Mammakarzinom in der Schwangerschaft

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Fortbildung
Häufigstes in der Schwangerschaft diagnostiziertes Malignom
Mammakarzinom in der Schwangerschaft
Schwangerschafts-assoziierter Brustkrebs wird in der heutigen
Literatur in der Regel als ein Brustkrebs definiert, welcher während der Schwangerschaft oder innerhalb eines Jahres postpartal diagnostiziert wurde. In diesem Artikel wird der Fokus auf
Brustkrebs während der Schwangerschaft gelegt.
B
Dr. med. Konstantin J. Dedes
Zürich
Le cancer du sein associé à la grossesse est défini dans la littérature actuelle comme cancer dont le diagnostic est posé
pendant la grossesse ou jusqu’à un an post-partum. Le présent article met l’accent sur le cancer diagnostiqué.
Prof. Dr. med. Daniel Fink
Zürich
B
rustkrebs ist das häufigste in der Schwangerschaft diagnostizierte
Malignom in den westlichen Ländern. Die Inzidenz nimmt in
den letzten Jahren unter anderem wegen dem steigenden Alter der
Schwangeren auf allerdings tiefem Niveau zu (1). Bei nur 5 von
100 000 Schwangeren wird während der Schwangerschaft Brustkrebs
diagnostiziert, so dass in der Schweiz geschätzt pro Jahr nur ca. 4
Frauen mit Brustkrebs in der Schwangerschaft diagnostiziert werden.
Diagnostik
Die Diagnose wird entweder im Rahmen der Schwangerschaftskontrollen im ersten Trimenon, in welcher die Mamma-Untersuchung ein
Teil der ärztlichen Untersuchung ist, oder als Selbstpalpation im Verlauf gestellt. Die Bildgebung sowie die Palpation der Mammae und
der Axillae sind besonders im 2. und 3. Trimenon aufgrund der physiologischen Veränderung der Brust erschwert, so dass die vorsorgliche Beurteilung der Brust bereits im ersten Trimenon obligat ist.
Suspekte Palpationsbefunde werden zuerst mit Sonographie und
bei hohem Verdacht auf Malignität mittels Mammographie abgeklärt (2). Die Strahlenbelastung einer Mammographie während der
Schwangerschaft ist vernachlässigbar (2). Eine Magnetresonanztomographie der Brust gehört nicht zur empfohlenen Abklärung und
soll nur in besonderen Fällen unter Berücksichtigung des verwendeten Kontrastmittels und Gestationsalters indiziert werden. Die
Diagnose wird mittels Ultraschallgesteuerter Stanzbiopsie in Lokalanästhesie gesichert. Das Staging von Fernmetastasen wird nur bei
lokal fortgeschrittenen Karzinomen empfohlen, wobei Sonographie, Kontrastmittel-freies MR und Thorax-Röntgen für den Fetus
unbedenklich sind(1).
Prognose
Insgesamt weisen schwangere Patientinnen mit Brustkrebs bei Diagnosestellung häufiger grössere Tumoren (≥ T2, ≥ N1) auf als nicht
schwangere und haben somit eine ungünstigere Prognose. Vergleicht man jedoch gleiche Tumorbiologie und gleiches Tumorstadium von schwangeren und nicht schwangeren Frauen unter
korrekter Therapie, so scheint in grösseren Kohortenstudien die
Schwangerschaft per se die Prognose nicht zu beeinflussen (3).
Therapie
Die Therapie richtet sich bei der schwangeren Patientin sowohl nach
dem Stadium und der Tumorbiologie als auch nach dem Gestationsalter und den Wünschen der Patientin. Trotzdem muss die Therapie analog zur Behandlung einer nicht schwangeren Patientin
erfolgen, um die Prognose der Mutter nicht zu verschlechtern und
selbstverständlich auch negative Auswirkungen auf den Fötus zu
vermeiden (1, 4). Aufgrund der Komplexität erfordert deshalb die
Beratung und Behandlung ein erweitertes interdisziplinäres Team
im Vergleich zu nicht schwangeren Brustkrebspatientinnen.
