Umweltökonomie Kapitel III.6: Intern. Massnahmen und Rahmenbedingungen Moritz Rohling, Markus Ohndorf Institut für Umweltentscheidungen (IED) 16.2.2009 Vergleich von Steuern und Zertifikaten bei Unsicherheit von Kosten und Nutzen Bis jetzt: wohlfahrtsmaximierendem Regulierer sind die (marginalen) Vermeidungskosten und nutzen bekannt Ergebnis: Marktbasierende Regulierungen (Steuern, Zertifikate) sind gleich effizient Problem: Kosten/Nutzen sind unbekannt und können höher oder niedriger ausfallen als erwartet wurde 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 2 Unsicherheit in der MB-Kurve MC MB t* t MC MB MC B B C MC MBreal A t* t C A MBexp q 09.03.2009 q* q Institut für Umweltentscheidungen MB real q MB exp q* q 3 Unsicherheit in der MB-Kurve Wohlfahrtsverlust i.H.v. Δ ABC Das Steuer- und Zertifikatsystem führt zum gleichen Wohlfahrtsverlust Grund: Das Verschmutzungsniveau hängt allein von den marginalen Vermeidungskosten ab, die in diesem Fall bekannt sind. Fazit: Beide Systeme funktionieren gleich gut/schlecht 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 4 Unsicherheit in der MC-Kurve MC MB MC real MC exp D t* t C A E B MB qt q* 09.03.2009 q Institut für Umweltentscheidungen q 5 Unsicherheit in der MC-Kurve MC MB C A t* t MC real MC exp D E B MB qt 09.03.2009 q* q Institut für Umweltentscheidungen q 6 Unsicherheit in der MC-Kurve Regulierungsinstrumente führen zu unterschiedlichen Wohlfahrtsverlusten: Δ ABC im Steuersystem Δ ADE im Zertifikatsystem Grund: Bei einer Steuer t verändert sich die Vermeidungsmenge q, da die MC-Kurve nicht mehr bekannt ist. 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 7 Weitzman (1974): Prices vs. Quantities Erwartete Wohlfahrtsdifferenz: Solange die Steigung der MB-Kurve vom Betrag her kleiner ist als die MC-Kurve, liefert ein Steuersystem eine höhere Wohlfahrt : Steuersystem ist zu bevorzugen : Zertifikatsystem ist zu bevorzugen : Beide Systeme funktionieren gleich gut 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 8 Weitzman (1974): Prices vs. Quantities Fazit: Steuersystem fixiert die marginalen Kosten bei unsicherer Vermeidungsmenge Zertifikatssystem fixiert die Menge an Emissionen, führt jedoch zu Unsicherheit in den Kosten Ein Steuersystem ist zu bevorzugen, wenn die MC-Kurve relativ steiler verläuft als die MB-Kurve 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 9 Nicht-Kooperation von Unternehmen Unternehmen haben Anreize sich nicht an die Regulierung zu halten, indem sie: für einen Teil ihrer Emissionen keine Steuern zahlen keine ausreichende Menge an Zertifikaten halten Mit stichprobenartigen Kontrollen wird die Einhaltung der Regulierung überprüft (Entdeckungswahrscheinlichkeit α) Bei Nicht-Kooperation werden Unternehmen bestraft Je intensiver die Kontrollen und je höher die Strafe, desto höher der Anteil der kooperierenden Unternehmen 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 10 Montero (1999, 2002): Erwartete Wohlfahrtsdifferenz: : Steuersystem ist zu bevorzugen : Zertifikatsystem ist zu bevorzugen Zertifikatsystem wird im Vergleich zum Steuersystem attraktiver 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 11 Bedeutung auf internationaler Ebene Internationale Regulierungsbehörde kann ein Steuersystem schwieriger durchsetzen als ein Zertifikatsystem Grund: Steuerhoheit liegt bei den einzelnen Ländern Modellanpassung: Entdeckungswahrscheinlichkeit für NichtKooperation von Ländern ist im Zertifikatsystem höher als im Steuersystem Ergebnis: Zertifikatsystem gewinnt gegenüber dem Steuersystem weiter an Attraktivität 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 12 Teil 2: Ökonomische Analyse internationaler Umweltprobleme am Beispiel der Klimapolitik 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 13 Klimawandel als voraussichtlich grösste globale Externalität Die globale Durchschnittstemperatur an der Erdoberfläche ist infolge v. anthropogenen Einflüssen seit Ende des 19 Jh. um ca. 1° C gestiegen. Schätzungen für den weiteren Anstieg bis 2100: 1.5°- 6° C (Quelle: IPCC) Potenziell starke Auswirkungen auf das klimatische und sozioökonomische System der Erde. (z.B. Anstieg des Meeresniveaus, Häufung von extremen Wetterereignissen, Ausbreiten von Krankheiten (Malaria), ...) → ökonomisch: Schäden = Kosten 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 14 Zahlen aus dem Stern Review (2006) Es ist zu erwarten, dass eine atmosphärische Konzentration jenseits von 550ppm CO2e zu schweren Schäden führt. Durchschnittlich erwartete Schäden aus Klimawandel für das späte 21. Jahrhundert liegen zwischen 5-20% des jährlichen globalen BIP Kosten einer Stabilisierung bei 500ppm: 1-2% des globalen BIP pro Jahr Um dieses Ziel zu erreichen müsste der Preis/Steuer pro Tonne CO2e bei über 30 US$ liegen. Klimapolitische Eingriffe sollten baldmöglichst mit höherer Intensität durchgeführt werden. 