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EUROPÄISCHE KOMMISSION
Viviane Reding
Vizepräsidentin der Europäischen Kommission verantwortlich für Justiz,
Grundrechte und Bürgerschaft
Speech: Robert Badinter. Die Einigung Europas und des
Rechts. Eine sehr persönliche Würdigung.
Verleihung des "Carl Heymann Preis – European Legal Award"/Frankfurt
24 Februar 2013
SPEECH/13/163
Sehr geehrte Damen und Herren,
Cher Monsieur Badinter,
Ich stehe hier mit Bescheidenheit und großer Hochachtung. Und mit Dankbarkeit.
Bescheidenheit angesichts des großartigen Lebenswerks von Robert Badinter.
Hochachtung angesichts seiner Lebensgeschichte. Und dankbar, dass seine Generation
erleben darf, dass ein friedliches Europa möglich ist.
Lieber Robert Badinter, ich freue mich außerordentlich, dass Sie heute bei uns sind!
Zunächst möchte ich mich aber bei allen Mitgliedern des Kuratoriums der Carl Heymann
Gesellschaft bedanken. Es ist eine große Freude mit Ihnen zusammen zu arbeiten, lieber
Herr Skouris, Frau Nußberger, Herr Reiter und Herr Ewer. Den Mitgliedern des Beirats
danke ich für das uns entgegengebrachte Vertrauen, lieber Herr Hermann, Herr Clement
und Herr Nehm. Ein ganz großer Dank geht an Frau Franzmann-Haag, die
Geschäftsführerin der Carl Heymann Gesellschaft und unermüdlicher Motor des Ganzen.
Und natürlich unser aller Dank an die Stadt Frankfurt, die uns diesen symbolträchtigen
Ort für den Festakt zur Verfügung gestellt hat.
Die Paulskirche steht für demokratischen Aufbauwillen. Sie alle wissen, dass an dieser
Stelle von 1848 bis 1849 das erste frei gewählte deutsche Parlament für die
Nachfolgestaaten des Heiligen Römischen Reiches tagte. Die Länder erarbeiteten damals
die Paulskirchenverfassung, die auf den Prinzipien der parlamentarischen Demokratie
beruhte. Sie war prägend für die weitere konstitutionelle Entwicklung in Deutschland,
speziell im Bereich der Grundrechte.
Teile wurden sogar wörtlich sowohl in die Weimarer Reichsverfassung als auch in das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernommen.
US-Präsident John F. Kennedy hat es bei seinem Deutschlandbesuch 1963 auf den Punkt
gebracht, als er sagte, dass kein anderes Gebäude in Deutschland begründeteren
Anspruch auf den Ehrentitel „Wiege der deutschen Demokratie“ erheben könne.
Herr Badinter: passend zu Ihrem Lebenswerk und Ihrer Lebensgeschichte gibt es keinen
besseren Platz als diesen, Sie mit dem Carl-Heymann Preis zu ehren.
Meine Damen und Herren,
Der Unternehmer Carl Samuel Heymann war ein deutscher Verleger jüdischen Glaubens.
Schon zu Lebzeiten gehörte sein Verlag zu den führenden juristischen Fachverlagen.
Die erste Textausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches beispielsweise wurde im Verlag
von Carl Heymann veröffentlicht. Es ist Carl Heymann zu verdanken, dass das Recht
transparenter wurde. Dass Gesetze und Gerichtsentscheidungen einer breiteren
Öffentlichkeit zugänglich wurden.
Zu Zeiten, in denen es noch keinen sekundenschnellen Zugriff per Mausklick auf nahezu
jedes gewünschte Dokument gab, ermöglichte Carl Heymann, den wissenschaftlichen
Diskurs über das Recht weiter zu tragen.
Der „Carl Heymann Preis - European Legal Award“ wird heute zum ersten Mal verliehen.
Mit ihm würdigen wir Persönlichkeiten, deren juristische Leistungen zur Fortentwicklung
des Rechts und für ein freiheitliches Leben in Europa in besonderer Weise beigetragen
haben.
