26. April 2013/sp Liebe Leserinnen und Leser dieser Predigtreihe Vor einiger Zeit kam mir die Idee, eine Predigtreihe zum Apostolischen Glaubensbekenntnis zu machen. Doch wie es so ist: Andere Ideen hatten Vorrang, und so wurde es April 2013 bis zur Umsetzung dieser Idee. Als ich mit den Vorbereitungen begann, kam vieles anders als ich mir das am Anfang gedacht habe. Es war spannend und gleichzeitig herausfordernd, diese drei „Artikel“ des Glaubensbekenntnisses zu nehmen, zu würdigen und doch auch kritisch zu beleuchten. Es gab bisher nicht viele Predigtreihen, die ein so grosses Echo ausgelöst haben wie diese. Auch das fand ich spannend. Es entstanden Gespräche über die Frage: „Wie kann ich meinen Glauben im Alltag formulieren? Wie gebe ich das weiter, was mir so wichtig ist in meinem Leben?“ Ich bin gespannt auf die Auswirkungen und hoffe, dass ich damit auch vielen einen (ersten, kleinen) Anstoss geben konnte. Ich wünsche auch Ihnen einen Gewinn beim Lesen. Mit herzlichen Grüssen Stefan Pfister, Pfarrer Das Apostolische Glaubensbekenntnis Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen. 26. April 2013/sp Predigtthema: Ich glaube an Gott, den Vater Liebe Gemeinde Es braucht einige einleitende Sätze zu dieser Predigtreihe „Ich glaube...“ Religion gehört zum Menschsein. Sein jeher haben Menschen an „irgendetwas“ geglaubt. Es scheint, dass es kaum möglich ist, Mensch zu sein ohne einen Bezug zu suchen zu haben zu einem „höheren Wesen“, zu etwas, das über dem Geschaffenen ist. Und deshalb gehören auch „Glaubensbekenntnisse“ zu den Menschen (Glaubensbekenntnisse sind nicht etwas, das nur Christen kennen). Sie definieren, was man glaubt, oder glauben will. Sie wollen Klarheit über den Glauben schaffen. Damit grenzen sie aus: „Ich glaube das und wenn du das nicht glaubst, gehörst du nicht dazu.“ Sie grenzen ein: „Du glaubst das gleiche wie ich? Super, dann gehören wir zusammen.“ Die Bibel ist voll von Glaubensbekenntnisse (einige davon werden wir in diesen drei Wochen auch betrachten). Die Kirchengeschichte ist voll von Glaubensbekenntnissen. In gewissen Situationen wurden wieder neue Glaubensbekenntnisse entwickelt - eben um ein- und auszugrenzen. Um Klarheit zu schaffen, wer „zur Kirche“ gehört und wer eben nicht zur Kirche gehört. In diesem Sinn haben Glaubensbekenntnisse von der Geschichte meist - leider - auch etwas mit Macht zu tun. Wer nicht da gleiche Bekenntnis hatte, konnte oder musste verfolgt werden. (Kirchen bekriegten sich aufgrund von verschiedenen Bekenntnisaussagen...) In diesem Sinn sind Bekenntnisse immer auch aus der Geschichte und sogar nur im Zusammenhang mit den geschichtlichen Ereignissen, in denen sie formuliert wurden, zu verstehen. Das müssen wir mitbedenken, wenn ich das „Apostolische Glaubensbekenntnis“ als Grundlage für diese Predigtreihe genommen habe. Auch dieses Bekenntnis - auch wenn es weltweit über viele Jahrhunderte in vielen Kirchen mehr oder weniger anerkannt war - ist nicht die Bibel selber. Es versucht in knappen Sätzen zu formulieren. Es lässt viel ganz wesentliches der Bibel aus (wir kommen zum Teil auch darauf) und formuliert dafür Sätze, die vielleicht nicht unbedingt so stark als „Bekenntnis“ dienen sollten. In der Kirche in Kambodscha wird das Apostolische Glaubensbekenntnis in (fast) jedem Gottesdienst gesprochen. Alle können es auswendig. Es formuliert den Glauben der Christen und der Kirche gegenüber dem buddhistischen Umfeld. Ich habe mir manchmal gewünscht, dass wir das auch vermehrt machen könnten. In der intensiveren Auseinandersetzung mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis bin ich jedoch nun froh, dass wir