Nr: 81 11/2009 Schwerpunkt Herausforderung Klimawandel Das Magazin als PDF Weitere Themen: Rundfunk Bildungsprogramm „Learning by Ear“ mehr Jubiläum Am 7. Dezember beginnen in Kopenhagen die Verhandlungen für ein neues internationales Abkommen zum Klimaschutz. Nur wenn es gelingt, schnell und einschneidend die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen, wird der weltweite Temperaturanstieg beherrschbar bleiben. Dazu gilt es, die Emissionen von Treibhausgasen international drastisch zu reduzieren. Die Erwärmung der Erde soll möglichst auf zwei Grad Celsius begrenzt werden. Aber was wissen wir über das Klima? Was ist zu tun, um die negativen Folgen für den Menschen und seinen Planeten zu reduzieren? Was kann die Politik leisten? Wie kann den armen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel geholfen werden? mehr 50 Jahre "Brot für die Welt" mehr Namibia Lesen Sie dazu in diesem Magazin: Klimagipfel Kopenhagen: Globale Verantwortung übernehmen Ist unser Klima noch zu retten? Gefährlicher Klimawandel als Zivilisationskrise Namibia: Lehmhausprojekt in Otjiwarongo mehr Entwicklungsprojekt "Wir werden uns anpassen müssen" Was wissen wir vom Klima? Klimawandel - eine Tatsache mit Folgen für unsere Zukunft Osttimor: Klimawandel bedroht Inselstaat . 15 Jahre Programm "Mali-Nord" mehr Empfehlenswerte Links: Ägypten Dirk Niebel neuer Entwicklungsminister Virtueller Weihnachtskalender - In 24 Tagen um die Welt Millionen für Frieden in Afghanistan mehr . Lesetipps: Politische Bildung für Geistliche mehr Klimawandel und Entwicklungspolitik Mensch und Wald Tsunami "Nikolaikirche" von Erich Loest mehr . Wiederaufbau auf Sumatra mehr Impressum © 2009 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Impressum Abonnieren Sie auch die weiteren Themenmagazine der Bundesregierung Foto: Meteosat Hurricans über dem Atlantic Herausforderung Klimawandel Globale Herausforderungen nur gemeinsam lösbar Der Klimawandel wird unsere Welt verändern. Das Ausmaß und die Folgen hängen nicht unwesentlich vom Menschen und seiner Lebensweise ab. Am 7. Dezember beginnen in Kopenhagen die Verhandlungen für ein neues internationales Abkommen zum Klimaschutz. Die Weltgemeinschaft befindet sich in Verhandlungen für ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls, das 2012 ausläuft. Die Einigung über einen neuen Vertrag soll bei der Kopenhagener Klimakonferenz erreicht werden. Diese UN-Weltklimakonferenz (COP 15) soll Antworten und Vorgaben für die Reduzierung der Treibhausemissionen liefern. Klima-Fachleute sind sich einig: Nur wenn es gelingt, schnell und einschneidend die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen, wird der weltweite Temperaturanstieg beherrschbar bleiben. Dazu gilt es, die Emissionen von Treibhausgasen international drastisch zu reduzieren. Politik und Wissenschaft mahnen: Es muss alles getan werden, um die Erwärmung der Erde auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Andernfalls sind riesige Flüchtlingsströme zu befürchten. Konkrete Entscheidungen und verbindliche Ziele "Ein Misserfolg der Weltklimakonferenz in Kopenhagen im Dezember würde die internationale Klimapolitik um Jahre zurückwerfen. Das können wir uns nicht leisten", mahnte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am 10. November in ihrer Regierungserklärung. Bundesumweltminister Norbert Röttgen unterstreicht deshalb: "Wir müssen alles tun, um die Erwärmung der Erde auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Wir brauchen ganz konkrete Entscheidungen und verbindliche Ziele, auch für die USA und China." Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel will sich in Kopenhagen dafür einsetzen, dass wirtschaftliche Fortschritte in den Entwicklungsländern nicht durch den Klimawandel zunichte gemacht werden. Foto: GFZ Potsdam Nachhaltig handeln: Verantwortung für künftige Generationen auch beim Klimaschutz Deutschland nimmt weiterhin seine Vorreiterrolle beim Klimaschutz wahr. Die Bundesregierung setzt alles daran, Kopenhagen zu einem Erfolg zu führen. Bereits im Dezember 2008 hatte das Bundeskabinett die "Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel" beschlossen. Damit hat sie einen Rahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Deutschland geschaffen. Aber was wissen wir über das Klima? Inwieweit ist der Klimawandel ein Sicherheitsrisiko? Was ist zu tun, um die negativen Folgen für den Menschen und seinen Planeten zu reduzieren? Was kann die Politik leisten? Wie kann den armen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel geholfen werden? Die Magazinbeiträge aus Politik und Wissenschaft zeigen, worum es geht. Bundesumweltminister Röttgen, Bundesentwicklungsminister Niebel und renommierte Klimawissenschaftler nehmen in dieser Ausgabe aus ihrer Sicht Stellung. Kontext Milliarden für den Klimaschutz Dialog-Nachhaltigkeit UN-Klimagipfel Kopenhagen (COP 15) Katastrophenvorsorge Klimawandel und Katastrophenvorsorge Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel Die EU und der Klimawandel Foto: REGIERUNGonline /G. Graichen Erneuerbare Energien helfen beim Klimaschutz Herausforderung Klimawandel Klimagipfel Kopenhagen: Globale Verantwortung übernehmen Von Bundesminister Norbert Röttgen Zum Erfolg des Klimagipfels in Kopenhagen im Dezember gibt es keine Alternative. Es geht beim Gipfel darum, dass die Staatengemeinschaft es schafft, in einer einmaligen gemeinsamen Kraftanstrengung das Ruder herumzureißen und den Klimawandel zu stoppen. Es geht um die Rettung von Millionen von Menschen, um die Verhinderung von Naturkatastrophen und von Flüchtlingsdramen. Europa und Deutschland sind dazu bereit, ihren Anteil an der globalen Verantwortung zu übernehmen. Wir sagen: In Kopenhagen müssen die Würfel fallen. Es muss eine ambitionierte, verbindliche politische Entscheidung über die Kernpunkte Minderung, Finanzierung sowie die Architektur des Abkommens getroffen werden. Details müssen im ersten Halbjahr 2010 ausgearbeitet und in einem rechtlichen globalen Abkommen festgehalten werden. Klimawandel als Frage globaler Gerechtigkeit Der Klimawandel ist eine der großen globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Fatalerweise sind die Länder am stärksten vom Klimawandel betroffen, die am wenigsten zu ihm beigetragen haben: die so genannten Entwicklungsländer. Besonders verwundbar sind dabei afrikanische Länder, aber auch kleine Inselstaaten. Sie sind zum Teil existenzbedrohend von den Folgen der Klimaveränderungen betroffen: Foto: REGIERUNGonline / Bergmann Bundesminister Röttgen: Gemeinsam das Ruder herumreißen. Mit einer stärkeren Erwärmung würde es in Asien, aber insbesondere auch in Afrika, zu einer dramatischen Ausweitung der Wüsten kommen. Schmelzen durch steigende Temperaturen die Gletscher des Himalaya, ist im Sommer für die Menschen in China und in Indien die Wasserversorgung gefährdet. Vor allem besteht jenseits von zwei Grad Erwärmung die Gefahr, dass sich der Klimawandel noch beschleunigt, etwa durch das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes. Wenn wir so weiter machen wie bisher, werden wir nach einer Prognose der Internationalen Energieagentur bis zum Ende dieses Jahrhunderts sogar einen Temperaturanstieg um sechs Grad Celsius erleben. Damit wäre ein Leben auf der Erde, wie wir es bisher kennen, nicht mehr möglich. Gleichzeitig ist eines der Hauptziele der Länder des Südens, sich wirtschaftlich und sozial zu entwickeln. Die Menschen in Mali, Indonesien und Ecuador möchten genauso in Wohlstand leben wie die Menschen in den Industrieländern. Wie kann dies gelingen, ohne, dass Entwicklungsländer auf ähnliche klimaschädliche Entwicklungen setzen und sich zum Beispiel bei der Energieversorgung vor allem von fossilen klimaschädlichen Brennstoffen wie Kohle und Öl abhängig machen? So, wie wir dies einst in Industrieländern auch getan haben? Klimawandel als globale Weltinnenpolitik Der Klimawandel wird in Zukunft das Verhältnis zwischen den Staaten des Nordens und des Südens sowie die globale Ordnung wesentlich verändern, wenn wir nicht rechtzeitig und entschlossen genug handeln: Schon zu Zeiten des US-Präsidenten Georg W. Bush kamen die Generäle der US-Army in einer nationalen Sicherheitsstudie zu dem Ergebnis, dass der Klimawandel zu erheblichen Sicherheitsrisiken führt. Diese Erkenntnis hat sich seitdem verfestigt. Der Klimawandel wirkt als klassischer Konfliktverstärker. Das lässt sich in einer Reihe von Staaten beobachten, zum Beispiel im Sudan. Steigender Wassermangel und Wüstenbildung führen hier zum Anheizen von ohnehin schon vorhandenen Konflikten. Auch die Überflutung der - oft bevölkerungsreichen - tief liegenden Küstenregionen wird als Sicherheitsrisiko genannt. Davon wäre beispielsweise ein bevölkerungsreiches Land wie Bangladesch betroffen. Foto: Europäische Kommission Erosion mit intelligenten Bewässerungssystemen vorbeugen Bei einer wachsenden Weltbevölkerung wird der Klimawandel auch negative Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit haben. Bei einer Erwärmung von über zwei Grad wird die landwirtschaftliche Produktivität voraussichtlich weltweit zurückgehen. Fallen diese Länder als Exporteure für Getreide aus, steigt der Preis und können arme Länder weniger Nahrungsmittel importieren. Aus dieser Ausgangslage ergeben sich die fundamentalen ethischen Dimensionen des Klimaschutzes. Vordergründig geht es beim Kopenhagener Klimagipfel um das Verhandeln von Zahlen: Wer mindert wie viel Prozent seiner Klimagase und wie viel Geld wird für Entwicklungsländer für deren Klimaschutz zur Verfügung gestellt? Tatsächlich aber stehen grundsätzlichere Fragen im Raum: Wie sieht eine weltweit "gerechte" Verteilung von Lasten und Pflichten bei der Umwandlung hin zu einer klimaverträglichen Gesellschaft aus? Wie können Hilfe zur Selbsthilfe, Entwicklung und Klimaschutz vereinbart werden? Wie sehen ein fairer Ausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und eine friedliche Weltinnenpolitik aus? Kopenhagen-Abkommen als ein Beitrag zu globaler Klimagerechtigkeit Die Antwort, die ein Kopenhagen-Abkommen auf diese Fragen geben muss, ist: Wir wollen eine Entscheidung, bei der alle an Bord sind. Keiner darf sich entziehen. Übergreifendes Klimaschutzziel muss es sein, den globalen Temperaturanstieg langfristig auf unter zwei Grad zu begrenzen. Wir stehen aber dazu, dass die Industrieländer den Hauptanteil der Emissionsminderung und der finanziellen Hilfen schultern müssen. Denn sie tragen auch die Hauptverantwortung. Das heißt, dass wir weiter vorneweg gehen müssen. Wir müssen jetzt den notwendigen Strukturwandel