EU finanziert & befeuert Schlächterei in Libyen. von TomGard Pro @ 2011-03-04 – 11:58:27 Am 28.2 gab der EU-Energiecommissioner Öttinger eine Pressekonferenz, in der er stammelnd, fast jedes zweite Wort dreifach wägend, mitteilte, man habe "Anlaß" zu der "Annahme", die libysche Ölproduktion stünde zu großen Teilen nicht mehr unter Kontrolle Gaddafis, sondern befände sich in der Hand von Stammes- und Übergangsautoritäten der Aufständischen, so daß man mit einem Importstop o.ä. "Gefahr" laufe, die falschen Leute zu bestrafen, die, die doch jetzt einen "richtigeren" Weg gingen. Zeitgleich ließen "Quellen" aus Libyen vernehmen: "Benghazi-based Arabian Gulf Oil Co. split from its state- owned parent, National Oil Corp., Al Arabiya television reported, citing unidentified Arabian Gulf officials. (...) The proceeds of oil sales by Arabian Gulf won’t be accessible by the regime, they said ..." Bei der First Coast News (Jacksonville) wußte man genaueres: "The terminal (at Tobruk) is working at 100 percent," Rajab Sahnoun, an official with the Arabian Gulf Oil Co. ...told the AP. Sahnoun also said that at least two of the major eastern fields, Sarir and Misla, were still producing, though at slightly reduced capacity. ... Another Agoco official, Ali Faraj, said the company's production of roughly 220,000 barrels per day was largely unaffected. Libya produces about 1.6 million barrels per day of crude oil, and about 85 percent of its exports are Europe-bound." Beachte: 220 T barrel entsprechen grob 15% der täglichen libyschen Rohölproduktion. Die "Wiederaufnahme" von Öllieferungen, die Öttinger meinte, betraf zunächst 600.000 barrel für Italien, eine Tranche, die im Unterschied zu 1 Mio barrel, die aus Tobruk in Richtung China verschifft wurden, noch nicht bezahlt waren. Die "First Coast News" weiter: A Libyan oil official in the east (..) speaking on condition of anonymity because of the sensitivity of the matter, said that if and when Gadhafi falls, the money would go to the new government. Barring that possibility at present, the payment could be channeled to the regional government in Benghazi, he said. ("könnte ... abgezweigt werden", TG) But (!) experts (!!) questioned whether that option would be agreeable to international oil companies who would have no real assurances that they were paying the proper authorities. In addition, if a new government was to be set up, it may request the money that was already paid, for example, to the regional government." Ob die Mannen des Herrn Öttinger wohl schon insgeheim eine Ausfallversicherung plaziert haben? Das wissen wir nicht. Aber wir wissen somit, wenn wir's wissen wollen, daß die EU absichtsvoll und bekennend den libyschen Bürgerkrieg finanziert und mit außenpolitischen Mitteln unterhält! Der libysche Ölminister hatte hingegen bestritten, die Regierung hätte die Kontrolle über die Ölförderung und -lieferung verloren. Wieviel immer seinerzeit davon stimmte, kurz darauf wurde gemeldet, die Hafen-, Lager- und Raffinerieanlagen in Brega seien umkämpft. Öttingers Einladung an die Rebellen, sich das libysche Öl in Lizenz der EU unter den Nagel zu reißen, wurde erhört, und die loyale Armee damit zum Eingreifen und zur Ausweitung der Kämpfe gezwungen. Wer die Nachrichten der letzten Tage verfolgt hat, kann nicht ehrlich bestreiten, daß die militärischen Erfolge der loyalen Kräfte der Armee bewiesen, daß sie in der Woche zuvor die Rebellen in beträchtlichem Maße haben gewähren lassen, aus welchem Grund, oder mit welchen Kalkülen auch immer. Indem die EU den Zugriff der Rebellen auf Öleinnahmen absegneten, verringerten sie den Spielraum der Verteidiger, die neben Leib und Leben der Führungsgarde die Nationalisierung des libyschen Ölreichtums gegen seine designierte Privatisierung verteidigen, auf nahe Null. Zusammengefasst: Die Massaker der letzten Tage gehen maßgeblich auf das Konto des Öls, das die EU buchstäblich und mit voller Absicht ins Feuer goß. Ginge es nur um die Moral der Geschicht, hätte ich hiermit fertig. Aber mir geht es um die beteiligten Kräfte und Kalküle. "Bloomberg" teilt dazu mit: "While the rebels hold the military advantage, Qaddafi’s regime is “not yet out of the fight, and a prolonged, violent struggle is shaping up,” said Jeffrey White, a defense fellow at the Washington Institute for Near East Policy and specialist on the region. “Both sides lack the offensive capability to bring the conflict to a rapid conclusion,” and an extended conflict will “increase pressure for external military intervention,”". Unnötig, zu zweifeln, der Sprecher eines Ablegers der prominentesten israelischen Lobbyorganisation in den USA beurteile die militärische Lage richtig. Ein Blick auf die verfügbaren Daten über die libyschen Streitkräfte genügt, die Angabe zu bestätigen(1), und weiteres ergibt sich aus der Tatsache, daß Gaddafi & Söhne es vorzogen, einen großen Teil des milizionären "Fußvolks", also die nicht spezialisierten und motorisierten Kräfte der Infanterie, aus dem Heer billig zu habender Desperados aus depravierten Ländern Nord- und Schwarzafrikas zu rekrutieren. Man täte - natürlich, wie immer, rein um der lieben Theorie willen - gut daran, davon auszugehen, daß diese Lage den europäischen Analysten bekannt ist. Daraus ergäbe sich zwingend, die europäische Außenpolitik ist auf eine Teilung Libyens berechnet (2) (vgl. die Grafik aus EL PAÍS in Kommentar3), die wg. der Leichen, der verstümmelten und Vergewaltigten, die sie kostete, durch eine US- bzw. NATOIntervention nicht mehr rückgängig zu machen ginge. Die Erfahrungen, die europäische Politik mit Instrumentalisierungen von Massakern während und zum Zwecke der Zerlegung Jugoslawiens sammelte, lassen grüßen. Mit der Teilung wäre wenigstens ein Teil des Quasi-Monopols der Europäer auf das hochwertige libysche Öl aus der Abwicklung der libyschen Nationalisierungen zu sichern. Die Namen der beteiligten Firmen entnehme man den Evakuierungsprotokollen der "First Coast News". Eine Nachbemerkung zur Presse. Wie ihr bemerkt habt, war ich auf Buisiness-Spezialpublikationen und amerikanische und australische Zeitungen verwiesen, etwas über die Lügen und Verdrehungen der europäischen Presse zu erfahren. Doch ein Großteil der Infos stammt einfach von der AP, eine Nachrichtenagentur, auf deren Dienste keine überregionale Zeitung verzichten kann. Das ist der Beweis, daß die Meldungen mindestens der auflagenstarken europäischen Presse nach politischen Direktiven säuberlich geschnitten und zensiert werden. Ob die Publikation, die viele ihrer Leser für unabhängig und unzensiert halten mögen, die "Junge Welt", davon ausgenommen ist, bezweifle ich stark. Auch sie schrieb nichts über die Hintergründe (einen Artikel von Rainer Rupp, der nur im online-Abo zu lesen ist, ließ ich allerdings unberücksichtigt, aber von dem ist eh nix zu erwarten ...). Man kann das für Unfähigkeit halten, aber ich halte es für einen Deal. Dafür darf die "jW" ausführlich den erzreaktionären, proletaristisch-romantischen Patriotismus ihrer Leser bedienen: Chavez soll mal wieder die Lichtgestalt sein, auf die frühsenile Berliner "Linke" setzen sollen. Was für ein Elend. 1 Die Infanterie verfügt über zu wenig gepanzerte und motorisierte Verbände, um flächig wenigstens die wichtigsten Städte unter Kontrolle zu nehmen und zu halten, andererseits sind es genug, den Kernbestand der Kasernen und Basen zu schützen. Es besteht eine vage Möglichkeit, daß die Lage sich ändern könnte, wenn Air Force und Luftabwehr vernichtet würden, aber das ist keineswegs sicher. Denn bislang gibt es nur vereinzelte Meldungen über Luftwaffeneinsätze, und die scheinen überwiegend gegen "harte" Ziele gerichtet, nämlich Waffen- und Munitionsdepots, die in die Hände der Rebellen gelangt waren oder zu fallen drohten. Insbesondere die Kampfhubschrauber, die fürchterlichste und grausamste Waffe gegen "weiche" Ziele, wie aufständische Verbände sie bieten, wurden allem Anschein nach bislang zurück gehalten. Solche Einsätze wären wohl auch geeignet, die Loyalität der Luftwaffe zu überfordern. 2 Westerwelle wußte mal wieder von nichts, schwadronnierte von einem kompletten Zahlungs- und Importstopp gegen Libyen und mußte sich von Öttinger belehren lassen. So wenig traut man diesem Mann selbst auf EU-Ebene über den Weg ... o o Kommentare (3) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o eu libyen presse Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10756513/c0d58 3 Kommentare zu "EU finanziert & befeuert Schlächterei in Libyen." Kommentar schreiben o o TomGard Pro 2011-03-04 @ 13:23:40 Kleiner Nachtrag zum Thema Zensur: In der TAZ vermag ich keinen Kommentar, geschweige einen link zu plazieren, auch nicht zu dem noch vergleichsweise unverfänglichen Thema "Assange". Das bestätigt frühere Erfahrungen: Die TAZ ist eine der bestzensiertesten Publikationen in Deutschland. Im "Standard" erscheinen zwei von drei meiner Kommentare gar nicht, und der dritte mit mehrstündiger Verspätung, wenn andere, freigegebene Kommentare ihn mindestens auf "Seite 2" oder 3 verschlagen haben. Offenkundig "klingelts" da in der Digikiste, wenn der Nick "TomGard" erscheint. Ehrlich, auf solche Ehren würd ich gern verzichten. o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-03-05 @ 19:31:18 "Keine Söldner in Libyen" ...lt. Peter Bouckaert, einem Mitarbeiter von Human Rights Watch, der "Radio Netherland Worldwide" nach zweiwöchigem Aufenthalt im Osten Libyens ein Interview gab. Bouckaert prüfte vor Ort Meldungen, denen zufolge Rebellen in Benghazi 156 Söldner im Dienste Gaddafis gefangen genommen hätten, und identifizierte sie als farbige libysche Armeeangehörige aus dem Süden des Landes, der aufgrund geringer Beschäftigungsmöglichkeiten der Bevölkerung einen vergleichsweise großen Anteil an Soldaten stellt. HRW bezweifelt aufgrund dieses Befundes auch Meldungen aus den anderen Landesteilen über Rekrutierungen und Beteiligung von Söldnern an der Aufstandsbekämpfung. (Quelle) Es gab allerdings schon längere Zeit verläßliche Meldungen, nach denen Gaddafi, seine Söhne und Regierungsstellen gesonderte, der Armeeführung nicht unterstellte Miliz-Verbände zusammengestellt hatten, die z.T. aus Söldnern umliegender afrikanischer Staaten bestanden, sei es aus Kostengründen, sei es, weil sie Teilen der libyschen Streitkräfte nicht trauten, nachdem es in der Vergangenheit einige Male zu Putschversuchen gekommen war. Dennoch zeugt die Meldung von der Korruptheit der Berichterstattung und von der traurigen Wahrheit, daß Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beim libyschen Aufstand keine geringe Rolle spielen, wie schon hierdokumentiert. o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-03-05 @ 20:01:15 Eine der günstigen Voraussetzungen dafür, daß eine Aufteilung Libyens aus Sicht der EU wünschenswert wäre, macht eine Grafik von EL PAÍS deutlich. o o Auf Kommentar antworten Permalink Zur innenpolitischen Lage im Iran von TomGard Pro @ 2011-03-07 – 18:20:51 Ich hoffe mal, RiaNovosti wird mir keinen Strick daraus drehen, daß ich einen Ausschnitt eines Artikels ihres Kolumnisten Marc Saint-Upéry übersetze und weiter gebe: Und was ist mit dem Iran? Fariba Abdelkah, eine scharfsinnige Analytikerin der gesellschaftlichen Verhältnisse und politischen Kräfte im Iran, die beim Centre d’Etude des Relations Internationales in Paris (CERI) forscht, betrachtet die gegenwärtige Situation aus einem höchst interessanten Blickwinkel. Weniger eine Herrschaft fundamentalistischer Kleriker sei das Problem des Irans, erklärt sie, als vielmehr ihr Verlust eines Monopols auf die Ausdeutung islamischer Orthodoxie. Religiöse Legitimität, im Iran weiterhin eine mächtige Säule sozialer und politischer Autorität, stehe daher zunehmend zur Disposition und um ihre Neubestimmung wrde gelegentlich heftig gefochten. Der Umstand, daß Ahmadinejad einerseits als der Vertreter einer radikalen und messianisch politischen Islamauslegung auftrete, und andererseits der erste Präsident der Islamischen Republik sei, der nicht dem Klerus angehört, sei symptomatisch dafür. Ahmadinejads Interpretation der Verpflichtungen eines politischen Islam differiert nicht nur von der reformerischen Auslegung seines Vorgängers Khatami und dessen Anleihen bei Tocqueville und westlichem Liberalismus, sie gerate auch mit der konservativen Weltsicht religiöser Traditionalisten in Konflikt, die seinen außenpolitischen Aktivismus, sein mangelndes soziales Taktgefühl und seine theologische Unbedarftheit beargwöhnen und mißbilligen. The konfliktgeladene Vielfältigkeit in Irans Religionspolitik mengt sich in die wachsende Komplexität im iranischen Wirtschaftsleben. Entgegen seiner populistischen Rhetorik und dem Gewicht, daß er auf "soziale Gerechtigkeit" legt, repräsentiert Ahmadinejad keine statische "islamische Linke", die in den Anfangszeit der islamischen Revolution noch einflußreich war, aber inzwischen fast vollständig von der politischen Bühne verschwunden sei. Liberalisierung ist im Iran eine ökonomisches Faktum, das jedoch nicht klar in Erscheinung treten könne, weil die Scheidung zwischen privatem und öffentlichem Sektor durch das Netz der "Foundations" und halböffentlichen Gesellschaften unklar bleibe. Noch scheint ein sehr spezifisches Sysem kapitalistischer Günstlingswirtschaft vorzuherrschen, in der jede politische und religiöse Fraktion ihre eigenen Seilschaften unterhält und die jeweil anderen der Korruption beschuldigt. Den Unruhen, die im Iran im Gefolge der Wahlen von 2009 ausbrachen und andauern, scheint eine Zutat zu fehlen, die in den arabischen Revolten essentiell wurde. Im Iran war die cosmopolitisch eingestellte Mittelklasse nicht imstande, sich mit nennenswerten Teilen der Arbeiterklasse und des urbanen Pöbels ("the urban plebs") zu verbünden (connect), wie es in Tunesien und Ägypten gelang. (Im letzten Teil der Glosse gibt der Autor seiner Hoffnung Ausdruck, daß die ostentative Gewalttätigkeit der iransichen Reaktion, zum Ausdruck gebracht in drakonischem Vorgehen gegen Gesetzesbrecher aller Art und wachsender Zahl verhängter und vollstreckter Todesstrafen, den Job tun könnte, jene "Mittelklasse" an die Macht zu bringen, die die völkische "Anbindung" nicht hinkriege.) Hintergrundinfo, die einige knappe Analysen, die ich im "Freitag" abgab (ich werd sie bei Gelegenheit zitieren) unterfüttert. o o Kommentare (1) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o iran islam urbanität Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10776180/cd50b 1 Kommentar zu "Zur innenpolitischen Lage im Iran" Kommentar schreiben o o TomGard Pro 2011-03-10 @ 09:01:48 Zur außenpolitischen Stellung Irans ein unkommentiertes Zitat aus einem Artikel des ehemaligen indischen Spitzendiplomaten M K Bhadrakumar in der Asia Times: "Even as the IBSA adopted its stance on Libya and the Middle East situation staunchly favoring Arab nationalism, India's National Security Adviser Shiv Shankar Menon, a key policymaker of high reputation as a consummate diplomat and who works directly under Prime Minister Manmohan Singh, was engaged in an engrossing and meaningful conversation elsewhere in the Middle East - with Iranian President Mahmud Ahmadinejad. Away from the glare of television cameras, Menon handed over a letter from Manmohan to Ahmadinejad. According to the statement issued by Ahmadinejad's office, the Iranian leader told Menon: Iran and India are both independent countries and they will play significant roles in shaping up the future of the international developments ... The relations between Iran and India are historic and sustainable. Iran and India due to being [sic] benefited from humanitarian viewpoints towards the international relations, should try to shape up the future world system in a way that justice and friendship would rule. The ruling world is coming to its end and is on the verge of collapse. Under the current conditions, it is very important how the future world order will take shape and care should be taken that those who have imposed the oppressive world order against the mankind would not succeed in imposing it in a new frame anew ... Iran and India will be playing significant roles in the future developments in the world. Our two nations' cultures and origins are what the world needs today. Menon reportedly told Ahmadinejad: New Delhi is for the establishment of comprehensive relations with Iran, including strategic ties ... many of the predictions you [Ahmadinejad] had about the political and economic developments in the world have come to reality today and the world order is going under basic alterations [sic], which has necessitated ever-increasing relations between Iran and India ... The relations between the Islamic Republic of Iran and the Republic of India are beyond the current political relations, having their roots in the cultures and the civilizations and the two nations and both countries have great potentials for improvement of bilateral, regional and international relations. Nothing needs to be added. Nothing needs to be said further. In sum, this sort of IranIndia high-level political exchange was unthinkable until very recently and it highlights how much the Middle East has changed and Iran's role in it, and Delhi's perceptions and the Indian thinking regarding both. Most important, Menon's arrival in Tehran at the present tumultuous juncture on a major path-breaking