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 15 Erwarteter Grenzschaden und -kosten Das Problem der Unsicherheit Yearly Global Emissions in CO2e Quelle: Stern Review (2006) 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 16 Weitere Probleme der klimaökonomischen Analyse Neben den grossen Unsicherheiten bezügl. Schäden und Kosten, wird eine klimaökonomische Analyse zusätzlich erschwert durch: 1. Vereinheitlichung von Schäden und Kosten über die Zeit (Diskontieren) 2. Globale Klimapolitik erfordert Kooperation zwischen Ländern. (Siehe zweiten Teil der heutigen Stunde) 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 17 Zum Problem der intergenerationellen Diskontierung Ein Verwenden von Marktzinssätzen, wie normalerweise üblich, untergewichtet den Disnutzen zukünftiger Generationen (ethische Diskussion) Frage: Auf welcher Basis soll Diskontrate gewählt werden? Beispiel: Im Stern-Review wird der Nutzen der verschiedenen Generationen gleich gewichtet (Diskontraten von 1.6% bzw. 2.1%) Zur Diskontierung, siehe Vorlesung vom 30.3. 2009 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 18 Grundproblem der internationalen Klimapolitik Auf globaler Ebene existiert keine Institution, welche eine einheitliche Klimapolitik vorschreiben kann. Auflösen der Annahme des benevolenten Diktators, der internationale Klimapolitik alleine und den Gesamtnutzen maximierend umsetzen kann. Länder als Akteure, müssen ihr Handeln koordinieren Koordination zwischen Ländern durch Abkommen ⇒ Problem des „Free Rider“-Verhaltens 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 19 Klimapolitik als soziales Dilemma Internationale Klimapolitik hat den Charakter eines öffentlichen Gutes. Soziales Dilemma: Individuelle Rationalität führt zu ineffizientem Ergebnis Zusätzliches Problem: Kosten und Nutzen von Klimapolitik sind von Land zu Land unterschiedlich Lösung: Side-Payments und Issue Linkage ⇒ Weiterer Vorteil des Zertifikathandels! 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 20 Emissionsintensitäten als Basis für Verhandlungen 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 21 The only game in town: Kyoto-Protokoll 1997 verabschiedet als Protokoll zur Klimarahmenkonvention (UNFCCC) Zwei Ländergruppen: Industrie und Transformationsländer ( Annex B-Länder mit Reduktionsverpflichtung) Entwicklungsländer (Nicht Annex B-Länder) Reduktionsziele für Treibhausgase für alle Annex-B Länder rechtsverbindlich Marktbasierte Mechanismen, um die Kosten für die Reduktionen so gering wie möglich zu halten 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 22 Ziel des Kyoto-Protokolls Verringerung der CO2-Emissionen in den Industrie- und Transformationsländern (Annex 1-Länder) um mindestens 5% in Bezug auf das Niveau von 1990 in der Periode von 2008-2012. Reduktionsziel für die Schweiz: 8% Reduktion in Bezug auf 1990. Die Verhandlungen für das Post-2012 Regime sind noch im Gange... 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 23 Ländertypen der Kyotowelt Countries with reduction targets (Annex B-countries) Countries without reduction targets (Non-Annex B-countries) Countries not having ratified the Kyoto Protocol 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 24 Marktbasierte Instrumente im KyotoProtokoll Bubble Bildung (Zusammenschliessen von Ländern, um die kumulierten Ziele zu erreichen, Bsp. EU) Emissionshandel (zwischen Annex 1-Ländern) Joint Implementation (Reduktionsprojekte zwischen Annex 1- Ländern) Clean Development Mechanism (Reduktionsprojekte in Entwicklungsländern) 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 25 Prinzip des Kyoto - Emissionshandels 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 26 Entstehung von Emissionsrechten im Clean Development Mechanism Industrieland 1 Entwicklungsland Regierung/ Unternehmung Vereinbarung Finan zierun Regierung/ Unternehmung g Reduktionsprojekt Emissionsreduktion Zertifiziertes Emissionsrecht (Certified Emission Reduction CER) 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen Verifizierung und Zertifizierung 27 Bestimmen der Emissions-Kredite im CDM Project Reduction Emission level Baselin e emissio ns Credits Project emissions Time Start of project 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 28 Wichtig für Gruppenarbeiten Theoretische Effizienz ist aufgrund des sozialen Dilemmas nicht erreichbar Stattdessen: Optimierung bei Ausgleich unterschiedlicher Interessen Partialanalytische Überlgegungen liefern wichtige Hinweise über eine optimale Ausgestaltung von Umweltpolitik Auch wichtig: Zukauf von Zertifikaten ist wichtiger Bestandteil der bisherigen Schweizer Klimapolitik 09.03.2009 Institut für Umweltentscheidungen 29