einleiten und als Gruppe unsere Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Die EU und Deutschland sind dazu bereit: die EU hat eine Minderung um 30 Prozent der Treibhausgase bis 2020 angeboten, wenn andere Staaten in einem globalen Abkommen mitziehen. Deutschland hat sich festgelegt, 40 Prozent seiner Treibhausgase bis 2020 auf jeden Fall zu reduzieren, unabhängig davon, ob ein internationales Abkommen zustande kommt oder nicht. Viele andere Industrieländer haben ebenfalls Angebote gemacht, darunter Japan und Australien. Die USA arbeiten noch an einem Maßnahmenkatalog und an Minderungszielen. Präsident Obama hat eine neue Ära in der US-Klimapolitik angekündigt und setzt sich dafür ein, dass die USA in Kopenhagen mit im Boot sind. Dennoch müssen sich die USA schneller bewegen und mehr anbieten als zurzeit absehbar ist. Das ist für den Gipfel in Kopenhagen unabdingbar. Mittel bereitstellen Wir Industrieländer müssen außerdem für die Entwicklungsländer langfristig und verlässlich Finanzmittel bereitstellen, um die Minderungsmaßnahmen durchzuführen und ihnen bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Die Europäische Kommission schätzt, dass der Gesamtbedarf bis 2020 auf 100 Milliarden Euro jährlich ansteigen wird. Dieses Geld muss aus unterschiedlichen Quellen kommen: vom Handel mit Verschmutzungsrechten, aus öffentlichen Mitteln der Industrieländer und auch von Entwicklungsländern selbst. Die EU hat klar gesagt, dass sie ihren Anteil an der Bereitstellung von öffentlichen Mitteln – insgesamt circa 22 bis 50 Milliarden Euro – übernehmen wird. Insbesondere die verletzlichen und armen Länder wie die kleinen Inselstaaten sind dabei auf unsere Unterstützung angewiesen, um sich zum Beispiel gegen den steigenden Meeresspiegel zu wappnen. Foto: GeoForschungs- Zentrum Potsdam Satellitenbau: Das Klimasystem besser verstehen lernen Und wir wollen Geld in die Hand nehmen, damit Entwicklungsländer die Entwaldung – eine der Hauptquellen von Klimagas-Emissionen in Ländern des Südens wie Brasilien oder Indonesien besser bekämpfen können. Deutschland hat hier übrigens schon vorgelegt: Seit 2008 investieren wir mit der Internationalen Klimaschutzinitiative 120 Millionen Euro jährlich aus dem Handel mit Verschmutzungszertifikaten in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern. Dies erfolgt zusätzlich zur bestehenden Entwicklungszusammenarbeit, aus der bereits eine Milliarde Euro jährlich in den Klimaschutz fließt. Auch die Entwicklungsländer selbst werden Beiträge leisten müssen: Um auf einem Zwei-GradPfad zu bleiben, müssen sie als Gruppe gegenüber der bisher vorhergesagten Entwicklung eines "weiter so wie bisher" ihre Klimagas-Emissionen um 15 bis 30 Prozent mindern. Klar ist aber, dass auch hier das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung gilt: Minderungsbeiträge von den – ohnehin wenig Treibhausgase ausstoßenden - ärmsten Staaten wäre überzogen. Es ist an der Zeit für Entscheidungen Von Staaten mit einer bereits fortgeschrittenen Wirtschaftsentwicklung und einem inzwischen erheblichen Beitrag zu den globalen Emissionen erwarten wir jedoch auch eigene Beiträge zum Klimaschutz. Hierzu zählen die großen Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien. Einige Staaten, deren Entwicklungsstand und Einkommen mit dem von Industrieländern vergleichbar ist, wie etwa Süd-Korea oder Mexiko, sollten jedoch bereits Ziele übernehmen. Es stimmt mich optimistisch, dass einige aufstrebende Schwellenländer bereits Angebote für eigene Klimaschutzziele auf den Tisch gelegt haben: Brasilien und Indonesien haben zugesagt, ihre Emissionen im Vergleich zu den vorhergesagten Steigerungen in der Größenordnung von 40 Prozent zu senken. China hat angekündigt, die Emissionen pro Einheit des Bruttosozialprodukts bis 2020 um 40 bis 45 Prozent zu mindern. Süd-Korea, OECD-Mitglied, hat ein übergreifendes wirtschaftsweites Minderungsziel bis 2020 von vier Prozent gegenüber 2005 angeboten. Die meisten Angebote liegen damit auf dem Tisch, die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Es ist an der Zeit, in Kopenhagen Entscheidungen zu treffen: für Klimaschutzziele, für finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern, für ein robustes, transparentes System zur Umsetzung und Überprüfung der geschlossenen Vereinbarungen. Dies alles muss dann umgehend in ein globales Rechtsabkommen gegossen werden. Mit diesem Ergebnis leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur globalen Klima- und Entwicklungsgerechtigkeit. (Autor: Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit) Kontext Unser Lebensstil muss sich ändern: Bundesminister Röttgen in der "Welt" BMU-Staatssekretärin Katherina Reiche: Rasch die Umkehr schaffen Kopenhagen darf nicht scheitern Der Weg nach Kopenhagen Hintergrund zur UN-Klimakonferenz in Kopenhagen Broschüre: Experten erklären den Klimawandel BMU-Broschüre: Dem Klimawandel begegnen BMU-Magazin: Klimawandel in Deutschland Kostenlose Info-Materialien des Bundesumweltministeriums Beschäftigungsmotor Klimaschutz Foto: Philipp Ziser Trockene Heimat: Die Armen leiden am meisten unter Klimakatastrophen Herausforderung Klimawandel Ist unser Klima noch zu retten? Von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel Das fragen sich kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen die Menschen weltweit. Besonders betroffen sind die Entwicklungsländer. Dürren, Überschwemmungen und Krankheiten wirken sich dort am verheerendsten aus – und treffen vor allem die Schwächsten der Gesellschaft, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben: Alte und Kranke, Kinder und Arme. Wir haben nur noch wenige Jahre Zeit, um im Norden wie im Süden einen klimaverträglichen Entwicklungspfad einzuschlagen. Wenn uns das gelingt, eröffnet der Klimaschutz auch wirtschaftlich große Chancen. Wir müssen jetzt handeln Wenn es misslingt, drohen unermessliches menschliches Leid und Schäden in Milliardenhöhe. Der Bericht des Wissenschaftlers Lord Stern hat die Welt 2006 endgültig aufgerüttelt: Wir müssen jetzt handeln. Die Menschen in den Entwicklungsländern genauso wie in den Industrieländern werden ansonsten durch die Folgen des Klimawandels mehr verlieren, als wir jetzt aufwenden müssen, um das Klima zu retten. Foto: BMZ Bundesminister Niebel: Klimawandel trifft Entwicklungsländer besonders Die Bundesregierung setzt alles daran, dass Kopenhagen ein Erfolg wird. Wir wollen den politischen Rahmen beschließen, damit nächstes Jahr ein anspruchsvolles völkerrechtlich verbindliches Abkommen abgeschlossen werden kann. Als Entwicklungsminister setze ich mich besonders dafür ein, dass die beiden Herausforderungen Minderung von Treibhausgasen und Anpassung an den Klimawandel - auch in den Entwicklungsländern wirksam bewältigt werden. Die Entwicklungspolitik muss hier helfen. Eine Milliarde für Klimaprojekte Unser Ministerium finanziert bereits jetzt mit gut einer Milliarde Euro pro Jahr Klimaprojekte in Entwicklungsländern. So erhalten zum Beispiel in Bangladesch 160.000 Haushalte kleine Solarstromanlagen, die mit Mikrokrediten finanziert werden. In Nepal erzeugen rund 190.000 Bauern mit deutscher Unterstützung ihren eigenen Strom aus Biogasanlagen. Das Bundesentwicklungsministerium wird sein Engagement im Bereich Klima- und Umwelt weiter ausbauen. Dabei müssen wir für einen wirksamen Mitteleinsatz sorgen und die Eigeninitiative in den Entwicklungsländern stärken. Zum Beispiel berät Deutschland Entwicklungsländer bei der Einführung von Fördergesetzen für erneuerbare Energien oder bei der Modernisierung der Stromerzeugung. Und sie fördert auch Investitionen in diesen Bereichen mit mehr als 400 Millionen Euro pro Jahr. Dennoch werden private Unternehmen den größeren Teil der Investitionen tätigen müssen. Das internationale Klimaabkommen schafft hier über den Emissionshandel zusätzliche Anreize. Die Folgen für die armen Länder abmildern Foto: Mali-Nord/Rocksloh-Papendieck Der Klimawandel beeinflusst auch die Welternährung Selbst wenn es uns gelingt, die globale Temperaturerhöhung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, werden die Entwicklungsländer mit erheblichen Folgen in der Landwirtschaft, bei der Wasserversorgung und im Gesundheitssektor konfrontiert sein. Die Industrieländer werden für die Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern mittelfristig 10 bis 24 Milliarden Euro pro Jahr bereitstellen müssen, so die EU-Kommission. Die neue Bundesregierung hat dafür Vorsorge getroffen: Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass der größere Teil der Erlöse aus dem Emissionshandel zukünftig für internationale Klimaprojekte verwendet wird. Mit ihren langjährigen Erfahrungen in Entwicklungsländern können die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und das Bundesentwicklungsministerium sicherstellen, dass diese Mittel zielgerichtet eingesetzt werden. Klimaschutz und Entwicklung untrennbar verbunden Für Kopenhagen leitet uns das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung, das in der Klimakonvention festgelegt ist. Auch wenn die Industriestaaten den Großteil der klimaschädlichen Gase im 19. und 20. Jahrhundert in der Atmosphäre verursacht haben, stammt heute gut die Hälfte des jährlichen Ausstoßes aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Wir können das Problem also nur gemeinsam lösen. Wenn andere Länder mitziehen, ist die EU bereit, mit einem ehrgeizigen Ziel zur Emissionsminderung um 30 Prozent bis 2020 voranzugehen, die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag sogar um 40 Prozent. Jetzt sind die anderen Industriestaaten - allen voran die USA - und die Schwellenländer am Zug. Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden. Deshalb werde ich mich in Kopenhagen persönlich dafür einsetzen, dass wirtschaftliche Fortschritte in Entwicklungsländern nicht durch den Klimawandel zunichte gemacht werden. (Autor: Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ) Kontext Der Klimawandel – Energie und Klimaschutz Klimaschutz für Entwicklungsländer Erneuerbare Energien fördern – Klima schützen Katastrophenvorsorge Anpassung Klimawandel Klimawandel: Kampf ums Überleben in Uganda Bundeskanzlerin nimmt am Klimakonferenz teil UN-Klimagipfel Kopenhagen (COP 15) Foto: Philipp Ziser Meeeresspiegel steigen - Gefahr für Wohngebiete am Wasser Herausforderung Klimawandel Gefährlicher Klimawandel als Zivilisationskrise Dirk Messner berät die Bundesregierung in Umwelt- und entwicklungspolitischen Fragen. Er ist Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), Professor für Politikwissenschaften sowie stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU). In seinem Beitrag für das Entwicklungsmagazin beschreibt er Szenarien, die ein ungebremster Klimawandel mit sich bringen würde: Spätestens mit dem IPCC–Bericht des UN-Umweltbeirats (Intergovernmental Panel on Climate Change) von 2007 wird es deutlich: Ein gefährlicher Klimawandel, jenseits einer globalen Erwärmung von zwei Grad Celsius, könnte im Vergleich zur vorindustriellen Zeit eine globale Zivilisationskrise auslösen. Die Klimaforschung zeigt, worum es geht. Ohne eine wirksame Klimapolitik könnte es am Ende dieses Jahrhunderts weltweit drei bis sechs Grad Celsius wärmer sein als zu Beginn der industriellen Revolution. Ein Erwärmungsschub in dieser Größenordnung kommt einem Erdsystemwandel gleich. Während der letzten Eiszeit, vor 20.000 Jahren, war es etwa vier Grad Celsius kälter als heute und die globalen Ökosysteme sahen völlig anders aus. Teile Nordeuropas und Nordamerikas lagen unter dem Eis des Nordpols. Eine Temperaturverschiebung von vier Grad Celsius ist also keine Kleinigkeit, sondern würde eine Zeitenwende einleiten. Nun könnte die Welt in den kommenden Dekaden einen Wärmeschub erleben, den sie in so kurzer Zeit seit mindestens drei Millionen Jahren nicht durchlaufen hat. Die Menschheit dreht also an den ganz großen Schrauben des Erdsystems, mit irreversiblen und unübersehbaren Folgen. Die Klimaforschung warnt vor dieser Dynamik und beschreibt "KippPunkte" im Erdsystem, ökologische Großunfälle, die durch den globalen Klimawandel ausgelöst werden könnten: die arktischen Eismassen könnten vollständig abschmelzen, der Amazonas-Regenwald kollabieren, der asiatische Monsun ausfallen, mit jeweils großskaligen, verheerenden, aber vor allem langfristigen und unumkehrbaren Auswirkungen auf die globalen Ökosysteme sowie die Menschheit. Hierin liegt der große Unterschied zur aktuellen Weltwirtschaftskrise. Diese ist tief, einschneidend und verursacht enorme soziale Kosten. Doch sie wird in wenigen Jahren überwunden sein. Globale Erwärmung verschärft die weltweite Armut Ein gefährlicher Klimawandel, der mit einer globalen Erwärmung über zwei Grad zu erwarten ist, verändert jedoch die Erde und die Lebensbedingungen für die Menschen dauerhaft. Er unterminiert menschliche Entwicklung und verstärkt die weltweite Armut. In Afrika werden schon bis 2020 75 bis 220 Millionen Menschen zusätzlich unter Wasserknappheit zu leiden haben. Die Nahrungsmittelproduktion wird in einigen Gegenden um bis zu 50 Prozent zurückgehen und insbesondere die Existenz von Kleinbauern gefährden. Und ein Meeresspiegelanstieg von nur 50 Zentimetern würde den Lebensraum von etwa sieben Millionen Menschen im Nildelta zerstören. In Asien würde das Abschmelzen der Gletscher des Himalayas ab 2050 die Trinkwasserversorgung von etwa einer Milliarde Menschen bedrohen. Indien, Pakistan, Bangladesch und die Philippinen würden zu Opfern von Extremwetterereignissen und von Überflutungen, ausgelöst durch starke Stürme und sintflutartige Regenfälle. Migrationsströme zu erwarten Foto: EUMETSAT Gaballte Zerstörungskraft: Tropischer Zyclon Bondo über Madagaskar Der Meeresspiegelanstieg und zunehmend starke Tropenstürme stellt die Ostküste Chinas vor große Herausforderungen. Im dicht besiedelten Gangesdelta könnten zwischen 30 und 100 Millionen Menschen ihre Heimat verlieren, wenn der Meeresspiegel um einen Meter anstiege. Dürren würden im Norden Indiens und Chinas die Landwirtschaft gefährden. In Lateinamerika drohen Wasserknappheiten in Regionen, die von den Trinkwasserreservoirs der Andengletscher abhängen. Die Sieben Millionen-Stadt Lima bezieht zum Beispiel an die 90 Prozent ihres Trinkwassers von den benachbarten Gletschern. Diese haben bereits in den vergangenen Jahren etwa 35 Prozent ihres Volumens verloren. Weil die Existenzgrundlagen vieler Menschen zerstört würden, sind entsprechende Migrationsbewegungen zu erwarten. Wirkungsvolle Armutsbekämpfung wird unter den Bedingungen ungebremsten Klimawandels zu einem aussichtlosen Vorhaben. Klimawandel als Sicherheitsrisiko Ein ungebremster Klimawandel untergräbt jedoch nicht nur die menschliche Entwicklung. Er begünstigt zugleich weltweit Unsicherheit und Destabilisierung. Eine Stufenleiter wird sichtbar: Klimawandel gefährdet die menschliche Sicherheit in vielen Ländern und Weltregionen und verstärkt Migrationsprozesse. In Entwicklungsländern, in denen viele Menschen von den Folgen der globalen Erwärmung betroffen sind, drohen subnationale oder auch nationale Zerfalls- und Destabilisierungsprozesse. Sie treten infolge politischer und ökonomischer Überforderung von Staaten auf, insbesondere in Ländern, die bereits heute durch schwache oder scheiternde Institutionen geprägt sind. Weil Umweltstress nicht an territorialen Grenzen halt macht und Konfliktdynamiken oft auf Nachbarländer überschwappen, können Klimakrisenregionen entstehen. Foto: DIE Professor Dirk Messner: Klimawandel begünstigt Destabilisierung und Unsicherheit Die Erosion sozialer Ordnungen würde den seit den 1990er Jahren zu beobachtenden Trend zu "neuen Konflikten" jenseits zwischenstaatlicher Kriege verstärken. So wären beispielsweise gewalttätige Auseinandersetzungen in Gesellschaften um den Zugang zu sich verknappenden Ressourcen zu erwarten. Oder auch der Kollaps von Staaten und Rechtlosigkeit sowie grenzüberschreitende Konflikte als Begleiterscheinung zunehmender Migrationsbewegungen. Die vier Existenzgrundlagen gefährdet Nimmt man all diese Trends zusammen, wird deutlich, dass die Menschheit dabei ist, die vier wichtigsten Grundlagen jedweder menschlichen Zivilisation im globalen Maßstab zu destabilisieren: 1. Wasser 2. Landwirtschaftliche Flächen (Nahrung) 3. Atmosphäre: Sie könnte im Verlauf der nächsten Dekaden zu einem knappen Gut werden. Die Versorgung von neun Milliarden Menschen im Jahre 2050 mit den existentiellen Grundgütern wären unter den Bedingungen eines beschleunigten Klimawandels gefährdet. 4. Energie: Aufgrund der Klimakrise muss die weltweite Energieproduktion in den kommenden Dekaden vollständig umgebaut werden - von einem fossilen zu einem auf erneuerbaren Energieträgern basierten System. Die Menschheit muss also große Anstrengungen zur Stabilisierung dieser vier Existenzgrundlagen der Weltgesellschaft unternehmen: Wasser, Ernährung, Atomsphäre, Energie. Die Herausforderung besteht darin, dass die Weltgesellschaft lernen muss, Weltwirtschaft und -politik innerhalb der Grenzen des Erdsystems zu gestalten. (Autor: Professor Dr. Dirk Messner, Politikwissenschaftler und Ökonom, Direktor des Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, DIE, Bonn, stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung) Kontext Messner: Entwicklungspolitik der Zukunft Finanzkrise: Hunger und Armut nehmen zu Klimawandel kann zu Kriegen führen ZDF-Video: Die Folgen des Klimawandels Interaktiv: Szenarien zum Klimawandel Wir werden mehr Hunger und Armut sehen Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) Foto: Alfred-Wegener-Institut Wenn das Eis dünner wird: Warnzeichen nicht nur für Eisbären Herausforderung Klimawandel "Wir werden uns anpassen müssen" Die Polkappen schmelzen und unsere Gletscher gehen zurück. Welche Rolle spielt die von Menschen beschleunigte Klimaerwärmung dabei und was können wir tun. Hans Grotelüschen hat dazu mit Professor Peter Lemke, einem der führenden deutschen Experten der Klimaforschung gesprochen: Der international renommierte Wissenschaftler hat auch führend am Klimabericht des UN-Umweltbeirats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) mitgearbeitet. Interview mit Prof. Dr. Peter Lemke vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft Frage: Wenn es tatsächlich gelingt, die Treibhausgas-Emissionen massiv zu senken: Wie stark dürfte sich die globale Temperatur bis zum Ende das Jahrhunderts erhöhen? Lemke: In diesem Fall schaffen wir es vielleicht, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Das hat sich Europa zum Ziel genommen hat, und das wäre mit großen Anstrengungen auch erreichbar. Doch selbst dieser relativ moderate Temperaturanstieg bedeutet, dass ein Teil des Eises auf Grönland schmilzt und nahezu alle Gebirgsgletscher verschwinden, etwa die in den Alpen. Hinzu kommt, dass sich das Meerwasser durch die Erwärmung ausdehnen wird. All diese Faktoren zusammen dürften einen Meeresspiegelanstieg zwischen 20 und 50 Zentimetern verursachen. Dass man es nicht genauer sagen kann, hat vor allem einen Grund: Wir wissen noch nicht genau genug, wie sich die gewaltigen Gletschermassen auf Grönland bei steigenden Temperaturen verhalten werden. Frage: Und was passiert, wenn der globale Treibhausgas-Ausstoß in den kommenden Jahrzehnten nicht sinkt, sondern sogar noch steigt? Lemke: In den vergangenen beiden Jahren sind die weltweiten CO2-Emissionen bereits stärker gestiegen, als es der jüngste Bericht des UNO-Weltklimarats in seinen schlimmsten Szenarien angenommen hatte. Wenn es so weitergeht, dürfte sich das Foto: Alfred-Wegener-Institut Die Polargebiete liefern wichtige Daten für die Klimaforschung Klima bis zum Ende des Jahrhunderts nicht um zwei, sondern um vier Grad erwärmen. Damit dürfte das Eis auf Grönland auf lange Sicht vollständig schmelzen. Im Jahre 2100 müssten wir wahrscheinlich mit einem Meeresspiegelanstieg von einem Meter rechnen. Nach einigen Jahrhunderten könnte der Meeresspiegel sogar um bis zu sieben Meter steigen. Küstenstädte wie Bremerhaven, Mumbai oder New York müsste man dann aufgeben oder verlagern. Bereits vorher müssen wir uns auf Hitzewellen gefasst machen. Wenn unsere Modelle richtig sind, wird ein außergewöhnlich heißer Sommer wie der im Jahre 2003 in drei Jahrzehnten normal sein und in 60 Jahren sogar kühl – wenn wir denn mit dem CO2-Ausstoß so weitermachen. Frage: Wird sich der Klimawandel in bestimmten Regionen stärker auswirken als in anderen? Lemke: Alle Bereiche, in denen es heute schon trocken ist, werden unseren Szenarien zufolge noch trockener werden. Dagegen werden die Regionen, die bereits heute feucht sind, noch feuchter werden. Und: Wir beobachten bereits heute, dass die Klimaänderungen in den nördlichen Breiten stärker ausfallen als in den niederen Breiten. Das hängt damit zusammen, dass die Schnee- und Eisbedeckung in den nördlichen Breiten in den vergangenen Jahrzehnten tendenziell abgenommen hat. Der Hintergrund: Schnee und Eis sind bekanntlich weiß und haben die positive Eigenschaft, das Sonnenlicht zurück in den Weltraum zu reflektieren. Wenn sie schmelzen, kommen dunkle Flächen zum Vorschein, die die Sonnenenergie viel besser