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Das Kuratorium der Carl Heymann Gesellschaft hat sich mit großer Überzeugung dafür
entschieden, den ersten Carl Heymann Preis an Robert Badinter zu verleihen. Wir ehren
damit ein politisches und rechtswissenschaftliches Lebenswerk. Wir würdigen seinen
juristischen Beitrag zur Gestaltung eines wahren europäischen Rechtsraums. Und wir
ehren darüber hinaus auch sein bewundernswertes persönliches Engagement.
Lassen Sie mich noch eine persönliche Anmerkung anfügen: „Lebenswerk“ klingt immer
so nach Abschluss. So wie ich Robert Badinter aber kenne, wird er auch weiterhin nicht
ruhen, für das Recht und für Europa zu arbeiten und wenn nötig auch dafür gerade zu
stehen.
Ich verrate sicherlich kein Geheimnis, wenn ich unterstreiche, dass ich als EUJustizkommissarin den fachlichen und menschlichen Rat von Robert Badinter
außerordentlich schätze.
Meine Damen und Herren,
ich möchte heute vor allem die Lebensleistung von Robert Badinter skizzieren. Gestatten
Sie mir darüberhinaus diese mit dem europäischen Rechtsraum und der Zukunft Europas
zu verbinden.
Ein reiches Lebenswerk
Wer ist Robert Badinter? Müsste er seinen Beruf in einem Fragebogen angeben, würde
eine Spalte nicht ausreichen. Er ist Jurist, Rechtsgelehrter, Politiker, Philosoph und
Autor. All dies von ganzem Herzen und mit voller Kraft. Und auch noch mit
künstlerischem Talent. Sein neuestes Werk ist das Libretto für die Oper "Claude, gespielt
am Opernhaus von Lyon. Inspiriert von Victor Hugos Roman “Claude Gueux.
Robert Badinter wurde 1928 in Paris geboren. Bereits als kleiner Junge wurde er mit den
Schrecken des Antisemitismus konfrontiert. In dem von den Nazis belagerten Frankreich
mussten sich Robert Badinter, seine Mutter und sein Bruder verstecken. Der Vater aber
wurde von Lyon aus in das Konzentrationslager Sobibor deportiert, wo er 1943 ums
Leben kam. Robert Badinter war zum damaligen Zeitpunkt gerade erst 15 Jahre.
Die erlebte Menschenverachtung hat das Leben und Denken von Badinter grundlegend
geprägt.
Robert Badinter studierte Geisteswissenschaften und Rechtswissenschaften an so
renommierten Universitäten wie der Sorbonne und der Columbia University in New York.
1951 wurde er als Rechtsanwalt in Paris zugelassen. Er wählte aus Überzeugung das
Strafrecht als Schwerpunkt.
Im Jahr 1965 bestand er den « concours de l’agrégation de droit ». Während dieser Zeit
lehrte er zudem an den Universitäten von Besançon, Amiens und später noch an der
Sorbonne.
1981 wurde Robert Badinter zum "Garde des Sceaux", zum Justizminister Frankreichs
ernannt – eine weise Entscheidung vom Präsident Mitterrand, wie sich zeigen sollte.
Fünf Jahre später wurde er zum Präsidenten des Verfassungsrates berufen. Während
seiner neunjährigen Amtszeit sorgte er für eine institutionelle Aufwertung des
Verfassungsrates, sowohl nach innen wie nach außen.
Er hat auch dazu beigetragen, dass der Verfassungsrat einen Rechtsprechungsdiskurs
über Frankreichs Grenzen hinweg begann und Kontakte zu den Verfassungsgerichten der
anderen Mitgliedstaaten der EU vertiefte. Robert Badinter verstärkte die Grundlagen des
Europäischen Rechtsraumes.
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Danach verabschiedete sich Robert Badinter keineswegs in den Ruhestand. In Zentralund Osteuropa beteiligte er sich an der Erarbeitung der Verfassungen in den neu
entstehenden Demokratien. Getreu seines Leitmotivs: den Freiheitsgedanken im Text
und in der Praxis des Gesetzes verankern.
