Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Britta Urmoneit Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de Telomere, Telomerase und Unsterblichkeit Klassenstufe: 12/13 Schwerpunkt: Genetik Voraussetzungen: Grundkenntnisse der Molekulargenetik und der Cytologie Sachinformation Bindegewebszellen können sich etwa 50-mal teilen. Dies entspricht der sogenannten HayflickZahl, nach LEONARD HAYFLICK, der dies 1960 zum ersten Mal im Labor beobachtete. Warum das so ist, hat man in den letzten Jahren herausgefunden. In jeder Körperzelle ist das Erbgut in Chromosomen gespeichert, deren Endstrukturen, als Telomere bezeichnet, sich bei jedem Zellteilungsvorgang verkürzen. Ohne diese Telomere wären die Zellen schon bedeutend eher dem Tode geweiht. Schwierigkeiten bei der DNA-Replikation Die DNA-Polymerase kann nur in 5‘-3‘-Richtung synthetisieren. Als Startermolekül für die DNASynthese dienen so genannte Primer (Starter). Dies sind kurze, zum jeweiligen DNA-Stück komplementäre RNA-Sequenzen, die bei der weiteren Replikation gegen DNA ausgetauscht werden. Liegt die Erbinformation nicht, wie dies bei Bakterien der Fall ist, in einem geschlossenen Ring vor, sondern linear wie bei den meisten Eukaryoten, tritt jeweils am 5‘-Ende eines synthetisierten DNA-Stranges eine Schwierigkeit auf. Diese ergibt sich aus der Tatsache, dass die Polymerase nicht „de novo“ starten kann, sondern vor dem zu replizierenden DNA-Abschnitt immer eine Ansatzstelle für den RNA-Primer braucht, der anschließend wieder entfernt wird. Dies führt dazu, dass an den 5‘-Enden bei jeder Replikation eine DNA-Sequenz von der Länge eines Primers nicht verdoppelt werden kann und damit verloren geht. Telomere – die „Zündschnur“ des Lebens Um zu verhindern, dass die bei jeder Zellteilung eintretende Verkürzung des DNA-Stranges in informationstragende Bereiche fällt, besitzen die eukaryotischen Chromosomen schützende Endstrukturen, so genannte Telomere. Diese bestehen aus sich wiederholenden kurzen DNASequenzen, die keine Information tragen, also keine Gene sind. Sie werden wie oben beschrieben nur unvollständig verdoppelt und verkürzen sich somit bei jeder Zellteilung. Bei allen untersuchten Wirbeltieren wurde die aus sechs Nukleotiden gebildete Sequenz TTGGGG gefunden. Diese wiederholt sich an den Enden der menschlichen Chromosomen durchschnittlich 2000-mal. Der komplementäre Primer hat ungefähr die Länge einer solchen Sequenz. Eine Zelle kann sich also im Durchschnitt etwa 2000mal teilen, bevor die „Schutzkappe“ aufgebraucht ist. Die Telomere verkürzen sich ungefähr parallel mit dem Alter. Als Grundregel gilt: Je größer die Anzahl der durchlebten Zellteilungen, desto kürzer sind die Telomere; je kürzer die Telomere, desto älter ist die Zelle. Für jede Zellteilung wird ein „Satz“ Telomere verbraucht. Wenn die Zelle alle Kopierabschnitte aufgebraucht hat, beginnt sie zu altern und stirbt schließlich ab. Das ist der Grund dafür, dass wir langsam – Zelle für Zelle – altern. Die Telomere gleichen somit einer Zündschnur, die langsam abbrennt und am Ende den Zelltod auslöst. Wann dieser Zeitpunkt erreicht ist, variiert von Zelltyp zu Zelltyp und von Zelle zu Zelle und ist außerdem individuell verschieden. Telomerase – ein Enzym macht Zellen „unsterblich“ Einige Zellen scheinen jedoch unsterblich zu sein. Sie haben einen Schutzmechanismus gegen das „Abbrennen der Zündschnur“. Solche Zellen verfügen über ein spezifisches Enzym (Telomerase), das in der Lage ist, an das Ende eines DNA-Stranges neue Telomer-Sequenzen anzuhängen. Dadurch stabilisiert sich die Länge der Telomere. Das Enzym wurde zunächst bei Einzellern entdeckt. CARL HARLEY, Forscher der amerikanischen Geron Corporation, konnte es auch in menschlichen Keimbahnzellen und in Krebszellen nachweisen. Die Telomerase besteht aus zwei funktionellen Einheiten, einem großen Proteinanteil und einer RNA mit etwa 160 Basen. Dieser RNA-Anteil ist für ein Enzym äußerst ungewöhnlich. Die RNA der Telomerase enthält einen Abschnitt, der Basenpaarungen mit der Telomer-Sequenz eingehen kann. Überstehende RNA dient dann als Matrize für die DNA-Herstellung. Das Enzym bewegt sich jeweils um die Länge einer TelomerEinheit weiter und der Syntheseschritt wiederholt sich. Wenn dieses Enzym aktiv wird, können sich die betreffenden Zellen unendlich lange teilen, sie sind theoretisch unsterblich. Molekularbiologisch betrachtet handelt es sich bei dem beschriebenen Vorgang um eine reverse Transkripton, die Umschreibung von RNA in DNA, wie es die Retroviren machen, bei denen das Erbgut in Form von RNA vorliegt. Das Telomerase-Gen liegt beim Menschen auf dem Chromosom 5. Bei den meisten menschlichen Zellen ist es nur während der frühen Embryonalentwicklung aktiv und wird nach Synthese ausreichend langer Telomere abgeschaltet. In Keimbahnzellen und in einigen Zellen des Immunsystems bleibt das Gen jedoch aktiv, und die Telomere werden auf konstanter Länge gehalten. In Versuchen mit Zellkulturen übertrug HARLEY mithilfe des menschlichen Telomerase-Gens aus Spermien die Telomeraseaktivität auf Bindegewebszellen. Deren Zellteilungsfähigkeit konnte dadurch um das Zehnfache gesteigert werden. Anti-Telomerase-Behandlung – Kampf gegen Krebszellen Die Telomerase-Aktivität gilt heute als ein Erkennungsmerkmal für Krebszellen und wird in fast allen Diagnostiklaboren als Indikator angewandt. In Studien haben Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen der Aggressivität von Tumoren und der Telomerase-Aktivität nachgewiesen. Fast alle Krebszellen, die sich unendlich oft teilen können, besitzen das Enzym. © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 34 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Britta Urmoneit Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de Bislang konnte die Telomerase in mehr als 30 bekannten Krebstypen © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 34 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Britta Urmoneit Grafiken: Jörg Mair, Herrsching festgestellt werden. Die Entdeckung des Enzyms ist ein wesentlicher Fortschritt in der Krebsdiagnostik. Gleichzeitig entstand die Idee, die Telomerase in ihrer Aktivität zu hemmen, um den wuchernden Krebszellen Einhalt zu gebieten. Wissenschaftlern der Universität von Texas gelang es, dies im Experiment zu zeigen. Die Forscher blockierten dazu den kurzen RNAAbschnitt, der als Matrize für die Telomere dient, mit einem genau passenden Gegenstück aus DNA. Dadurch wurde die Telomeraseaktivität unterdrückt. Bei den DNA-Gegenstücken handelt es sich um kurze Einzelstränge, so genannte Oligonukleotide, die heutzutage leicht mit einem Syntheseapparat in gewünschter Sequenz hergestellt werden können. Diese „Oligos“ sind potente