political and diplomatic mission to energize India-Iran strategic understanding also underscores the growing recognition in the region that the era of Western dominance of the Middle East is inexorably passing into history and the world order is not going to be the same again. http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/MC10Ak03.html o o Auf Kommentar antworten Permalink Libyen - EU - Russland von TomGard Pro @ 2011-03-09 – 14:33:39 Am 5.3. - dem Höhepunkt der EU - weiten Propaganda zur Unterstützung des Aufstandes in Libyen - kommentierte Dmitry Babich für RiaNovosti ostentativ unaufgeregt: "Die Unruhen in Libyen könnten eine Ausweitung der wirtschaftliche Beziehungen Russlands zur EU kräftig katalysieren." Nicht mehr nur der russische Chefunterhändlier Medwedkow, auch europäische Wirtschaftsführer sprächen nun von einer nahen Aussicht auf einen WTO-Beitritt Russlands. Und Wladimir Putin habe während eines kürzlichen Treffens bei Kommissionspräsident Barroso ein ungewöhnlich offenes Ohr für seine Beschwerden gefunden. Putin hatte im Zusammenhang mit der Verpflichtung Gazproms im Rahmen von Gemeinschaftsprojekten mit der EU geschäftliche Partner zu akzeptieren, die das Unternehmen nicht brauche, von "ausbeuterischer Enteignung" gesprochen, eine schwere Anklage, bedenkt man die enthaltene Anschuldigung, es würden private mit staatlichen Interessen verquickt. Baroso habe dennoch Verständnis gezeigt und Entgegenkommen versprochen. Die Unruhen im gesamten arabischen Raum und die daraus erwachsenden Unsicherheiten in Bezug auf Lieferungs- und Preisentwicklung, relativierten wohl den im politischen Stand Europas verbreiteten Reflex, im Zusammenhang mit russischen Rohstofflieferungen von Abhängigkeit und Erpressbarkeit zu reden, meinte Babich. Zumal, fährt er listig fort, die "South Stream" Pipeline derzeit mehr Chancen auf Realisierung biete, als die konkurrierende "Nabucco". Da auch die USA einem WTO-Beitritt Russlands nicht mehr so ablehnend gegenüber zu stehen schienen, wie bisher, sei ein zusätzliches "Fenster" für russisch-europäische Verhandlungen offen, das man in Moskau besser nutze, bevor es sich wieder schließe, schließt Babich etwas naseweis. Nun, was ist da dran? Ich habe ein bißchen recherchiert, bin aber weder ausreichend qualifiziert, noch in der Position, die Informationen auszuweiten und hinreichend auszuwerten. Ich kann Anregungen für Interessierte geben. Vor wenigen Wochen hatte Total seine Beteiligung an der spanischen CEPSA für € 3,7 Mrd an die IPIC verkauft. Die IPIC ist ein Staatskonzern Abu Dhabis, der vor allem in Explorations- und Ölverarbeitungstechnik, einschließlich Kraftwerksbau investiert, und erst kürzlich umfangreiche Kontrakte mit der libyschen Regierung geschlossen hatte. Gestern meldete Total, die Fa. habe eine Zukunftsvereinbarung über ein gewaltiges, aber unbeziffertes Investitionsvolumen mit der russischen Novatek geschlossen, das der weiteren Erschließung der Gasvorkommen auf der westsibirischen YamalHalbinsel gilt. Der wohl wesentlichste Punkt der Vereinbarung betrifft die gemeinsame Weiterentwicklung der Gasverflüssigungstechnik der Yamal LNG. Sie soll in den kommenden Jahren zu einer konkurrenzfähigen Alternative für Pipeline Erschließungen voran gebracht werden. Yamal LNG stellt insofern ein Pilotprojekt für langfristige Pläne dar, ostsibirische Gasvorkommen via Verflüssigungsanlagen über nordpazifische Häfen zu erschließen. Total-Chef De Margerie, berichtet "Asia Times", soll die Aufstände "in einer Reihe Öl- und Gas produzierender Länder" als günstige Bedingung genannt haben, da sie ein "Signal" für Investoren seien, daß Russland sicherere Investitionsbedingungen biete. In der Tat, Investitionen dieser Art und Größenordnungen sind leichter zu tätigen, wenn sie zusätzliches Kapital eher anziehen, als abstoßen. Vielleicht auf ähnliche Weise, oder aber auch ganz anders ist die Verwicklung von BP in die staatliche Zukunft Libyens zu sehen. BP hatte im vergangenen Jahr ein umstrittenes knapp Mrd. Abkommen mit Libyen geschlossen, das BP zum größten Investor Libyens in Neuerschließungen on- und offshore machte. Zwei Umstände heben dies Geschäft aus gewöhnlichen Vorgängen heraus. Erstens sieht es Bohrungen im Golf von Sirte in größerer Tiefe vor, als diejenige, die im Golf von Mexiko katastrophal schief ging. Daher wurde der Explorationsbeginn, ursprünglich schon für den Sommer 2010 vorgesehen, beständig verschoben, zuletzt auf den Juni des laufenden Jahres. BP lastete die Verschiebungen den Lieferanten des Explorationsgerätes an, die Schwierigkeiten gehabt hätten, die Sicherheitsanforderungen umzusetzen, die nach den Erfahrungen mit Deepwater verschärft worden seien, doch andere Quellen sprechen von Einwänden und Sicherheitsbedenken der libyschen Regierung. BP unterhält keine aktiven Assets in der libyschen Ölförderung, im Unterschied zu ENI, Shell, Wintershall AG (das größte deutsche Öl-und Gasföderunternehmen) und der spanischen REPSOL. (Ja, die ist oder war Anteilseigner bei CEPSA) Sollten die libyschen Anlagen im Gefolge von Gefechten oder Sabotage verloren gehen, wären vielleicht mit Ausnahme der halbstaatlichen italienische ENI, die überwiegend im Osten Libyens engagiert ist - die Konkurrenten BP's die Geschädigten, während BP von den Turbulenzen auf den Ölmärkten in besonderem Maße profitiert. Das Nordseeöl, das BP fördert, läßt sich bei Turbulenzen gut verteuern, weil es dank seiner Qualität und geographischen Nähe eine Hauptrolle auf dem europäischen Swap-Markt spielt. ( blogs.forbes, Bloomberg) Zusätzlich gab es noch während des BP-Deals mit Libyen verbreitete Gerüchte, die u.a. vom libyschen Ölminister selbst genährt wurden, staatliche libysche Investmentgesellschaften nutzten den Aktienverfall BP im Zusammenhang mit der Deepwater Horizon zum Aufkauf des Unternehmens. In diesem Zusammenhang wäre es interessant, aufzuklären, wie die nach meinen Informationen völlig einmaligen Machenschaften zur Enteignung libyschen Volksvermögens vermittels seiner Deklaration als Privatvermögen wirken, aber das überfordert mich leider völlig. Fest steht immerhin, daß die libysche Regierung und ihre Geschäftspartner und Treuhänder zur Zeit wirksam daran gehindert sind, indirekte Enteignungen durch Entwertungen und Verwässerungen von Investmentanteilen zu verhindern. Es würde mich nicht überraschen, wenn am End alle "Bösen Buben" im Knast oder unter der Erde wären, und der libysche Staat, der reichste Nordafrikas, dennoch plötzlich bankrott, bettelarm, gezwungen, jede erpresserische Internationalisierung seiner Ölvorräte zu akzeptieren ... Die BP hat übrigens einschlägige Erfahrungen darin, wie man lästige Nationalisierungen mit Mord, Totschlag und Umstürzen aus dem Weg räumt. Was das mit Russland zu tun hat? Heute meldete die Asia Times, BP habe dem Druck Russlands auf die TNK-BP, ein Oligarchen Joint-Venture, das sich in den Wirren der Jelzin - Zeit die Gas Felder von Kowykta in Ostsibirien unter den Nagel gerissen hatte, doch von Putin mit Erfolg an deren Entwicklung und Ausbeutung gehindert worden war, endlich nachgegeben und an Gazprom verkauft. Damit wird der Weg für eine Erschließung für den chinesischen Markt frei, die offenbar bestens vorbereitet ist: Bereits 2015 soll die Pipeline arbeiten. Bleib noch Mark Allen zu erwähnen, ehemals MI6 (War da was? Ja, der MI6 unterstützte die Al Quaida - Organisation LIFG finanziell und logistisch bei Terrorakten gegen die libysche Regierung und Attentaten auf Gaddafi, deren Wirren einen Höhepunkt in einem Massaker an 1200 Gefangenen in Benghasi hatten, dessen Gedenken wiederum eine Schlüsselrolle beim Auftakt der gegenwärtigen Aufstandsbewegung hatte) und danach ... hochrangiger Berater im Dienste BP's, der wg des letztjährigen offenkundigen Deals der britischen Regierung, den Lockerby Attentäter aus Anlaß der Unterzeichnung des BP-Explorationskontraktes mit Libyen freizulassen, schwer angegriffen wurde. Hat er sich nun rehabilitiert? Mit einer bislang unübersehbaren Anzahl toter Libyer, totgeschlagen in einem Aufstand, der am Ende ... was bewirken wird? Richtig! Libysches Öl wird nach Europa fließen. So oder so. Aber das geschah bislang auch. Also? Für eine Handvoll Dollar mehr! Zu BP's Offshore-Bohrungen o o Kommentare (1) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o o öl eu libyen russland Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10794922/af354 1 Kommentar zu "Libyen - EU - Russland" Kommentar schreiben o o Interessantes (Besucher) 2011-03-19 @ 20:12:39 http://de.wikipedia.org/wiki/Libyen#Sozialsystem http://www.hoerstel.ch/hoerstel/News/Eintrage/2011/3/18_USA_lugen%2C_betrugen %2C_morden_-_und_verlieren_am_Ende_doch._Dann_aber_nachhaltig__und_wir_alle_mit_ihnen..html http://www.theintelligence.de/index.php/politik/international-int/2319-unterstuetzungfuer-die-libyschen-rebellen.html http://www.youtube.com/watch?v=gMalMJUr35M&feature o o Auf Kommentar antworten Permalink Sarkozy als Kriegsherr (Reminiszenz) von TomGard Pro @ 2011-03-10 – 17:06:00 In Deutschland ist kaum bekannt, daß der französische Präsident auch in sog. "Friedenszeiten" Oberkommandierender der Streitkräfte ist, ein Arrangement, das ihm erlaubt, an Parlament und Ministerien vorbei "Friedenseinsätze" der Armee und der Fremdenlegionen im ehemaligen Kolonialgebiet anzuordnen bzw. zu legalisieren. Ich persönlich glaube nicht, daß Sarkozy irgend etwas von Belang entscheidet, und sei es in innenpolitischen Angelegenheiten, ohne von seinen oligarchischen Paten, die nicht nur, aber überwiegend amerikanische Belange im Auge haben, grünes Licht erhalten zu haben. Zu offensichtlich ist seine Erpressbarkeit und Verwicklung in mindestens halbseidene Geschäfte. Für umso mächtiger halte ich Sarkozy's persönlichen Blutdurst! Nicht nur, weil das immer so ist, bei solchart Charaktermasken, bei Kadetten, die in die Commodore-Uniform gesteckt werden, sondern weil es dafür Beispiele gibt. Dasjenige, das ich vor zwei Jahren genauer recherchierte, ist wahrscheinlich das unblutigste Beispiel, das ich hätte wählen können, aber ich halte es seiner pitoresken Motive und der Umgebungsvariablen wegen für besonders vielsagend, deshalb hole ich es aus der Versenkung. Es geht um den Fall der französischen 12m - Segelyacht "Tanit", die mit Florent und Chloé Lemaçon, ihrem Kleinkind und einem befreundeten Ehepaar an Bord Anfang April 2009 von fünf somalischen Piraten gekapert und nach wenigen Stunden durch die französische Marine gewaltsam aufgebracht wurde. Florent, der sich als Sicherheit mit den Piraten unter Deck befand, während seine Frau mit dem Kind und das andere Ehepaar "Ausgang" auf Deck erhielten, wurde von den Schützen der Marine zwar ohne Sicht, doch eben deshalb mit voller Absicht getötet. Diese Exekution einer Geisel war zusätzlich pikant, weil Florent und Chloé aktive Pazifisten, romantische Antikapitalisten und erklärte Gegner der französischen Regierung waren, die eine gewisse lokale Prominenz erlangt hatten, bevor sie sich auf ihre "Aussteigerfahrt" begaben, die sie durch den Golf von Aden führte. Ich kommentierte damals einen Blog, dessen Autor die Ermordung Florent Lemacons verleugnete, stattdessen seinen Tod für militaristische Stimmungsmache ausschlachtete, im Zuge einer damals breit angelegten publizistischen Mobilisierung der deutschen Öffentlichkeit für ATALANTA, den Einsatz der deutschen Marine vor Somalia. Originalton des Blogautors: "Die französischen Segler waren blauäugig und scheiterten an ihrer Gutgläubigkeit und vielleicht kann man auch von Dummheit sprechen. Dass dafür ein Mensch sterben musste, ist ebenso bedauerlich und tragisch, wie es unnötig war. Wer immer noch nicht versteht, dass ATALANTA eine Berechtigung besitzt, hat eine ähnliche Sicht wie die Besatzung der TANIT." Mein Kommentar: "Die eigentliche Geschichte der "Tanit" begann vor knapp einem Jahr mit der Entführung der "Ponant", eines dreimastigen Kreuzfahrtseglers mit dreißig gut betuchten Gästen an Bord. Die folgenden Angaben entnahm ich einem TFI-Interview mit einem später befreiten weiblichen Besatzungsmitglied. Das Enterkommando bemühte sich mit Übersteigen der Reeling um Entspannung der Situation. Die Piraten beeilen sich zu versichern, sie seien weder Terroristen noch Freiheitskämpfer, sie wollten Besatzung und Gästen nichts Böses, sie seien "nur Räuber", einzig an Geld interessiert. Weder verletzen noch mißhandeln die Piraten ihre Geiseln, die Zeugin mag trotz mehrfachen Nachfassens des Interviewers nicht einmal von "Bedrohung" reden, abgesehen von der bewaffneten Demonstration der Entschlossenheit. Stattdessen qualifiziert sie das Verhalten der Piraten als "freundschaftlich" (amicale) bis zu der Phase, da die französische Marine zunehmend drohende Präsenz aufbaut und sich die Spannung bemerkbar macht. Alle werden gut versorgt, die Piraten bedienen sich am Bordalkohol, einer fällt über Bord ... Die militärische Operation, an der neben Marineeinheiten auch Geheimdienstkräfte beteiligt sind, liegt nach übereinstimmenden Angaben der Militärs wie der Presse in den Händen der Marineführung, wiewohl in ständiger Rücksprache mit dem politischen Oberkommandierenden der französischen Streitkräfte, Sarkozy ... Sarkozy erhält vom somalischen Obermufti die Freigabe nicht nur somalischer Gewässer, sondern auch des Territoriums für einen Angriff auf die Piraten, die ein lächerliches Lösegeld von 2 (in Worten: zwei) Millionen Dollar (!) fordern und unterdessen küstennah haben ankern lassen. Beauftragt von Sarkozy teilt ihnen die Marine mit, sie werde eine Ausschiffung der Geiseln zum "casus belli" nehmen, erklärt sich jedoch zur Lösegeldzahlung bereit, sofern die Geiseln auf dem Vor- oder Achterdeck offen versammelt und separiert werden. Die "Ponant" wird an die Küste manövriert. Die dann folgenden Ereignisse werden mit einem wortreichen Figaro-Artikel vernebelt. Sicher ist, die Geiseln werden mit Ausnahme des Kapitäns, der als Sicherheit in der Hand der Piraten bleibt, problemlos ausgeschifft. Die Aktion gipfelt in einer Hubschrauberjagd auf einen an Land per Jeep flüchtenden Teil der Piraten, die mit dem Tod einiger, der Gefangennahme anderer und der Wiederbeschaffung des größten Teils des Lösegeldes endet. Der Kapitän bleibt unverletzt. Nicolas Sarkozy läßt sich daheim als Kriegsheld feiern, der dem Rest der Staatenwelt gezeigt habe, wie mit den Piraten zu verfahren sei. Er ruft zu einer Strategie unnachgiebiger Härte auf. Sarkos Stunde schlägt am 2. September, da eine 16m Luxussegelyacht, die "Carré d'As" mit zwei französischen Staatsbürgern an Bord gekapert wird. Die Piraten verlangen eine Million Euro. Nach offenbar gezielten Indiskretionen aus Marinekreisen läßt sich das französische Armee, vertreten durch ihren Generalstabschef, auf keine Verhandlungen ein. Die Angabe wird gestützt, indem Sarkozy später verlauten läßt, man werde sich auf Lösegeldforderungen nicht länger einlassen. Aufgrund der Vorgeschichte darf man annehmen, den Piraten wurde bedeutet, eine Annäherung an die Küste ziehe den Angriff nach sich, jedenfalls bleibt die Yacht mindestens 12 Tage mit der um 6 Piraten vermehrten Besatzung auf hoher See. Trotz dieser offenkundig auf Erschöpfung zielenden Belagerung werden die Geiseln nach eigener Aussage mit Rücksicht behandelt. Nachdem sich die Yacht schließlich langsam der Küste nähert, gibt Sarkozy nach offizieller Verlautbarung des Generalstabes am 15. um 21:15 persönlich den Angriffsbefehl für den nächtlichen Sturm. Die Geiseln und fünf Geiselnehmer fallen unverletzt in die Hände der Armee, ein Pirat wird getötet. Im nun im Falle der "Tanit" eine Geisel vermutlich in französischem Feuer starb, heißt es, die Piraten hätten sich auf keine Verhandlungen eingelassen. Man mag dies glauben oder nicht, nach dem Vorhergegangenen besticht die Angabe durch ihre Belanglosigkeit. Die Marine behauptet weiterhin, sie hätte vergebens den Austausch eine Offiziers gegen die Zivilisten angeboten. Die Angabe ist grotesk. Wer will, schaue sich die Fotos in meinen Referenzen an, ein Austausch konnte in der geschaffenen Situation nur eine Finte sein, eine Angriffssituation zu schaffen. Bemerkenswert scheint mir die Angabe der Marine, während des nächtlichen Angriffs habe sich Chloe mit ihrem Sohn frei auf dem Vordeck befunden, das befreundete Ehepaar in derselben Lage auf dem Achterdeck, während Florent sich als Sicherheit bei den Piraten in der Kabine befand. Solch eine Angabe kann nur der Absicherung der militärischen Verantwortlichen dienen, weil sie unmißverständlich klar stellt, daß Florent von Sarkozy persönlich geopfert und im Auftrag ermordet wurde. Man ließ weder ihm noch den Piraten die geringste illusionäre Chance, unter anderem, indem man in diesem Fall auf die systematische Ermüdung und Verunsicherung der Piraten verzichtete. Als ebenfalls bezeichnend vermerkt ein offenbar aus Insider-Quellen gespeister Bericht, daß bei der Operation, im Unterschied zur Affäre "Ponant", die "GIGN", die auf Geiselbefreiung und andere Interventionen spezialisierte Eingreiftruppe der Gendamerie, außen vor gelassen wurde, denn so konnte Sarkozy ungestört von Beamten des Innenministeriums, das in Friedenszeiten für französische Staatsbürger zuständig ist, als Oberbefehlshaber agieren - kurzum: als Kriegsherr! Mit der Gesinnung von Chloe und Florent hat diese Affäre hoffentlich nicht das Geringste zu tun, denn sollte das tatsächlich anders