das nicht jeden Sonntag so „beten“. Vielleicht müssten wir eben doch zum Teil etwas anders formulieren, um wirklich das heute auszusagen in der Schweiz, was wichtig ist und unsern Glauben an Gott formuliert. Was ich jedoch stark finde ist die „trinitarische Aufteilung“. Deshalb gehen wir in den drei Gottesdiensten auch der Trinität entlang. Ich glaube an Gott den Vater..., ich glauben an Jesus Christus..., ich glaube an den Heiligen Geist... Der erste Glaubensartikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses heisst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Kurz und bündig (gegenüber dem zweiten Artikel) wird versucht Gott zu „charakterisieren“. Wenn die Christen in den ersten Jahrhundert von Gott sprachen, dann sprachen sie von Gott dem Vater. Sie charakterisierten ihn als den Allmächtigen. Und sie sprachen von ihm als dem Schöpfer. Ich glaube, das sind tatsächlich drei ganz wichtige „Eigenschaften“ um von Gott zu reden. An Gott glauben heute ja auch noch ganz viele Menschen. Doch an welchen Gott glauben sie? Wen oder was meinen sie, wenn sie von „Gott“ reden? An welchen „Gott“ wenden sie sich, wenn sie in Not sind? 26. April 2013/sp Und genau an diesem Punkt beginnt auch die Kritik am Glaubensbekenntnis in dieser Form. Denn hier geht es einfach um ein „Fürwahr-halten“. Also: Wir halten den Gott für wahr, der der Vater ist, der allmächtig ist, der der Schöpfer ist. Natürlich, das ist eine mögliche Form eines Glaubensbekenntnisses. Es ist eben die Form der Abgrenzung. Die Frage, die dahinter steht ist dann also: Hältst du das auch fürwahr? Wenn die Bibel aber über Gott redet, dann nicht im Sinne von fürwahr halten, sondern vielmehr in der Form der Beziehung: „Wie erlebst Du den Gott, der Dich trägt? Wie begegnet Dir Gott? Wie hilft Dir Gott?“ Die meisten Glaubensbekenntnisse in der Bibel sind nicht einfach „schön formulierte Sätze“, sondern es ist Poesie, es ist Dichtung (von der Art her). Und daher: Ganz oft werden Glaubensbekenntnis im und als Gebet formuliert. Eines haben wir gehört in der Schriftlesung: „Lobe den HERRN, meine Seele! HERR, mein Gott, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt. Licht ist dein Kleid, das du anhast. Du breitest den Himmel aus wie einen Teppich; du baust deine Gemächer über den Wassern. Du fährst auf den Wolken wie auf einem Wagen und kommst daher auf den Fittichen des Windes, der du machst Winde zu deinen Boten und Feuerflammen zu deinen Dienern; der du das Erdreich gegründet hast auf festen Boden, dass es bleibt immer und ewiglich. Mit Fluten decktest du es wie mit einem Kleide, und die Wasser standen über den Bergen. Aber vor deinem Schelten flohen sie, vor deinem Donner fuhren sie dahin.“ (Psalm 104,1-7, Luther) Spürt Ihr den Unterschied? Nicht irgendeine Definition, das ist Gott. Sondern das Glaubensbekenntnis kommt aus dem Staunen heraus. „Wow, so offenbart sich Gott! Diesen Gott bete ich an!“ Viele Glaubensbekenntnisse haben ihren Grund auch in den Schwierigkeiten des Lebens. Den Psalmbetern ging es nicht immer gut. Sie haben viel schreckliches erlebt. Und in diesen Situationen haben sie sich an Gott gewendet. Manches Mal haben sie auch mit einer Frage angefangen: „Ich blicke hinauf zu den Bergen: ,Woher wird mir Hilfe kommen?‘ - ,Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat! Und du sollst wissen: Der Herr lässt nicht zu, dass du zu Fall kommst. Er gibt immer auf dich Acht. Er, der Beschützer Israels, wird nicht müde und schläft nicht ein; er sorgt auch für dich. Der Herr ist bei dir, hält die Hand über dich.