Der Schnuller in der Primärprävention

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U3
ELTERNARBEIT
Der Schnuller in der Primärprävention
Dr. Andrea Thumeyer/Dr. Andrea Städtler (LAGH)
Junge Eltern sind dankbar für den Schnuller als schnelles Beruhigungsmittel im Babyalltag. Leider wissen nur wenige, dass der unreflektierte Gebrauch von Beruhigungssaugern Störungen im gesamten
Mund- und Gesichtsbereich provoziert. Umso wichtiger ist die primärpräventive Aufklärung der Eltern
für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Schnullern.
Ein zu langer oder Dauergebrauch des Nuckels, seine unphysiologische Größe oder
falsche Beschaffenheit sind
nur einige der Faktoren, die
erhebliche Schäden im Gebiss anrichten können. Dabei
sind die Folgen nicht nur ein
kosmetisches Problem, sondern haben erhebliche Auswirkungen auf den gesamten
Körper. Die dadurch auftretenden Schäden umfassen
eine lange Liste.
Hier die wichtigsten:
■■ Lutschoffener Biss
Wie kommt es zu
Anomalien durch das
Schnullern?
Ein durch Beruhigungssauger verursachter lutschoffener
Biss entwickelt sich, weil das
Verbindungsteil zwischen dem
eigentlichen Sauger und dem
Lippenschild zwischen den
Frontzähnen liegt. In Abhängigkeit von der Nuckeldauer
richtet jeder (Fremd-)Körper
zwischen den Zähnen Schaden an. Je größer der Schnuller, desto schlimmer.
Gramm aufgewendet, und das
mehrere hundert Mal am Tag,
je nach Lutschdauer. Im Vergleich dazu: Ein Kieferorthopäde arbeitet mit Kräften entsprechend von 20 bis 30
Gramm und bewegt mit diesen
geringen Kräften Zähne durch
den Kieferknochen. Zusätzlich
drückt der Schaft des Schnullers beim Schlucken von innen
gegen die Schneidezähne. Die
Zähne weichen nach vorne
aus und „fächern“ auf. Das
Kind kann nun ungehindert mit
den Backenzähnen aufeinander beißen und dabei den
Richtige (=physiologische)
Zungenlage
Falsche (=unphysiologische) Zungenlage bei Schnullergebrauch
■■ Seitlicher Kreuzbiss
■■ Rücklage des Unterkiefers
■■ Zungenfehlfunktionen
■■ Habits
(schädliche Gewohnheiten)
■■ Mundatmung (evtl. mit
Auswirkungen auf das
Blutbild)
■■ Lippenbeißen
■■ Phonationsstörungen
(gestörte Lautbildung und
Aussprache)
Durchschnittlich schluckt ein
Kind 600- bis 800-mal täglich.
Wird der Sauger nur einen halben Tag oder eine halbe Nacht
lang benutzt, ergibt sich bei 300
mal Schlucken mit je 300 Gramm
die stattliche Krafteinwirkung
von 90 Kilogramm auf Zähne
bzw. Kieferknochen.
Infoblatt 034/U3
Milchgebiss mit gesunder
Frontzahnstufe
Lutschoffener Biss bei
Schnullergebrauch
Um den zum Saugen erforderlichen Unterdruck zu erzeugen
und um den Speichel herunter
zu schlucken, müssen die Lippen geschlossen werden. Das
Kind muss dazu den Schaft
des Schnullers zusammenbeißen und knicken. Hierzu wird
bei einem Latexsauger eine
Kraft entsprechend von bis zu
300 Gramm, bei einem Silikonsauger sogar bis zu 500
Nuckel im Mund behalten.
Zwischen den oberen und den
unteren Schneidezähnen ist
gerade so viel Platz entstanden wie das Verbindungsteil
dick ist und an Platz beansprucht. Hinzu kommt, dass
eine gesunde Reifung des
physiologischen Schluckvorganges verhindert wird. Durch
den auf dem Zungenrücken
liegenden Nuckel lernt die
Zunge nicht ihre physiologische Position am Gaumendach einzunehmen. Aus Platzmangel bleibt sie beim
Schlucken im Mundboden liegen und das unreife SaugSchluckmuster (viszerales
Schlucken) bleibt bestehen.