sein, handelte es sich um eine Art bösartige Gesinnungsjustiz gegen das Ehepaar. Inzwischen erfreuen sich noch über hundert Geiseln aus Überfällen auf große Schiffe von hohem Eigen- und Ladungswert auf somalischem Boden ihrer relativen Gesundheit, viele andere sind freigekauft. Ihr Kommentatoren hier seid entweder zum Schreien naiv, oder ihr seid gleich dem Blogverfasser ein ebenso widerliches Rattengezücht, wie die Piratenhäuptlinge, die sich unterdessen nach solchen Überfällen blitzschnell an Land absetzen und ihrem aus den verschiedensten Gründen verkommenen Fußvolk das Sterben überlassen. Denn im Falle der "Tanit" waren die Toten von allen Seiten kalkuliert und benutzt. Sarkozy ist die Rolle des tragischen Helden ebenso gewiss, wie dem (Blogautor) die Rolle des verantwortungsvoll bellizistischen Gewissenswurms. Quellen (u.a.): http://www.defense.gouv.fr/ema/forces_interarmees/forces_de_presence/ocean_indien/16_09 _08_liberation_du_voilier_carre_d_as (akt.Anm.: dieser link ist tot - kein Wunder, es war die Verlautbarung der Armeeführung, Sarkozy hätte sie in der Befehlskette umgangen und den Feuerbefehl ohne Rücksprache selbst erteilt. Der link blieb wohl zwecks Rückversicherung gegen Bauernopfer- und Sündenbockmanöver eine Weile offen ...) Lepoint.fr, wat.tv, LeFigaro Ergänzung am 12.4.09: Am folgenden faz.net - Artikel kann man einen Unterschied ermessen. Ein amerikanischer Kapitän treibt in der Hand von Piraten in einem Rettungsboot im Golf von Aden. Auch hier gibt es - wie im Falle der Segelyachten - keine Scherereien mit Reedereien und konkurrierenden Souveränen zu befürchten, dennoch schlägt die US-Marine nicht zu. R. Gates hieß die Marine Entführungs-Spezialisten vom FBI hinzuziehen und entschuldigte das damit, daß "das Leben des Kapitäns Vorrang" habe. Anders herum wieder in Deutschland, wo unser Innenminister Unsterblichkeit witterte und die GSG 9 in den Einsatz schickte um mal wieder kraftvoll für die Annalen schlächtern zu lassen - doch die Marine verweigerte! (Quelle) Die GIGN, eigentlich zuständige Spezialeinheit, beschwerte sich damals noch öffentlich über Sarkozys Vorgehen. Die Armee hingegen versuchte später Chloé Lemacon nach ihren Angaben mit einem "offline" - Geständnis ihrer Schuld zu besänftigen und gleichzeitig - eingestandenermaßen mit Geld und einem Job(!!) zu bestechen, das Maul zu halten. Sie lehnte ab. Am 20. Jan. dieses Jahres schrieb sie einen offenen Brief "an alle Einheiten der französischen Spezialtruppen". "Messieurs Ich erlaube mir heute, Sie zu militärischem Ungehorsam aufzurufen. Wie viele Tote wollen Sie noch bis ans Ende Ihrer Tage auf ihr Gewissen laden, bevor sie sich weigern, die Befehle des Herrn Sarkozy auszuführen? Ich habe mit den Männern der Einheit gespochen, die auf Florent schoß, ich habe ihnen in die Augen gesehen und ich habe ihnen verziehen - ich weiß, daß dieser Mann - Sarkozy - das Kainsmal für den Tod Florents trägt. (Orig.: je sais combien cet homme est à jamais marqué par la mort de Florent.) (Anschließend erwähnt Chloé drei weitere zivile Opfer von Spezial-Einsätzen.) Ich weiß heute ganz gewiß, daß im Falle der Erstürmung der TANIT das Leben der Geiseln garnichts zählte, entgegen den verlogenen Schutzbehauptungen, man habe in erster Linie das Leben des Kindes retten wollen. Zumal eine französiche Kugel, obwohl von einem Eliteschützen gefeuert, durch die Verschanzung hindurch das Kind nur um einen halben Meter verfehlt hat. (Es folgt wieder eine Referenz zu Vorkommnissen in Afrika) Die französischen Spezialtruppen (COS), geschaffen von Herrn Mitterrand, sind heute unter dem Kommando eines gewissenlosen und gefährlichen Präsidenten. Denken Sie nach meine Herren, und verweigern Sie im nächsten Fall einer Geiselnahme (denn es wird unglücklicherweise weitere geben) die Befehle von Herrn Sarkozy. (...) Sie werden unter uns viele Unterstützer finden." Nun ist Sarkozy das erste Staatsoberhaupt (!), das vor EU-Offiziellen nach "gezielten Luftschlägen" in Libyen ... geifert. Anders kann man es unter den vorliegenden Umständen nicht sagen, meine ich. Tags: Kommentar schreiben Weitersagen Facebook Twitter E-Mail krieg libyen mordlust sarkozy Sarkozys diplomatische Anerkennung eines "provisorischen Nationalrates" der Aufständischen von TomGard Pro @ 2011-03-10 – 18:26:03 ...(Conseil National de Transition), wie er lt. "Liberation" online in der Verlautbarung genannt wurde, dürfte die europäischen "Partner" in der Tat "verblüfft" haben, wie die Zeitung schreibt, während "DerStandard" sogleich hat wissen wollen, daß der europäische Rat die Demarche zu übernehmen gedenke. Weshalb ich so sicher bin? Nun, weil Sarkozys Alleingang gleichsam "im Paket" sowohl mein Urteil über die harten europäisch-amerikanischen Gegensätze um Libyen bestätigt, als auch meine Meinung über Sarkozy, den ich für eine 100%ige Puppe der neokonservativen Fraktion des US-Kapitals halte. Denn das diplomatische Manöver ist grotesk, lächerlich, hintertreibt nachdrücklich die Bemühungen um eine rasche Beendigung des Bürgerkrieges, fällt aber obendrein den Aufständischen hinterhältig in den Rücken. Der Schlüssel ist die Anerkennung jenes "Nationalrats" als dem "einzigen legitimen Sprecher des libyschen Volkes", also die ausländische Stützung eines Alleinvertretungsanspruches der bewaffneten aufständischen Kräfte. Das ist etwas fundamental anderes, als etwa die Partnerschaft eines Übergangsgremiums in internationalen Bemühungen um die Bereinigung der Lage, oder - einen Schritt weiter - als Übergangsautorität auf einem Sezessionsterritorium. Hat irgend einer von euch je von einem Aufständischen gehört, er wolle die Teilung des Landes? Nee, ne. Gerade der Teil der Aufständischen, der darauf aus ist - ich wette, es gibt ihn, aber ich weiß es so wenig wie ihr - wird niemals ein Sterbenswörtchen in dieser Richtung sagen, sondern die Teilung irgendwann ostentativ widerwillig als Übergangslösung akzeptiert, weil die Lage militärisch nicht zu bereinigen ist. Niemand in der Öffentlichkeit des Westens hat je bestritten, daß Stammesautoritäten und -traditionen in Libyen ein starkes, politisches Gewicht haben, zumal Gaddafi persönlich es ihnen eingeräumt hat, zusammen mit einer Menge administrativer, legislativer und auch budgetärer Hoheit. Nun ist aber der (vorkapitalistische!!) Witz an Stammestradition, -autorität und hoheit, daß sie nur zu einem, und in vielen Fällen sekundären, Bestandteil auf "dinglichen" und also sachlichen Interessen beruhen. Das beginnt bei "territorialen" Fragen. Das Privateigentum ist unter tribaler Autorität oder "Herrschaft" (sie ist hauptsächlich patriarchal, daher die Anführungszeichen) gebunden. Es ist in erster Instanz Familieneigentum und als solches Sippen-, Clans- und Stammeseigentum, das individuell bewirtschaftet wird. Deshalb erlaubt tribales Eigentum den Ausgleich heterogener ökonomischer Verbünde auf Stammesebene, und ist tolerant gegenüber unverbundenen ökonomischen Verbänden auf engem Raum. Umgekehrt fördert tribale Bindung des Eigentums daher die Durchdringung heterogener ökonomischer Interessen und Verbände in den Grenzen, welche das Gefüge der tribalen Verbände ihnen zuweist, indem es den Konflikten Raum und Verlaufsformen auf allen gesellschaftlichen Ebenen in den patriarchalen Instituten gibt. Auch wenn das nicht selten nach westlichen Maßstäben etwas unfriedlich zugehen kann, handelt es sich um ein bewährtes gesellschaftliches Organisationsgefüge. Dieser eine Punkt muß für den Moment zur Charakerisierung genügen (hab keine Zeit mehr), folgendes Argument zu untermauern: Tribale "Interessen" sind etwas durchaus anderes, als bürgerlich - kapitalistische (auch "kleinbürgerliche Interessen" sind allenfalls einbegriffen) und praktisch macht sich das u.a. darin bemerkbar, daß sie wesentlich "flüssiger" und weniger an Fetischen (Geld, Eigentum, Kommando) verdinglicht hängen. Tribale Interessen stehen nicht fest, werden nicht als feste Größen in das tribale Gefüge eingebracht und dort verhanelt, sie entstehen vollgültig erst in diesem Gefüge.. Und deshalb ist eine Anerkennung von Putschisten als provisorische Zentralmacht seitens eines interessierten Auslandes der schlimmste Schlag, den man libyschen Stammesinteressen und ihren Autoritäten versetzen kann, egal, wie sie zu Gaddafi und seinem Revolutionsrat stehen. Ich muß hier abbrechen, nehme das Thema aber wahrscheinlich später wieder auf. o o Kommentare (6) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o o eu frankreich libyen usa Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10802584/bbed6 6 Kommentare zu "Sarkozys diplomatische Anerkennung eines "provisorischen Nationalrates" der Aufständischen" Kommentar schreiben Subkommentare ausblenden o o j-ap (Besucher) 2011-03-10 @ 19:44:07 Lieber Thomas, so sehr mich Deine Artikel über Lybien interessieren (wobei ich allerdings gestehen muß, daß ich bisweilen darin die einigermaßen komische Tendenz zur nur mehr bloßen Länder- und Völkerkundlerei erkenne), so sehr muß ich auch sagen, daß ich zunehmend befremdet bin von der Art und Weise, WIE Du die Sache hier aufziehst. Das fing beim ich glaube vorvorletzten Artikel an. Da habe ich mich nämlich ernsthaft gefragt, ob ich nun mir oder Dir ans Hirn fassen soll, als ich las, daß Du allen Ernstes eine Opposition aufmachst zwischen »Volkseigentum« (als sei soetwas auch nur die Möglichkeit!) hier und dessen Ausplünderung durch Deklaration zum »Privateigentum« da. Bitte, erkläre mir mal, was »Volkseigentum« sein soll. Ich kapier's nämlich einfach nicht, wie jemand sich so sehr und so fein in die Analyse begeben kann wie Du und diese sehr richtigen Anmerkungen dann partout vor die Hunde gehen läßt durchs bewußte Aufsitzen auf die falsche Kategorie »Volk«. Um zu verdeutlichen, welche Schwierigkeiten ich damit habe, muß ich mich noch nicht einmal auf die Ebene der Phänomene begeben, sondern kann ganz konkret bleiben: Dem libyischen Proletarier kann's nämlich völlig wurscht sein, ob seine sozialen Interessen nun von einem Ölkartell nach dem Muster bürgerlichrechtsförmigen Privateigentums enteignet werden oder von einem submissen Apparat des Zwangskollektivs namens Nation, das dann »Volkseigentum« verwalten soll. Beide Male geht er leer aus, und was noch schlimmer ist: die Opposition »Volk« hier und »Privat« da erklärt überhaupt nichts, sondern legt nur auf andere Weise auseinander, wie die Herrschaft immer fein raus sein kann. Das ist der Zylinder, aus dem Du Deine Apologie ziehst, Thomas. Dich interessiert der empirisch-sinnliche Mensch (hier: der in Libyen) genausowenig wie den CEO von BP oder den Generaldirektor der Volksvermögensverwaltungsagentur. Reichtum heißt: Zwecküberschuß, der allgemein genußfähig angeeignet werden kann. In der bürgerlichen Rechtsform ist das nicht zu haben, auch wenn es so aussieht, »als ob«, weil der Reichtum eben nur: »erscheinen«, will sagen in seiner völlig verkehrten Form daherkommen kann, nämlich in der Form der Ware, d.h. des Ausschlusses aller durch alle von eben diesem allgemein aneigenbaren Reichtum. »Volkseigentum« ist kein Gran besser, weil ihm die Bestimmung vorausgehen muß, wer zum Volk gehört und wer nicht. Der Zufall wollte es nämlich, daß jemand, der fünf Meter hinter der libyschen Grenze haust, nicht mehr zum Kollektiv derer gehört, denen zB die Erträgnisse aus dem Ölfeld zufließen sollen. Woher kommt diese Differenz? Seit wann aber soll die Akzidenz entscheiden darüber, wer »berechtigt« ist, Reichtum anzueignen und wer nicht? Das ist Bullshit, Thomas. Das weißt Du auch. Deshalb versthe ich's nicht, wie Du Dich auf so einen Budenzauber einlassen kannst. Dasselbe könnte ich un auch noch fürs tribale Eigentum wiederholen, das spare ich mir aber. Grüße Josef — Nachsatz: Wie Du weißt, bin ich seit Jahren in der »Branche« unterwegs, aber ich habe noch nie und noch nirgendwo gehört und gesehen, daß Öl auf Swapmärkten gehandelt werden würde, ob nun Brent oder WTI oder welches auch immer. o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-03-10 @ 20:42:42 Hallo Josef, zwei kurze, provisorische Antworten. 1) Öl wurde vor etlichen Jahren technisch auf Swap-Märkten gehandelt. Mag wohl sein, es heißt heute anders, aber die Funktion muß nach wie vor erfüllt werden, und davon spricht der Link, den ich zur Referenz setzte: Wenn irgendwo Lieferausfälle sind oder auch nur drohen - und die max. 1,6 Mio barrel Libyens sind eben kein Pappenstiel - dann werden Optionen auf echte Zusatzmengen gehandelt, die verbrauchernah zur Verfügung stehen, und das ist nun mal für den hier betroffenen europäischen Markt das Nordseeöl. 2) Ich bestehe nicht auf dem Begriff "Volkseigentum", korrekt wäre "Nationalreichtum". Nimm's als Ungeschicklichkeit im Zeitdruck, die ich in Kauf nahm, weil in diesem Fall der Begriff Volkseigentum durchaus eine Wahrheit hat. Die libysche Bevölkerung hat infolge der geographisch / geologisch / historischen Gegebenheiten keine andere Revenue, als die Öleinkünfte resp. die Alimente, die sie aus der Kapitalisierung der akkumulierten Öleinnahmen bezieht. Da also z.b. die 50 Mrd. des "libyschen Nationalfonds", die in europäischen Assets aller Art - viele diversifizierte Beteiligungen - angelegt sind, nun inaktiviert wurden, mit unklaren Folgen für das Volumen, ist das ungefähr dasselbe, als würden die Amerikaner hergehen und die Anlagen deutscher Rentenfonds in den USA "einfrieren" und drohen, sie zu konfiszieren. Insofern ist es korrekt, von einem "Volksvermögen" zu reden, daß da zueinem unbekannten Anteil enteignet wird. o Auf Kommentar antworten Permalink TomGard Pro 2011-03-11 @ 13:00:21 Nochmal hallo, josef, nun bin ich noch neugierig, wie Du hierauf gekommen bist: "Reichtum heißt: Zwecküberschuß, der allgemein genußfähig angeeignet werden kann." Unter anderem deshalb, weil die Sentenz maximal, nämlich dreifach paradox ist, in Subjekt, Prädikat und Attribut. Mehr geht nicht. Das Subjekt: "Zwecküberschuß" ist ein Widerspruch in sich - entweder ist die Sache zweckmäßig (praktisch) oder zweckbestimmt (theoretisch), dann läßt sie keinen "Überschuß" zu - oder eben nicht. Sprachhistorisch ist der ZÜ - vermute ich! - ein Wolpertinger, den "Kommunikationstheorie" aus der Schematik und unaufgelösten Widersprüchlichkeit der Zeichen- und Sprachtheorie de Saussures und Ch.S.Peirce "gewonnen" hat. Begreift man nämlich nicht die "doppelte Bestimmung" (im hegelschen Sinn) des Zeichens als Signifikat und Signifikant (de Saussure gab sie zugunsten des "Sème" auf, heute auch "Denotat"), geht auch bei "langue" und "parole" alles kreuz und Rüben. Die Folge sind die berüchtigten "Ebenen des Sprechens" im Sinne der Peirce'schen Gliederung der Zeichen in Index, Icon und Symbol, Bühlers emotioalem, appellativem und referentiellem Sprechen, Jacobsons Ergänzung um Metasprache, Phatik und Poetik und das alles schließlich zusammengemanscht im Foucault'schen "discurs", aus dem man dann die ganze Welt zaubern kann, nachdem man sie theoretisch hinein geschissen hat ... Okay, Polemik beiseite: Die Folge ist eine fälschliche Objektivierung der intersubjektiven Phänomenologie des Sprechens, in der die Zwecke des Sprechhandelns nach Bedarf entweder den Sprechenden, oder "der Sprache", die "Sprachsystem" (discours, lexika, grammatik), oder - für die ganz, ganz "Schlauen" - beidem zugesprochen werden kann, unter ständiger interessierter Verwechslung und Vertauschung von Zweck, Mittel und Resultat des Sprechens. Zweck der Ideologie (unter anderem): Eine theoretisch hermetische Schranke zwischen Reden und Handeln zu errichten, die bloß arbiträr durchbrochen werden kann ...von berufener Seite versteht sich ... Dann, ja dann kann von einem "Zwecküberschuß des Sprechens" gefaselt werden ... Soviel zum Urspung - soweit ich ihn mir reime. Das Prädikat: Aneignung eines ZÜ ist die nächste Paradoxie - ja, verflucht, entweder ist ein Zweck "eigen" oder er ist "uneigen". Und ein Überschuß - dies der halbe Widerspruch, der noch die Käsesahne bildet - ist keiner mehr, ist er angeeignet. Wenn die Aneignung also zum Zweck des Überschusses - was immer er sein mag - dazu gehört, WAR es folglich kein Überschuß. Dennoch liegt hier der "Witz" dessentwegen ich überhaupt darauf eingehe. Die Käuferseele beharrt in der Alltagsideologie darauf, "Reichtum" zu objektivieren und zu verdinglichen, statt ihn im GEGENSTÄNDLICHEN!! Bedürfnis selbst zu erkennen . Warum? Na, weil er die Trennung der Bedürfnisse von ihren Gegenständen, wie sie die Waren- und Wertproduktion historisch herstellt, für die Natur des Zusammenhanges ausgeben will. Da hinein schlägt Dein "Zwecküberschuß" eine Bresche. Nimmt man den Wolpertinger so rationell, wie's eben geht, bleibt er ein subjektiver Begriff von Reichtum. Der allerdings im Prädikat "aneignen" polemisch aufgehoben, also vernichtet wird. Wg Zeichenbegrenzung laß ich das dritte Paradox, das Attribut "genußfähig" beiseite, die Dekonstruktion ergibt sich logisch aus dem obenstehenden. Aber nun sag, wo hast Du den "Schmonzes" her? Eigengewächs? Oder wo wächst sowas sonst noch. liebe Grüße Tom o o Auf Kommentar antworten Permalink j-ap (Besucher) 2011-03-11 @ 19:37:29 Hallo Thomas, ich gehe mal von unten, von Deinem letzten Kommentar, nach oben durch. 