“ (Psalm 121,1-5, Luther) In dem Sinn finde ich die erste Formulierung vom Apostolischen Glaubensbekenntnis ganz gut und wichtig: Ich glaube an Gott den Vater. Hier wird Beziehung ausgedrückt. Er ist für mich und zu mir wie ein Vater. Doch wenn Menschen ihre Väter als schrecklich erlebt haben, kann diese sachliche Formulierung, die keine Emotionen transportiert (oder transportieren darf, es ist schliesslich einfach ein formuliertes „Bekenntnis“) schon wieder schwierig. Vielleicht wäre es schon hilfreich zu formulieren: „Ich glaube an Gott als liebenden Vater.“ Übrigens: Das entscheidende Wort, das Gott in der Bibel immer wieder definiert, ist Liebe. Und dieser Begriff Liebe kommt im ganzen Bekenntnis nicht einmal vor. Dass Gott sich den Menschen gnädig zuwendet, wird nicht gesagt. Ich würde daher zum Beispiel formulieren: „Ich glaube an Gott den Vater, der sich den Menschen liebend und gnädig zuwendet.“ Gerade wenn das nächste Stichwort „allmächtig“ ist (und eben, nur das wird hier gesagt über diesen Vater). Es müsste doch wie ein Gegenstück geben. Einen Beziehungsaspekt beschrieben werden. Das fehlt mir in diesem Bekenntnis über Gott. Und dann könnten wir nun eine Diskussion über Gott als „Schöpfer“ beginnen. Bis vor wenigen Jahrzehnten war das noch nicht so ein so grosses Thema. Die meisten Menschen haben an Gott als Schöpfer geglaubt (sehr allgemein formuliert). Heute ist das anders. Es gibt verschiedene Theorien darüber, wie alles, was wir sehen und was wir nicht sehen, entstanden ist. AMEN 26. April 2013/sp Predigtthema: Ich glaube an Jesus Christus Liebe Gemeinde Paulus hat einmal gesagt: „Ich weiss an wen ich glaube“ (2. Tim. 1,12). Er hat aus einer Gewissheit gelebt, aus einem Vertrauen, dass sein Leben in jeder Situation gehalten ist. Der Glaube hat ihm Lebensperspektive und auch Wille zum Handeln gegeben. Bereitschaft, vieles loszulassen und Neues zu wagen - auch ohne genau zu wissen, was genau dabei herauskommt. „Ich weiss an wen ich glaube.“ Seit vielen Jahren finde ich diese Aussage von Paulus herausfordernd. Kann ich wirklich auch sagen, dass ich weiss, an wen ich glaube? Petrus hat es in seinem Brief so ausgedrückt: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist“ (1. Petrus 3,15). Wer Rechenschaft gegeben will über das, was er oder sie glaubt, muss sich ja auch bewusst damit beschäftigt haben, was er oder sie glaubt - eben wissen und erklären können, „an wen ich glaube“. Letzten Sonntag haben wir darüber nachgedacht, wie im apostolischen Glaubensbekenntnis der Glaube an Gott als den Allmächtigen, den Vater und den Schöpfer definiert wird. Wie kann ich über Gott reden? Welche „Eigenschaften“ und „Attribute“ würde ich Gott zuschreiben, wenn ich nur ganz wenige in einer kurzen Erklärung benutzen darf? Heute beschäftigen wir uns mit dem mittleren Teil des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Es ist nicht nur der „mittlere Teil“, es ist damit auch der zentrale Teil. Und ich meine, dass wir das wirklich so sagen können und auch sollen. Hier geht es um die „Mitte des Evangeliums“, um das „Zentrale des christlichen Glaubens“. Ohne Jesus Christus wären wir nicht hier um gemeinsam zu beten und auf Gott zu hören. Mindestens eben wohl kaum im biblischen Sinn. Dann würden wir in diesem Teil Europas an ganz andere Götter glauben, davon bin ich überzeugt. Doch der Grund, warum weltweit Menschen sich „Christen“ nennen (einmal davon abgesehen, wie ernst und wörtlich sie das dann schlussendlich auch meinen), ist, dass Gott seinen Sohn Jesus Christus auf die Welt gesandt hat und Jesus gestorben und auferstanden ist und gesagt hat, dass wir diese Botschaft „allen Menschen verkündigen“ sollen. Wir können weder von Gott noch vom Heiligen Geist reden ohne