Walter Reuther - Jürgen Hermann

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Jürgen Hermann
Ein Leben für soziale Gerechtigkeit:
Der amerikanische Gewerkschaftsführer Walter Reuther
Über das Leben und Wirken von Walter, Victor und Roy Reuther sowie ihre
Bedeutung für die amerikanische und die internationale Gewerkschaftsbewegung
___________________________________________________________________
Amerika. An Bord des Schiffes Hermann
machte sich die Familie 1892 auf den Weg in
die Neue Welt und ließ sich in Effingham
(Illinois) nieder, wohin bereits zuvor ein Bruder
Jakobs ausgewandert war.
Dieses Manuskript ist zum privaten Gebrauch sowie für
wissenschaftliche Arbeiten bestimmt. Vervielfältigung und
Verbreitung zu kommerziellen Zwecken, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Autors.
© Jürgen Hermann 2010. Alle Rechte vorbehalten.
www.juehermann.de
Jakob (nunmehr: Jacob) Reuther arbeitete
auch in Illinois als Landwirt, während sein
Sohn Jacob jr. (Jake) nach Wheeling ging und
dessen 1881 geborener Bruder Valentine (Val)
ihm nachfolgte, als im Herbst 1899 die Ernte
eingebracht war. Rasch fand dieser Arbeit in
einer der vielen Fabriken, denn der dortige
Industriegürtel boomte angesichts der fortschreitenden Industrialisierung, und Arbeitskräfte waren dringend gesucht. Valentine, der
kurz zuvor noch den Beruf des Priesters in
Erwägung gezogen hatte, wurde Facharbeiter
und organisierte sich zugleich in der
Gewerkschaft. „A man should always fight for
freedom and brotherhood“, hatte im sein Vater
Jacob auf den Weg mitgegeben.2
Aus der Pfalz nach Illinois
In den 1880er-Jahren lebte im pfälzischen
Edigheim – einem kleinen Ort, der später in
die Stadt Ludwigshafen integriert wurde – der
Landwirt Jakob Reuther. Als Gewerkschafter,
Sozialist, Pazifist und Vegetarier war er für
seine Mitbürger sicherlich ein wunderlicher,
von den geltenden Konventionen stark abweichender Mann. Er war gläubiger Protestant
und sah sich als „christlichen Sozialisten“, der
seine Weltanschauung sowohl aus der Bibel
als auch aus den Schriften von Karl Marx
ableitete. Jakob ging selten in die Kirche, und
von ihm ist die Aussage überliefert, die Kirche
tue genug für Gott, aber beileibe nicht genug
für die Menschen.
Philip Reuther, ein Cousin aus dem bereits
zuvor nach Illinois emigrierten Familienzweig,
machte den knapp 20-jährigen Val mit den
Ideen der sozialistischen Bewegung in
Amerika vertraut. „For Val Reuther, the heart
of socialism was its promise of equal
opportunity for all and freedom from arbitrary
power and human exploitation. His goal was a
just society democratically through persuasion
and votes, not the proletarian dictatorship of
revolutionary Marxism.“3 Viele Arbeiter sympathisierten damals im Industriegürtel der USA
mit linken, ja teils mit radikalen und marxistischen Ideen, und ihre Leitfigur war der
sozialistische Politiker Eugene V. Debs. Als
Am 9. September 1850 geboren, hatte Jakob
Reuther am 20. März 1872 Christina Fuchs
geheiratet1. Da für Kleinbauern die wirtschaftliche Lage in der Region mit ihrer rasch
wachsenden Bevölkerungszahl schwierig war,
Bismarcks „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“
Gültigkeit besaß und den Söhnen die
Zwangsrekrutierung durch die preußische
Armee drohte, entschloss sich Jakob Reuther
wie viele andere Pfälzer zur Emigration nach
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 14.
3
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S. 3.
2
1
Jakob Reuther starb am 15. Januar 1935 in Effingham.
Christina Reuthers Lebensdaten sind: geb. am
17. Oktober 1844, gest. am 29. März 1929 in Effingham.
1
1902 in Valentine Reuthers Fabrik ein wilder
Streik ausbrach, wurde er auch prompt auf die
Straße gesetzt.
lebte die Familie eine harte Zeit, wobei Anna
Reuther mit schwäbischer Sparsamkeit den
Haushalt am Laufen hielt; so wurde Bettwäsche aus alten Mehlsäcken genäht und
Seife selbst hergestellt. Aus einem kaputten
Regenschirm entstand für den jungen Walter
ein Hemd, das er in der Schule stolz als
besonders gut, da wasserabweisend, präsentierte.
Anna Stocker und Valentine Reuther
In Wheeling hatten sich zahlreiche europäische Einwanderer niedergelassen, so auch
Polen, Iren und Skandinavier, und die
Deutschen gründeten zur Fortführung ihres
angestammten Lebensstils Einrichtungen wie
den Beethoven Gesangverein und den Turnverein. Durch einen Bekannten im Gesangverein erhielt Valentine nach der Kündigung
eine neue Stelle und arbeitete fortan in der
Schmulbach Brewing Company. Keine ungewöhnliche Entwicklung, waren doch die
Brauereien in Wheeling, sowohl als Besitzer
wie auch bezüglich der Belegschaft, von
Deutschen dominiert. Gegenüber dem Werksgelände gab es ein Gasthaus, welches die
Arbeiter regelmäßig zum Mittagessen aufsuchten.
Der älteste Sohn Theodore verließ die High
School, begann eine Ausbildung zum Buchhalter und trug schon bald zum Familieneinkommen bei. Auch Walter brach die Schule
ab, um bereits als Heranwachsender zu
arbeiten. Erst in den 1920er-Jahren entspannte sich die finanzielle Situation, als
Valentine als selbständiger Versicherungsvertreter bzw., nach anderen Quellen, mit dem
Verkauf und der Vermietung von Immobilien
wieder ein regelmäßiges Einkommen hatte.
Leidenschaftliche Diskussionsrunden
im Wohnzimmer
Dort arbeitete als Küchenhilfe eine junge
Deutsche, die im September 1902 an Bord der
Vaterland nach Amerika gekommen war und
kaum ein Wort Englisch sprach: Anna
Stocker.4 Sie war vom Jahrgang 1882 und
hatte ihren Heimatort Scharnhausen bei
Stuttgart (heute ein Stadtteil von Ostfildern)
verlassen, da die früh verwitwete Mutter
Agathe ihren Freund und voraussichtlichen
Ehemann Fritz strikt ablehnte. Anna machte
ihre Drohung wahr und verließ die Heimat,
musste dann allerdings erfahren, dass Fritz –
anstatt, wie versprochen, nachzukommen –
auf den Fildern blieb und kurz danach eine
andere heiratete. Sie ließ sich in Wheeling
nieder, weil dort bereits ein Bruder und eine
Schwester von ihr lebten.
Bis dahin war für Valentine Reuther genügend
Zeit, sich um die Erziehung und die Bildung
seiner Söhne zu kümmern. So lehrte er sie,
sich den Herausforderungen des Lebens zu
stellen und jede Form von Weiterbildung zu
nutzen. Hierzu zählten auch Rhetorik und
aktuelle gesellschaftliche Themen, und regelmäßig kam der Vater an den Sonntagen, nach
dem Mittagessen, mit Walter, Roy und Victor
zu Diskussionsrunden zusammen. Das Thema
hatte er eine Woche zuvor vorgegeben, wobei
jeder der Jungen einen bestimmten Standpunkt zu vertreten hatte.
Victor Reuther erzählte: „An einem Sonntag,
bevor die Debatte begann, sagte mein Vater:
,Heute werdet Ihr die Seiten wechseln!’,
worauf ich erwiderte: ,Das ist nicht fair! Du
hast mich beauftragt, gegen Kinderarbeit zu
plädieren und entsprechende Gesetze vorzuschlagen, und nun verlangst Du, dass ich die
Arbeitgeberseite vertreten soll – und das,
nachdem ich mich eine Woche extra vorbereitet habe!’ Da sagte mein Vater etwas, das
ich niemals vergessen werde: ,Wenn Du dich
gut vorbereitet hast, wirst Du die Argumente
beider Seiten kennen, und Du kannst Deinem
Gegenüber wirksam begegnen. Du bist also
offensichtlich schlecht vorbereitet!’ Er war ein
guter Lehrer. Jeder von uns erhielt so eine
gute Schulung in der Redetechnik.“ 6
Anna Stocker, „the attractive, red-haired Swabian girl“5, und Valentine Reuther wurden ein
Paar, und 1904 fand die Hochzeit statt. Aus
der Ehe gingen fünf Kinder hervor, zunächst
Sohn Theodore (1905 – 1986) und zuletzt die
wesentlich jüngere Tochter Christine (geb.
1923). Ihr Leben verlief ganz anders als jenes
ihrer drei Brüder Walter (1907 – 1970), Roy
(1909 – 1968) und Victor (1912 – 2004).
1914 kam per Gesetz die Prohibition nach
West Virginia, die Schmulbach Brewing Company wurde geschlossen, und Valentine verlor
erneut seinen Job. In den Folgejahren durch-
Bald schon galten die Reuther-Söhne als
„radikal“, und selbst in der deutschen Ge-
4
Anna Stocker ist die Urgroßtante des Verfassers dieses
Textes.
5
Reuther, Victor G.: The Brothers Reuther and the Story
of the UAW, a.a.O., S. 15.
6
2
zitiert nach Überhorst, Horst: Brot und Freiheit, a.a.O.
meinde von Wheeling untersagte man den
Kindern den Umgang mit ihnen. 1923 nahm
der knapp 16-jährige Walter seinen ersten Job
an; der Teenager übte verschiedene Hilfstätigkeiten aus und trug zum Familieneinkommen
bei, ehe er eine Lehre zum Werkzeugmacher
begann. Da auch der Vater wieder einen
regelmäßigen Verdienst hatte und zudem von
Theodore Geld kam, konnten die beiden
jüngeren Söhne Roy und Victor die High
School bis zum Abitur besuchen.
ten sich unter die Menschen, die ihre Arbeit
verloren hatten und in diesen Hoovervilles
unter einfachsten Bedingungen lebten. „Detroit
war von der Depression besonders hart betroffen. Die Menschenschlangen an den Suppenküchen waren länger als jemals zuvor.
Fast 750 000 Arbeitslose gab es in Michigan,
und diejenigen, die noch einen Arbeitsplatz
hatten, mussten Lohnkürzungen bis zu 40
Prozent in Kauf nehmen. 1932 waren in
Detroit 18 Prozent aller Kinder stark unterernährt.“10
Arbeit und Studium in Detroit
Ideologisch näherten sich die Brüder der
Socialist Party an, für welche Norman Thomas
1928 erstmals für die Präsidentschaft der USA
kandidierte. Seit dem Tod von Eugene Debs
war er der Hoffnungsträger der amerikanischen Linken. Im Präsidentschaftswahlkampf
1932 engagierten sich Walter und Victor
Reuther stark für Thomas, und spätestens zu
diesem Zeitpunkt wurden sie sowie ihr Bruder
Roy Mitglieder der Socialist Party. Als Walter
im Zentrum von Dearborn auf sein Fahrzeug
stieg, von dort aus zu arbeitslosen Männern
sprach und sie von den Vorteilen der
Stimmabgabe für Thomas zu überzeugen versuchte, eilten Polizisten herbei und ermahnten
ihn, er befinde sich auf Privatgelände und
dürfe hier nicht öffentlich sprechen. Walter zog
den Kaufvertrag für seinen Wagen aus der
Tasche und erwiderte: „Das weiß ich, Officer.
Ich bin der Besitzer dieses Fahrzeugs.“ Unter
scharfer Aufsicht der Polizei konnte er
daraufhin seine Rede fortsetzen.