1. »Reichtum« Das 'Gewächs' ist tatsächlich ein selbstgezogenes von mir, und ich will gerne verdeutlichen, was ich damit meine — sei mir aber bitte nicht bös', wenn ich dabei und im folgenden Deinen fein gestanzten Philologismus beiseite lasse. »Reichtum« ist seinem Begriff nach (und, nebenbei gesagt, dort, wo er nicht als »wealth of nations« auftritt) als Überschuß über die bloße biologische Reproduktion der Existenz gesetzt. Anders formuliert ist Reichtum das, was Menschen von Ameisen, Nasenbären und Kolibris; was sie von bloßer Natur und Gattungsexemplaren abhebt. Reichtum impliziert mit Marx zu sprechen »disposable time«, ihn auch frei zu genießen, ohne damit der bloßen Subsistenz zu unterfallen. Nahrung, sauberes Wasser, Kleidung, Obdach — das sind Dinge, die ich nicht (oder nur unter bestimmten Bedingungen; nennen wir die mal hochtrabend 'Subsistenzexkursion') unter Reichtum fassen würde, weil sie ihrem Grunde nach nichts mit Genuß zu tun haben. Reichtum ist, und jetzt bin ich wieder bei meiner Formulierung, allgemeine und freie Aneignung nach Bedürfnis; in anderen Worten: freie Assoziation. Deshalb kann es nach meinem Verständnis innerhalb des so verstandenen Reichtumsbegriffs keinen Platz geben zB für die (Lohn-) Arbeit. 2. »Nationalreichtum« Vielleicht hättest Du verdeutlichen sollen, daß Dir der Widersinn, der darin liegt, bewußt ist, dann hätte ich Dich nämlich nicht so ohne weiteres mißverstehen können, Thomas. Der Widersinn liegt darin, daß es nichts helfen würde, eine freie Assoziation — also Kommunismus — in einem Land realisieren zu wollen, denn selbst wenn innerhalb sagen wir Libyens Herrschaft und Ausbeutung aufhörten wäre man im Weltmaßstab gezwungen, wieder zur kapitalistischen Reproduktion zurückzukehren, weil der Reichtum, der auf diese Weise anfallen würde, im Außenverhältnis doch wieder nur in die Form der kapitalistischen Ware anzunehmen hätte. Vielleicht können wir uns ja darauf einigen: Wo Staat, da Kapital. Das ist auch in Libyen nicht anders, wie sollte es auch sein. 3. Swaps Glaub's mir bitte: Öl wird nicht auf Swap-Märkten gehandelt. Das ist schon deshalb nicht möglich, weil Swaps 'technisch' gesehen überhaupt nicht gehandelt werden können, sondern erst 'synthetisiert' werden müssen (zumeist über stripped bonds), um fungibel zu werden. Swaps sind kontinuierliche (Re-)Finanzierungsinstrumente (ihr Gegenstand sind also Zahlungsströme!) und keine Warenterminkontrakte. Deshalb wird Öl entweder über Futures, meistens aber, gerade von den Ölproduzenten, über Forwards gehandelt. Swaps kommen da allenfalls bei den Intermediären ins Spiel, die eben diese Geschäfte auf dem Kapitalmarkt abwickeln, also zB Banken, aber selbst die verwenden dazu in erster Linie Repos und keine Swaps (das hängt mit der Marktstruktur zusammen). Gruß Josef o o o o Auf Kommentar antworten Permalink j-ap (Besucher) 2011-03-11 @ 22:54:26 Übrigens und mal nebenher bemerkt: Du kennst Dich mit Libyen aus und erhellst die Hintergründe dazu sehr eindrücklich. Aber die schon erwähnte Länderkundlerei hält Dich — übrigens genau wie die großen Publikumsorgane — davon ab, das Big Picture in den Blick zu bekommen. Für das sind nämlich die Vorgänge in Libyen schlichtweg irrelevant, Ölpreis hin, Bürgerkrieg her. Einsprungpunkt ist, wie in letzter Zeit so häufig, bei STRATFOR nachzulesen: http://www.stratfor.com/weekly/20110307-bahrain-and-battle-between-iran-andsaudi-arabia o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-03-12 @ 09:20:10 Lieber Josef, ich kenne den Stratfor-Artikel und halte ihn für ein archetypisches Beispiel einer Ablenkungs- und Hinführungspropaganda an die Adresse von selbsternannten "Durchblickern" aus dem Spektrum amerikanischer Ultranationalisten. Ich will dazu auch erwähnen, daß ich genug von George Friedman gelesen habe, um mir einzubilden, unterscheiden zu können, ob er glaubt, Medizin unter die Leut zu bringen, oder versucht, gefärbtes Wasser zu verkaufen - denn ich will ihn nicht generell als Quelle desavouieren. Die Desinformation beginnt damit, daß Friedman die libyschen Ereignissen genau so herunterzuspielen sucht, daß er dabei den provinzellen Blick des amerikanischen Nationalisten auf die Welt bedient, dessen Focus bekanntlich stets der eigene Nabel ist. Saudi-Arabien, Irak und der Golf sind "unser", lautet die Perspektive, und um Libyen aus der auch noch heraus zu nehmen, verleugnet Friedman die Erkenntnisse des eigenen Ladens, die besagen, daß Teile der ägyptischen Armee kräftig in die libyschen Vorgänge verwickelt seien, bis hin zu ägyptischen Kampftruppen, die jenseits der Grenze operieren sollen (Apropos: Was hatte wohl die Kampfgruppe der SAS heimlich im libyschen Osten zu besorgen?) Ich muß mich jetzt auf die gröbsten Inkonsistenzen beschränken und lege deshalb das Gewicht auf einen allgemeinen Punkt: Friedmans Artikel lebt zu 99,8% von der Gleichsetzung schiitischen Glaubens mit einer Zugehörigkeit zu, oder doch mindestens Affinität für iranische Regionalmachtsambitionen, die zu diesem Zwecke obendrein grotesk aufgebläht werden. Das aktuell beste Beispiel für diese Aufblähung, das ich kenne, ist der im Oktober letzten Jahres erschienene, auf die "War LOGs" gegründete Artikel der NYT über iranische Verwicklungen in den irakischen Bürgerkrieg. http://www.nytimes.com/2010/10/23/world/middleeast/23iran.html Unter anderem darauf aus, die seinerzeitigen Lügen der Bush-Propaganda, die einen atomaren Militärschlag gegen den Iran vorbereiten sollten, zu einer wiederverwendbaren "Substanz" zu destillieren, die Friedman im vorliegenden Fall mitbenutzt, dokumentiert er auf geradezu "herzzerreißende" Weise den defensiven Charakter dieser Verwicklung, die zu nichts anderem getaugt hat, als die Verbindungen, Allianzen und wechselseitigen Verpflichtungen, die es in der schiitischen Nachbarbevölkerung beider Staaten naturgemäß gibt, nicht verkommen zu lassen und, soweit mit geringem Aufwand/ möglichen Schadensfällen machbar, zu pflegen. Und zwar mit besonderer - im Artikel immer wieder aufscheinender - Rücksicht auf ... Hezbollah! Denn die Hezbollah ist ein unverzichtbarer Pfeiler in den iranischen Defensivmaßnahmen gegen die Isolation und Einkreisung. Besonders mit Blick auf Syrien! Wozu predige ich, man möge Al Assad zuhören?! Der Mann sagt doch fast im Klartext, daß die Lage der Palästinenser in Israel, dem Libanon und in Jordanien es ihm völlig verunmöglicht, sich nach eigenem Gutdünken zu iranischen Interessen zu verhalten. Die schiitische Bevölkerung der Golfstaaten und Saudi Arabiens ist keine "5. Kolonne" des Irans. Und auf der buchstäblich anderen, afrikanischen Seite ist die Gefährdung des saudischen Königshauses durch die arabischen Revolten, die von Kräften in der ägyptischen Armee ausgenutzt werden wollen, auch mit Seitenblicken auf das Saudische Königshaus, durchaus nicht minimal, was schlüssig darin zum Ausdruck kommt, daß SA sich blitzartig zum Wortführer der arabischen Liga in Sachen militärischer Drohungen gegen die libysche Revolution machte nicht etwa Ägypten ... (Allerdings braucht man nur die Armeen Libyens und SA vergleichen, mit Blick auf die Bevölkerungszahl und vor allem mit Blick auf die zivile Verwurzelung der Armeeestrukturen, um zu dem Schluß zu kommen, daß die Gefährdung auch nicht übermäßig virulent sein dürfte) Unterm Strich bleibt, daß das amerikanische Interesse an Libyen vor allem in den Chancen und Gelegenheiten zu sehen ist, Europa politisch und ökonomisch zu schwächen, ökonomisch vor allem mit Blick auf die wachsende Bedeutung europäischer und asiatischer Märkte füreinander . Dieses Desinteresse galt es dem militante amerikanischen Nationalismus beizubiegen, und dazu taugt derzeit nichts besser, als die Kästchen mit den iranischen Springteufelchen zu bedienen. Auf Kommentar antworten Permalink Eine überaus "konstruktive" Kritik an der US-Folterpraxis... von TomGard Pro @ 2011-03-14 – 17:23:04 hatte sich vergangenen Freitag P.J. Crowley, Sprecher des US-Außenministeriums erlaubt. Er nannte die Haftbedingungen Bradley Mannings, eines Whistle-Blowers der US-Armee, der seit 10 Monaten unter "schärfsten Haftbedingungen" in Untersuchungshaft; gehalten wird, ohne daß auch nur ein Termin für den Abschluß der Voruntersuchung genannt worden wäre, "lächerlich, dumm, und kontraproduktiv". In der Tat, aus der Sicht eines Diplomaten kann es wohl kein anderes Urteil geben: o o o o Amnesty International hatte die Haftbedingungen sehr vorsichtig "übermäßig hart" und einen "Akt der Bestrafung" genannt. Weiter hatte AI das britische Außenministerium mit der Aufforderung in Verlegenheit gebracht, pflichtgemäß zugunsten Mannings in Washington zu intervenieren, da der US-Soldat auch die britische Staatsbürgerschaft habe. Die UN hatte im Dezember eine Untersuchung eingeleitet, ob die Behandlung Mannings die Grenzen einer Folter berühre oder gar überschreite. Ein nicht zu vernachlässigender Teil der internationalen Öffentlichkeit sieht den Tatbestand der Folter im Falle Mannings erfüllt. Doch am Sonntag gab P.J. Crowley seinen "Rücktritt" auf eine Weise bekannt, die keinen Zweifel daran ließ, daß er gefeuert wurde. Für ehemalige Obama - Fans gibt es ergänzende Infos zur Geschichte des Verhältnisses, das er zu Kritik aus den eigenen Reihen im Allgemeinen und WhistleBlowing im Besonderen eingenommen hatte, hier. Wie immer kommt es bei solchen Geschichten auf den Zeitpunkt und die "Performance" an. Ein Zusammenhang mit Obamas offiziellem Bruch seines Wahlversprechens, das von Bush in den USA verhängte Kriegsrecht mindestens zu mildern, und in diesem Rahmen das hoch symbolische Guantanamo - KZ zu schließen, ist wohl kaum von der Hand zu weisen. Aber es gibt wesentlich praktischere Motive für diese offizielle Hinwendung zu einer Politik und Attitüde, die das "White House" gewisse Züge eines Kreml oder Führerhauptquartiers annehmen läßt. Die Enthüllungen über geheime US-OP's bei Freund und Feind, über Korruption in gigantischem und abscheulichen Maßstab (Verwicklung in Kinderprostitution), Gerüchte über Verwicklungen in Terrorakte zur politischen Destabilisierung von Staaten und ganzen Regionen, häuften und verdichteten sich in den vergangenen zwei Jahren. Es wäre sicherlich unsachgemäß, die erwiesenen Verstöße, Rechtsbrüche und -beugungen und das, was zusätzlich zu Tage kommen wird, allein oder auch nur vornehmlich dem Oval Office anzulasten. Doch der ziemlich offenkundige Umstand, daß zahlreiche Mitarbeiter und Abteilungen der Geheimdienste, des Pentagon und des State Department, auf die der Stab des Weißen Hauses mindestens zu erheblichen Teilen angewiesen ist, außer Kontrolle sind, daß zahlreiche US-Institutionen Politik längst als "ihr Geschäft im Ausland" betreiben, oft an der Regierung vorbei und auch gegen sie, die geht zu Lasten Obamas. (Ich werde über diese Verhältnisse und Vorkommnisse berichten, aber wahrscheinlich nicht mehr an diesem Ort) Die Folge: Eine Dynamik der "Vorwärtsverteidigung" nach innen, welche die Angriffspläne, die inneren wie äußeren, und die Weise ihrer Planung und Durchführung in beträchtlichem Maße prägen muß. Obama hatte sich, das glaube ich all dem, was ich weiß, sicher entnehmen zu können, ernstlich vorgenommen, "Amerika" von dem eingeschlagenen Weg, der unweigerlich in eine kapitale Überlastung und Überziehung des hegemonialen Status münden mußte, in "ruhigere Gewässer" zu führen. Es zeigt sich, daß er dazu außerstande ist, "Amerika" und sein militärisch-industrieller Komplex fraßen ihn mit Haut und Haaren. Das ist bei allen aktuellen Analysen zu beachten. o o Kommentare (3) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o manning obama usa Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10825741/3cf35 3 Kommentare zu "Eine überaus "konstruktive" Kritik an der US-Folterpraxis..." Kommentar schreiben o o j-ap (Besucher) 2011-03-14 @ 20:13:38 Apropos »Kritik aus den eigenen Reihen«: http://www.tnr.com/article/world/85098/obama-libya-policy-qaddafidisgrace?id=6wtv/ew5oOb5dpUQtWjuNCLmb2PtjmY9vloMoLmY4ETfYlHLJC3W wiAjmhZq0cwQ o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-03-14 @ 21:42:07 Na, wenn es denn sein soll Wie John Kerry seinen Appell für ein Bombardement Libyens begründet: "Bisher haben Gaddafis Truppen ihre Luftmacht selektiv eingesetzt. Doch Gaddafi ist raffiniert. Ich fürchte, dass er sich entweder entschieden hat, die Opposition auszubluten, oder abwartet, bis die Welt ihre fehlende Bereitschaft zum Handeln unter Beweis stellt - und dann vielleicht beginnt, Zivilisten in großer Zahl zu töten. Wir dürfen nicht warten, bis es dazu kommt, sondern müssen, um für den Fall des Falles vorbereitet zu sein, umgehend konkrete Schritte für die Durchsetzung einer Flugverbotszone setzen." ( http://derstandard.at/1297820386645/John-Kerry-Flugverbotszone-ist-ein-Gebot-derStunde ) o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-03-19 @ 14:22:17 präzise Untermauerungen meiner Skizze von zwei prominenten drei US-Journalisten darunter Daniel Ellsberg: http://www.theatlantic.com/national/archive/2011/03/the-american-president/72398/ http://balkin.blogspot.com/2011/03/bradley-manning-barack-obama-and.html o o Auf Kommentar antworten Permalink Muammar wird nicht sterben von TomGard Pro @ 2011-03-20 – 21:51:41 Ich bin krank - nicht dauerhaft vermutlich - und hab's satt. Ich schreibe mit diesem Blog gegen fortschreitend extreme Formen der Irrationalität an, die mehr als "vernünftig" geltende Menschen erfasst hat, als ich mir vor wenigen Jahren noch träumen ließ. Mir geht es nicht um ein Revival desjenigen bürgerlichen "Rationalismus", der neben den materiellen Quellen dieser Irrationalität eine jahrtausende alte geistesgeschichtliche Quelle darstellt. Stattdessen eher- um es ganz einfach zu sagen - um eine Demonstration der Erfahrung, daß "selber denken" fett macht, ja, vielleicht sogar in all dem Elend seine lustvollen Momente hat, die in diesem Denken selbst wurzeln und der Nährung aus einem elitären Bewußtsein, das mancher daraus ableiten mag, nicht bedürfen. Naja, was red ich. Gestern hab ich Jana prophezeit, daß Gaddafi mit der allgemeinen Volksbewaffnung auf die entstandene Lage antworten wird. So verrückt der Mann ist, hat diese Reaktion nicht auch immer noch Charme? Das Verrückte an dieser Maßnahme besteht darin, daß Gaddafi noch immer nicht davon lassen kann, die Kategorie "Volk" als das zu nehmen, als was die Alliierten sie nun so klar demontieren, wie es nur geht. "Volk". das sind nicht iwie "Menschen", die ein Leben organisieren, oder denen eins organisiert wird. Es ist das sklavische Menschenmaterial, das ein Staatswesen sich mit Waffengewalt erwählt, und alles, was auf dem mehr oder weniger blutig abgesteckten Territorium - man kann auch "Claim" sagen - fleucht, das von dieser Wahl ausgeschlossen wurde, ist des Todes unrettbar. Auf die eine oder andere Weise. Die einzige "Chance" eines "Individuums", das ein Mensch dann im Verhältnis zum Staat ist, besteht darin, das eigne Dasein zum Bestandteil der gespenstischen Lebensprozesse der Abstrakta von Gewalt und Geschäft, von Privateigentum und Recht, von Lohnarbeit, Kapital, Profit, kurz zur abhängigen Variablen und zum Inventar staatlicher Revenuequellen zu machen. Solang es die halt gibt, weil sie für tauglich befunden wurden. Nun ist der libysche Staat gleich als Ganzes für untauglich befunden worden. Er ist per UN-Beschluß für nichtig erklärt worden, Libyen ist staatsfreie Zone, in der erst wieder eine Sklavenhaltermacht und Hoheit über die anderen Reichtumsquellen errichtet werden soll. Damit gibt es natürlich kein "libysches Volk" mehr, sondern ein Menschengezücht, das zur Re-Sortierung ansteht und also zur Schlachtung frei gegeben ist, wenn es sich ihr widersetzt. Nehmt zur Verdeutlichung das Gestottere und Getobere vom Erdogan. Er verlangt allen Ernstes, Gaddafi solle einen Übergangs-"Präsidenten" benennen, und sich dann dem Exekutionskommando stellen. So, als ginge es nur darum, Gaddafi und sein Geschlecht, sowie seine Vertrauten nach dem Wunsch der Londoner "Sun" "an den Laternen baumeln zu sehen". Gleichzeitig betont jede Koalitionveröffentlichung, es gehe nicht darum, Gaddafi zu töten. Ja, was denn nun? Was denn wohl dann? Kurzer Einschub: Eben diesen Aberwitz, daß die Abwicklung des libyschen Staatswesens per Beschluß und symbolischer Massenschlachtung kein recht "fassbares" Ziel und Anliegen abgibt, nutzt in diesem Moment der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, um die Hatz auf die Obama - Administration, die ich als ein Ziel der Verschwörung vermutete, zu beginnen. Wozu sollten die militärischen Maßnahmen taugen, und was sei ihr politisches Ziel, soll Obama dem "amerikanischen Volk" erklären. Das kann der natürlich nicht. Es gibt kein politisches Ziel mehr, das ist erreicht: Die Vernichtung eines Staatswesens und die Schaffung einer staatsfreien Zone mit allerlei stofflichem Reichtum, der in Ressourcen der Konkurrenz umgewandelt werden kann und soll, wozu es das Dasein und die Ausbeutung indigener Affen nicht bedarf. Aus der Ölquelle mit angeschlossenem "Volk" wurde eine zukünftige Ölquelle mit mehrheitlich überflüssigem Personal. Folglich geht es tatsächlich iwie nicht darum, Gaddafi öffentlich zu killen, aber es geht zugleich ausschließlich darum - das hat der Erdogan gemerkt, und kommt mit diesem Wahnsinn nicht klar. Fast verständlich, nicht? Und Muammar? Muammar hat sich in seinem erkrankten und doch noch immer kreuzrationell arbeitenden Verstand gedacht, daß die Volksbewaffnung doch bitteschön genau das ist, was von ihm offiziell gefordert war. Als eine Art männliche Wüstenginny erfüllt er den