So überträgt sich ein im Milchgebiss bestehender lutschoffener Biss auf das bleibende
Gebiss. Wenn nämlich nicht
der dicke Gummischaft zwischen den Zähnen liegt, dann
ist es in der Folge die Zunge.
Da ein Kind 600- bis 800-mal
in 24 h schluckt, steckt es
dann genauso oft die Zunge in
die entstandene Lücke. Die
Zähne können nicht mehr von
allein in ihre ursprüngliche Position zurück, und es wird eine
logopädische und kieferorthopädische Behandlung zur Beseitigung des lutschoffenen
Bisses erforderlich.
Der Daumen richtet noch größeren Schaden an. Er staucht
den Unterkiefer zusätzlich
nach hinten und zieht den
Oberkiefer nach vorn und oben
in die Länge. Hinzu kommt,
dass der Daumen jederzeit
verfügbar ist und die Lutschdauer dadurch noch größer
wird.
Schnullerlos!
Wir sind schon groß.
Arbeitskreis Jugendzahnpflege • Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH)
01/2017
Kleine Wolke 11
Schnullerfee
An die
An die
Schnullerfee
Kleine Wolke 11
Wolkenstadt
Elterninfo
Stufe 3
Der Schnuller wird abgesetzt sobald das Kind anfängt zu sprechen und zu kauen,
spätestens jedoch rund um den 2. Geburtstag. Der Schnullerbedarf reduziert sich von ganz allein,
wenn die anderen Bedürfnisse beachtet und gefördert werden. Ihr Kind will groß sein - bestärken Sie
es in seinem Wunsch. Suchen Sie sich Helfer, die Sie bei der Schnullerentwöhnung unterstützen (z.B.
Familie, Freunde, ErzieherInnen, der Zahnarzt oder Kinderarzt).
•
Gestaltung: www.royalx.de
Stufe 2
Setzen Sie den Schnuller wie ein Medikament ein: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Nicht immer ist der Schnuller das richtige Hilfsmittel: Vielleicht braucht ihr Kind nur Beschäftigung oder Sicherheit durch Zuwendung. Dosieren Sie das „Schnullern“ auf ein Minimum. Geben
Sie den Schnuller nur, wenn Ihr Kind ausdrücklich danach verlangt. Ansonsten liegt der Schnuller
außer Sicht- und Reichweite für das Kind. Achten Sie auf mögliche Nebenwirkungen wie Sprachverzögerung, Zahn- und Kieferfehlstellungen.
•
Stufe 1
Nicht jedes Baby braucht einen Schnuller! Entscheiden Sie gemeinsam mit ihrer Hebamme oder ihrem Kinderarzt, ob für Ihr Baby der Schnuller ein sinnvolles Hilfsmittel ist. Bieten Sie
den Schnuller erst nach der 4. – 6. Lebenswoche an und drängen sie den Schnuller nicht auf, wenn Ihr
Baby ihn verweigert oder ausspuckt.
Stand 2016
Gebrauchsinformation zum Schnuller
…damit aus dem anfänglichen Saugbedürfnis keine schlechte Angewohnheit wird:
© Dr. A. Thumeyer
ge Zahnarztbesuche ab
dem ersten Zahn.
Wolkenstadt
➥➥Achten Sie auf regelmäßi-
Elterninfo
??
Hat der Schnuller mögliche Nebenwirkungen auf
Sprachentwicklung und
Zähne?
Gebrauchsinformation zum Schnuller
…damit aus dem anfänglichen Saugbedürfnis keine schlechte Angewohnheit wird:
■■ Setzen Sie den Schnuller
wie ein Medikament gezielt
und nur kurzfristig ein:
Soviel wie nötig, so wenig wie möglich!
nach dem Einschlafen
heraus. Beim Sprechen,
Spielen oder Spazierengehen braucht es keinen
Schnuller!