absorbieren. Dadurch erwärmt sich die Region stärker, und es schmilzt weiteres Eis. Diese Rückkopplungseffekt scheint dafür verantwortlich zu sein, dass der Temperaturanstieg in der Arktis in den letzten 50 Jahren doppelt so stark ausgefallen ist wie im globalen Mittel. Frage: In der Vergangenheit dominierten natürliche Klimaschwankungen, zum Beispiel Wechsel zwischen Warm- und Eiszeiten. Welche Rolle könnten diese natürlichen Schwankungen in absehbarer Zeit spielen? Lemke: Das natürliche Klimasystem hat unter anderem Eiszeiten produziert, die dann besonders in der nördlichen Hemisphäre einen gewaltigen Wandel hervorgerufen haben. Aber wenn wir die letzten acht Eiszeiten analysieren, lag der CO2-Gehalt stets bei etwa 180 CO2-Teilchen pro einer Million Luftmolekülen. In den Warmzeiten stieg dieser Wert dann auf 280 CO2-Teilchen. Dazwischen lagen rund 20.000 Jahre – solange dauert der Übergang von einer Eis- zu einer Warmzeit. Zurzeit leben wir ja in einer Warmzeit, aber wir haben nicht 280, sondern 385 CO2-Teilchen pro einer Million Luftmolekülen, verursacht durch die vom Menschen gemachten TreibhausgasEmissionen. Das heißt: Wir haben der Atmosphäre genauso viel CO2 zugeführt wie beim Übergang von Eiszeit zu Warmzeit zu verzeichnen waren. Doch was normalerweise 20.000 Jahre dauert, haben wir in 200 Jahren geschafft! Das macht das eigentliche Klimaproblem aus: Die Geschwindigkeit, mit der wir CO2 in die Atmosphäre entlassen, kann unserer Klimasystem nicht verdauen. Frage: Wie wichtig ist es, sich bereits jetzt an den bevorstehenden Klimawandel anzupassen? Foto: Alfred-Wegener-Institut Trockene Gebiete werden noch trockener: Professor Lemke in der Arktis Lemke: Seit Beginn der Industrialisierung haben wir bereits einen Temperaturanstieg von 0,7 Grad verursacht. Und selbst, wenn wir von heute auf morgen kein CO2 mehr ausstoßen würden, würde sich die globale Temperatur in den kommenden Jahrzehnten noch einmal um denselben Betrag erhöhen – dann wären wir bei einem Anstieg von 1,4 Grad. Das bedeutet: Wir werden uns auf jeden Fall anpassen müssen, werden Deiche erhöhen und uns gegen Hitzewellen und stärkere Niederschläge wappnen müssen. Außerdem müssen wir Vermeidungsmaßnahmen ergreifen und unsere Energieproduktion umstellen, von den fossilen zu den regenerativen Energieträgern. Frage: Was erwarten Sie vom Klimagipfel in Kopenhagen? Lemke: Ich hoffe, dass Länder wie die USA, aber auch die europäischen Staaten, sich zu starken Reduktionen der Treibhausgas-Emissionen bereit erklären. Experten schätzen, dass es ein bis zwei Prozent des Bruttosozialprodukts kosten würde, um Vorbeugungs- und Anpassungsmaßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Für Deutschland wären das jährlich 20 Milliarden Euro. Das klingt nach viel Geld. Aber eine ähnlich Summe geben die Deutschen jedes Jahr für die Müll- und Abwasserbeseitigung aus. Soviel sollte uns doch auch der Klimaschutz wert sein. (Das Interview mit Professor Peter Lemke führte der Hamburger Wissenschaftsjournalist und Diplomphysiker Frank Grotelüschen.) Kontext Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung Die Helmholtz-Gemeinschaft startet Klimainitiative Audio: Interview mit Professor Lemke zur Klima- und Polarforschung Das große Schmelzen Gletscher drohen zu verschwinden Unterrichtsmaterialien zu G8 und Klimawandel Foto: GFZ Potsdam Beobachter aus dem All: Grace-Satelliten Herausforderung Klimawandel Was wissen wir vom Klima? Professor Reinhard Hüttl ist neben seiner Tätigkeit als Leiter des Deutschen GeoForschungsZentrums in Potsdam auch Wissenschaftlicher Berater der Hightechstrategie Klimaschutz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. In seinem Beitrag wird der enorme Forschungsbedarf der Wissenschaft erkennbar, die immer wieder vor neuen Überraschungen bei der Erforschung des Teilsystems Klima steht. Über 450 Wissenschaftler und Entscheidungsträger aus Politik und Gesellschaft trafen sich am 2. und 3. November 2009 in Berlin zur Konferenz "Klima im System Erde". Sie fassten im Vorfeld des Weltklimagipfels COP15 in Kopenhagen den derzeitigen Wissensstand zusammen, formulierten den aktuellen Forschungsbedarf und identifizierten die notwendigen Fragestellungen. Veranstalter dieser Arbeitskonferenz waren die jeweils führende Einrichtung auf ihren Forschungsgebieten: Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI), die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) und das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ. Wozu noch so eine Konferenz, wenn doch dringliche Entscheidungen anstehen? Es steht außer Zweifel, dass der Mensch zur Klimaänderung beiträgt. Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen sind unumgänglich. Daher untersuchen die Forschungszentren AWI, SGN und das GFZ schon lange mögliche Strategien zur Minderung der Effekte des Klimawandels auf uns und unsere Umwelt. Dabei geht es auch um regionalspezifische Anpassungskonzepte. Zur zentralen Forderung in Kopenhagen, auf die sich alles zuspitzt, wurde das so genannte ZweiGrad-Ziel erhoben. Durch die Reduktion von Treibhausgasemissionen soll der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad eingegrenzt werden. Aber ist dieser definierte Grenzwert eine Garantie dafür, dass dann mehr oder weniger alles so bleibt, wie es jetzt ist? Foto: REGIERUNGonline/Bergmann Ein eigenes Bild vom Klimawandel machen: Bundeskanzlerin in Grönland 2007 Wer das zukünftige Klima steuern will, muss erst einmal seinen heutigen Zustand genau verstehen. Dies ist kompliziert, denn das Klima ist kein abgeschlossener Mechanismus, dessen Ursachen und Wirkungen man problemlos vollständig verstehen kann. Vielmehr ist es ein Teilsystem im hochkomplexen, nichtlinearen Wirkungsmechanismus namens Planet Erde. Und auf diesem Planeten wirken Prozesse in Atmosphäre, Hydrosphäre, Geosphäre, Biosphäre und Anthroposphäre (um nur die wichtigsten zu nennen) ein. Unsere Forschungen geben uns ständig neue und überraschende Einsichten in diese Prozesse und die verzweigten Wechselwirkungen zwischen diesen Teilsystemen. Hinzu kommt, dass sie sich obendrein ständig selbst ändern und zudem extraterrestrischen Einflüssen (Solarstrahlung, Umlaufbahn) unterliegen. Unvollständiges Wissen darf uns nicht am Handeln hindern. Es darf uns aber auch nicht daran hindern, den Forschungsbedarf zu benennen, der ebenso notwendig wie unerlässlich ist, um die notwendigen Zukunftsentscheidungen wissensbasiert fällen zu können. Sowohl zur Anpassung an den stattfindenden Klimawandel als auch zum Ergreifen von Minderungsmaßnahmen. Zurück in die Zukunft Wir wissen heute so viel vom Klimasystem wie nie zuvor. Aber was wissen wir wirklich? Das wichtigste Werkzeug zur Abschätzung des künftigen Klimawandels sind Modellrechnungen, aus denen Zukunftsszenarien entwickelt werden. Diese Szenarien können nur so verlässlich sein wie die Daten und die Prozesse, die in diese Modelle eingehen. Foto: REGIERUNGonline/Bergmann Kalte Zeugen des Klimawandels: Eisberge und Gletscher Die Klimaforscher haben, das muss deutlich hervorgehoben werden, hier eine hervorragende Arbeit in den letzten beiden Jahrzehnten geleistet. Die Zukunftsszenarien (keine Vorhersagen!) sind durchaus realistisch. Dennoch muss auch deutlich gesagt werden, dass sie, wie alle Szenarien, noch erhebliche Unsicherheiten in sich bergen. Beispielsweise ist nach wie vor der Wasserkreislauf in den Modellen nicht vollständig reproduzierbar. Zudem sind die Ozeane immer noch Gebiete mit großen Unsicherheiten. Auch das Verhalten der Meereisbedeckung gibt uns weiterhin viele Fragen auf, ebenso der Kohlenstoffgehalt der Böden. Fragen wie die Wirkung der Solarstrahlung und der Orbitalparameter bedürfen genauerer Klärung. Kurz: das Klimasystem, vor allem in seinen Wechselwirkungen mit den anderen Teilsystemen des Planeten Erde, ist uns durchaus nicht bekannt. Ein Blick in die Erdgeschichte kann da helfen. Wir sehen zunächst, dass der seit der letzten Eiszeit vor etwa 11.700 Jahren andauernde Zustand unseres Klimas (geologisch Holozän genannt) erdhistorisch ein Ausnahmezustand ist. Er ist durch ungewöhnliche Stabilität geprägt. Diese Stabilität ist relativ, denn in ihr verbergen sich Temperaturschwankungen, die für uns Menschen sehr erheblich waren. So wie die Kleine Eiszeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert oder das Römische Klimaoptimum. Klima im menschlichen Lebensraum Das weist uns auf einen zweiten Faktor hin: globale Klimaschwankungen über globale Mittelwerte zu erfassen, nützt uns für unseren Lebensraum nur wenig. Diese relative Stabilität weist auf einen zweiten Faktor: Modellierte globale Klimaschwankungen geben uns generelle Aussagen zum Klimaverständnis. Sie nutzen dem Menschen im jeweiligen Lebensraum im konkreten Fall aber nur wenig. Klimaänderungen wirken für uns immer regional. Global scheinen die Ozeane als riesige Thermostate zu wirken, welche die Variationen dämpfen. Regional auf den Kontinenten, unserem Lebensraum, sind die Änderungen viel dramatischer. So gab es zum Beginn unserer jetzigen Warmzeit vor rund 12.680 Jahren in der Eifel innerhalb von nur 13 Jahren ein Absinken der durchschnittlichen Wintertemperaturen um vier bis fünf Grad. Trügerische Sicherheit Es ist festzuhalten: das Klima ändert sich, auch durch einen menschgemachten Anteil, den es deshalb unbedingt zu minimieren gilt. Aber wir haben gesehen, wie komplex das Klimageschehen ist. Angesichts einer derartigen Vielfalt an Prozessen und Wechselwirkungen mit dem Zwei-GradZiel eine Lösung in Aussicht zu stellen, täuscht eine Gewissheit vor, die es nicht gibt. Sehr wohl ist es politisch wünschenswert, das Zwei-Grad-Ziel über Treibhausgasreduktionen anzustreben, aber damit ist keine Garantie gegeben, dass das Klimasystem stabil bleibt. Wie kommen solche Grenzwerte zustande? Das Zwei-Grad-Ziel ist Resultat wissenschaftlicher Arbeit. Es stammt aus Modellrechnungen, mit denen die Szenarien zukünftiger Klimaentwicklung simuliert werden. Diese Klimamodelle sind sinnvolle Werkzeuge. Aber, wie bereits angemerkt, diese Modelle sind immer nur so gut wie die Daten und die Kenntnisse, die in sie hineingeben werden. Hier gilt es, so meinen wir, neu anzusetzen. Foto: GFZ Potsdam Professor Hüttl: Klima als Teilsystem begreifen Dafür gibt es mehrere Gründe, die sich in zwei Aussagen zusammenfassen lassen: Erstens wartet das Teilsystem Klima ständig mit neuen Überraschungen auf; neue Erkenntnisse müssen auch in die Modelle eingebaut werden. Das zu fordern ist an sich fast trivial, weil es der normale Gang der Wissenschaft ist. Zweitens scheint uns, dass - bei allem Lob