Wunsch: Die Armee ist mit der Volksbewaffnung abgewickelt. Es gibt sie nicht mehr, es sind bloß noch bewaffnete Leut. Und auch Muammar ist kein "Revolutionsführer" mehr, der Revolutionsrat, der, wenn alles etwas rationeller gelaufen wäre, zur Abwicklung durch Gaddafis Sohn Saif angestanden hatte, ist keiner mehr, Muammar ist nur noch Privatmann. Aber es nützt ihm nichts, siehe oben. Das "Volk", auf das Muammar sich mit dessen Bewaffnung beruft, gibt es nach der gewalttätigen Definitionshoheit der Koalitionstruppen nicht mehr, und die haben die Mittel, diese Hoheit auszuüben. Haben sie? Ja, selbstverständlich! Zweifel daran beschied heute ein Pentagonsprecher mit der Auskunft, die Luftschläge seien selbstverständlich nur eine "erste Phase". Später werde man überwiegend Drohnen einsetzen. Das ist die Antwort, die in Afghanistan und Pakistan so vielfach erprobt ist. Wer zukünfig in Libyen eine Waffe in der Hand hält, die zu haben er nicht von den Koalitionstruppen autorisiert ist, ist ein "Terrorist". Als hätte Gaddafi nie eine Zeile über die Vorgänge in Afghanistan gelesen, griff er zu einer "List", die voraussichtlich zur Folge haben wird, daß Bewohner Westlibyens, die keine Funktion auf den Schirmen der Koalitionstruppen haben, und auch nicht gen Osten oder sonstwohin fliehen, in erster Instanz als "Aufständische", "Kombattanten", "Terroristen" einsortiert werden. Es sei denn, sie finden die Gnade eines örtlichen Kommandeurs, der, von den Koalitionstruppen dazu autorisiert, ihmem das Weiterleben erlaubt, weil er irgend eine Verwendung für sie hat, zum Beispiel, sich auf die eine oder andere Weise "ficken" zu lassen. Ab heute sind mindestens zwei Mio Libyer todgeweiht, prophezeihe ich euch, wenn das auch natürlich nicht die Formen archaischer Massaker annehmen wird, wie im amerikanischen Westen oder im Projekt "judenfreies Deutschland". In Libyien wird man einen Testlauf für ein in Afghanistan / Pakistan lang anvisiertes Ziel vornehmen. Eine ganze Region von aller nicht autorisierten Bevölkerung räumen, bzw. die Eingeborenen ausdünnen, bis sie kein lebensfähiges soziales Gefüge mehr zu bilden imstande sind. Deportierenm, wie einst die Stämme Nordamerikas, wird man sie gewiß nicht, sie müssen iwie "verschwinden". Der Hindukusch soll "frei" werden, frei auch von afghanischen und pakistanischen Nationalinteressen, die dort nichts zu schaffen haben, wenn die Rohstoffe Zentralasiens über das zukünftige US-Protektorat Belutschistan abtransportiert werden - ich stellte euch diese Vision, die nicht ich erfunden habe, in diesem Blog schon zweimal, geäußert aus berufenem Munde, vor. Doch Muammar wird nicht sterben. Er ist nicht zum ersten Mal verschwunden, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt. Er hatte es satt, unwillentlich als König und Potentat benutzt zu werden, er tauchte mithilfe eines Stammesbruders wochenlang in den unendlichen Wüsten Algeriens unter. Er wird auch nicht das Schicksal BenLadens teilen als Gespenst der Koalitionstruppen durch Afrika geistern zu müssen. Die Erinnerung an Muammar, wird das "Volk", von dem er nicht lassen mag, nicht wiederbeleben und auch nicht als Narrativ am Leben halten, so wenig, wie man sich Tashunka Witko's als eines Häuptlings und Heerführers erinnert. Hoffe ich. Aber man wird sich erinnern. Das ist meine Irrationalität - jedenfalls bei 38,5° Fieber *grins*. o o Kommentare (11) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o gaddafi libyen Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10863699/960c2 11 Kommentare zu "Muammar wird nicht sterben" Kommentar schreiben Subkommentare ausblenden o j-ap (Besucher) o 2011-03-21 @ 00:08:08 Ich bin mir zwar nicht sicher, ob Du mir diesen Kommentar im wahrsten Wortsinn »durchgehen« lassen wirst, ich schreibe ihn aber trotzdem einmal: Lieber Thomas, obwohl ich Dir von wegen der Grippe selbstredend eine baldige Genesung wünsche, hoffe ich gleichwohl, daß dieser Text von Dir dem Fieber geschuldet ist, ansonsten Du nämlich einen sehr regelmäßigen Leser Deines Journals streichen kannst, denn meine Wenigkeit weiß nun endgültig nicht mehr, ob all das, was ich Dir des langen und breiten hier und anderswo jemals geschrieben habe, nicht doch für die Katz' gewesen sein könnte, wenn bei Dir am langen Ende und wenn's drauf ankäme eben wieder nichts anderes herauskommt als das Lob der Nation, den Frieden mit dem Stamm und dem Charme der Volksbewaffnung. Du siehst mich ratlos. o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-03-21 @ 12:08:18 Nanu, Josef, wo Du hier ein Lob der Nation entdeckt hast, mußt Du mir erklären. Laß mich raten: Bezieht sich Dein schrecklicher Verdacht *kicher* auf folgenden Absatz? "Das "Volk", auf das Muammar sich mit dessen Bewaffnung beruft, gibt es nach der gewalttätigen Definitionshoheit der Koalitionstruppen nicht mehr, und die haben die Mittel, diese Hoheit auszuüben." Falls ja, mein Lieber, handelt es sich um das alte Problem, daß Du mit Deinem theologisch eingehegten Verstand eine Realabstraktion nicht zu fassen kriegst. Du hältst sie entweder für die Erscheinung selbst - in diesem Fall das Staatswesen im organisatorisch-technischen Sinn - oder für eine Halluzination, und leider ist beides verkehrt, die Realabstraktion ist der Gehalt und die Performance des Bewußtseins von Individuen, kurz also: ihr Dasein. Am Klarsten könnte das eigentlich anhand der Realabstraktion "Geld" werden. Offenkundig ist es nicht das "Gemeinwesen" der Bürger, und doch zeigte die Analyse, es ist präzise das GEmeinwesen von Bürgern, präzise, weil sie über kein anderes verfügen . Die VERFÜGUNG ist der Witz, Josef. Ein Gemeinwesen ist nichts, was ein Mensch erleiden kann, dem er bloß unterworfen sein kann - dann ist es halt keins, sondern allenfalls ein INSTITUT eines Solchen. Geld - auch darin erscheint wieder die doppelte Vermittlung der "Realabstraktion" - ist hingegen beides, es ist INSTITUT - nämlich als Münze, Währung, Kredit - und es ist zugleich die übergreifende, abstrakte "Substanz" (etwas, was es in keiner "Natur" gibt) dieses Instituts, weil und insofern es Wertmateriatur ist und also die EIGENTÜMLICHE (in diesem Sinn "einzige") Gestalt der produktiven Beziehungen von Privateigentümern. So, lieber Josef, und nun liest Du bitte mal das Kapital (oder nochmal richtig) und läßt mich mit Deinen eigentlich urkomischen Verdächtigungen in Frieden. Oder auch nicht, aber ich hab es Dir jetzt gewiß zum letzten Mal erklärt. No sweat, und beste Grüße Dein Thomas PS. Ich vergaß den Rückbezug zu Libyen: Wenn das bewaffnete "Volk" die ihm zugedachte Rolle und deren Inszenierung annimmt, dann macht sie sie halt WAHR. Leben ist auch Spiel, lieber Josef, und gerade dort, wo's bitter ernst ist - von wem wollte man darüber bessre Lektionen erhalten , als von Gaddafi. In den Grenzen des kulturkritischen Räsonnements, das folgender Artikel von Guillaume Paoli anbietet, ist er lesenswert: http://www.schauspiel-leipzig.de/blog/?p=257 Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread TomGard Pro 2011-03-21 @ 18:21:10 Josef nochmal, ich muß mich korrigieren. Zumindest scheint es so, als hätte ich Blödsinn geredet mit diesem Vorhalt: "Du hältst (Realabstraktion) entweder für die Erscheinung selbst - in diesem Fall das Staatswesen im organisatorisch-technischen Sinn - oder für eine Halluzination ...", wenn ich in Rechnung ziehe, was Du anderwärts dazu gesagt hast. Es mag nicht ganz fein sein, das hier zu zitieren, aber ich lösch's auch wieder, wenn Du willst. Jedenfalls hast Du da geschrieben: (kommentierende Satzzeichen) "Ich fange mal hier an: »Denn immerhin lässt sich im Falle Somalias ja kaum noch von "Staat" sprechen.« Warum nicht? ... das (!) Herrschen und Beherrschtwerden hat (!) in Somalia keineswegs aufgehört (!), sondern nur seine (!)Form gewechselt (!), denn die abstrakte, vermittelte Herrschaft hat sich (!) »zurückverlegt« in unmittelbare, persönliche Herrschaft, sei's des Familienoberhauptes, des Dorfschulzen, des religiösen Gemeindezampanos oder des Hausbesitzers, der bei Mietrückstand eben nicht das zuständige Zivilgericht, sondern die Kiezmiliz »anruft«. Die Basis einer jeden Staatlichkeit, nämlich gewaltförmig (förmig!, nicht etwa -sam) zu (!) unterscheiden zwischen Menschen, die zum jeweiligen (!!) Kollektiv (!!!) dazugehören (und von daher dazu befugt sind, auf dessen jeweilige Erträgnisse Zugriff zu nehmen, die mal aus Ackerfrüchten, mal aus Frauenleibern, mal aus Geld, mal aus religiösen Heilszugängen oder allem zusammen bestehen können) und solchen, die nicht dazugehören" (besteht in Somalia weiter) "Staat und Staatlichkeit beginnt (!) nicht erst da, wo es ein Einwohnermeldeamt, Oberfinanzdirektionen und das Kehrmonopol des Bezirksschornsteinfegers gibt und dementsprecht griffe auch jede Analyse, die aus der Abwesenheit dieser Institutionen das Ende der Staatlichkeit bilanziert, zu kurz." Da ist nicht ein einziges Subjekt im ganzen Abschnitt aufzufinden, außer das erfundene Gespenst namens "die Herrschaft", die unentwegt tut, macht, formt, setzt. Wie "sie" das wohl anstellt? Dabei hattest Du die "Diagnose" voran gestellt, im fraglichen Fall sei die "abstrakte, vermittelte Herrschaft" (was immer DU darunter verstehen willst ... jedenfalls nicht die Herrschaft der Privateigentümer in Gestalt einer Herrschaft DES Privateigentums, vermittels seiner materiellen Form, i.e. den "dinglichen"(sachlichen) Gestaltungen des Werts, wie man im Fortgang merkt) sei ""zurückverlegt"". In was für ein "zuvor" verlegt, das weißt Du gewiß selbst nicht. Du bleibst ja auf der Ebene der Abstraktion, wechselst nicht auf die Ebene der Überlieferung und persönlichen Beziehungen, die Du vielmehr der Abstraktion mit diesem semantischen Trick vorgängig einverleibst! Oder, wenn Dir das zu kompliziert ist: Du unterstellst immer schon ein "jeweiliges Kollektiv", in das dann eingegliedert, von dem ausgeschlossen wird - von wem, warum und wozu auch immer. Ist Dir offensichtlich egal! Und wo, zum Teufel, kommt dann das "Kollektiv" her? Vom Himmel? Nein. Dasselbe - ja, DASSELBE - "kollektiv" findet man bei Nietzsche. Nämlich - logisch, anders gehts nicht - als "Natur" - genauer: die vorgebliche Hammelherdennatur ...des Pöbels! Kenntlich an seinem "Herrschaftswillen", aka dem domestizierten "Haß" auf alles Abweichende, besonders das Edlere, das Höhere, das Eigentliche, das Einzige ... des Genies, des Herrenmenschen. Nabelschau des selbsternannten Herrentieres (ersatzweise des "Einzigen", des "Heiligen" des religiösen Heilsbringers, das die "Pöbelform" des Herrenmenschen ...), das sich gegen die Herdennatur des Pöbels verwahrt, vor ihm zu bewahren sucht, von dem es sich bedrängt, geknechtet sieht. Wenn er grad "in Stimmung" ist. In anderen Stunden fühlt er sich allenfalls milde belästigt und belustigt und weiß die Früchte des Volkes zu genießen. Deswegen sind Dir dann "Ackerfrüchte ... Frauenleiber" (Warum eigentlich keine Knabenleiber, mein Lieber?!) "Geld ... religiöse Heilszugänge ...(alles) zusammen" ganz einerlei, weil dem Herrn derlei, so er's braucht oder so meint, gegeben wird, und er nicht sich entblödet / erniedrigt, danach die Finger zu strecken und zu lecken. Wär er ja kein Herr mehr. Insofern ist alles, was ich weiter oben schrieb, auch nicht verkehrt. Einschließlich der "Dialektik" von Erscheinung und Halluzination. Die ist ein Sonderfall des theologischen Bewußtseins, das auch den Nietzsche charakterisiert, ein Sonderfall der Bevölkerung eines Weltalls mit allerlei Wesenheiten aus dem werten Selbstbewußtseine des Bürgers. Nietzsche hat halt nur den bleibenden "Charme", dazu das Minimum an Gespenstern zu bemühen - "EGO" und "NATUR" (Bourgeois - Citoyen). Angenehmer, als mit Heerscharen von Gestaltungen des "Guten" und "Bösen" zu hantieren, mit denen der rechtschaffene Pöbel es zu tun bekommt, wenn er sich regt. EGO und NATUR auch noch im ersteren zusammen fallen zu lassen, ist die buchstäblich letzte "Leistung" solcher Denke. Denn es ist ihr Ausgangspunkt. Wie bei Dir oben zu sehen: Herrschaft "als" Verstoß gegen die Natur der EGOs. Auf Kommentar antworten Permalink o TomGard Pro 2011-03-21 @ 12:46:50 Noch ein PS. Ich mag die Sache mit dem "Spiel" akzentuieren, weil ich mich erinnert habe, dß Du etliche meiner Texte auf PA gelesen haben willst. Deswegen ziehe ich die Parallele zu "Liebe". Das ist halt nix, was iwie in den Neuronensuppen irgendwelcher sentimentaler Schwachköpfe gespenstert, sie ist materiell, nämlich tätig, in der Gestalt eines "Gesprächs" im weiteren Sinne, und noch weniger abstrakt gefasst - so sagte ich es schon auf PA - handelt es sich um ein System aus Gebärden innerhalb und aus dem Material solchen Gesprächs, welches - i.e. das Gespräch selbstverfreilich nicht ausnehmlich "Liebe" zum Gegenstand und Inhalt hat. Gebärde ist ein Medium der Realabstraktionen, das ist eine echte "Fiesität". Und Gebärde ist sinnlich. Du willst immer denken, das bürgerliche Dasein zwinge zum "Absehen" von der Sinnlichkeit, obwohl ich Dir gefühtle halb dutzend Mal vorrechnete, die Sinnlichkeit werde unterworfen und zum Material gemacht, das glatte Gegenteil von "Absehung". Aber Du magst halt lieber Dich selbst in eine ursprüngliche sinnliche Natur und eine vermittelte gesellschaftliche "Natur" spalten, um Dir den Auftrag zu erteilen, die erstere tagtäglich in Verfolgung Deiner Interessen und Gelüste vor der zweiten in Schutz zu nehmen - wohl wissend, daß dies "in letzter Instanz" nicht gehe, selbst innerhalb des Konstrukts nicht gehen kann. Sodaß im Resultat beide "Naturen" "unschuldig" bleiben - und damit schuldig im katholizistischen Sinne. Schuldig sind dann immer nur die Ungläubigen - in Deinem Fall die angeblich "Unwissenden" ...bis bösartigen und minderwertigen Kreaturen, die Deinen theologischen Durchblick nicht haben. Was anderes, frag Dich mal selbst, könnte Dich bewegen, mir einen "Bruch" anzudrohen? Hm? Es gibt ja nichts zu "brechen", Josef, das zur Kenntnis zu nehmen wär schon mal ein elementares Gegenmittel. Was wir hier haben ist nicht der absurde Wolpertinger einer "freien Assoziation". Hinterfrag diese dämliche PHRASE mal. Was soll an einer ASSOZIATION bitteschön "frei" sein? Richtig: Die MACHT, sie jederzeit aufkündigen zu können, die MACHT eines Käufers, den Verkäufer zu wechseln. Eine Assoziation freier Produzenten ist verdammich nochmal das GEgentum davon. Sie beruht auf Kooperation, nicht Ausschluß. Bitte um Nachsicht meiner Redeweise wegen - schreibe unter Schweißausbrüchen. o o Auf Kommentar antworten Permalink j-ap (Besucher) 2011-03-21 @ 17:57:08 Hallo Thomas! Mit dem von Dir zitierten Absatz habe ich überhaupt nicht die allergeringste Schwierigkeit und auch nicht mit dem Begriff der Realabstraktion. Wenn Du Dich erinnern willst, dann haben wir zwei gemeinsam sogar diesen Begriff einmal gegen ich glaube Hump van Weyden verteidigt. Der hatte ihn nämlich verworfen mit Verweis darauf, daß er »unlogisch« sei — was allenfalls verdeutlicht, daß es sich beim Hump um einen sehr braven und geübten Scholaster handelt, der auf Teufel komm raus nicht davon lassen kann, alles, aber auch wirklich alles unters Joch der Logik zu subsumieren, selbst wenn darüber jede materielle Wahrheit zuschanden geht. Das muß sie nämlich zwangsläufig, wenn man den Versuch unternimmt, etwas schon an sich so völlig unlogisches und widersinniges wie zB das Kapital logisch schlüssig zu fassen zu bekommen. Heraus kommt dabei bestenfalls bienenfleißige Ideologieproduktion oder eben zweihundert Jahre nationalökonomsche Forschung, die es bis auf den heutigen Tag noch nicht geschafft hat, überhaupt mal zu erklären, was Geld überhaupt ist. (Ich habe vor einigen Monaten dazu sogar sehr brauchbare Literatur aufgetan, will das hier aber nicht zu sehr ausweiten — falls es Dich aber interessiert: nur sagen!) Und an Deine sehr richtige Bemerkung im 1. PS anknüpfend können wir tatsächlich den Bogen zurückschlagen zu Libyen: Denn genau wie es sich mit der Münze verhält, auf der vorn der Nennwert und hinten das Signet des Souveräns dargetan wird und schon damit die Frage sich klären ließe, weshalb der größte deutsche Nationalökonom aller Zeiten, Adolf Hitler, im Jahr 1943 dem Reichsfinanzminister erklären konnte, daß die Reichsmark nicht von irgendwelchen Wechselkursen und Goldhaufen, sondern vom Weiterbetrieb der KZs abhänge (weshalb das eine zugleich mit dem andern verschwand), genau so kann man nun erkennen, warum Muammar Gadaffi noch nie der so wirkliche Führer der Nation Libyen gewesen ist wie dieser Tage. Warum? Weil ausgerechnet von droben und von draußen, durchs himmlische Herabregnenlassen von Feuer und Schwefel, der libyschen Nation die tatsächliche Notwendigkeit aufgeherrscht wird, sich dahin aufzuheben, wohin sie in Latenz sowieso treibt, nämlich in den existenziellen Ausnahmezustand, der erst die fugenlose Identität von Führung und Gefolgschaft, von Macht und Masse überhaupt ermöglicht: deshalb die »lebenden Schutzschilde«, deshalb das nicht geheuchelte, nicht propagandistisch aufgehübschte, sondern echte und ehrliche Aufopfernwollen — schließlich geht es nun nicht mehr länger um den Muammar allein, sondern um den Souverän, um den »allgemeinen Menschen«, der jetzt erscheinen kann, indem er das Opfer einfordert, das jeder Bürger dieser Welt im zweifel bringen muß: »zu Arbeit und Tod gewillt und geeignet«, wie es in den Nürnberger Gesetzen heißt. Damit hat die Westkoalition implicite genau das bewerkstelligt, was sie zu verhindern vorgab: daß aus bloßen Herrschern und Beherrschten Führer und Gefolgschaft werden, i.e. aus bloß empirischer Bevölkerung realmetaphysisches Volk werden konnte. Deshalb sind seit diesem Wochenende die Libyer so sehr Libyer, wie sie es noch nie zuvor gewesen sind, und Oberst Gadaffi der wirkliche libysche Souverän. Das ist es, was ich im Moment dort vorgehen sehe. — Aber um das hier noch zu vervollständigen — Probleme bereitete mir diese Passage von Dir: »Der Hindukusch soll "frei" werden, frei auch von afghanischen und pakistanischen Nationalinteressen, die dort nichts zu schaffen haben, wenn die Rohstoffe Zentralasiens über das zukünftige US-Protektorat Belutschistan abtransportiert werden ...