Stufe 1
Nicht jedes Baby braucht einen Schnuller! Entscheiden Sie gemeinsam mit ihrer Hebamme oder ihrem Kinderarzt, ob für Ihr Baby der Schnuller ein sinnvolles Hilfsmittel ist. Bieten Sie
den Schnuller erst nach der 4. – 6. Lebenswoche an und drängen sie den Schnuller nicht auf, wenn Ihr
Baby ihn verweigert oder ausspuckt.
■■ Bieten Sie den Schnuller
erst nach der 4. – 6. Lebenswoche an, um Stillprobleme zu vermeiden.
➥➥Ziehen Sie den Schnuller
Stufe 2
Setzen Sie den Schnuller wie ein Medikament ein: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Nicht immer ist der Schnuller das richtige Hilfsmittel: Vielleicht braucht ihr Kind nur Beschäftigung oder Sicherheit durch Zuwendung. Dosieren Sie das „Schnullern“ auf ein Minimum. Geben
Sie den Schnuller nur, wenn Ihr Kind ausdrücklich danach verlangt. Ansonsten liegt der Schnuller
außer Sicht- und Reichweite für das Kind. Achten Sie auf mögliche Nebenwirkungen wie Sprachverzögerung, Zahn- und Kieferfehlstellungen.
Was muss ich bei der Anwendung beachten?
lange braucht mein
Kind in der momentanen
Situation den Schnuller?
Stufe 3
Der Schnuller wird abgesetzt sobald das Kind anfängt zu sprechen und zu kauen,
spätestens jedoch rund um den 2. Geburtstag. Der Schnullerbedarf reduziert sich von ganz allein,
wenn die anderen Bedürfnisse beachtet und gefördert werden. Ihr Kind will groß sein - bestärken Sie
es in seinem Wunsch. Suchen Sie sich Helfer, die Sie bei der Schnullerentwöhnung unterstützen (z.B.
Familie, Freunde, ErzieherInnen, der Zahnarzt oder Kinderarzt).
■■ Nicht jedes Baby braucht
einen Schnuller! Entscheiden Sie gemeinsam mit Ihrer Hebamme oder Ihrem
Kinderarzt, ob für Ihr Baby
der Schnuller ein sinnvolles
Hilfsmittel ist. Drängen Sie
den Schnuller nicht auf,
wenn Ihr Baby ihn verweigert oder ausspuckt.
?? Wie
■■ Tipps zum „Entsorgen“:
Der Schnuller wird an einen Schnullerbaum gehängt, verschenkt oder
verschickt. Die Schnullerfee holt alle Schnuller ab
und schenkt dem Kind dafür einen Ersatz, z.B. ein
Kuscheltier (siehe Schnullerpostkarte der LAGH).
Mit Hilfe dieser Postkarte gibt das Kind alle Schnuller an die Schnullerfee ab und bekommt dafür ein
Geschenk, welches sich Ihr Kind selbst ausgesucht hat. Häufig wählen Kinder ein Spielzeug oder ein
Kuscheltier als Ersatz für ihre Schnuller.
einen
Sie Alternativen
an: Beschäftigung, Körperkontakt, Kuscheltier.
Stand 2016
Baby
➥➥Bieten
■■ Suchen Sie sich Unterstützung bei der Schnullerentwöhnung (z.B. Familie, Freunde, Erzieherinnen,
Zahnarzt oder Kinderarzt).
•
Infoblatt 034/U3
Braucht ein
Schnuller?
in dieser Situation
der Schnuller das richtige Mittel? Welche Bedürfnisse hat mein Baby (z.B bei Müdigkeit,
Hunger, Furcht, Langeweile, Blähungen)?
Gestaltung: www.royalx.de
Etwa ab dem 4. Lebensmonat
reduziert sich das Saugbedürfnis. Dies ist der passende
So wird aus einem anfänglichen Saugbedürfnis keine
schlechte Angewohnheit:
?? Ist
■■ Geben Sie den Schnuller
nur noch, wenn das Kind
ausdrücklich danach verlangt.