Telomerase-Inhibitoren, die in subnanomolekularer Konzentration bereits aktiv sind. In Experimenten mit Brustkrebs- und Prostatakrebs-Zellkulturen überlebte keine Zelle die Anti-Telomerase-Behandlung. Dies ist ein großer Fortschritt, da es in den meisten heutigen Krebstherapien Tumorzellen gibt, die die anfängliche Therapie überleben, was häufig zu unerwünschten Rückfällen führt. Die Forscher hoffen, dass sie damit eine neue Methode zur Krebsbehandlung gefunden haben. Auf die Versuche mit Zelllinien sollen nun die ersten Tierversuche folgen. Glossar – Oligonukleotide (griech. oligo = wenig, gering): Abfolge von einigen wenigen bis zu vielen Hunderten miteinander verknüpften Nukleotiden. Ein Oligonukleotid entspricht damit einem kurzen DNA-Einzelstrang. – Primer: Startermolekül für die Polymerase; kurze RNA-Sequenz, die bei der DNA-Replikation an der Replikationsgabel von der Primase komplementär synthetisiert wird. – Telomere (griech. telos = Ende; meros = Teil): Endabschnitte linearer Chromosomen, die sich bei jeder Mitose verkürzen. Bei Wirbeltieren einschließlich dem Menschen bestehen sie aus der sich vielfach wiederholenden Sequenz TTGGGG. – Telomerase: Ein Enzym (RNA-ProteinKomplex), das Telomere synthetisiert. Es wurde z. B. in Keimbahnzellen und in Krebszellen entdeckt und sorgt dafür, dass deren Teilungsfähigkeit erhalten bleibt. Arbeitsblatt Seite 36 1. Die DNA-Polymerase kann nur in 5‘-3‘-Richtung synthetisieren (freies OH-Ende zur Verknüpfung). Für jedes Teilstück benötigt sie einen Starter (RNA-Primer), der anschließend wieder entfernt wird. Infolgedessen kann bei jeder Replikation an den 5‘-Enden ein Abschnitt von der Länge eines Primers nicht verdoppelt werden (s. Abb.). In der Abbildung ist das 3‘-Ende eines synthetisierten Strangs zu ergänzen. Dieses erleidet keinen Verlust. 2. Telomere an den Enden linearer Chromosomen dienen als Schutz vor den Auswirkungen der unvollständigen Replikation. Sie tragen keine Information und bestehen beim Menschen aus www.klett-verlag.de Wiederholungen der Nukleotidsequenz TTGGGG. Auf diese Weise erleidet die Zelle zunächst keinen Schaden durch die Chromosomenverkürzung. 3. Je größer die Anzahl der durchlebten Zellteilungen, desto kürzer sind die Telomere; je kürzer die Telomere, desto älter ist die Zelle. Für jede Zellteilung wird ein Satz Telomere verbraucht. Wenn die Zelle alle Kopierabschnitte aufgebraucht hat, beginnt sie zu altern und stirbt schließlich ab. Wann dies geschieht, ist von Zelltyp zu Zelltyp und außerdem individuell verschieden. 4. Die Telomersequenz wiederholt sich an den Enden der Chromosomen des Menschen durchschnittlich 2000-mal. Ein Primer hat ungefähr die Länge einer solchen Sequenz. Menschliche Zellen können sich also im Durchschnitt 2000-mal teilen, bis die „Schutzkappe“ verbraucht ist. Arbeitsblatt Seite 37 1. Die Telomerase verleiht den Einzellern praktisch unbegrenzte Teilungsfähigkeit. Ohne das Enzym wären sie längst ausgestorben. 2. Ungewöhnlich an diesem Enzym ist der RNAAnteil. Ein Teil davon dient als Matrize für die Telomersynthese. Die Telomerase lagert sich dazu an die jeweils letzten Nucleotide des DNA-Strangs an und ergänzt diesen dann entsprechend. 3. Krebszellen teilen sich schnell. Ohne die Wirkung der Telomerase wären ihre Telomere bald aufgebraucht und die Zellen würden zugrunde gehen. 