« Wo kommen denn jetzt auf einmal die »Nationalinteressen« her und was ist das überhaupt? Für mich, Thomas, steht da nun: die Nation ist ex negativo doch wieder zu begrüßen, weil das Kapital und sein Weltgarant, die USA, sie hinwegarbeiten wollen. Trifft das zu oder habe ich Dich mißverstanden? o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-03-21 @ 19:52:45 Josef, es klingt Dir sicherlich abseitig in den Ohren, aber dies Posting illustriert prächtig, was ich oben über Deinen eingefleischte Nietzeanismus schrieb. Das eigentliche Übel ist wieder einmal ... der Pöbel. Der wird doch nicht gezwungen, "sich aufzuopfern", weil auf ihn "indiscriminate force" herab regnet, wie Du wohl weißt. Schlagend wird die Sache in Deiner letzte Volte: "Deshalb sind seit diesem Wochenende die Libyer so sehr Libyer, wie sie es noch nie zuvor gewesen sind..." Das stimmt. Aber es stimmt, weil die Koalitionstruppen sie zu Geiseln ihrer nicht länger geduldeten "Führung" und für sie haftbar machen. Bis hinab zum Kind, wie Dir anderswo Phineas vorbuchstabiert hat. Eben das tut diese "Führung" nicht - jedenfalls jetzt nicht. Sie tat es in der Vergangenheit auf andere Weise - z.b. nahm sie die Bevölkerung in Haft für Gadaffis diverse außenpolitische Eskapaden und Spielereien, einschließlich der Rache der Rache der Rache - La Belle, Reagans Feuerüberfall, PanAm Flight Sowieso. Aber dies ist die Vorgeschichte der finalen und mörderischen imperialen Unduldsamkeit mit der libyschen Elite. Deshalb ist die Wendung des folgenden Nebensatzes mehr als grotesk: "... und Oberst Gadaffi der wirkliche libysche Souverän." Du holst lauter volks- und kulturkritische Gespenster auf eine Bühne, auf der, wie ich in allen Artikeln begründete, simple Entstaatlichung vorgeht. Eine, die aus Sicht der Metropolen seit 40 Jahren ansteht, aber aus opportunistischen Gründen nie durchgesetzt wurde. Und die auch Nebenakteuren, wie dem britischen und französischen Geheimdienst und den gesponserten islamischen / tribalen Aufrührern nicht gelang, bzw. von berufener Seite - den USA - nicht erlaubt wurde. Nie und nimmer geht es da um Öl, wenns nach Dir geht, gelle? Libyen ist - ähnlich wie die Emirate, aber halt an anderer geopolitischer Position - eine Ölquelle mit imperialistisch definiertem, weil lizensiertem Volk. Diese Ölquelle gehört dem Verbund imperialistischer Metropolen, weil nur sie stofflich etwas damit anfangen können - das juristische Eigentum eines territorialen Souveräns ist ein Schein, und bleibt ein Schein, daran ändert die Installation einer genehmen Herrschaft gar nix. Womit ich auf Deine Frage zu kommen hätte, die wörtlich lautet: Was ist ein bürgerlicher Staat. Nun, das fang ich hier nicht an zu erklären, aber immerhin ist oben ein negativer Ansatz zu sehen: Es ist der politische Souverän des ökonomischen Kommandos über die Arbeitskraft in der Hand der Privateigentümer. Und da ist mit "Libyen" überaus wenig Staat zu machen. Ansonsten deute ich bloß noch auf das, was ich im Ausgangsbeitrag zu staatlicher Revenue sagte. Die Revenuequellen eines Staatswesens sind sein nationales Interesse - so einfach ist das im Kern. Und um diese Quellen gibt es eine doppelte Konkurrenz - eine von Privateigentümern, wie von staatlichen Akteuren, die an ihnen schmarotzen, und das gern so exklusiv, wie durchsetzbar. Mit der Eigentümlichkeit, daß bislang die einschlägigen imperialistischen Metropolen, weil Monopolisten des einzig "echten" kapitalistischen Reichtums auf einem fortgeschrittenen Weltmarkt, nämlich Weltgeld , in der nationalen Konkurrenz um Reichtumsquellen überwiegend Profiteure des "Freihandels" waren, also eines bedingten Verzichtes auf Monopolisierung(sversuche) stofflichen Reichtums. Doch das ändert sich von Stunde zu Stunde. Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread TomGard Pro 2011-03-21 @ 20:08:20 Korrigiere: natürlich ist nicht das Volk imperialistisch lizensiert, sondern der staatliche Zugriff auf die Bevölkerung. Bkin immer noch unfit, sorry Auf Kommentar antworten Permalink j-ap (Besucher) 2011-03-21 @ 20:46:51 »Aber es stimmt, weil die Koalitionstruppen sie zu Geiseln ihrer nicht länger geduldeten "Führung" und für sie haftbar machen. Bis hinab zum Kind, wie Dir anderswo Phineas vorbuchstabiert hat. Eben das tut diese "Führung" nicht - jedenfalls jetzt nicht.« Ich habe ja auch nirgendwo behauptet, daß die 'Führung' da irgendjemand zum Opfer zwingt. Nur bleibt der Gefolgschaft schlicht nichts anderes mehr übrig, als diesen Ausweg nach oben zu nehmen. Zwang oder Drohung mit peinlichen Übeln sind da gar nicht nötig. Weshalb ich, wie da steht, auch schrieb, daß ich das Weder für AgitProp noch Heuchelei halte, was da einige der menschlichen Schilde in die Kameras gesprochen haben. Weder lügen die noch spüren die den Knüppel im Nacken. Und selbst bei Metropole vs. Peripherie sind wir offenbar einer Meinung. Falls es Dich interessiert: Genau das wollte ich eben dem Donnerstag schreiben in dem Thread, aus dem Du zitiert hast, wenn ich nicht schon zu müde dafür wäre. Denn was einen Menschen in Somalia von einem Menschen in Mitteleuropa unterscheidet ist weder die Anthropologie noch die Geographie und schon gar nicht die Kultur, sondern die relative Lage zum Zentrum. Während es nämlich so ist, daß sich für den afrikanischen Kontinent und sein empirisches Menschenmaterial kein Schwein interessiert, weil dieser Kontinent und alles, was auf ihm kreucht und fleucht fürs Kapital schlichtweg: nicht notwendig und unnütz, also reine Surplusbevölkerung ist, stellt das Menschenmaterial in der europäischen Metropole immerhin dem Kapital die Verwertungsbasis. Empirisch sichtbar wird das zB daran, daß ein deutscher Gymnasiast bis zum Erreichen des Abiturs immerhin und im Schnitt volkswirtschaftliche Kosten (also nicht nur direkte Zahlungen, sondern auch Opportunitätskosten) von 650.000 EUR verursacht, ein Hauptschüler immerhin 200.000 EUR. Soviel variables Kapital läßt man nicht einfach so über die Klinge springen, oder jedenfalls erst viel später als den Somali, der mit weniger als einem halben Dollar am Tag sich durchzuschlagen hat. Aber Du hast hier eben gerade nicht von Peripherie und Metropole geredet, sondern von: »Nationalinteressen«. Wo kommen die her? Und wie zum Geier erklärst Du zB einem libyschen Proletarier, daß er es bittschön hinnehmen soll, daß einer wie Gadaffi 60 Milliarden Dollar der Erträgnisse aus den Ölfeldern abzweigt, es aber ein peinliches Übel sein soll, wenn eben dieselben 60 Milliarden beispielsweise von ENI oder BP abgegriffen werden? Der Libyer geht in beiden Fällen leer aus, also was antwortest Du ihm auf die allfällige Frage, warum beim Barte des Propheten er sie nicht alle zusammen mit der Scheißbürschtn 'naushauen soll? [Nebenbei: Wie kommst Du denn immer auf Nietzsche und nicht, sagen wir, etwa auf Stirner? Der wäre als Vorwurf schon historisch erprobter. ;-)] Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread TomGard Pro 2011-03-21 @ 21:57:17 Bö, auf den Stirner hab ich doch angespielt! Die Beiden haben viel gemeinsam, nicht? Aber ich kenn sie beide nicht gut. Wer ist denn "der Libyer"? Und wieso sollte ich mir diese bescheuerte Frage stellen lassen? Bün isch Libyer? Bislang war Gaddafi "Der Libyer" - symbolisch. Allerdings hat nicht dieser Mann allein die Alimente für die Bevölkerung dieses Landstrichs erhalten und nach Gusto verteilt. Wie Deine Antwort auch lautet: Es geht und kann in dieser Sache immer nur um die Verteilung der Alimente gehen. Die Bewohner Libyens sind mit "Dem Libyer" bislang konkurrenzlos gut gefahren, hörte ich, verglichen mit allen umgebenden Hungerleidern, mit Ausnahme vielleicht der Söhne (!) Saudi Arabiens und der Emirate. Und das Zeug im Boden lassen, wäre auch ein bißchen blöd, oder? Mal abgesehen, daß "Der Ami" dann binnen 48 Std im Land stünde. Also, was fragst Du mich da? Die Libyer tun halt, was sie tun wollen, und das wird nun irgendwann genau das sein, was sie tun müssen. Bislang hatten sie so einige Spielräume, wenn wir mal davon absehen, daß Alkohol und erotische Exzesse etwas teuer und aufwendig zu organisieren waren. Hätten sie 1977/8 begonnen, ihre altvorderen Patriarchen zum Teufel zu jagen, statt an deren Rochzipfeln und Geldkassetten zu hängen, hätten sie noch viel mehr Spielräume gehabt - der Gaddafi jener Zeit hätte gejubelt. Aber eben weil Gaddafi unweigerlich "Der Libyer" war - der mit den Alimenten in der Verteilerpfote - konnte er nicht einmal mit unzweideutigem Beispiel voran gehen - war er doch zuständig auch für das Wohl der alten Knacker, die ihn sonst vom "Libyer" zur Leiche befördert hätten. Ham etliche unter ihnen wiederholt versucht, weil sie selbst "Der Libyer" sein wollten. Revolution geht halt nicht nach Dekret per Stunden- und Zugfahrplan. 'Ihr müßt Euer Leben in die eigene Hand nehmen', hat der gute Mann damals noch gepredigt. Die alten Männer haben genickt, die Hand aufgehalten und ihre Lieblingssöhne bedacht, damit die ihre Lieblingsweiber, -Kinder und Enkel bedenken. Was willst Du von mir hören oder nicht hören? Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread TomGard Pro 2011-03-21 @ 22:13:13 PS: Schlagzeile: "Libyen muss Gaddafi loswerden" (sagt Cameron) Da ist doch praktisch alles gesagt, was zu sagen ist, oder etwa nicht? Weder ein "Volk" noch eine "empirische Bevölkerung" (was immer das sein soll, warum nicht 'Be- oder Einwohner'?!) hat mit dieser Forderung was zu schaffen, es sei denn, die Leut werden blutig zu diesem Geschäft gezwungen, dessen Statisten sie heute sind, und zu dessen Manövriermasse sie vorgesehen und bestimmt sind. Da gibt es keine Gegenwehr, die Aussicht auf Erfolg hätte - nicht mehr in diesem Jahrhundert. Es sei denn, die Leut in den Metropolen fallen ihrer Führung in den Arm. Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-03-22 @ 10:18:06 Hallo Josef, Deine Frage: "Aber Du hast hier eben gerade nicht von Peripherie und Metropole geredet, sondern von: »Nationalinteressen«. Wo kommen die her?" laß uns gern in Ruhe und grundsätzlich besprechen. Was die Sache jenseits der Gewinnung eines allgemeinen Begriffs des bürgerlichen Staates, dann des engeren Begriffes der Nation, verkompliziert, ist das im Letzteren integral enthaltene ideologische, in Deinen Worten "realmetaphysische", Moment und damit am End das Verhältnis von "Warenform und Denkform" in der Nomenklatur Sohn - Rethels. Erstmal nur rasch ein Punkt: Die Verführung Sohn-Rethels liegt darin, die Metaphysik begrifflich wahr zu machen, statt zu dekonstruieren. Das simpelste und allgemeinste Beispiel ist das Verhältnis zwischen dem Kern bürgerlicher Moral, der "Dialektik" von Tugend und Erfolg, und der gar nicht (mehr) dialektischen, vielmehr linearen Zirkulation der Wertformen: relative Wertform (Tugend), allgemeines Äquivalent (Erfolg). Zirkulation ist das vermittelnde Stichwort. Wenn man aus der Bewegung ein fixes "Verhältnis von Waren- und Denkform" zu zaubern sucht, endet man mit der Überführung der politischen und ökonomischen Geschäfte in die Internalisierung ihrer Resultate, also die internalisierte Konkurrenzgewalt aka Moral, und dann ist die adornische Hermetik fertig, ab dann ist das bürgerliche Bewußtsein der Höllenschlund, in den das "theoretische" EGO mit wohligem Schauder hinab blickt. Nur mal so hingeworfen. Konkret besprechen ließe sich die Sache z.b. anhand folgenden Artikels im "Salon", den ich leicht gekürzt zitiere. Kriegt man seine Gebrechen auf die Reihe, hat man auch das Wesentliche des obigen Themas erledigt - denk ich mir so. "Moammar Gadhafi might boast the honor of being the craziest dictator (...), but sheer insanity doesn't seem quite enough of a rationale for raining down Tomahawk missiles. Could the answer (auf die Frage, was "wir" - Amerikaner - dort zu bomben haben) be as simple as oil? (...) you don't have to be a war-protesting no-blood-for-oil-signwaving critic to make the claim: On Monday, an influential Democratic congressman suggested Obama's intervention was all about the black gold. From The Hill: Rep. Edward Markey (D-Mass.), the ranking member of the House Natural Resources Committee, said that he agreed with President Obama's decision to launch, along with allies, attacks against Libya and its leader, Moammar Gadhafi. But Markey said the attacks were primarily motivated by oil. "We are in Libya because of oil," Markey said on MSNBC. "It all goes back to the 5 million barrels of oil we import from OPEC on a daily basis." (Democratic Senator James Webb made similar points in a Tuesday afternoon interview with NBC's Andrea Mitchell.) (Dann: Libyen: 2-3% der Gesamtproduktion, Bahrein: knapp 3% der libyschen Produktion, Jemen : 16% der libyschen Produktion. Nicht thematisiert: die Lagervoräte.) Since civil war ... production in Libya has fallen by about 75 percent. But the quality of Libya's oil may be more important than the sheer volume ... Libya's "sweet light crude" (is) highly desirable in global markets: It's cleaner burning and easier to refine into gasoline. Saudi Arabian oil ... contains much more sulfur. Swap in Saudi oil for missing Libyan oil and you end up maxxing out world refinery capacity, and hiking downstream prices for gasoline. Rising oil prices are considered a major threat to U.S. economic recovery. So if you're looking for a tidy explanation for Western willingness to intervene in Libya, there you have it. Instability in Egypt, Tunisia, Bahrain or Yemen has little potential for roiling world energy markets. Libya is a major player -- what happens there can and will affect the global economy. The fact the European oil companies like Italy's Eni and Spain's Repsol have the biggest foreign presence in Libya also goes a long way toward explaining why the U.N. Security Council agreed to act. But the explanation becomes a little less tidy when you consider that the quickest way to restore order to world oil markets would simply have been to let Gadhafi wipe out the rebels, something he seemed poised to do ...That would have been hard-headed realpolitik. The situation we're in now ... keeps in place the conditions for a long-drawn-out civil war, actually predicts the worst possible outcome for oil markets. The brutal truth about intervention in Libya is that whether or not it was motivated by oil or economic concerns, the prospects for a quick resolution and ensuing calm in oil markets are bleak." Quelle: http://www.salon.com/news/libya/index.html?story=/tech/htww/2011/03/21/the_libya n_oil_war_connection o o Auf Kommentar antworten Permalink Perle des Tages: Obamas offizieller Kriegsgrund von TomGard Pro @ 2011-03-22 – 11:05:43 "Obwohl Gaddafis Außenminister eine sofortige Waffenruhe verkündet hatte, haben Gaddafi (!) und seine (!) Truppen (!) keinen Versuch (!!) gemacht, solch eine (!) Waffenruhe herzustellen, setzten vielmehr Angriffe auf Misrata und einen Vormarsch auf Benghazi fort. Gaddafis (!) fortgesetzte Angriffe auf und Bedrohung von Zivilisten (!) und (!!) zivile (!!!) Bevölkerungs (!!!!) Zentren (!!!!!) beunruhigen die benachbarten arabischen Nationen und stellen nach ausdrücklicher Feststellung (?) in der UN-Resolution (!!!) 