunden und zur Leber, zum Knochenmark und zu anderen prolifereierenden Geweben transportiert. Circa 2 mg Vitamin B12 werden in der Leber gespeichert, weitere 2 mg außerhalb der Leber; dieser Vorrat reicht ohne weitere Vitamin B12-Zufuhr für ca. 3 Jahre. Ätiologie: Ursachen eines Vitamin-B12-Mangels sind: - mangelhafte Zufuhr bei streng vegetarischer Kost - Zustand nach Magensekretion - Perniziöser Anämie (Biermer-Addison-Syndrom), bei Typ-A-Gastritis - Intestinale Erkrankungen mit Malabsorptionssyndrom - Vermehrter Verbrauch im Darmlumen durch Fischbandwurmbefall - Bakterielle Überwucherung: Der Vitamin-B12-Verbrauch durch die Darmflora ist erhöht und die Resorption gestört. Klinisch-pathologische Korrelationen: Das klinische Bild eines Vitamin-B12-Mangels ist durch die Trias charakterisiert: hämatologische, neurologische und gastrointestinalen Störungen gekennzeichnet, Symptome sind Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit, Blässe, eventuell leichter Ikterus. Neurologische Störungen entstehen durch Markscheidenschwund im Bereich der Hinterstränge (Folgen sind: Gangunsicherheit, Störungen der Tiefensensibilität) und durch Schädigung der Pyramidenbahn (Folgen: spastische Parese). Folsäuremangel Folsäure ist in der Nahrung (Gemüse, Pilze, Niere, Leber) enthalten und wird im Dünndarm zur Monoglutamatform dekonjugiert und resorbiert. Ätiologie: Ursachen der Folsäure sind: - Mangelernährung (Alkoholiker, einseitige Kost) - Erhöhter Bedarf (Hämolyse, Schwangerschaft) - Intestinale Erkrankungen mit Malabsorptionssyndrom - Störungen der Dekonjugertion durch Medikamente (z.B. Phenytoin) - Behandlung mit Folsäureantagonisten (z.B. M;ethotrexat) - Kongenitale Ursachen (Enzymdefekte z.B. Dehydrofolatsäurereduktase-Mangel) Klinisch-pathologische Korrelation: Das klinische Bild des Folsäuremangels ist durch die Symptome einer Anämie gekennzeichnet, eine neurologische Symptomatik fehlt. Bei Schwangeren ist bei Folsäuremangel das Risiko eines embryonalen Neuralrohrdefektes erhöht. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 43 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Anämie durch Störungen der Proliferation und Differenzierung der pluripotenten Stammzelle: aplastische Anämie Reduktion oder Defekte der pluripotenten Stammzellen führen zu einer hochgradigen Hypoplasie oder zu einer Aplasie das KM. Diese verursacht eine Panzytopenie (Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie) des peripheren Blutes. Ätiologie: Aplastische Anämien werden in primäre und sekundäre Formen eingeteilt: - Primäre Formen: - Fankoni-Anämie (autosomal-rezesiv vererbt) - Sekundäre Formen, verursacht durch: - Ionisierende Strahlen - Chemikalien (Benzene, Lösungsmittel, Insektizide) - Medikamente (z.B. Busulfan, Cyclophosphamid, Gold) - Infektionen (z.B. Virushepatitis). Morphologie: In fortgeschrittenen Fällen besteht das KM fast ausschließlich aus Fettmark. Klinisch-pathologische Korrelation: Die klinischen Symptome beruhen auf der Pnzytopenie und äußern sich in Blässe, Müdigkeit, Blutungen und rezidivierenden Infekten. Anämien durch Störungen der Proliferation und Differenzierung der erythropoetischen Stammzelle Erythroblastophthise (pure red cell aplasia) Eine Störung der Proliferation und Differenzierung der erythroblastischen Stammzellen führt zu einer isolierten Bildungsstörung der erythrozytären Reihe mit isolierter Hypoplasie oder Aplasie der Erythrozytopoese: Erythroblastophthise. Man unterscheidet eine akute und eine chronische Form: - Akut: Im Rahmen von hämolytischen Krisen - Chronisch: Kongenital bei Säuglingen und Kleinkindern infolge eines Rezeptorsdefektes der erythropoetischen Stammzellen, der sie unempfindlich gegen Erythrozyten macht. Erworben bei Erwachsenen meist im Rahmen von Kollagenosen, Virusinfekten, Thymomen oder Lymphomen. Kongenitale dyserythropoetische Anämie Es handelt sich um eine autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch einen genetischen Defekt des Enzyms N-Acetylglukosaminyltransferase verursacht wird. Dieses Enzym ist für die Glykosylierung mehrerer Erythrozytenmembranproteine notwendig. Anämie durch Erythropoetinmangel bei chronischer Niereninsufizienz Die Ursache für die Anämie bei chronischer Niereninsuffizienz liegt in einer Verminderung der Erythropoetinbildung. Komplizierend können ein Eisenmangel durch Blutverlust während der Dialyse und ein Folsäuremangel hinzukommen. Bei Langzeitdialysepatienten kann eine iatrogene Aluminiumüberladung die Erythrozytopoese hemmen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 44 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Unklare und durch multiple Mechanismen bedingte Anämien Anämien bei akuten Infekten Häufig handelt es sich um hämolytische Anämien. Bestimmte Bakerien (z.B. Clostridium perfringens, Streptococcus pyogenes) können die Erythrozytenmembran schädigen und zur Hämolyse führen. Anämien bei chronischen Erkrankungen Die Ursachen dieser Anämieformen sind sehr heterogen. In frage kommen inadequate Erythropoetinspiegel und die Aktivierung von Makrophagen und Lymphozyten im Rahmen von z.B. Infekten, Autoimmunerkrankungen, Tumoren. Hämolytische Anämien Hämolytische Anämien sind Anämien, die durch einen beschleunigten Erythrozytenabbau verursacht werden. Sie können hereditär oder erworben sein. Ursachen des beschleunigten Erythrozytenabbaus können im: - Erythrozyten selbst liegen: Membrandefekte, Enzymdefekte, Hämoglobindefekte oder - Auf äußeren Einwirkungen : Antikörper, mechanische Traumen. Demnach wird von korpuskulären und extrakorpuskulären Ursachen gesprochen. Klinisch fallen Patienten mit einer hämolytischen Anämie durch Blässe von Haut und Schleimhäuten, leichten, rezidivierenden Ikterus und Splenomegalie auf. Der Urin enthält Urobilinogen und verfärbt sich nach längerem Stehen dunkel. Erbliche (hereditäre) hämolytische Anämien Erbliche hämolytische Anämien können Membran-, Enzym- oder Hämoglobindefekte als Ursache haben. Membrandefekte - Kugelzellanämie (hereditäres Spherozytose): Die Ursache ist eine autosomaldominant vererbte Störung der Spektrin--Ketten-Synthese, die zu einer Verminderung des Spektrinanteils (Hauptstrukturprotein der Erythrozytenmembran) führt. Die autosomal-rezessive Form beruht auf einer Synthesestörung der Spektrin-Kette. Die Erythrozyten besitzen anfangs ihre regelrechte bikonkave Form, im Laufe ihrer Lebensdauer verlieren sie Membranbestandteile. Es kommt zu einer Störung der Ionenpermeabilität mit Natriumionen- und Wassereinstrom in die Erythrozyten die schließlich eine Kugelform annehmen. Diese Sphärozyten können die Mikrozirkulation der Milz nicht mehr passieren und werden dort frühzeitig abgebaut. Durch die gesteigerte Erythropoese ist das KM hyperplastisch. Das Klinische Bild ist variabel. In schweren Fällen kommt es zu ausgeprägter Anämie, Ikterus und Splenomegalie. Komplizierend können lebensbedrohliche aplastische Krisen, z.B. ausgelöst durch eine Parvo-B19-Virusinfektion, auftreten. Die Patienten entwickeln oft Bilirubingallensteine. Die Therapie der Wahl ist eine Splenektomie durchzuführen. - Ellipsozytose: Das klinische Bild ist der Sphärozytose ähnlich, der Verlauf ist meist milder. Im Blutausstrich fallen elliptische Erythrozyten. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 45 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Enzymdefekte Es sind zahlreiche Enzymdefekte bekant, am häufigsten kommen vor: - Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G-6-PD)-Mangel (Vavismus): Die Erkrankung beruht auf Mutationen des G-6-PD-Gens, das auf dem X-Chromosom liegt. G-6-PD reduziert NADP und oxidiert gleichzeitig Glukose-6-Phosphat. Diese Reaktion ist in Erythrozyten die einzige NADPH-Quelle. Die defizienten Erythrozyten sind nicht mehr vor Oxidationsschäden geschützt. Es kommt zu hämolytischen Krisen infolge von Infektionen und durch Medikamente (z.B. Malariamittel, Sulfonamide, Acetylsalizylsäure). Männer und homozygot betroffene Frauen erkranken immer, bei heterozygoten Frauen kann die Ausprägung der Erkrankung variabel sein. Heterozygote Anlageträger sind gegenüber Malariaplasmodien resistenter. Klinisch äußert sich die Erkrankung in einer rasch einsetzenden intravasalen Hämolyse mit Hömoglobinurie. - Pyrovatkinasemangel: Es handelt sich um einen autosomal-rezessiv vererbten Glykolysedefekt mit verminderter ATP-Bildung und resultierender verminderter Flexibilität der Erythrozyten. Nur bei homozygoten Anlageträgern kommt es zu einer hämolytischen Anämie. Klinisch kann eine Splenomegalie auffallen. Hämoglobindefekt: Sichelzellanämie Die Sichelzellanämie beruht auf einer vererbten qualitativen Hämoglobinveränderung, bei der aufgrund einer Punktmutation im -Globulin-Locus auf Chromosom 11 im Protein Glutamin durch Valin ersetzt und damit das sog. Hämoglobin S (HBS) gebildet wird. Der Erbgang ist autosomal-rezessiv. Bei Sauerstoffmangel kommt es bei homozygoten Anlageträgern zur Polymerisation von HbS, wobei die Erythrozyten eine starre Sichelform (Sichelzellen) annehmen. Hämolytische Anämien können bei dieser Erkrankung durch Infektionen, Azidose, Dehydrierung oder Sauerstoffmangel ausgelöst werden. Die Erythrozyten werden verstärkt in der Milz abgebaut und somit zur einer Splenomegalie führen. Die veränderten Erythrozyten können zu Mikroembolien und damit zu Infarkten in verschiedenen Organen führen. Rezidivierende Milzinfarkte führen später zu einer Milzverkleinerung. Die Heterozygote Form hat einen sehr gutartigen Verlauf ohne Anämie. Eine hämolytische Anämie entwickelt sich hier nur bei extremem Sauerstoffmangel. Die Erythrozyten heterozygoter Anlageträger sind gegenüber Malariaplasmodien resistent. Erworbene hämolytische Anämien Autoimmunhämolytische Anämie Bei autoimmunhämolytischen Anämien werden die Erythrozyten durch Autoantikörper zerstört. Der Blutausstrich ist unauffällig, das KM zeigt eine Hyperplasie infolge reaktiv gesteigerter Erythrozytopoese. Es werden eine primäre (idiopatische) und eine sekundäre Form unterschieden. Die sekundäere Form wird durch NHL, Medikamente, Infekte ausgelöst. Folgende Erythrozytenantikörper können die Ursache sein: - IgG-Antikörper: Aufgrund ihrer Molekülgröße können IgG-Antikörper den Abstand zwischen zwei Erythrozyten nicht überbrücken und werden daher inkomplette Antikörper genannt. Der direkte Coobs-Test ist positiv. Die Antikörper binden bei Körpertemperatur an die Antigene der Erythrozytenoberfläche. Die antikörperbeladenen Erythrozyten werden durch Phagozytose in nMilz und Leber zerstört. Zu dieser Gruppe gehören die Wärmeantikörper und die RhesusIsoagglutinine. Wärmeantikörper: Sie können idiopathisch oder sekundär auftreten. Das Reaktionsoptimum liegt zwischen 20 – 40°C. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 46 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Rhesus(Rh-)Isoagglutinine: Eine Rh-negative Frau wird durch eine frühere Schwangerschaft oder einen Abort eines Rh-positiven Kindes sensibilisiert und produziert IgG-Antikörper gegen Rh-positive Erythrozyten. Bei einer erneuten Schwangerschaft mit einem Rh-positiven Fetus wird durch den erneuten Antigenkontakt eine hämolytische Anämie des Fetus ausgelöst. In schweren Fällen kommt es zum intrauterinen Fruchttod mit Hydrops fetalis und Kernikterus. - IgM-Antikörper: Sie könne aufgrund ihrer Molekülgröße den Abstand zwischen zwei Erythrozyten überbrücken und werden daher komplette Antikörper genannt. Es kommt zur Aktivierung der Komplementkaskade mit intravasale Hämolyse. Der indirekte Coombs-Test ist positiv. Zu dieser Gruppe gehören die Kälteantikörper und ABO-Isoagglutinine. Kälteantikörper: Absinken der intravasalen Temperatur führt zur Agglutination und zu hämolytischen Krisen mit Akrozyanose. Idiopatisch: Kälteagglutininkrankheit Sekundär: Kälteagglutininsyndrom, paroxysmale Kältehämoglobinurie, postinfektiös nach viralern Infektionen oder Syphilis. ABO-(Blutgruppen-)Isoagglutinine: Schwere hämolytische Anämien resultieren aus einer ABO-Fehltransfusion, wobei die Anti-A- oder Anti-B-Antikörper des Empfängers mit den inkompatiblen transfundierten Erythrozyten reagieren. Mechanisch bedingte Anämien Diese werden durch eine traumatische Schädigung der Erythrozyten hervorgerufen und kommen z.B. bei Herzklappenprothesen oder Extremsport vor. Anämien durch Blutverlust: Blutungsanämie Chronischer Blutverlust führt zu einer Eisenmangelanämie. Die klinische Manifestation eines akuten Blutverlustes hängt von der Menge und der Geschwindigkeit des Blutverlustes ab. Ein Blutverlust von mehr als 40% des Blutvolumens führt zum hypovolemischen Schock. Je ausgeprägter die Blutung ist desto eher findet sich im KM eine Hyperplasie. Im peripheren Blut lassen sich vermehrt Retikulozyten nachweisen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 47 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 32. Hämoglobinopathien? Darunter versteht man im Gefolge durch Mutationen entstandene Änderungen der Primärstruktur einzelner Hämoglobinuntereinheiten. Thalassämien Das Hämoglobin des Menschen besteht aus vier Globinketten (und-Kette) und nach deren Zusammensetzung unterscheidet man 3 Hämoglobintypen. Neugeborene und Erwachsene besitzen unterschiedliche Hämoglobinkonsstellationen: Neugeborene Erwachsene HbA1 () 20 – 40% 97% HbA2 () 0,5 – 1,5% 2,5% HbF () 60 – 80% < 0,5%. Bei der Thalassämien kommt zur einen quantitativen Störung der Hömoglobinsynthese. Bei der -Thalassämie ist die Synthese der -Ketten, bei der seltenen -Thalassämie die der -Ketten gestört. -Thalassämie Bei der -Thalassämie kommt zur eine Verminderung oder ein Verlust der -Kette des HbA1. Die überzähligen-Ketten werden in den Erythroblasten und den Erythrozyten abgelagert. Es resultiert eine schwere Störung der Erythrozytopoese mit intra- und extramedullärer Hämolyse. Ursache ist in den meisten Fällen eine Punktmutation, seltener Deletion von -GlobulinGenen. Sind beide Elternteile heterozygote Träger der Anlage, tritt mit 25% Wahrscheinlichkeit die homozygote Form (Thalassaemia major, Cooley-Anämie) auf. In der Hämoglobinelektrophorese fehlt der HbA1-Anteil, der HbF-Anteil ist beträchtlich erhöht und beträgt zwischen 30 und 95%, der HbA2-Anteil variert. Die homozygote Form manifestiert sich 3 – 6 Monate nach der Geburt, dem Zeitpunkt der Umstellung von HbF zu HbA. Morphologie: Im Blutausstrich zeigt sich das Bild einer hypochromen, mikrozytären Anämie mit erhöhtem Retikulozytenanteil, Normoblasten, Targetzellen und basophiler Tüpfelung der Erythrozyten. Im KM findet man eine Hyperplasie der Erythrozytopoese. Es kommt zur einer Ausgeprägte Siderose (Eisenablagerung) in den parenchymatösen Organen und im retikulohistiozytären System verursacht durch die verkürzte Lebensdauer der Erythrozyten und durch die wiederholte Bluttransfusionen. Klinisch-pathologische Korrelationen: Klinisch fallen bei der homozygoten Form eine Hepatosplenomegalie, Ikterus und eine schwere hämolytische Anämie auf. Ohne Therapie sterben die Patienten im 2 bis 3 Lebensjahrzehnten an Infektionen oder durch Eisenüberladung hervorgerufenen Organschäden. Die heterozygote Form (Minor-Form) verläuft häufig asymptomatisch, zeigt jedoch ein hypochromes, mikrozytäres Blutbild. -Thalassämie -Thalassämie ist meist die Folge einer Deletion eines oder mehrerer, selten aller vier Globin-Gene. Von der Zahl der defekten Globin-Gene hängt der Schwergrad der klinischen Symptomatik ab. Nur bei Deletion aller vier Gene wird die -Kette-Synthese vollständig unterdrückt und führt so zum Versagen der fetalen Hämoglobinsynthese und damit zum Tod in utero (Hydrops fetalis). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 48 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Sichelzellanämie Die Sichelzellanämie beruht auf einer vererbten qualitativen Hämoglobinveränderung, bei der aufgrund einer Punktmutation im -Globulin-Locus auf Chromosom 11 im Protein Glutamin durch Valin ersetzt und damit das sog. Hämoglobin S (HBS) gebildet wird. Der Erbgang ist autosomal-rezessiv. Bei Sauerstoffmangel kommt es bei homozygoten Anlageträgern zur Polymerisation von HbS, wobei die Erythrozyten eine starre Sichelform (Sichelzellen) annehmen. Hämolytische Anämien können bei dieser Erkrankung durch Infektionen, Azidose, Dehydrierung oder Sauerstoffmangel ausgelöst werden. Die Erythrozyten werden verstärkt in der Milz abgebaut und somit zur einer Splenomegalie führen. Die veränderten Erythrozyten können zu Mikroembolien und damit zu Infarkten in verschiedenen Organen führen. Rezidivierende Milzinfarkte führen später zu einer Milzverkleinerung. Die Heterozygote Form hat einen sehr gutartigen Verlauf ohne Anämie. Eine hämolytische Anämie entwickelt sich hier nur bei extremem Sauerstoffmangel. Die Erythrozyten heterozygoter Anlageträger sind gegenüber Malariaplasmodien resistent. Hämoglobinopathie Milwaukee. Valin 67 der Beta-Kette des Hämoglobins gegen Glutamat ausgetauscht; führt zur Methämoglobinämie. 33.Asplenie/Splenektomie? Definition: Funktionelle oder anatomische Asplenie. Ätiologie: Häufigste Ursache (>95%) anatomische Asplenie nach Splenektomie. Bei Sichelzellanämie, AI (SLE) und nach Radiatio der Milz kann funktionelle Asplenie auftreten. Extrem selten kongenitale Asplenie. Folgen der Asplenie: 1. Postoperativ passagere Thrombozytose mit Thrombosegefährdung 2. Postoperative Lymphozytose (B-Lymphozyten) 3. Auftreten von intraerythrozytär gelegenen Howell-Jolly Körperchen. Ihr Fehlen nach Splenektomie spricht für Nebenmilz(en) 4. Verminderte Bildung von IgG und IgM 5. Verminderte Funktion des MPS (Monozyten-Makrophagen-Systems) 6. Fehlende Filterfunktion für Bakterien, insbesondere Kapseltragende Bakterien (Pneumokokken, Haemophilus influenzae B) mit lebenslang erhöhter Sepsisgefährdung. Infektprophylaxe: 1. Präoperativ Impfung gegen Pneumonkokken, Haemophillus influenzae Typ b (Hib) und Meningokokken 2. Notfallausweis für asplenische Patienten 3. Antibiotikaprophylaxe bei Operationen/Zahnbehandlung 4. Vorsicht bei Tierkontakt, Meidung von Zecken- und Malariagebieten. CAVE: Warum macht eine Asplenie Symptome und eine Splenektomie (z.B. nach Motorradunfall) nicht? Asplenie: Vorkommen beim Neugeborene, deshalb Auswirkungen v.a. auf B-Zell Reifung. Splenektomie meistens erst im Erwachsenenalter bzw. dann wenn schon B- Gedächtnizellen gebildet wurden. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 49 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 34. Hämorrhagische Diathesen (+Quick-Test)? Definition: Pathologische Blutungsneigungen. Hämorrhagische Diathesen entstehen durch Störung der: 1. Gefäße: Vaskulopathien 2. Thrombozyten: Thrombozytär bedingte hämorrhagische Diathesen 3. Plasmafaktoren: Koagulopathien. Man unterscheidet angeborene (primäre) und erworbene (sekundäre) hämorrhagische Diathesen. Einteilung der Koagulopathien: A. Defektkoagulopathien: - Angeboren: von-Willebrand-Syndrom und Hämophilie machen 95% aller angeborenen Koagulopathien aus. - Erworben: Die Mehrzahl aller Faktoren des Gerinnungs- und Fibrinolysesystems werde in der Leber gebildet, wobei die Synthese folgender Faktoren Vitamin K-abhängigi ist: - Faktor II, VII, IX und X (sog. Prothrombinkomplex) - Protein C und Protein S. Ursachen für eine Verminderung der Vitamin K-abhängige Gerinnungsfaktoren: 1. Synthesestörung der Leber: Neugeboren, Leberschaden 2. Vitamin-K-Mangel: Malabsorptionssyndrom, Gestörte Darmflora durch Antibiotika 3. Verschlussikterus mit gestörte Fettresorption infolge Gallenmangel 4. Therapie oder Intoxikationen mit Vitamin K-Antagoniste (Cumarine z.B. Marcumar). B. Imunverbrauchskoagulopathien: - Isoantikörperbildung gegen Faktor VII oder IX als Folge Substitution dieser Faktoren - Autoantikörper gegen Gerinnungsfaktoren bei immunologische Erkrankungen (z.B. SLE). C. Verbrauchskoagulopathien D. Hyperfibrinolyse: a. Lokale Hyperfibrinolyse: bei Operationen an aktivatorreichen Organen, wie Uterus, Lunge, Prostata b. Systemische Hyperfibrinolyse: - Durch genetische 2-Antiplasminmangel - Als Folge fibrinolytischen Therapie (Streptokinase, Urokinase) - Reaktive Hyperfibrinolyse bei disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC). Hämophilie (Bluterkrankheit) Es gibt zwei Arten von Hämophilie: - Hämophilie A 85% der Fällen und - Hämophilie B 15% der Fällen. Ätiologie: Hämophilie A (schwerste Form): Pathophysiologisch können 2 Type unterschieden werden: 1. Hämophilie A-: Fehlen von Faktor VIIIC (90%) 2. Hämophilie A+: Inaktivität von Faktor VIIIC (10%). Hämophilie B: - Fehlen oder Inaktivität von Faktor IX = Chrismas-Faktor. 50% der Fällen werden X-chromosomal-rezesiv vererbt, 50% sind sporadische Erkrankungen infolge Spontanmutationen am X-Chromosom. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 50 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Klinik: - Nabelschnurblutungen - Großflächige Blutungen - Muskelblutungen - Gelenkblutungen mit Arthropathie (v.a. Kniegelenk). Therapie: a. Prophylaxe von Blutungen, besonders der Gelenke b. Sorgfältige lokale Blutstillung c. Substitution von Gerinnungsfaktoren. d. Desmopresin = DDAVP (Minirin): dies wirkt die Freisetzung der im Endothel gespeicherten Faktor VIIIC und vWF. DDAVP kann aber nur wenige Tage gegeben werden, weil es zur Erschöpfung der gespeicherten Faktoren kommt. Wichtig: Die primäre Blutstillung (Blutzeit) ist normal, typisch ist die Nachblutung (verlängerte Gerinnungszeit). Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS) Ätiologie: Es gibt zwei Arten: 1. Angeboren: Vererbung autosomal dominant, vWF und Faktor VIIIC vermindert, defekt oder fehlend. 2. Erworben: Im Rahmen andere Grundkrankheiten z.B monoklonale Gammopathie, Lymphome etc. Pathogenese: Der vWF spielt bei der Blutstillung eine große Rolle: An der Stelle der Gefäßverletzung vermittelt es die Thrombozytenadhäsion und –aggregation gestörte Thrombozytenadhäsionsfähigkeit durch Mangel an vWF. Da der vWF gleichzeitig das Trägerprotein für Faktor VIIIC ist, kommt es auch zu einer verminderten Aktivität von Faktor VIIIC gestörte plasmatische Gerinnung. Klinik: Die Mehrzahl der Patienten hat keine oder nur diskrete Blutungssymptome. Typisch sind Schleimhautblutungen. Therapie: Sorgfältige lokale Blutstillung: ASS und andere Thrombozytenaggregationshemmer sind verboten. Bei leichten Blutungen genügt die Gabe von Desmopressin. Bei größeren Blutungen und zur Prophylaxe vor größeren Eingriffen Substitution mit virusinaktiviertem Faktor VIII/vWF-Konzentrat. Disseminierte intravasale Gerinnung (Coagulation) = DIC und Verbrauchskoagulopathie Definition: Ausgelöst durch verschiedene Grundkrankheiten kann es zu einer intravasale Aktivierung des Gerinnunksystem kommen mit Bildung disseminierter Mikrothromben in der Endstrombahn. Durch den hierbei stattfindenden Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten kann es zu einer hämorrhagischen Diathese kommen (=Verbrauchkoagulopathie). Ätiologie: c. Einschwemmung von Prothrombinaktivatoren in die Blutbahn: Geburtshilfe, Operationen an thrombokinasenreichen Organen (4-P-Regel: Pulmo, Pankreas, Prostata, Plazenta), Schlangengifte, Zerfallenen Tumoren. d. Indirekte Aktivierung der Gerinnung über Mediatoren (z.B. Bakterientoxine): Sepsis, Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom. e. Kontaktaktivierung des endogenen Gerinnungssystem: durch körperfremde Oberflächen, durch Störung der Mikrozirkulation im Schock. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 51 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Verlauf der DIC: a. Akute DIC b. Chronische DIC z.B. bei Malignome. 3 Phasen der akuten DIC: 1. Prä-DIC-Phase: Vorhandensein von Risikoerkrankungen 2. Manifeste DIC: Typische Laborveränderungen und hämorrhagische Diathesen 3. Post-DIC-Phase: Reaktive Übergerinnbarkeit nach Beseitigung einer manifesten DIC. Normalisierung der DIC-Laborparameter, Fibrinmonomere nicht mehr nachweisbar. Therapie: a. Kausale Behandlung der auslösenden Grundkrankheit (am wichtigsten) b. Symptomatische Behandlung: in Abhängigkeit vom Stadium der DIC: 1. Prä-DIC: Heparin 2. Manifeste DIC: Frischplasma (fresch frozen plasma = FFP), AT-III-Konzentrat, Thrombozythemkonzentrate, kein Heparin 3. Post-DIC-Phase: Heparin, Substitution von Fibrinogen. Thrombozytopenien Thrombozytopenien sind die häufigste Ursache hämorrhagische Diathese. Ätiologie: I. Thrombozytopenien durch Bildungsstörungen: a. Verminderte Thrombozytopoese = Aplastische Störung. Im KM: Megakaryozytenzahl vermindert. Ursache: 1. Kongenital: z.B. Fanvconi-Anämie 2. Erworben: Knochenmarksschädigung, Knochenmarksinfiltration, Osteomyelosklerose. b. Reifungsstörungen der Megakaryozyten: Ursache: Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure. II. Thrombozytopenien durch gestegerten peripheren Umsatz: 1. Thrombozytopenien bei gesteigerte Thrombinaktivität: durch DIC, 2. Immunthrombozytopenien: a. Durch Autoantikörper gegen Thrombozyten b. Durch Alloantikörper gegen Thrombozyten (Posttransfusionsthrombozytopenie). 3. Thrombozytopenien andere Genese: a. Hypersplenismus (Pooling der Blutzellen in einer vergrößerten Milz) b. Künstliche Herzklappen (mechanische Schädigung) c. Extrakorporale Zirkulation (Oberflächenkontakt) d. HUS = Hämolytisches-urämisches Syndrom: (infektiöse oder nicht infektiöse Ursache). III. Kombinierte Bildungs- und Abbaustörungen: z.B. bei alkoholtoxische Leberzirrhose mit gesteigerte Plättchensequestration + verminderter Plättchenbildung im KM. Klinik: Reine thrombozytopenisch (oder) vaskulär bedingte Hämostasestörungen zeigen einen petechialen Blutungstyp. Therapie: a. Kausal: Weglassen verdächtiger Medikamente z.B. heparinhaltige medikamente. b. Symptomatisch: Thrombozytensubstitution. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 52 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Vaskuläre hämorhagische Diathesen Bei vaskulär bedingten hämorrhagischen Diathesen sind Thrombozyten und Plasmafaktoren der Gerinnung normal. Die Blutungszeit kann fakultativ verlängert sein. Hautblutungen: Typisch sind Petechien und hämorrhagische Maculae an distalen Unterschenkelstreckseite und Gesäß. Arten: a. Hereditäre Vaskulopathien - Hereditäres hämorrhagische Teleangiektasie: (Morbus Osler-Weber-Rendu): Autosomal-dominant erblich. Klinik: Punktförmige Angiektasien am Übergang der Arteriolen und Venolen, besonders am Lippen, Zunge, Nasenschleimhaut. - Ehles-Danlos-Syndrom: Autosomal dominant vererbte Kollagenstörungen mit übermäßiger Dehnbarkeit der Haut - Purpura simplex hereditaria: erbliche harmlose purpura. b. Erworbene Vaskulopathien: z.B. - Vaskuläre purpura: bei Langzeitbehandlung mit Kortikosteroiden und CushingSyndrom - Vitamin C-Mangel: Bei Säuglingen Möller-Barlow-Erkrankung, bei Erwachsenen Skorbut - Paroxysmales Hand und Fingerhämatom: Spontan auftretende schmerzhafte subkutane Fingerhämatome infolge Ruptur kleiner Venen, Spontanheilung - Purpura senilis: Auf atrophischer Alterhaut auftretende kleinflächige Hautblutungen (Ekchymosen) - Purpura Schoenlein-Henoch: Allergische Vaskulitis der kleinen Blutgefäßen und Kapillaren in zeitlichen Zusammenhang mit einem vorausgegangenen Infekt der oberen Luftwege. Quick-Test Die Thromboplastinzeit wird in Quick-Prozent ausgedrückt. Langsame Gerinnung wird durch partielle Thromboplastinzeit (=PTT) geprüft. Normal: 20 – 35 sek. Schnelle Gerinnung wird durch Thromboplastinzeit (=TPZ) geprüft. Normal: > 70% (Quick-Prozent). Beim mit Cumarin antikoagulierten Patienten wird statt des Quick-Test das INR (international normalized ratio) durchgeführt. Einen erniedrigte TPZ findet sich bei Störungen der Faktorn II, V, VII, X. Verlängerung der PTT findet sich bei Mangel an Faktoren VIII, IX, XI, XII. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 53 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 35. Angioödem? Syn: Quinke-Ödem, Angioneurotisches Ödem Definition: Akutes Ödem des tieferen Bindegewebes, meist an Lippen, Augenlidern, Zunge und Rachen lokalisiert. Cave: Glottisödem mit akuter Erstickungsgefahr, Rezidivierung. Ätiologie: - 1. Histamin-vermittelte Angioödeme und Angioödeme bei Urtikaria Idiopatische Angioödeme Intoleranz-Angioödeme: Hauptauslöser: Acetylsalicylsäure Angioödem durch ACE-Hemmer IgE-vermittelte Angioödem = allergische Angioödem Physikalische Angioödem(Druck, Vibration, Kälte, Licht). 2. Angioödeme durch C1-Esterase-Inhibitor-Mangel (C1-INH): a. Hereditäres Angioödem: Autosomal-dominant vererbter Defekt des Komplementsystems. Meist Typ I: Verminderte Synthese des C1-Inhibitors. Selten Typ II: Synthese eines funktionell inaktiven C1-Inhibitors. b. Erworbenes Angioödem: Typ I: bei malignen Lymphomen. Typ II: Durch AutoAK gegen C1-Inhibitor. Eine Sonderform des Angioödems ist das „capillary leak“-Syndrom mit generalisierten Ödemen, Aszites und Kreislaufschock. Therapie: a. Kausal: z.B. Weglassen auslösender Ursachen, z.B. Acetylsalizylsäure oder ACEHemmer, Allergieauschaltung. b. Symptomatisch: Histamin-vermittelte Angioödem: Gabe von Kortikosteroide und Antihistamenika i.v. Hereditäres Angioödem durch C1-Esterase-Inhibitormangel Akut Gabe von Berinert, Prophylaktisch Danazol. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 54 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 36. Schmerz? Schmerzinformation beginnt mit der Erregung von Nozizeptoren, deren Dichte unterschiedlich ist (= freie Nervenendigungen, einer bestimmten Gruppe sensibler Neurone, d.h. Schmerzfasern). Nozizeptoren dünner markhaltiger (A) Fasern sprechen auf starken mechanischen Reiz an (15 m/sec; stechenden gut lokalisierbaren Schmerz). Marklose (C) Fasern sind poymodal (sowohl durch mechanische Reize, Hitze und chemische Irritantien, Kältereiz und Anoxie – 15mal langsamer als dumpfer, brennender, schlecht lokalisierbarer Schmerz wahrgenommen). Die Erregung der polymodalen Nozizeptoren sowohl direkt (Dehnung) als auch indirekt über Mediatoren (Kaliumionen, Histamin). Bei Plasmaaustritt ins Gewebe kommt es zur enzymatischen Abspaltung von Bradykinin, welches Nozizeptoren am stärksten erregt. Bradykinin und Histamin aktvieren Phospholipase, die aus Phospholipiden Arachidonsäure abspaltet, die durch Cyclooxygenase Prostaglandin E2 umsetzt. Wirkt selbst nicht schmerzauslösend, potenziert jedoch die bereits genannten Mediatoren. Je stärker die applizierte Noxe, umso mehr Impulse leitet eine Schmerzfaser. Die Reizstärke wird in der Peripherie in eine Impulsfrequenz übertragen. Der Zellkörper liegt im Spinalganglion; Neurone pseudounipolar; zentrale Faser tritt über die dorsalen Wurzeln ins Rückenmark und endet im Hinterhorn, in Verbindung mit Hinterhornneuronen stehend; die Fasern kreuzen zur anderen Seite und steigen über den Vorderseitenstrang zum Gehirn auf und enden in der Formatio reticularis (Verbindung zu vegetativen Zentren zur Steigerung von Blutdruck, Herz, Atemfrequenz und Schweißbildung, Hemmung nozizeptiver Impulse, Bahnen zum Hypothalamus und limbischen System zur Schmerzverarbeitung) und im Thalamus. Schmerzhemmung erfolgt u.a. durch Morphin, Enkephaline, Endorphine. 37. Fieber & Hyperthermie? Fieber wird durch exogene (z.B. Bakterienbestandteile) und endogene Pyrogene (div. Interleukine und andere Zytokine aus Makrophagen, IL-1, TNF-Alpha) ausgelöst, die im Hypothalamus mittels des Prostaglandins PGE2 die Fieberreaktion auslösen. Bei Fieber findet eine Thermoregulation auf erhöhtem Temperaturniveau statt, d.h. Der Sollwert ist bei Fieber nach oben verstellt. Relativ dazu ist der Körper dabei anfangs zu kalt (es kommt u.a. zu Muskelzittern: Schüttelfrost); beim Fieberabfall zum normalen Sollwert ist der Körper relativ zu warm; es kommt zur Gefäßerweiterung und zum Schweißausbruch. Fieber ist aktive, pathologische Erhöhung der Körpertemperatur und wird durch Pyrogene verursacht. Es kommt zu einer verstärkten Wärmeproduktion & einer verminderten Wärmeabgabe. Ursache ist eine Sollwertverstellung im Thermoregulationszentrum. Exogene Pyrogene: Gramnegative Bakterien (Endotoxin Lipopolysaccharide – Hauptwirkung durch Lipid A; durch Zellen des RES phagozytiert, und dadurch Synthese von endogenen Pyrogenen induziert; Wirkung am vorderen Hypothalamus durch Hemmung wärmeempfindlicher und Aktivierung kälteempfindlicher Neurone). Grampositive Bakterien (Staphylokokken & Pneumokokken) beistzen 3 Mechanismen: Bakterien – Phagozytose – Freisetzung endogener Pyrogene bakterielle Endotoxine – Freisetzung endogener Pyrogene Bestandteile des Peptidoglykangerüsts der Bakterienwand führen zur Pyrogenfreisetzung. Endogene Pyrogene (IL-1) stimulieren Prostaglandine, die Fieber verursachen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 55 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Hyperthermie ist passive Erhöhung der Körpertemperatur, wenn Summe aus Umwelt- und Stoffwechselwärme größer ist, als die Summe der durch Wärmeabgabemechanismen anführbaren Wärmemenge. Ursachen: hohe Umweltwärme hohe Stoffwechselwärme (metabolische Störungen), bei Phäochromozytom durch Noradrenalinfreisetzung, Hyperthyreose Mangel an Wärmeabgabemechanismen; Fehlen/Blockade der Schweißdrüsen Pharmaka,Vergiftung. maligne Hyperthermie: seltene, akute Komplikation i.R. einer Narkose mit extremer Steigerung wärmeproduzierender Stoffwechselvorgänge und fulminanten Anstieg der Körpertemperatur von ca. 1°C pro 5 min bis auf über 43°C. Ätiologisch wahrscheinlich genetisch bedingte Störung des Kalziumtransports im Myoplasma. 38. Komplementsystem und Störungen? Abwehrmechanismus gegen bakterielle Infektionen. Es hat eine rudimentäre "Erkennungsfunktion" für Bakterien, ruft chemotaktisch Phagozyten herbei, macht Bakterien besser für Phagozyten erkennbar und verstärkt damit die Phagozytose und kann manchmal auch ohne zelluläre Hilfe Bakterien direkt lysieren. Drei Wege, durch die Komplement aktiviert werden kann. Die älteren Wege sind der "alternative" Weg und der Lektinweg. Direkt im Zusammenspiel mit bakteriellen Oberflächen aktiviert. Der jüngste Weg wird durch Antigen-Antikörper-Komplexe in Gang gesetzt („klassischer Weg“) alternative Weg: spontanen Spaltung des Plasmaproteins C3 zum kleinen, diffusiblen C3a und zum größeren C3b. C3b heftet sich kovalent an bakterielle oder zelluläre Oberflächen. Faktor B bindet an das abgelagerte C3b und wird durch die Serumprotease Faktor D in Ba und Bb gespalten. Begünstigt durch die mikrobielle Oberfläche, stabilisiert Faktor P (Properdin) die aus C3b, Bb bestehende C3-Konvertase des alternativen Wegs. Die C3Konvertase wirkt als Verstärker, indem sie viele C3-Moleküle in C3a und C3b spaltet; C3a diffundiert und wirkt chemotaktisch, während C3b sich auf der Oberfläche des Bakteriums oder der Zielzelle ablagert. C3b: es wirkt opsonisierend und es leitet die Konstruktion des lytischen Komplex C5 bis C9 ein. C3a, C4a und C5a ("Anaphylatoxine") erhöhen die Gefäßpermeabilität, Mastzellausschüttung von Histamin und locken Phagozyten an (Entzündung). Der Lektinweg der Komplementaktivierung beruht auf der Tatsache, dass Mannose häufig der letzte Zucker der Kohlehydratketten auf Bakterien ist. Ein Plasmaprotein, MBL (mannanbindendes Lektin), bindet an Mannose, gefolgt von der Bildung einer C3-Konvertase aus C4 und C2 wie beim klassischen Weg der Komplementaktivierung (siehe weiter unten). Phagozytose- und Komplementdefekte Mehrere Aspekte des komplexen Chemotaxis- und Phagozytosevorgangs können durch genetische Defekte gestört sein. Fehlen Oberlächenmoleküle wie Integrine oder der Kohlehydratligand der Selektine, gelingt es den Phagozyten nicht, an der Gefäßwand des Infektionsgebietes zu adhärieren. Fehlen Enzyme, die zur Produktion der reaktiven Sauerstoffverbindungen notwendig sind, können Erreger zwar phagozytiert, aber intrazellulär nicht abgetötet werden. Beispiele dafür sind chronische Granulomatose oder Myeloperoxidasemangel. Beim Chediak-Higashi-Syndrom betrifft der Defekt ein Vesikeltransportprotein, sodass Phagosomen nicht mit Lysosomen verschmelzen. Defekte im Komplementsystem haben je nach funktioneller Lokalisation unterschiedliche Folgen. Defekte im alternativen- oder Lektinweg sowie im C3-Molekül prädisponieren für Infektionen mit Eiterbildnern. Defekte in C1, C2 oder C4 führen über einen gestörten Abtransport von Immunkomplexen zu Typ-III-Erkrankungen. Defekte in den Membranattackierenden Komponenten C5 bis C9 prädisponieren zu Infektionen mit Neisseria gonorrhoeae und meningitidis. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 56 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 39. Leber, Funktion und Funktionsstörungen Funktion: Energiestoffwechselhomöostase Störung: Schwäche, Fettstoffwechselstörungen, Dyslipoproteinämien Die Leber hat wichtige Pufferfunktionen zur Erhaltung eines konstanten Energieträgerangebots im Blut. In der Resorptionsphase wird viel Glucose über den Darm aufgenommen. Glucose kann als solche nicht gespeichert werden, doch kann die Leber - wie auch die Skelettmuskeln Glucose zu Glykogen polymerisieren. Überschüssige Glucose wird in der Leber über AcetylCoA zu Fettsäuren umgebaut; diese werden mit Glycerol zu Triglyceriden vereinigt und in Form von VLDL (very low density lipoprotein)-Partikeln an das Blut abgegeben. Die dritte Aufgabe der Leber in der Resorptionsphase ist der Umbau von Chylomikronenremnants zu VLDL. Aufgenommene Fette sind ja das einzige Segment der Nahrung, das die Leber umgeht. Das Darmepithel formt diese zu Chylomikronen um und setzt diese in den extrazellulären Raum frei, von wo sie mit der Gewebslymphe in die Lymphbahnen gespült werden. Von dort gelangen sie im Venenwinkel ins Blut. Die Triglyzeride werden mit Hilfe der Lipoproteinlipase aus den Chylomikronen geholt; erst die Remnants werden von der Leber aufgenommen. In der Postresorptionsphase werden die Energiespeicher angezapft. Vor allem Glucose ist für manche Gewebe (ZNS, Erythrozyten) unentbehrlich. Zunächst wird ein gleich bleibender Glucosespiegel durch Abbau des Glykogens aufrechterhalten. Wenn Glykogen zur Neige geht, muss Glucose durch Umbau von Aminosäuren und eventuell Lactat neu synthetisiert werden ("Gluconeogenese"). Zusätzlich stellt die Leber aus Fettsäuren so genannte Ketonkörper, Azetoazetat und beta-Hydroxybutyrat, her. Gewebe wie das ZNS sind in der Lage, neben Glucose Ketonkörper zu verstoffwechseln. Funktion: AS-Stoffwechsel, Stickstoffausscheidung (Harnstoffsynthese). Störung: Hepatische Enzephalopathie. Die Gluconeogenese aus Aminosäuren löst das Problem der Glucoseversorgung in Hungerzeiten, hat aber einen Haken: wenn man Aminosäuren zu Kohlehydraten umbaut, bleibt der Stickstoff der Aminogruppen übrig. Die einfachste Form, in der Stickstoff im Körper vorkommt, ist Ammoniak (NH3). Dieses wird allerdings nicht sehr effizient ausgeschieden und wirkt in höheren Konzentrationen toxisch, was sich als erstes im ZNS bemerkbar macht. Daher ist in der Leber noch ein weiterer Metabolisierungsweg angesiedelt, der so genannte Harnstoffzyklus, der den Einbau von Stickstoff in das wesentlich harmlosere Abfallprodukt Harnstoff bewerkstelligt. Fällt diese Funktion aus, trägt der erhöhte NH3-Spiegel wesentlich zur Entstehung der hepatischen Enzephalopathie bei. Funktion: "Filterung" von partikulärem Material. Störung: Erhöhte Infektanfälligkeit über den enteralen Weg. Kupffer´sche Sternzellen sind eine Form von Makrophagen, die partikuläres Material aus der Pfortader sehr effizient phagozytieren und abbauen. Dadurch werden z. B. eingeschwemmte Bakterien inaktiviert. Funktion: Elimination unerwünschter, über den Darm aufgenommener Moleküle (Biotransformation). Störung: Vergiftungserscheinungen, abhängig vom spezifischen Molekül. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 57 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Über die Darmschleimhaut werden auch viele, besonders lipophile, Stoffe aufgenommen, die eine potentielle Gefahr für den Organismus darstellen. Mechanismus der Biotransformation: in einem ersten Schritt wird mit dem Zytochrom-P450-Enzymsystem eine reaktive Gruppe (OH, -SH etc.) in das Molekül eingebracht, an die in einem zweiten Schritt eine hydrophile Verbindung (z. B. Glucuronsäure, Sulfat, etc.) angehängt wird. Das Molekül wird dadurch wasserlöslich, dass es über die Galle oder Niere ausgeschieden werden kann. Das System der Biotransformation birgt auch Risiken in sich: eine an sich harmlose Substanz kann durch Biotransformation erst zu einem Toxin werden. Ein klassisches Beispiel dafür ist Aflatoxin. Aflatoxin stammt aus Aspergillus flavus. Das vom Pilz produzierte Molekül ist zunächst inaktiv, wird mit der Nahrung aufgenommen und erst in der Leber durch das Zytochrom-P450-System zu einem hochreaktiven Metaboliten verändert, so dass es DNA-Addukte bildet und damit krebserregend wirkt. Funktion: Steroidhormoninaktivierung. Störungen: Gynäkomastie, Hodenatrophie, weiblicher Behaarungstyp. Das Prinzip, lipophile Substanzen mit hydrophilen Verbindungen zu konjugieren, um sie wasserlöslicher zu machen, wird auch auf körpereigene Moleküle angewendet (z.B. Steroidhormone oder Bilirubin). Funktion: Bilirubinausscheidung. Störung: Ikterus. Bilirubin ist ein Abbauprodukt von Porphyrinen. Es stammt überwiegend aus der HämGruppe des Hämoglobin (kleinen Anteil aus prosthetischen Gruppe von Enzymen der Atmungskette und anderen Enzymsystemen). Bilirubin wirkt in höheren Konzentrationen toxisch. Das Enzym Glucuronyltransferase konjugiert Bilirubin mit Glucuronsäure; das konjugierte Bilirubin wird mit der Galle ausgeschieden. Je nach primärer Lokalisation einer Störung steigt neben dem unkonjugierten Bilirubin auch das konjugierte an. Genetisch bedingte Störungen in diesem System sind Gilbert-Meulengracht-, Crigler-Najjar Iund II- sowie Dubin-Johnson- und Rotor-Syndrom. Funktion: Cholesterinausscheidung. Störung: Hypercholesterinämie, Dyslipoproteinämien Cholesterin kann vom Körper synthetisiert, nicht aber wieder abgebaut werden. Ausscheidung durch: Cholesterin zu Gallensäuren umgewandelt oder direkt ausgeschieden. Funktion: (Gallesekretion - in Klammer: Mittel, kein Ziel). Störung: Cholestase, Cholelithiasis. Sistieren des Galleflusses = Cholestase. Verbundenen Störungen wie Ikterus, Cholesterinanstieg, Störung der Fettverdauung etc. wirkt eine Cholestase auch negativ auf die Leberzellen zurück. Gallensäuren sind an sich schon relativ toxische Moleküle. Durch den Anstieg ihrer Konzentration in den Leberzellen entstehen auch atypische, fetale Gallensäuren, die noch toxischer wirken und die Cholestase verstärken. Cholestase kann viele Ursachen haben: sie ist eine logische Begleiterscheinung einer schweren Hepatitis, kann relativ isoliert als Nebenwirkung von vielen Medikamenten auftreten (z. B. durch Steroide) und kann schließlich rein mechanisch durch Gallensteine bedingt sein. Die Entstehung von Gallensteinen ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Gallenflüssigkeit an sich bereits einen heiklen Balanceakt zwischen lipophilen Substanzen und ihrem wässrigen Transportmedium darstellt. Überschreiten lipophilen Substanzen Cholesterin oder Bilirubin einen gewissen Schwellenwert, sind Phospholipide und Gallensäuren nicht mehr in der Lage, sie in Mizellenform zu halten. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 58 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Funktion: Fettverdauung (Sekretion Gallensäuren, Phospholipide) Störung: Steatorrhoe, Vitaminmangel ADEK Galle ist die "Seife", die zur Emulgierung von Nahrungsfetten notwendig ist. Die dabei aktiven Substanzen sind Gallensäuren und Phospholipide. Wird zu wenig Galle in den Darm ausgeschüttet, können Nahrungsfette nur unzulänglich resorbiert werden; der Großteil der Nahrungsfette wird in hellen, voluminösen "Fettstühlen" wieder ausgeschieden. Hält dieser Zustand länger an, kann es zu einem Mangel an fettlöslichen Vitaminen kommen. Insbesondere der Mangel an Vitamin K kann zu einer Verstärkung der bei einer chronischen Leberfunktionsstörung ohnehin auftretenden Gerinnungsstörung führen. Funktion: Plasmaproteinsynthese (Albumin, Gerinnungsfaktoren, Akutphaseproteine, Transferrin, etc.) Störung: Hypoproteinämie/Ödeme; Gerinnungsstörungen Der Großteil der Plasmaproteine von der Leber synthetisiert und sezerniert. Chronische Leberfunktionsstörungen führen zu einem Abfall der Plasmaproteinkonzentrationen. Albumin, das mengenmäßig etwa 60% der Plasmaproteine ausmacht, ist über seinen Beitrag zum onkotischen Druck wesentlich dafür, im venösen Schenkel von Kapillarsystemen interstitielle Flüssigkeit rückzuresorbieren. Der zu niedrige onkotische Druck führt zur Einlagerung von Wasser im interstitiellen Gewebe. Da eine chronische Leberinsuffizienz häufig mit Zirrhose und portaler Hypertension einhergeht, bildet sich durch die Kombination von erniedrigtem onkotischen Druck und erhöhtem Filtrationsdruck häufig ausgeprägter Aszites. Gerinnungsfaktoren sind bei Leberinsuffizienz von zwei Seiten her negativ betroffen: zur allgemein herabgesetzten Syntheseleistung der Leber kommt noch der sekundäre Vitamin KMangel. Vitamin K wird benötigt, um eine zusätzliche Carboxylgruppe an Glutaminsäurereste der Faktoren II, VII, IX, X zu hängen. Diese COO--Gruppen werden benötigt, damit die Gerinnungsfaktoren über Ca2+ an die Phospholipide der Membran aktivierter Thrombozyten binden können. Fehlen diese COOH-Gruppen, ist die biologische Aktivität dieser Gerinnungsfaktoren stark herabgesetzt. Pharmakologisch: Cumarinderivate (Sintrom®, Marcoumar®) sind Vitamin-K-Antagonisten. Mittels dieser Medikamente wird also ein künstlicher Vitamin K-Mangel erzeugt, um die Gerinnbarkeit des Blutes herabzusetzen (z. B. nach einer Lungenembolie). Durch den biologischen Mechanismus wird auch klar, dass es nach Absetzen dieser Medikamente, z. B. für einen zahnmedizinischen Eingriff, relativ lange dauert, bis funktionierende Gerinnungsfaktoren nachsynthetisiert werden können. Funktion: Monitoring des Einstroms vom Darm her in einem Niederdruckkapillarsystem Störung: Portale Hypertension Alle Einwirkungen, die zu einem ausgeprägten Absterben von Leberzellen führen (z. B. Virushepatitis, Alkohol, anhaltende Cholestasen) führen über Regenerationsversuche auch zu einem sekundären Umbau der Leber. Diese Veränderung der Architektur schließt die Gefäße mit ein und resultiert in einer Verringerung des Gesamtquerschnitts aller Pfortaderverästelungen und damit in einem Druckanstieg. Folgen dieses Druckanstiegs sind Hypersplenismus, die Ausweitung portocavaler Anastomosen und eine verstärkte Aszitestendenz. Hypersplenismus bedeutet, dass Blutzellen verstärkt in der Milz zurückgehalten ("sequestriert") werden. Die Milz nimmt dadurch wesentlich an Größe zu; schließlich erfolgt auch ein verstärkter Abbau von Blutkörperchen und Thrombozyten. Shunts über portocavale Anastomosen bedeuten, dass das vom Darm kommende Blut an der Leber vorbei ("ungefiltert") in den großen Kreislauf gelangt. Zu den dadurch verstärkten Erscheinungen der Leberinsuffizienz kommt noch die Gefahr schwer zu stillender Blutungen aus Ösophagusvarizen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 59 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 40. Prione Zur Familie der Prion-Erkrankungen gehören eine Gruppe neurodegenerativer Enzephalopathien. Ihr Verlauf ist progressiv und führt zu vollständiger Demenz und schließlich zum Tod. Histologisch stehen Ganglienzellverluste, reaktive Astrozytose und spongiöse Auflockerung der grauen Substanz des Großhirns im Vordergrund. Die Erkrankung wird durch ein infektiöses Protein (proteinaceous infectious agent = Prion) übertragen. Es handelt sich um ein Membranprotein (PrPc), das bei Gesunden in Neuronen des ZNS, aber auch in anderen Organen nachweisbar ist und vom Prion-Gen PRNP kodiert wird. Das im Hirn von erkrankten Patienten nachgewiesene infektiöse Prion-Protein (PrPcjd) hat eine identische Aminosäurensequenz, jedoch eine andere Tertiärstruktur, die biochemisch durch eine erhöhte Proteaseresistenz gekennzeichnet ist. Das krankhafte Prion (enthalten keine informationellen Nukleinsäuren) ist in der Lage das normale PrPc in die eigene, pathogene Form umzuwandeln. Entstehungshypothese: Pathologisches Prion-Protein sei imstande, normales Prion-Protein zu rekrutieren und in ein Abbild seiner selbst zu verwandeln. Der infektiöse Erreger bestehe aus einem hochgradig geordneten, parakristallinen Aggregat des pathologischen Prion-Proteins: Die Bildung eines ersten Aggregats aus den Monomeren wäre thermodynamisch äußerst unwahrscheinlich: Deswegen seien die Prion-Erkrankungen beim Menschen selten. Wenn sich aber ein Aggregat schon gebildet hat, schreitet die Reaktion unweigerlich und schnell durch Rekrutierung weiterer PrP-Moleküle aus der Lösung fort. Bei erblichen Prion-Erkrankungen findet sich eine Mutation im Prion-Gen. Bei der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung zeigt die graue Substanz eine diffuse oder fokal akzentuierte, für die Erkrankung charakteristische spongiöse Auflockerung, die auf einer Schwellung der Zellfortsätze von Neuronen und Astrozyten beruht. Mit Fortschreiten der Erkrankung tritt ein Ganglienzellverlust in den Vordergrund, begleitet von einer massiven Hypertrophie und Hyperplasie der Astrozyten. Es kommt zum Gedächtnisverlust und Persönlichkeitsveränderungen. Neurologisch stehen unwillkürliche Bewegungen, zerebellare Ausfälle, sowie Seh- und Augenbewegungsstörungen, oft begleitet von charakteristischen periodischen EEG-Veränderungen. Prion-Erkrankungen: Kuru, Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Erkrankung, familiäre tödliche Insomnie. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 60 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 41. Hypo-/Hyperkaliämie: Ursachen, Auswirkungen, Therapie Die normale Plasma-Kalium-Konzentration beträgt 3,5-4 mmol/l während in den Zellen die mehr als 30fache Konzentration herrscht. Die akute Regulation der extrazellulären Konzentration geschieht durch körperinterne Verschiebung zwischen EZR und IZR. Dieser Mechanismus wird hormonell gesteuert. So stimuliert nach dem Essen sezernierte Insulin die Natrium-Kalium-ATPase und verteilt damit das aufgenommene K+ auf die Körperzellen. In ähnlicher Weise erhöht Adrenalin die zelluläre K+-Aufnahme. Auch Aldosteron erhöht die intrazelluläre K+-Konzentration. Für die chronische Regulation sorgt vor allem die Niere. Kalium wird frei filtriert und normalerweise großteil wieder resorbiert; u.U. kann die ausgeschiedene Menge die filtrierte Menge übersteigen. Ursachen für Kalium-Mangel: führt zu Herzrhythmusstörungen. inadäquate Zufuhr, bzw. gastrointestinale Verluste oder renale Verluste (Diuretika) oder durch Aldosteron-Überschuss, erhöhte Glucocorticoidspiegel (Aldosteron-ähnliche Wirkung), chronische Nierenerkrankungen, Alkalose (durch gesteigerte Wasserstoff-Rückresorption und gesteigerte Kaliumausscheidung). Sinkt extrazelluläres Kalium, sinkt auch die Aktivität der Natriumpumpe, so dass intrazellulär das Natrium steigt, was dann aber die Pumprate wieder erhöht und ein neues Gleichgewicht herstellt. Chronischer Kaliumverlust führt nicht nur zu vorübergehenden Herz-Arrhythmien oder gestörter Insulinsekretion, sondern auch zu irreversiblen degenerativen Prozessen (sog. Zenker'sche wachsige Degeneration der quergestreiften Muskulatur, oder Myozytolyse der Herzmuskulatur, oder eine Vakuolisierung der Tubulusepithelien bis zur Niereninsuffizienz. Es kommt zu einer gestörten Glucosetoleranz, bis hin zu einer verminderten Proteinsynthese. Therapie: es dürfen nie mehr als 20 mmol/l/h intravenös verabreicht werden. Wegen der Alkalose sollte der Großteil als Kalium-Chlorid verabreicht werden. Ursachen für Kalium-Überladung: iatrogen verursacht; kann auch durch chronisches oder akutes Nierenversagen ausgelöst werden; auch durch eine Umverteilung von Kalium aus dem Intrazellularraum in den Extrazellularraum verursacht eine Hyperkaliämie (durch plötzlich massiven Gewebsuntergang; Crush-Syndrom, Starkstromunfälle, Resorption von Hämatomen, auch postpartale akute Hämolyse); oder eine Kalium-Freisetzung aus Körperzellen, wenn eine metabolische und respiratorische Azidose besteht (z.B. diabetisches Koma). Symptome sind Rhythmusstörungen, Muskelschwäche, Herzinsuffizienz, Arrhythmien, eventuell Asystolie. Unabhängig von der Genese ist nur die Höhe des extrazellulären Kalium für die Therapie ausschlaggebend. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 61 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 42. Osteoporose? Definition: Osteoporose ist eine durch eine verminderte Knochenfestigkeit charakterisierte Skeletterkrankung, die zu einem erhöhten Frakturrisiko prädisponiert. Man unterscheidet: 1. Primäre Osteoporose und 2. Sekundäre Osteoporose. Primäre Osteoporose Posmenopausale Osteoporose Syn: präsenile Involutionsosteoporose, Typ-I-Osteoporose Epidemiologie: Diese Form der Osteoporose ist die häufigste Skelettkrankheit und tritt vor allem bei Frauen um das 50 – 60 Lebensjahr auf. Pathogense: Die genaue Ursache ist noch unbekannt, ein Zusammenhang mit der postmenopausal bedingten verminderten Verfügbarkeit von Östrogenen ist gesichert. Morphologie: Charakteristisch ist der Verlust von Knochengewebe im Bereich der Wirbelsäule, des Brust und des Beckens. Extremitäten und Schädel bleiben weitgehend intakt. Röntgenologisch stellt sich erst eine Reduktion der Knochenmasse von mehr als 30% als verminderte Dichte des spongiösen Knochens dar. Zunächst werden die statisch am wenigsten Belastenten Trabekel resorbiert. Häufig kommt es zu Wirbelkörperkompressionsfrakturen. Im Bereich der Brustwirbelsäule fakturieren die ventralen Wirbelkörperabschnitte entsprechend der dort stärkeren statischen Belastung und bilden sog. Keilwirbel. Dies führt zu einer vermehrten Kyphose der Brustwirbelsäule. Klinisch-pathologische Korrelationen: Der Beginn der Krankheit ist uncharakteristisch. Ohne Therapie schreitet der Schwund des Knochengewebes fort und führt zu einem deutlichen Größenverlust von bis zu 10 cm und mehr. Die Serumparameter Kalzium, Phosphor und alkalische Phosphatase sind normal. Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper und Radiusfrakkturen sind die häufigsten Komplikationen. Therapeutisch steht zunächst eine Östrogensubstitution im Vordergrund. Natriumflorid bewirkt bei jahrelanger Gabe eine Stimulation der Osteoblasten mit Vermehrung der Knochenmasse. Altersosteoporose Syn: senile Involutionsosteoporose, Typ-II-Osteoporose Pathogenese: Pathogenetisch handelt es sich um eine reduzierte Aktivität der Knochenbildenden Zellen in Kombination mit einem leichten sekundären Hyperparathyreoidismus, der sich infolge einer nachlassenden Nierenfunktion mit verminderter Bereitstellung von Ca2+ entwickelt. Morphologie: Radiologisch ist eine diffuse Aufhellung des gesamten Skeletts nachzuweisen, die im Gegensatz zur posmenopausalen Osteoporose nicht auf das Stammskelett konzentriert ist. Klinisch-pathologische Korrelationen: Klinisch bleibt die Krankheit lange stumm. Häufig führen erst Frakturen (v.a. Schenkelhals) zur Diagnose. Im Serum sind die Konzentrationen von Kalzium, Phosphor sowie alkalischer und sauerer Phosphatase normal. Behandlungsbedürftig sind nur die Frakturen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 62 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Sekundäere Osteoporose Steroidosteoporose Steroide hemmen direkt die Proteinsynthese der Osteoblasten. Daher entwickelt sich beim endogenen Hyperkortisolismus (Morbus Cushing) und dosisabhängig bei der Steroidtherapie eine Osteoporose durch Verminderung des Knochenanbaus. Die Veränderungen sind in den Wirbelkörpern besonders ausgeprägt. Charakteristisch sind eine muldenförmige Eindellung der Grund- und Deckplatte sowie extrem dünne, unvernetzte Spongiosabälkchen. Es bilden sich sog. Fischwirbel. In fortgeschrittenen Stadien kommt es zu Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper. Osteoporose bei Hyperthyreose Die Hyperthyreose führt zwar durch die direkte Aktivierung der Osteoblasten zu einer Erhöhung der Knochenbildung, die gleichzeitige Stimulation der Knochenresorption überwiegt aber, sodass eine negative Knochenbilanz entsteht. Ähnliche Befunde wurden auch nach therapeutischer Schilddrüsenhormongabe beobachtet. Immobilisationsosteoporose Bei der Immobilisation des gesamten Skeletts oder eines Skelettabschnitts entwickelt sich nach einiger Zeit eine Knochenatrophie. Bei viermonatiger Bettruhe kommt es zu einem ca. 15%igen Verlust der Knochenmasse. Pathogenetisch ist diese darauf zurückzuführen, dass der normale An- und Umbau des Knochens durch die mechanische Belastung aktiviert wird. Selten kann eine Hyperkalzämie mit Hyperkalziurie und Nierensteine auftreten. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 63 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 43. MHC? MHC steht für major histocompatibility complex. Dieser Begriff bezeichnet einen Genlokus auf kurzen Arm von Chromosom 6 daß er für die Gewebeverträglichkeit zw. Spender und Empfänger von transplantiertem Material entscheident ist. In diesem Genlokus werden zwei ähnliche Arten von Oberflächenmolekülen kodiert, MHC-Klasse-I- und MHC-Klasse-IIMoleküle, die eine Art "Ausweis" aller Zellen gegenüber den T-Zellen darstellen. Generell dienen MHC-I-Moleküle (auf allen Körperzellen) als Ausweis gegenüber zytotoxischen (CD8-) T-Zellen; MHC-II-Moleküle als Ausweis gegenüber T-Helfer-(CD4-)-Zellen. MHC-I präsentiert ein Abbild dessen, was in der Zelle synthetisiert wird. Ist eine Zelle von Virus befallen, tauchen neben normalen, zellulären Peptiden auch Viruspeptide in den MHCI-Molekülen auf. Ist eine Zelle maligne entartet, ist es möglich, dass Proteine exprimiert werden, die sonst nur in frühen Embryonalentwicklung exprimiert werden und dem Immunsystem daher nicht bekannt sind. CD8-T-Zellen erkennen Abweichungen und töten die verdächtigen Zellen. MHC-I-Moleküle werden damit auf allen gekernten Zellen exprimiert. MHC-II präsentiert eigentlich extrazelluläres Material, das von APC aufgenommen und klein gehackt wurde. Der Sinn dieser Tätigkeit ist, die darin enthaltenen Antigene zu zwingen, jene T-Helfer-(CD4-)-Zellklone zu selektieren und zur Proliferation zu bringen, die einen T-Zellrezeptor besitzen, der dieses Antigen erkennt. MHC-II-Expression findet man nur auf jener Zellen, die extrazelluläres Antigen präsentieren: Makrophagen, dendritischen Zellen und B-Zellen. MHC-I-Moleküle bestehen aus einer im MHC kodierten Kette, die in Zellmembran verankert ist und die drei Domänen inklusive des antigenbindenden Spalts ausbildet. Eine vierte Domäne wird durch ein zusätzliches kleines extrazelluläres Protein, β2-Mikroglobulin, gebildet, das nicht im MHC kodiert ist. Der Mensch hat drei Typen von MHC-I-Molekülen: HLA-A, HLA-B und HLA-C (human leukocyte antigens). MHC-II-Moleküle bestehen aus jeweils zwei Ketten, α und β, die beide in der Zellmembran verankert sind. Drei Typen: DR, DQ und DP. MHC-Polymorphismus und codominante Expression Zwar hat jeder Mensch nur zwei HLA-A-Gene --eines auf dem mütterlichen, eines auf dem väterlichen Chromosom 6-- doch gibt es mindestens 59 verschiedene Allele für HLA-A –also Genvarianten mit geringfügigen Unterschieden.Der HLA-A-Locus ist damit polymorph. Die beiden Allele eines Individuums werden jeweils zugleich exprimiert - da sich beide im Phänotyp bemerkbar machen und keines das andere überlagert, spricht man von codominanter Expression. Die Kombination von Polygenie des Individuums und Polymorphismus der Population führt dazu, dass es extrem unwahrscheinlich ist, zwei Individuen mit identischem MHC zu finden. Das führt zu Problemen bei der Organtransplantation, da gegen MHC-Moleküle, die dem eigenen Immunsystem unbekannt sind, eine heftige Immunantwort erfolgt – sowohl durch zytotoxische T-Zellen als auch durch Antikörper. Aus dieser Sicht ist der Polymorphismus des MHC also sehr ungünstig. Funktion von T-Zellen: T-Zellen haben grundsätzlich drei Hauptfunktionen: (CD4-) TH2-Zellen leisten B-Zellen Hilfe, Antikörper herzustellen (CD4-) TH1-Zellen aktivieren Makrophagen, intrazelluläre Erreger abzutöten zytotoxische (CD8-) T-Zellen töten virusbefallene Zellen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 64 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 44. Organe des Immunsystems? Man bezeichnet Knochenmark und Thymus als zentrale Organe des Immunsystems, da hier aus hämatopoetischen Vorläuferzellen aus dem Knochenmark neue, "naive" B- und TZellen gebildet werden; die somatischen Rekombinationsprozesse zur Bildung der Antikörper- und T-Zellrezeptorvielfalt laufen hier ab, ebenso der Prozess der klonalen Deletion autoreaktiver Lymphozyten. Fertige, naive B- und T-Zellen, sowie Vorstufen von APC (antigen presenting cells) aus dem Knochenmark wandern aus den zentralen Organen aus, durchwandern im Fall von T-Zellen und APC die Gewebe und treffen sich in den peripheren lymphatischen Organen wieder: Lymphknoten, GALT/Peyer-Plaques und Tonsillen, BALT, Milz. LYMPHKNOTEN: haben einen Lymph-Zu- und Abfluß. Der Zufluss der periphersten Lymphknoten besteht aus der interstitiellen Gewebsflüssigkeit, die aus den Kapillaren abfiltriert wurde. In diesem Strom werden dauernd "dendritische Zellen", spezialisierte APC, antigenbeladen in den Lymphknoten geschwemmt. Bei eine Entzündung werden Erreger direkt in den Lymphknoten geschwemmt und hier sowohl von B-Zellrezeptoren gebunden, als auch von Makrophagen aufgenommen, abgebaut und präsentiert. Sekundäre Follikel haben "Keimzentrum", in dem eine hochspezialisierte Zellart, "follikuläre dendritische Zellen", komplexe Antigene wie Viren mittels Antikörpern auf der Außenseite der Zelle fixiert, um die proliferierenden B-Zellen mit einem kontinuierlichen Antigenstimulus zu versorgen. Am Rand des Keimzentrums finden sich die benötigten T-Helferzellen. Paracortical befindet sich die T-Zell-Zone. In diesem Areal gibt es "Venolen mit hohem Endothel", die darauf spezialisiert sind, T-Zellen aus dem Blut abzufangen. Dendritische Zellen sind spezialisierte APC, die Antigene in der Peripherie aufnehmen, verarbeiten und im Lymphknoten auf MHC-II präsentieren. Follikuläre dendritische Zellen sitzen in den Keimzentren von Sekundärfollikeln und halten komplexe Antigene auf der Außenseite ihrer Zellmembran über lange Zeit fest, sodaß B-Zellen durch diese stimuliert werden können. GALT (gut-associated lymphoid tissue) umfasst die Peyer´schen Plaques des Dünndarms, Gaumenmandeln, Rachenmandel, und Blinddarm. Die Funktionseinheit des Peyer-Plaques besteht aus einem spezialisierten Epithel aus M-Zellen, das Antigene aus dem Darmlumen durch das Epithel schleust, und darunterliegenden B-Zellfollikeln mit peripheren T-HelferArealen analog denen im Lymphknoten. Plasmazellen stellen IgA her. BALT (bronchus-associated lymphoid tissue) oder MALT (mucosa-associated lymphoid tissue) stellen Lymphgewebsansammlungen im Bronchialbaum und in anderen Schleimhäuten dar, die weniger massiv und diffuser aufgebaut sind als Peyer-Plaques, aber ähnliche Funktionen haben. Die MILZ überwacht Antigene im Blut; sequestriert gealterte Erythrozyten und baut diese ab (rote Pulpa). Sie entsorgt auch Antigen/Antikörperkomplexe, die über C3b und den CR1Rezeptor an die Oberfläche der Erythrozyten gebunden in die Milz gespült werden. Inseln aus lymphatischem Gewebe (weiße Pulpa) finden sich um die Endstrecken von Arteriolen. Direkt um die Arteriole befindet sich eine T-Zell-Region (PALS- periarterielle Lymphozytenscheide), umgeben von "B-Zell-Corona" mit Sekundärfollikeln. Zusammengefasst sind die peripheren Organe des Immunsystems Orte, an denen Antigen (Bakterien, Viren etc. oder deren Abbauprodukte) B-Zellen T-Zellen APC zusammengeführt werden, mit dem Ziel, eine Immunantwort zu orchestrieren. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 65 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 45. Mechanismen der Virusabwehr? Typ-I-Interferone Eine von einem Virus befallene Zelle ist für den Organismus verloren. Die Typ-I-Interferone (INF-α und -β) sind Signale, die von der befallenen Zelle an umgebende Zellen abgegeben und dazu führen, dass die weitere Verbreitung des Virus eingedämmt. Der Name Interferon sollimplizieren, dass das Molekül mit der Virusvermehrung interferiert. Bei der Vermehrung der meisten Virusarten kommt es zu einem Stadium, in dem doppelsträngige RNA auftritt. Das ist für die befallene Zelle das Signal, Typ-I-Interferon zu sezernieren. Aktivierung Typ-I-Interferonrezeptors der umliegenden Zellen führt zur Expression bestimmter Gene, die eine Virusvermehrung in diese Zellen behindern. Die Proteinsynthese der Zelle, und damit auch die Virusproteinsynthese, wird dadurch gehemmt. Ein anderer antiviraler Mechanismus wird durch die Induktion des Enzyms Oligoadenylatsynthase aktiviert. Dieses Enzym polymerisiert ATP zu ungewöhnlichen, 2´-5´-verbundenen Oligomeren. Diese Oligomere aktivieren RNaseF, die virale, aber auch zelluläre RNA abbaut. IFN induziert zudem eine Reihe weiterer Proteine. Dazu gehören MHC Klasse I-Moleküle und Bestandteile des Antigen-prozessierenden Proteasoms (Protesom= molekularer Mülltonne/Reißwolf aus Proteasen: große Proteine kommen hinein, kleine Peptide kommen heraus). Die erhöhte MHC-I-Expression schützt gleichzeitig nichtinfizierte Zellen vor aktivierten NK-Zellen. Pharmakologische: Interferone werden angewendet bei schweren Viruserkrankungen, wie bei chronischer Hepatitis C. IFN-β wird bei Multipler Sklerose angewendet, und IFN-α ist Bestandteil vieler Chemotherapieprotokolle gegen Leukämieformen und solide Tumoren. Die Wirksamkeit beruht wahrscheinlich auf der allgemein dämpfenden Wirkung auf die Proteinsynthese und der Aktivierung von NK-Zellen. NK-Zellen Natural killer- (NK-)-Zellen ähneln zytotoxischen T-Lymphozyten. Wie erkennen sie also zu killende Zellen? Diese Frage ist noch nicht endgültig geklärt, doch lässt sich die gängige Hypothese leicht mit den Stichworten missing self oder altered self merken. NK-Zellen sind von Bedeutung für die Abwehr bestimmter Viren, z. B. Herpesviren, in der Frühphase der Infektion, aber auch bei der Elimination entarteter Zellen in der Tumorabwehr. Sie haben zwei Arten von Rezeptoren: aktivierende und hemmende. Die hemmenden Rezeptoren erkennen MHC-I-Moleküle normaler Zellen. Fehlt jedoch MHC-I auf eine Zelle, oder ist dieses verändert, erkennt die NK-Zelle ihr Gegenüber nur durch den aktivierenden Rezeptor und löst in der Zielzelle Apoptose aus. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 66 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Die Rolle von zytotoxischen T-Zellen Viren befallen oft nur spezifische Zellpopulationen. Im peripheren Gewebe ist Virusinfektion für naive T-Zellen nicht erkennbar. Viele Gewebe enthalten dendritische Zellen ("professionelle APC"), die die Fähigkeit besitzen, nach Virusinfektion in den Lymphknoten zu wandern und dort Virusantigene zu präsentieren. Dort präsentiert die APC via MHC-I in der Zelle entstandenes Virusmaterial den richtigen naiven CD8-T-Zellen. Kommt die „richtiege“ Zelle vorbei, wird sie aktiviert, beginnt zu proliferation und bildet einen zytotoxischen T-Zellklon mit Spezifität für die Kombination von eigenem MHC-I mit Virusantigen. Die fertigen Effektorzellen zirkulieren durch alle Gewebe und kontrollieren alle Zellen, an denen sie vorbeikommen. Erkennen sie eine Zelle, die das Viruspeptid auf MHC-I präsentiert, leiten sie in der entsprechenden Zelle Apoptose ein. Dazu besitzen sie zwei Mechanismen. Der erste besteht in der Sekretion von Perforin und Granzymen. Perforin polymerisiert in der Membran der Zielzelle zu einer großen Pore. Durch diese Pore werden die Granzyme ins Zellinnere geschleust. Dort aktivieren sie Caspasen, spezifische Proteasen, die die Apoptosemaschinerie in Gang setzen. Der zweite Mechanismus der Apoptoseeinleitung ist die Induktion des Oberflächenmoleküls Fas-Ligand. Wenn die virusbefallene Zielzelle das Partnermolekül Fas auf der Oberfläche exprimiert, genügt der Kontakt zwischen Fas-Ligand und Fas, um in der Zielzelle Caspasen zu aktivieren. Da das Erkennen von Abweichungen in Zellen an die Funktion von MHC-I gebunden ist ("MHC-I-restringiert" ist), wird auch klar, dass es einen Mechanismus geben muss, der Zellen beseitigt, die nicht ausreichend MHC-I bilden, um ihren Inhalt zuverlässig überwachen zu können. Diesen Reservemechanismus stellen NK-Zellen dar (Kein Ausweis? - Rübe ab!). Wenn Virusbefall und die zytotoxische Immunantwort massiv ausfallen, kann es zu schweren Schäden kommen, die eigentlich nicht durch das Virus, sondern erst durch die Abwehr bedingt sind (z.B. akute gelbe Leberdystrophie bei Hepatitis-B-Infektion). Virusbefallene dendritische Zellen können aber auch TH2-Zellen aktivieren. Während in der Zelle produziertes Virusmaterial zunächst nur auf MHC-I präsentiert werden kann, gelangen die Hüllproteine des Virus in die Zellmembran, um das Knospen neuer Viren zu ermöglichen. Von dort können sie via Endozytose in Vesikel aufgenommen, prozessiert und auf MHC-II wieder an die Oberfläche gebracht werden. So werden TH2-Zellen aktiviert und mit deren Hilfe Antikörperantworten besonders gegen virale Hüllproteine induziert. Die Folge sind oft hochwirksame neutralisierende Antikörper. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 67 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 46. Mutationen? Definition: Unter Mutation versteht man eine Veränderung des genetischen Materials. Man unterscheidet zwei Gruppen von Mutationen: 1. Spontanmutationen und 2. Induzierte Mutationen. Spontanmutationen Spontanmutationen entstehen spontan in einer Häufigkeit von 1 pro 1x105 bis 1 x 109 Nucleotiden. Sie werden durch Synthesefehler, aber auch durch Sauerstoffradikale, die u. a. bei der Atmung entstehen, verursacht. Im Alter nehmen die Spontanmutationen zu. Induzierte Mutationen Induzierte Mutationen werden durch ein Mutagen ausgelöst und können in Häufigkeiten bis zu 1x102 Nukleotiden auftreten. Sie werden verursacht durch: - Strahlen - Chemische Agenzien - Umweltschäden und - Vieren. Mutationen durch physikalische Strahlen Zu den physikalischen Mutagenen zählt man die ionisierende Strahlung (Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlen) und die UV-Strahlen. Ionisierende Strahlung bewirkt die Entstehung reaktiver Radikale im Gewebe. Sie führt zu den Brüchen in der DNA, die mit einer Deletion oder Tranlokation verbunden sind. Die Schäden können so stark sein, so dass keine Mitose mehr stattfinden kann oder bei noch stärkerer Schädigung des genetischen Materials die Apoptose eintritt. Falls die Zellen die Strahlung überleben, kann die Veränderung der DNA auch zur neoplastischen Transformation führen. Im speziellen bewirkt die Ionisierende Strahlung die Umwandlung von Cytosin in Uracil oder von Guanin in Hypoxanthin. Die UV-Strahlung des Sonnenlichtes ist ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Hautkrebs. Diese führ zu Dimerisierung von zwei nebeneinander liegenden Thyminresten. Reparaturmechanismen können diese Dimere beseitigen und ein normales Stück DNA neu synthetisieren. Diese sind jedoch bei der vererbbaren Krankheit Xeroderma pigmentosum defekt, sodaß diese Patienten häufig an durch UV-Strahlung verursachtem Hautkrebs leiden. Chemische Mutagene Chemische Mutagene sind Verbindungen, die sich durch eine besondere Reaktionsfähigkeit mit den Komponenten der DNA auszeichnen. Dazu zählen: - aromatische amine - Azofarbstoffe - Nitrosamine - Polyzyklische Kohlenwasserstoffe. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 68 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Mutationsarten: Man unterscheidet: - Punktmutationen und - Blockmutationen. Punktmutationen Dazu gehören: - Substitution - Addition und - Deletion. Punktmutationen betreffen nur eine einzige Base. Die Basen können dabei durch eine falsche Base ersetzt werden (Substitution). Es können aber auch Basen eliminiert (Deletion) oder hinzugefügt (Addition) werden. In fast allen Fällen führen die Veränderungen in der Basensequenz der DNA zu einer Veränderung der Aminosäurensequenz in entsprechendem Protein. Blockmutationen Bei den Blockmutationen sind mehrere Nukleotide betroffen. Solche Mutationen können am Chromosom zu sichtbaren Strukturveränderungen führen. Manchmal wird die DNA nur oberhalb und unterhalb einer fehlerhaft eingefügten Base repliziert. Falls die dann fehlende DNA-Sequenz nicht neu synthetisiert wird, entstehen Chromosomenbrüche. Die so entstanden Bruchstücke könne auf ein nicht-homologes Chromosom übertragen werden. Dies wird als Translokation bezeichnet. Beispiele für Translokationen: - Burkitt-Lymphom t (8, 14) - CML (chronisch-myeloische Leukämie t (9, 22). Amplifikation Amplifikation = Vermehrung von Genen. Im Zuge der Amplifikation werden Gene vermehrt, die für bestimmte Produkte (z.B. Hormone) codieren. Wenn ein Hormon an vielen Orten benötigt wird, dann müssen hohe Kopienzahl von Genen vorliege um den benötigten Produktion von Hormon zu ermöglichen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 69 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 47. Tumorentstehung? Durch Mutationen proliferationsrelevanter Gene können Onkogene entstehen, deren Produkte, die Onkoproteine, auch ohne physiologische Stimulatoren aktiv sind und daher Mitosen unabhängig von physiologischen Wachstumsfaktoren auslösen können. Zu den Onkoproteinen zählen: - Wachstumsfaktoren, die von Tumorzellen gebildet werden und autokrin deren eigene Zellteilung stimulieren z.B. Sis, ein Fragment des PDGF) - Rezeptoren für Wachstumsfaktoren z.B. ErbB für EGF - Moleküle, die dieses Signal von Zellmembran zum Zellkern bringen = Signaltransduktionsmoleküle - Trandkriptionsfaktoren (Fos, Jun, Myc, E2F) - Cykline /CDK (Zellzyklus-Kontrollmaschinerie). Mutationen können jedoch auch einen Defekt proliferationshemmender Proteine bewirken. So begünstigt ein Ausfall von Rb oder p53 die unkontrollierte Zellteilung. Ein Defekt von p53 behindert darüber hinaus die Apotose. Schließlich können Vieren Onkogene in die Wirtszelle einbringen. Tumorviren Im tierischen System ist erwiesen, dass Viren Tumoren erzeugen können. Tumorviren auch onkogene Viren genannt, haben die Fähigkeit menschliche oder tierische Zellen neoplastisch zu transformieren. DNA-Viren: z.B. - HPV: 6, 11 low risk, 16, 18 high risk Cervix-Ca - EBV: Burkittlymphom, Nasopharynx-Ca - HSV: Cervix-Ca - HBV: hepatozelluläres Ca. Transformation verläuft latent über mehrere Jahre. Nach dem Befall der Wirtszelle wird die virale DNA in das zelluläre Genom eingebaut. Dieser führt zur Änderungen des Genexpression, die als Folge eine Wachstumsfördernde Onkogenprotein Produktion hat. Ein anderer Pathomechanismus ist für Adeno-, Polyoma- und Papillomavieren bekannt: Virus infiziert Zielzelle- virale Proteine bilden Komplexe mit zelleigener tumorsupprimierenden Proteinen und inaktivieren diese. Ausschaltung von Rb und p53 über: Rb - SV40-Affenvirus large T - Adenovirus E1A - HPV E7 (E....Early: wenn früh exprimiert (Uterus-Ca)). p53 large T E1B E16 RNA-Viren RNA Viren gehören in die Gruppe der Retroviren. Im unterschied zu den DNA-Viren führen sie akut (innerhalb weniger Wochen) zu einer Transformation. Wie alle Retroviren haben sie eine einheitliche genomische Struktur. Ihre einzelsträngige RNA enthält: - das gag-Gen ( codiert für Antigen = Nukleokapsid) - das pol-Gen (= reverse Transkriptase) - das env-Gen (codiert für Hüllprotein) - zwei LTR (long terminal repeats)-Sequenzen (= Promoter, wirkt verstärkend auf benachbarte Regionen und die Virusgene). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 70 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Die Virus-RNA wird in der Zelle durch eine virale reverse Transkripase in die Virus-DNA transkribiert. Diese wird als Provirus bezeichnet. Bei der Integration der proviralen DNA ins Wirtsgenom wie auch bei der Steuerung Ihrer Transkription sind die LTR-Sequenzen involviert. Akut transformierte RNA-Viren enthalten neben gag, pol und env ein zusätzliches Gen (virales Onkogen = v-onc), das für diese Wirkung verantwortlich sind. Die viralen Onkogene kodieren für Rezeptoren für Wachstumsfaktoren oder DNA-bindende Proteine, die den Zellzyklus steuern. Es sind ca. 50 Onkogene bekannt: - ras: ratten-Sarkom - erb: Vogel-Erythroblastosen-Virus - src: Hühnersarkom Das Multi-Hit-Modell am Beispiel Kolonkarzinom: Mutation und Selektion Multi-hit-modell: mehrere Mutationen in eine Zelle sind notwendig für Krebsentstehung. Ein erstes Ereignis führt zur Inaktivierung des Antionkogens APC. Die Zelle hat eine geringfügig erhöhte Tendenz, zu proliferieren. So bildet sich über den Zeitraum von zwei Jahren, eine kleine "Epithelinsel" aus Nachkommen dieser ersten Zelle, denen natürlich alle das APC fehlt. Je größer die APC-lose Zellinsel wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass eine dieser weitere Mutationen eine APC-lose Zelle trifft. Dieses zweite relevante Mutationsereignis könnte beispielsweise die Aktivierung von ras durch eine Punktmutation sein. Der entstehende Zellklon hat damit einen weiteren Selektionsvorteil: die verstärkte Proliferationstendenz bewirkt, dass aus den Nachkommen dieser Zelle langsam eine Insel von Zellen mit zwei genetischen Problemen innerhalb der ursprünglichen Insel mit einem Problem entsteht. Die Zellen sind immer noch gut differenziert, doch erhebt sich nun langsam ein Adenom aus der Ebene des Epithels. Weitere eineinhalb Jahre später geht in einer Tochterzelle dieses Klons die Funktion eines weiteren Tumorsuppressorgens verloren, z. B. p53, DCC, und so weiter.... Mit jedem Mutationsereignis vergrößert sich der Selektionsvorteil und verkleinert sich der Differenzierungsgrad des driftenden Zellklons. Nach 10 Jahren entsteht durch ein sechstes unabhängiges Mutationsereignis auf diese Weise die erste maligne Tumorzelle. Im Lauf der weiteren Entwicklung sammelt der Tumor noch weitere Mutationsereignisse, die z. B. für Metastasierungsorte oder –Geschwindigkeit oder für das Verhalten des Tumors unter Therapie von Bedeutung sein können. Dabei spaltet sich die Neoplasie in genetisch unterschiedliche Subklone auf, die sich auch biologisch oft unterschiedlich verhalten. Formal lassen sich drei große Gruppen von Mutationsarten unterscheiden: 1. Punktmutationen, Deletionen, Insertionen Beispiele: Proto/-Onkogene: EGF-Rezeptor, Src, Ras: nicht abschaltbare Proteine Antionkogene: Rb, p53: inaktive Proteine 2. Amplifikationen Beispiele: Myc, Mdm2: normales Protein stark überexprimiert 3. Translokationen Beispiele: Burkitt-Typ (t(8,14): Myc, normales Protein stark überexprimiert Philadelphia-Typ: Bcr-Abl, Fusionsprotein nicht abschaltbar oder überexprimiert. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 71 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Normale Wachstumsregulation: Proto-onkogene Definition: Protoonkogen ist ein normales Gen, meist mit der Kontrolle der Zellproliferation befasst, das durch Mutation in ein Krebs-förderndes Onkogen verwandelt werden kann. Unter welchen Bedingungen proliferieren Zellen? Zellen teilen sich dann, wenn ein spezifischer Bedarf nach einer bestimmten Zellart besteht. Proliferation erfolgt genau geregelt und erst, wenn Bedarf nach neuen Zellen besteht. Dieser Bedarf wird meist von anderen Zellen gemessen und durch ein Signalmolekül denjenigen Zellen mitgeteilt, die durch Proliferation den Bedarf decken können. Teilung versus Differenzierung Bsp. Blut inklusive Knochenmark: Nur die Stammzellen des Knochenmarks und wenige nachfolgende Zellgenerationen sind zur Proliferation befähigt. Wenn Proliferationsbedarf durch entsprechende Signalmoleküle angezeigt wird, teilen sich Stammzellen "heteromorph": eine der beiden Tochterzellen ist ein wenig differenzierter, währen die andere Tochterzelle ein genaues Abbild der Mutterzelle ist. Damit bleibt der Stammzellpool erhalten. Unter Einfluss des Musters an vorhandenen Signalmolekülen entwickeln sich determinierte colony forming units, die sich nur mehr in eine der hämatologischen Zellarten entwickeln können. Von der Gesamtheit dieser Zellen spricht man als Proliferationspeicher. Schließlich machen diese Zellen einen terminalen Differenzierungsschub mit, durch den sie die Fähigkeit, zu proliferieren verlieren. Die Zellen reifen von da an nur mehr aus und werden in ihrere Gesamtheit als Reifungsspeicher bezeichnet. Zellteilung ist ein Programm, das das An- und Abschalten vieler Gene beinhaltet Wenn sich eine zur Proliferation fähige Zelle dazu entschlossen hat, sich zu teilen, bedeutet das, dass der innere Zustand der Zelle ziemlich umgekrempelt wird. Viele Gene, die in der G0/G1-Phase aktiv waren, müssen abgeschaltet, andere dafür angeschaltet werden. Vom Signalmolekül zur Änderung der Genexpression: Protoonkogen-Klassen Die Information, die in Form eines Signalmoleküls von außen kommt, kann nur über mehrere Molekül-Stationen in eine geänderte Genexpression und Entscheidungen über Proliferationsverhalten umgesetzt werden. Moleküle, die diese Funktionen wahrnehmen, sind oft anfällig dafür, durch Mutationen zu aktiven Onkogenen verändert zu werden. In ihrem normalen, physiologischen Zustand werden sie als Protoonkogene bezeichnet und funktionieren als: Klasse I: Wachstumsfaktoren Klasse II: Rezeptoren für Wachstumsfaktoren Klasse III: Signaltransduktionsmoleküle (Moleküle, die dieses Signal von der Zellmembran in der Zelkern bringt) Klasse IV: Transkriptionsfaktoren Klasse V: Bestandteile der Zellzykluskontrollmaschinerie M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 72 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Prinzip der Protoonkogen-Aktivierung: eine Mutation täuscht das Vorhandensein eines Wachstumssignals vor An einem Rezeptor für einen Wachstumsfaktor kann das Prinzip der Onkogenaktivierung durch eine Mutation besonders gut demonstriert werden. Physiologischerweise kann dieser Rezeptor an- oder abgeschaltet werden: in Abwesenheit des Wachstumsfaktors ist er abgeschaltet; erst durch den Wachstumsfaktor wird er aktiviert. Onkogenaktivierung: Mutation verändert Rezeptor, dass er immer im angeschalteten Zustand vorliegt. Für die Zelle wird durch die Mutation das Vorhandensein eines Wachstumssignals vorgetäuscht => Proliferation der Zelle. Bei weitem nicht alle Mutationen in einem Protoonkogen haben diesen Effekt: die meisten Mutationen führen dazu, dass das kodierte Protein nicht mehr funktioniert (loss of function). Loss of function-Mutationen in Protoonkogenen haben für die Krebsentstehung keine Bedeutung. Für die Aktivierung eines Protoonkogens zu einem Onkogen sind nur die selteneren aktivierenden Mutationen (gain of function) relevant. Man könnte versuchen, eine automobile Parallele zu konstruieren: die meisten Defekte werden zur Folge haben, dass das Auto nicht mehr fährt (loss of function). Das ist bedauerlich, aber nicht unmittelbar gefährlich. Ein aktivierender Effekt wird wesentlich seltener auftreten und könnte zum Beispiel ein festgeklemmtes Gaspedal darstellen (gain of function; schon vorgekommen!): diese Situation ist wesentlich kritischer. PROTO/-ONKOGEN-AKTIVIERUNG Wie Mutationen Protoonkogene aktivieren: Klasse I: Überexpression eines Wachstumsfaktors: PDGF/sis Wachstumsfaktoren - Protoonkogen-Produkte der Klasse I-- wirken onkogen meist dadurch, dass durch ein Mutationsereignis das unveränderte Molekül viel zu stark exprimiert wird, meist autokrin durch dieselbe Zelle. Beim Menschen trägt Überproduktion von PDGF zur Entstehung von Ewing-Sarkomen bei. Das primäre Mutationsereignis liegt dabei in einem Transkriptionsfaktor, der das PDGF-Gen übermäßig aktiviert. Wie Mutationen Protoonkogene aktivieren: Kinasen der Klassen II und III z.B. EGF-Rezeptor. Sein extrazellulärer Anteil wirkt zunächst bremsend auf die intrazellulär liegende Kinasedomäne. Diese Hemmung wir physiologischerweise nur durch Bindung von EGF aufgehoben. Eine Deletion der extrazellulären Domäne oder eine Punktmutation in der kleinen Transmembranstrecke (bei einem zweiten EGF-Rezeptortyp namens HER-2/neu) führen aber ebenso zu einer Enthemmung, so dass es für die Zelle so aussieht, als wären extrazellulär große Mengen EGF vorhanden. Nach grundsätzlich demselben Prinzip können zahlreiche Kinasen zu Onkogenen aktiviert werden. Erwähnt seien hier noch c-Raf und c-Abl, wobei letzteres besonders durch die Philadelphia-Translokation aktiviert wird, die weiter unten besprochen wird. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 73 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Wie Mutationen Protoonkogene aktivieren: Klasse III: Ras: die Aktivierung eines GProteins An Ras gebunden ist immer ein Guanosinnukleotid: GDP in der abgeschalteten Form und GTP in der angeschalteten Form. Trifft ein Wachstumssignal ein, bewirkt ein Austauschfaktor das Ersetzen des GDP durch ein neues GTP. Damit ist Ras eine gewisse Zeit aktiv. Diese Zeit ist limitiert durch eine in das Ras-Protein integrierte enzymatische Aktivität, die GTP spaltet. Diese GTPase-Aktivität ist ziemlich ineffizient, verglichen mit typischen Enzymaktivitäten. Auf die Sprünge geholfen wird ihr durch eine Familie von beschleunigend wirkenden Proteinen, den GTPase activating proteins (GAP). Durch die Koproduktion der in Ras integrierten GTPase mit einem GAP wird also das GTP nach einer gewissen Zeit in GDP und ein abdiffundierendes Pi gespalten, wodurch Ras wieder stillgelegt ist. Jede Mutation, die zu einem Ausfall der GTPase-Aktivität führt, macht Ras unabschaltbar. Die klassische Mutation mit diesem Effekt ist der Austausch von Glycin-12 zu Valin. Wie Mutationen Protoonkogene aktivieren: Klasse IV: Myc: Möglichkeiten der Aktivierung eines Transkriptionsfaktors c-Myc ist ein Transkriptionsfaktor, der immer aktiviert wird, wenn eine Zelle in die S-Phase eintreten soll. Durch Mutation kann Myc auf zwei klassische Arten aktiviert werden: AMPLIFIKATION Amplifikation bedeutet die Vervielfältigung eines Gens. Amplifizierten c-myc-Gene sind an sich normal aufgebaut; doch gibt es so viele davon, dass, wenn jedes "normal" funktioniert, insgesamt viel zu viel "normales" Myc-Protein entsteht, das die Zelle in die S-Phase treibt. TRANSLOKATION Bei der klinischen Form des Burkitt-Lymphoms, eines B-Zelltumors, finden sich häufig Translokationen, die einerseits das c-myc-Gen auf Chromosom 8, andererseits einen der drei Immunglobulinloci (Schwere Ketten auf Chromosom 14, leichte Ketten auf Chromosom 2 oder 22) betreffen. Wie Mutationen Protoonkogene aktivieren: Klasse V: Überexpression von Cyclin D Translokationen geschehen immer wieder an typischen Stellen: Bcl-1 (B cell leukemia-1), das sich als Cyclin D herausgestellt hat. Durch die Translokation kommt es auch in Abwesenheit eines Wachstumssignals zur Expression von Cyclin D und damit zu einer Proliferationstendenz. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 74 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Antionkogene = Tumorsuppressorgene Definition: Antionkogene sind Gene die an der Hemmung der Zellproliferation beteiligt sind. Rb-Protein Ein Substrat der Komplexe, die in der G1-Phase aktiv sind, ist das Rb-Protein. Solange Rb nicht phosphoryliert ist, maskiert es den Transkriptionsfaktor E2F, so dass dieser seine Zielgene nicht anschalten kann. Mehreren sich die äußeren und inneren Signale, die für die Einleitung eines Zellverdoppelungzyklus sprechen, werden die Cycline exprimiert und damit die Cdk/Cyclin-Komplexe aktiv: Rb wird an vielen Stellen phosphoryliert. Durch einen letzten Phosphorylierungsschub durch den Cdk2/E-Komplex verändert sich die Struktur des Rb– Proteins so, dass es von E2F abfällt. E2F aktiviert nun seine Zielgene: -E2F selbst als kurzfristige positive Rückkoppelung -Cyclin E / Cdk2 -c-myc, c-myb -DNA-Polymerase: für DNA-Synthese -Thymidinkinase: für Nukleotidsynthese -Dihydrofolatreductase (DHFR): Nukleotidsynthese -Cdk1: für Mitosephase notwendig -Apaf1: Vorbereitung für Notausstieg über Apoptose -Caspase3: Vorbereitung für Notausstieg über Apoptose -p14ARF. Die durch diese Zielgene kodierten Proteine haben wichtige Funktionen für S- und M-Phase, wie z. B. die Synthese von Desoxynucleotidtriphosphaten (dNTPs). Die Aktivierung dieser Zielgene trägt daher dazu bei, die Zelle von der G1-Phase in den Zellteilungszyklus zu treiben; allerdings werden auch Apoptose-fördernde Gene angeschaltet. Rb als Musterbeispiel eines Antionkogens Es wirkt wie eine "Bremse am Zellzyklus", indem es in Abwesenheit von Wachstumssignalen E2F maskiert und die Zelle so in der G1-Phase festhält. Wachstumssignale lösen diese Bremse über die Expression von D- und E-Cyclinen und die dadurch ausgelöste Phosphorylierung und Konformationsänderung von Rb. Viele Antionkogene können als Bremsen am Zellzyklus verstanden werden, Mutationen im Rb-Gen führen häufig zu einem Verlust der Bremsfunktion Die Rb-Bremse kann physiologisch nur durch Wachstumssignale gelöst werden. Viele Mutationen haben zur Folge, dass das Rb-Protein nicht mehr funktioniert. Deletionen, vorzeitige Translationsstops, Leserasterverschiebungen und viele Punktmutationen führen zu einem Verlust der Fähigkeit von Rb, E2F zu maskieren und damit zu einem Verlust der Bremsfunktion. Antionkogene sind im Regelfall Zweikreisbremssysteme: erst wenn beide Allele ausfallen, macht sich der Ausfall bemerkbar Die meisten Mutationen loss-of-function-Mutationen sind. Durch eine solche Mutation geht also die Funktion eines Alleles verloren. Im menschlichen diploid organisierten Genom gibt es jedoch für jedes Gen zwei Allele, und die Bremsfunktion des am zweiten Allel kodierten Rb-Proteins ist ausreichend, um die Zelle in G1 zu halten. Der Ausfall der Bremsfunktion ist also, typisch für loss-of-function Mutationen, rezessiv. Erst wenn in der selben Zelle auch das zweite Allel defekt wird, drängt die Zelle über E2F-Wirkung in den Zellteilungszyklus. Da der Phänotyp der Proliferationstendenz erst bei Ausfall beider Allele auftritt, hat man Antionkogene (Tumorsuppressorgene) auch als "rezessive Onkogene" bezeichnet. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 75 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Weitere Suppressorgene: Inhibitoren der Cdk/Cyclin-Komplexe Da Cdk/Cyclin-Komplexe zu einem Fortschreiten im Zellzyklus führen, wirken Hemmer dieser Komplexe als Bremsen am Zellzyklus und damit als Antionkogene. Zwei Gruppen von Inhibitoren wirken mechanistisch unterschiedlich 1. Gruppe: bindet an Cdk/Cyclin-Komplexe: -p21 CIP1/WAF1 -p27 Kip1 -p57 Kip2 2. Gruppe: bindet an Cdk4 und verhindert deren Interaktion mit CyclinD: -p16 INK4a -p15 INK4b -p18 INK4c -p19 INK4d P53 Wahrscheinlich am häufigsten mutierte Gen in der Krebsentstehung ist. Die Funktionen von p53 sind komplex; hier wird als Transkriptionsfaktor besprochen. Struktur von p53 p53 hat drei Domänen: eine N-terminale Aktivierungsdomäne, eine mittlere DNABindungsdomäne und eine C-terminale Tetramerisierungsdomäne. Aktivierung von p53 DNA-Doppelstrangbrüche lösen die Aktivierung von p53 aus. Zunächst binden sich Dimere eines als "Ku" bezeichneten Proteins an die durch den Bruch entstandenen DNA-Enden. Die Ku-Dimere rekrutieren eine DNA-abhängige Proteinkinase, die p53 phosphoryliert. Phosphorylierung von p53 hat zwei Effekte: Steigerung der Halbwertszeit des p53-Moleküls, damit Steigerung des p53-Spiegels in der Zelle Verstärkung der Wirkung der N-terminalen Aktivierungsdomäne. Die negativ geladenen Phosphorsäurereste erleichtern die Interaktion des Transkriptionsfaktors mit der RNA-Polymerase. Zielgene von p53 Eine größere Zahl von Genen, die durch p53 angeschaltet werden, ist bekannt. Für das Grundmodell, das hier erklärt werden soll, genügt das Verständnis von drei Genen: - p21CIP1/WAF1: Hemmer von Cdk4/D, Cdk2/D und Cdk2/E - bax: wirkt Apoptose-induzierend - mdm2: bindet an p53 und ist Teil einer negativen Rückkoppelungsschleife, die zum Abbau von p53 durch Proteasen führt. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 76 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Funktionsübersicht Der Notfall, für den p53 von der Evolution entwickelt wurde, ist das Auftreten von DNADoppelstrangbrüchen. Was unbedingt vermieden werden muss, ist die Weitergabe defekter DNA an Tochterzellen. Nach dem Auftreten von DNA-Doppelstrangbrüchen wird p53 über die DNA-abhängige Proteinkinase aktiviert. Es induziert daraufhin sein Zielgen p21, das seinerseits jene Cdk/Cyclin-Komplexe hemmt, die sonst Rb phosphorylieren würden. E2F bleibt so maskiert und die Zelle bleibt in der G1-Phase arretiert. Die Zelle erhält somit Gelegenheit, ihre DNA zu reparieren. Dieser Mechanismus ist zielführend, beruht jedoch auf der Funktionalität von p21 und Rb. Was geschieht, wenn eines dieser Tumorsuppressorgene bereits durch Mutationen inaktiviert ist? Ist p21 oder Rb inaktiviert, bleibt E2F aktiv. Unter den von E2F induzierten Zielgenen ist p14ARF, das mdm2 bindet und inaktiviert. Da mdm2 für den proteolytischen Abbau von p53 notwendig ist, steigt dadurch die Konzentration von p53 weiter an. Dadurch wird die Zelle schließlich, z. B. über Induktion des p53-Zielgens bax, in Apoptose getrieben. Dafür wird die Gefahr vermindert, dass es durch Verdoppelung und Weitergabe der defekten DNA zu einer Akkumulation genetischer Probleme kommt. Die Folge von Mutationen in p53 Wie bereits erwähnt, haben die häufigsten Punktmutationen in p53 zur Folge, dass das Molekül nicht mehr an die DNA binden kann. Viele Mutationen ziehen jedoch darüber hinaus eine massive Konformationsänderung nach sich. Von diesen Veränderungen unberührt bleibt jedoch die Tetramerisierungsdomäne. Wenn also p53 auf einem Allel mutiert ist, bedeutet das, dass das mutierte p53 nach wie vor Tetramere bildet, die auch Monomere, die vom gesunden Allel stammen, einschließen. Durch die längere Halbwertszeit und den damit verbundenen höheren intrazellulären Spiegel des mutierten p53 wird es sehr unwahrscheinlich, dass sich Tetramere bilden, die sich aus vier Untereinheiten, die vom gesunden Allel stammen, zusammensetzen. Nur diese können aber im Kern ihrer eigentlichen Aufgabe nachgehen. Die Mutation eines p53-Allels schaltet damit die Funktion von p53 in dieser Zelle praktisch aus. p53 ist damit eine Ausnahme unter den Antionkogenen: während sich Mutationen in Antionkogenen sonst rezessiv verhalten, dominiert eine Mutation in einem p53-Allel häufig über ein gleichzeitig in der Zelle vorhandenes gesundes Allel. Man nennt dieses Verhalten "dominant negativ". Wenn in einer Zelle p53 funktionell nicht mehr vorhanden ist, haben auftretende Doppelstrangbrüche fatale Folgen. Unvollständige Chromosomen werden verdoppelt, was in späteren Zellteilungen zu massiven Aneuploidien führt: nicht mit Telomersequenzen gekennzeichnete "unerlaubte" DNA-Enden werden immer wieder dadurch zum Verschwinden gebracht, dass zwei Schwesterchromatiden kovalent verbunden werden. In der darauf folgenden Zellteilung werden die aneinanderhängenden Chromatiden jedoch in gegenseitige Richtungen gezogen, bis der DNA-Strang irgendwo reißt. Die genetischen Imbalancen werden so von Zellgeneration zu Zellgeneration größer. Funktionierendes p53 ist daher ein "Wächter über die Integrität des Genoms". Li–Fraumeni-Syndrom (p53-Keimzellmutation) Wenn in einer Familie eine typische Austauschmutation, die den Verlust eines DNA-KontaktArginins bedeutet, in der Keimbahn weitergegeben wird, erkranken Familienmitglieder schon jung an malignen Tumoren. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 77 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Auswirkungen des p53-Status auf die Behandelbarkeit von Tumoren p53 ist auch für die Tumortherapie von großer Bedeutung. Viele therapeutische Optionen, wie Bestrahlung oder zahlreiche Komponenten der Chemotherapie, wirken, indem sie DNASchäden induzieren. Anscheinend sind diese Maßnahmen um vieles effektiver, wenn der behandelte Tumor noch funktionstüchtiges p53 hat: dieses leitet in den betroffenen Zellen den apoptotischen Prozess ein. Tumorarten, bei denen p53 häufig intakt ist, wie Seminom, Wilms-Tumor oder ALL bei Kindern, sprechen in der Regel gut auf Therapieversuche an. Bindung von Rb und p53 durch Virusproteine Mehrere DNA-Virusarten haben unabhängig voneinander Proteine entwickelt, die den Zweck haben, p53 und Rb in der virusbefallenen Zelle auszuschalten: Virus Rb p53 Adenovirus E1A E1B-p55 humanes Papillomavirus E7 E6 SV40 (Affenvirus) T T ("large T") Ein DNA-Virus, das für seine Vermehrung auf das Vorhandensein von Desoxyribonucleotiden etc. angewiesen ist, genießt offensichtlich einen Selektionsvorteil, wenn es ihm gelingt, die Zelle in die DNA-Replikationsphase zu drängen. Andere Antionkogene: Kolonkarzinom: APC DCC HNPCC Brustkrebs: BRCA1 BRCA2 Sehr wesentlich für die Entwicklung einer malignen Zelle ist der Zustand ihrer DNAReparaturmechanismen. p53, ATM, p21 lassen sich hier einordnen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 78 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 48.Obtruktive und Restriktive Lungenerkrankungen? Lungenvolumina: - Atemzugvolumen: jenes Volumen an Luft, das ausgehend von der Atemruhelage, bei normaler Einatmung in die Lunge aufgenommen wird. - Inspiratorisches Reservevolumen: jenes Volumen, das über die normale Einatmung hinaus maximal eingeatmet werden kann. - Expiratorisches Reservevolumen: jenes volumen, das nach normaler Ausatmung noch ausgeatmet werden kann. - Residualvolumen: nach maximaler Ausatmung bleibt ein Restvolumen in der Lunge, welches durch die Atmung nicht beeinflusst werden kann = Residualvolumen. Totalkapazität: alle angeführten Volumina zusammen bezeichnet man als Totalkapazität. - Vitalkapazität: die Summe der Volumina, die durch die Atmung beeinflussbar sind (also inspiratorisches + expiratorisches Reservevolumen + Atemzugvolumen) bezeichent man als Vitalkapazität (VC). Funktionelle Residualkapazität: die Summe aus Residualvolumen + expiratorischem Reservevolumen heißt funktionelle Residualkapazität (FRC). Das Atemzugvolumen (VT) setzt sich aus dem Totraumvolumen (VD) und dem Alveolarvolumen (VA) zusammen. - Zum Totraumvolumen zählt man Nasen- und Rachenraum sowie Teile der Bronchien, die nicht am Gasaustausch beteiligt sind. Dieser anatomischer Totraum kann sich zum sogenannten funktionellen Totraum vergrößern, wenn Teile der Lunge aus verschiedenen Gründen nicht am Gasautausch teilnehmen. - Als Aveolarvolumen bezeichnet man die direkt am Gasaustausch beteiligten Lungenteile. - Für die Sauerstoffversorgung des Körpers ist die Ventilation der Lunge von Bedeutung. Diese berechnet man aus Atemzugvolumen (in Ruhe 0,5 l min-1) mal Atemfrequenz (in Ruhe 12 Atemzüge min-1) = Atemzeitvolumen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 79 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Obstruktive Lungenerkrankungen Chronische Atemwegserkrankungen Chronische Bronchitis Definition: Die WHO definiert als chronische Bronchitis eine Symptomatik mit vermehrter Schleimsekretion, Husten und Auswurf in zwei aufeinander folgenden Jahren während je mindestens drei Monaten. Ätiologie und Pathogenese: Die wesentlichen Faktoren für die Entwicklung des chronischen Bronchitis liegen in toxischen Substanzen der Gas- und Partikelphase des Zigarettenrauchs. Die Schadstoffe bewirken: - eine Störung der Kinozilienfunktion - eine Änderung der Zellzusammensetzung im Oberflächenepithelien mit Hyperplasie Schleimbildender Becherzellen - Aktivierung von Makrophagen und Granulozyten - Oxidanzienaktivierung mit nachfolgender Zellschädigung - Beeinflussung des Surfactant-Systems - Erhöhte Anfälligkeit für komplizierende virale und bakterielle Entzündungen. Morphologie: Mikroskopisch werden folgende Bronchitisformen unterschieden: - Chronische katarrhalische Bronchitis: Sie ist durch eine Becherzellenhyperplasie und Hypertrophie von Schleimdrüsen der Bronchialwand mit vermehrter Schleimbildung charakterieisert, - Chronische intramurale Bronchitis: Charakteristisch ist eine lymphoplasmazelluläre Entzündung mit einzelnen Mastzellen und eosinophilen Leukozyten, - Chronische hypertrophiesche Bronchitis: Bei ihr liegen chronisch-rezidivierende Schleimhautentzündungen mit polypoiden Auffaltungen der Schleimhaut vor, - Chronische destruierende Bronchitis: Hier steht neben der Entzündung der Abbau der mesenchymalen Wandstrukturen im Vordergrund. Klinisch-pathologische Korrelationen: Die Folgen der chronisch verlaufenden Bronchitis resultieren aus Luftverteilungsstörungen mit unregelmäßig belüfteten Alveolarbereichen. Daraus entwickeln sich chronische Überblähungen und dystelektatische Lungenbezirke. Die inhomogene Belüftung führt zu einer unterschiedlichen Sauerstoffversorgung des alveolären Lungengewebes. Eine reflektorisch bedingte Druckerhöhung im Blutkreislauf der Lunge ist die Folge. Bronchiolitis obliterans (Chronische Bronchiolitis) Definition und Morphologie: Bei der Bronchiolitis obliterans führt eine destruierende Entzündung mit pfropfartiger Organisation von bronchioloalveolärem Exudat durch Granulationsgewebe zu einer zunehmenden Lichtungsverlegung der Bronchiolus. Durch Fortleitung auf das angrenzende Lungengewebe entsteht das Bild der Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie (BOOP). Klinisch-pathologische Korrelation: Klinische Zeichen der Bronchiolitis sind Husten und glasiger, bei bakterieller Superinfektion eitriger Auswurf. Allgemeinsymptome sind Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 80 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Asthma bronchiale Definition: Nach dem klinischen bild handelt es sich um anfallsweise auftretende Zustände vorwiegend expiratorischer Dyspnoe mit akuter Lungenblähung. Es werden zwei Formen unterschieden: - das allergische Asthma (extrinsic asthma, exogenes Asthma) und - das nicht allergisch bedingte Asthma (intrinsic asthma, endogene Asthma). Ätiologie und Pathogenese: Beim exogen-allergischen Asthma handelt es sich um eine IgE-Vermittelte Entzündung des Bronchilasystems, bei der die von Mastzellen freigesetzten Entzündungsmediatoren (Histamin, Arachidonsäurederivate) das Krankheitsbild bestimmen. Als Allergen wirken Pollen, tierische und pflanzliche Stäube, Tierproteine und Chemikalien. Zum nicht allergisch bedingten Asthma gehören das Asthma durch Infektion, das chemisch- oder physikalisch-irritative Asthma (durch Staub, kalte Luft), das Anstrengungsasthma und die pseudoallergische Reaktion durch Analgetika (Acetylsalizylsäure). Morphologie: Die Lungen weisen eine generalisierte Überblähung auf. Der Bronchospasmus ist an einer Auffaltung der Bronchialschleimhaut und Lichtungseinengung als Folge eines erhöhten Muskeltonus erkennbar. Die erhöhte Schleimproduktion ist mit einer Hyperplasie von Schleimbildenden Becherzellen korreliert. Klinisch-pathologische Korrelationen: Das Asthma bronchiale tritt anfallsartig auf. Leitsymptom ist eine Dyspnoe mit expiratorischen Giemen. Im Anfall kommt es zur Orthopnoe unter Inanspruchnahme der Atemhilfsmuskulatur. Ein perkutorisch hypersonorer Klopfschall entspricht dem Befund der akuten obstruktiven Lungenüberblähung. Bei schwerwiegenden Krankheitsverläufen resultieren Tachykardie, Zyanose und durch Hyperkapnie bedingte Bewusstseinstrübungen. Belüftungsstörungen der Lunge Atelektasen Definition: Der Begriff Atelektase der Lunge bezeichnet zustände verminderten oder aufgehobenen Luftgehaltes der Alveolarräume. Pathogenese und Morphologie: Es lassen sich primäre und sekundäre Atelektasen unterscheiden. Primäre Atelektasen der fetalen Lunge resultieren aus perinatalen Störungen der zentralen Atemregulation, Verlegungen oder Fehlbildungen der Atemwege sowie Kompresionen. Sekundäre Atelektasen werden nach pathogenethischen Mechanismen in verschiedene Formen unterteilt: - Resorptions-/Obstruktionsatelektase: Voraussetzung für diese Atelektaseform ist ein Bronchusverschluss mit nachfolgender Resorption der Luft aus den alveolären Lungenabschnitten. Häufigste Ursachen sind obstruierende Bronchustumoren, Schleim, seltener aspiration Fremdkörper. - Kompresionsatelektasen: Durch Druck von außen oder innen entstehen die Kompresionsatelektasen z.B. bei Pleuramesoteliom. Auch große intrapulmonale Emphysemblasen oder Tumoren führen zu meist mantelförmieg entwickelten Randatelektasen. Platten- und Streifenatelektasen resultieren z.B. bei Zwerchfellhochstan oder interlobären Ergüssen. - Entspannungsatelektasen: Nimmt der negative Druck im Pleuraspalt ab oder ist er sogar aufgehoben, dann resultiert z.B. bei erhaltener Eigenelatizität der Lunge eine hilipetale Retraktion. Ursach dieses Lungenkollaps ist häufig ein Pneumothorax. Klinisch-pathologische Korrelationen: Atelektatische Lungenabschnitte können auch nach Jahren wieder entfalten, sofern eine Fixierung durch entzündliche Komplikationen oder durch fibrosierende Prozesse ausbleibt. Chronische atelektasen sind durch eine zunehmende interstitielle Fibrosierung, Kondensation elastischer Faserstrukturen und einen teils drüsenähnlichen Umbau der ehemaligen Alveolen, vowiegend durch Typ-II-Pneumozyten, charakterisiert. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 81 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Emphysem Definition: Die Emphysem impliziert einen zustand vermehrten Luftgehaltes. Sie ist eine irreversible Zerstörung der Struktur des respiratorischen Lungenparenchyms mit Dilatation der Lufträume distal der Bronchioli terminales. Nach der Verteilung unterscheidet man diffuse und herdförmige Emphyseme. Ätiologie: Die Ätiologie ist komplex. Verschiedene endogene (Proteaseinhibitormangel) und exogene Faktoren (z.B. Zigarettenrauchen) wirken in variabler Kombination zusammen. Pathogenese: Nach der Pathogenese stehen folgende Prozesse bei der Entwicklung von Emphysemen im Vordergrund: - Eine Strukturstörung des Stützgerüstes im bereich der kleinen Lungenanteilen, der Azini und der Alveolarwände, (kollagen und elastische Fasern sowie Proteoglykane), - Eine chronische Überdehnung mit verminderter Perfusion und Atrophie der Alveolen. Einteilung der Emphyseme - - - - - Zentroazinäres Emphysem: im Vordergrund steht eine Dilatation der respiratorischen und terminalen Bronchiolen. Im Endstadium resultiert das Bild des „optisch leeren Azinus“. Typisches Beispiel ist das Staubephysem der Kohlenbergarbeiter. Auch chronische Bronchitis, Zigarettenabussus und eine erhöhte Exposition gegenüber Industrieabgasen sind häufig weitere Teilfaktoren dieser Emphysementwicklung. Bronchostenotisches bzw. bronchiolostenotisches Emphysem: Es kommt zur Stenosen von kleinen Bronchien und Bronchiolen, die zu einer chronischen Überdehnung der azinären Alveolarstruktur führen. Ursach sind langjährige rezidivierende Entzündungen. Panazinäres Emphysem: Bei diese Form sind alle Azinusteile mehr oder minder gleichmäßig betroffen, Es kommt zur abnorm weite Alveolarräume und Reduktion der -Antitrypin-Mangel eine große Rolle.Die Krankheit manifestiert um sich bereits um das 40 Lebensjahr. Auch beim MarfanSyndrom gibt es gelegentlich panazinäre Emphyseme als Ausdruck einer offenbar genetisch bedingten Störung des Bindegewebes. Panlobuläres Emphysem: Hier handelt sich um ein stark ausgeprägtes panazinäres Emphysem. Bullöses Emphysem: Wenn Bereiche des panazinären Emphysems durch Einriss verbliebener Septen zu großen Emphysemblasen mit einem Durchmesser von mehr als 1 cm konfluieren spricht man von Bullöses Emphysem. Seniles (Alters-)Emphysem: Es entspricht morphologisch dem Typ des diffusen panazinären Emphysems. Ursach ist die altersbedingte Degeneration der bindegewebigen und elastischen Faserstrukturen der Lunge. Interstitielles Emphysem: Voraussetzung für diese Form sind Defekte im Grenzgebiet zwischen lufthaltigem Lungengewebe und interstitiellem Bindegewebe. Im interstitium ist dann eine Anreicherung von Luft zu finden. Häufigste Ursache ist eine Überdruckbeatmung. Irreguläres Emphysem:Unter dieser Emphysemform werden unregelmäßig verteilte Störungen mit Abbau der Alveolen zusammengefasst. Narbenemphysem: Es entspricht dem morphologischen Typ des irregulären Emphysems. Bei dieser Form des Emphysems führt die Ausbildung einer Narbe. Die Narbe imponiert wie eine „Spinne im Netz“. Paraseptales-periazinäres Emphysem: Diese herdförmiege Emphysemform betrifft die „Schwachstellen“ des Lungengerüstes nämlich die an Pleura oder Interlobärsepten grenzenden distalen Azinusanteile. Als Ursach sind mechanische Schädigungen der paraseptalen Alveolarwände bei den Atembewegungen z.B durch heftiegeruckartiege Hustenstöe. Eine Komplikation ist der Spontanpneumothorax. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 82 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ - Kompensatorisches (Überdehnungs-)Emphysem: Mit diesem Begriff wird eine Überblächung des Lungengewebes, z.B. in der verbliebenen Lunge nach einseitiegr Pneumonektomie, bezeichnet. Klinisch-pathologische Korrelationen: Klinisches Leitsymptom bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Lungenemphysem sind Husten und Atemnot, bei gleichzeitiger chronischer Bronchitis gehört erhöhter Auswurf zur Symptomentrias. Die Komplikationen sind progressive respiratorische Insuffizienz und zunehmendes Versagen des überlasteten Cor Pulmonale. Restriktive Lungenerkrankungen Bei anatomischem oder funktionellem Verlust von Lungengewebe und damit verbundener Abnahme der Compliance spricht man von restriktiver Lungenerkrankung. Ein anatomischer Verlust liegt nach entfernung (Resektion) oder Verdrängung (z.B. durch Karzinome) von Lungengewebe vor. Auch Atelektasen führen u.a. zu einer Abnahme der Diffusionsfläche. Eine funktionelle Einschränkung der Gasaustauschfläche liegt bei Exudation von Plasmawasser in Alveolen vor, wie beim Lungenödem oder Entzündungen. Bei der Lungenfibrose verdrängt proliferierendes Bindegewebe intaktes Lungenparenchym (Abnahme der Diffusionsstrecke), drängt sich zwischen Kapillaren und Alveolen (Verlängerung der Diffusionsstrecke) und behindert die normale Entfaltung der Lunge (Einschränkung der alveolären Belüftung). Eine Behinderung der Lungenentfaltung kann ferner durch Thoraxdeformierungen, Zwerchfell-Lähmung sowie Verklebungen der beiden Pleurablätter auftreten. Auch der Pneumothorax zählt zu den restriktiven Lungenerkrankungen. Auswirkungen einer restriktiven Lungenerkrankungen sind die Verminderung von Compliance, Vitalkapazität, funktioneller Residualkapazität und Diffusionskapazität. Vermindertes Diffusionskapazität führt zu Diffusionsstörungen und damit zur Hypoxämie. Atemgrenzwert (Vmax= maximale willkürliche Ventilation) und absolute Sekundenkapazität sind meist erniedrigt, die relative Sekundenkapazität (= sie gibt an, wie viel % der Vitalkapazität nach maximaler Einatmung innerhalb der ersten sekunde ausgeatmet werden kann, normalerweisesoll über 80% liegen (sog. Tiffenau-Test)) ist jedoch meist normal. Durch die Verdrängung von Blutgefäßen steigert der Gefäßwiderstand. Um das Herzeitvolumen durch den Lungenkreislauf zu pumpen, ist daher ein höhere Druck erforderlich, der vom rechten Herzen aufgewendet werden muß. Folge ist eine erhöhte Rechtserzbelastung (Cor pulmonale). ANHANG: Um in die Alveolen zu gelangen, muß Luft die Atemwege passieren, die der Strömung einen Widerstand (Resistance) entgegensetzen. Der Wiederstand wird durch das Lumen der Atemwege, v.a. der mittleren Bronchien, diktiert. Das Lumen kann durch Schleim und durch Kontraktion der Bronchialmuskulatur eingeengt werden. Bei gesteigerter Resistenz spricht man von obstruktiven Lungenerkrankungen. Eine intrathorakale Zunahme der Resistance ist auf Verengung bzw. Verlegung der Bronchien zurückzuführen, sei es durch Kompression von außen, durch Kontraktion der Bronchialmuskulatur, durch Verdickung der Schleimhaut oder durch Verlegung des Lumen mit Schleim. Meist sind die genannten Veränderungen Folgen von Asthma oder chronischer Bronchitis. Bei Asthma liegt eine Allergie gegen inhalierte Antigene vor (z.B. Blütenstaub, Polen). Diese Antigene lösen eine Entzündung der Bronchialschleimhaut aus, die zur Freisetzung von Histamin und Leukotrienen führt. Unter dem Einflüß dieser Mediatoren kontrahiert die M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 83 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Bronchialmuskulatur, und Schleimsekretion sowie Gefößpermeabilität sind gesteigert. Auch in der Schleimhaut sitzende Mikroorganismen können antigen wirken (infektallergisches Asthma). Hier sind die Grenzen zur chronischen Bronchitis fließend. Eine obstruktive Lungenerkrankung kann auch Folge von Mukoviszidose sein. Eine extrathorakale Zunahme der Resistance tritt z.B. bei Stimmbandlähmung, Glottisödem und Kompression der Trachea von außen auf (z.B. Tumoren, Struma). Bei der sog. Tracheomalazie ist die Trachealwand aufgeweicht und kollabiert bei Inspiration. Auswirkungen einer obstruktiven Lungenerkrankung ist einer eingeschränkte Ventilation. Bei extrathorakalen Hindernissen ist meist vorwiegend die Inspiration betroffen, da der bei Expiration steigende prästenotische Druck im Lumen der Atemwege die Engstelle weitet. Intrathorakale Hindernisse beeinträchtigen vorwiegend die Expiration, da der bei Inspiration sinkende intrathorakale Druck die Atemwege erweitert. Der Atemzeitquotient (Expirationsdauer/Inspirationsdauer) nimmt zu. Die erschewerte Expiration überbläht die Ductuli alveolares (zentrilobuläres Emphysem), die Retraktionskraft der Lunge nimmt ab (Zunahme der Compliance), und die Atemmittellage wird in Richtung Inspiration verschoben (Fassthorax). Dabei ist die funktionälle Residualkapazität erhöht. Durch die Zunahme von Compliance und Resistance muß zur Expiration ein intrathorakaler Überdruck erzeugt werden. Dieser bewirkt eine Kompression der Bronchiolen, so dass der Atemwegswiderstand weiter zunimmt. Die Obstruktion schränkt Atemgrenzwert und Sekundenkapazität ein, die unterschiedliche Ventilation verschiedener Alveolen führt zu Verteilungsstörungen. Die Hypoxie hypoventilierter Alveolen fürt zu Vasokonstriktion, Widerstandszunahme im kleinen Kreislauf, pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzbelastung (Cor pulmonale). 49. Exogen-allergische Alveolitis Definition: Exogen-allergische Alveolitiden sind Lungenentzündungen, die durch eingeatmete Antigene, meist von Schimelpilzen, verursacht werden. Risikofaktoren im häuslichen Bereich sind hohe Raumfeuchte, verunreinigte Klimaanlagen, aber auch Haustiere. Eine Gefährdung aus dem beruflichen Umfeld stellt der Umgang mit verschimelten Materialien wie Heu oder Getreide (Farmerlunge, Drescherlunge) dar. Pathogenese: Im vordergrund steht die Typ-III Immunreaktion mit ausbildung Antikörper vom Typ IgG. Aber auch andere Immunreaktionen kommen vor (Typ-I-Sofortreaktion, TypIV-Spätreaktion). Aus einer akuten Entzündung der Alveolen und des Interstitiums kann sich langfristig eine Lungenfibrose ausbilden. Klinisch-pathologische-Korrelation: Etwa 4 – 8 Stunden nach Exposition kommt es zu Schüttelfrost, Fieber, grippeähnlicher Symptomatil und Bronchialspasmus. Funktionel liegt eine restriktive Ventilationstörung vor. Abklingen der Beschwerden meist nach 24 h, sofern keine weitere Antigenexposition vesteht. 50. Glucocorticoide: v.a. Cortisol-Synthese-Funktion-AusfallAGS? Die Zona glomerulosa der NNR produziert die sog. Mineralocorticoide Aldosteron, Cortikosteron und 11-Desoxycorticosteron. Die Zona fasciculata produziert hauptsächlich das Glucocorticoid Cortisol (=Hydrocortison) und (in geringem Ausmaß) Cortison. Die Zona reticularis produziert die Androgene der NNR, wie z.B. Dehydroepiandrosteron. Für den Transport des Cortisols im Blut wird dieses v.a. an Transcortin (=Cortisolbindendes Globulin = CBG) gebunden. Ändert sich die Konformation von CBG, z.B. in Ramen einer Entzündung, wird Cortisol freigesetzt. Für die Regelung der Cortisolbildung sind CRH und ACTH verantwortlich. ACTH sorgt außerdem für die Aufrechterhaltung der NNR-Struktur und für die Bereitstellung der Hormonausgangssubstanz (Cholesterin aus Cholesterinester).Die ACTH-Auschüttung M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 84 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ wird einerseits von CRH und Adrenalin gefördert und steht anderseits unter der (negative Rückkoppelungs-) Kontrolle von Cortisol. Rezeptorproteine für die Glucocortikoide hat man in praktisch allen Organen gefunden. Die Wirkungen sind daher vielfältig. Sie beeinflusen u.a. folgende Funktionen: 1. Kohlenhydrat- und AS-Stoffwechsel: Cortisol erhöht die Glucosekonzentration im Blut (Steroiddiabetes). Cortisol wirkt also katabol (Substrat abbauend bis hin zu Gewebe abbauend). Dadurch erhöht sich auch die Ausscheidung vom Harnstoff. 2. Herz- und Kreislauf: Hier führen die Glucocorticoide zu einer Verstärkung der Herzkraft und zur Gefäßkonstriktion, was in beiden Fällen durch eine Verstärkung der Catecolamineffekte geschicht: permissive Cortisolwirkung. Außerdem führt Cortisol zu einer vermehrten Bildung von Adrenalin im NN-Mark und von Angiotensinogen in der Leber. 