4. Mithilfe synthetischer „Oligos“ hat man erfolgreich versucht, die Telomeraseaktivität in Krebszellen zu unterbinden. Die Oligos müssen die gleiche Sequenz wie die Telomere aufweisen (TTGGGG). Sie lagern sich an die Telomerase an und blockieren so das Enzym. 5. Das Enzym Telomerase ist in Keimbahnzellen aktiv, denn solche Zellen, die der Vermehrung und dem Arterhalt dienen, müssen über unbegrenzte Teilungsfähigkeit verfügen. Außerdem wurde das Enzym auch in Zellen des Immunsystems nachgewiesen, die ebenfalls eine erhöhte Teilungsaktivität aufweisen. 6. Auf der Hand liegt die Idee der Telomerase als „Jungbrunnen“ für Zellen. In Versuchen konnte die Teilungsfähigkeit von Bindegewebszellen, in die man die Telomeraseaktivität eingeschleust hatte, tatsächlich um das Zehnfache gesteigert werden. Literaturhinweise COREY et al.: Proceedings of the National Academy of Sciences, 7. Dez 1999 BENECKE, M.: Der Traum vom ewigen Leben. Die Biomedizin entschlüsselt das Geheimnis des Alterns. Kindler Verlag GmbH 1998 BOUKAMP P.: Ageing mechanisms the role of © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 35 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Britta Urmoneit Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de telomere loss. Clin Exp Dermatol. Review 5625, Oct;26 (7) 2001. Spektrum der Wissenschaft: Altern, Krebs und Gene. Digest 2/1998 Internet: http://www.geron.com © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 35 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Britta Urmoneit Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de Telomere – die „Zündschnur“ des Lebens Die Chromosomen sind die Träger der Erbinformation. Bei jeder Zellteilung müssen sie verdoppelt werden (Replikation). Zuständig dafür ist die DNA-Polymerase. Das Enzym kann neue DNA nur in Richtung von 5‘ nach 3‘ synthetisieren. Ein vorhandener DNA-Strang wird dazu in entgegengesetzter Richtung abgelesen. Als Startermolekül für die DNA-Synthese dienen kurze, zum jeweiligen DNA-Stück komplementäre RNA-Sequenzen (Primer), die bei der weiteren Replikation gegen DNA ausgetauscht werden. Liegt die Erbinformation, wie bei den meisten Eukaryoten, linear vor, tritt jeweils am 5‘-Ende eines synthetisierten DNA-Stranges ein Problem auf, denn die Polymerase braucht vor dem zu replizierenden DNA-Abschnitt immer eine Ansatzstelle für den Primer. Infolgedessen kann bei jeder Replikation an den 5‘-Enden eine DNA-Sequenz von der Länge eines Primers nicht verdoppelt werden und der DNA-Strang verkürzt sich entsprechend. Trotzdem können Zellen sich teilen, ohne dabei Schaden zu erleiden und das liegt an den so genannten Telomeren. Es handelt sich dabei um sich wiederholende kurze DNA-Sequenzen (bei allen untersuchten Wirbeltieren: TTGGGG), die keine Information tragen. Diese Sequenz wiederholt sich an den 3‘-Enden der menschlichen Chromosomen durchschnittlich 2000-mal. (Der komplementäre Primer hat etwa die Länge einer solchen Sequenz.) Als Grundregel gilt: Je größer die Anzahl der durchlebten Zellteilungen, desto kürzer sind die Telomere, je kürzer die Telomere, desto älter ist die Zelle. Sind die Telomere verbraucht, beginnt die Zelle zu altern und stirbt schließlich ab. D N A - E lte r n s t r a n g 3' 5’ 3' 5' 5' 3' 5' R N A - P r im e r 3’ E lt e r n s tr a n g Abb. 1 5' D N A - T o c h te r s tr a n g T o c h te rs tra n g R N A - P rim e r Das Replikationsproblem Aufgaben 1. Erläutern Sie die Schwierigkeit, die sich bei der Replikation linearer DNA ergibt und ergänzen Sie die Abbildung: Zeichnen Sie den noch fehlenden replizierten DNA-Abschnitt ein und beschriften Sie die Strangenden. 