1973 eine Bedrohung der Region und des Friedens und der Sicherheit der Völkergemeinschaft dar. Seine unrechtmäßige (!) Gewaltanwendung fordert nicht nur eine nennenswerte (!) Zahl von Opfern unter seinem (!) eigenen (!) Volk, sondern (!, ja, tatsächlich steht da "sondern": but also) sie zwingt auch viele andere (!!!!!!!!) zur Flucht in benachbarte Länder, was die Sicherheit und Stabilität der Region gefährdet. Würde nicht gegen die Unruhe in Libyen eingeschritten, könnten das Unruhen im gesamten mittelöstlichen Raum entzünden, mit gefährlichen Konsequenzen für die nationalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten." Original: "Although Qadhafi's Foreign Minister announced an immediate cease-fire, Qadhafi and his forces made no attempt to implement such a cease-fire, and instead continued attacks on Misrata and advanced on Benghazi. Qadhafi's continued attacks and threats against civilians and civilian populated areas are of grave concern to neighboring Arab nations and, as expressly stated in U.N. Security Council Resolution 1973, constitute a threat to the region and to international peace and security. His illegitimate use of force not only is causing the deaths of substantial numbers of civilians among his own people, but also is forcing many others to flee to neighboring countries, thereby destabilizing the peace and security of the region. Left unaddressed, the growing instability in Libya could ignite wider instability in the Middle East, with dangerous consequences to the national security interests of the United States." Quelle Fast weniger wichtig an diesem Posting ist mir die klare Auskunft, die Obama seinem Publikum über die Gründe gibt, mit denen ER sich und seinen Mitstreitern seine Kehrtwende in der Libyenfrage in der vergangenen Woche rechtfertigt. Aber die mag für andere wichtig sein: Nahezu im Klartext sagt Obama: Die USA haben in Libyen klarzustellen, welche anderen Unruhen sie blutig und konsequent niederschlagen lassen wollen und werden! o o Kommentare (4) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o imperialismus libyen o o o obama staat unruhen Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10871907/6d0ef 4 Kommentare zu "Perle des Tages: Obamas offizieller Kriegsgrund " Kommentar schreiben Subkommentare ausblenden o o TomGard Pro 2011-03-22 @ 11:31:44 Ganz erhellend in diesem Zusammenhang ist auch, daß es nun so scheinen könnte, als habe sich bewahrheitet, was Josef neulich anhand eines Stratfor-Artikels einwandte (http://tomgard.blog.de/2011/03/10/sarkozys-diplomatische-anerkennungprovisorischen-nationalrates-aufstaendischen-10802584/#c15283692 ) nämlich daß es in Libyen in Wahrheit um die Szenarien im schiitischen Bevölkeungsgürtel des persischen Golfes gehe. Ja, sekundär ist das nun bestätigt. Doch zu dieser unerzwungen extremen , weil zweifellos eskalierenden Demonstration des militärischen Hoheitsanspruches über die Region hat Obama sich erst durchringen müssen, sie ist eine Reaktion auf die Eskalation der Lage durch Akteure, über die Obama keine militärische Hoheit hat bzw. beansprucht. Denn es wäre natürlich ein Leichtes gewesen, einen ähnlichen, aber deutlich weniger ambivalenten Effekt auf Unruhen im Jemen und Bahrein zu erzielen, hätten die USGeheimdienste die Beteiligung der Kräfte aus den alten islamischen Terrornetzwerken am bewaffneten Aufruhr der ersten Tage "enthüllt", was sie unschwer hätten tun können, da sie die Leut ja zusammen mit den libyschen Geheimdiensten im Blick hatten. o o o o Auf Kommentar antworten Permalink Phineas Freek (Besucher) 2011-03-22 @ 18:05:36 "Nahezu im Klartext sagt Obama: Die USA haben in Libyen klarzustellen, welche anderen Unruhen sie blutig und konsequent niederschlagen lassen wollen und werden!" Hallo Tom, ...d. h. aber auch, dass selbst in Libyen offen ist, was da außer Gadaffi, auch noch an störenden Aufstand niedergeschlagen werden könnte. Das ganze öffentliche Daumen drücken aller beteiligten Westmächte ist doch ein instrumentelles und strategisches - in Reaktion auf das gar nicht vom Westen bestellte Aufstandswesen in der ganzen Region. Diese Aufstände mit folgender Destabilisierung, gerade auch ihre Oberaufsicht auf die von ihnen dominierten Verhältnisse, gehen ihnen doch am allermeisten gegen den Strich. Wäre es erstmal nicht ein kluger Schachzug, ausschließlich im Sinne der propagandistischen Vermittlung (nicht strategischer Art - da ist bei mir noch ein großes Fragezeichen), zwecks Niederschlagung störender und nicht einbindungsfähiger Revolten (und wie wären Hungeraufstände "einbindungsfähig": mehr zu fressen sollen die ja gar nicht bekommen, wenn die ihre Kalifen selber wählen dürfen) öffentlich diesen (riskanten und schwer kontrollierbaren) "Stabilisierungskrieg" als Parteinahme für Aufständische zu deklarieren. Allerdings würde das wohl eine Art kriegerische Rekolonisierung des gesamten arabischen Raumes nach sich ziehen müssen, nebst Dauerkrieg, Besatzungsregime usw. Können die sich das überhaupt "leisten" - nimmt da gerade der Traum neokonservativer Weltrevolutionäre wieder Fahrt auf - ich gebs zu, das macht mich ziemlich ratlos. o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-03-22 @ 19:06:51 Hallo Phineas, laß uns ein paar einfache Voraussetzungen festhalten: 1)"regime change" in Libyen stand höchst offiziös nach amerikanischer Sicht seit ziemlich genau 20 Jahren an, aus britischer Sicht erheblich länger! 2)Britische Anschlags- und Aufstandspläne, sowie amerikanische Kriegspläne sind seit eben dieser Zeit strategisch wie taktisch in den zuständigen Instituten in Arbeit, und zwar permanent, denk nur an die Aussage General Wesley Clarke über die Vorgänge im Pentagon in den Wochen nach 9 /11. 3) Über die Spezifika oder gar Details dieser Pläne sind die jeweiligen Regierungen erstmal grundsätzlich nicht informiert. Ein US-Präsident, wie Obama, könnte auch überhaupt gar nicht informiert gewesen sein. 4) Die Details, die ich im Blog angetragen hab, lassen wenig Zweifel übrig, daß die Inszenierung des "Volksaufstandes" a) lange vorbereitet war, länger, als Obama im Amt ist b) vornehmlich auf britischen Verbindungen beruhte c) aber offenkundig dennoch "mit heißer Nadel gestrick" abgerufen wurde, mehr oder minder improvisiert, nachdem die Vorgänge in Ägypten sie begünstigt hatten. Die weniger gesicherten Fakten über die Verwicklung des Ganzen in die amerikanische Innenpolitik hatte ich schon erwähnt. Dann bleibt unter'm Strich übrig, daß Obama sich in Rücksprache mit dem Pentagon und nach anderen Risikoerwägungen kurzfristig entschieden hat, in die "politische Führung" der Sache einzusteigen. Ich denke, er hätte das außenpolitisch unschwer vermeiden können. Er dürfte imstande sein, an Hillary Clinton und ihren Agenten vorbei China zu bedeuten, wie seine Administration mit einem Veto im Sicherheitsrat umzugehen gedenke. Daraus kann man nur schließen, daß ihm die Risiken vergleichsweise geringfügig erschienen sind, und er hat auch kein Geheimnis daraus gemacht, was dafür den Ausschlag gab: Die Stellung der arabischen Verbündeten mit dem größten Gewicht in der Sache. Und das ist rationell. Afrika ist nicht USDomäne, und nach Somalia finden das alle Amerikaner auch gut so ... Und zwischen dem afrikanischem Maghreb und der arabischen Halbinsel gibt es einen Stabilitätsfaktor, der von Tag zu Tag deutlicher erkennbar wird: den arabischen Rassismus. o Auf Kommentar antworten Permalink TomGard Pro 2011-03-22 @ 22:18:21 Noch eine Beurteilung: http://derstandard.at/1297821149157/Interview-Militaerintervention-spieltGaddafi-in-die-Haende Auf Kommentar antworten Permalink Libyen: Stellungnahme und Programm der SWP von TomGard Pro @ 2011-03-24 – 14:51:23 Wer eine Reihe direkter und mittelbarer Infos über die Geschichte des Aufstandes und die Lage im Land aus dem Blickwinkel der (theoretischen) imperialistischen Vereinnahmung der Ressourcen, Bewohnern und Institutionen des libyschen Territoriums will, und gleich dazu ein für eine Analyse, was Imperialismus ist und wie er geht, hinreichendes Material studieren will (obgleich nur 8 Seiten) der nehme sich den Artikel Wolfram Lachers vom SWP gründlich zur Brust. Unautorisiert darf ich aus diesem Artikel nicht kopieren und zitieren, sonst hätte ich ihn gern für euch zerpflückt. update: Naja, immerhin das Schema des Einstieges will ich euch geben, weil es alle darauf folgenden konfiguriert. Im dritten Satz der Einleitung behauptet Lacher, der "Nachfolgestaat" sei "aus dem Nichts" aufzubauen, weil nach "Gaddafis vierzigjähriger Herrschaft ...weder ausreichend funktionsfähige Institutionen noch eine Verfassung" da seien. Jedes Wort ist reiner Schwachsinn. Es gab keine Herrschaft Gaddafis, wie der Autor selbst des langen und breiten im Anschluß als "Problem" einer neuen Etatisierung bespricht. Soweit es aber stimmt, daß es eine staatliche Herrschaft gab - vieles lief da abseits der Staatsebene - und gibt - noch ist Libyen nicht erobert - gilt natürlich, was für jeden Staat gilt: Er macht sich unentbehrlich für seine Untertanen, ohne seine Institute geht wenig bis gar nichts im zivilen Leben seiner Bürger. (Den Schwachsinn mit der Verfassung laß ich dahin gestellt, um die Sache nicht zu komplizieren, will nur anmerken, daß in Deutschland und den USA, die meines Wissens die einzigen Länder auf dem Globus sind, in denen eine Verfassung überhaupt eine nennenswerte politische Rolle spielte, diese Rolle seit jahren im systematisch betriebenen Bruch mit ihr, in ihrer tagtäglichen politischen, juristischen und exekutiven Aushebelung aufgeht.) Das Schema ist das Simpelste, das zu haben ist, jedes 6 jährige Kind, das moralische Imperative im Zusammenhang mit Bewaffnung (zum Beispiel Arrestzellen, offene Hände, Rohrstöcke und Hundepeitschen) lernt und im Spiel nachstellt, beherrscht es: Man formuliere seine Forderungen so, daß sie zugleich als sachliche Voraussetzung wie unbezweifelbares Resultat der Gewaltandrohung bzw. -anwendung erscheinen und adressiert werden, unter der Drohung also auch nur so adressiert werden können. Vulgo: Man setze zweckmäßige Gewaltausübung an die Stelle der schnöden Realität. Der ersten beiden Sätze stehen in sich und bezogen auf den dritten logisch verkehrt. Stämme, Staatseliten und oppositionelle Gruppen positionierten sich schon für die Zeit nach Gaddafi, heißt es im zweiten Satz. Klingt plausibel, nicht? Und auch der Ohrenschein aus der Presse scheint für diese Auslegung zu sprechen. Trotzdem ist der Satz Schwachsinn: "Stämme", "Staatseliten", "oppositionelle Gruppen" sind Institute des gegenwärtigen libyschen Staatswesens, "sie" können sich gar nicht für ein "Nachher" positionieren, beim allerbesten und zweifellos vorhandenen Willen nicht! Wahr ist freilich, daß die Individuen, die bislang als Charaktermasken dieser Institute handelten, Anstrengungen unternehmen, sich im Hinblick auf antizipierte Resultate der imperialistischen Intervention sowie die politischen und ökonomischen Zwecke der Siegermächte neu zu erfinden. Und denen macht der erste Satz das Versprechen, daß sie das können, sollen und dürfen. Vulgo: Sie sollen den Bären, den die Koalition erst noch erlegen muß, schon mal umzingeln und sein Fell, bzw. die Fetzen, die er davon schon lassen muß, unter sich verteilen, damit die Sieger anschließend die Verteilung nur noch zu korrigieren und zu organisieren haben, und nicht selbst vornehmen müssen - was sie nicht können, siehe die Kritik an Satz 3! o o Kommentare (2) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o imperialismus libyen swp Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/10884056/f8973 2 Kommentare zu "Libyen: Stellungnahme und Programm der SWP" Kommentar schreiben o TomGard Pro o 2011-03-24 @ 16:00:24 Luis Martinez, vom Ceram-Institut in Rabat, sagte dem "Standard": "Vor zwei Wochen beging (Gaddafi) einen strategischen Fehler, als er sich nicht damit begnügte, die Stadt Ras Lanuf und die Ölraffinerie zurückzuerobern. Er verfolgte vielmehr die Aufständischen auf ihrem Rückzug und bedrohte Bengasi, was die UnoResolution 1973 und den Militäreinsatz erst möglich machte. Hätte er sich mit der bloßen militärischen Kontrolle begnügt, würde er sie noch heute ausüben." Ihr erinnert euch, ich hatte Gaddafi - allerdings bemessen am Ziel physischen Überlebens, seiner selbst wie seiner Familie und Vertrauten - denselben Fehler angekreidet. Martinez Begründung ist natürlich schwachsinnig, Vorwände für militärisches Eingreifen wären so oder so zu schaffen gewesen, aber das SWP-Papier enthält die richtige Begründung: Die politische Entstaatlichung Libyens, im Gefolge der militärischen, wäre gewiß schwieriger zu bewerkstelligen, hätte Gaddafi darauf verzichtet, den Rebellen den militärisch erhobenen Anspruch auf die östlichen Provinzen auch militärisch wieder streitig zu machen und damit den Bürgerkrieg von seiner Seite begrenzt und politisiert, statt ihn militärisch auszuweiten. o o o o Auf Kommentar antworten Permalink j-ap (Besucher) 2011-03-24 @ 19:18:58 Zwar halte ich mich mit ausdrücklichen Komplimenten im Regelfall zurück, hier aber schreibe ich es gern: Ein ausgezeichneter Artikel ist das von Dir, Thomas. Lediglich eine Anmerkung gestatte ich mir: eine »nennenswerte politische Rolle« spielen Verfassungen schon öfter, als Du schreibst, zum Beispiel und zu Zeiten nämlich nicht nur gerade in den älteren Republiken, sondern auch in Belgien (wo sie allerdings einem sehr spezifischen Zweck dient, nämlich als eine Art regionaler Geschäftsverteilungsplan und eifrig bewachtes und zäh verteidigtes Autonomiestatut, der/das den belgischen Staat davor bewahrt, im Dekadentakt an den Rand einer existenziellen Krise zu geraten), in der Schweiz, mit Abstrichen noch in Japan etc. Aber zu einem so eminenten Integrationsideologem wie in Deutschland bringt es eine Konstitution selten, das ist richtig. Viele Grüße vom Josef Pakistans verheimlichter, schmutziger Krieg von TomGard Pro @ 2011-03-30 – 16:34:21 (Unauthorisierte Übersetzung umfangreicher Ausschnitte aus einem Artikel von Declan Walsh, erschienen im Guardian ) "Wie Wasserleichen aus der Tiefe tauchen die Toten auf, in aller Stille. Oft zu Zweit oder zu Dritt und grausam verstümmelt findet man sie wie Müll abgekippt in entlegenen Bergen oder dunklen Stadtstraßen. Arme und Beine sind gebrochen, Gesichter geschwollen und zerschlagen, Fleisch ist zerschlitzt und von Bohrern durchlöchert, Genitalien um Elektrodenmale versengt. Manchmal sind sie mit Löschkalk unkenntlich gemacht. Und alle haben eine Schußwunde im Kopf. Seit Juli letzten Jahres wird dies schauerliche Spiel mit Leichen in Belutschistan, Pakistans größter Provinz getrieben. Verschiedene Menschenrchtsgruppen, darunter AI, berichteten von mehr als 100 Toten - Rechtsanwälte, Studenten, Taxifahrer, Landarbeiter. Diesen Sonntag (27.3.) waren es drei. Wundern Sie sich nicht, falls Sie zum ersten Mal von dieser Leichenorgie hören, das geht den meisten Pakistani genauso. Nachrichten aus Belutschistan lassen die Zeitungen auf den hinteren Seiten verschwinden, tauchen sie in Euphemismen, nicht selten werden sie einfach unterdrückt. Eigenartig gleichgültig scheint auch den Ordnungskräften Herkunft und Schicksal der Toten zu sein. Es gab keine einzige Strafverfolgung oder Verhaftung. Bei der Polizei bekennt man vielmehr ganz offen, in diesen Fällen nicht einmal zu ermitteln. Verständlich, denn die Hauptverdächtigen in diesen Fällen sind das pakistanische Militär und die unantastbaren Geheimdienste. (...)In Belutschistan, diese ausgedehnten, rohstoffreichen Provinz an den Grenzen Irans und Afghanistans kocht ein blutiger Konflikt vor sich hin, während der Konflikt um die Taliban die öffentliche Aufmerksamkeit absorbiert. Auf der einen Seite steht der lose Verbund einer Guerilla, die für Unabhängigkeit von Pakistan kämpft, auf der anderen eine machtvolle Armee, die mit maximaler Rücksichtslosigkeit gegen die Aufständischen vorgeht. Ausländische Interessenten und Strippenzieher befeuern die Revolte, die seit sechs Jahren immer wieder aufflammt. Im Spiel sind US-Basen, das Chinageschäft und große Kupfer-, Ölund Goldvorräte im Boden. (Es folgt eine längliche journalistische Schilderung der Eindrücke des Journalisten nach seiner Einreise in Quetta, die ich auslasse.) Muster zeichnen sich ab. Die Opfer waren überwiegend zwischen 20 und 40 Jahre alt, national gesinnte Politiker, Studenten, Ladenbesitzer, Arbeiter. Vielfach wurden sie in aller Öffentlichkeit entführt. Man zerrte sie aus Bussen, führte sie aus Läden ab, stoppte sie an Kontrollpunkten der Miliz. Beteiligt waren Uniformierte wie zivil gekleidete Geheimdienstler. Andere verschwanden einfach und wurden mit schauerlicher Regelmäßigkeit tot aufgefunden - ungefähr 15 im Monat. Letzten Samstag wurde die Regel durchbrochen, als man an drei, über das Land verteilten Fundorten, insgesamt 8 Leichen fand. (...) Human Rights Watch zufolge gibt es "unzweifelhafte" Beweise für die Beteiligung der FC - der regierungstreuen Miliz Belutschistans - des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) und ihrer militärischen Schwesterorganisation an den Greueltaten. Eine lokale Vereinigung, "Voice for Missing Persons", spricht von mehr als 110 Leichenfunden in dieser Serie. Ihr Vorsitzender sagt: "Wir haben hier ein Terrorsystem". Die Armee streitet die Vorwürfe ab und behauptet, mit falschen Fährten belastet und verleumdet zu werden. "Militante Nationalisten haben Uniformen der FC benutzt, um ihr Entführungen anzulasten, die sie selbst begangen haben", sagt Generalmajor Obaid Ullah Khan Niazi, Befehlshaber der 46,000 Köpfe starken Truppe, die in Belutschistan stationiert ist. (...) Verzweifelte Verwandte der Verschwundenen fühlen sich ohnmächtig. Einer von ihnen ist Abdul Rahim, ein Farmer aus dem Distrikt Khuzdar, einer Rebellenhochburg. Er zeigt mir Papiere der örtlichen Justiz zum Fall seines Sohnes Saadullah, der im Jahr 2009 entführt wurde. Er rief die Gerichte an, doch sein Anwalt wurde erschossen. Darauf ging er an die Öffentlichkeit, doch der Präsident des örtlichen Presseclubs wurde getötet. Rahim: "Da ist Niemand, der uns noch schützen könnte. Wir sind in einer hoffnungslosen Lage." Belutschistan ist seit langem eine Region voller Spannungen und Unwägbarkeiten. Ausgedehnte, menschenleere Gebiete und Grenzverläufe ziehen Unruhestifter jeden Schlages an. Kämpfer der Taliban kommen und gehen entlang der 800 Meilen langen Grenze zu Afghanistan. Iranische Dissidenten verbergen sich im 570 Meilen langen Grenzgebiet. Drogentransporte aus Helmand durchqueren das Land in Richtung Iran oder verschwiegenen Ankerplätzen im arabischen Meer. (...) Shamsi ist ein verschwiegener Luftstützpunkt im Herzen der Provinz, von dem aus Spezialisten der CIA Drohnen gegen die Islamisten in den Stammesgebieten entsenden. (Einen Absatz über Belutschistans Rohstoffreichtum lasse ich fort.) Zwei Konfliktherde erschüttern die Provinz. Nördlich Quetta beginnt der Gürtel der Pashtunischen Stammesgebiete entlang der afghanischen Grenze. Aufständische Afghanen finden hier Unterschlupf in gesetzlosen Flüchtlingscamps und Koranschulen islamistischer Hardliner, erholen sich zwischen Scharmützeln mit den Truppen in Afghanistan. Der berüchtigte Kriegsrat der Taliban, die "Quetta shura", residiert hier, nach offiziellen westlichen Quellen bekommt er Unterstützung aus den Reihen des pakistanischen Geheimdienstes ISI. Einige der Bewohner hier stimmen dem bei. "Das ist ein offenes Geheimnis hier", teilt mir ein Stammesführer aus Kuchlak mit. "Die ISI schenkte z.b. lokalen Stammesführern einen Haufen Motorräder, und die verteilten sie weiter an die Kämpfer jenseits der Grenze. Niemand vermag etwas dagegen." Der andere Konfliktherd liegt südlich von Quetta in den ausgedehnten Stammesgebieten der Belutschen und Brahui, die die pakistanische Staatsbürgerschaft nie recht akzeptiert haben. Erstmals gab es einen Aufstand der Belutschen im Jahre 1948, nur acht Monate nach der pakistanischen Staatsgründung, der jetzige ist der Fünfte. Die "Befreiungsarmee Belutschistans" bildet die größte Fraktion in der zerstrittenen Widerstandsbewegung. Sie nutzt klassische Guerilla-Taktiken, Überfälle auf Militärkonvois aus dem Hinterhalt, Sprengstoffanschläge auf Gaspipelines, gelegentlich wird Quetta mit Raketen beschossen. Die Armee erlitt nach offiziellen Angaben vergleichsweise geringfügige Verluste. 