Vaskulitiden Definition: Entzündliche Erkrankungen der Blutgefäße mit Behinderung der Gefäßstrombahn Beschwerden: Abhängig von den betroffenen Organen. Da Blutgefäße überall im Körper vorkommen, können prinzipiell auch alle Organe betroffen sein. Häufiger Befall von: Nieren: Verschlechterung der Nierenfunktion, Verlust von Blut / Eiweiß im Harn, Bluthochdruck Lungen: Atemnot, blutiger Husten Haut: Ausschlag, Livedo (netzartige Verfärbung), Geschwüre, Blutungen, Gangrän Augen: Entzündung, Sehverlust Nervensystem: (Kopf-)Schmerzen, Störung der Sensibilität (Kribbeln, Gefühlsstörungen), Muskelfunktion (Lähmungen) oder Hirnleistung Herz: Entzündung des Herzmuskels und Herzbeutels, Herzinfarkt HNO: Schwindel, Hörverschlechterung, chronische Entzündungen (Mittelohr, Nasennebenhöhlen) Allgemeinsymptome: Müdigkeit, Nachtschweiß, Fieber, Gewichtsverlust Gelenk-/Muskelschmerzen und –entzündung Einteilung: Primäre und Sekundäre Vaskulitiden Sekundäre Vaskulitiden : können im Rahmen von anderen Erkrankungen auf treten, z.B. bei immunologischen Erkrankungen (chronische Polyarthritis, systemischer Lupus erythematodes,...), Infektionen, Medikamentennebenwirkung Primäre Vaskulitiden Arteriitis temporalis Horton = Riesenzellarteriitis: häufigste Vaskulitisform des Erwachsenenalters (ca. 20 Neuerkrankungen pro Jahr pro 100 000 Einwohner), ältere Patienten. V.a.Gefäße im Kopf- Halsbereich betroffen mit Gefahr der Erblindung durch Augenbefall, Kopfschmerzen, Allgemeinsymptome, oft gleichzeitiges Vorkommen mit Polymyalgia rheumatica (Schmerzen und Schwäche vor allem der Schulter- und Hüftmuskulatur) Takayasu-Arteriitis = pulseless disease: Jüngere Patienten, insbesondere Frauen. Vaskulitis v.a. der großen Gefäße des Aortenbogens mit Durchblutungsstörung der Arme (auch einseitig), Blutdruckdifferenz, Allgemeinsymptomen, Angina pectoris, Durchblutungsstörung des Gehirns Panarteriitis nodosa (PAN): mittleres Lebensalter, Männer häufiger befallen als Frauen, oft Nachweis einer Hepatitis B, Symptome je nach Organbefall, insbesondere Allgemeinsymptome mit Gewichtsverlust, Livedo reticularis, Gelenk-/ Muskelschmerzen, erhöhter Blutdruck, Nierenfunktionsstörung, Symptome von Seiten des Nervensystems und des Verdauungstraktes. Angiographie (Gefäßdarstellung mit Kontrastmittel) zeigt Verschluß/ Ausweitung von Eingeweidearterien, charakteristische Histologie (mikroskopische Gewebsuntersuchung) Mikroskopische Polyangiitis: Sonderform der PAN, Nieren- und Lungenbefall. Charakteristisch sind sog. p-ANCA Antikörper im Blut und der mikroskopische Befund. Kawasaki-Arteriitis: Säuglinge, Kleinkinder mit Fieber, Lymphknotenschwellungen, Hautund Schleimhautveränderungen (z.T. wie bei Scharlach, Augenentzündung). Gefahr durch Entzündung der Herzkranzgefäße Wegener’sche Granulomatose: HNO-Bereich, Lunge und Nieren befallen. Zunächst Entzündung im HNO- Bereich und in den oberen Atemwegen mit Schnupfen, Nasenebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung, Bronchitis, anfangs Fehldeutung als Infekt möglich, allerdings keine Heilung durch Antibiotika. In weiterer Folge Entzündung auch der unteren Atemwege mit (Blut-) Husten, fixe Infiltrate oder Kavernen (Höhlen) im Lungenröntgen, Nierenbeteiligung (Harnuntersuchung). Symptome auch von Seiten der Gelenke, Nervensystem, Augen, Haut, alle Organe möglich. Charakteristisch sind sog. cANCA-Autoantikörper im Blut und der histologische Befund von Biopsiematerial (Gewebsproben) Churg-Strauss-Syndrom = allergische Granulomatose und Angiitis: Allergien wie z.B. Heuschnupfen, Nasennebenhöhlenentzündungen, Asthma bronchiale, flüchtige Lungeninfiltrate (=Verdichtungen im Lungenröntgen), Laborbefunde wie bei Allergie mit Eosinophilie (Erhöhung einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen) und erhöhtem IgE (Immunglobulin E). Histologisch Eosinophilenvermehrung um betroffene Gefäße auch von Nervensystem, Herz, Haut, Gelenke, selten Nieren, Eingeweide Purpura Schönlein-Henoch: Vorwiegend Hautbefall (Beine), junge Patienten nach Infektionen oder Medikamenteneinnahme. Fieber, Gelenkschmerzen und Schwellungen, Bauchschmerzen, Nierenbeteiligung möglich. Meist Spontanheilung