2. Mit welcher Strategie begegnet die Zelle dem geschilderten Replikationsproblem? 3. Warum sterben Zellen? Erläutern Sie die Alterungstheorie anhand der Telomere. 4. Wie oft kann sich eine menschliche Zelle im Durchschnitt teilen, bevor sie zu altern beginnt und schließlich abstirbt? Werten Sie den Text aus. © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 36 Seite aus: Natura aktuell 6, ISBN: 3-12-043493-0 Autor: Dr. Britta Urmoneit Grafiken: Jörg Mair, Herrsching www.klett-verlag.de Telomerase – ein Enzym macht Zellen „unsterblich“ Einzeller mit linearer DNA, z. B. Wimperntierchen, verfügen über Telomerase. Das ist ein Enzym, das aus einem Proteinanteil und einer RNA mit mehr als einhundert Basen besteht. Ein solcher RNA-Anteil ist für ein Enzym äußerst ungewöhnlich. Die Telomerase sorgt dafür, dass das verkürzte Ende eines DNA-Stranges immer wieder durch neue TelomerSequenzen ergänzt wird (s. Abb.). Die Länge der Telomere bleibt so mehr oder weniger konstant. Auch beim Menschen wurde das Enzym in bestimmten Zelltypen nachgewiesen. In den meisten Zelltypen des Menschen ist es aber nur in der frühen Embryonalentwicklung aktiv. Nach Synthese ausreichend langer Telomere wird das entsprechende Gen „abgeschaltet“. In menschlichen Krebszellen allerdings wurde Telomerase gefunden und bislang bei mehr als 30 bekannten Krebstypen nachgewiesen. Die Entdeckung des Enzyms ist ein wesentlicher Fortschritt in der Krebsdiagnostik und eröffnet zudem Möglichkeiten, der ungehemmten Teilungsaktivität der Krebszellen Einhalt zu gebieten. In Experimenten überlebte keine Zelle die Anti-Telomerase-Behandlung mit synthetischen „Oligos“. Dies sind kurze DNA-Einzelstränge (Oligonucleotide), die man heute mit Syntheseapparaten in beliebiger Sequenz herstellen kann. Auf die Versuche mit Zelllinien sollen nun die ersten Tierversuche folgen. C A A A A C C C C T G T T G G G G T T T G Abb. 1 Das Enzym Telomerase ergänzt Telomer-Sequenzen Aufgaben 1. Wimperntierchen verfügen über das Enzym Telomerase. Welche wichtige Eigenschaft erlangen sie durch das Wirken dieses Enzyms? 2. Erläutern Sie die Wirkungsweise der Telomerase mithilfe der Abbildung. Was ist das Besondere an diesem Enzym? 3. Welche Funktion erfüllt die Telomerase in Krebszellen? Denken Sie daran, dass diese Zellen sich schnell und unkontrolliert teilen. 4. In Versuchen mit Zelllinien konnte eine Anti-Telomerase-Behandlung mit synthetischen Oligos sehr erfolgreich gegen Krebszellen eingesetzt werden. Erläutern Sie die Zusammenhänge. Wie muss die Basen-Sequenz eines inhibierenden synthetischen Oligos lauten? 5. Auch im gesunden menschlichen Körper ist die Telomerase in bestimmten Zelltypen aktiv. Um welche Zellen könnte es sich dabei handeln? 6. Stellen Sie Überlegungen über Einsatzmöglichkeiten des entdeckten Enzyms an und diskutieren Sie die spekulativen Forschungsvorhaben in der Klasse. © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2003. Von dieser editierbaren Druckvorlage ist die Vervielfältigung und Veränderung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet. Für Veränderungen durch Dritte übernimmt der Verlag keine Verantwortung. 37