Im ersten Trimenon (d.h. < 12–14. Gestationsalter) liegt der Entscheid eines möglichen Schwangerschaftsabbruches bei den Eltern,
wobei diese informiert werden sollten, dass ein Abbruch nicht
wirklich zu einer Verbesserung der Prognose des Brustkrebses zu
führen scheint (1). Generelle Empfehlungen können hier nicht ausgesprochen werden und die Entscheidung muss jeweils individuell
mit dem Elternpaar getroffen werden.
Lokaltherapie
Die operative Behandlung erfolgt grundsätzlich analog zu der
einer nicht schwangeren Frau, mit Ausnahme des anästhesiologischen Managements und des perioperativen fetalen Monitorings (5, 6). Auch bei schwangeren Patientinnen sollte möglichst
ein Brust-erhaltendes Vorgehen angestrebt werden (3, 6). Ist eine
Mastektomie indiziert, kann diese einfach oder auch subkutan mit
Expander-Einlage erfolgen (7, 8). Autologe Sofortrekonstruktionen sollten nicht während der Schwangerschaft erfolgen, sondern
sekundär nach der Entbindung. Der Lymphknotenstatus sollte mittels Sentinel-Lymphknotenbiopsie erfolgen, wobei Technetium-
_ 2016 _ info@onkokologie
1806 Fortbildung
Take-Home Message
◆Mammatastbefunde während der Schwangerschaft sollten grosszügig
mittels Ultraschall und gegebenenfalls Stanzbiopsie abgeklärt werden
◆Die Diagnose eines Mammakarzinoms in der Schwangerschaft soll
ABB. 1
Therapiemöglichkeiten während der Schwangerschaft
in Abhängigkeit des Gestationsalters (1)
(Loibl et al. JAMA Oncol. 2015;1(8):1145-1153)
markiertes Nanokolloid unbedenklich für den Embryo und Fötus
ist und in allen Trimenons angewendet werden darf (6, 9). Auf Patentblau wird wegen möglicher schwerer anaphylaktischer Reaktion verzichtet (1).
Die adjuvante Radiotherapie der Brust oder der Thoraxwand soll
bis nach der Entbindung hinausgezögert werden. Die Verzögerung einer Strahlentherapie in Fällen einer Diagnose im 3. Trimenon sollte keine nachteiligen Auswirkungen auf die lokoregionäre
Kontrolle haben (1, 10). Für Fälle mit Diagnose im ersten Trimenon
und anfangs des 2. Trimenons, wo die Verzögerung der Radiotherapie bis zur Entbindung über 4–6 Monate bedeutet, besteht unklare
Evidenz, ob ein negativer Einfluss auf die lokoregionäre Kontrolle
besteht. Mit korrekter Abschirmung scheint die Strahlenbelastung
einer Radiotherapie der Brust im 1. Trimenon für den Fötus sicher
zu sein und darf somit angewendet werden (1, 10).
Systemtherapie
Die Wahl und das Timing der Systemtherapie bilden den anspruchsvollsten Teil bei der Therapie des Brustkrebses bei schwangeren Patientinnen. Je nach Gestationsalter spielen verschiedene Faktoren
wie Organogenese des Embryos, Plazenta-Durchgängigkeit der
gewählten Substanz, Timing und Modus der Entbindung in Abhängigkeit von Chemotherapieverabreichung und Nadirs bis hin zur
Frühgeburtlichkeit eine grosse Rolle (11).