Vaskulitis bei essentieller Kryoglobulinämie: Kälte oder Wind als Auslöser, kann Hepatitis Boder C-assoziiert sein, Hauterscheinungen v.a an exponierten Stellen wie Finger und Zehen, kältelabiles Eiweiß im Blut nachweisbar, Nierenbefall (Cutane) leukozytoklastische Vaskulitis: Hauterscheinungen ähnlich denen bei Purpura Schönlein-Henoch mit tastbaren punktförmigen Blutungen mit Betonung der Beine, charakteristischer histologischer Befund, Beteiligung innerer Organe möglich (isolierte) Vaskulitis des Zentralnervensystems (ZNS): Wie schon erwähnt können systemische Vaskulitiden auch das Nervensystem betreffen. Auch andere Systemerkrankungen können zu einer Vaskulitis des ZNS führen, z.B. Kollagenosen. Infektionen. Weiters können auch isolierte Vaskulitiden des ZNS auftreten, z.B. bei lokalen Infektionen (Herpes zoster, andere virale Erkrankungen, bakterielle Infektionen etc.), Medikamenten oder Drogen. Vaskulitisähnliche Befunde können auch durch eine akute Blutdruckerhöhung, Embolien, Gefäßschädigung nach Bestrahlung u.a. vorgetäuscht werden. Findet man keine Ursache und keine Manifestationen außerhalb des ZNS, spricht man von einer primären Vaskulitis des ZNS. Symptome sind vielfältig, z.B.Kopfschmerzen, Verwirrtheit, psychiatrische Störungen, Lähmungen, Hirnnervenstörungen etc. Sonderformen sind das Cogan Syndrom mit Augenentzündung, Abnormitäten des Hör- und Gleichgewichtsorganes und die Eales-Krankheit mit isoliertem Befall der Netzhaut. Die Diagnostik: erfolgt mittels Angiografie, Magnetresonanz- oder Computertomografie, Biopsie. Diagnose: Körperliche Untersuchung, bildgebende Verfahren (Lungenröntgen,...), Verteilungsmuster (betroffene Organe), spezielle Blutuntersuchungen, Harnuntersuchung. In den meisten Fällen ist die Untersuchung einer Gewebsentnahme unter dem Mikroskop diagnostisch wegweisend. Therapie: In den meisten Fällen Glucocorticoide und Immunsuppresiva wie z.B.Cyclophosphamid (insbesondere bei M.Wegener) oder Azathioprin. Chondrokalzinose Ablagerung von Kalziumpyrophosphatkristallen in Faserknorpel (z.B.Meniscus) und oberflächlichen Schichten des Knorpels. Vorkommen: Mittleres und höheres Lebensalter, Männer und Frauen gleich häufig betroffen. Kommt isoliert vor (primär) oder im Rahmen einer anderen Grunderkrankung wie z.B. Gicht (sekundär). Asymptomatischer Zufallsbefund im Röntgen, chron. Verlaufsform oder akute Gelenkentzündung mit starken Schmerzen sind möglich. Diagnose: Kristallnachweis im Gelenkpunktat, Röntgen Therapie: Nichtsteroidale Antirheumatika und Kryotherapie (Kälteanwendung) im Akutstadium Arthritis bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerose sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen, in deren Folge es zum Auftreten von Entzündungen der peripheren Gelenke (V.a.Knie- und Sprunggelenke) sowie der Wirbelsäule (Spondylitis) und der Sakroiliakalgelenke (Kreuzdarmbeingelenke) kommen kann. Zuordnung: Typischerweise ist bei diesen Erkrankungen der Rheumafaktor negativ, bei Wirbelsäulenbefall oft HLA-B 27 im Blut nachweisbar, weswegen diese Erkrankungsgruppe zu den seronegativen Spondylarthropathien zugeordnet wird. Diagnose und Klinik: Die Diagnose der CED wird mittels Darmspiegelung und Probenentnahme gestellt, das Hauptsymptom ist der Durchfall. Weitere mögliche Symptome neben der Arthritis sind Enthesitis (Entzündung der Sehnenansätze, z.B. Achilles- und Patellarsehne), Augenentzündung (Iridozyklitis) und Hautveränderungen (Erythema nodosum, Pyoderma gangränosum). Bei Befall des Achsenskeletts findet sich in den Röntgenaufnahmen eine beidseitige Kreuzdarmbeingelenkentzündung. Verlauf: Die Gelenkbeteiligung kann bei bekannter CED auftreten oder dieser vorausgehen. Im weiteren Verlauf korreliert die Gelenksentzündung oft mit der Aktivität der Darmerkrankung. Therapie: Nichtsteroidale Antirheumatika und COX 2 Hemmer wegen möglicher negativer Beeinflussung der Darmerkrankung eher zurückhaltend. Im Akutstadium Kryotherapie (Kälteanwendung). Salazopyrin beeinflusst sowohl die Gelenkentzündung als auch die Darmerkrankung günstig. Ein neues Therapiekonzept besteht bei Morbus Crohn in der Gabe von sog. TNF-Alpha Blockern.