Aber Walter Reuther hielt es nicht mehr lange
im Upper Ohio Valley, und so ging er 1927 mit
einem Freund in eine der Boomtowns der
damaligen Zeit, nach Detroit. Als qualifizierter
und deutschstämmiger Facharbeiter bekam
der junge Bursche eine gut bezahlte Stelle
beim Autobauer Ford. „Werkzeugmacher sind
die Aristokraten des Fließbandes, sie fertigen
die Maschinen, die die Autos produzieren. Die
Vorarbeiter unter ihnen sind echte Fürsten im
Produktionsprozess – die Elite der Elite.“7 Der
gerade einmal 20-jährige Walter wurde am
Werkstor von Ford zunächst als zu jung und
zu unerfahren abgewiesen, dann aber nach
zwei Probetagen als Vorarbeiter zu einem
Stundenlohn von 1,05 Dollar eingestellt.
„During the first half of the twentieth century,
skilled metal workers, in both North America
and Europe, were the aristocrats of labor,
almost exclusively northern European white
males whose strategic position in the production process won them the highest wages and
the most privileged status in the blue-collar
workforce.“8 Parallel zu dieser Tätigkeit holte
Walter an der Abendschule seinen Schulabschluss nach und begann dann, am Detroit
City College9 zu studieren.
Walter Reuther war inzwischen gesellschaftlich und politisch sehr aktiv und zudem Mitglied der Auto Workers Union (AWU) geworden, einer kleinen, aber radikalen und von
Kommunisten stark beeinflussten Gruppe. Die
Brüder empfanden auch viel Sympathie für
den aus der Ferne attraktiv erscheinenden
sowjetischen Weg zum Sozialismus, in dem
sie – wie viele europäische Arbeiter und Intellektuelle – ein überaus interessantes Gesellschaftsmodell sahen. Ob das Ende von
Walters Tätigkeit bei Ford im Herbst 1932
freiwillig geschah oder es wegen der politischen und gewerkschaftlichen Aktivitäten zur
Kündigung kam, bleibt ungeklärt, doch ist der
Hinauswurf wahrscheinlich.
Zum Studium kam 1929 auch Victor Reuther
nach Detroit; in einer Vierer-Wohngemeinschaft mit Walter und zwei Kommilitonen
besorgte er den Haushalt, während die drei
anderen jungen Männer in der Fabrik arbeiteten. Doch der Boom flaute bereits ab, die
Weltwirtschaftskrise brach aus, und schon
bald bildeten sich Armenviertel am Rande der
Motor City.
Reise nach Europa und die Zeit in Gorki
An Wochenenden unternahmen Walter und
Victor „soziologische Feldstudien“ und misch-
Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in
Wheeling begann für Walter und Victor
Reuther im Februar 1933 ein von Neugier,
7
Lacey, Robert: Ford. Eine amerikanische Dynastie,
a.a.O., S. 229.
8
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 20.
9
Heute die Wayne State University.
10
Lacey, Robert: Ford. Eine amerikanische Dynastie,
a.a.O., S. 200.
3
Fernweh und Entdeckungslust geprägter
Lebensabschnitt: Ein langer Aufenthalt in
Europa, der vor allem der Arbeit in einem
Automobilwerk in der UdSSR diente; dort
wurden qualifizierte Arbeiter dringend gesucht.
Die Brüder kamen zunächst nach Berlin und
gehörten zu den ersten Besuchern, welche
man im März 1933 durch die Trümmer des
ausgebrannten Reichstagsgebäudes führte.
Anschließend verbrachten sie einige Zeit bei
der Verwandtschaft in Ruit und Scharnhausen
bei Stuttgart und wurden dort Zeugen, wie es
nicht nur Dorfgemeinschaften, sondern auch
die eigene Verwandtschaft zwischen engagierten Sozialdemokraten und nicht weniger
überzeugten Nationalsozialisten zerriss.
ausländischen Arbeitern.12 Mehrfach war es
morgens im Frühstücksraum so, dass andere
Familien ohne den Ehemann oder Vater
eintraten, mit vom Weinen geröteten Augen
und angstvollen Blicken. Niemand sprach sie
an, denn jeder wusste, dass der verschwundene Angehörige irgendwann in der
Nacht zuvor von der Geheimpolizei abgeholt
worden war. Jede Form der Anteilnahme, ja
bereits die Frage nach dem Verbleib des
Verschwundenen konnte als Sympathie mit
diesem ausgelegt werden und schlimme
Folgen nach sich ziehen.
Auf Fahrrädern reisten Walter und Victor
Reuther ein halbes Jahr lang durch verschiedene europäische Länder, besuchten Gewerkschaftsvertreter, besichtigten Fabriken und
übernahmen auch die riskante Aufgabe, geheime Nachrichten für untergetauchte Sozialisten in Deutschland zu befördern. Dann
erhielten sie Visa für die UdSSR und machten
sich auf den Weg nach Gorki. Von Ende 1933
bis ins Frühjahr 1935 lebten und arbeiteten die
Reuther-Brüder im sowjetischen Automobilwerk von Gorki (Gorkovsky Avtomobilny
Zavod/GAZ), einer Form von Joint-venture mit
Ford. Sie nahmen am Betriebsaufbau teil und
schulten die Arbeiter in handwerklichen
Dingen sowie in organisatorischen Abläufen.
„As valued foreign workers, Walter and Victor
Reuther were privileged witnesses to a second
revolution in the Soviet Union.“ 11
Vom Sozialismus enttäuscht und mit der
Erkenntnis, dass in der Sowjetunion eine Entwicklung zu Freiheit und Demokratie nicht
erkennbar war, kehrten die Brüder in der
zweiten Hälfte des Jahres 1935 über Asien
nach Detroit zurück. Doch stand dort Walter
Reuthers Name auf einer schwarzen Liste,
und es war ihm unmöglich, Arbeit zu finden –
auch nicht, als er seinen zweiten Vornamen
zum Familiennamen machte und sich als
Walter Philips bewarb.
UAW Local 174, Detroit West Side
Gemeinsam mit ihrem Bruder Roy, der in der
Zwischenzeit vor Ort gewerkschaftlich aktiv
und als Dozent am Brookwood Labor College
in Katonah (New York) tätig gewesen war,
traten Walter und Victor der neuen
Organisation United Auto Workers (UAW)
bei13. In dieser Gruppierung waren die Kommunisten stark vertreten, während die
Reuthers gerade erst die dunkle Seite des real
existierenden Sozialismus aus direkter Nähe
erlebt hatten. Walter Reuther wurde rasch, im
Alter von 28 Jahren, Chef des UAW-Büros
174 in Detroit West Side, organisierte Arbeitskämpfe und begann dort seinen Aufstieg in
der amerikanischen Arbeiterbewegung.
Doch die anfängliche Begeisterung wich bald
Ernüchterung, denn es herrschten auf dem
Arbeits- und Wohngelände nicht nur einfache
Lebensverhältnisse, sondern es belastete
auch die völlige staatliche Kontrolle jedes Bereichs durch das stalinistische System. Dabei
hatten die Reuther-Brüder – wie viele europäische Facharbeiter, die ihre von autoritären
Regierungen kontrollierten Heimatländer verlassen hatten und in die UdSSR gekommen
waren – gehofft, dort ein „Paradies der Werktätigen“ vorzufinden und Zeugen zu werden,
wie man den theoretischen Sozialismus zum
Wohle der Werktätigen in die Realität umsetzte.
Als Aktivisten der UAW beteiligten sich die
Reuther-Brüder ab 1936 an Streikaktionen, die
nur allzu oft in Gewalt umschlugen, für die
Gewerkschaftsbewegung in den USA aber
wegweisend waren und bis heute historische
Bedeutung besitzen. Nicht selten wandten sie
12
ausführlich in Reuther, Victor G., Verraten in Gorki,
a.a.O.
13
Die UAW (offiziell: The International Union, United Automobile, Aerospace and Agricultural Implement Workers of
America) wurde 1935 in Detroit gegründet, schloss sich
jedoch einer Faktion innerhalb der American Federation of
Labor (AFL) an, obwohl diese die Gründung der UAW
angeregt hatte. Als die AFL die abtrünnige Faktion wegen
Illoyalität ausschloss, konstituierte sich aus ihr der
Congress of Industrial Organizations (CIO). Erst 1955 und
nach Jahren bitterer Rivalität vereinigten sich beide
Organisationen wieder.
Stattdessen erlebten sie die Säuberungswelle
nach der Ermordung von Sergej Kirow (1934)
sowie die Verhaftung und Deportation vieler
Freunde, sowohl von Russen als auch von
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 38.
11
4
dabei die Methode des Sitzstreiks an, welche
sie in Europa kennen gelernt hatten. Man
erreichte nicht nur Lohnerhöhungen, sondern
mit der Zeit auch die Anerkennung der UAW
als Verhandlungspartner, einen verbesserten
Kündigungsschutz und das Recht der Arbeiter,
sich innerhalb der Betriebe zu organisieren.
Streikaktion in Flint erheblich. Aber zugleich
erhöhte sich die persönliche Gefahr für die
Reuther-Brüder, und sie bekamen angesichts
der offenen Androhung von Gewalt Leibwächter zur Seite gestellt. Kurze Zeit nach GM
erkannte auch Chrysler die UAW als Kooperationspartner an, so dass schließlich nur noch
der Ford-Konzern, als letzter der Big Three,
die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft
verweigerte.
Zur gleichen Zeit richteten die Arbeitgeber ein
gut funktionierendes Spitzelsystem in ihren
Betrieben ein. Sobald ein Beschäftigter seinen
Aufnahmeantrag in der Gewerkschaft unterzeichnet hatte oder auch nur Interesse an der
Mitgliedschaft zeigte, verlor er seinen Job.
Vorarbeiter, die ohnehin völlig willkürlich
handeln konnten und von ihren Untergebenen
auch schon einmal die sexuelle Gefügigkeit
der Ehefrau erzwangen, gingen durch die Hallen und boten Arbeitern Lohnerhöhungen als
Gegenleistung für die Aufgabe ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit an.14
Am 26. Mai 1937 ereignete sich in Dearborn
(Michigan) der legendäre Battle of the
Overpass, als auf einer Fußgängerbrücke
Flugblätter verteilende UAW-Aktivisten, unter
ihn Walter Reuther, von einer Schlägertruppe,
die zum Werksschutz des Ford River Rouge
Complex gehörte, angegriffen und brutal
geschlagen wurden. Die Brücke führte zum
River-Rouge-Werk von Ford, dem damals
größten Industriekomplex der Welt, „einem der
Altäre des Kapitalismus, einer riesigen, satanischen Kathedrale des privaten Unternehmertums“.15
Selbst ihr Privatleben richteten die ReutherBrüder auf die Gewerkschaft aus. Walter
heiratete im März 1936 May Wolf, die einer
jüdischen Familie entstammte, welche wegen
des wachsenden Antisemitismus das zaristische Russland verlassen hatte. Im Juli desselben Jahres fand die Hochzeit statt zwischen Victor und Sophia Goodlavich; ihre
Eltern waren aus Polen eingewandert. Beide
Ehefrauen waren in der amerikanischen
Arbeiterbewegung aktiv und standen fortan
ihren Ehemännern zur Seite. Erst 1944
heiratete auch Roy Reuther, und zwar die aus
Weißrussland stammende Fania Sasonkin.
Unternehmensgründer Henry Ford hatte zuvor
gesagt, dass es zur gewerkschaftlichen
Organisierung seiner Arbeiter „nur über meine
Leiche“ kommen werde. („The UAW would
organize Ford over my dead body!") Der von
Harry
Bennett
aufgebaute
berüchtigte
Werksschutz von Ford war, so Victor Reuther,
„eine Privatarmee aus Raubmördern und
Gangstern”16, und in den Werkshallen herrschten despotische Zustände. Nun fanden die
Bilder der blutigen Übergriffe ihren Weg in die
großen amerikanischen Zeitungen und machten die Reuther-Brüder noch bekannter.