für die gute Arbeit der Modellierer - die derzeitige Art der Klimamodellierung an ihre Grenzen gestoßen ist. Man muss das Klima als Teilsystem des Gesamtsystems Erde verstehen und modellieren. Hier besteht noch enormer Forschungsbedarf. Viele der Fragestellungen, welche die Klimaforschung im engeren Sinne seit 20 Jahren bewegen, sind bis heute nicht gelöst. Und sie können unserer Meinung nach auch nur sinnvoll angegangen werden, wenn man sie integriert geowissenschaftlich betrachtet. Die Geowissenschaften haben hier viel beizutragen, sowohl als Angebot als auch als Bringschuld. (Autor: Professor Dr. Reinhard F J. Hüttl, Wissenschaftlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender des GFZ GeoforschungsZentrums Potsdam in der Helmholtz Gemeinschaft, Wissenschaftlicher Berater der Hightechstrategie Klimaschutz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung) Kontext GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zum Klimagipfel in Kopenhagen Bundeskanzlerin: Im Klimaschutz keine Zeit verlieren Umweltbundesamt: Daten für die Umwelt COP 15 Kopenhagen Millenniumsentwicklungsbericht 2009 Potsdam wird Zentrum für Klima- und Nachhaltigkeitsforschung Wetter, Klima, Klimawandel Erdgeschichte im Überblick Foto: Deutscher Wetterdienst Unwetterüberwachung des Deutschen Wetterdienstes Herausforderung Klimawandel Klimawandel - eine Tatsache mit Folgen für unsere Zukunft Paul Becker vom Deutschen Wetterdienst Offenbach (DWD) über die globale Erwärmung und die Arbeit seines Dienstes: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat die globale Jahresmitteltemperatur um 0,7 Grad Celsius zugenommen. Dieser Temperaturanstieg erfolgte nicht gleichmäßig. Die stärkste Temperaturzunahme wurde seit Beginn der 1980er Jahre registriert. So gehören die Jahre 2001 bis 2008 ausnahmslos zu den zehn wärmsten Jahren bezogen auf die 159-jährige Messreihe von 1850 bis 2008. Von 2001 bis 2008 hatten wir insgesamt ein Verbleiben auf hohem Temperaturniveau. Die Konsequenzen der Erwärmung erleben wir zum Beispiel bereits mit dem Anstieg des Meeresspiegels. Durch das Abschmelzen von Festlandeis und der erwärmungsbedingten Zunahme des Meerwasservolumens stieg der Meeresspiegel im Laufe des vergangenen Jahrhunderts weltweit um etwa 17 cm an. In Deutschland ist es wärmer geworden Foto: Deutscher Wetterdienst Das Klimaarchiv des Deutschen Wetterdienstes reicht bis 1781 zurück. Auch in Deutschland wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine Erwärmung beobachtet, die sich seit 1988 markant beschleunigt hat. Die Jahresdurchschnittstemperatur ist seit 1901 mit 1,0 Grad Celsius noch etwas deutlicher angestiegen als die weltweite. Auch Menge und die Verteilung des Niederschlags haben sich verändert. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat die Niederschlagsmenge im Sommer um etwa zehn Prozent leicht abgenommen, während die Winter um etwa 10 bis 20 Prozent niederschlagsreicher geworden sind. Eine weitere Folge des Temperaturanstiegs ist eine verlängerte Vegetationsperiode. Dies führt dazu, dass Wärme liebende Pflanzen- und Tierarten nach Deutschland einwandern, die hier bisher nicht heimisch waren. Beschleunigung ist hausgemacht Das Klima ist keine beständige Größe. Ähnlich wie das tägliche Wetter unterliegt das Klima Veränderungen. Sie vollziehen sich allerdings meist in langen Zeiträumen von Jahrhunderten oder Jahrtausenden. Grund für diese Klimaänderungen ist das Zusammenspiel vieler Einflussfaktoren, wie zum Beispiel der Sonnenaktivität, der Meeresströme oder der Eis- und Schneebedeckung. Das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, auch als Weltklimarat bezeichnet) kommt zu dem Schluss: Der seit Beginn der Industrialisierung beobachtete Klimawandel wird wohl weitestgehend durch menschliche Einflüsse verursacht. Um Aussagen über die zukünftige Klimaentwicklung zu erhalten, werden Klimamodelle zur Berechnung von Klimaprojektionen verwendet. Sie berücksichtigen neben der Atmosphäre auch Meeresströme, die Eisbedeckung oder die Sonnenaktivität. Klimaprojektionen legen unterschiedlich hohe Freisetzungen von Treibhausgasen zugrunde, die Emissionsszenarien genannt werden. Die vom IPCC vorgelegten Emissionsszenarien reichen von einem Einfrieren bis zu einem ungebremsten weiteren Ansteigen der CO2-Freisetzung. Bis 2100 global um zwei bis vier Grad wärmer Foto: DWD Grafik Jahresdurchschnittstemperaturen in Deutschland ( zum Vergrößern anklicken) Alle Klimaprojektionen zeigen bis zum Ende dieses Jahrhunderts einen weiteren Anstieg der globalen mittleren Lufttemperatur an. Im günstigsten Fall um knapp ein Grad Celsius, im schlechtesten Fall sogar um die sechs Grad Celsius. Unter realistischen Annahmen ist mindestens mit einem Temperaturanstieg zwischen zwei und vier Grad Celsius zu rechnen. Das gilt auch für Deutschland. Dabei treten die größten Erwärmungsraten in den subarktischen und arktischen Gebieten der Nordhalbkugel auf. Sollte diese Entwicklung eintreten, könnte das Meereis in der Arktis bereits ab Mitte dieses Jahrhunderts in der Sommersaison gänzlich abschmelzen. Steigender Meeresspiegel und Wirbelstürme Insbesondere der zu erwartende Meeresspiegelanstieg wird Folgen haben. Selbst unter günstigen Annahmen (deutliche Verringerung der CO2-Freisetzung) wird von den Klimamodellen bis zum Ende des Jahrhunderts noch ein Meeresspiegelanstieg um 20 Zentimeter berechnet. Besonders betroffen werden alle Küstengebiete und Inseln sein, deren Gelände bereits heute auf Meeresniveau liegt. Hier werden in Zukunft kostspielige Küstenschutzmaßnahmen erforderlich sein, um die Bewohnbarkeit dieser Gebiete zu sichern. Mit der globalen Erwärmung werden auch die Wassertemperaturen in den tropischen Ozeanen ansteigen. Damit besteht die Gefahr, dass sich tropische Wirbelstürme häufiger und intensiver entwickeln. Gleichzeitig wird die Wirbelsturmsaison länger. Wachsende Hitzebelastung auch in europäischen Ballungsräumen Hitze- und Trockenperioden werden vor allem in den subtropischen Gebieten auftreten. Im Sommer werden sie aber in gemäßigten Breiten häufiger auftreten und länger dauern. Neben den gesundheitlichen Auswirkungen einer steigenden Wärmebelastung sind aufgrund des Wassermangels auch negative Effekte zu erwarten. Zum Beispiel für die Land- und Energiewirtschaft oder die Trinkwasserversorgung. Besonders für die Bewohner städtischer Ballungsgebiete werden häufigere Hitzeperioden zu einer zunehmenden gesundheitlichen Belastung. Mehr internationale Kommunikation und Zusammenarbeit Das Jahr 2009 ist durch wichtige Konferenzen zum Klimawandel und seinen Folgen geprägt. So durch die Dritte Weltklimakonferenz (WCC-3) im September in Genf und die UN-Klimakonferenz vom 7. bis 12. Dezember 2009 in Kopenhagen. Dabei ist zu hoffen, dass im Nachgang der Kopenhagener UN-Klimakonferenz ein Abkommen mit völkerrechtlich verbindlichen Reduktionszielen noch im ersten Halbjahr 2010 zustande kommt. Dazu gehört auch die Verabredung über die finanziellen Lastenverteilungen. Foto: Deutscher Wetterdienst Paul Becker: Wärmeres Klima auch in Deutschland Ein wesentliches Ergebnis der Genfer WCC-3 war der Beschluss zur Einrichtung eines globalen Netzwerks für Klimainformationen und -dienstleistungen (Global Framework for Climate Services). Der Deutsche Wetterdienst (DWD) wird diese Brücke zwischen Anbietern und Anwendern von Klimadienstleistungen nachdrücklich mitgestalten. Er stellt sowohl meteorologische Aus- und Fortbildungsaktivitäten als auch technische Unterstützung bereit. 2006 hat der DWD meteorologische Instrumente zur Ausstattung von insgesamt 60 Bodenmessstationen im Irak zur Verfügung gestellt. 2008 wurde in Zusammenarbeit mit dem meteorologischen Institut Mozambique ein Hochwasserwarnsystem am Rio Save aufgebaut. Auch mit dem meteorologischen Dienst von Tonga wurde ein Funknetz zwischen drei Inseln zur stabilen Übertragung von Wetterdaten bereitgestellt. Derzeit befindet sich eine weitere Kooperation mit dem namibischen Wetterdienst zur personellen Verstärkung und Ausbildung sowie zur Erweiterung der technischen Ausrüstung in der Planung. Von diesen Maßnahmen profitieren alle. Sie tragen dazu bei, unser Verständnis des globalen Klimasystems zu verbessern. Insbesondere erhalten wir so Daten durch mehr und qualitativ hochwertigere Messungen und Beobachtungen auch aus Gebieten mit noch relativ wenigen Klimadaten. (Autor: Dr. Paul Becker, Mitglied des Vorstands des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und Leiter des Geschäftsbereichs Klima und Umwelt) Kontext Der Deutsche Wetterdienst (DWD) IPCC Klimadaten und Neuigkeiten des Deutschen Wetterdienstes Hochwasserwarnsystem Mozambique Rio Save DWD-Frühwarnsystem für Überschwemmungen Klimawandel und Gerechtigkeit (Misereor) Aktion Deutschland und der Deutsche Wetterdienst Klimakarten von Deutschland Foto: Philipp Ziser Verletzliche Idylle Herausforderung Klimawandel Osttimor: Klimawandel bedroht Inselstaat Wer sich in einem Liegestuhl vor einer der Bars in Küstennähe in Dili, der Hauptstadt Osttimors, räkelt, hat die pure Idylle vor Augen: Strand, Fischerboote und spielende Kinder. Doch der Schein trügt. Denn was die Touristen auf Anhieb nicht erkennen können, sind die Spuren, die der Klimawandel hier bereits hinterlassen hat. "Die Küstenlinie ändert sich, da ist nichts dran zu rütteln", berichtet Demetrio de Carvalho von der Umweltorganisation "Haburas". "Der Anstieg des Meeresspiegels ist unübersehbar." Nach Ansicht von Joana de Mesquita Lima ist der Klimawandel auch in anderen Bereichen spürbar. "Wir haben hier immer wieder mit Wasserknappheit zu kämpfen, Niederschläge bleiben aus, natürliche Quellen versiegen. Außerdem sorgen ungewöhnliche Wetterschwankungen für Ernteausfälle", so die Leiterin der Abteilung für Armutsbekämpfung und Umwelt in Osttimor des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Niederschläge verändern sich "Das Wetter ist unberechenbar geworden", meint auch Mario Ximenes, Leiter der Nationalbehörde für globale Umweltangelegenheiten. "Die Bauern können sich auf die Jahreszeiten nicht mehr verlassen." Mit einem Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase von 0,2 Tonnen pro Kopf und Jahr liegt Osttimor weit unter dem globalen Durchschnitt von 4,22 Tonnen. Dennoch bekommt der Pazifikstaat die Auswirkungen der Erderwärmung mit voller Wucht zu spüren. So wird es in dem südostasiatischen Land immer wärmer. Einer Studie der Universität von Melbourne zufolge steigen die Temperaturen in Osttimor bis 2070 um 0,88 bis 3,68 Grad an. Das bringt die bekannten Niederschlagsmuster durcheinander. Klimawandel erforschen