3. Glucocorticoide wirken antientzündlich und antiallergisch, weil sie die Synthese von Lymphokinen und die Histaminfreisetzung hemmen sowie die Lysosomen stabilisieren. 4. Niere: Glucocorticoide verzögern die Wasserausscheidung und halten eine normale GFR aufrecht. 5. Am Magen schwächen die Glucocorticoide dem Mukosaschutz, so dass bei hoher Dosierung oder starkem Stress die Gefahr von Magengeschwüren besteht. 6. Am Gehirn kommt es bei erhöhtem Gluococrticoidspiegel zu psychischen Veränderungen. 51. Plazentahormone? Die Plazenta produziert: HCG (human chorionic gonadotropin), CRH (Corticoliberin), Östrogene (E), Progesteron (P), HPL (= human placental lactogen), POMC (=ProOpiomelanocortin (ACTH, -Endorfin, -MSH (-Melanozyten-stimulierendes Hormon = -Melanocortin) und -LPH (-Lipotropin )). Dabei beherscht HCG das 1 Trimenon (Dreimonatsperiode), während bei der Mutter HPL und CRH-gesteuerten Östrogene erst im 3 Trimenon stark ansteigen. Die Plazentaren Hormone gelangen sowohl in den mütterlichen als auch in den fetalen Organismus. Wegen der engen Verknüpfung der Hormonbildung in Mutter, Fetus und Plazenta spricht man von fetoplazentarer Einheit. HCG hat die Aufgabe: M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 85 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ 1. in der fetalen NNR die Produktion von DHEA, DHEA-S u.a. Steroiden zu stimulieren 2. im mütterlichen Ovar die Follikelbildung zu unterdrücken und 3. im Gelbkörper die Progesteron- und Östrogen-Produktion aufrechtzuerhalten. Ab der 6 Woche ist dies nicht mehr nötig, da jetzt die Plazenta genug Progesteron und Östrogene bildet. Die Plazenta ist für die Produktion der Steroidehormone Progesteron und Östrogene auf die Zulieferung der jeweiliegen Vorstufe (Cholesterin bzw. Androgene) aus der mütterlichen und fetalen NNR angewiesen. Die fetale NNR betseht aus eine fetale und adulte Zone und ist teilweise größer als die Niere. So nimmt die Plazenta Cholesterin und Pregnenolon auf und bildet daraus Progesteron. Progesteron gelangt zurück zur fetalen NNR und wird dort in der fetalen Zone zu Dehydroepiandrosteron (DHEA) und dessen Sulfat (DHEA-S) umgewandelt. Beide erreichen die Plazenta die daraus Östrogene bildet. Im Hoden des mänlichen Fetus wird Progesteron zu Testosteron umgebaut. HPL (=human placental lactogen): Eine wichtige Funktion von HPL ist die Erhöhung des mütterlichen Glucosespiegels. Wie Prolaktin kann HPL Wachstum und Milchproduktion der Brustdrüse erhöhen und, wie STH beeinflusst HPL allgemein Wachstum une Entwicklung. CRH: Bei der hormonale Regulation der Geburt spielt das in der Plazenta gebildete CRH eine Schlüsselrolle. Ab der 12.SSW steigt seine Konzentration im mütterlichen Blut an, und zwar vor eine Frühgeburt schneller und vor eine verspäteten Geburt langsamer als vor einer termingerechten Geburt. Diese CRH stimuliert: 1. ACTH-Sekretion in der fetalen Hypophyse, so dass in der fetalen NNR (adulten Zone) vermehrt Cortisol gebildet wird, das die CRH-Ausschüttung fördert (positive Rückkopelung) und außerdem die Lungenreifung vorantreibt, und 2. in der fetalen NNR (fetale Zone) die Produktion von DHEA und DHEA-S, aus dem die Plazenta vorwiegend Östrogene synthetisiert. 52. Genetische Dyslipoproteinämien? Bei dem familiären Lipdstofwechselstörungen unterscheidet man: 1. Familiären Hypercholesterinämien: a. Polygene Hypercholesterinämie: Durch zusamenwirken endogener (Erbanlage) und exogene Faktoren (Ernährung, Übergewicht, Alkohol) manifestiert sich die häufigste Form der Hypercholesterinämie mit Cholesterinwerten zwischen 250 – 400 mg/dl und merfach erhöhtem KHK-Risiko. b. Monogene Hypercholesterinämien: - Familiäre Hypercholesterinämie: Autosomal dominanter Erbgang. Die Leber, die aus Cholesterin Gallensäure herstellt, verfügt über 70% aller LDL-Rezeptoren. Von der Dichte der LDL-Rezeptoren an der Oberfläche der Leberzellen hängt die Fähigkeit der Leber ab, LDL-Cholesterin aus dem Blut zu eliminieren. Bei heterozygoten M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 86 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ - 2. 3. 4. 5. 6. 7. Mekrmalsträgern besteht eine Mangel, bei Homozygoten ein Fehlen der LDLRezeptoren bzw. Rezeptoraktivität. Heterozygote haben LDL-Cholesterinspiegel zwischen 300 – 500 mg/dl und erleiden unbehandelt häufig bereits im mittleren alter Herzinfarkte. Homozygote haben LDL-Cholesterinspiegel zwischen 500 – 1200 mg/dl und zeigen häufig bereits im Kindesalter KHK-Manifestatione. Familiär defektes Apolipoprotein B 100: Autosomal dominanter Erbgang, bisher fast nur heterozygote Formen bekannt. LDL-Cholesterinwerte 350 – 450 mg/dl. Das KHKRisiko ist hoch. Apolipoprotein E-Variante: Patienten mit dem Epsilon 4-Allel des Apolipoprotein E und dem Phönotyp E3/4 oder E4/4 weisen eine verminderte LDL-Rezeptoraktivität auf und dadurch eine mäßige LDL-Cholesterinerhöhung. Unbehandelt besitzen sie ein erhöhtes KHK-Risiko.Träger des Apolipoprotein E 4 weisen ein erhöhtes Risiko für die Alzheimer Erkrankung auf. Familiäre kombinierte (gemischte) Hyperlipidämie: autosomal dominant vererbte Erkrankung. Cholesterinwerte bis 350 mg/dl und Triglyzeridwerte zwischen 200 – 400 mg/dl. Das KHK-Risiko steigt mit der Höhe des LDL-Cholesterinwertes. Familiäre Hypertriglyzeridämie: treten gelegentlich im Rahmen eines metabolischen Syndroms auf. HDL-Cholesterin ist erniedrigt, Triglyzeride 200 bis > 1000 mg/dl, bei hohern Werten besteht Pankreatitisgefahr. Familiäre Dysbetalipoproteinämie: Syn: VLDL-Remnant- oder Typ-IIHyperlipoproteinämie. Cholesterin 300 – 800 mg/dl, Triglyzeride 400 bis > 1000 mg/dl. Bei hohem Werten geleb Handlinienxanthome charakteristisch, vorzeitiege Arteriosklerose. Chylomikronämie-Syndrom: Gelegentlich im Rahmen einer ausgeprägten Hypertriglyzerinämie oder bei der seltenen familiären Typ-V-Hyperlipoproteinämien. Bei der sehr seltenen fettinduzierten Hyperlipoproteinämie (Typ-I) findet sich ein Lipoproteinlipasemangel oder Apolipoprotein C II-Mangel. Lipoprotein (a)-Hyperlipoproteinämie = Lp(a)-Erhöhung: Lp(a) enthält ein Apolipoprotein, das mit Plasminogen um die Bindungsstellen an den Endothelzellen konkurriert (antiplasminogene Wirkung). Bei hehem Lp(a)-Spiegel wird die lokale Thrombolye im Endothelbereich der Gefäße gehemmt. Lp(a)-Konzentrationen > 30 mg/dl gelten als Arterioskleorserisikofaktor. Familiäre Hypoalphalipoproteinämien: HDL-Cholesterinernidriegung < 40 mg/dl. Ein hoher Anteil der KHK-Patienten zeigt HDL-Cholesterinverminderung, die jedoch nicht nur hereditär sind. Sekundäre HDL-Verminderungen finden sich u.a. bei Adipositas, Hypertriglyzeridämien, Zigarettenkonsum. Klinik: - Arteiosklerose: (mit ihren Folgen: KHK und Herzinfarkt, Periphere arterielle Verschlusskrankheit (AVK), AVK der Hirnarterien und Schlaganfall) - Pankreatitis: - Xanthome: (=gelbe Knoten an der Haut, durch lokale Lipideinlagerungen). 53. Angeboren Immunabwehr? Die frühe, nicht-adaptive Abwehrreaktion An den nicht-adaptiven Abwehrmechanismen sind zahlreiche Plasmaprotein- und zelluläre Systeme beteiligt: Plasmaproteinsysteme: Komplementsystem Gerinnungs/Fibrinolysesystem Kinin-System Zelluläre Elemente: Neutrophile Granulozyten M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 87 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Mastzellen Thrombozyten Endothelzellen Makrophagen NK-Zellen Die verschiedenen beteiligten Zellen verwenden ihrerseits wieder molekulare Systeme, um zur Abwehr beizutragen. Viele der benützten Moleküle, werden als "Entzündungsmediatoren" bezeichnet. Das Endziel ist natürlich nicht die Entzündung, sondern die Abwehr. Zelluläre Abwehr-Teilsysteme / "Entzündungsmediatoren" Präformierte Moleküle: gepeichert in Granula, bei Bedarf ausgeschüttet: Vasoaktive Amine: Histamin, Serotonin Lysosomale Enzyme Neusynthetisierte Moleküle: Prostaglandine und Leukotriene Plättchenaktivierender Faktor aktive Sauerstoffverbindungen NO Zytokine Typ-I-Interferone Das Komplementsystem Das Komplementsystem ist ein Abwehrmechanismus gegen bakterielle Infektionen. Es hat eine rudimentäre "Erkennungsfunktion" für Bakterien, ruft chemotaktisch Phagozyten herbei, macht Bakterien besser für Phagozyten erkennbar und verstärkt damit die Phagozytose und kann manchmal auch ohne zelluläre Hilfe Bakterien direkt lysieren. Es gibt drei Wege, durch die Komplement aktiviert werden kann. Die älteren Wege sind der "alternative" Weg und der Lektinweg. Beide werden direkt im Zusammenspiel mit bakteriellen Oberflächen aktiviert. Der jüngste Weg wird durch Antigen-Antikörper-Komplexe in Gang gesetzt („klassischer Weg“). Alternative Weg: der alternative Weg beginnt mit einer spontanen Spaltung des Plasmaproteins C3 zum kleinen, diffusiblen C3a und zum größeren C3b. C3b heftet sich kovalent an bakterielle oder zelluläre Oberflächen. Faktor B bindet an das abgelagerte C3b und wird durch die Serumprotease Faktor D in Ba und Bb gespalten. Begünstigt durch die mikrobielle Oberfläche, stabilisiert Faktor P (Properdin) die aus C3b, Bb bestehende C3Konvertase des alternativen Wegs. Die C3-Konvertase wirkt als Verstärker, indem sie viele C3-Moleküle in C3a und C3b spaltet; C3a diffundiert und wirkt chemotaktisch, während C3b sich auf der Oberfläche des Bakteriums oder der Zielzelle ablagert. Das abgelagerte C3b hat zwei Funktionen: es wirkt opsonisierend und es leitet die Konstruktion des lytischen Komplex C5 bis C9 ein. Die kleineren Spaltprodukte des Komplementsystems haben wichtiege Funktionen: C3a, C4a und C5a ("Anaphylatoxine") erhöhen die Gefäßpermeabilität, führen zur Mastzellausschüttung von Histamin und locken Phagozyten an. Sie leiten damit eine Entzündung ein und sorgen für raschen Nachschub an Komplementfaktoren und Entzümdungszellen im interstitiellen Raum. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 88 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ . Der Lektinweg der Komplementaktivierung beruht auf der Tatsache, dass Mannose häufig der letzte Zucker der Kohlehydratketten auf Bakterien ist. Ein Plasmaprotein, MBL (mannanbindendes Lektin), bindet an Mannose, gefolgt von der Bildung einer C3-Konvertase aus C4 und C2 wie beim klassischen Weg der Komplementaktivierung (siehe weiter unten). Gerinnungs/Fibrinolysesystem und Kininsystem Gerinnungs- und Kininsystem werden oft gleichzeitig in Gang gebracht durch den Mechanismus der Kontaktaktivierung. Kontaktaktivierung erfolg, wenn ein Komplex aus drei Startmolekülen dieser Systeme mit negativ geladenen Oberflächen in Kontakt kommen. Das können bei einer Verletzung Kollagen, Basalmembran, oder aktivierte Plättchen sein, oder bei einer Infektion Bestandteile der Bakterienoberfläche. Die drei Startmoleküle sind Hageman-Faktor (Faktor XII), HMW-(high molecular weight-)Kininogen und Präkallikrein. Hageman-Faktor wird aktiviert, gefolgt von der gesamten Gerinnungskaskade. Hageman-Faktor spaltet zusätzlich Präkallikrein zur aktiven Protease Kallikrein, die aus HMW-Kininogen das kleine Peptid Bradykinin herausschneidet. Bradykinin erhöht die Gefäßpermeabilität, dilatiert Blutgefäße und ist die am stärksten Schmerz auslösende Substanz. Bradykinin und andere Kinine sind kurzlebig und werden durch Kininasen gespalten und damit wieder inaktiviert. Folge: Auslösung einer Entzündung, und die Verlegung von Blutgefäßen. Das ist auch bei einer Infektion sinvoll, um die Verschleppung von Erregern mit dem Blut zu vermeiden. Der Flüssigkeitsstrom wird durch diese Maßnahmen ins Gewebe und von dort durch die Lymphknoten geleitet. Das hilft, die Infektion lokal zu begrenzen und erleichtert die Einleitung einer effizienten adaptiven Immunreaktion. Aktivierung von zellulären Elementen Neutrophile Granulozyten können viele harmlose Bakterien direkt phagozytieren, nicht jedoch die meisten Pathogene, die von einer Polysaccharidhülle umgeben sind. Phagozytose dieser Erreger ist nur nach Opsonisierung durch Komplement, oder später, nach einer adaptiven Immunantwort, durch die Kombination von Antikörpern und Komplement, möglich. Nach der Ausübung ihrer Funktion gehen neutrophile Granulozyten rasch in Apoptose und werden von Makrophagen beseitigt. Mastzelldegranulation erfolgt durch physikalische Reize, wie Verletzung, Hitze, Kälte und nach Komplementaktivierung über C5a. Später im Rahmen einer adaptiven Abwehrreaktion, wird Histaminausschüttung durch Quervernetzung von IgE ausgelöst. Dieser Mechanismus ist die Grundlage der allergischen Reaktionen vom Soforttyp. Makrophagen exprimieren mehrer Arten von Rezeptoren, die Bakterienbestandteile direkt erkennen können. Ein Beispiel wäre der Mannoserezeptor, dass auf Baktereinoberflächen oft endständige Mannose vorkommt. Die Gruppe der gog. Toll-like receptors (TLRs) umfasst Rezeptoren für sehr verschiedene Bakterienbestandteile. TLR4 oder LPS-Rezeptor bindet bakterielles Lipopolysaccharid. Zusätzlich zu diesen "direkten" Rezeptoren wirken Komplementrezeptoren, die opsonisierte Bakterien erkennen. Die Bindung über diese Rezeptoren führt zur Phagozytose und intrazellulären Abbau der Bakterien. Damit verbunden ist Ausschüttung von Zytokinen wie IL-1, TNF, IL-6, die eine weitere Ebene der nichtadaptiven Abwehreaktion, die Akutphasenreaktion, induzieren. Vasoaktive Amine Histamin wird aus den Granula von Mastzell ausgeschüttet. Es entsteht durch Decarboxylierung der Aminosäure Histidin. Für Histamin gibt es zwei Arten von Rezeptoren, H1 und H2. Die Wirkungen im Rahmen der Entzündung werden von H1-Rezeptoren M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 89 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ vermittelt. Pharmakologische Blockade (bei Allergien). Histamin bewirkt Gefäßerweiterung und Permeabilitätssteigerung. Serotonin wird aus Thrombozyten ausgeschüttet, sobald diese aggregieren, und fördert wiederum die Aktivierung weiterer Plättchen sowie deren Fähigkeit, Gerinnungsfaktoren an ihre Oberfläche zu binden. Serotonin entsteht aus der Aminosäure Tryptophan. Die übrigen Wirkungen von Serotonin ähneln denen des Histamins. Lysosomale Enzyme Proteasen (saure Hydrolasen, Kollagenase, Kathepsine, etc.) und bakterizide Proteine (Lysozym, Defensin, Myeloperoxidase zur Erzeugung von aktiven Sauerstoffverbindungen) dienen in erster Linie dazu, phagozytierte Erreger abzutöten und abzubauen. Prostaglandine und Leukotriene Prostaglandine und Leukotriene werden von vielen Zellarten aus Arachidonsäure synthetisiert, die als Fettsäureanteil in Membran-Phospholipiden vorkommt. Bei Bedarf setzen Phospholipasen Arachidonsäure aus der Membran frei, die dann in zwei Richtungen weiter verstoffwechselt werden hann: durch Cyclooxygenase in Richtung Prostaglandine, oder durch Lipoxygenase in Richtung Leukotriene. Prostaglandine heben eine kurze Halbwertszeit und beeinflussen damit ihre direkte Umgebung. Sie haben in verschiedenen Geweben sehr verschiedene Funktionen, ein wichtiege funktion ist die Wirkung als Entzündungsmediator. Im Rahmen der Entzündung fördern Prostaglandine PGE2 und PGF2 die Vasodilatation. PGE2 potenziert Schmerzauslöser (Bradykinin, Kalium). Thromboxan (in Thrombozyten) fördert Plättchenaggregation, Prostacyclin (im Gefäßendothel) hemmt sie. Im Hypothalamus trägt PGE2 auch zur Entstehung von Fieber bei. PGE2 entsteht dabei lokal nach Fernwirkung von IL-1, IL-6 und TNFα (endogene Pyrogene). Leukotriene C4, D4, E4 bewirken Brochokonstriktion und erhöhte Gefäßpermeabilität (Asthma bronchiale). Leukotrien B4 chemotaktisch und aktivierend auf neutrophile Granulozyten. Cortisol und andere Glucocorticoide hemmen bereits die Freisetzung von Arachidonsäure aus den Phospholipiden (stark entzündungshemmend). Acetylsalizylsäure (Aspirin) und andere Nichtsteroidale Antiphlogistika hemmen Cyclooxygenasen und wirken damit entzündungshemmend und fiebersenkend. Da Prostaglandine auch Schutzfunktion für Magen-Darm-Epithel haben, ist die Anwendug häufig mit gastrointestinalen Nebenwirkungen verbunden. Hemmung der Cyclooxygenase kann jedoch auch bewirken, dass Arachidonsäure eher in Richtung Leukotriene verstoffwechselt wird. Aspirin kann auf diese Art sogar einen AsthmaAnfall auslösen. Auf der Leukotrien-Seite gibt es Lipoxygenasehemmer und Rezeptorblocker die vor allem in der Asthmatherapie verwender werden. Plättchenaktivierender Faktor (PAF) PAF ist ein Phospholipid, das von Thrombozyten, basophilen Granulozyten/Mastzellen, neutrophilen Granulozyten, Monozyten/Makrophagen und Endothelzellen synthetisiert werden kann. Es hat zahlreiche proinflammatorische Wirkungen, wie Plättchenaggregation, Gefäß-Permeabilitätssteigerung, Bronchokonstriktion und chemotaktische wie aktivierende Wirkung auf neutrophile Granulozyten. Aktive Sauerstoffverbindungen M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 90 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Werden neutrophile Granulozyten oder Makrophagen durch Phagozytose oder durch Entzündungsmediatoren wie PAF aktiviert, setzt sich ein Enzymsystem in Gang, das äußerst aggressive, kurzlebige Sauerstoffverbindungen produziert, wie [z. B. Wasserstoffperoxid (H2O2), Superoxid-Anion, Singulett-Sauerstoff (1O2), Hypochlorsäure (HOCl) oder das Hydroxylradikal ( .OH)]. Dieser Vorgang wird als respiratory burst (oxidative burst) bezeichent. Die entstehenden Verbindungen gehen chemische Reaktionen mit den umliegenden organischen Molekülen ein und wirken damit hochtoxisch. Der Mechanismus ist wesentlich zur Abtötung von Pathogenen, schädigt aber natürlich auch das eigene Gewebe. NO Stickstoffmonoxid (NO) hat zwei Funktionen: es dilatiert Gefäße und es trägt zum Abtöten von Mikroben in Makrophagen bei. NO wird einersets von Endothelzellen, anderseeits von Makrophagen produziert. Werden Endothelzellen im Lauf der Entzündungsreaktion aktiviert, produziert die endotheliale NO-Synthase (eNOS) große Mengen NO, das auf die daneben liegenden glatten Muskelzellen wirkt und diese zur Relaxation bringt. Makrophagen exprimieren normalerweise keine NO-Synthase. Werden sie aber durch Zytokine wie TNF-α oder IFNγ aktiviert, induzieren diese iNOS (cytokine inducible NOSynthase), sodaß antimikrobiell wirkendes NO produziert wird. Zytokine Es handelt sich um Polypeptid-Signalmoleküle, die hauptsächlich von Makrophagen und Lymphozyten produziert werden und Funktion anderer Zellen beeinflussen. Ihre Funktion liegt in der Koordinierung von Abwehrmaßnahmen: Hinter allen folgenden Bezeichnungen verbergen sich Zytokine: Interleukine, TNF-α, Lymphotoxin, IFNγ (Interferon-γ), G-CSF (Granulocyte-Colony Stimulating Factor), GM-CSF (Granulocyte/Macrophage-Colony Stimulating Factor), c-kit-Ligand, TGF-β (Transforming Growth Factor-β). Pharmakologische: Cortisol und andere Glucocorticoide wirken stark immunsuppressiv. Glucocoticoide die Expression von Cytokine hemmen. Makrophagen sezernieren als Reaktion auf die Aufnahme von Pathogenen die Zytokine TNF-α, IL-1, IL-6, IL-8 und IL-12. IL-8 wirkt chemotaktisch auf neutrophile Granulozyten, IL-12 aktiviert NK (natural killer)Zellen. TNF-α, IL-1 und IL-6 arbeiten nicht alleine, sondern im Team. TNF-α und die Akutphasenreaktion TNF-α ist ein Zytokin, das von vielen Zellarten, aber besonders von Makrophagen und aktivierten T-helfer Typ1-Zellen produziert wird. Praktisch alle Zellen haben Rezeptoren dafür. Eine Rezeptoraktivierung der Zielzelle führt zur Induktion von Genen, die zur Entzündungsreaktion oder Akutphasenreaktion beitragen. Sinn des Moleküls:Koordination der angeborenen, nichtadaptiven Immunreaktion. Strategie: Lokal: Örtliche Begrenzung einer Infektion, Verstärkung der nicht-adaptiven Abwehrreaktion und Vorbereitung der adaptiven Immunreaktion. Der Flüssigkeitsstrom wird vom Gefäß ins Gewebe Richtung Lymphknoten umgeleitet. Die lokalen Blutgefäße werden durch Gerinnung verschlossen, sodaß die Keime nicht mit dem Blutstrom verschleppt werden. Das verhindert die Entstehung einer Sepsis. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 91 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Misslingt die örtliche Begrenzung, hat dieselbe Wirkung von TNF-katastrophale Folgen: sie führt von einer Sepsis zum septischen Schock. Makrophagen in Leber, Milz, Lunge und anderen Organen setzen so viel TNF- frei, dass im ganzen Körper die Gefäße permeabilisiert werden, das Plasmavolumen im Gewebe versackt und zusätzlich eine DIC (disseminierte intravasale Koagulation) ausgelöst wird. Systemisch: Bei physiologischen Konzentrationen, und im Zusammenspiel mit IL-1 und IL-6: Funktionsveränderungen in entfernten Organe, die die Infektionsbekämpfung fördern: Fieber, Akutphasenreaktion, Mobilisierung von Granulozyten, Bereitstellung der notwendigen Aminosäuren und Energie, Krankheitsverhalten zur Energieeinsparung: Schlaf, Appetitlosigkeit. Praktische Umsetzung: Wirkungen Lokal: aktiviert Gefäßendothel und erhöht Permeabilität der Gefäßwand; führt zu einer lokalen Thrombozytenaggregation und Verschluss der Entzündungsgefäße durch Gerinnung; zu einem vermehrten Einstrom von IgG, Komplement ins Gewebe; erleichtert Auswandern von Zellen und bewirkt einen verstärkten Lymphstrom zu Lymphknoten ( kurbelt eine adaptive Immunreaktion an). induziert gemeinsam mit IFNγ iNOS (induzierbare NO-Synthetase) in Makrophagen; aktiviert T-, B-, NK-Zellen induziert weitere Zytokine induziert Cylooxygenase und Lipoxygenase (Prostaglandine und Leukotriene) induziert Proteasen stimuliert Fibroblastenproliferation (Reparatur) Systemisch: ZNS: Schlafbedürfnis, Appetitlosigkeit; Hypothalamus: Fieber - begünstigt Infektionsbekämpfung, da bakterielle und virale Vermehrung verlangsamt werden, die Antigenverarbeitung dagegen beschleunigt. Leber: Akutphasenreaktion: Steigert die Produktion von Fibrinogen, CRP und MBL. Beide Moleküle, CRP und MBL (Mannanbindendes Lektin), verhalten sich damit wie "Universalantikörper", die Komplement über den klassischen Weg aktivieren und zu einer Opsonisierung der Erreger führen. Knochenmark: Mobilisierung von neutrophilen Granulozyten Fett, Muskeln: Mobilisierung von Energie Suppression der Lipoproteinlipase (LPL) 54. Erworbene Immunabwehr? DIE ADAPTIVE IMMUNANTWORT Zur Bekämpfung extrazellulär auftretender Erreger dienen in erster Linie Antikörper. Antikörper Ein Antikörpermolekül (=Immunglobulin) besteht aus zwei leichten (vom Typ κ oder λ) und zwei schweren Polypeptidketten (vom Typ μ, γ, δ, α oder ε), die durch Disulfidbrücken verbunden sind. Je nach Typ der schweren Kette spricht man von IgM, IgG, IgD, IgA oder IgE. Bei IgM als Pentamer (fünf solcher Grundeinheiten zu einem großen Molekül zusammengefaßt). Funktionell besteht ein Antikörper aus einer variablen und einer konstanten Region. Während die Konstante Region unveränderbar im Genom verankert ist, wird die variable M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 92 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Region durch Rearrangement (genetische Rekombination) neu gebildet. Die variable Region dient der Bindung des Antigens. Als Antigen wird alles bezeichnet, was eine adaptive Immunreaktion auslösen kann. Antigene können Polypeptide, Kohlenhydrate, Fette, Nucleinsäuren und Kunststoffe sein. Sie müssen aber gewisse Größe haben. Sehr kleine Moleküle wirken nur antigen, wenn sie an ein größeres Trägermolekül gekoppelt sind (= Haptene). Antikörper erkennen größere, dreidimensionale Oberfächenstrukturen. Oft hat ein Makromolekül mehrere solcher Strukturen, so genannte antigene Determinanten oder Epitope, die unabhängig voneinander Antikörperbildung auslösen. Umgekehrt können zwei in der Primärstruktur ganz unterschiedliche Moleküle trotzdem vom selben Antikörper erkannt werden, wenn ihre Oberflächenstruktur zufällig sehr ähnlich ist (=Kreuzreaktion des Antikörpers). Spaltet man Antikörper mit bestimmten Proteasen, kann man Bruchstücke erzeugen, die das jeweilige Antigen binden (die sog. Fab-Fragmente, Fraction antigen binding) und Bruchstücke, die das entgegengesetzte Ende des Antikörpers repräsentieren (FcFragmente =Fraction crytallizable). Viele Zellen des Immunsystems haben Fc-Rezeptoren. Mit FC-Rezeptoren erkennen und binden diese Zellen Antigen-Antikörperkomplexe, freie Antikörper werden von den Fc-Rezeptoren nicht gebunden. Eine Ausnahme sind Mastzellen, die über ihren hochaffinen Fc-ε-Rezeptor auch freie (nicht an ein Antigen gebundene) IgE an ihre Oberfläche binden. Wie tragen Antikörper zur Abwehr bei? Neutralisierende Antikörper bei Viren Neutralisierung von Toxinen Komplement-Lyse von Bakterien über den klassischen Weg Opsonisierung von Bakterien ADCC (antibody-dependent cellular cytotoxicity) NK-Zellen erkennen über ihren FcRezeptor Zellen, die Antikörper gebunden haben, und töten diese ab. Das können Virus-befallene Zellen sein, die Virus-Hüllproteine auf ihrer Oberfläche tragen. Neutralisierung bedeutet, das Virus oder das Toxin so mit Antikörper zu spicken, dass es nicht mehr an seinen Rezeptor binden kann. Komplementaktivierung über den klassischen Weg: IgM und zwei Subklassen von IgG aktivieren Komplement, indem sie mit ihrer Fc-Domäne C1q binden. Dieser Bindung ist nur möglich, nachdem die betroffenen Antikörper an ihr Antigen gebunden haben - sich also "Immunkomplex" gebildet hat, freie Antikörper in Lösung können Komplement nicht aktivieren. Mit Hilfe der C1-Komponenten C1r und C1s sowie den Faktoren C4 und C2 wird die aktive C3-Konvertase des klassischen Wegs gebildet, die aus den Spaltprodukten C4b und C2b besteht. Ab der C3-Konvertase läuft die Komplementaktivierung immer gleich ab, unabhängig davon, über welchen Weg sie in Gang gebracht wurde. . Komplementrezeptoren, die im Fall des alternativen Wegs hauptsächlich zur Phagozytose opsonisierter Bakterien dienten, sind im Fall des klassischen Wegs auch für die Beseitigung von Immunkomplexen wesentlich. CR1 kommt auch auf Erythrozyten vor und bindet dort Immunkomplexe via C3b. In Milz und Leber entfernen Phagozyten diese Immunkomplexe, ohne die Erythrozyten dabei zu beeinträchtigen. Ist das System überlastet, lagern sich M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 93 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Immunkomplexe in Basalmembranen von Gefäßen ab und können so zu Krankheitserscheinungen führen. Immunglobulinklassen (Isotypen) IgM, ein Pentamer aus fünf Standardantikörpereinheiten, wird im Zug einer akuten Infektion als erstes gebildet. Es kann daher zum Nachweis einer erst kürzlich erfolgten Infektion. IgM wirkt sehr stark komplementaktivierend. Durch seine Größe gelangt IgM nur schlecht aus den Gefäßen in den interstitiellen Raum. IgG ist das "Standardmodell" des Antikörpers.Es scheint im Verlauf einer Immunantwort später als IgM und tritt in vier Subklassen auf (IgG1-IgG4), von denen IgG1 und IgG3 Komplement binden. IgG wird als einziege Antikörperklasse aktiv über die Plazentabarriere transportiert; die auf das Kind übertragenen IgG stellen nachgeburtlich für 2-3 Monate einen wichtigen Schutz für das Neugeborene dar. IgG erreichen hohe molare Konzentrationen im Serum – eine Voraussetzung für effektive Neutralisation von Viren oder Toxinen. IgA kommt im Blut als Monomer vor; seine Hauptfunktion ist aber der Schutz "äußerer" Oberflächen des Organismus in Form eines Dimers. Dazu werden IgA-Dimere transzytotisch durch z.B. Darmepithelzellen ins Lumen geschleust. IgE dient zur Bekämpfung von Parasiten (Würmern und Protozoen). Seine Fc-Domäne bindet schon im freien Zustand an den Fc-ε-Rezeptor von Mastzellen. Gerät z. B. ein Wurm an eine so bestückte Mastzelle, bewirkt Quervernetzung von benachbarten IgE-Molekülen die Ausschüttung von präformierten Granula, die unter anderem Histamin und ein für eosinophile Granulozyten chemotaktisch wirkendes Molekül enthalten. Die so entstehende Entzündung erleichtert das Herankommen von eosinophilen Granulozyten, die wiederum über ihren Fc-ε-Rezeptor an den mit IgE gespickten Wurm binden und den toxischen Inhalt ihrer Granula darüber ausschütten. (fehlerhaft: Allergie vom Soforttyp) IgD tritt intermediär auf der Oberfläche von B-Lymphozyten im Lauf der Reifung zu Plasmazellen auf, und wird auch im Serum gefunden. Eine Abwehrfunktion für das Molekül ist heute nicht bekannt. Die Entstehung der Vielfalt der Antikörper Die Vielfalt entsteht durch Rearrangement (somatische Rekombination). Zur variablen Region eines Antikörpers steuert sowohl die schwere Kette, als auch die leichte bei.Nun ist der variable Anteil der Kette nicht einfach als Ganzes in der DNA kodiert, sondern in getrennt liegenden Teilsegmenten. Für die variable Region der schweren Kette gibt es drei getrennte Segmente: V, D und J (variable, diversity, joining). 51 (V), 27 (D) und 6 (J) sehr ähnlichen Segmenten jedoch unterschiedliche Variationen. Ein fertiger, für eine variable Region kodierender Genabschnitt wird dadurch "zusammengewürfelt", dass nach dem Zufallsprinzip ein V-Segment mit einem D-Segment und einem J–Segment rekombiniert wird. Ein Enzymkomplex schneidet die dazwischenliegenden DNA-Stücke heraus. Dabei kommt es häufig zusätzlich zum Verlust oder zum Hinzufügen einzelner Basen zwischen den drei Segmenten, was zu zusätzlicher Variabilität führt (junktionale Variabilität oder imprecise joining). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 94 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Sinngemäß selbe Vorgang läuft an den Genorten der leichten Kette ab, doch gibt es dort keine D-Segmente. Die Kombination von schwerer mit leichter Kette im fertigen Antikörper stellt einen zusätzlichen Mechanismus zur Generierung von Variabilität her. Rekombination von schweren und leichten Ketten ergeben sich bereits 3,5x106 verschiedene Antikörpermoleküle. Nach Fertigstellung eines funktionierenden Antikörpers tritt im Lauf einer Immunantwort ein weiterer Mechanismus auf, der die Variabilität noch steigert: somatische Hypermutation. Dieser Vorgang führt zu Punktmutationen in den Kodons, die für die direkt mit dem Antigen interagierenden Proteinschleifen kodieren. Zusammenfassend tragen vier Mechanismen zur der Vielfalt der Antikörperbei: die kombinatorische Vielfalt innerhalb der Ketten die kombinatorische Vielfalt durch Kombination von schweren und leichten Ketten die junktionale Variabilität die somatische Hypermutation Auf prinzipiell dieselbe Art geschieht auch der Wechsel von IgM, das ja in der Immunantwort zunächst gebildet wird, zu IgG oder einer anderen Immunglobulinklasse (Isotypenwechsel oder class switch). Die Genabschnitte für die konstanten Regionen der schweren Ketten liegen in einem großen Cluster auf Chromosom 14. Den VDJ-Genabschnitten am nächsten liegt das Gen für die konstante Region der -Kette, das zunächst exprimiert wird, gefolgt von denen für δ, γ, α und ε. Wenn im Verlauf der Immunantwort ein class switch eingeleitet wird, werden z. B. die Gene für die konstante Region von μ und δ herausgeschnitten, sodaß die unveränderte VDJ-Kombination nun neben dem Gen für die konstante Region von γ zu liegen kommt. Das führt dazu, dass nun ein IgG gebildet wird, dessen variable Region, und damit Antigenspezifität, ident ist mit der des vorher gebildeten IgM. Analog IgA und IgE gebildet werden. Die Steuerung für den class switch erfolgt dabei durch Cytokine, die hauptsächlich von T-Zellen stammen. 55.Immunologie nach der Geburt? 56. Autoimmunität? 1. Induktion einer Immunantwort durch Virusinduzierte T-Zell-Aktivierung: zytotoxische T-Zellen können durch Zielzellen erst dann aktiviert werden, wenn sie ein Kostimulatorsignal über die Antigen-präsentierenden-Zellen bekommen. 2. Induktion einer Auto-AK-Bildung mit T-Zell-Hilfe nach auto-AK-vermittelter AGPräsentation. Autoreaktive B-Zellen können keine Auto-AK bilden, wenn ihnen die T-Zelle fehlt. Über ihr Ig können sie aber Moleküle erkennen, binden, prozessieren und präsentieren, die aus einem Auto-AG und einem Fremd-AGM.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 95 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Teil bestehen. Induktion einer Autoimmunität durch molekulares Mimikry. Eine bestimmte AG (Virus, Bakterium) hat größere Ähnlichkeit mit körpereigener Struktur. Bei Infektion damit richtet sich Körper dagegen und gegen sich selbst. 4. Induktion einer Autoimmunerkrankung nach Virusinfektion durch MHC-Klasse-IIAG. Induktion durch IFN-: Virus infiziert Zellgruppe Oberflächenmoleküle von T-Lymphozyten als „fremd“ erkannt Sekretion von IFN- auf nicht beteiligten Zellen bilden sich MHC-Klasse-II-AG autoreaktive T-Zellen zerstören diese. 5. Induktion von Autoimmunität durch Verlust von Regulationsmechanismen: CD4+ + CD8+-T-Zellen können regulierend wirken Verslust Autoimmunität. Anti-Idiotypische AK richten sich gegen Determinanten der hypervariablen Region der AK trägt zur Toleranz bei. Durch Gabe von normaler Ig kann Gleichgewicht wieder hergestellt werden. 3. Entstehung von Autoimmunerkrankugne braucht 2 Dinge: - genetische Komponente und - Umwelteinflüsse. 57. Immunologische Krankheiten? Siehe Rheumatoide Arthritis, SLE, Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom, Sklerodermie,Dermatomyositis, Polymyositis, Sarkoidose. 58. Immunmangelerkrankungen? (=Immundefekte Erkrankungen) Störungen der B-Zell-vermittelten Immunität X-chromosomal vererbte Agammaglobulinämie (Bruton-Typ) M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 96 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Definition: Dieser Krankheit ist durch eine Entwicklungsstörung der B-Zell-Vorstufen gekennzeichnet. Die Patienten produzieren keine reifen B-Lymphozyten. Leichtketten werden nicht gebildet, im Serum fehlen IgA, IgM, IgD und IgE vollständig, IgG ist nur in geringen Mengen vorhanden. Pathogenese: Als molekulare Ursache wurde ein Defekt einer Tyrosinkinase(Bruton tyrosin kinase btk) festgestellt, der eine Störung der Signaltransduktion der B-LymphozytenVorstufen zur Folge hat. Das Gen für die btk ist am langen Arm des X-Chromosoms lokalisiert. Männliche Patienten werden mehr bertoffen. Klinisch-pathologische Korrelationen: Lymphknoten und Tonsillen sind deutlich verkleinert, das mukosaassoziierte lymphatische Gewebe (MALT) ist unterentwickelt. Plasmazellen fehlen vollständig. Die Erkrankung manifestiert sich erst im Alter von ca. 6 Monate, da die Kinder bis zu disem Zeitpunkt noch durch mütterliche Antikörper geschützt sind. Die Betroffenen erkranken an bakteriellen Infekten. Durch den Mangel an neutralisierenden Antikörpern kann es auch zu erhöhter Anfälligkeit gegenüber Virusinfektionen kommen. Gewöhnliche variable Immundefizienz Definition: Unter deisem Sammelbegriff wird eine heterogene Gruppe von Erkrankungen zusammengefasst. Diagnose beruht in erster Linie auf dem Ausschluss anderer definierter Ursachen für einen Antikörpermangel. Pathogenese: Der gemeinsame Nenner ist eine Hypogammaglobulinämie, die meist alle Antikörperklassen betrifft. Die Patienten haben eine normale B-Lymphozyten-Zahl, entwickeln jedoch keine Plasmazellen. Klinisch-pathologische Korrelationen: Die klinische Symptomatik beruht wie bei der XChromosomal vererbten Agammaglobulinämie vom Bruton-Typ auf dem Antikörpermangel und ist mit dieser weitgehend identisch. Es besteht ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Autoimmunerkrankungen, insbesondere für die perniziöse Aämie. Isolierte IgA-Defizienz Definition: Die isolierte IgA-Defizienz stellt den häufigsten Defekt des humoralen Immunsystems dar. Die betroffene weisen extrem niedrige Serum-IgA-Spiegel auf und produzieren auch fast keine sekretorisches IgA. Die Zahl der IgA-positiven Lymphozyten ist meist normal, sie können jedoch nicht zu IgA-Plasmazellen differenzieren. Klinisch-pathologische Korrelationen: Die betroffenen Personen sind meist gesund, bei nur wenigen treten sinonasale, intestinale und urogenitale Infektionen auf. Diese sind durch den fehlenden Schutz des IgA als hauptsächliches Immunglobulin der Schleimhäute bedingt. Störungen der T-Zell-vermittelten Immunität DiGeorge-Syndrom Definition: Die Patienetn mit dieser nichthereditären Erkrankung weisen zusätzlich zum Fehlen der T-Lymphozyten charakteristische Defekte auf, die durch eine fehlerhafte Entwicklung der 3 und 4 Schlundtasche bedingt sind. Pathogenese: Als Störung findet sich ein Deletion im Bereich der Chromosom 22. Klinisch-pathologische Korrelationen: Die T-Zell-Defizienz wird durch Fehlen oder Hypoplasie des Thymus hervorgerufen. Dies bedingt ein vermehtes auftreten von viralen Infektionen und Mykosen. Plasmazellen kommen in normaler Menge vor. Zusätzlich zur Störung des Immunsystems findet sich eine Tetanie (durch ein Fehlen der Nebenschilddrüse bedingt), Fehlbildungen des Herzens und des Aortenbogens sowie eine charakteristische Fehlbildung des Gesichtes (Hypertelorismus = weit ausenanderstehende Augen u. breiter Nasenrücken). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 97 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Wiskott-Aldrich-Syndrom Definition: Das Wiskott-Aldrich-Syndrom zeichnet sich durch Immundefekte, Ekzemneigung und Thrombozytopenie aus und wird X-chromosomal vererbt. Neben einer Verminderung der T-Lymphozyten findet sich auch ein Mangel an IgM. Klinisch-pathologische Korrealtionen: Die Patienten erkranken gehäuft an eitriegen Infektionen und entwickeln schwere ekzematöse Hautveränderungen. Es können maligen Lymphome auftreten. Hyper-IgM-Syndrom Definition: Diese X-Chromosomal vererbte Syndrom ist durch das Fehlen aller Immunglobuline mit Ausnahme vom IgM charakterisiert. Die B- und T-Zell-Entwicklung läuft normal ab. Pathogenese: Der Defekt beruht auf einem Fehlen der Expression von CD40L, dem Liganden des kostimulierenden Rezeptors CD40. Dies bedingt eine Funktionsstörung der THelferlymphozyten und hat neben dem T-Zell-Defekt auch einen Verlust der „Gedächtnisfunktion“ der B-Lymphozyten zur Folge. Morphologie: Aufgrund der fehlenden T-Helfer-Funktion enzwickeln sich in Lymphfollikeln keine Keimzentren, B-Lymphozyten differenzieren nicht zu Plasmazellen und der Immunglobulinklassenwechsel findet nicht statt. Klinisch-pathologische Korrelationen: Die Patienten erkranken gehäuft an bakteriellen und parasitären Infekten. Schwere kombinierte Immundefekte Syn: SCID, serve rcombined immunodeficiency disease Definition: Unter diesem Sammelbegriff werden Erkrankungen zusammengefasst, die durch genetisch bedingte Defekte sowohl der humoralen als auch der zellvermittelten Immunität bedingt sind. Pathogenese: Die Defekte sind sehr unterschiedlich, betroffen sind meist Funktionen der TLymphozyten. - X-chromosomal vererbte Form: Die Ursache der häufigsten Form der SCID (über 50%) liegt in Mutation der -Kette mehrerer Zytokinrezeptoren. Dadurch fällt die Funktion von Zytokinen aus, die als Wachstumsfaktoren für die Entwicklung von Tund B-Lymphozyten unentberlich sind. - Adenosin-Deaminase(ADA)-Defekt: Die häufigste autosomal-rezessiv vererbte Form der SCID wird durch den Defekt eines Enzyms des Purinabbaus verursacht. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 98 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ - Purin-Nukleotid-Phosphorylase(PNP)-Defekt: Diese Form einer Purinabbaustörung zeigt im Wesentlichen den gleichen Phänotyp wie die ADADefizienz. Seltenere autoaomal-rezessiv vererbte SCID-Formen: - Defekte des IL-2-Gens zeigen eine mildere Verlaufsforn - Defekte der Jak-3-Kinase, einer Komponente der Signaltransduktionskette der -Rezeptor-Untereinheit, zeigen eine schwere Verlaufsform. - Defekte der ZAP-70-Kinase führen zu einem Fehlen von CD8-T-Lymphozyten. - Defekt im T-Zell-Rezeptor/CD3-Komplex haben ebenfalls eine Reduktion der CD8T-Lymphozyten zu Folge. - Für das Rearrangement des T- und B-Zell-Rezeptors ist eine Rekombinase verantwortlich. Mutationen von Genen, die diese Rekombinase aktivieren, blockieren T- und B-Lymphozyten in ihrer Entwicklung, da sie das Gen-Rearrangment verhindern. - Mutationen von Transkriptionsfaktoren, die die Expression von MHC-Molekülen der Klasse II verhindern, blockieren die Entwicklung von CD4-T-Lymphozyten, da diese von der Antigenpräsentation durch MHC-II-Moleküle im Thymus abhängig ist. - Derzeit unbekannte Störungen liegen der schweizerischen Agammaglobulinämie (Defekt der lymphatischen Stammzelle) und der retikulären Dysgenesie (Defekt der hämatopoetische Stammzelle) zugrunde. Klinisch-pathologische Korrelationen: Eine Knochenmarktransplantation ist in den meisten Fällen die einziege Therapiemöglichkeit. Bei der ADA-Defizienz besteht auch die Möglichkeit einer Enzymsubstitution. 59. Funktion von T-Zellen T-Zellen haben grundsätzlich drei Hauptfunktionen: (CD4-) TH2-Zellen leisten B-Zellen Hilfe, Antikörper herzustellen (CD4-) TH1-Zellen aktivieren Makrophagen, intrazelluläre Erreger abzutöten zytotoxische (CD8-) T-Zellen töten virusbefallene Zellen Die Rolle von TH2-Zellen im Ablauf einer humoralen Immunreaktion TH2-Zellen stellen die T-Zell-Hilfe zur Verfügung, die Bedingung für die Produktion spezifischer Antikörper ist. Beispiel: Das Bakterium dringt ins Bindegewebe ein und vermehrt sich. Nichtadaptive Abwehrmaßnahmen laufen an: das Bakterium aktiviert Komplement über alternativen Weg, wird von Makrophagen und neutrophilen Granulozyten phagozytieren. Von den Phagozyten M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 99 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ freigesetzte Mediatoren lösen zusammen mit den aktivierten Serumproteinsystemen eine Entzündungsreaktion aus. Von Makrophagen freigesetztes TNF-α begrenzt die Entzündung lokal; ableitende Blutgefäße werden durch Gerinnung verstopft. Mit dem verstärkten Lymphstrom werden sowohl freie Bakterien als auch Makrophagen in die regionalen Lymphknoten geschwemmt. Lymphknoten: Makrophagen und andere APC haben die Erreger aufgenommen und "klein gehackt", d. h. die Antigene zu Peptiden prozessiert und in Spalt von MHC-II –Molekülen gebracht. Durch die Auseinandersetzung mit den Bakterien, z. B. das Erkennen von Bakterienbestandteilen durch Toll-like receptors, werden die APC aktiviert und exprimieren kostimulatorisch wirkende Transmembranproteine wie B7. Naive CD4-T-Zellen erkennt MHC-II-Bakterienpeptid-Kombination. Es entsteht ein mehrfacher Signalvorgang: ein Signal erreicht die T-Zelle über den T-Zell-Rezeptor. Weitere Signale kommen über das Transmembranprotein CD28 oder ähnliche Proteine, die die B7-Moleküle auf der APC erkennen. Durch das wird eine rasche Proliferation angeregt. Es entsteht ein Zellklon: alle Nachkommen haben den identischen, "nützlichen" T-Zellrezeptor der ursprünglichen Zelle, der das bakterielle Peptid in Zusammenhang mit MHC-II erkennt. Die Zellen des Klons differenzieren zu (CD4-) TH2- oder (CD4-) TH1-Zellen. Sie sind nun nicht mehr "naiv", sondern können "Effektorfunktionen" ausüben. Diese Differenzierung drückt sich in einem veränderten Rezeptorbesatz und der Fähigkeit zur Sekretion von Zytokinen aus: bei TH2Zellen z. B. IL-4, IL-5, die für die Hilfe für B-Zellen wichtig sind, IL-2, das als Wachstumsfaktor zur Aufrechterhaltung der eigenen Proliferation notwendig ist, sowie IL-3 und GM-CSF, die für vermehrte Nachproduktion von Leukozyten im Knochenmark sorgen. Pharmakologisch: Zyklosporin A und verwandte Medikamente wirken immunsuppressiv hauptsächlich durch Interferenz mit der IL-2-Rückkoppelungsschleife. Sie verhindern damit die Proliferation einer aktivierten T-Zelle zu einem Effektorzellklon. Alle drei T-Zelltypen sind in ihrer Proliferation von autokrinem IL-2 abhängig. Erkennt B-Zelle im Lymphknoten mit passendem B-Zellrezeptor bakterielles Antigen, nimmt die B-Zelle den Bakterienteil auf, verarbeitet das Antigen, und präsentiert es ebenfalls auf MHC-II-Molekülen. Die B-Zelle wird aber noch nicht aktiviert: es fehlt noch die "Entsicherung". Diese tritt ein, wenn im LK eine Zelle aus dem aktivierten TH2-Klon auf diese B-Zelle trifft: die TH2-Zelle erkennt das auf dem B-Zell-MHC-II präsentierte Antigen-Peptid, für das sie aktiviert ist, und reagiert mit der Ausschüttung von IL-4 und IL-5. Jetzt sind alle Bedinungen erfüllt, um die B-Zelle zu aktivieren: sie beginnt zu proliferieren und wird zum Kern eines Sekundärfollikels. Follikuläre dendritische Zellen fixieren bakterielles Antigen außen an ihrer Zelloberfäche, um den entstehenden B-Zellklon mit ausreichender Stimulation über den B-Zellrezeptor zu versorgen. Die B-Zellen differenzieren zu Plasmazellen und beginnen zunächst IgM zu erzeugen. Durch class switch in einem Teil der Zellen wird später IgG produziert. Schleimhautinfektionen erfolgt oft früh ein class switch zu IgA. Die entstehenden Antikörper tragen dazu bei, dass die schon laufenden nicht-adaptiven Abwehrmechanismen wesentlich effizienter eingesetzt werden: Komplementaktivierung, Opsonisierung und Phagozytose werden nun gezielt gegen den Eindringling gerichtet und massiv verstärkt. Wenn die Infektion erfolgreich bekämpft, produzieren ausgereifte Plasmazellen noch unterschiedlich lange Antikörper, sodaß eine gewisse Zeit lang ein Schutz vor Reinfektion. Außerdem differenzieren einiger B-Zellen zu Gedächtniszellen (memory cells). Tritt der Erreger später wieder in Erscheinung, können diese wesentlich schneller reaktiviert werden. Die humorale Immunreaktion bei einer Zweitinfektion ist daher schneller und stärker. Man bezeichnet dieses Phänomen als „immunologisches Gedächtnis“. Die Rolle von TH1-Zellen M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 100 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Beispiel an Mykobakterien: Mycobakterien werden von Makrophagen zwar aufgenommen, aber meist nicht abgetötet. Sie vermehren sich sogar in den Phagolysosomen, geschützt vor Antikörpern und zytotoxischen T-Zellen. Makrophagen werden jedoch in einem qualitativ veränderten, "aktivierten" Zustand gebracht, in denen es ihnen doch gelingt, mit den Erregern fertig zu werden. TH1-Zellen erledigen diese Spezialaufgabe mit Hilfe des Signalmoleküls Interferon-γ (IFN-γ). Mycobakterienpeptide werden dadurch in relativ hoher Dichte auf MHC-II präsentiert. Erkennt eine vorbeikommende naive (CD4-) T-Zelle diese Peptide, entwickelt sie sich zu einer TH1-Effektorzelle und exprimiert IFN-γ und ein Oberflächenmolekül, CD40-Ligand. Der präsentierende Makrophage erkennt IFN-γ und CD40-Ligand mit dem Partnermolekül CD40, und beide Zellen reagieren auf die Interaktion mit der Freisetzung von TNF-α. Diese löst eine Reihe von Effektoren aus: bessere Verschmelzung der Phagosomen mit Lysosomen Produktion des bakterizid wirkenden NO durch die induzierbare NO-Synthase (iNOS) Bildung von zahlreichen reaktiven Sauerstoffverbindungen Induktion antimikrobieller Peptide TH1-Zellen koordinieren die Immunantwort durch weitere Zytokine. Sie beschleunigen ihre eigene Proliferation durch IL-2. IL-3 und GM-CSF lösen die Produktion neuer Phagozyten im Knochenmark aus. MCF (macrophage chemotactic factor) lockt neue Makrophagen an den Infektionsherd. Das sowohl aus Makrophagen wie aus TH1-Zellen stammende TNF-α verändert das Gefäßendothel, sodaß Makrophagen im Blutstrom die "Ausstiegsstelle" erkennen. Manchmal gelingt es nicht die Infektionsquelle zu eliminieren: TH1-Zellen sind auch in diesem Fall noch von Nutzen, indem sie zur Granulombildung beitragen. Fehlen die TH1Zellen, z. B. durch eine fortgeschrittene AIDS-Infektion, bricht diese Mauer zusammen: Tuberkulose breitet sich rasch aus und führt zum Tod des Patienten. Für die Rolle von zytotoxischen T-Zellen siehe Frage 45. 