Walter entging einige Monate nach diesen
Ereignissen, im April 1938, nur knapp der
Entführung durch bewaffnete Männer, die an
der Tür auftauchten und mit Sicherheit den
Auftrag hatten, ihn zu töten.
Meilensteine: Der Streik in Flint
und der Battle of the Overpass
In den ersten Wochen des Jahres 1937 kam
es bei General Motors in Flint (Michigan) zu
einem langen Konflikt, bei dem vor allem die
Strategie des Sitzstreiks – d.h. der Arbeitsverweigerung der Beschäftigten am Arbeitsplatz –
angewandt wurde und der mit einem Sieg der
Gewerkschaft endete. Die UAW wurde als
Verhandlungspartner anerkannt; die Mitglieder
behielten ihre Jobs und durften sich auf dem
Betriebsgelände in den Pausen beraten.
Praktisch über Nacht wurde die Automobilarbeitergewerkschaft eine mitgliederstarke
und mächtige Organisation.
„,Wir haben keine Sympathien für die Angriffe
auf Henry Ford’, schrieben viele Kleinstadtzeitungen. Die Angriffe sollten sich gegen
diejenigen richten, die nicht soviel für die
arbeitende Bevölkerung getan hatten wie er.
Ford habe sein Geld immer dazu verwandt,
mehr Arbeitsplätze zu schaffen, anstatt es
anzuhäufen, was er auch hätte tun können.
15
Lacey, Robert: Ford. Eine amerikanische Dynastie,
a.a.O., S. 10.
16
Appelius, Stefan: Victor Reuther, a.a.O. „Anfang der
zwanziger Jahre übernahm Harry Bennett den Werkschutz, und er baute sich daraus seine eigene Privatarmee
– ehemalige Boxer, Footballspieler, Schlägertypen und
Kriminelle, die mit allen Wassern gewaschen waren …
Sicherlich setzte Harry Bennett Gewalt und Bestechung
bis zur Perfektion ein, aber seine Machtposition hatte er
ausschließlich von Henry Ford erhalten.” (Lacey, Robert:
Ford. Eine amerikanische Dynastie, a.a.O., S. 242.)
Obwohl er in diesen Arbeitskampf weit weniger eingebunden war als Victor und Roy,
wuchs Walter Reuthers Ansehen durch die
14
vgl. Appelius, Stefan: Victor Reuther, a.a.O.; Dickmeyer,
Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter Strikes, a.a.O.,
S. 44.
5
Sehr viele Durchschnittsamerikaner waren der
Überzeugung, dass Gewerkschaftsmitglieder
bösartige Drahtzieher seien, die den normalen, ehrlichen amerikanischen Arbeiter vom
rechten Weg abbringen wollten – und dieser
Überzeugung war auch Henry Ford.“17
Ronald Jay (R.J.) Thomas löste 1938 Homer
Martin als UAW-Präsident ab. 1940 errang die
Gewerkschaft einen Erfolg, als sie nach einem
Streik bei General Motors als Verhandlungspartner der Automobilindustrie anerkannt
wurde, und 1941 kam es angesichts des drohenden Kriegseintritts der USA zu einem
richtungsweisenden Vertrag mit dem FordKonzern, der damit seinen langen und erbitterten Widerstand gegen die Gewerkschaften
aufgab.
Interne Flügelkämpfe
Die Erfolg der Streikaktionen führte dazu, dass
sich die Mitgliederzahl der UAW rasch vervielfachte und die Gewerkschaft stetig an
Einfluss gewann. Gleichzeitig verschärfte sich
aber auch der Machtkampf innerhalb der
Organisation, und ihrem vergleichsweise
schwachen Präsidenten Homer Martin gelang
es nicht, ausgleichend zu wirken und den zunehmenden Machtanspruch der Kommunisten
zurückzudrängen. Diese Vorgänge sowie die
Auswirkungen der „Roosevelt-Rezession“
schwächten Ende der 1930er-Jahre vorübergehend die Glaubwürdigkeit der UAW und
führten die Gewerkschaft an den Rand des
Auseinanderbrechens.
„500 planes a day!“
Die Reuthers plädierten nach dem Ausbruch
des Zweiten Weltkriegs für die Unterstützung
Englands, da das nationalsozialistische
Deutschland eine Gefahr für Amerika darstelle. Mit seinem im Dezember 1940 vorgestellten Plan, Präsident Franklin D. Roosevelt zu unterstützen, Autofabriken zur Produktion von Flugzeugen zu nutzen („500 planes a
day“) und für die Dauer des Krieges auf
umfangreiche Streikaktionen zu verzichten,
sorgte Walter Reuther für Aufsehen; er stieg
auf zu einer nationalen Persönlichkeit mit
erheblich vergrößertem Ansehen und Einfluss.
Der Plan, so Finanzminister Henry Morgenthau, sei gut, habe jedoch einen Fehler: Er
komme „aus der falschen Quelle“.
Gegen die drei Reuther-Brüder – von ihren
internen Gegnern „Royal Family“ genannt –
wurde schon bald der Vorwurf persönlichen
Machtstrebens laut, und Homer Martin sah in
ihnen Rivalen um die Führung der UAW.
Walter Reuther pflegte trotz seiner Erfahrungen in der UdSSR lange Zeit gute
Beziehungen zu den amerikanischen Kommunisten und war möglicherweise auch für kurze
Zeit Mitglied in ihrer Partei.18 Diese Strategie
dürfte in der Vorstellung begründet gewesen
sein, in den USA könne sich ähnlich wie in
Europa eine Volksfront unter Beteiligung aller
fortschrittlichen Kräfte herausbilden. Kritiker
sehen diese Haltung indes als Beweis dafür,
wie stark opportunistisches Taktieren das
Handeln dieses auf seine Karriere bedachten
Mannes geprägt habe.19
Roosevelt wurde auf Walter Reuther aufmerksam und beriet sich mit ihm mehrmals im
Weißen Haus, während die First Lady Eleanor
Roosevelt ohnehin ein offenes Ohr für soziale
Probleme und die Belange der Gewerkschaften hatte und in vielen Fragen Walters
Standpunkt einnahm. Eines Tages begrüßte
der Präsident Reuther im Oval Office mit den
Worten: „Hier kommt mein junger, rothaariger
Ingenieur!“ Daraufhin rief UAW-Präsident R.J.
Thomas aus: „Er ist doch gar kein Ingenieur,
sondern nur ein Werkzeugmacher!“20
Dabei war die Haltung unter den drei Brüdern
keinesfalls immer einheitlich. Walter Reuther
war längst zu einem profilierten „Vollzeitgewerkschafter“ und einem der führenden
Köpfe in den Reihen der UAW geworden. Als
der Richtungskampf erbitterter wurde, distanzierte sich Walter von den Kommunisten und
verließ die Socialist Party, während ihr Victor
und Roy weiterhin angehörten.
Die meisten Teile des Reuther-Plans wurden
in Kooperation mit den großen amerikanischen Automobilkonzernen umgesetzt. Aber
die Nähe zur Regierung sowie das Engagement für die amerikanischen Kriegsanstrengungen waren für die Gewerkschaft auch
nachteilig, denn darunter litt ihre Glaubwürdigkeit. „This is a war against … all brands
of fascists, foreign and domestic”21, sagte
Victor Reuther 1943, aber auch: “It is common
knowledge that enthusiasm for the union has
bogged down considerably in a great many
17
Lacey, Robert: Ford. Eine amerikanische Dynastie,
a.a.O., S. 247.
18
vgl. Lichtenstein, Nelson: Reuther the Red? a.a.O.
19
vgl. hierzu Hansen, Beatrice: Political Biography of
Walter Reuther – The Record of an Opportunist, a.a.O.
20
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S.80.
21
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 194.
6
circles because we have not continued to win
economic gains for our members.”22
Populär waren auch Reuthers Housing Program und sein Vorschlag, zur Bekämpfung der
Wohnungsnot sollten nach Kriegsende rasch
preisgünstige Fertighäuser produziert werden.
Sein Ziel war ein komfortables, sicheres und
hinreichend geräumiges Wohnumfeld für alle
arbeitenden Familien. „Walter Reuther ging es
keineswegs nur um Lohnverhandlungen, sondern auch um neue, zukunftsweisende, sozialpolitische Konzeptionen. Dies zeigen seine
Entwürfe familiengerechter und preiswerter
Wohnungen für Arbeiter, die Beseitigung von
großstädtischen Slums, Pläne einer Entwicklungshilfe für Lateinamerika und Schwarzafrika sowie die Bewältigung der Probleme der
Automation. Erziehung und Zukunftsplanung
waren für Walter Reuther zwei wichtige nationale Aufgaben.“25
Nach und nach entwickelte sich Walter
Reuther zum Hoffnungsträger der nichtkommunistischen Linken in Amerika. „He was the
most polarizing figure in the UAW, the most
ideological of the top union leaders, a man
who instinctively clothed his ambitions in the
programmatic language of the labor-left.
Reuther lived and breathed the union.”23 FBIDirektor J. Edgar Hoover indes traute den
Brüdern nicht: „Indeed, Victor and Walter
Reuther had been given prominent places on
the FBI’s new ,custodial detention’ list of
dangerous individuals slated for arrest should
the president declare a national emergency.“24
Walter, der in der UdSSR gearbeitet habe, sei
ein “subversiver Kommunist” und dürfe keinesfalls in die Landesverteidigung eingebunden
werden. Dennoch standen Walter, Victor und
Roy Reuther bald in verantwortlichen Positionen in der amerikanischen Kriegswirtschaft,
wobei der Einfluss von Gewerkschaftern auf
die industrielle Planung in vielen Führungsetagen mit großem Argwohn beobachtet
wurde.
Walter Reuthers Werdegang war auch während des Krieges durch interne Machtkämpfe
beeinflusst, doch als die USA 1945 zum
Frieden zurückkehrten, waren 15 Millionen
amerikanische Arbeiter in Gewerkschaften
organisiert – weit mehr als zu Kriegsbeginn.
Aus einem Streik bei General Motors (Ende
1945/Anfang 1946) ging Reuther wiederum
gestärkt hervor. Es gelang der UAW in dem
113 Tage währenden und harten, aber
gewaltfreien Arbeitskampf, erstmals alle GMFabriken lahmzulegen; der Slogan lautete:
„We fight today for a better tomorrow.“
Der Weg an die Spitze der UAW
Eine Reihe weiterer erfolgreicher Streikaktionen, bei denen zunehmend auch die Rassenfrage sowie die soziale Integration und die
Gleichbehandlung der Afroamerikaner eine
Rolle spielten, stärkten die Position Walter
Reuthers. Nach und nach setzte die UAW das
Prinzip der Closed Shops durch, d.h. die
Zwangsmitgliedschaft der Belegschaft eines
Unternehmens in der Gewerkschaft. Wer dies
ablehnte, verlor seinen Arbeitsplatz, denn
nichtorganisierte Arbeitnehmer sollten nicht
von Lohnerhöhungen und anderen sozialen
Verbesserungen profitieren, welche die Gewerkschaften durchsetzten. Darüber hinaus
organisierten sich immer mehr Schwarze und
wurden engagierte Mitglieder – mit dem
Resultat, dass sich zunehmend auch der KuKlux-Klan gegen die Gewerkschaften wandte.
Und dies selbst in Detroit, wohin sowohl
schwarze auch als weiße Amerikaner auf der
Suche nach Arbeit kamen.