Schwangere Patientinnen erhalten aufgrund ihres jungen Alters,
fortgeschrittenen Stadiums und aggressiverer Tumorbiologie in der
Regel eine (neo-)adjuvante Chemotherapie. Die Erfahrung und Evidenz betreffend Sicherheit für schwangere Patientinnen basiert auf
insgesamt kleinen Fallzahlen aus Kohorten oder Datenbanken von
schwangeren Patientinnen mit verschiedensten Malignomen, wobei
Daten zu Langzeitfolgen für das Kind (z.B. neurokognitive Fähigkeiten oder Karzinomrisiko) eher limitiert sind (11, 12). Alle gängigen
zytotoxischen Substanzen, die beim Mammakarzinom verwendet
werden, dürfen auch in der Schwangerschaft ab dem 2. Trimenon
gegeben werden (Anthrazykline, Cyclophosphamid,Taxane und
Carboplatin) (1). Im ersten Trimenon, also während der Organogenese, sind diese klar nicht indiziert und führen zu Abort oder
Teratogenität. Während dem 2. und 3. Trimenon, während dem das
Wachstum und die Reifung des Feten stattfinden, ist eine Chemotherapie betreffend fetaler Fehlbildung sicher. Allerdings kann eine
Chemotherapie in der Schwangerschaft mit Wachstumsretardierung und Frühgeburtlichkeit assoziiert sein (12), so dass eine intensivere Schwangerschaftsbetreuung nötig ist.
Eine frühzeitige Entbindung und somit Provozierung einer Frühgeburtlichkeit vor der 35. Schwangerschaftswoche mit dem Ziel,
die Chemotherapie zu beginnen, ist mit höheren Komplikationen für den Feten assoziiert als eine Chemotherapie während der
Schwangerschaft zu verabreichen und wird klar nicht empfohlen
(1, 12). Die Verabreichung der Chemotherapie sollte bis zur 35. bis
37. Schwangerschaftswoche erfolgen und dann nach angestrebter
Entbindung, entweder mittels Einleitung einer Spontangeburt oder
geplantem Kaiserschnitt, postpartal nach primärem Abstillen komplettiert werden.
Eine klare Kontraindikation besteht für die zielgerichteten Brustkrebs-Therapien mit Trastuzumab, Tamoxifen oder AromataseHemmern (1, 11). Alle Substanzen sind zwar für die Patientin gut
verträglich, weisen aber sehr hohe Raten an schwerwiegenden
Abnormalitäten beim Feten auf (Oligohydramnion, Niereninsuffizienz, kraniofaziale und genitale Fehlbildungen).
Dr. med. Konstantin J. Dedes
Prof. Dr. med. Daniel Fink
Klinik für Gynäkologie, Brustzentrum, Universitätsspital Zürich
[email protected]
B Interessenkonflikt: Die Autoren haben keinen Interessenkonflikt im
Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Messages à retenir
◆Il convient d’investiguer des masses palpables pendant la grossesse
par un examen aux ultrasons avec indication large pour une ponction/
biopsie percutanée.
den Verlauf der Schwangerschaft (induzierte Frühgeburt oder Interruptio) nicht beeinträchtigen
◆Le diagnostic de cancer du sein posé pendant la grossesse ne doit pas
◆Die operative Therapie erfolgt unabhängig vom Gestationsalter analog
◆Le traitement chirurgical correspond à celui de la patiente non-gravide
zur Situation der nicht schwangeren Patientin
◆Neo-/adjuvante Systemtherapien können ab dem 2. Trimenon ohne
erhebliche Nebenwirkungen auf den Feten verabreicht werden, mit
Ausnahme von Trastuzumab und der endokrinen Therapie
info@onkologie _ 06 _ 2016
influencer le décours normal de cette dernière (provocation de l’accouchement avant terme ou interruption de grossesse non nécessaires).
et ne varie pas avec l’âge de la grossesse.
◆Les thérapies systémiques (néo-)adjuvantes sont possibles sans effets
négatifs importants pour le foetus, dès le deuxième trimestre; à
l’exception du trastazumab et des traitements hormonaux.
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FORTBILDUNG · schwerpunkt
Literatur:
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_ 2016 _ info@onkokologie
2006 
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