In diesem Sinne leitete er auch die Schiedskommission, die 1991 von der EU zur Klärung
juristischer Fragen betreffend der Konflikte um die Nachfolgestaaten Jugoslawiens
eingesetzt worden war.
Robert Badinter und die Todesstrafe
Meine Damen und Herren,
Man kann Robert Badinter nicht würdigen, ohne sein Engagement gegen die Todesstrafe
besonders zu erwähnen. Ein Ereignis ist hier besonders prägend.
In einem von Robert Badinter betreuten Prozess gegen einen Kapitalverbrecher wurde
sein Mandant als Mittäter wegen Mordes verurteilt. Dies obgleich erwiesen war, dass er
selbst den Mord nicht begangen hatte. Von da an wurde Robert Badinter von einem
Kritiker zu einem vehementen Gegner der Todesstrafe.
In seinem ersten Amtsjahr als Justizminister setzte er die Abschaffung der Todesstrafe
durch.
Im Jahre 2007 wurde das Verbot der Todesstrafe auf Robert Badinters Initiative hin in
die französische Verfassung aufgenommen. Das Engagement für Rechtsstaatlichkeit, die
auf Respekt des Menschen baut, zeichnet Robert Badinter nicht nur als Politiker aus. Es
bestimmt zudem auch die Person des Geehrten.
Kaum ein Ereignis zeigt dies besser als der Prozess gegen den Kriegsverbrecher Klaus
Barbie 1985. Klaus Barbie hatte als Gestapochef von Lyon persönlich 1943 den Befehl
zur Deportation von Badinters Vater unterzeichnet.
Da hält ein Sohn den Deportationsbefehl gegen seinen Vater mit Barbies Unterschrift in
den Händen. Und er ringt sich zum Entschluss, dass der Täter ein einwandfreies
rechtsstaatliches Verfahren erhalten muß. Dass ungeachtet jedweder persönlichen
Gefühle die Todesstrafe inhuman ist, ganz gleich für welche Täter und ganz gleich für
welche Tat. Das ist absolute Prinzipientreue. Das ist bewundernswerte menschliche
Größe.
1981 vor der Assemblée Nationale sagte Robert Badinter den grundlegenden Satz:
“Eine Demokratie, die gegen Terroristen die Todesstrafe vollstreckt, macht sich deren
Werte zu Eigen.“
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EU Charta der Grundrechte
Meine Damen und Herren,
Die Debatte über die Todesstrafe bezog sich zunächst ausschließlich auf das französische
Recht. Und doch hatten Sie, lieber Robert Badinter, bereits eine europäische Dimension
vor Augen. Ich darf Sie noch einmal zitieren:
„Solange es in Frankreich die Todesstrafe gibt, solange kann es keinen europäischen
Rechtsraum geben.“
Lieber Herr Badinter: heute haben wir diesen Europäischen Rechtsraum, den Sie so
bedeutend mitgestaltet haben.
Die EU-Charta der Grundrechte vereint in einem einzigen Dokument alle Grundrechte,
die in der EU geschützt sind: Würde, Freiheiten, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und
justizielle Rechte. Auch das Recht auf Leben ist dort exponiert in Artikel 2 verankert.
Ich möchte betonen, dass der Schutz unserer Grundrechte nach einem zweistufigen
System erfolgt. Was bedeutet das? Nun, ergänzend zu dem nationalen
Grundrechtsschutz muss den Grundrechten auch in allen neuen EU-Rechtsvorschriften
Rechnung getragen werden.
Aus gutem Grund leisten meine Kollegen und ich als Mitglieder der EU-Kommission
unseren Eid auch auf die Grundrechte. Sie sind Maßstab unseres Handelns und müssen
auch Maßstab aller Institutionen und der Mitgliedstaaten sein, wenn sie EU-Recht
umsetzen.
Laut Präambel der Grundrechtecharta stellt die EU "den Menschen in den Mittelpunkt
ihres Handels […] indem sie eine Unionsbürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts begründet".
Diesen Raum des Rechts gilt es weiter zu entwickeln – auch über die Charta hinaus. Und
es gilt ihn zu verteidigen.