Es war zugleich der letzte der großen
Arbeitskämpfe in der langen Geschichte der
Industrialisierung Nordamerikas. Für viele Mitglieder war Reuther danach schlicht „unser
Held“. Einem Ford-Manager, der ihm einen
sozialistischen Standpunkt vorwarf, entgegnete der Gewerkschaftsführer: „If fighting for
equal and equitable distribution of the wealth
of this country is socialistic, I stand guilty of
being a Socialist.“26
Im März 1946 wurde Reuther, der vier Jahre
zuvor zum Vizechef aufgestiegen war, auf
dem Konvent in Atlantic City mit knapper
Mehrheit zum Präsidenten der UAW gewählt –
in ein Amt, welches er bis zu seinem
Lebensende ausübte. „We won the war. The
task now is to win the peace”, betonte er vor
den Delegierten. Doch viele seiner Anhänger
erlitten bei Wahlen zu den zu vergebenden
Ämtern Niederlagen, und Reuther sah sich als
Folge mit großem Widerstand konfrontiert. Er
hatte mit einem kommunistisch beherrschten
Vorstand zu kooperieren, dessen Macht er
22
ebd., S. 203.
ebd., S. 184f.
24
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 167. („Later, First
Lady Eleanor Roosevelt would complain to her husband
about Hoover and the FBI: ,We are developing a Gestapo
in this country, and it frightens me.’“ Über praktisch alle
Mitglieder der großen Reuther-Familie legte das FBI
Karteikarten bzw. Dossiers an. Dickmeyer, Elisabeth
Reuther: Reuther – A Daughter Strikes, a.a.O., S. 68, S.
265.)
23
25
Überhorst, Horst: Brot und Freiheit, a.a.O.
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S.103.
26
7
zunächst nicht brechen konnte, und der Richtungskampf setzte sich fort.
Aktivisten in der Gewerkschaft kommen als
Drahtzieher in Frage.27
Erst als Victor Reuther als neuer Leiter des
Education Department der UAW Führungskräfte in leitende Positionen brachte, welche
auf Walters Richtung eingeschworen waren,
endete dieser Konflikt zugunsten der ReutherBrüder. Mit dem Slogan „Teamwork in the
Leadership, Solidarity in the Ranks“ warb man
für das Ende der Fraktionskämpfe, welche von
einem Teil der Gegner der Reuthers aber
durchaus auch als Zeichen einer lebhaften
internen Demokratie gewertet worden waren.
Als Walter Reuther im Krankenhaus von
seiner Mutter Anna mit allem Nachdruck
gebeten wurde, sein gewerkschaftliches Engagement aufzugeben und in seinen Beruf als
Werkzeugmacher zurückzukehren, erklärte er
ihr, dass er längst zu sehr „in diese Sache“
involviert sei, um sich noch ändern zu können
oder zu wollen: „I’m all tied up in this work. It’s
much bigger than I am, and I can’t run away
from it.“28 Später betonte er: „Gewehrschüsse
können unsere neue Art von Arbeiterbewegung weder stoppen noch zurückwerfen.“ Und
in seinem berühmtesten Glaubensbekenntnis:
„There is no greater calling than to serve your
fellow men. There is no greater contribution
than to help the weak. There is no greater
satisfaction than to have done it well.“
In der amerikanischen Politik errangen die
Republikaner bei den Zwischenwahlen im
November 1946 erstmals seit 1930 die Kontrolle über den Kongress. 1947 brachten sie
das Taft-Hartley-Gesetz ein, welches von der
Legislative gegen das Veto Präsident Trumans verabschiedet und von Walter Reuther
als „ein bösartiges Stück faschistischer Gesetzgebung“ bezeichnet wurde. Es regelte das
Verhältnis zwischen Unternehmern und
Arbeitnehmern zuungunsten der Gewerkschaften. Closed Shops wurden verboten,
womit die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft
zur Voraussetzung für die Einstellung entfiel;
Union Shops blieben hingegen in den meisten
Bundesstaaten erlaubt, d.h. die Verpflichtung
des Arbeitnehmers, nach der Einstellung der
Gewerkschaft beizutreten. Das Streikrecht
wurde eingeschränkt.
Als Folge des Attentats wurde Walter
Reuthers Position in der UAW über Jahre
hinweg nahezu unangreifbar, war er doch
beinahe zu einem Märtyrer für die Arbeiterbewegung geworden. Ein neues Haus wurde
zur Festung umgebaut und ein gepanzerter
Dienstwagen angeschafft, Leibwächter waren
rund um die Uhr präsent, und nicht zuletzt die
Töchter Linda und Lisa litten unter dieser
Situation. „Growing up with May and Walter
Reuther had never been easy, but it had
always been an education. They not only
believed in the dignity and kinship of all
people, they lived it. As with any life worth
living, that brought great risks. The
assassination attempts, the extreme security
measures, the utter loss of privacy, all left their
mark on my psyche. But they also taught me a
lesson. Something was terribly wrong with the
world, and it was my duty to help make it
right.”29
Im Visier von Attentätern
Walter und Victor Reuther zahlten einen hohen Preis für ihr Engagement in der Gewerkschaftsbewegung: Bei Schusswaffenattentaten, die im April 1948 bzw. Mai 1949 auf sie
verübt wurden, überlebten sie nur knapp und
mit schwersten Verletzungen. Im Dezember
1949 misslang der Versuch, mit einem
Sprengsatz aus 39 Dynamitstangen die UAWCIO-Zentrale zu zerstören. Die Hintermänner
dieser Anschläge wurden nie ermittelt, gegen
niemanden wurde jemals Anklage erhoben,
und Victor Reuther wies nach, dass die Polizei
ebenso wie das FBI nur halbherzig nach den
Tätern fahndeten. Es müssen in jedem Fall
auch die fatalen Beziehungen zwischen den
Gewerkschaften und dem organisierten
Verbrechen – von Victor als Unholy Alliance
bezeichnet – berücksichtigt werden, zumal
sicher scheint, dass die Attentäter auf Walter
und Victor Reuther von dem Mafiaboss Santo
Perrone gedungen wurden, in wessen Auftrag
auch immer. Auch von den Reuther-Brüdern
aus ihren Ämtern gedrängte kommunistische
27
Zu diesem Themenkomplex: Reuther, Victor G.: The
Brothers Reuther and the Story of the UAW, a.a.O., S.
269ff.; Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 272ff.; Dickmeyer,
Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter Strikes, a.a.O.,
S. 11f.
28
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 6.
29
ebd., Prologue. Die Autorin beschreibt auch das ständige Eindringen der Berufstätigkeit ihres Vaters in das
Familienleben, etwa das unvermutete Aufeinandertreffen
mit dem Politiker Stuart Udall bei einer Wanderung in Colorado, die Ansprache durch Autogrammjäger oder eine
Szene, als die Familie eine Gondelfahrt in Venedig unternahm. Ein amerikanischer Tourist rief ihnen von einer
entgegenkommenden Gondel aus zu: „Hey, Mr. Reuther,
could I see you in the morning at your hotel?“
8
fünf Jahre angelegten „Vertrag von Detroit“,
der allgemein als richtungsweisend, ja historisch gesehen und als ein Meilenstein
bezeichnet wurde, von dem es kein Zurück
gebe.
Plädoyer für den Marshall-Plan
Der Gewerkschaftsverband CIO trat 1949 wegen ideologischer Differenzen aus dem kommunistisch dominierten Weltgewerkschaftsbund (WGB; engl.: World Federation of Free
Trade Unions/WFTU) aus – eine Folge des
beginnenden Kalten Krieges und heftiger
Streitigkeiten über den Marshall-Plan. Als
wichtigstes Organ der nunmehr antikommunistischen amerikanischen Arbeiterbewegung
gründeten AFL, CIO sowie weitere westliche
und westeuropäische Arbeitnehmerverbände
noch im gleichen Jahr den Internationalen
Bund Freier Gewerkschaften (IBFG; engl.:
International Confederation of Free Trade
Unions/ICFTU).
Die Arbeiter erhielten die Zusage, dass sich in
den folgenden fünf Jahren ihr Lebensstandard
um 20 Prozent verbessern, man die Lohnsteigerungen am jährlichen Lebenshaltungsindex orientieren und sich der Arbeitgeber zur
Hälfte an Arzt- und Krankenhauskosten beteiligen werde; im Gegenzug verzichtete die Gewerkschaft für diesen Zeitraum auf Arbeitskämpfe sowie auf Forderungen über weitergehende soziale Vergünstigungen. Der Koreakrieg und die damit verbundene Inflation führten aber dann doch zu vorgezogenen Neuverhandlungen. Später setzte Reuther einen
garantierten Jahreslohn (Guaranteed Annual
Wage/GAW) für die Arbeiter durch.
Für das Zustandekommen des Marshall-Plans
setzte sich Walter Reuther mit allem Nachdruck ein. Nach Gesprächen mit dem Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter in WestBerlin warb er im Weißen Haus bei Präsident
Harry S. Truman dafür, dieses Konzept dem
Morgenthau-Plan vorzuziehen. Nur mit knapper Mehrheit verabschiedete der Kongress
schließlich den Marshall-Plan. In den Tagen
um sein Ausscheiden aus dem Amt, im Januar
1953, erschien Truman in der Gewerkschaftszentrale, um sich zu verabschieden, und „mit
einem Zwinkern in den Augen erinnerte er
daran, dass Walter sehr großen Anteil daran
hatte, dass er [Truman] sich für den MarshallPlan entschieden und ihn unterstützt habe“. 30
The Merger
Als Philip Murphy im Dezember 1952 einem
Herzversagen erlag, trat Walter Reuther seine
Nachfolge als CIO-Präsident an. 1955 kam es
zum Merger, der Vereinigung der beiden
großen amerikanischen Gewerkschaftsverbände zur AFL-CIO. Ihr Präsident wurde
George Meany, ein entschiedener Antikommunist mit patriarchalischem Führungsstil; Walter
übernahm die Vizepräsidentschaft. Eine
„Liebesheirat“ stellte dieser Merger nicht dar,
eher eine Vernunftentscheidung. Walter
Reuther, der die Vereinigungsgespräche recht
lustlos geführt hatte, sich aber gewiss die
stärkere Schlagkraft der amerikanischen
Gewerkschaftsbewegung versprach, kleidete
diesen Umstand in die Worte: „We merged,
but we did not unite.“
Zwischen Truman und CIO-Präsident Philip
Murray ergab sich einmal im Weißen Haus
folgender Dialog: „Truman: ,Phil, that young
man [Walter Reuther] is after your job!’
Murray: ,No, Mr. President, he’s really after
your job!’”31 Reuther pflegte bis zu seinem Tod
den Kontakt zu dem demokratischen Nachkriegspräsidenten und kam immer wieder zu
einem Besuch und auf ein Gespräch mit Harry
S. Truman nach Independence (Missouri).
Reuther erreichte 1948 in Verhandlungen mit
General Motors für die Arbeiter Lohnerhöhungen, welche an die Steigerung der
Lebenshaltungskosten
gekoppelt
waren
(Escalator Clause), und 1949 von Ford die
Zusage,
den
Beschäftigten
erweiterte
Sozialleistungen zu gewähren und nach einer
30-jährigen Betriebszugehörigkeit eine Rente
zu bezahlen (Thirty and Out). Im Mai 1950
unterzeichneten die UAW und die drei großen
amerikanischen Automobilkonzerne den auf
Zur gleichen Zeit breiteten sich Spekulationen
aus, Reuther habe politische Ambitionen und
möglicherweise – sicherlich eine übertriebene
Sichtweise – das Weiße Haus im Visier32,
wolle sogar, wie Eisenhowers Stabschef Sherman Adams formulierte, „der erste sozialistische Präsident der USA“ werden33. Reuther
sprach aber viele Male von seiner Vision einer
sozialdemokratischen Gesellschaft in Amerika,
wie sie in Europa – vor allem in Schweden –
entstanden war. Möglicherweise müsse hierzu
eine neue, eine dritte einflussreiche amerikanische Partei gegründet werden. Diese Idee
vertrat vor allem Victor Reuther, wobei er die
30
32
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 299f.