Wissenschaftliche Untersuchungen des Klimawandels sind in Osttimor rar. Nur wenige Statistiken aus der Zeit der indonesischen Besatzung in den Jahren 1975 bis 1990 sind noch erhalten. Das soll eine Studie, die die Regierung in Auftrag gegeben hat, jetzt ändern. "Anhand der Ergebnisse werden wir im kommenden Jahr einen Aktionsplan zur Anpassung an den Klimawandel entwickeln", erklärt Lima, die an der Untersuchung beteiligt ist. Es gehe darum, die wichtigsten Handlungsfelder zu ermitteln und entsprechend zu agieren. "Wenn wir das wissen, kann die Regierung auch gezielt internationale Geber um finanzielle Unterstützung angehen." Ernteerträge gehen zurück Osttimors Insellage macht das Land besonders anfällig für Extremwetterphänomene, die im Zuge des Klimawandels immer häufiger auftreten. Nach Angaben des Umweltaktivisten Carvalho wurde Osttimor in den vergangenen zehn Jahren zweimal von dem Ozean-Atmosphären-Phänomen El Niño heimgesucht, zuletzt 2007. El Niño hat die Wetterverhältnisse auf der Insel so stark verändert, dass die Getreideernte in der Saison um 30 Prozent zurückging. Wenige Jahre zuvor war auch der Ertrag der Maisernte um 30 Prozent niedriger als in anderen Jahren ausgefallen. Das lag zum einen an einer langen Dürreperiode 2001 bis 2002 als auch an dem ungewöhnlich späten Einsetzen der Regenperiode um die Jahreswende 2002/2003. Wälder unter Druck - Armut ist mitverantwortlich Die große Armut in der Bevölkerung trägt dazu bei, dass das südostasiatische Land den Klimawandel besonders heftig spürt. Bäume werden zu Brennholz oder müssen Agrar- und Weideflächen weichen. Zwischen 1990 und 2005 verschwanden 17 Prozent der Wälder des Landes. 40 Prozent der rund eine Million Einwohner des Pazifikstaates leben unterhalb der Armutsgrenze. Dreiviertel der Bevölkerung sind Kleinbauern, die von ihrer Landwirtschaft leben. Die Regierung ist sich der Gefahren des Klimawandels bewusst. Staatspräsident José RamosHorta schilderte auf einem Treffen der Vereinten Nationen im September die Auswirkungen der Erderwärmung. "Die Boden werden ausgewaschen, Erde von Regen weggespült. Die Flüsse füllen sich mit Schlamm und treten über die Ufer. Straßen werden durch Erdrutsche blockiert. Die Verwüstungen stellen gerade für die ländliche Bevölkerung ein erhebliches Problem dar." Der politische Wille ist da Nach Ansicht des Umweltschützers Carvalho bewegt sich die Regierung in die richtige Richtung. "Wir haben internationale Umweltabkommen ratifiziert, auch das Kyoto-Protokoll. Die Regierung zeigt zumindest den politischen Willen, etwas gegen den Klimawandel zu tun", betont er. Für Abilio Fonseca von der Nationalbehörde für globale Umweltangelegenheiten fehlen der Regierung die Kapazitäten zum Handeln. "Nach der Unabhängigkeitserklärung 2002 müssen wir viel Aufbauarbeit leisten", erläutert er. "Klimapolitik steht nicht an erster Stelle, die Prioritäten sind ganz klar Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit." (Autor: Matt Crook, Auslandskorrespondent der internationalen Nachrichtenagentur IPS Inter Press Service, redaktionelle Beareitung, Johanna Treblin) Kontext Entwicklungsprogramm Timor-Leste (Ost-Timor) Unser Klima im Visier (Radio Bremen) Klimaschutz im Alltag (Radio Bremen) Länderinformationen zu Timor-Leste Klimareferenzstation Fichtelgebirge Foto: Deutsche Welle/ Schaeffer Tonstudio: Radionovela-Produktion in Kenia Rundfunk Hallo Afrika! Mit Radionovelas Gehör verschaffen Mit der "Aktion Afrika" verstärkt Deutschland seit vergangenem Jahr seine kulturelle Zusammenarbeit mit dem Kontinent. Teil der Initiative ist ein Bildungsprogramm der Deutschen Welle (DW). Aufregend und voller neuer Erfahrungen, so stellen sich die fünf Jungs aus Mosambik das Leben in der Stadt vor und ziehen in eine Wohngemeinschaft. Doch die neue Selbstständig hat auch Schattenseiten. Von Sauberkeit und Hygiene im eigenen Haushalt hält einer von ihnen wenig. Julio wird krank, bekommt sogar Malaria und muss im Krankenhaus behandelt werden. Deutscher Auslandsrundfunk für Jugendliche Die Episode aus dem Leben von Julio und seinen Freunden ist eine der Radionovelas, die die Deutsche Welle für ihr Mitte des Jahres gestartetes Bildungsprogramm "Learning by Ear" in Afrika produziert hat. Mit seinem neuen Radio- und Internetprojekt will der deutsche Auslandsrundfunk vor allem Jugendliche im Alter von zwölf bis 20 Jahren als Hörer gewinnen. "Learning by Ear" orientiert sich an den Interessen der jungen Generation in Afrika: Gesundheit und HIV/Aids, Ausbildung und Beruf, Umweltschutz und Globalisierung, politisches und gesellschaftliches Engagement. Das sind Themen der Radionovelas sowie der Informationssendungen der Deutschen Welle. Hörfunk-Projekte wie "Learning by Ear" klären auf, tragen zur Meinungsbildung bei und regen Diskussionen an. Sie zeigen den jungen Menschen, dass auch sie etwas verändern können und die demokratische gewaltlose Auseinandersetzung auch mit brisanten Themen möglich ist. Ausgestrahlt werden die zehn Minuten langen Beiträge in den Sprachen Kisuaheli, Haussa und Amharisch sowie Englisch, Französisch und Portugiesisch via DW-Radio und die mehr als 200 DW-Partnersender in Afrika. Finanziert durch das Auswärtige Amt Das Auswärtige Amt finanziert die DW-Initiative aus Mitteln der "Aktion Afrika". Damit baut Deutschland seine Kulturarbeit auf dem Kontinent aus. Für das Auswärtige Amt ist Bildung der Schlüssel für Afrikas Entwicklung – und "Learning by Ear" ein innovatives Projekt. Es schafft die Möglichkeit, junge Zuhörer zu erreichen. "Es ist klasse, dass die Deutsche Welle Themen für junge Leute so unterhaltsam rüberbringt", erzählt Anne. Die junge Schauspielerin aus dem Senegal hat für eine Radionovela die Rolle der 16 Jahre alten Angela übernommen, die ungewollt schwanger wird und sich mit HIV infiziert. Foto: Deutsche Welle / Ute Schaeffer Mosambik: Texte lernen für die Radionovela Authentisch, hörernah und lebendig – von afrikanischen Jugendlichen für afrikanische Jugendliche. "Learning by Ear geht auf spielerische und erzählende Art ernste Themen an", sagt Ute Schaeffer. Sie ist die Leiterin von DW-Radio Afrika-Nahost. Und dass die deutschen und afrikanischen Radio-Macher mit ihrem Programm richtig liegen, zeigt eine Hörerreaktion auf eine Novela über ein an Aids erkranktes Mädchen: "Solche Dinge passieren auch hier in Guinea-Bissau. Gute Information ist ein Weg, um Aids zu bekämpfen. Das ist das, was ihr tut – Danke für Eure Arbeit." Das Bildungsprogramm der Deutschen Welle erfreut sich in Afrika immer größerer Beliebtheit. Seit 2008 vermittelt es in sechs afrikanischen Sprachen Wissen an junge Afrikaner. Konfrontiert werden junge Hörerinnen und Hörer auch mit komplexen Themen wie Aids, Menschenrechte oder Demokratie. In Kenia werden derzeit neue "Learning by Ear"-Folgen produziert. "Learning by Ear" auch in Afghanistan Bildung ist auch eine wesentliche Voraussetzung für den Aufbauprozess in Afghanistan. Nach dem Erfolg in Afrika startete die Deutsche Welle 2009 deshalb auch ein umfangreiches Radioprogramm in Afghanistan. Radionovelas für junge Hörerinnen und Hörer werden derzeit für und in Afghanistan produziert. Gesendet wird in den Sprachen Paschtu und Dari. Schwerpunkte des neuen interaktiven Angebots "Learning by Ear für Afghanistan" sind Bildung, Demokratisierung und der Aufbauprozess des Landes. Für ihr Bildungsradioprogramm "Learning by Ear" hat die Deutsche Welle am 4. November in London einen Preis der Association for International Broadcasting (AIB) in der Kategorie "Kreativstes Radio-Format" erhalten. Ute Schaeffer nahm den Preis für die deutsche Welle in London entgegen. (Autor: Oliver Sefrin, Magazin Deutschland, FSD Frankfurt/Main) Kontext "Learning by Ear" im Slum "Learning by Ear" Themen (englisch) Aktion Afrika Interaktives Jugend- und Themenradio für Afghanistan der DW Internationaler Preis für "Learning by Ear" Podcast: Focus Afrika Afrikas weiter Weg in die Zukunft Foto: Brot für die Welt Brot für die Welt: Nahrungsverteilung in Asien Jubiläum 50 Jahre "Brot für die Welt" Hilfsorganisationen und christliche Hilfswerke bekämpfen nicht nur die akute Not, sondern auch die Ursachen der Armut. Ihre Kampagnen fördern in der breiten deutschen Bevölkerung ein Bewusstsein für die harten Lebensbedingungen, unter denen Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika um ihr Überleben kämpfen. Eines der bekanntesten Hilfswerke ist "Brot für die Welt", das 2009 auf ein halbes Jahrhundert seines Wirkens zurückblicken kann. "Brot für die Welt", 1959 in Berlin gegründet, ist eine Hilfsaktion der evangelischen Landes- und Freikirchen in Deutschland. Am 12. Dezember 1959 war die Eröffnung der 1. Aktion "Brot für die Welt" in der Berliner Deutschlandhalle. Am 1. Advent des selben Jahres riefen die Kirchen zum ersten Mal unter dem Motto "Brot für die Welt" zu Spenden für Arme und Bedürftige in den Ländern des Südens auf. Anlass für die erste Spendenaktion war eine aktuelle Hungersnot in Indien, von der etwa zwölf Millionen Menschen betroffen waren. Hungerhand - Symbol der Not Die "Hungerhand" war die erste Bildbotschaft, mit der sich "Brot für die Welt" 1959 an die Mitbürger und Mitbürgerinnen in Deutschland gewandt hat. Sie symbolisierte den in Hunger und Elend versinkenden Menschen, der nach Hilfe greift. Seit dieser Zeit wurden alle "Brot für die Welt"Aktionen von solchen Bildern begleitet. Foto: Brot für die Welt Plakatmotiv der ersten Aktionen: Die Hungerhand von Brot für die Welt Bei der ersten Aktion kamen Sammelbüchsen zum Einsatz, auf denen die bis heute bekannte "Hungerhand" des Berliner Künstlers Rudi Wagner zu sehen war. Dazu eine Botschaft: "Wenn Du wieder satt geworden bist, gib 5 Pfennig für die Hungernden". Der heute seltsam fremd anmutende Satz traf das damalige Lebensgefühl der Deutschen. Trotz des Wirtschaftswunders war ihnen die eigene Hungerzeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch lebhaft in Erinnerung. 