Robert Badinter ist auch dabei ein wichtiger Ratgeber. Er hat mir viele gute Impulse
gegeben, etwa beim geplanten Aufbau einer Europäischen Staatsanwaltschaft. Ein
Europäischer Staatsanwalt wird dafür Sorge tragen, dass die finanziellen Interessen der
EU besser geschützt sind. Denn nationalen Justizbehörden fehlt oft das Gesamtbild, um
diese Taten aufzuklären und grenzüberschreitend zu verfolgen.
Wenn ich in diesem Jahr den Gesetzesvorschlag zur Schaffung einer Europäischen
Staatsanwaltschaft vorlege, mache ich übrigens nichts anderes, als die Idee zu
verwirklichen, die Robert Badinter bereits in seinem Entwurf einer Europäischen
Verfassung vor über zehn Jahren vorgesehen hatte.
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Ein passionierter „Verfassungsingenieur“
In dem Sinne: eine Würdigung Robert Badinters bliebe unvollständig, erwähnte man
nicht seine besondere Passion.
Herr Badinter, Sie haben einmal gesagt:
„Ich habe eine Vorliebe für Verfassungen. Jede Verfassung ist zugleich ein politisches
Instrument, ein kunstvolles Rechtgebilde, ein historischer Augenblick und ein
literarisches Werk.“
Ich finde es bewundernswert, dass Sie 2002 Ihren eigenen Verfassungsentwurf für
Europa geschrieben haben. Ohne Mandat aber mit Überzeugung und hoher Kompetenz.
Man sagt, Sie hätten dies “aus Frustration” über mangelnden Fortschritt der
Diskussionen im Rat gemacht. Ich wünsche mir manchmal mehr Visionäre Ihres Schlags,
die mit unermüdlicher Tatkraft an der Umsetzung ihrer Vorstellungen in einem
Europäischen Geiste arbeiten – gerade jetzt.
Debatte über die Zukunft der EU
Denn, meine Damen und Herren,
Wir durchleben gerade schwierige Zeiten in Europa. Sicher sind diese nicht zu
vergleichen mit den persönlichen Herausforderungen, denen Robert Badinter in seinen
ersten Lebensjahrzehnten ausgesetzt war. Aber dennoch sind sie von weitreichender
Tragweite für unsere Zukunft.
Wir erleben eine Debatte darüber, ob nicht weniger Europa mehr wäre. Und manch
einer, der schon immer die Mauern an den nationalen Grenzen wieder hochziehen wollte,
glaubt, nun sei endlich in der Krise seine Zeit gekommen. Ich bin aber davon überzeugt,
dass die große Mehrheit der Menschen erkannt hat, dass nur der Weg hin zu „mehr
Europa“ den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird.
Robert Badinter hat mit seinem Verfassungsentwurf im Jahr 2002 bereits viele
interessante Anregungen hierzu gegeben.
Als er den Entwurf schrieb, konnte er natürlich nicht vorhersehen, welche
Herausforderungen elf Jahre später das politische Geschehen in Europa dominieren. Sein
Entwurf weist aber mit großer Klarheit auf die Kerndiskussion hin, die wir jetzt führen
müssen: wie wollen wir Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen einer Europäischen
Regierung und den Regierungen der Mitgliedstaaten regeln? Wie wollen wir erreichen,
dass ein Rahmen geschaffen wird, der für die Bürger auch verständlich ist?
Schon damals wußte Badinter, dass wir Europa anders kommunizieren müssen, wenn
wir Akzeptanz und Verständnis bei den Bürgern schaffen wollen. Das Scheitern des
Verfassungsentwurfs an zwei Referenden hat deutlich gezeigt, wie Recht er hatte. Dieses
Mal müssen wir die Mahnung von Robert Badinter befolgen.
José Manuel Barroso, der Präsident der EU-Kommission, hat in seiner Rede zur Lage der
Europäischen Union im September 2012 deutlich gemacht, dass wir europäische Themen
von einem europäischen Standpunkt aus diskutiert müssen. Denn europäische Probleme
können wir nicht mit nationalen Lösungen bewältigen. Deshalb sollten wir endlich
aufhören dies zu versuchen. Deshalb sollten wir uns endlich auf die konstruktive Debatte
konzentrieren.