33
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 145.
Victor Reuther erwähnte dies mehrfach im persönlichen
Gespräch mit dem Autor.
31
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 95.
9
europäischen
sozialdemokratischen
und
Arbeiterparteien als Vorbilder beschrieb.
„Walter P. Reuther, the extraordinarily able
and intelligent leader of the UAW, may well
become in another decade the most powerful
man in American politics“, schrieb 1955 der
Harvard-Historiker Arthur Schlesinger.
Walter Reuthers Kontakte zur Regierung nicht
allzu gut. „He had little respect for Eisenhower
and his fellow Republicans, whom he
considered indifferent to the needs of ordinary
Americans.“37 Für Reuther betrachtete die Regierung Eisenhower das Land „durch den
Rückspiegel“. Scharf protestierte er 1956, als
ein Mitarbeiter Eisenhowers unter Bezugnahme auf eine kurze Rezession mit deutlich
steigender Arbeitslosigkeit davon sprach, „das
Recht zu leiden” gehöre „zu den Freuden der
freien Marktwirtschaft“.
In den 1940er-Jahre schien in Nordamerika
die Nachfrage nach Automobilen unstillbar.
Nur jeder zweite Haushalt hatte einen Pkw,
„the industry was a bonanza for owners,
executives, and employees“.34 Doch bereits im
Verlauf der 1950er-Jahre gab es erste Anzeichen, dass sowohl die zunehmende Automatisierung als auch – nach Jahren des
Booms – eine allmählich einsetzende Marktsättigung die amerikanische Automobilbranche hart treffen und auch nachhaltig
verändern würden. Dies führte ebenso zu
verstärkter Enttäuschung vieler Arbeiter über
die Gewerkschaften wie Berichte über
Korruption und Günstlingswirtschaft in deren
Reihen. Am Ende des Jahrzehnts gab es in
den von der Fahrzeugproduktion dominierten
Industriestädten wieder höhere Arbeitslosigkeit. „Reuther knew he needed new ideas as
well as new organizers … Whatever Reuthers
fervent hope, UAW money and manpower
could not simply reproduce the excitement and
dynamism of the 1930s on cue.“35
Eng gestalteten sich indes die Beziehungen
der Reuthers zu den Kennedy-Brüdern, und
Walter unterstützte John F. Kennedy bei der
Präsidentschaftskandidatur 1960.38 Enttäuscht
war er über dessen Entscheidung, mit Lyndon
B. Johnson einen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft zu wählen, der – obwohl mit
Walter seit langem persönlich befreundet – die
Vorstellungen nach tiefgreifenden Reformen
nur bedingt zu vertreten schien. Kennedys
republikanischer Rivale Richard Nixon nannte
Reuther „einen Arbeiterführer, der zu einem
radikalen Politiker geworden ist“, und warnte
vor dessen Einfluss im Weißen Haus, sollte
Kennedy zum Präsidenten gewählt werden39:
„I can think of nothing more detrimental to this
nation than for any president to owe his
election to, and therefore be a captive of, a
political boss like Walter Reuther.”40
Der Streit zwischen Walter Reuther und
George Meany wurde zum Dauerkonflikt und
nahm mit den Jahren den Charakter offener
Gegnerschaft, ja von Feindschaft an. Reuther
widersetzte sich auch dem Weltbild des
entschiedenen Antikommunisten Jay Lovestone, des außenpolitischen Chefstrategen
und Vertrauten Meanys. Die Republikaner
kritisierten scharf die „Machtgier der Gewerkschaftsbosse, der dritten Partei Amerikas“,
und eine Gruppe um Senator Barry Goldwater
bezeichnete Reuther sowie die UAW als „eine
gefährlichere Bedrohung als den Sputnik oder
irgendetwas, das Sowjetrussland in Amerika
anrichten könnte … [Reuther] ist ein gerissener, selbstgefälliger, arroganter Gewerkschaftsboss, ein verwegener, verschlagener,
unflätiger Agitator, ein bösartiges Genie.“36
Reuthers Wahlempfehlung hatte enormes
Gewicht, denn er beeinflusste auf diese Weise
das Stimmverhalten von vielen Millionen Gewerkschaftsmitgliedern. Nicht wenige Amerikaner sahen daher in ihm einen Akteur, der
bezüglich des Sieges oder der Niederlage
demokratischer
Präsidentschaftskandidaten
ein gewichtiges Wort mitredete. „You are the
man who makes or breaks aspirants in the
37
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S. 150.
38
Beim Nominierungskonvent der Demokraten 1956, als
für Präsidentschaftskandidat Adlai Stevenson ein Running
Mate (Kandidat für die Vizepräsidentschaft) gesucht wurde, kam Senator John F. Kennedy auf Reuther zu und bat
um Unterstützung für sein Vorhaben, mit Stevenson ein
Ticket zu bilden. Reuther antwortete: „Junger Mann, ich
werde Sie dann unterstützen, wenn Sie ihr Abstimmungsverhalten ändern.“ (Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther
– A Daughter Strikes, a.a.O., S. 145.) Vizepräsidentschaftskandidat wurde 1956 Estes Kefauver.
39
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S. 172.
40
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 205. Walter Reuther revanchierte sich
im November 1969 in einem Schreiben an Senator Edmund Muskie für die Angriffe: “The Nixon Administration,
with Spiro Agnew leading the pack, continues to sow the
seeds of division and polarize America at the very time
there is a desparate need for a deeper sense of national
unity and national purpose.” (Dickmeyer, Elisabeth
Reuther, a.a.O., S. 329.)
Gemeinsam mit Kennedy und Johnson
Während der Präsidentschaft von Dwight D.
Eisenhower, d.h. in den 1950er-Jahren, waren
34
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S.135.
35
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 368.
36
Reuther, Victor G.: The Brothers Reuther and the Story
of the UAW, a.a.O., S. 437.
10
Democratic Party“, hatte ihm der republikanische Senator Carl T. Curtis einst zugerufen.
Einsatz für die weltweite Arbeiterund Gewerkschaftsbewegung
In den 1950er- und 1960er-Jahren engagierte
sich Walter Reuther auch international sehr
stark. Zahlreiche Reisen führten ihn sowie
seinen Bruder Victor – nunmehr der Verantwortliche für die Außenbeziehungen der UAW
und Repräsentant des CIO in Europa – in die
„Alte Welt“, wo er den Wiederaufbau der
Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg
unterstützte. Victor, der wohl in vielen Fragen
„stärker links“ dachte als sein Bruder, leitete
von 1951 bis 1953 das CIO-Büro in Paris.
Das Konzept des Friedenskorps stammte
nicht von Reuther, doch überzeugte er John F.
Kennedy in mehreren Gesprächen in Hyannis
Port davon, dass es sinnvoll sei und umgesetzt werden sollte. Kennedys Wirtschaftspolitik betrachtete Reuther aber als zu
konservativ, und entsprechend offen formulierte Kritik fand sich in einer Resolution,
welche der AFL-CIO-Vorstand im Februar
1963 verabschiedete. Im gleichen Jahr sagte
der Präsident zu Walter Reuther, dass er ihn
in seiner zweiten Amtszeit zu einem Mitglied
der US-Delegation bei den Vereinten Nationen
berufen werde, da er das Team um einen
Vertreter der Gewerkschaften ergänzen und
Reuthers Verhandlungsgeschick nutzen wolle.
Die sofortige Ernennung in diese Delegation
war zuvor am entschiedenen Widerstand von
George Meany gescheitert.
Beide Brüder pflegten Freundschaften u.a. mit
Willy Brandt, Bruno Kreisky, Tage Erlander
und Olof Palme. Walter Reuther sprach
davon, man könne „die Außenpolitik nicht dem
State Department überlassen“, und manch
eine Auslandsreise des populären und weltbekannten amerikanischen Gewerkschaftsführers nahm den Charakter eines Staatsbesuchs an. Bei den Harpsund-Konferenzen
in Schweden tauschten sich die ReutherBrüder sowie Hubert H. Humphrey ab 1963
regelmäßig in der Abgeschiedenheit von Tage
Erlanders Sommerresidenz mit führenden
europäischen Sozialdemokraten über gesellschaftliche Visionen und ökonomische Herausforderungen aus.
Mit Lyndon B. Johnson ergab sich die
intensivste Zusammenarbeit, die Reuther mit
einem US-Präsidenten hatte. Beide Männer
kannten sich bereits seit den 1940er-Jahren,
und Reuther schätzte Johnsons Vision der
Great Society sowie sein entschlossenes Eintreten für die Bürgerrechte und die Gleichstellung der Schwarzen. „My friend, I need
your friendship and support now more than
ever before“, betonte Johnson kurz nach
Kennedys Beisetzung in einem Telefonat mit
Reuther. Vor allem 1964, im Jahr des wegweisenden Civil Rights Act, und 1965 war das
Verhältnis von Vertrauen geprägt, ehe sich
aus den Ereignissen in Vietnam ein gewisser
Grad der Distanzierung ergab.
Am 1. Mai 1959 sprach Walter Reuther am
Brandenburger Tor in West-Berlin zu 600 000
Menschen, die dort zum Tag der Arbeit zusammengekommen waren, und versicherte
sie der Solidarität der amerikanischen Gewerkschaften. Nachdem er wochenlang mit
einem Tonbandgerät geübt und die Sprache
seiner Vorfahren aufgefrischt hatte, führte er in
Deutsch aus: „Dies ist unser Ziel: Eine Welt
des Friedens, der Freiheit und der sozialen
Gerechtigkeit für alle Völker dieser Welt …
Das amerikanische Volk, die Völker der freien
Welt, stehen Euch entschlossen zur Seite – in
Freundschaft und Solidarität. Zusammen
werden wir eine Welt des Friedens, der
Freiheit, der Sicherheit und der sozialen
Gerechtigkeit aufbauen.41 Wir werden Euch
hier in Berlin zur Seite stehen, ganz gleich,
wie stark und kalt die sowjetischen Stürme
sind, die vom Osten herüberwehen.“42
Eine enge Zusammenarbeit bestand auch mit
Robert Kennedy, der zu einem persönlichen
Freund der Reuthers wurde. In ihm sahen
Walter, Victor und Roy einen überzeugten
Aktivisten für soziale Gerechtigkeit, und sie
waren intensiv in die Gestaltung seiner Wahlkampagnen eingebunden. Erfolglos blieben
die Bemühungen Reuthers, den Sieg der
Demokraten bei der Präsidentschaftswahl im
November 1968 herbeizuführen. Nach Johnsons Verzicht auf eine erneute Kandidatur und
Robert Kennedys Ermordung hatten die
Demokraten Hubert H. Humphrey nominiert,
einen langjährigen Freund und politischen
Verbündeten Reuthers, der jedoch dem Republikaner Richard Nixon unterlag.
Auslandsbesuche führten Reuther auch nach
Asien, so eine legendäre Reise nach Indien,
wo er 1956 mit Jawaharlal Nehru zusammen-
41
zitiert nach Überhorst, Horst: Brot und Freiheit, a.a.O.
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 191. 1961 erhielt Walter Reuther von
Bundeskanzler Konrad Adenauer das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.
42
11
traf und von der Bevölkerung begeistert begrüßt wurde. Dieser Aufenthalt sowie die
spätere Verstärkung des amerikanischen
Militärengagements in Indochina veranlassten
Reuther zu der Stellungnahme, die Armut in
weniger entwickelten Staaten müsse entschlossen bekämpft werden, um die Menschen dort vor dem Einfluss der Kommunisten
zu schützen, denn diese nutzten die sozialen
und ökonomischen Gegebenheiten für ihre
Ziele aus. Reisfelder seien wichtiger als
Schlachtfelder, und allein mit militärischen
Mitteln sei das Vordringen des Kommunismus
in Asien nicht zu verhindern.