60. B/T-Zellentwickung? B-Lymphozyten B-Lymphozyten entstehen aus pluripotenten Stammzellen über lymphatische Vorläuferzellen. Während der Embryonal- und Fetalperiode findet die primäre B-ZellEntwicklung zunächst im Dottersack statt, später in der Leber und schließlich im KM. Beim Erwachsenen ebtwickeln sich die B-Zellen überwiegend im KM (B= bone marrow). Die Entwicklung wird durch Wachstumsfaktoren und Adhäsionsmolekülen reguliert. B-Zellen und die davon abgeleiteten Plasmazellen können Immunglobuline (=Antikörper) produzieren. Sie sind für die Antigenerkennung verantwortlich. B-Zell-Aktivierung M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 101 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Reife B-Zellen besitzen einen funktionellen B-Zell-Rezeptor, der aus membranständiegen Immunglobuline (IgM, IgD) besteht, die mit den Oberflächenmolekülen CD79a / CD79b und Ig/ assoziiert sind. Der B-Zell-Rezeptor ist für die Antigenerkennung sowie für die B-ZellAktivierung verantwortlich. Die direkte B-Zell-Aktivierung findet durch eine Quervernetzung von mehrere Immunglobulinmolekülen durch entsprechende Antigene statt (sog. 1. Signal). Dazu müssen die Epitope in repetitiver Form auf dem Antigen vorliegen. Liegen Epitope einzel vor, kann eine gerichtete B-Zell-Aktivierung durch Interaktion von T- und B-Zellen über eine HLAKlasse-II-vermittelte Antigenpräsentation stattfinden. Durch diese Interaktion werden lösliche und membrangebundene Moleküle (CD40) und Zytokine vermehrt gebildet (sog. 2. Signal), die als wichtiege kostimulatorische Signale die spätere Aktivierung modulieren. Bleiben diese kostimulatorischen Signale aus, werden die B-Zellen inaktiviert oder auch eliminiert. Die sekretion verschieden Zytokne (z.B. Il-3, IL-4, IL-6 und IL-7) wirken regulierend auf Proliferation und Differenzierung der B-Zellen zu Plasmazellen. Diese sezernieren spezifische Antikörper. B-Zelldifferezierung Die Produktion von Antikörpern durch B-Zellen als Reaktion auf einen primären antigen Stimulus wird als Primärantwort bezeichnet. Es werden vorwiegend Immunglobuline vom Typ IgM produziert. Die dabei entstehenden Gedächtniszellen (memory-Zellen) können nach erneutem Antigenkontakt wiederum spezifische Antikörper produzieren. Diese sog. sekundäere Immunantwort ist ausgeprägter und schneller als die Primärantwort und umfasst die Synthese von Immunglobulinen der Typen IgG, IgA und IgE. In der Regel besitzen sie eine höhere Affinität für das Antigen als die Antikörper der Primärantwort. Die sekundäere Immunantwort findet überwiegend in den Keimzentren von LK, Milz und PeyerPlaques statt. B-Zellen, die Rezeptoren für IgM und IgD besitzen, können zu IgG-, IgA-oder IgE-Rezeptorpositiven Zellen und/oder zu IgG-, IgA- und IgE-sezernierenden Zellen ausreifen. Diesen Prozeß bezeichnet man als Immunglobulinklassen-Switch. Der ImmunglobulinklassenSwitch wird durch spezifische Stimuli induziert, so z.B.- der Wechsel zu IgE und IgG4 durch IL-4, zu IgG2 durch Interferon- und zu IgA durch TGF-. T-Lymphozyten T-Lymphozyten (T = Thymus) entstehen aus hämatopoetischen Vorläuferzellen im KM und reifen im Thymus, von wo aus sie in periphere lymphatische Organe auswandern. Die Zellen wandern während ihrer Entwicklung zunächst in die Thymusrinde (Kortex), wo sie mit den kortikalen Epithelzellen in Kontakt treten und sich über verschiedene Stadien zu reifen CD4+oder CD8+-Zellen entwickeln. Schließlich gelangen sie in das Thymusmark, von wo sie in die Peripherie ausgeschwem weden. In der Thymusrinde werden T-Zellen durch Kontakt des T-Zell-Rezeptors mit „Selbst“Antigen-HLA-Molekülen auf kortikalen Thymusepithelzellen selektioniert. Dabei laufen folgende Prozese ab: Die T-Zellen, die Autoantigene erkennen können (und somit auf das „eigene“ Gewebe schädigend wirken), sterben: negative Selektion; klonale Deletion. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 102 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ T-Zellen, welche die HLA-Moleküle von thymischen Epithelzellen erkennen können und „nicht-schädigende“ Rezeptoren besitzen, überleben. Dieser Vorgang wird als positive Selektion bezeichent, die mit der Entwicklung der „Selbst“-Toleranz“ einhergeht. T-Zell-Aktivierung Für T-Zell-Aktivierung sind neben T-Zell-Rezeptor-vermittelten Antigenkontakt sog. akzessorische Moleküle wirksam. Das T-Zell-assoziierte Molekül ist CD28, das nach T-ZellAktivierung exprimiert wird. CD3, CD4 und CD8 stellen sog. Adhäsionsmoleküle dar. CD4 oder CD8 sind mit dem T-Zell-Rezeptor/CD3-Komplex assoziiert und sind für die Bindung mit HLA-Klasse-I- oder HLA-Klasse-II-Antigenen notwendig. T-Zell-Rezeptor T-Lymphozyten tragen an ihrer Oberfläche einen "T-Zell-Rezeptor", mit dem sie kurze Antigen-Peptide erkennen können, wenn diese ihnen auf MHC-Molekülen präsentiert werden. Für diese Erkennung werden Oberflächenproteine benötigt: CD4 oder CD8. So genannte zytotoxische T-Zellen sind CD8-positiv. Sie sind unmittelbar gefährlich: sie können z. B. virusbefallene Zellen abtöten. CD4-T-Zellen, oder T-Helferzellen: Es gibt zwei Arten:T-Helferzellen Typ1 (TH1) und Typ2 (TH2). TH1-Zellen helfen Makrophagen beim Abtöten intrazellulärer Erreger, TH2-Zellen die Hilfe zur Antikörperproduktion. Der T-Zell-Rezeptor ähnelt grob dem Fab-Fragment eines Antikörpers: er besteht aus zwei Ketten (α:β bzw. γ:δ), und hat an der "Spitze" eine variable Region, die ebenso durch somatische Rekombination aus V-, D- und J-Segmenten entsteht. Der T-Zellrezeptor erkennt aber keine großen Epitope, wie ein Antikörper, sondern kleine lineare Peptide; und auch diese nur, wenn sie in den Spalt eines MHC-Moleküls eingebaut sind. 61. Humorale und Zelluläre Immunabwehr? Prinzipiel unterscheidet man: - unspezifischen (angeboren, nicht-adaptiven) Abwehr und - spezifischen (erwoerbene, adaptive) Abwehr. Beide untergliedern sich jeweils in: - eine zelluläre und - eine humorale Komponente. Unspezifische (angeborene) zelluläre Abwehrsystem M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 103 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Die unspezifischen Abwehrzellen sind teil des angeborenen unspezifischen Immunsystems. Die Phagozytose ist dabei der wichtigste Mechanismus. Darüber hinaus hat ein Teil dieser Zellen auch Aufgaben im Rahmen der spezifischen Immunantwort (Antigenpräsentation). Die gruppe der unspezifischen Abwehrzellen ufasst Granulozyten sowie die Zellen des mononukleär-phagozytischen Systems. Granulozyten Neutrophile Granulozyten können viele harmlose Bakterien direkt phagozytieren, nicht jedoch die meisten Pathogene, die von einer Polysaccharidhülle umgeben sind. Phagozytose dieser Erreger ist nur nach Opsonisierung durch Komplement, oder später, nach einer adaptiven Immunantwort, durch die Kombination von Antikörpern und Komplement, möglich. Nach der Ausübung ihrer Funktion gehen neutrophile Granulozyten rasch in Apoptose und werden von Makrophagen beseitigt. Mononukleäres phagozytisches System (MPS) Das mononukleäres phagozytische System stellt einen wichtiegen Teil des sog. retikuloendothelialen Systems (RES) dar. Man unterscheidet: - nichtspezialisierte Makrophagen (Monozyten des Blutes, Gewebe- und Exudatmakrophagen, Osteoklasten und organspezifische Makrophagen wie z.B. die Kupfer-Sternzellen) von - spezialisierten antigenpräsentierenden Zellen (interdigitierende Zellen, follikuläre dentritische Retikulumzellen, Langerhans-Zellen der Haut). Aus einer undifferenzierten Knochenmarkszelle entwickelt sich unter dem Einfluss von Zytokinen Monoblasten, die sich im KM zu Promonozyten und Monozyten differenzieren. Die Blutmonozyten wandern in die verschiedenen Gewebe ein, wo eine Differenzierung in Gewebsmakrophagen stattfindet. Bei den interdigitierenden dentritischen Zellen handelt es sich um eine besondere Differenzierungsform von Zellen des MPS, die in der sog. T-Zone des Lymphknotens als antigenpräsentierende Zellen fungieren. Sie sind zur Phagozytose und zur Antigenaufbereitung (Antigenprozessierung) befähigt. Follikuläre dentritische Zellen, deren zellulären herkunft umstritten ist, stellen eine spezialisierte Population von antigenpräsentierenden Zellen der B-Zone des Lymphknotens, der Milz und der Peyer-Plaques dar. Die follikulären dentritischen Zellen präsentieren Antigen-Antikörper-Komplexe auf der Oberfläche mit Hilfe von Fc-Fragment-Rezptoren. Zusätzlich besitzen sie Komplementrezeptoren. Follikuläre dentritische Zellen interagieren mit B- und T-Zellen. Unspezifische (angeborene) humorale Abwehrsystem Dazu gehören: - Komplementsystem - Zytokinen - Defensinen. Spezifisches (erworbenes) zelluläres Abwehrsystem Lymphozyten sind die zentralen Bestandteile der spezifischen Immunantwort. Nach ihrer Funktion unterscheidet man die B-Zellen und die T-Zellen sowie die natürlichen Killerzellen. B-Zellen sind die Vorläufer von antikörper-prodozierende Plasmazellen. T-Zellen besitzen einerseits einerseits regulatorische Funktionen für die B-Zell-Antwort, andereseits sind sie auch direkt an der Lyse von virus-infizierten Zellen und Tumorzellen beteiligt. Spezifisches (erworbenes) humorales Abwehrsystem M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 104 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Die humorale Abwehrsystem wird durch die von B-Zellen sezerniereten Antikörper gesteuert. 62. Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems: Als Allergie (=Immunologische Überempfindlichkeitsreaktion) bezeichnet man eine pathologisch gesteigerte Reaktionsbereitschaft des Immunsystems, gegen exogene, sog. Allergene, zu reagieren. Nach der Klassifikation nach GELL und COOMBS unterscheidet man 5 Reaktionstypen (I – V). Typ-I Reaktion: IgE-vermittelte Reaktion: "Soforttyp" oder "anaphylaktischer Typ". IgE binden an den Fcε-Rezeptor auf Mastzellen und werden dort durch ein Allergen quervernetzt, was zur Ausschüttung von Histamin und chemotaktischen Molekülen führt. Dadurch entsteht eine anfangs Histamin-, später Zellbetonte Entzündungsreaktion. Mastzellen sitzen vorwiegend unter Epithelien, die als Eintrittspforten für Parasiten in Frage kommen, also in der Haut und in den Schleimhäuten von Atemwegen und Magen-Darm-Trakt. In diesem Fall richten sich die eigentlich zur Bekämpfung von Parasiten entwickelten Mechanismen gegen harmlose exogene Antigene, die meist entweder inhaliert oder mit der Nahrung aufgenommen werden. Einige Beispiele für häufige Typ I-Auslöser: INHALATIONSANTIGENE: Pollen, Pilzsporen von Schimmel, Tierantigene, Hausstaubmilbenantigen NAHRUNGSMITTELALLERGENE: Nüsse: Erdnuss, Haselnuss Früchte: Kiwi, Erdbeere, Orange, Apfel Gemüse: Fenchel, Sellerie Milch: α-Lactalbumin, β-Lactoglobulin, Kasein Eier: Ovalbumin Fisch: Dorsch, Lachs, Thunfisch, Forelle Meeresfrüchte Auch oral aufgenommene Medikamente wie Penicillin können Typ I-Reaktionen auslösen. Wenn ein Patient berichtet, "gegen Milch allergisch" zu sein, ist das häufig nicht auf IgE gegen Milcheiweiße, sondern auf Laktoseintoleranz zurückzuführen. Der mit dem Lebensalter zunehmende Mangel des Enzyms Laktase, das den Milchzucker in seine Einfachzucker spaltet, betrifft in Mitteleuropa ca. 15% der Erwachsenen und führt zu Durchfällen, die osmotisch sowie durch bakterielle Fehlbesiedlung bedingt sind. Andere Beispiele für Pseudoallergien sind Fructoseintoleranz bei Obst, Histaminbildung auf Fischoberflächen oder flush-Symptomatik durch intensive Glutamat-Würzung in chinesischer Küche. Typ I-Allergien werden zwar häufig durch inhalative oder orale Aufnahme ausgelöst, doch sind auch andere Wege möglich: Latexpartikel können z. B. direkt auf der Haut Quaddelbildung und Juckreiz auslösen. Besonders effizient kann die Epithelbarriere natürlich durch Injektion überwunden werden: das gilt nicht nur für die Auslösung von Medikamentenallergien wie jene gegen Penicillin, sondern auch für die gegen Bienen- oder andere Insektengifte. Die wichtigste Komponente der Therapie einer Typ-I-Allergie, speziell bei allergischem Asthma, ist die Allergenkarenz: der Kontakt des Patienten mit dem auslösenden Allergen muss so weit wie möglich vermieden werden. Falls dies nicht geschieht, führt folgender Pathomechanismus allmählich zu einer Ausweitung der Allergenpalette: Mastzellen, die M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 105 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ durch Quervernetzung ihrer IgE aktiviert werden, schütten nicht nur ihre Granula aus, sondern verfügen auch über Mechanismen, die in der Nähe befindliche B-Zellen zum class switch zu IgE bewegen können. Das geschieht z.B. über Expression von CD40-Ligand auf der Mastzelloberfläche und durch Freisetzung von IL-4. Das bedeutet, dass der Patient gegen Antigene, gegen die er früher IgM oder IgG gebildet hat, nun auch IgE produziert. Damit wird er allmählich gegen immer mehr Antigene allergisch. Typ-II Reaktion: Antikörpervermittelte Zytotoxizität Bei diesem Typ entsteht Gewebsschädigung durch Antikörper, die direkt gegen körpereigene Zielstrukturen gerichtet sind. Meist, aber nicht immer, gehen dabei Zellen zugrunde. Das ist über zwei Mechanismen möglich: Komplementlyse bei Komplement-bindenden Antikörpern oder ADCC (antibody-dependent cellular cytotoxicity). Einige Beispiele von Erkrankungen mit auslösenden Antigenen: Pemphigus vulgaris: Interzellularsubstanz zwischen Keratinozyten. Bullöses Pemphigoid: Basalmembran der Haut Myasthenia gravis: Acetylcholinrezeptor der motorischen Endplatten Goodpasture-Syndrom: Basalmembran der Lungenalveolen und Glomerula Immun-hämolytische Anämie: Medikament an Erythrozytenmembranprotein Immun-thrombozytopenische Purpura: Medikament an Thrombozytenmembranprotein Ein Sonderfall ist die Erythroblastosis fetalis bei Rhesusinkompatibilität, bei der die Antikörper der in einer früheren Schwangerschaft sensibilisierten Rhesus-negativen Mutter über die Plazenta in den Kreislauf des Rhesus-positiven Fetus gelangen. Auch AB0Transfusionszwischenfälle laufen nach einem Typ-II-Schädigungsmuster ab, wenn sich auch in diesen beiden Fällen das Immunsystem natürlich nicht gegen Zellen desselben Individuums richtet. Typ-III Reaktion: Schädigung durch Ablagerung von Immunkomplexen Immunkomplexe sind ein normales Phänomen bei Abwehrreaktionen. Mechanismen wie der Abtransport über CR1 auf Erythrozyten oder die Phagozytose durch Gewebsmakrophagen dienen ihrer Entsorgung. Erst, wenn die Entsorgungssysteme überlastet werden, treten Krankheitserscheinungen auf. Bestimmend für die Lokalisation von Gewebsschäden ist die Größe der Immunkomplexe (=Antigen-Antiköper-Komplexe). Sind etwa gleich viele Moleküle von Antigen und Antikörper vorhanden, entstehen große, dreidimensional vernetzte Strukturen, die Präzipitate bilden und vor Ort liegen bleiben. Sind Antigen oder Antikörper in starkem Überschuss vorhanden, entstehen kleine, lösliche Immunkomplexe, die mit dem Blut im Organismus verteilt werden und erst an Filtrationsstellen liegen bleiben. So unterscheidet man zwei Untertypen: Bei der Arthus-Reaktion bilden sich relativ große Komplexe, die lokal liegen bleiben und über Komplementaktivierung und Phagozytenrekrutierung eine lokale Entzündungsreaktion auslösen (z.B. exogen-allergischen Alveolitis). Wenn Inhalationsallergene in hohen Konzentrationen auftreten, reagiert das Immunsystem oft nicht mit der Produktion von IgE, sondern IgG. Das führt zur Ablagerung von Immunkomplexen in der Alveolarwand, gefolgt von einer Entzündung. Beispiele und beteiligte Antigene sind: Farmerlunge: Actinomyceten im Heu Vogelzüchterlunge: Protein im Kot der Tiere M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 106 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Käsewäscherlunge: Schimmelpilze auf der Käserinde Weinhauerlunge: Schimmelpilze auf Spätlesetrauben Auch die Rheumatoide Arthritis hat eine Arthus-Komponente, da sich im Gelenk AntigenAntikörperkomplexe aus Rheumafaktor (= Antikörper gegen den Fc-Teil von IgG; meistens vom IgM-, aber auch vom IgG-Typ) und IgG bilden. Vom Typ der Serumkrankheit spricht man, wenn kleine Immunkomplexe mit dem Blut verschleppt werden und sich an allen Filtrationsstellen ablagern: Glomerula, seröse Häute, Gelenke, Arteriolen. Durch Komplementbindung und Rekrutierung von Phagozyten kommt es im umliegenden Gewebe zu Entzündung und Zerstörungen. Beispiele: Systemischer Lupus Erythematodes: viele Autoantigene (aus dem Zellkern) Poststreptokokken-Glomerulonephrits: Streptokokkenantigene Malaria-Nephritis: Plasmodien-Immunkomplexe Eine Penicillinallergie kann auch als Typ-III-Reaktion ablaufen. Typ-IV Reaktion: Schädigung durch eine zelluläre Immunreaktion Dieser Typ wird als Spätreaktion oder als Reaktion vom verzögerten Typ bezeichnet. Dies rührt daher, dass die meisten "klassischen" Allergien entweder dem Typ I oder dem Typ IV zuzurechnen sind. Bei Typ I folgen die Krankheitserscheinungen der Allergenexposition sofort (daher "Sofortreaktion"), bei Typ IV dauert das Intervall etwa 48 Stunden. Das ist die erforderliche Zeit, bis T-Zellen und Makrophagen sich am Ort der Auseinandersetzung akkumuliert haben. Die zelluläre Immunreaktion kann entweder den Charakter der Makrophagenaktivierung mit TH1-Zellen, oder den einer zytotoxischen (CD8-) T-Zellantwort haben. Ein positiver Tuberkulintest zeigt eine klassische Spätreaktion. Dabei wird antigenes Material aus Tuberkelbakterien durch das Epithel "gestempelt". Ein zwei Tage später auftretendes, rotes, hartes, trockenes Knötchen zeigt, dass sich das Immunsystem des Getesteten bereits mit Tuberkelbakterien auseinandergesetzt hat; entweder durch eine Infektion oder durch eine BCG-Impfung. Das harte Knötchen stellt das zelluläre Infiltrat von TH1-Zellen und Makrophagen dar. Die Kontaktdermatitis ist das typische Beispiel einer Typ IV-Erkrankung. Sie beruht meist darauf, dass körpereigene Proteine durch an sie bindende Metalle oder Haptene so verändert werden, dass sie nach dem Transport mittels Langerhanszellen in den Lymphknoten und Präsentation auf MHC-II spezifische Th1-Zellen aktivieren, die wieder in die Haut zurückwandern und dort eine Makrophagenaktivierung einleiten. Typische Auslöser sind: Nickel: aus Uhren, Modeschmuck, Jeansknöpfen, Scheren... Chromat: im Zement- bei Bauarbeitern, auch in Lederwaren Pflanzenhaptene: Salben mit Kamillen-, Ringelblumen, Arnikazusätzen; starke Kontaktallergien aus. Klinisch erscheint eine Kontaktallergie ca. 48 h nach Antigenkontakt als rote, indurierte konfluierende Papeln, trocken und schuppend. M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 107 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Typ IV-Reaktionen vom zytotoxischen Typ findet man naturgemäß im Zusammenhang mit Viruserkrankungen: Exantheme bei Röteln, Masern etc., ebenso wie die Leberfunktionseinschränkung bei Hepatitis B. Eine Autoimmunreaktion scheint die Ausrottung der Insulin-produzierenden Zellen in den Inseln des Pankreas zu sein, die zum Typ-I-Diabetes mellitus führt. Typ-V Reaktion: Rezeptorstimulierende Antikörper Da Antikörper praktisch gegen jedes Antigen gebildet werden können, ist es nicht erstaunlich, dass die Antigenbindungsregion auch eine Form annehmen kann, die einem Peptidhormon ähnelt. Das ist beim Mb. Basedow (engl. Graves´ disease) der Fall, bei der ein spezifischer Antikörper den TSH-Rezeptor auf Schilddrüsenzellen so bindet, dass er diesen auch aktiviert. Es resultier eine Schilddrüsenüberfunktion. 63. Anhang zur Frage 48, Obstruktive Lungenerkrankungen? Um in die Alveolen zu gelangen, muß Luft die Atemwege passieren, die der Strömung einen Widerstand (Resistance) entgegensetzen. Der Wiederstand wird durch das Lumen der Atemwege, v.a. der mittleren Bronchien, diktiert. Das Lumen kann durch Schleim und durch M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 108 Prof. Geley___________________________________________________________________________________________________________ Kontraktion der Bronchialmuskulatur eingeengt werden. Bei gesteigerter Resistenz spricht man von obstruktiven Lungenerkrankungen. Eine intrathorakale Zunahme der Resistance ist auf Verengung bzw. Verlegung der Bronchien zurückzuführen, sei es durch Kompression von außen, durch Kontraktion der Bronchialmuskulatur, durch Verdickung der Schleimhaut oder durch Verlegung des Lumen mit Schleim. Meist sind die genannten Veränderungen Folgen von Asthma oder chronischer Bronchitis. Bei Asthma liegt eine Allergie gegen inhalierte Antigene vor (z.B. Blütenstaub, Polen). Diese Antigene lösen eine Entzündung der Bronchialschleimhaut aus, die zur Freisetzung von Histamin und Leukotrienen führt. Unter dem Einflüß dieser Mediatoren kontrahiert die Bronchialmuskulatur, und Schleimsekretion sowie Gefößpermeabilität sind gesteigert. Auch in der Schleimhaut sitzende Mikroorganismen können antigen wirken (infektallergisches Asthma). Hier sind die Grenzen zur chronischen Bronchitis fließend. Eine obstruktive Lungenerkrankung kann auch Folge von Mukoviszidose sein. Eine extrathorakale Zunahme der Resistance tritt z.B. bei Stimmbandlähmung, Glottisödem und Kompression der Trachea von außen auf (z.B. Tumoren, Struma). Bei der sog. Tracheomalazie ist die Trachealwand aufgeweicht und kollabiert bei Inspiration. Auswirkungen einer obstruktiven Lungenerkrankung ist einer eingeschränkte Ventilation. Bei extrathorakalen Hindernissen ist meist vorwiegend die Inspiration betroffen, da der bei Expiration steigende prästenotische Druck im Lumen der Atemwege die Engstelle weitet. Intrathorakale Hindernisse beeinträchtigen vorwiegend die Expiration, da der bei Inspiration sinkende intrathorakale Druck die Atemwege erweitert. Der Atemzeitquotient (Expirationsdauer/Inspirationsdauer) nimmt zu. Die erschewerte Expiration überbläht die Ductuli alveolares (zentrilobuläres Emphysem), die Retraktionskraft der Lunge nimmt ab (Zunahme der Compliance), und die Atemmittellage wird in Richtung Inspiration verschoben (Fassthorax). Dabei ist die funktionälle Residualkapazität erhöht. Durch die Zunahme von Compliance und Resistance muß zur Expiration ein intrathorakaler Überdruck erzeugt werden. Dieser bewirkt eine Kompression der Bronchiolen, so dass der Atemwegswiderstand weiter zunimmt. Die Obstruktion schränkt Atemgrenzwert und Sekundenkapazität ein, die unterschiedliche Ventilation verschiedener Alveolen führt zu Verteilungsstörungen. Die Hypoxie hypoventilierter Alveolen fürt zu Vasokonstriktion, Widerstandszunahme im kleinen Kreislauf, pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzbelastung (Cor pulmonale). M.Sabedin_______________________________________________________________________________________________________ 109