18.4.2009

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International
http://www.tagesspiegel.de/politik/international/OAS-Gipfel-USA-BarackObama;art123,2776249
18.4.2009
Amerika sucht Amerika
Auf dem OAS-Gipfel in Trinidad wollen die USA ihr Verhältnis zu Lateinamerika
neu definieren. US-Präsident Obama trifft unter anderem auf Hugo Chavez und
Evo Morales.
Von Matthias LehmphulVon Matthias Lehmphul
BERLIN - US-Präsident Barack Obama wird auf dem Gipfel der Organisation
Amerikanischer Staaten (OAS) viele Hände linker Staats- und Regierungschefs
schütteln. Obama trifft unter anderen auf den venezolanischen
Staatspräsidenten Hugo Chavez und den bolivianischen Regierungschef Evo
Morales. Einer aber wird fehlen: der kubanische Präsident Raul Castro.
Auf der Agenda des Gipfels stehen offiziell die Finanzkrise und der Kampf gegen
Drogen. Das zeigten die Treffen Obamas mit dem mexikanischen Präsidenten
Felipe Calderon und dem brasilianischen Präsidenten Luis Ignacio da Silva im
Vorfeld. Doch das sind nur die vordergründigen Themen. Eigentlich geht es um
die Frage, welche Lateinamerikapolitik die USA künftig verfolgen werden. Unter
George W. Bush waren die Beziehungen dramatisch abgekühlt. Gerade nach
dem 11. September 2001 verschwand Lateinamerika von der politischen Agenda
in Washington. Zudem wurde das Embargo gegen Kuba verschärft. Deshalb
steht bei den lateinamerikanischen Staaten die Aufhebung des Embargos und
die Wiederaufnahme Kubas in die OAS ganz oben auf dem Wunschzettel.
Zu Beginn des Gipfels zeigen die USA den wohl entscheidenden Unterschied
zum Amerikagipfel 2005 in Argentinien: „Wir sind gekommen, um zuzuhören
und nicht um Vorschläge zu machen“, sagte der US-Sonderbeauftragte Jeffrey
Davidow am Freitag. Dennoch schließen Experten einen schnellen und
substanziellen Wandel der US-Außenpolitik auf dem amerikanischen Kontinent
aus. Das liegt vor allem an der Kubafrage.
„Eine Wiederaufnahme Kubas in die OAS ist an diesem Wochenende nicht zu
erwarten“, sagt Susanne Gratius, KubaExpertin der Stiftung für Internationale
Beziehungen in Madrid. Dagegen spricht eindeutig die Demokratieklausel.
„Kuba ist ein autoritäres Regime. Es gibt keine Anzeichen für eine
demokratische Öffnung.“ Allerdings habe die Zahl der politischen Häftlinge auf
rund 220 abgenommen. Verhaftete Dissidenten würden nach mehreren Tagen
wieder freigelassen. Aber der Austausch des Kabinetts im vergangenen Jahr
diente eher der Machterhaltung als einem politischen Wandel. Das
Hauptproblem ist aus ihrer Sicht, dass es keine funktionierende Opposition auf
Kuba gebe. Die Lockerungen des Embargos versteht Gratius eher als politische
Geste im Vorfeld des Gipfels. Grundsätzlich habe sich in der US-Außenpolitik
aber nichts verändert. Ohne die Zustimmung des Kongresses kann Obama das
Embargo gegen die Karibikinsel nicht aufheben. „Die USA sind in ihrer Haltung
gegenüber Kuba in die Clinton-Ära zurückgekehrt.“
Dennoch zeichnet sich ein politischer Klimawandel zwischen den USA und
Lateinamerika ab. Immerhin wurde Obama als erster US-Präsident ins Weiße
Haus gewählt, ohne das seit 1962 bestehende Embargo zu befürworten. Di e
Lockerung des Embargos kommt rund 1,5 Millionen kubanischstämmigen USAmerikanern zugute, die seit Montag wieder nach Kuba reisen und unbegrenzt
Geld an ihre Verwandten überweisen dürfen. Zudem sind nun auch USTelekomfirmen Geschäfte mit Kubanern gestattet. Trotz der bestehenden
Gesetzeslage halte „Obama den Schlüssel für den Wandel in der Hand“.
Auch innerhalb der kubanischen Regierung scheint ein Umdenken einzusetzen.
„Wir bewerten Obamas Maßnahmen positiv,“ sagt der kubanische Botschafter
Gerardo Penalver Portal in Berlin. Deutlicher wird sein Chef. Raul Castro sagte
am Donnerstag „Wir sind bereit, über alles zu sprechen – Menschenrechte,
Pressefreiheit, politische Gefangene, alles.“ Die US-Regierung in Washington
zeigte sich genauso gesprächsbereit. „Wir sind bereit, mit Kuba über weitere
Schritte zu diskutieren“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. Das Land
müsse jedoch eine freie Gesellschaft schaffen, politische Gefangene freilassen
und freie Meinungsäußerungen in den Medien und von außerhalb zulassen,
forderte Clinton.
Ein außenpolitischer Wandel ist in Ansätzen zu erkennen. Die Verhandlungen
auf dem Gipfel sind vor allem in Bezug auf Kuba ideologisch aufgeladen und
daher sehr schwierig. Auch muss Obama die Beziehungen zu Bolivien und
Venezuela auf eine neue Grundlage stellen. Dafür werden jedoch mehr als
politische Gesten notwendig sein. Chavez hat die Forderung der USA nach einer
demokratischen Öffnung Kubas bereits als „Ohrfeige“ für ganz Lateinamerika
kritisiert und drohte mit einem Eklat.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 18.04.2009)
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