Francisco angesprochen wurde, entgegnete
der sowjetische Parteichef: „Leute wie Reuther
haben wir 1917 aufgehängt!“
„Der weiße Martin Luther King“
Walter Reuther engagierte sich nicht zuletzt in
der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.
Die Schwarzen, die immer öfter als Facharbeiter auftraten, forderten entschlossene
Maßnahmen der Gewerkschaften, um ihre
fortbestehende Diskriminierung am Arbeitsplatz zu beenden und die hierarchischen
Strukturen zu beseitigen. Als es nicht gelang,
einen Schwarzen in den 22-köpfigen Vorstand
der UAW zu wählen, trat eine unabhängige
Protestbewegung innerhalb der Gewerkschaft
mit zunehmender Militanz auf. Sie übte Druck
auf Reuther aus, während einzelne weiße
Mitglieder des Vorstands weiterhin kaum verhüllte Vorbehalte gegen die Schwarzen
zeigten. 1961 lud Reuther den Bürgerrechtler
Martin Luther King zur Teilnahme am UAWKonvent ein und machte Maßnahmen gegen
die Rassendiskriminierung zu einem Teil der
Tarifverhandlungen mit den großen Autokonzernen. Mit Nelson „Jack“ Edwards wurde
1962 erstmals ein Schwarzer Mitglied des
UAW-Vorstands.
Reuther wandte sich aber auch gegen den
doktrinären Antikommunismus von George
Meany und lehnte kategorisch die Zusammenarbeit der USA mit despotischen Regimen ab;
den Kommunismus könne man nicht bekämpfen, indem man die Reaktion unterstütze.
Nehru wurde von Meany als Helfer und Verbündeter der Kommunisten bezeichnet, von
Reuther hingegen als „einer der größten
Staatsmänner unserer Zeit“ gewürdigt. So
diente die Indienreise auch dazu, die Irritationen zu beseitigen, welche Meanys
Äußerungen verursacht hatten. Reuther: „Both
our nations were conceived and dedicated to
the proposition that all men are created equal.
They contributed to the world and to the ages
two moral giants, Gandhi and Lincoln … In the
world in which we live, peace and freedom
cannot endure with the world half fed and half
starving.”43
Am 28. August 1963 nahm Walter Reuther auf
persönlichen Wunsch Martin Luther Kings an
dessen Marsch auf Washington teil, als dieser
seine berühmte “I-have-a-Dream”-Rede hielt,
und führte aus: “The job question is crucial
because we will not solve [anything] … as long
as millions of Americans … are treated as
second class economic citizens … We cannot
defend freedom in Berlin as long as we deny
freedom in Birmingham … We must search for
answers in the light of reason through rational
and responsible action. If we fail, the vacuum
of our failure will be filled by the apostles of
hatred, who will search for answers in the dark
of night, and reason will yield to riots, and
brotherhood will yield to bitterness and bloodshed. We will tear asunder the fabric of American democracy.”44 In der Menge antwortete
eine Frau auf die Frage, wer Walter Reuther
sei, mit der Bemerkung, bei ihm handle es
sich um “den weißen Martin Luther King”.
Ein legendärer verbaler Schlagabtausch ergab
sich im September 1959, als Nikita Chruschtschow in die USA kam und die Gewerkschaften in San Francisco einen Empfang für
den sowjetischen Partei- und Regierungschef
ausrichteten. Walter und Victor Reuther erinnerten Chruschtschow an ihren Aufenthalt in
der UdSSR in den 1930er-Jahren und kritisierten mit deutlichen Worten, dass der Bevölkerung in der Sowjetunion und in ihren
europäischen Satellitenstaaten nach wie vor
fundamentale Menschen- und Arbeiterrechte
vorenthalten würden.
Chruschtschow reagierte empört, wies die
Kritik zurück und forderte die Reuther-Brüder
auf, sich nicht in Dinge einzumischen, welche
sie nichts angingen. Der Vorfall führte
unverzüglich zu einer gegen Walter Reuther
gerichteten und mit Schärfe geführten
Kampagne in den staatlich gelenkten Medien
der Sowjetunion. Als Chruschtschow 1961 in
Wien mit Präsident Kennedy zusammentraf
und von diesem auf die Begegnung in San
AFL-CIO-Präsident George Meany widersetzte sich dem Vorhaben Reuthers, den
Gewerkschaftsdachverband zur Speerspitze
der Bürgerrechtsbewegung zu machen. Ungeachtet dessen entwickelte sich eine zunehmend enge Zusammenarbeit zwischen Walter
44
43
zitiert nach Kutzmark, Rev. Tim: The Life and Labor
Legacy of Walter Reuther, a.a.O.
ebd., S. 138.
12
Reuther und King; es kam zu einer regelmäßigen Korrespondenz. In einem Brief an
den Gewerkschafter schrieb der Bürgerrechtler im Mai 1961: „More than anyone else
in America, you stand out as the shining
symbol of democratic trade unionism … You
have demonstrated over the years that you
can stand up in moments of challenge and
controversy. One day all of America will be
proud of your achievements, and will record
your work as one of the glowing epics of our
heritage.”45
Reuther seinen Kreuzzug zur Beseitigung der
Armut in Amerika (Citizens Crusade Against
Poverty/CCAP), ein Programm, dem er vorstand und für welches die UAW 1,1 Millionen
Dollar bereitstellte.
Schicksalsjahre 1968 bis 1970
Gegen Ende der 1960er-Jahre ergab sich für
Walter Reuther dann eine von neuen Herausforderungen sowie von Schicksalsschlägen
geprägte Situation. Schwere Rassenunruhen
erschütterten im Sommer 1967 nicht nur
Detroit, sondern auch sein Weltbild von einer
modernen und liberalen Stadt ohne Rassenschranken. Denn Detroit sollte die Modellstadt
sein für die Great Society und für das
Gesellschaftsmodell der UAW. Kurz vor seinem Tod betonte Reuther: „There are no white
answers to the problems. There are no black
answers. There are only common answers
that we must plan together in the solidarity of
our common humanity.”49 Jüngere und besser
qualifizierte Arbeiter fühlten sich zudem in
immer geringerer Zahl von den Gewerkschaften vertreten, wodurch sich der Organisationsgrad in den Betrieben rückläufig entwickelte.50
Innerhalb der Gewerkschaft wurde Reuther ab
Mitte der 1960er-Jahre mit zunehmender
Deutlichkeit kritisiert, da er an seiner für viele
Mitstreiter nicht nachvollziehbaren Loyalität zu
Präsident Johnson festhielt und nur maßvoll
Kritik äußerte, obwohl die Situation in
Indochina immer mehr Menschen gegen die
Regierung aufbrachte und sich Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg häuften.
Selbst mit seinen Töchtern ergaben sich
heftige und unangenehme Diskussionen zu
diesem Thema. „He remained clearly in
Johnson’s camp even as the nation’s
polarization over Vietnam made such an
alliance one of dubious remuneration.”46 Allerdings war er mit seiner Haltung in Einklang mit
der politischen Richtung seiner ärgsten
internen Widersacher: „To Meany and Jay
Lovestone, the U.S. fight against the Vietnamese Communists required the same passion
and commitment as that devoted to the
defense of Western Europe two decades
before.”47
Walters Vater Valentine Reuther starb im November 1967, umgeben von seiner Familie,
die an seinem Bett stand und deutsche Volkslieder sang. Im Januar 1968 erlag Roy
Reuther einem Herzversagen. Wenngleich
stärker im Hintergrund agierend als die Brüder, hatte Roy als erfahrener Organisator
maßgeblichen Anteil am Aufbau der UAW
sowie an der Gewerkschaftsarbeit und fand
als einziger zu einer guten Zusammenarbeit
mit George Meany. An der Seite von Robert
Kennedy hatte Roy eng mit dem Senator
zusammengearbeitet, seine Wahlkampfstrategien erarbeitet und Kampagnen für Bürgerrechte entworfen. Mit Martin Luther King und
Robert Kennedy verloren Walter und Victor
Reuther im April bzw. im Juni 1968 ihnen auch
persönlich verbundene Mitstreiter durch
Mordanschläge.
Die „Neue Linke“, an deren Spitze sich
Reuther gerne gestellt hätte, zeigte wenig
Bereitschaft, sich von der dem Establishment
zugerechneten Gewerkschaft und ihrem nicht
mehr jugendlichen Präsidenten führen zu
lassen. Ein Streik bei General Motors, den die
UAW 1964 organisierte, erreichte bei weitem
nicht die nationale Aufmerksamkeit wie
vergleichbare Aktionen in den 1940er-Jahren.
Dennoch lehnte Reuther 1966 das Angebot
Präsident Johnsons ab, als Chef des neuen
Ministeriums für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in die Regierung in Washington
einzutreten.48 In der gleichen Zeit startete
Im Juli 1968 entschieden sich Walter Reuther
und der Vorstand der Automobilarbeiter-
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 190.
46
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 404. Vor diesem Hintergrund erscheint es seltsam, dass Johnson in seiner ausführlichen Autobiographie Walter Reuther nur zweimal kurz
erwähnt (Lyndon B. Johnson: Meine Jahre im Weißen
Haus. Edition Praeger, München 1971).
47
ebd., S. 406.
48
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter
Strikes, a.a.O., S. 297. Nelson Lichtenstein erwähnt im
Gegensatz hierzu kein konkretes Angebot Johnsons,
45
sondern spricht davon, dass Reuther seine Bereitschaft
signalisiert habe, ein solches Angebot ggf. anzunehmen
(a.a.O., S. 403).
49
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S. 210.
50
Die Zahl der berufstätigen UAW-Mitglieder fiel 2007
erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg unter die Marke von
500 000. Nach einer sehr uneinheitlichen Entwicklung
hatte sie 1979 mit rund 1,5 Millionen ihren Höhepunkt
erreicht.
13
gewerkschaft aufgrund der unüberbrückbaren
persönlichen und inhaltlichen Gegensätze zu
George Meany, die UAW aus dem AFL-CIO
herauszuführen. Victor Reuther hatte zuvor
öffentlich über die Zusammenarbeit des
Gewerkschaftsdachverbandes mit CIA und
State Department bei außenpolitischen Aktivitäten berichtet, wobei es um die Bekämpfung
linker Regierungen in Ländern wie Brasilien
und der Dominikanischen Republik ging.51 Mit
anderen Gewerkschaftern gründete Walter
Reuther die Alliance for Labor Action (ALA),
die jedoch bereits kurz nach seinem Tod
zerbrach. Es gelang ihm nicht, weitere
Organisationen innerhalb der CIO zu
bewegen, gemeinsam mit der UAW aus dem
Dachverband auszuscheiden.
Ursache des Absturzes wurde nie befriedigend geklärt. Die New York Times beklagte
in ihrem Nachruf den Verlust eines „Kreuzzüglers für eine bessere Welt“. Viele Gewerkschaftsmitglieder verneigten sich vor den
Särgen von Walter und May Reuther und betonten die enorme Verbesserung ihres
Lebensstandards, welche sich für sie in den
Jahrzehnten zuvor ergeben habe. „He left all
of us a better world“, sagte ein Arbeiter.
Auch Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus dem In- und Ausland
nahmen an der Trauerfeier in Detroit teil.