152 Milizionäre der FC sollen den Aufständischen zwischen 2007 und 2010 zum Opfer gefallen sein, 8000 ware es während der großen Erhebung 1970. Doch diesmal scheinen die Wurzeln der Aufstandsbewegung tiefer in der Gesellschaft Belutschistan verankert, als zuvor. Die Provinz ist von antipakistanischen Stimmungen ergriffen. Schulkinder weigern sich, die pakistanische Hymne zu singen oder die Nationalfahne zu schwenken. Auch Frauen, die traditionsgemäß der Öffentlichkeit fern stehen, reihen sich ein. Die Universitäten wurden zu Brennpunkte nationalistischer Wallungen. "Es handelt sich diesmal nicht bloß um die üblichen Verdächtigen", sagt Rashed Rahman, Herausgeber der Daily Times, einer der wenigen Zeitungen, die regelmäßig über den Konflikt berichten. In einem Unterschlupf in Quetta traf ich Asad Baloch, einen 22-jährigen, drahtigen und beredten Aktivisten einer Studentenorganisation Belutschistns (Azad). "Wir unterstützen die Kämpfer moralisch und politisch", sagt er. "Wir rütteln die Leute auf. Wenn sie erst wissen, was vorgeht, werden sie handeln." Es ist riskant, was er tut; ungefähr ein Drittel der Opfer des "kill and dump" waren Mitglieder von Studentenorganisationen. Armut liegt an den Quellen der Unruhe, die die Belutschen ergriffen hat. Nur 25% der Bevölkerung ist alphabetisiert, gegenüber 47% des pakistanischen Durchschnitts. Dreißig Prozent haben keine regelmäßige Arbeit und nur 7% haben Zugang zu Leitungswasser. Belutschistan liefert zwar zwei Drittel des in Pakistan verbrauchten Erdgases, doch nur eine Handvoll Städte ist an die Versorgung angeschlossen. (...) (Generalmajor Niazi, von der FC, hat anderes zu sagen:) "Die Belutschen werden von ihrern Führern manipuliert", sagt er und weist auf die Ableger der nationalistischen Gruppen im ausländischen Exil hin - Hyrbyair Marri in London, Brahamdagh Bugti in Genf. "Die genießen ihr Leben in Europa, während ihr Volk in den Bergen leidet." Schlimmer noch sei, daß sie Unterstützung aus Indien erhielten. Weitläufig stützen Erkenntnisse britischer und amerikanischer Geheimdienste die Behauptungen des Generals aus dem Punjab, folgt man Depeschen, die Wikileaks veröffentlichte. Indien betrachtet Belutschistan als eine Art Revanche für Pakistans Aktivitäten in der Provinz Kaschmir - was erklärt, warum die Nationalisten Belutschistans die tiefste Verachtung des pakistanischen Generals trifft. "Auftragsmörder" nennt er sie. Doch Menschenrechtsverletzungen seitens der Armee weist er von sich. Behördenvertreter der Provinz erzählen etwas anderes. Aslam Raisani, Ministerpräsident der Provinzregierung, bestätigte der BBC im vergangenen November, es "stehe fest", daß die Sicherheitskräfte Morde begangen hätten. Der Generalstaatsanwalt Belutschistan, Salahuddin Mengal, sagte zu Beginn des Monats vor dem obersten Gericht aus, die FC "lasse Leute verschwinden, wie sie wolle". Eine Woche später trat er zurück. Doch nicht nur die Armee begeht grobe Menschenrechtsverletzungen. Die Aufständischen gehen mit wachsender Brutalität und Rücksichtslosigkeit vor, je länger der Konflikt dauert. In den zwei vergangenen Jahren entführten sie humanitäre Hilfskräfte, töteten mindestens vier Journalisten und - besonders beunruhigend - sie begingen Übergriffe auf sogenannte "Siedler", unbewaffnete Einwanderer - vorzugsweise aus dem benachbarten Punjab - von denen etliche schon seit Jahrzehnten in Belutschistan lebten. Etwa 113 "Siedler" wurden nach Regierungsangaben im letzten Jahr kaltblütig ermordet - Angestellte der öffentlichen Dienste, Händler und Minenarbeiter. Am 21 März beschoß eine Schwadron Militanter von Motorrädern aus ein Bauarbeiterlager in der Nähe von Gwadar und töteten 11 der Bewohner. Die Befreiungsfront Belutschistans übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Besonders grotesk erscheinen Anschläge, denen seit Januar 2008 22 Lehrer, Dozenten und Angestellte im Bildungswesen zum Opfer fielen, woraufhin 200 weitere ihre Arbeit aufgaben. Zwischen den verhärteten Fronten, im Angesicht des vergossenen Blutes, schwindet die Zahl mäßigender Stimmen. "Unsere Politiker wurden zum Schweigen gebracht, sie haben Angst vor den Jungen", sagt der Anwalt für Menschenrechte in Quetta, Habib Tahir. Ich fragte einen Studenten aus Quetta nach dem Grund für die Ermordung der Lehrer. Er antwortete: "Das sind keine Lehrer, sie arbeiten für die Geheimdienste. Sie kommen wie Diebe in unser Haus. Sie müssen gehen." Die Regierung in Islamabad scheint außerstande, das heraufziehende Chaos in Belutschistan abzuwenden. Vor zwei Jahren hat Präsident Asif Ali Zardari ein Maßnahmepaket angekündigt, das die Belutschen besänftigen sollte, darunter tausende neuer Jobs, ein Abstand nehmen vom Ausbau der Garnisonen und eine Nachzahlung von $1,4 Mrd Dollar für den Erdgasbezug aus Belutschistan. Doch die Politik wird zur Geisel der Gewalttätigkeiten, der Plan blieb im Wesentlichen unausgeführt und eine blutleere Presseberichterstattung trägt dazu bei, daß die Handelnden unter keinem Druck von ausländischer Seite stehen. Während ihrer obsessiven Jagd auf Islamisten entgingen den Verbündeten Pakistans die Probleme Belutschistans. "Das Volk der Belutschen ist säkular gesonnen, mehr als alle anderen in der Region, und dennoch werden wir ignoriert", klagt Noordin Mengal, der Repräsentant Belutschistans beim UNHCR in Genf. Unter der Deckung der Ignoranz und des Schweigens handeln die Machthaber, wie es ihnen gefällt. (...) Neben den großen Themen im Zusammenhang mit Pakistan - den politischen Umbrüchen, al-Quaida, die Taliban - verblaßt der schmutzige kleine Krieg in Belutschistan. Doch er wirft ein Schlaglicht auf eine ganz wesentliche Gefahr: Die Fähigkeit der Pakistani zu einem Zusammenleben in einem Land, dessen islamischer Umhang einen Flickenteppich aus Ethnien und Kulturen deckt. * Haris Gazdar, ein Forscher aus Karatschi sagt: "Die Probleme in Belutschistan sind ein Warnzeichen für die eigentliche Schlacht um Pakistan, in der es um Macht und Ressourcen geht. Und wenn wir sie nicht in den Griff bekommen, steuern wir auf einen Krieg zu." (Es folgt noch ein wenig elitäre Betroffenheitsfolklore des Journalisten am beispiel einer hübschen und hoch gebildeten Punjabi ... ) * Der aufmerksame Leser wird den stilistischen Bruch bemerkt haben, den die fett gedruckten Sätze in dem Artikel bilden. Um ihrer Bedeutung willen übersetzte ich getreu den Ausdrucks/Grammatikfehler: "a very fundamental danger – the ability of Pakistanis to live together" "Die Gefahr, daß die Pakistani zusammen leben können", heißt das, konträr zur Absicht, und ich behaupte, es handelt sich um einen freudschen Versprecher: Die nationale Einheit Pakistans ist das Hindernis, an dem sich, wenn nicht der Autor, so doch der Herausgeber des Artikels, der berüchtigte Simon Tisdall, zu schaffen machen will. Die Zerlegung Pakistans ist ein lang anvisiertes Kriegsziel des PNAC, eines Zusammenschlusses von Politikern, Geheimdienstlern und Militärs, politischen Intellektuellen, Oligarchen, institutionellen Vertretern der Wall-Street-Finanz, Lobbyisten des kombinierten militärisch-industriellen Komplexes der USA und Israels, und Lobbyisten der Rohstoffverarbeitenden Industrien. Das PNAC repräsentiert eine mächtige Fraktion der herrschenden Klasse in den USA, nämlich diejenige, deren Wohl und Wehe in besonderem Maße am Fortgang der Militarisierung des Weltmarktes hängt. Soviel sei einer Kritik des Artikels und weiterer Befassung mit dem Thema voraus geschickt, um die ausführliche Übersetzung zu begründen. Sein Erscheinen im Guardian, inmitten der öffentlichen Aufregung um die Entstaatlichung Lybiens und aufkommende Spekulationen um das weitere Vorgehen der USA auf der arabischen Halbinsel und im Maghreb, ist ein Halali, behaupte ich, ein Auftakt, das gebildete Publikum mit dem nächsten Kriegsschauplatz vertraut zu machen, den es nicht kennt, weil sein geostrategischer Kern - wie D. Walsh euphemistisch beschreibt - "aus dem Blickwinkel gefallen" ist, richtiger gesagt: totgeschwiegen wurde. Den Menschenrechtsfanatikern unter euch sei noch dies verlinkt: Die VOICE FOR BALOCH MISSING PERSONS vermutet 878 vermisste Personen unter den Opfern der interessierten Dienste und Militärs. (Der Link im Guardian zur selben Quelle war nach wenigen Stunden leer, das könnte also auch mit diesem binnen kurzem geschehen.) Weiteres folgt in unregelmäßigen Abständen, zunächst in den Kommentaren. Kommentar schreiben Tags: belutschistan indien pakistan usa Pakistan: Worum es geht (Oberfläche) von TomGard Pro @ 2011-03-31 – 12:24:08 Der Artikel über die Grausamkeiten in Belutschistan sei ein Halali, behauptete ich gestern. Die meisten Leser werden das für eine verschwörungstheoretische Kaffeesatzleserei halten. Nun, vor sechs Wochen überschrieb der Guardian einen Beitrag Declan Walshs so: Will revolution spread to Pakistan? und sattelte im Untertitel noch mächtig 'drauf: "Das Land ist reif für den Aufruhr, obwohl er mit einer Entmachtung der Armee einher zu gehen hätte." ("...though it would mean ousting the army") Das ist unzweideutig kein "Bericht", sondern eine offene Forderung, und wenn man sie ernst nimmt, so kündigt das mehrdeutige "though" einem Zweifler an solch einem Programm die Zerstreuung der Zweifel an. Schauen wir uns also an, wie die bewerkstelltigt werden soll. Doch zuvor ein Wort zu einem Einwand, den der Artikel nicht behandelt, der aber vielen Lesern sofort in den Sinn kommen wird: Die pak. Armee verfügt über die Macht der Atomwaffe. Jawohl. Doch nun werft doch mal einen Blick auf die Landkarte. Wohin sollten die Militärs im Zweifelsfall denn ihre Eierchen senden? Genau. Nach Indien. Ist das nicht schön?! Da schlägt doch das Herz des Geostrategen bis zum Hals: Die äußerste Gefahr, die einer Zerlegung des pakistanischen Staates erwachsen kann, ist die katastrophale Schädigung nebst evtl. nachfolgender Zerlegung einer weiteren unliebsam ambitiösen Regionalmacht, der obendrein, ihrer schieren Größe wegen, keine Alternative zu anspruchsvollen Ambitionen bleibt. Ganz nebenbei mag der Leser sich dazu über die Geschichte der pakistanischen Atomwaffe informieren und anschließend eine kleine Recherche starten, was die 9/11 Dissidentin und ehemalige Übersetzerin des FBI, Sibel Edmonds (http://en.wikipedia.org/wiki/Sibel_Edmonds), zu den Aktivitäten amerikanischer, türkischer und israelischer Politiker, Militärs, Geheimdienstler und Geschäftsleute auf dem Schwarzmarkt für militärische Atomtechnik zu sagen hat, einschließlich ihrer geknebelten Anspielungen auf Zusammenhänge mit dem Terroranschlag des Pentagon auf sich selbst und das WTC. Bleibt zu diesem Nebenthema noch zu erwähnen, daß die pak.Armee nachweislich über einige hochpotente taktische Eier verfügt, die bestens geeignet sind, Truppenaufmarschgebiete - denkt mal an Häfen und Gebiete, die sich für improvisierte Pisten für Transporte eignen - zu "no go areas" zu machen. Spätestens dies erledigt Träume des USMilitärs - die in den Jahren nach 9/11 ernsthaft kalkuliert wurden, doch die Netzspuren sind meistenteils "verweht" - über "Sicherungszugriffe" und, naja ... dergleichen. Doch nun zurück zum Artikel. In dem gilt es die Schlüsselsätze zu identifizieren und zu verstehen. 1) "Einige Analytiker vergleichen die Stimmung im Lande mit der, die dazu führte, daß 1979 eine widerspenstige Mittelklasse im Iran sich vom amerikanisch gestützten Schah abwandte und einem theokratischen islamischen Regime die Türen öffnete." Nehmen wir Perspektive und Maßstab der Aussage zur Kenntnis. Sie lautet sinngemäß: "Da geben wir einer Oberklasse alle Gelegenheiten, sich zu bereichern, die man ihnen örtlich zugestehen kann, und was machen die? Was ist der Dank?!" Ich halte daran erstens fest, Declan Walsh teilt zwar die Perspektive der Aussage, aber nicht den Maßstab, wie wir später sehen werden, für ihn ist die pakistanische Oberklasse ein Abschaum (scum). Dann ist aber zweitens zu fragen, warum führt er diese "Expertise" dennoch ins Feld? Es bleibt nur eine "logische" Antwort, die dann folglich auch die Botschaft der Aussage ist, unabhängig vom Stellenwert, die sie in den mehr oder minder krausen Gedanken des Autors hat - nehmt diese Überlegung einfach als "manual" für meine Analysetechnik - nämlich: Hier geht es um einen ähnlich hohen Einsatz, wie es aus heutiger Sicht damals im Iran gegangen ist, an den wir nach wie vor nicht "heran" kommen ... 2) Folglich schreibt Walsh anschließend hin, warum die "Expertise" nicht taugt. (Aus Zeitgründen übersetze ich nicht, vielleicht komme ich dazu, das nachzuholen) "Yet on the ground in Pakistan, the whiff of revolution is faint. For a start, the country is too fractured. Take Karachi, a sprawling megalopolis of 16 million people, about the size of Cairo. Control of the city is divided between a patchwork of political, sectarian and criminal gangs. All are heavily armed. Protests against Pervez Musharraf in the city four years ago pitted rival groups against each other, triggering a bloodbath." Das ist nur einer von vielen Absätzen, die dringlich betonen: Nein, eine Revolution, wie im Iran 1979 bräuchten "wir" nicht zu befürchten, aber eine "Revolution", wie in Ägypten 2011, "gehe" in Islamabad und Karatschi auch nicht. So what? Wo ist der Einsatz, von dem ich oben sprach? 3)An der Stelle wird der Artikel eigenartig visionär : "The bigger problem, perhaps(!), is that there is no dictator to overthrow. (...) And so a true revolution in Pakistan would see the army being ousted from power– except that would be tricky, because it isn't officially in charge." a) Wenden wir unseren Blick zunächst vom spektakulären letzten Nebensatz. Dann lautet die Aussage: Obwohl die soziale und gesellschaftliche Lage in Pakistan Situationen ähnelt, die uns in der Vergangenheit erlaubten, besonders in Ländern Afrikas, Südamerikas und der Karibik den Austausch des politischen Standes mittels gesteuerter Insurgenten und Putschisten zu betreiben, wird das in Pakistan nicht "funktionieren", weil wir es mit einer verdeckten Militärdiktatur zu tun haben, die zahlreiche milizionär gestützte "Unterregime" von "echten" Warlords, sowie als Warlords agierender Geschäftsleute verklammert. (NB: Die "nationale Einheit" ist das in die Feindschaft aller gegen Indien projizierte "Negativ" dieser Klammer!) Mit anderen Worten: Das Szenario, das jetzt in Libyen an den konventionellen Mitteln, die zum Einsatz kamen, zu "scheitern" droht - weil zu viele bewaffnete Unterabteilungen im Staatswesen nicht mitziehen - ist auch in Pakistan nicht trivial anzuwenden. Allerdings: Die Entstaatlichung und Zerlegung Libyens ist jetzt - 6 Wochen nach Erscheinen des Artikels - schon perfekt, nicht wahr? b) Der letzte Nebensatz stellt die Forderung, eine Abwicklung des pakistanischen Militärs in seiner heutigen Gestalt auf eine kompetente Agenda zu setzen, auf der sie - angeblich, ich weiß es besser - bislang nicht gestanden habe. Aber warum nur? Die Frage nach dem Einsatz ist immer noch offen. Dem hilft der letzte Absatz des Artikels ab: 4) "The real (!)danger (!), however (!), may lie in the dark clouds gathering over the economy." Das politische Chaos wird als Folge bzw. unvermeidliche Begleiterscheinung eines ökonomisch / sozialen Kollapses in Pakistan angedroht . Es ist eine Drohung, weil ja nun jeder, der überhaupt was über Pakistan weiß, von der Alimentierung durch die USA und strategisch dosiert - China weiß, ohne die in den urbanen Zentren Pakistans schon längst kein Stein mehr auf dem anderen stünde. Tja, welcher politisch Verantwortliche - einschließlich der Mehrheit des politisierten Kleinbürgertums, dieses Abschaums der imperialistischen Metropolen - könnte sich dieser Drohung entziehen wollen? Wenn da demnächst das Chaos "ausbricht", muß "man" vorbereitet sein, nicht wahr, daß die Weichen in die richtige Richtung gestellt werden ... bzw. bleiben. Kommentar schreiben Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: imperialismus pakistan usa