UKW 2018 Radio goes Programmatic K ampagnen per Klick buchen und anpassen: Was in der Online-Audio-Vermarktung Alltagsgeschäft ist, wird künftig auch für UKW möglich sein. Bisher laufen Planung und Buchung manuell ab. Das soll sich ändern. Einer der Ersten am Start ist Studio Gong. Ab 2018 soll das UKW-Portfolio des Vermarkters automatisiert buchbar sein. Die bei ihm gebündelten 57 Sender der Bayerischen LokalradioWerbung (BLW) haben damit schnellen Zugriff auf Kampagnen- und Umsatzdaten, Werbeplätze und Audiospots. Möglich wird das durch die Buchungsplattform der Adtech-Firma Adremes, die die Brücke zwischen Vermarktern und Sendern bildet. „Die Vermarkter erhalten eine Anbindung an die Dispositions- und Sendesysteme der Radiosender und damit direkte Rückmeldungen zu buchbaren Werbeplätzen“, sagt Maik Lenze, Head of Marketing & Sales Ab 2018 soll UKW-Radio flächendeckend automatisiert buchbar sein. Das heißt für Werbekunden verkürzte Vorläufe und flexiblere Kampagnenaussteuerung T E XT: Katr in O tto Automatisierung in UKW und Online-Audio Nettowerbeumsätze Programmatic Advertising 8351 +41 % 5921 (Angaben in Mio. Euro) +52 % 390 2015 2016 2017 61 0,3 21 1 Prognose. 44 | W&V 41-2017 2018 111 Anteil Programmatic Advertising an Werbeerlösen in Online-Audio (Angaben in Prozent) Adremes. Der Weg dahin war nicht ganz unkompliziert. Neben rechtlichen Bedenken bei der zentralen Aussteuerung – die Sender haften für die Werbung, die sie ausstrahlen – galt es, die individuellen Dispo-Regeln der einzelnen Sender zu berücksichtigen, beschreibt Andreas Lang, Marketingleiter Studio Gong, den Prozess. Die Systeme der Planungs- und Einkaufsseite will Adremes im nächsten Schritt anbinden. Bis dahin läuft der Datenaustausch zwischen Agenturen und Vermarkter über individuelle Lösungen. Studio Gong setzt für den Datenfluss die eigens entwickelte Plattform Mai (Media Agency Interface) ein. Quelle: BVDW Vollautomatisierung heißt das Gebot der Stunde auch im Hörfunkmarkt. Agenturen und Kunden wollen gattungsübergreifend planen. Programmatic ist für Radio ein wichtiger Schritt in Richtung einer zentralen Buchungsplattform – mit dem Ziel, übergreifende Kampagnen aus allen Mediengattungen zu ermöglichen. Die Konvergenzwährung MA Audio war hier ein erster Schritt. „Für das vor uns liegende Jahr gilt es, den Kinderschuhen weiter zu entwachsen und das gesamte Potenzial für die Marktteilnehmer nutzbar zu machen“, sagt Sebastian Schichtel, Director Driven Marketing Crossmedia. Hierfür müssten die Kompatibilität mit den verfügbaren Einkaufsplattformen erhöht und weitere Reichweiten automatisiert bereitgestellt werden. So funktioniert der automatisierte Datenfluss in der UKW-Vermarktung In UKW reduziert sich Programmatic auf die Automatisierung von Buchung und Ausspielung der Werbung. Der Datenfluss zu den Sendern läuft über Adserver (meist von Adremes), der Austausch mit den Agenturen über das Tool Radioxpert oder vermarkterindividuelle Interfaces. Vermarkter Mediaagentur Werbedispo Werbekunde An der Automatisierung des Datenflusses wird daher von allen Seiten kräftig geschraubt. Auch der private Vermarkter RMS will ab 2018 das UKW-Portfolio über Adremes anbieten. Die Abläufe zwischen Vermarkter und Sendern seien automatisiert, die Schnittstellen zu den Agenturen werden noch angepasst, sagt Matthias Wahl, Sprecher der Geschäftsführung RMS. Ab Dezember sollen unter dem Namen „Smart Audio-Booking“ Kampagnen in UKW per Klick buchbar sein. Bisher haben die Hamburger vor allem in Programmatic Advertising bei OnlineAudio investiert. Der Buchungsanteil mache dieses Jahr zehn Prozent aus, so Wahl. C&A, Bayer, Telekom, Ebay und Kia sind Kunden. 