190.000 Exemplare der Broschüre "Brot für die Welt" wurden in der Bundesrepublik und in der damaligen DDR verteilt, Faltblätter in Millionenauflage gedruckt und ausgelegt. Solidarität über Grenzen hinweg Am Ende der Aktion hatten evangelische Christinnen und Christen die für damalige Verhältnisse beeindruckende Summe von über 19 Millionen Mark aufgebracht, davon stammten fast 4,8 Millionen Mark aus der DDR. Zu keiner Zeit hatte eine kirchliche Opfersammlung ein besseres Ergebnis erzielt. In den ersten Jahren bestimmte unmittelbare Nothilfe die Arbeit von "Brot für die Welt". Von Nachhaltigkeit und Entwicklungszusammenarbeit war nur ansatzweise die Rede. Not sollte vorrangig dort gelindert werden, wo sie auftrat. Der Schwerpunkt der Arbeit lag damals in Indien, wo drei Projekte zur Kinderspeisung und zur landwirtschaftlichen Entwicklung gefördert wurden. Weitere Projektländer waren Hongkong, Kamerun, Ägypten, Jordanien und Indonesien. Auch nach Europa flossen Gelder: In Griechenland zum Beispiel wurde der Bau einer Mütter- und Kinderklinik finanziert. Eine Erfolgsgeschichte Foto: Brot für die Welt / Böthling Aufklären über Hunger: Das Brotmobil auf Tour Die Spendenaktion, bei der sich auch viele Prominente engagierten, wurde schnell zu einer dauerhaften Einrichtung gemacht. Sie ist bis heute unter dem Dach des Diakonischen Werkes der EKD angesiedelt. Durch die regelmäßig eingehenden Spenden konnten die Programme kontinuierlich erweitert werden. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Hilfsaktion so zu einem wichtigen Zweig der diakonischen Arbeit – eine Erfolgsgeschichte. Bis zum Jahr 2007 gingen mehr als 1,8 Milliarden Euro an Spenden ein. Über 20.000 Projekte in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa wurden seit 1959 bewilligt. Derzeit arbeiten von 141 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Ökumenischen Diakonie, 106 für die Aktion "Brot für die Welt". Kontext Brot für die Welt - weltweit aktiv Plakate aus 50 Jahre "Brot für die Welt" Das Brot-Mobil auf Deutschlandtour Stuttgart: Sommerfestival der Kulturen MenschenRechtWasser - Kampagne von Brot für die Welt Kirche und Entwicklung Foto: SODI Lehmhaus: das neue Zuhause Namibia Namibia: Lehmhausprojekt in Otjiwarongo Selma Mufungu steht, ihre Tochter auf dem Arm, im Vorraum des Clay House Büros, Partner von SODI im Lehmhausbauprojekt. Sie wartet darauf, auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch von Tertu Shilongo, Büroleiterin des Clay House Projektes, Platz nehmen zu können. Noch sind drei Frauen vor ihr in der Reihe, die sich ebenfalls in dem Interessentenbuch eintragen möchten. Mit dem Eintrag in das Buch dokumentiert Selma Mufungu ihre Hoffnung, irgendwann Besitzerin eines Lehmhauses werden zu können. Auf der Suche nach Arbeit ist sie vor einigen Jahren nach Otjiwarongo gekommen. Aus Bauabfällen baute sich Selma ein kleine Hütte, die in der Nacht zu kalt und am Tag zu heiß ist. Die Temperaturwechsel und unhygienischen Bedingungen will sie ihrer kleinen Tochter nun nicht mehr zumuten. Viel zu viele Kinder sterben noch bevor sie das 5. Lebensjahr erreicht haben, an vermeidbaren Infektionskrankheiten. Als sie endlich an der Reihe ist, werden ihre persönlichen Daten sowie die ihrer Familie in das Buch aufgenommen und dort zusammen mit der Nummer ihres Personalausweises dokumentiert. Während der Prozedur erklärt Tertu Shilongo, dass mit der Aufnahme in das Buch keinerlei Rechte auf ein Lehmhaus abgeleitet werden können. Doch das hat sich in Otjiwarongo längst herumgesprochen. Die Menschen wissen, dass es darum geht ihren Bedarf an Wohnraum zu dokumentieren. Hoffnung auf ein Lehmhaus Fast alle Menschen, die sich in das Buch eingetragen haben, leben zur Zeit noch in einem sogenannten "Shack". Einer Behausung, die aus Wellblechteilen und Plastik notdürftig zusammengezimmert ist. Obwohl sie wissen, dass es nicht um einen Rechtsanspruch geht, verbinden viele mit dem Buch die Hoffnung bei einem der nächsten Hausbauprojekte begünstigt zu werden. Aus diesem Grunde haben sich bisher fast 1.500 Familien, Lebensgemeinschaften und alleinerziehende Frauen in das Buch eingetragen. Immer wieder kommt es dazu, dass Tertu Shilongo Anzahlungen, die Interessenten bei der Eintragung gleich leisten wollen, zurückweisen muss. Diese Bereitschaft der Menschen sich durch eine Anzahlung das Recht auf ein Lehmhaus sichern zu wollen, ist einer der größten Erfolge für das Projekt. Denn damit zeigt sich, welchen Wert die Menschen mittlerweile einem Lehmhaus beimessen. Das war noch vor wenigen Jahren ganz anders. Bereits im derzeit auslaufenden SODI-Lehmhausprojekt mussten die Begünstigten 7.500 Namibia Dollar (650 Euro) als Barleistung erbringen. Weitere 22.000 Namibia Dollar (1.900 Euro) sind für das Grundstück und die zum Haus gehörige Toilette als Kredit an die Kommune Otjiwarongo zurückzuzahlen. Finanziell unterstützt wird das Projekt durch das Bundesentwicklungsministerium und private Spenden. Foto: SODI Kosten sparen durch Eigenleistungen Trotz der hohen Eigenleistungen standen die Menschen, als es um die Eintragung in die Liste der Hausbewerber ging, in einer langen Reihe an. Nicht zuletzt diese Eigenleistungen sind es, die dazu führen, dass die neuen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer dringend auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen sind. Ohne bezahlten Job ist der Kredit der Stadt kaum zu tilgen. Wer Probleme dabei hat, die Eigenleistungen aufzubringen, kann jedoch als bezahlte Hilfskraft auf der LehmhausBaustelle Beschäftigung finden. Vertrauen gewonnen Wer bereit ist, seine Ersparnisse in ein Lehmhaus zu investieren, zeigt Vertrauen in die angewandte Technologie. Bis vor einigen Jahren galt die Technologie noch als rückständig und minderwertig. Für das Clay House Project bedeutet dieses Vertrauen, dass das jahrelange Ringen um Akzeptanz nun von Erfolg gekrönt ist. Dazu haben auch die SODI-Projekte entscheidend beigetragen. Foto: SODI Auch Dachziegel werden aus Lehm hergestellt Bereits in den Jahren 2002 bis 2005 hat SODI gemeinsam mit dem Clay House Project und Mitteln der Europäischen Union die ersten 160 Lehmhäuser gebaut. Mit dem Abschluss des neuen Projekts sind nun 100 weitere Häuser hinzugekommen. Über 1000 Menschen haben diese Projekte zu einem menschenwürdigen Leben verholfen. Trotz einer enormen weltweiten Preissteigerung bei Rohstoffen, die für das Haus nötig sind, konnten die Häuser mit zusätzlichen Mitteln der Bundesregierung fertig gestellt werden. (Autoren: Alfred Hensel, Mitarbeiter im Clay House Project, Susanne Laudahn, Projektmanagerin, SODI) Kontext Lehmhausbau Länderinformation Namibia Otjiwarongo: Wohin selbst der Kaiser zu Fuß geht Foto: B. Rocksloh-Papendieck Wasserkanäle für die Felder Malis Entwicklungsprojekt Auf einen langen Atem kommt es an Die Republik Mali ist ein Schwerpunktland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Das Entwicklungsprogramm "Mali-Nord" der Bundesregierung in dem westafrikanischen Land unter schwierigen Bedingungen viel in Gang gesetzt und viel erreicht. 1994 bis 2009 - 15 Jahre -, ein Grund für einen Rückblick. Der Norden Malis leidet unter schwierigen klimatischen Bedingungen. Durch seine TuaregRebellionen (1989 – 1994) machte er von sich Reden. Forderungen der Tuareg nach Selbstverwaltung waren Auslöser der Rebellion. Sie blockierte jede Entwicklung im Norden des westafrikanischen Landes. Mitte der 1990er Jahre gelang es, den Bürgerkrieg einzudämmen. Daraufhin beauftragte das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und die KfW-Entwicklungsbank damit, das Programm "Mali-Nord" zu starten. Den Norden zu befrieden, war ein zentrales Anliegen der ersten 1991 demokratisch gewählten Regierung Malis. Das Programm "Mali-Nord" leistete den deutschen Beitrag dazu. Ziel des Programms war es, den sozialen und ökonomischen Stabilisierungsprozess in den vom Tuareg-Konflikt betroffenen Nordregionen zu unterstützen und zur Befriedung dieser Region beizutragen. Im Mittelpunkt stand die Region von Timbuktu. Projektziele Rückführung und Erstversorgung der zurückgekehrten Flüchtlinge Instandsetzung und Neubau von Brunnen und öffentlichen Einrichtungen Wiederaufbauhilfe für Haus und Hof Existenzgründungszuschüsse und Darlehen für Kleinbetriebe und Einzelhändler Anlage gemeinschaftlicher dörflicher Bewässerungsflächen Wiederbelebung von Strukturen dörflicher Verantwortung Was erreicht wurde Etwa 100.000 Menschen sind an ihre Herkunftsorte zurückgekehrt, haben sich dort dauerhaft wieder angesiedelt und bestreiten heute selbständig ihren Lebensunterhalt. In 45 ländlichen Gemeinden sind über 80 öffentliche Gebäude wie Schulen und Rathäuser neu entstanden oder wurden vollständig instand gesetzt. Weiter entstanden sechs Gesundheitsstationen, eine Gendarmerie sowie zwei moderne Märkte. Zudem wurden 200 offene Schachtbrunnen und 13 Wasserversorgungsanlagen gebaut. 400 Bewässerungsfelder (200 Hektar) sind entstanden. Rund 48.000 Menschen bewirtschaften die Flächen und ernähren mit den hierangebauten Reis unter anderem ihre Familien mit insgesamt rund 240.000 Menschen,die Hälfte der Bevölkerung dieses Raums. Daneben verkaufen sie einen guten Teil ihrer Produktion an die umliegenden Dörfer und zur Versorgung der großen Städte Timbuktu, Gao, und Mopti. Fazit: Durch das Programm "Mali-Nord" und die Arbeit von GTZ und KfW wurde neben dem Wiederaufbau von Verwaltung und Infrastruktur auch zu einer erheblichen Verringerung des Konfliktpotenzials und zur Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen. Foto: B. Rocksloh-Papendieck Für die Felder Malis: Wasserpumpen aus Deutschland Projektleiter Henner Papendieck: "Das Programm 'Mali-Nord' hat bewusst den Menschen von Anfang an Hilfe zur Selbsthilfe gegeben. Die Menschen sollten den Wiederaufbau ihrer Dörfer, die Instandsetzung der Brunnen und die ländliche Entwicklung in die eigenen Hände nehmen." Mittel der Entwicklungszusammenarbeit hatten dazu gedient, lokale Wirtschaftskreisläufe anzukurbeln und die Grundlage für eine positive mittelfristige Entwicklung zu legen. Viehzucht und Ackerbau nahmen einen ungeahnten Aufschwung. Der malische Ort Léré beispielsweise wurde innerhalb weniger Jahre zum größten Viehmarkt des Nordens. Mit dieser Entwicklung wurden die Grundlagen für die künftige Gemeindeentwicklung gelegt. Die Bauaufträge zum Wiederaufbau erhielten Unternehmen aus der Region. Das Investitionsprogramm wurde dadurch zum Motor der regionalen Wirtschaftsentwicklung. Lebensader Niger Der Fluss Niger, die Lebensader des Landes, durchzieht die Region von Timbuktu. Früher wurden die Flächen durch Hochwasser einmal im Jahr überschwemmt. Dafür reicht der Wasserstand des Niger aber nicht mehr aus. Heute wird das Wasser mit Pumpaggregaten auf die Felder gebracht. Hier setzte das "Programm Mali-Nord" seit 1997 systematisch an. Es konzipierte ein arbeitsintensives Programm der dörflichen Kleinbewässerung - ohne Einsatz von Maschinen. Dazu schließen sie sich in Gruppen von 120 bis 160 Kleinbauern und –bäuerinnen zusammen. Die eigene Parzelle bewirtschaftet jeder individuell. Frauenrechte stärken Foto: Mali-Nord/B. Rocksloh-Papendieck Gemeinsam stark: Benachteiligte Frauen erhalten eine Parzelle Frauen sind