auch von Jesus Christus zu reden. Für Christen geht alles von ihm her. Er ist die Offenbarung Gottes. Er ist es, der den Heiligen Geist verheissen und seine Jünger angehaucht hat (darüber werden wir nächsten Sonntag nachdenken). Doch auch hier ist meine Frage an uns alle: Wie reden wir von unserm Glauben, wenn wir an Jesus Christus denken? Was ist das Wichtigste für uns, das gesagt werden muss? Wie können andere Menschen verstehen, wen und was wir meinen - und warum wir überhaupt dies so glauben und betonen? Was mir klar scheint: ziemlich sicher müssen wir zum Teil beim Reden über diesen „2. Artikel“ mit einem gewissen Widerstand rechnen: an Gott (in welcher Form auch immer) glauben viele Menschen. Doch wenn der Name „Jesus“ ins Spiel kommt, wird es für gewisse Menschen schwierig. „An Gott glaube ich schon. Aber mit Jesus habe ich so meine Mühe...“ Oder: „Ich glaube schon, dass Jesus gelebt hat, auch ein guter Mensch war und auf Gott hingewiesen hat. Dass er aber Gottes Sohn sein soll, bewusst als Opfer für die Menschen gestorben und auferstanden ist, daran habe ich meine Zweifel.“ Gerade weil er sich gezeigt hat, gerade weil er sichtbar geworden ist und doch für uns heute wieder unsichtbar ist - das macht den Glauben an ihn nicht nur einfacher. Er entzieht sich schlussendlich auch wieder all unsern wissenschaftlichen Kenntnissen. Dies muss uns 26. April 2013/sp bewusst sein wenn wir über Jesus nachdenken und über ihn und unsern Glauben an ihn reden. Bevor wir über das Bekenntnis weiter nachdenken, zeige ich Euch einen kurzen Ausschnitt aus einer Sendung über Migrationsgemeinden in Zürich. Sie haben zum Teil ganz andere religiöse Hintergründe. Jetzt sind sie begeistert von Jesus! Sie feiern ihn. Also, gehen wir zu dem, was das apostolische Glaubensbekenntnis über Jesus sagt: ... Wir können es einmal so versuchen: Wir haben 11 Zeilen, die von dem reden, was Jesus ungefähr neutestamentlich „definiert“. Ich kann jetzt hinter jeder Zeile sagen: Wichtig (= Ja), nicht wichtig (= Nein), weiss nicht (= ?). Von welchen Zeilen wäre ich überzeugt, diese Inhalte müssten in „meinem Glaubensbekenntnis“ enthalten sein? Welche Zeilen würde ich nicht unbedingt so hineinschreiben? Was fehlt mir denn noch, wenn ich daran denke, was in der Bibel noch alles über Jesus Christus geschrieben ist? Natürlich ist wieder ein Kriterium die Länge. Es ist klar, man kann sehr viel über Jesus sagen das wichtig ist. Doch ein Bekenntnis darf und kann nicht zu lang sein, sonst liest, hört oder spricht man es nicht mehr (geschweige denn auswendig lernen). Und doch muss es doch das Wesentliche sagen. Wir müssen also auswählen. Versuchen wir zuerst, das zu verstehen, was hier geschrieben wurde vor vielen Jahrhunderten: Mir fällt zum Beispiel auf, dass von der „Jungfrau Maria“ geschrieben wird. Ich würde dies wohl kaum als so wichtig sehen, dass es in meinem Glaubensbekenntnis steht. Wir merken aber, dass schon damals, im 3./4. Jahrhundert Maria einen gewissen Stellenwert hatte. Sie erscheint daher auch in einem solchen kirchlichen Bekenntnis. Es ist kein Wort davon geschrieben, dass Jesus Jünger hatte, dass ein Petrus wichtiges über Jesus gesagt hat, ihn aber auch verleugnet hat. Doch die Jungfrau Maria wird mit Namen genannt. Ein zweites fällt auf: In diesem Bekenntnis wird ein weiterer Name genannt: Pontius Pilatus. Damit wird Jesus in einen konkreten Zeitabschnitt „hineingeschrieben“. Jesus als „von Gott eingeborenen Sohn“ hat nicht „irgendwann“ gelebt - oder eben halt doch auch nicht gelebt, weil man es nicht so genau sagen kann. Nein, es ist klar: Er hat gelebt während der Regierungszeit von Pontius Pilatus - und durch