•
Ein zusätzliches Saugbedürfnis bei Flaschenernährung
kann durch die Wahl einer
Weithalsflasche und einem in
Form und Textur möglichst
brustartigen Ernährungssauger reduziert werden, so dass
der Säugling gut und kräftig an
der Flasche saugen kann. Der
Umgang mit der Flasche sollte
der Stillsituation entsprechen,
d.h. mit Körperkontakt und
wechselseitigem Füttern.
Gebrauchsinformationen für einen bewussten Umgang mit dem
Schnuller
Stellen Sie sich bei jedem
Gebrauch folgende Fragen:
© Dr. A. Thumeyer
Alle Neugeborenen haben ein
angeborenes Saugbedürfnis.
Dieses reflexartige Saugen ist
existentiell für die Nahrungsaufahme und dient zusätzlich
der Beruhigung. Das Saugbedürfnis sollte möglichst an der
Brust befriedigt werden, weil
hier die besten Bedingungen
herrschen für eine optimale
Entwicklung der späteren Abbeiß- und Kaufunktionen.
Nach Bedarf gestillte Babys
befriedigen ihr Saugbedürfnis
über das Stillen an der Mutterbrust, das gleichzeitig die Nahrungsaufnahme und Beruhigung durch körperliche Nähe
zur Mutter beinhaltet. Häufig
brauchen diese Babys keinen Schnuller. Für Babys, die
ein darüber hinausgehendes
Saugbedürfnis haben, kann
der übergangsweise Gebrauch
des Schnullers hilfreich sein.
Um den Mundraum für die
Zunge dabei möglichst wenig einzuengen, sollte
dieser Beruhigungssauger
möglichst flach und klein
sein. In diesem Fall dient der
Schnuller bereits frühzeitig als
Übergangsobjekt, d.h. als Ersatz für die Nähe einer Bindungsperson / der Mutter.
Zeitpunkt, das Baby langsam vom Schnuller zu entwöhnen. Denn jetzt wächst
das Bedürfnis, Dinge mit dem
Mund zu entdecken (Exploration) und aus dem Saugbedürfnis wird ein Kaubedürfnis.
Dafür benötigt der Mund ein
geeignetes Reizangebot. Das
Essen mit den Fingern unterstützt dabei optimal die Reifung
der Abbeiß- und Kaufunktionen
im Mund- und Gesichtsbereich.
Mit wachsender sensomotorischer Reifung entwickelt
sich beim Kind schließlich das
Bedürfnis, sich mitzuteilen und
Kontakt aufzunehmen. Es erlernt das Sprechen.
Weitere hilfreiche Tipps zur Schnullerentwöhnung finden Sie im Ordner Eltern auf: www.jugendzahnpflege.hzn.de
Vom Saugen zum Kauen und zum Sprechen
im ersten Lebensjahr
Mit Hilfe dieser Postkarte gibt das Kind alle Schnuller an die Schnullerfee ab und bekommt dafür ein
Geschenk, welches sich Ihr Kind selbst ausgesucht hat. Häufig wählen Kinder ein Spielzeug oder ein
Kuscheltier als Ersatz für ihre Schnuller.
Weitere hilfreiche Tipps zur Schnullerentwöhnung finden Sie im Ordner Eltern auf: www.jugendzahnpflege.hzn.de
Wann und wie wird
der Schnuller spätestens abgesetzt bzw.
entwöhnt?
Die ersten Kinderworte vertreiben den Schnuller aus
dem Mund, spätestens jedoch
rund um den 2. Geburtstag.
Das alles funktioniert nur,
wenn beide Eltern fest entschlossen sind, die Entwöhnung „durchzuziehen“. Denn
oft müssen auch die Eltern
sich selbst vom Schnuller
entwöhnen.
■■ Der Schnullerbedarf reduziert sich von ganz allein,
wenn die anderen Bedürfnisse beachtet und gefördert werden.
■■ Lassen Sie Schnuller nicht
sichtbar herumliegen und
verringern Sie die Anzahl
der Schnuller.
Arbeitskreis Jugendzahnpflege • Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH)
01/2017
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