Parallel zu ihrem Beginn standen für drei
Schweigeminuten
die
Maschinen
und
Laufbänder in allen amerikanischen Automobilfabriken still, und die Beschäftigten
gedachten der Verstorbenen. „Walter was
the man to first offer the hand of reconciliation
to a former adversary and help smooth the
path to a democratic and peaceful partnership
with the peoples of the world”, so Willy Brandt
in seinem Kondolenzschreiben. Victor Reuther
verabschiedete sich von Bruder und Schwägerin mit einem europäischen Wort, welches
die Brüdern so geliebt und so häufig benutzt
hatten: „Servus, Walter, Servus, May.“
In seinen letzten Lebensjahren widmete sich
Reuther dem Aufbau des Black Lake Centers,
eines Bildungs- und Erholungszentrums im
nördlichen Michigan, das für Arbeiter und ihre
Familien bestimmt war. Er dachte wohl auch
daran, dort als Ruheständler tätig zu sein und
Vorträge zu halten. Black Lake, „a thing of
beauty where man and nature can live in
harmony“52, stand für den Schutz der Umwelt
und einen ökologischen Ansatz, den Walter
Reuther – ein früher „Grüner“ – mit Nachdruck
vertrat. Er plädierte aber auch mit Entschiedenheit für die friedliche Nutzung der Kernenergie in weit von den Städten angesiedelten
Meilern53, nicht ohne vor den verheerenden
Folgen eines atomaren Krieges zu warnen.
Es stellte sich heraus, dass ein defekter
Höhenmesser den Unfall verursacht hatte. Da
auch dieses Mal die staatlichen Stellen
offensichtlich nur unzureichend ermittelten,
veranlasste die UAW eine eigene Untersuchung. Sie ergab, dass der Höhenmesser
aufgrund einer defekten Schraube ausgefallen
war. Es liegen ausreichend Indizien vor, dass
an dieser Stelle manipuliert und eine unpassende oder defekte Schraube eingesetzt
wurde. Victor und Theodore Reuther zeigten
sich daher – wie viele andere Personen
innerhalb und außerhalb der Familie – zeit
Lebens überzeugt, dass Walters Tod auf
Sabotage zurückzuführen war. Bis heute
verweigert das FBI die Veröffentlichung seiner
Unterlagen zu dem Flugzeugunglück. Bereits
im Oktober 1968 hatten Walter und Victor
Reuther die Notlandung eines von ihnen benutzten Privatflugzeugs in Washington überlebt, und auch damals war der Höhenmesser
ausgefallen.
Innerhalb der UAW-Führung wuchs die Kritik
an dem Black-Lake-Projekt, da es mit völlig
außer
Kontrolle
geratenen
Ausgaben
verbunden war und mehr und mehr als persönliches Prestigeprojekt betrachtet wurde. In
der Gewerkschaftsarbeit agierte Reuther zunehmend glücklos, die Dinge entglitten ihm,
langjährige Mitstreiter gingen auf Distanz, und
das Ende seiner Präsidentschaft zeichnete
sich ab.
Auf dem Weg zu dem entstehenden Black
Lake Center kam es am Abend des 9. Mai
1970 auf dem Flughafen von Pellston (Michigan) zum Absturz eines privat gecharterten
Kleinflugzeugs beim Landeanflug. Walter
Reuther, zum Zeitpunkt seines Todes 62
Jahre alt, seine Frau May sowie alle übrigen
Personen an Bord fanden den Tod. Die
„Walter Reuthers historische Leistung gründet
sich darauf, dass er – unterstützt von seinen
Brüdern Victor und Roy – die amerikanische
Automobilarbeitergewerkschaft dem kommunistischen Einfluss entzog und sie geeint zur
stärksten Gewerkschaft der USA machte;
dass er zukunftsweisende Tarifverträge durchsetzte, für die amerikanische Hilfe beim
Aufbau Europas plädierte und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Deutschen
51
1981 schloss sich die UAW wieder dem Dachverband
AFL-CIO an.
52
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The Most
Dangerous Man in Detroit, a.a.O., S. 437.
53
Am Weizmann Institute for Science im israelischen
Rehovot wurde 1969 ein nach Walter Reuther benannter
Lehrstuhl für die friedliche Nutzung der Atomenergie
eingerichtet.
14
Gewerkschaftsbund und der deutschen Sozialdemokratie einleitete. Als Baumeister der
Gewerkschaftseinheit in den USA hatte er
darüber hinaus eine politische Vision, die er
unbeirrt verfolgte und in kühnen Aktionen zu
verwirklichen suchte. Vornehmlich ging es ihm
aber darum, die amerikanische Arbeiterbewegung auf den breiten Weg einer Einflussnahme auf die Gestaltung aller sozialen
Fragen zu führen.“54
wurde Victor 2001 im Namen von König Carl
XVI. Gustaf die höchste Auszeichnung verliehen, welche das skandinavische Land an
Ausländer vergibt. Auf die Frage, welcher der
amerikanischen Präsidenten, mit denen er
zusammenarbeitete, bei ihm den stärksten
Eindruck hinterlassen habe, antwortete Victor
ohne zu zögern: Franklin D. Roosevelt. Um
gleich hinzuzufügen, dass das soziale Engagement von Eleanor Roosevelt höchste Achtung
verdiene und bei den Reuther-Brüdern großen
Respekt hervorgerufen habe.55
Victor Reuthers Aktivitäten nach 1970
Die Asche des 2004 verstorbenen Victor
Reuther, seiner Brüder Walter und Roy sowie
der Ehefrauen wurden auf einem besonders
gekennzeichneten Teil des Geländes des
Walter and May Reuther Family Education
Center in Black Lake im nördlichen Michigan
beigesetzt.
Victor Reuther zog sich 1972 in den Ruhestand zurück und schrieb seine Memoiren,
welche auch die Geschichte der UAW sind.
Damit setzte er ein Vorhaben um, das bereits
zu Walters Plänen gezählt hatte. Im gleichen
Jahr starb Mutterchen Anna Reuther im Alter
von 90 Jahren. In den folgenden Jahrzehnten
wurde Victor zu einem entschiedenen Kritiker
der Strategie der Verantwortlichen in der
UAW, einen „Kuschelkurs“ mit der Industrie zu
verfolgen und sich damit recht deutlich von der
Leitlinie der Reuther-Brüder zu entfernen. Den
Niedergang der amerikanischen Automobilindustrie, der 1973 mit der Erdölkrise einsetzte, hat Walter Reuther nicht mehr erlebt.
***
Ein früher Mahner: Walter Reuthers
sozioökonomisches Denken
Das US-Nachrichtenmagazin TIME nahm Walter Reuther 1998 in seine Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts auf und würdigte seine Person und
seine Verdienste: „One of labor’s most
dynamic and innovative leaders, as well as a
humanitarian whose impact ranged well beyond his field. His achievements were guided
by his oft expressed philosophy of human
endeavor.”56 2006 wurde in Wheeling (West
Virginia) das Walter P. Reuther Memorial
eröffnet, mit dem des Sohnes der Stadt
gedacht und auch sein soziales Engagement
in Erinnerung gehalten wird.57
Viel Akzeptanz fand Victor Reuther bei der
kanadischen Automobilarbeitergewerkschaft
CAW. Sie weigerte sich im Gegensatz zu ihrer
amerikanischen Schwesterorganisation, zu
weitgehende Konzessionen an die Industrie zu
machen. Als General Motors 1985 in Tennessee eine neue Fabrik eröffnete und das
Management sowie die Gewerkschaft zu einer
kollegialen Form der Zusammenarbeit fanden,
bezeichnete Victor Reuther dieses aus Japan
übernommene Konzept von Team production
als Abwendung von allem, wofür sein Bruder
Walter gearbeitet habe. So blieb es nicht aus,
dass Victor von der Führung der UAW
jahrelang geschnitten wurde. Er stärkte der
Bewegung New Directions innerhalb der
Automobilarbeitergewerkschaft den Rücken,
welche dann, in den 1990er-Jahren, wieder
das Management der UAW übernahm und
einen härteren Kurs verfolgt.
In einem Nachruf hatte Otto Brenner, der damalige Vorsitzende der deutschen IG Metall,
im Jahr 1970 formuliert: „Was Walter Reuther
als Gewerkschafter besonders auszeichnete,
war der dynamische Charakter seiner Politik
und seiner gewerkschaftlichen Konzeption. Er
55
Victor Reuther im persönlichen Gespräch mit dem Autor.
Walter Reuther besuchte Eleanor Roosevelt (1884 – 1962)
nach 1945 oft mit May und den Töchtern in Hyde Park
(New York), so dass die ehemalige First Lady eine enge
Freundschaft zu allen Mitgliedern der Familie Reuther
entwickelte, welche sie als Mrs. R bezeichneten. Als sie
1957 von einem Journalisten gefragt wurde, ob Walter
Reuther einen guten Präsidenten der USA abgäbe,
antwortete Eleanor Roosevelt: „He might.“ (Dickmeyer,
Elisabeth Reuther: Reuther – A Daughter Strikes, a.a.O.,
S. 144.)
56
TIME 100 – The Most Important People of the Century:
Walter Reuther, a.a.O.
57
vgl.: http://www.uawregion8.net/2006/RM/RM.htm.
Noch im hohen Alter mahnte Victor Reuther
mit nachdrücklichen, ja leidenschaftlichen Worten die Beachtung des Grundsatzes von
international labor solidarity. 1995 nahmen er
und seine Ehefrau Sophia im Weißen Haus
aus der Hand von Präsident Bill Clinton die
Presidential Medal of Freedom entgegen,
welche Walter Reuther posthum erhielt. Vom
schwedischen Botschafter in Washington
54
Überhorst, Horst: Brot und Freiheit, a.a.O.
15
schrieb Der Spiegel im Juli 195559. „Trotz klassenkämpferischen Fanfaren ist Reuther eigentlich kein ,wilder Mann’. Er ähnelt in seinem
Habitus eher dem Typ des gemäßigten
deutschen Sozialdemokraten, jedoch mit einem gehörigen Schuss amerikanischer Dynamik und gesalbt mit den Ingredienzien einer
opportunistischen
Brot-und-Butter-Gewerkschaftspolitik … Die menschenleere, vollautomatische Fabrik, in der ein kleiner Stab von
Ingenieuren und Technikern – über das zwischengeschaltete Elektronengehirn – den ganzen Betrieb beherrscht, ist keine Utopie mehr.
Sie existiert – zumindert in Teilobjekten –
bereits in den USA, in England und in der
Sowjetunion.“
war sich stets der Tatsache bewusst, dass
Gewerkschaftspolitik mehr bedeutete als eine
Tarifpolitik, … und hat auch gesehen, dass in
der modernen Industriegesellschaft die Gewerkschaften aufgerufen sind, zu den großen
gesellschaftspolitischen Themen der Zeit,
national wie international, Stellung zu nehmen
und sich für gesellschaftliche Reformen mit
ihrer ganzen Kraft einzusetzen.“
Schon früh erkannte Reuther die Probleme,
welche sich aus der fortschreitenden Automatisierung der Arbeitswelt ergeben würden. Als
er 1952 das im Jahr zuvor eröffnete Werk von
Ford in Brook Park bei Cleveland besichtigte,
bekam er aus dem Mund eines ihn begleitenden Ford-Managers zu hören: „You
know, Walter, not one of these machines pays
union dues.“ Reuther entgegnete: „And not one
of them buys new Ford cars, either!“58
„Die technische Umwälzung, die wir erleben,
ist nicht das Ergebnis einer einzigen Erfindung
oder Entdeckung. Es ist eine fortdauernde
Revolution, und ihre weitere Entwicklung wird
wahrscheinlich noch beschleunigt werden“,
führte Reuther 1965 in Oberhausen (Deutschland) aus60. 1950 sei ihm vorgeführt worden,
wie in einem Ford-Werk in etwas mehr als 14
Minuten ein fertiger Motorblock entstehe,
während er 1927 als Arbeiter bei Ford eine Zeit
erlebt habe, als man für einen weit einfacheren
Motorblock drei Wochen und zahlreiche
Arbeiter benötigte.