seinen Befehl hat er gelitten. Damit wird Jesus konkret ein Teil der Weltgeschichte. Das finde ich auch wichtig - und spannend. Für mich ist klar: Jesus hat gelebt! Er hat auf diese Erde gelebt. Es gibt ziemlich klar festgeschriebenen Daten, die Anfang und Ende seines Lebens „beschreiben“. Aber beim Weiterdenken komme ich wieder ins Staunen über dieses Bekenntnis. Habt ihr schon einmal überlegt, wie das Leben von Jesus hier aussieht? Geboren durch die Jungfrau Maria - und dann gleich gelitten und gestorben... Natürlich ist das Zentrale der biblischen Botschaft über Jesus, dass er für uns gestorben ist und dass er auferstanden ist, dass wir also an einen lebendigen Christus glauben. Aber hier gehen vier Evangelien einfach unter, die noch viel mehr geschrieben haben als über die Geburt (und: nur zwei der viel Evangelien berichten von der Geburt durch die Jungfrau Maria!!): Nämlich dass Jesus auch Menschen berührt hat und diese geheilt wurden! Dass er gepredigt hat und das Reich Gottes durch seine Predigt und sein Handeln gegenwärtig sichtbar und spürbar wurden. Jesus wird hier im 2. Artikel zwar konkret in die Geschichte hinein „geschrieben“ und wird gleichzeitig wie eine Art „geschichtslos“ gemacht! Sein Tod und seine Auferstehung ist nicht zu verstehen ohne sein ganzes Leben und predigen. Oder noch stärker: Wenn Jesus nicht so gelebt, geredet und gehandelt hätte wäre er auch nie hingerichtet worden! Etwas von mir her gesehen ganz wichtiges wird also hier einfach unterschlagen. Ich kann nicht über Jesus reden, ohne von seinem Leben zu reden - und das wussten die Evangelienschreiber! 26. April 2013/sp Weiter finde ich spannend, dass Jesus auch als der bekannt wird, der jetzt zur Rechten Gottes sitzt und dass er von dort auch kommen wird „zu richten die Lebenden und die Toten“. Für meinen Glauben wesentlich und ganz wichtig. Und doch merke ich selber, dass ich nicht so oft darüber nachdenke und auch nicht oft darüber predige. Für mich ist zum Beispiel viel wichtiger zu betonen, dass Jesus „alle Tage bei uns ist, bis ans Ende der Erde“. Wenn ich über Jesus rede, ihn bekenne, dann betone ich seine Nähe, die jetzt erfahrbar ist, seine Hilfe, die mir gilt, sein Tragen in jeder Situation. Wir merken also, vor vielen Jahrhunderten wurde über Jesus und sein Leben und Wirken nachgedacht und es wurden wenige Sätze ausgesucht, um zu beschreiben, wer er ist, wie er bekannt wird. Und bis heute wird es getan. Ich darf und will es tun - und mir überlegen, was über Jesus gesagt werden soll. Wie geht es dir damit? Jesus als „der zentrale Teil“ des christlichen Bekenntnisses, wie redest Du von ihm? Was darf nicht ungenannt bleiben? Was kann auch „unterschlagen“ werden? Ich hoffe, Du wirst daran weiterdenken in den kommenden Tagen. AMEN 26. April 2013/sp Predigtthema: Ich glaube an den Heiligen Geist Liebe Gemeinde Ich bin sicher, dass folgende Situation die meisten kennen: Ich möchte jemandem einige ganz wichtige Dinge mitteilen. Ich beginne mit dem ersten, dann kommt das zweite - und für beide brauche ich mehr Zeit als ich gedacht habe! So muss ich mich für die letzten Punkte ziemlich beeilen und kann sie nur noch sehr kurz ansprechen, ohne weitere Erklärungen. So kommt es mir vor, wenn ich den dritten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses betrachte. Da werden Zusammenfassend unter dem „Heiligen Geist“ noch wichtige Bekenntnissätze gesagt. Wer sich nicht so gut auskennt mit der Bibel, wird hier ziemlich gefordert - oder müsste ich sogar sagen: Überfordert? Wir haben heute morgen Zeit, etwas mehr als in ca. 12 Sekunden über diese entscheidenden Sätze nachzudenken. Und doch nehmen wir uns bewusst diese Zeit, damit wir hoffentlich befähigt werden, einem Menschen dann wieder ziemlich knapp zu sagen, was wir glauben und warum wir es glauben. Um jedoch Entscheidendes in wenigen Sätzen sagen zu können, müssen wir uns Zeit nehmen, eine Auslegeordnung machen und dann überlegen: Was sage ich wie? Was wurde im 4. Jahrhundert als Bekenntnis festgelegt, nachdem über Gott den Vater und über Jesus Christus gesprochen wurde? „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.