2018 soll der Anteil bei 15 Prozent liegen. Neben der Automatisierung arbeitet RMS an einer Audio-Data-Management-Plattform (DMP), um künftig datengetriebene Kampagnen mit Ansprache nach Region, Soziodemografie und Kaufabsicht anzubieten. Die in Online-Audio gewonnenen Daten könnten dann auch für UKW-Kampagnen eingesetzt werden und eine konvergente Kampagnenaussteuerung ermöglichen, so der RMS-Chef. „Das Spannende für den Werbemarkt wird zukünftig sein, über programmatische Methoden beide Kanäle in einem Interface einzubuchen und mit allen weiteren konvergenten Mediengattungen gemeinsam zu planen.“ Der öffentlich-rechtliche Vermarkter AS&S Radio konzentriert seinen Ausbau auf UKW. Ab November ist die Übertragung von Daten zwischen Agenturen und Vermarktern über eine Schnittstelle im Planungstool Radioxpert möglich. Die Sender seien bereits über Audio Adserver Sender Werbedispo Individuelle Parameter: Wetter, Verkehrslage, Programm … die Onlinebuchungsplattform Class für Agenturen buchbar, so Oliver Adrian, Geschäftsführer AS&S Radio. Was eine tatsächlich datengetriebene Ausspielung im UKW-Radio betrifft, ist der Vermarkter skeptisch. Eine Schaltung nach Ereignissen wie Wetter oder Programm sei möglich, aber nicht nach Hörerdaten, so Adrian. „Dies können nur statistisch fragwürdige Daten über Messinstrumente wie sogenannte Personal-People-Meter sein oder Daten aus der Nutzung der entsprechenden Onlineangebote.“ Neue Datenplattform soll Abverkauf messen Tatsächlich könnten bald Parameter wie Wetter, Verkehrslage oder Programm Werbung auf UKW in „Echtzeit“ zielgenauer machen. Adremes testet derzeit eine Datenplattform, die Wetter- und Sendegebietsdaten aller Sender in der DACH-Region enthält. So kann eine Kampagne passend ausgesteuert werden, Spots lassen sich austauschen. Eine Anbindung an eine Datenbasis wie Google Analytics soll den Einfluss auf Webtraffic und Abverkauf messbar machen. Auch ein Anschluss an Warenwirtschaftssysteme der Kunden sei möglich, sagt Maik Lenze von Adremes. „Ein solches System könnte beispielsweise signalisieren, dass der beworbene Artikel annähernd ausverkauft ist, und einen Motivwechsel in Echtzeit auslösen“, so Lenze. Damit würden ProgrammaticAdvertising-Modelle auch im klassischen Radio möglich. Sendesystem Dennoch funktioniert Programmatic in UKW nur mit Einschränkungen. Zum Vergleich: Bei Online-Audio f ließen Daten; Hörerprofile können so mit passenden Ortsdaten kombiniert werden. Der Nutzer ist – bis 2018 die neue E-Privacy-Richtlinie kommt – über Cookies durch seine IP-Adresse erkennbar. So kann Audiowerbung individuell an einzelne Hörer geliefert werden. Das alles geht in UKW nicht. Hier reduziert sich Programmatic auf die Automatisierung von Buchungs- und Ausspielungsabläufen der Werbung. Ziel ist zumindest, Radiowerbung komplett elektronisch buchbar zu machen. „Die nutzerzentrierte Eins-zu-einsAuslieferung wird technisch bedingt im klassischen Radio über UKW nie möglich sein“, sagt Mediamann Schichtel. Dennoch sei die Automatisierung auch für das klassische Radio interessant. Vorlaufzeiten werden verkürzt – von Tagen auf Minuten. Passende, aktualisierte Daten wie Wetter oder Verkehrslage ermöglichen eine gezieltere Kampagnensteuerung. „Eine Eins-zu-eins-Beziehung streben wir weder an, noch ist diese technisch realistisch“, räumt auch Lang ein. Wenn neben hoher Reichweite noch Buchungserleichterungen und bessere Regionalisierungsmöglichkeiten dazukommen, sei Radio für die Zukunft gerüstet. Die liege in der modernen Umsetzung mit konvergenten Kampagnen, die die Vorteile beider Welten vereinige. UKW-Radio punktet also vor allem mit Reichweite. Die Automatisierung steigert aber zusätzlich die Relevanz im Kampf um Werbebudgets. ko @ wu v.d e W&V 41-2017 | 45