Grundsätzlich war Reuther von der Wirksamkeit keynesianischen Handelns überzeugt,
wenn es um die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und die Überwindung ökonomischer
Schwächeperioden ging. Das Problem lag in
seinen Augen im Zaudern und dem
mangelnden Mut der Politiker, diesen makroökonomischen Ansatz zu wählen. Für das
Funktionieren
eines
marktwirtschaftlichen
Systems war für ihn die Ausgeglichenheit der
drei wichtigsten Faktoren – Kapital, Arbeit und
Konsum – von entscheidender Bedeutung, und
der Demokratie prophezeite er schwere Zeiten,
sollte es zum sozialen Abrutschen der
Mittelklasse kommen.
Die Maschinen, so Reuther weiter, würden
immer leistungsfähiger. „Im wesentlichen ist
das Bild für fast alle Industriezweige das
gleiche. In einer Industrie nach der anderen
kann der Elektronenrechner Arbeiten von
Facharbeitern und ungelernten Arbeitnehmern
in der Produktion übernehmen, aber auch von
Angestellten und sogar von Leuten in leitenden
Stellungen … Keine Nation, die heute dem
Risiko und der Chance der Automation
gegenübersteht, wird imstande sein, dieser
Herausforderung auf irgendeiner anderen
Grundlage zu begegnen als der einer
geplanten und wohl überlegten Koordinierung
der öffentlichen und privaten Bemühungen
innerhalb der Nation.“
In der Automatisierung, einem Kernthema der
1950er-Jahre, sah Reuther grundsätzlich einen
enormen Fortschritt, solange sie vernünftig und
maßvoll eingesetzt werde. Es wäre töricht, so
sagte er, den Versuch zu unternehmen, sich
dem technologischen Fortschritt zu verschließen. Vor allem entlasteten neue Technologien Arbeiter von monotoner Beschäftigung,
und insgesamt gesehen könne sich der
Lebensstandard aller Bürger erhöhen. Gefahren ergäben sich aber nicht nur für Arbeiter,
deren Jobs durch Maschinen ersetzt würden,
sondern auch für Unternehmer, denen das
Kapital für die Automatisierung fehle und die
dadurch einen existenzbedrohenden Nachteil
gegenüber ihren kapitalkräftigeren Mitbewerbern erleiden könnten.
Reuther bezeichnete die Automatisierung als
„zweite industrielle Revolution“ und warnte mit
Nachdruck vor Fehlern, die man rund hundert
Jahre zuvor bei der Industrialisierung Nordamerikas gemacht habe. Es drohe der Verlust
von Arbeit für ungelernte oder angelernte
Arbeiter, deren Tätigkeit von Maschinen übernommen werden könne; andererseits entstün-
„Reuther hat sich in den vergangenen Monaten
zum Verteidiger der Manpower – der menschlichen Arbeitskraft – gegen die Massentechnokratie der Roboterhirne aufgeschwungen“,
„Die Roboter sind unter uns. Gewerkschaftsmacht
gegen Denkmaschinen: Walter Reuther.“ Titelstory in
Der Spiegel Nr. 31 (27. Juli 1955), S. 20ff.
60
in: Freie Gewerkschaftswelt (offizielles Organ des
IBFG), Nr. 179 (Mai 1965).
59
58
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of the Auto
Workers, a.a.O., S. 154.
16
den neue Arbeitsplätze für Mitarbeiter mit
gehobener Qualifikation. Die Aus- und Weiterbildung weniger qualifizierter Arbeiter, berufsbegleitend und bei voller Bezahlung, sei folglich von großer Bedeutung. Bei älteren Beschäftigten müsse man Vorruhestandsregelungen in Betracht ziehen.
sei dringend notwendig, amerikanische Autos
zu bauen, die qualitativ und bezüglich des
Verkaufspreises den Wettbewerb mit Volkswagen und anderen Importmarken bestehen
könnten.
„The great tragedy in the world is that just
when science and technology have given Man
the capability of solving his ancient problems of
poverty and hunger and ignorance and
disease, Man has failed to create the political
and social instruments necessary to insure that
this new power will be used to uplift Mankind
… Science and technology have expanded
Man's wealth, but not his wisdom. They have
given Man great power, but have not given him
a sense of deeper human purpose, nor a
greater sense of human solidarity.”61
Das Retraining des manuell Arbeitenden zum
Facharbeiter oder zum Ingenieur müsse erreicht werden, und dies sei nur mit einem für
ganz
Amerika
geltenden
und
solide
finanzierten Konzept zu schaffen. Steuermittel
müssten in dieses Programm fließen, da die
Vorteile der Automatisierung der ganzen
Nation zugute kämen. Vor allem in der
Regierung Eisenhower (1953 – 1961), die
Reuther als „rückwärtsgerichtet“ einstufte, würden diese Aspekte nicht erkannt und
entsprechende Maßnahmen nicht in Angriff genommen.
***
Die zweite Herausforderung für den amerikanischen Automobilsektor ergab sich, wie
Reuther früh betonte, aus der Globalisierung,
d.h. aus dem Wiedererstarken Deutschlands
und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg.
Beide Länder exportierten in zunehmendem
Maß kleinere und preisgünstige Fahrzeuge in
die USA. Die Zeit des geschlossenen amerikanischen Automobilmarktes, so der UAWPräsident, sei vorüber, doch biete dieser
Umstand auch Chancen, da die großen USKonzerne ihre Produktionskapazitäten in
Europa und Asien ausbauten. „Der Profit kennt
keinen Patriotismus“, sagte er, die Technologie
sei überall dieselbe, und die weltweite
Solidarität der Arbeiter müsse erreicht werden.
Das Ziel müsse es sein, den freien Handel und
gleichwertige Lebensbedingungen für alle
Beschäftigten – am besten mit Hilfe von Weltgewerkschaftsverbänden – zu erreichen.
Literaturverzeichnis / Quellen
Appelius, Stefan: Victor Reuther – Ein unverdrossener Kämpfer für soziale Reformen; in:
Der Tagesspiegel (Berlin), 23. 11. 1997, Seite
W3. http://www.appelius.de/victor_reuther.html
Barnard, John: Walter Reuther and the Rise of
the Auto Workers. Little, Brown and Company,
Boston und Toronto 1983.
Barnard, John: American Vanguard – The
United Auto Workers During the Reuther
Years, 1935 – 1970. Wayne State University
Press, Detroit 2004.
Carew, Anthony: Walter Reuther (Lives of the
Left), Manchester University Press 1993.
Diese Gedanken fanden in Europa weit mehr
Gehör als in den Managementetagen der Big
Three in Detroit. Als Reuther 1957 auf der
Jahrestagung des britischen Gewerkschaftsdachverbandes TUC in Blackpool über die
aktuellen ökonomischen und sozialen Herausforderungen sprach, bescheinigte man ihm,
dass niemals zuvor ein ausländischer Redner
das TUC-Auditorium mit Inhalt und leidenschaftlicher Rhetorik derart beeindruckt habe.
Es sei „Reuthers Tag“ gewesen.
Dickmeyer, Elisabeth Reuther: Reuther – A
Daughter Strikes. Spelman Publishers Division, Southfield (Michigan) 1989. – Die Autobiographie von Walter Reuthers Tochter, mit
zahlreichen Anekdoten und Beschreibungen
von Szenen aus dem Familienalltag.
Kurz vor seinem Tod 1970 betonte Reuther,
dass die amerikanischen Automobilarbeiter ihr
Monopol auf dem nationalen Arbeitsmarkt
verloren hätten. Immer stärker werde der
Konkurrenzdruck aus Europa und vor allem
aus Japan, wo man Fahrzeuge weitaus günstiger produziere und in die USA exportiere. Es
Hansen, Beatrice: Political Biography of Walter
Reuther – The Record of an Opportunist.
Goode, Bill: Infighting in the UAW – The 1946
Election and the Ascendancy of Walter
Reuther. Greenwood Publishing Group, Santa
Barbara 1994.
61
Walter Reuther auf der UAW-Jahrestagung im April
1970. http://www.uawregion8.net/UAW-HistoryReuther.htm
17
junge Leser, konzentriert sich dieses in
einfachem Englisch geschriebene Buch des
Direktors der Walter P. Reuther Library an der
Wayne State University in Detroit auf die
Kindheit und Jugend der Reuther-Brüder.
Pathfinder Publishing of California, Oxnard
2001.
Kutzmark, Rev. Tim: The Life and Labor
Legacy of Walter Reuther; in: Unitarian
Universalist Church of Reading 2009.
http://www.uureading.org/sermons/sermon090
906.htm
TIME 100 – The Most Important People of the
Century: Walter Reuther.
http://205.188.238.181/time/time100/builder/pr
ofile/reuther.html
Lacey, Robert: Ford. Eine amerikanische
Dynastie. Econ Verlag, Düsseldorf/Wien/New
York 1987. – Die Geschichte der Ford-Familie
und ein aufschlussreicher Einblick in die
Entwicklung der amerikanischen Automobilindustrie.
Überhorst, Horst: Brot und Freiheit. Aus dem
Leben des deutsch-amerikanischen Gewerkschaftsführers Walter P. Reuther. Feature im
Deutschlandfunk, August 1982.
Lichtenstein, Nelson: Walter Reuther – The
Most Dangerous Man in Detroit. University of
Illinois Press, Urbana und Chicago 1997. – Ein
Standardwerk der Sekundärliteratur zu den
Reuther-Brüdern und zur Entwicklung der
UAW.
Wayne State University/Walter P. Reuther
Library: No Greater Calling: The Life of Walter
P. Reuther.
http://reuther100.wayne.edu/index.php
Lichtenstein, Nelson: Reuther the Red? In
Labour/Le Travail, Ausgabe 51 (2003).
http://www.historycooperative.org/journals/llt/5
1/lichtenstein.html
Fotodokumente über die Reuther-Brüder
unter
http://reuther100.wayne.edu/viewgallery.php
*
*
Reuther, Sasha: How the UAW Can Get Its
Horsepower Back. In TIME Magazine, 14. Juni
2010.
Filmprojekt Brothers on the
Entstehen).
http://www.brothersontheline.com/
Reuther, Victor G.: The Brothers Reuther and
the Story of the UAW. A Memoir. Houghton
Mifflin Company, Boston 1976. Dt.: Die Brüder
Reuther. Eine Autobiographie und die
Geschichte der amerikanischen Automobilarbeitergewerkschaft UAW. Schriftenreihe der
Otto Brenner Stiftung Band 30. Bund-Verlag,
Köln 1989. – Standardwerk über die Tätigkeit
der Reuther-Brüder, die Streikaktionen und
politischen Aktivitäten sowie die persönlichen
Memoiren von VGR.
Line
(im
Sasha Reuther, der Enkel von Victor Reuther,
arbeitet an einem Film über das Leben der
Reuther-Brüder. „Comprised of never-beforeseen footage from the UAW internal archive,
stirring first-hand accounts, and narration by
award-winning actor Martin Sheen, this film
takes an in-depth look at a contentious
history.“
*
Tondokument
Reuther, Victor G.: Verraten in Gorki. Die
Tragödie der ausländischen Arbeiter in den
sowjetischen Autowerken in Gorki. Mit einer
Einleitung und Anmerkungen von Paul T.
Christensen. Verlag J.H.W. Dietz Nachf.
GmbH, Bonn 2002. – VGR berichtet über die
Realität während des Aufenthalts in der
Sowjetunion und die Konfrontation mit dem
stalinistischen System.
Walter Reuther, interviewt von Mike Wallace
am 25. Januar 1958.
http://www.hrc.utexas.edu/multimedia/video/20
08/wallace/reuther_walter.html
Reuther, Walter Philip, Biographie:
http://www.germanheritage.com/biographies/m
toz/reuther.html
Smith, Mike and Pam: The Reuther Brothers –
Walter, Roy, and Victor. Detroit Biography
Series for Young Readers. Wayne State
University Press, Detroit 2001. – Gerichtet an
18
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