“ Ich bin etwas hin und her gerissen, wenn ich diesen 3. Artikel lese und mir darüber Gedanken mache: Auf der einen Seite ist es spannend, was die damaligen Schreiber alles unter dem „Glauben an den Heiligen Geist“ untergeordnet haben. Und sie haben ja auch recht: Pfingsten, die Ausgiessung des Heiligen Geistes, gilt als Geburtsstunde der Kirche. Also kann ich wirklich bekennen: Ich glaube an den Heiligen Geist, der die Kirche „geschaffen“ hat und der uns Menschen in der Kirche - als sichtbaren Leib Christi auf dieser Erde - vereint. Ich glaube damit auch daran, dass es der Heilige Geist ist, der die Menschen zusammenbringt und zusammenhält. Braucht es nicht ein riesengrosses Wunder, Kirche, Gemeinde, Gemeinschaft von Menschen zu sein? Grundsätzlich würde uns so viel einen - nämlich unser Vertrauen in den dreieinigen Gott! Auf der anderen Seite trennt uns auch wieder sehr viel: Wir sind uns in vielen kleinen Fragen nicht einig. Sollen wir diese Frage so handhaben oder so? Was ist nun wichtiger im Leben der Kirche, der Menschen, die sich hier versammeln? Das, was uns eint, oder das, was uns trennt? Ich bin überzeugt, dass viele Menschen grundsätzlich sagen würden: Doch das, was uns eint. Wir glauben alle an Gott den Vater, an die Erlösung durch Jesus Christus und auch an das Wirken des Heiligen Geistes in uns. Doch in der Praxis ist das Trennende leider immer wieder viel stärker - und es gibt darum unzählig viele christliche Gemeinden und Gemeinschaften. Die damaligen Schreiber haben auch die Vergebung der Sünden im dritten Artikel „untergebracht“. Dies, obwohl vorher von Jesus Christus die Rede war, der „gelitten hat, gestorben und auferstanden ist“. Hier wäre es ja durchaus auch sinnvoll gewesen, davon zu reden, weshalb Jesus diesen Weg gegangen ist. Doch davon war noch nicht die Rede. Die wichtigsten Stationen von Jesus hier auf der Erde waren das zentrale Anliegen im 2. Artikel. Jetzt, hier, wenn es um den Heiligen Geist geht, geht es auch um ihn als der, der den Menschen ihre Sündhaftigkeit aufdeckt und sie zur Umkehr ruft - und so auch Vergebung ermöglicht. Die Vergebung ist in diesem Sinn auch immer Wirken des Heiligen Geistes im Leben von Menschen - und durch das Sterben Jesu ermöglicht. 26. April 2013/sp Und ganz am Schluss geht es um die „Vollendung“: Dass die Toten auferstehen werden und dass wir auf ein ewiges Leben hoffen. Auch hier wieder: Es ist für mich durchaus biblisch verständlich, dass dies hier erwähnt wird. Ich habe nun versucht, zu würdigen und zu verstehen, was damals im 4. Jahrhundert hier geschrieben wurde. Doch auch in diesem Abschnitt kann ich es nicht unterlassen, kritisch zu lesen und zu überlegen, ob das wirklich „alles“ ist. Kommt hier nicht leider auch ein bisschen eine bekannte Sprachlosigkeit in Bezug auf den Heiligen Geist zum Ausdruck? Ist das nicht etwas das Traurige der Kirchengeschichte, dass der Heilige Geist über viele Jahrhunderte eher wenig beachtet wurde, bis dann vor ca. 100 Jahren durch die Pfingstbewegung und später durch die charismatische Bewegung dem Heiligen Geist doch wieder vermehrt Raum gegeben wurde? Und vielleicht sogar noch kritischer gefragt: Hat nicht auch ein solch wichtiges, tragendes Bekenntnis auch etwas Schuld daran, wenn der Heilige Geist etwas in Vergessenheit geraten ist? Wenn über den Heiligen Geist „nur“ Themen kommen, die auch sonst wichtig sind: Vergebung der Sünden - ja! Unbedingt! Doch wir ordnen dieses Thema normalerweise eher im Zusammenhang mit Jesus ein als mit dem Heiligen Geist. Die christliche Kirche - Ja! Unbedingt. Doch auch hier reden wir nur im Zusammenhang mit dem Beginn der Kirche, Pfingsten, vom Heiligen Geist. Und das gleiche kann auch von der Auferstehung der Toten und dem ewigen Leben gesagt werden. Doch der Heilige Geist und sein Wirken ist mehr, geht tiefer, betrifft uns auf einer ganz persönlichen Ebene! Das wäre mindestens das Ziel des Heiligen Geistes. Jesus hat von ihm gesprochen als dem Seelsorger des Lebens (so würde ich das zusammenfassen). Er ist der, der tröstet, der aufrichtet, der hilft, auch der korrigiert! Sein Wirken in Deinem und in meinem Leben ist essentiell wichtig! Er ist es, der uns die Augen öffnet und uns lehrt, was dran ist. Er ist der Erinnerer an die Worte Jesu und seine Lehre und deren Umsetzung in meinem Leben. „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Johannes 14,26, EÜ) Er ist es, der Glauben überhaupt ermöglicht in unserm Leben, der unser Herz so lenkt, dass wir Jesus Herrn nennen können: „Darum erkläre ich euch: Keiner, der aus dem Geist Gottes redet, sagt: Jesus sei verflucht! Und keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet.“ (1. Kor. 12,3, EÜ). Es ist der Heilige Geist, der die Gaben austeilt in unserm Leben - oder uns daran erinnert, welche Gaben wir schon längst von ihm bekommen haben: „Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern - immer in dem einen Geist - die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem andern Wunderkräfte, einem andern prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten. Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will.“ (1. Kor. 12,8-11, EÜ) Und es ist der Heilige Geist, der in unserm Leben so wirkt, dass sichtbare Früchte entstehen. Wohl eine der „heikelsten“ Aufgaben des Heiligen Geistes: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. ... Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist auch folgen.“ (Galater 5,22.23a.25, EÜ) Damit ist ganz sicher nicht alles über den Heiligen Geist und sein Wirken gesagt. Doch einige entscheidende Bereiche sind es. Davon im Glaubensbekenntnis gar nichts zu sagen, wenn wir schon bekennen „Ich glaube an den Heiligen Geist“, finde ich ein kleines „Vergehen“. Das hat für mich nichts mit einer Konfession zu tun, über den Heiligen Geist zu reden, sondern mit dem Glauben an den dreieinigen Gott und seinem ganzheitlichen Wirken im Leben der Menschen. Und dafür will ich offen sein. Und darüber will ich auch ehrlich, transparent und auch verständlich reden lernen. 26. April 2013/sp „Ich glaube...“ An drei Sonntagen haben wir einerseits über das apostolische Glaubensbekenntnis, das im 4. Jahrhundert geschrieben wurde, nachgedacht. Andererseits ging es ja nicht einfach nur um dieses altkirchliche Bekenntnis, sondern viel mehr um die Frage: Wie kann ich über meinen Glauben reden - gerade in der Hoffnung und Erwartung, dass wir auch immer wieder mit Menschen ins Gespräch kommen über Glauben an Gott, die Bibel und was es bedeutet für unser Leben. Ich hoffe und bete, dass Ihr dafür einige Impulse erhalten konntet! Ich wünsche Euch daher auch viel Mut, Weisheit, auch Freude und Möglichkeiten, über Euren Glauben an den dreieinigen Gott mit anderen Menschen zu reden! Möge dadurch etwas geschehen zur Ehre Gottes! AMEN 26. April 2013/sp