in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung häufig benachteiligt. Deshalb galt ihnen ein besonderes Augenmerk. Sie sind in sämtlichen Phasen des Reisanbaus, besonders aber der Reisverarbeitung beteiligt. Auf den ‚normalen‘ Bewässerungsfeldern erhalten in der Regel nur Witwen oder Alleinstehende eine Parzelle. In fünf Dörfern mit gut organisierten Frauengruppen sind eigene Bewässerungsfelder nur für sie entstanden. Mittlerweile gibt es rund 800 Nutzerinnen auf knapp 200 Hektar. Die Erträge sind hoch und die Rücklagen vorbildlich. "Was, glauben Sie, war der Erfolg des Projektes?", fragten wir die Entwicklungssoziologin Barbara Rocksloh-Papendieck abschließend: "Nicht von oben nach unten, sondern umgekehrt wird ein Schuh daraus; lokales Wissen und lokale Kräfte sind der Schlüssel zum Erfolg; die Nutzer von Anfang bis Ende einbinden; und - auf den langen Atem kommt es an!" Das Programm "Mali-Nord" geht in seiner bisherigen Form zu Ende. Die Kleinbewässerung im Norden Malis soll allerdings in Zusammenarbeit von GTZ und KfW Entwicklungsbank fortgesetzt werden. Kontext Programm Mali-Nord Die GTZ in Mali Die KfW Entwicklungsbank in Mali Der Deutsche Entwicklungsdienst in Mali Eine erfolgreiche Kooperation (PDF) Länderinformationen zu Mali (Auswärtiges Amt) Bewässerungsprojekt stoppt Abwanderung An den Ufern des Schwarzen Flusses Ein Beispiel erfolgreicher Entwicklungshilfe Foto: KAS/A. Jacobs Politische Seminarreihe für ägyptische Imame Ägypten Ägypten: Politische Bildung für Imame Vorbeter (Imame) spielen in muslimischen Gesellschaften eine wichtige Rolle. Sie erfüllen nicht nur seelsorgerische Aufgaben, sondern schlichten in familiären Konflikten. Sie helfen bei persönlichen, finanziellen und beruflichen Problemen und sind wichtige politische und gesellschaftliche Meinungsbilder. Multiplikatoren und Meinungsmacher Als Meinungsmacher haben sie in Ägypten oft ähnlich viel Autorität wie Universitäten, Medien und sogar die Familie. Umso erstaunlicher ist es, dass es in Ägypten kaum Angebote der politischen Erwachsenenbildung gibt, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen von Imamen zugeschnitten sind. An einem solchen Angebot besteht erheblicher Bedarf. Ägyptische Imame sind lediglich theologisch ausgebildet. Mit ihrer gesellschaftlichen Rolle sind sie oft überfordert. Systematisches Wissen über weltpolitische Probleme, über politische Grundbegriffe und über die Entwicklung politischer Systeme und Reformprozesse müssen sie sich weitgehend selbst aneignen. Die Moschee als Bildungsstätte Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und das Cairo Center for Civic Education and Development (CCCED) - eine von Politikwissenschaftlern der Kairo Universität gegründete unabhängige Nichtregierungsorganisation - haben deshalb eine Seminarreihe zu Fragen der politischen Bildung entwickelt . Die Seminarreihe richtet sich speziell an ägyptische Imame. KAS und CCCED bieten bereits seit 2008 mehrtägige Bildungsveranstaltungen für Imame aus der ägyptischen Hauptstadt an. Dies geschieht mit Zustimmung und Unterstützung des Ministeriums für Religiöse Angelegenheiten. Tagungsort ist die bekannte Salah el-Din Moschee im Zentrum Kairos. Jeweils 30 Teilnehmer, darunter die Imame der größten Kairoer Moscheen, diskutieren im Laufe der mehrtägigen Seminare mit landesweit bekannten Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern und Fachleuten. Dabei geht es um Fragen der internationalen Politik, aber auch um die innenpolitische und gesellschaftliche Entwicklung Ägyptens. Eine Vielzahl von Themen stehen hierbei auf dem Programm: Globalisierung, Menschenrechte, Reformpolitik, die Rolle der Frau und nicht zuletzt die Idee und Praxis interreligiöser Verständigung. Darüber hinaus wurden Trainings-Module für Rhetorik, Konfliktlösung, Diskussionsführung und Medienarbeit angeboten. Zielgruppe mit gesellschaftlicher Verantwortung Foto: KAS/A. Jacobs KAS-Seminare verschaffen Demokratieverständnis und Toleranz Die Konrad-Adenauer-Stiftung Ägypten erschließt mit diesem Programm eine neue und keineswegs einfache Zielgruppe. Dementsprechend gründlich wurde das Programm inhaltlich vorbereitet und abgewogen. Trotzdem mussten eine Reihe von Vorbehalten bei Teilnehmern und Behörden ausgeräumt werden. Nachdem aber klar war, dass es lediglich um ein freiwilliges Informations- und Bildungsangebot geht, war das Interesse groß. "Wir Imame wissen, dass wir gesellschaftliche Verantwortung tragen", so ein Teilnehmer. "Solche Workshops helfen uns dabei, diese Verantwortung besser wahrzunehmen." Die Offenheit, der Kenntnisstand und die Diskussionsbereitschaft der Teilnehmer waren dementsprechend erfreulich. Viele sind 30 und 40 Jahre alt, gut ausgebildet und waren zum Teil sogar in Europa tätig. Diese Gruppe weckt Hoffnung auf eine neue Generation weltoffener und moderater Geistlicher in Ägypten und darüber hinaus. (Dr. Andreas Jacobs, Kairo, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ägypten) Kontext Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) KAS-Auslandsbüro Ägypten Bundesminister Schäuble in Ägypten Deutschsprachige Imamschule Länderinformationen zu Ägypten Die GTZ in Ägypten Die KfW Entwicklungsbank in Ägypten Foto: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Folgen des Tsunami in Banda Aceh 2004 Tsunami Wiederaufbau auf Sumatra Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2004 flimmerten die ersten unscharfen Bilder einer der größten Naturkatastrophen der letzten hundert Jahre über Millionen Fernsehbildschirme. Mehrere Länder Süd- und Südostasiens waren von einem Tsunami erfasst worden, der durch ein Seebeben vor der indonesischen Insel Sumatra ausgelöst wurde. Diese ersten Bilder, meist aufgenommen von arglosen Touristinnen und Touristen, erschütterten Jeden. Die Heftigkeit der Katastrophe, die 230.000 Menschenleben kostete, brach in die spätweihnachtliche Gemütlichkeit ein und löste in Deutschland eine bislang unübertroffene Spendenbereitschaft aus. Mehr als 500 Millionen Euro spendeten allein die deutschen Privathaushalte. Die Johanniter-UnfallHilfe e.V. erhielt finanzielle Zuwendungen in einer Gesamthöhe von rund 13,8 Millionen Euro. Ein Anteil von 5,8 Millionen Euro wurde aus privaten Haushalten direkt an die Johanniter gespendet. Über das Spendenbündnis Aktion Deutschland Hilft e.V. wurden weitere 7,7 Millionen Euro an die Johanniter gezahlt. Auch das Auswärtige Amt unterstützte die Arbeit der Organisation mit rund 300.000 Euro. Eine solch große Summe erhält eine Hilfsorganisation nicht jedes Jahr. Langfristige Hilfsprojekte Für die Johanniter war schnell klar, dass sie nach der akuten Nothilfephase auf ein wohlüberlegtes, langfristiges Engagement setzen wollen. Die Arbeit der Johanniter konzentrierte sich dabei auf die Länder Sri Lanka und Indonesien. Die Liste der geförderten Projekte in diesen Ländern ist lang. Der Wiederaufbau von Gesundheitsstationen und Schulen, sowie Projekte zur Gesundheitsaufklärung und Stärkung von Frauen durch die Unterstützung von Kleinstgewerben standen auf dem Programm. Aber auch Kurse zu traditionellen Heil- und Behandlungsmethoden, orthopädische Hilfe für Tsunami-Opfer und der Bau von Orthopädiewerkstätten wurden umgesetzt. Foto: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Auf den Notfall vorbereitet sein Beim Einsatz in Indonesien stützte sich die Organisation aber auch auf eine ihrer ureigenen Kernkompetenzen: die Erste-Hilfe Ausbildung. Auf der Insel Sumatra läuft zum Beispiel noch bis Ende nächsten Jahres ein Projekt. Internationale Expertinnen und Experten bilden dort Menschen zu Trainerinnen und Trainern in Erster Hilfe aus, die ihr Wissen an die lokale Bevölkerung weitergeben sollen. Die Fachleute zeigen an Schulen, Universitäten und auf den Dörfern in kostenlosen Kursen das richtige Verhalten im Notfall. Comics unterstützen Ausbildung "Die Trainer haben eine packende Art, das rüber zu bringen", sagt Jutta Meissner, Fachbereichsleiterin der Auslandshilfe für den Raum Südostasien. Gut 40.000 Personen wurden so in 2.000 eintägigen Kursen geschult. Dabei wird auch das richtige Verhalten bei Naturkatastrophen in der häufig von Erdbeben heimgesuchten Region gezeigt. Eigens angefertigtes Lehrmaterial in Form eines Comics unterstützt dabei das praktische Lernen und motiviert Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Der Tsunami hat gezeigt, dass das Überleben von Verletzten stark davon abhängt, wie schnell sie Hilfe erhalten. Der sicherste Weg Hilfe zu garantieren, ist die direkte Ausbildung der Menschen in den Regionen. Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit und Regelmäßigkeit von Naturkatastrophen betroffen sind. Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen "Die Arbeit der Johanniter in Indonesien hat sich gut entwickelt, weil stets die lokalen Verhältnisse berücksichtigt wurden – und ein Großteil der Hilfsprojekte zusammen mit örtlichen Organisationen gestemmt wird", erklärt Meissner. "Wir fördern diese und können so von deren Beziehungen und Ortskenntnissen profitieren. Nur so war Hilfe da möglich, wo sie auch benötigt wurde." Der Druck auf die Organisationen, ihre Gelder schnell einzusetzen und Projekte zu realisieren war in der Zeit nach dem Tsunami enorm. "Unsere Mitarbeiter in Indonesien haben sich davon aber nicht beirren lassen. Sie haben ausgesprochen besonnen und gezielt Projekte ausgesucht, die eine nachhaltige Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen ermöglicht haben", berichtet Meissner. Wegen der großen Spendenbereitschaft im Jahr 2004 können die Johanniter bis zum Jahr 2011 nachhaltige Projekte in verschiedenen Regionen Indonesiens unterstützen und den Menschen eine dauerhafte Lebensgrundlage schaffen. (Autorin: Evamaria Haupt, Öffentlichkeitsarbeit Auslandshilfe, Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., Berlin) Kontext Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Länderinformation Indonesien Länderinformation Sri Lanka Tsunami-Frühwarnsystem geht in Betrieb Schutz vor Naturkatstrophen Empfehlenswerte Links Dirk Niebel neuer Entwicklungsminister Virtueller Weihnachtskalender - In 24 Tagen um die Welt Millionen für Frieden in Afghanistan Weltnaturschutzorganisation - Red List (englisch) Alternativer Nobelpreis für Klimaschützer Entwicklungshemmnis Toilettenmangel Filmtipp: "Die Rechnung" Filmtipp: "Green Days" Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen Der Lissabonner Vertrag auf einen Blick Sonderausgabe: 20 Jahre friedliche Revolution und Fall der Mauer Ausstellung: Wir sind das Volk! 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