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Im kommenden Jahr werden die Bürgerinnen und Bürger Europas Ihre Volksvertreter für
das Europäische Parlament wählen. Bevor sie wählen gehen, müssen sie jedoch wissen,
wer für welchen Entwurf eines zukünftigen Europas steht. Hier sind wir alle aufgerufen,
ehrlich und vor allem direkt mit den 500 Millionen Bürgern Europas zu sprechen. Wir
müssen ihnen beschreiben, wie das Europa der Zukunft aussehen könnte. Und welche
Auswirkungen diese Institutionen auf das Leben der Bürger haben.
Erste Vorschläge liegen auf dem Tisch: Von der Kommission – unsere Blaupause für eine
vertiefte Wirtschafts- und Währungsunion – und der darauf aufbauende Bericht der
Präsidenten von Europäischem Rat, Kommission, EZB und Eurogruppe. Doch dies ist nur
ein Anfang. Noch vor der Wahl müssen ausgereifte Vorschläge für Änderungen der
Europäischen Verträge auf den Tisch gelegt werden.
Für mich ist die Ausgangslage klar:
Die Finanz- und Schuldenkrise führt uns vor Augen, welche Probleme der Vertrag von
Maastricht geschaffen hat. Wir haben eine Währungsunion ohne eine wirtschaftliche und
politische Union.
Es gibt keinen verantwortlichen europäischen Finanzminister, der sich einem
Europäischen Parlament in zentralen Fragen der gesamteuropäischen Finanz- und
Haushaltspolitik verantworten muss. Ich bin überzeugt, dass wir wieder mit Visionen in
die Debatte über die Zukunft Europas gehen müssen. Visionen haben einst den Aufbau
Europas ermöglicht.
Auch heute, wo Europa am Scheideweg steht, sind wieder Politiker mit klarem
Durchblick für den Weiterbau Europas notwendig. Diese sollen den Weg bestimmen.
Bundespräsident Gauck hat Recht: Europa braucht jetzt keine Bedenkenträger, sondern
Bannerträger.
Meine persönliche Vision ist die eines Victor Hugo – mit dem Sie, Robert Badinter, sich
im Moment ja auch ganz besonders beschäftigen: Die Vereinigten Staaten von Europa,
die mittelfristig den Weg aus der aktuellen Schulden-, Finanz- und Legitimitätskrise
Europas weisen.
Wir brauchen in Europa mehr Demokratie und ein Regierungsmodell, das die richtigen
Lehren aus vergangenen Fehlern zieht.
Dazu gehört für mich ein Zweikammersystem. Und die Direktwahl des Präsidenten der
Europäischen Kommission durch die Bürger. Das würde eine klare Richtungswahl
ermöglichen.
Eine Richtungswahl auch für Stärke in einer globalisierten Welt, wo Europa nicht nur den
größten Wirtschaftsraum stellt, sondern auch ein Beispiel für Rechtsstaatlichkeit, Werte
und Rechte des Bürgers.
Ich weiß, dass ich mit diesen Gedanken gerade hier in Deutschland nicht alleine stehe.
Bundespräsident Gauck hat den schönen Satz geprägt:
„Wer einmal alles verloren hat was die Menschenwürde garantiert, die Freiheit, die
Demokratie, übrigens auch den Wohlstand und Rechtssicherheit, der all das verloren hat,
der weiß dass Europa mehr ist als nur eine Finanzunion und eine Währungsunion und ein
materielles Versprechen. Er weiß das es ein Versprechen ist für mehr Menschlichkeit.“
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Wir haben eine Verpflichtung, dieses Versprechen einzulösen. Gemeinsam.
Eine Europäische Union ohne eine aktive Bürgerschaft und deren demokratischer
Teilhabe bliebe eine leere Hülle.
Gibt es ein stärkeres Zeichen dafür, wie weit sich ein geeintes Europa entwickelt hat, als
dass Robert Badinter mit seiner persönlichen Geschichte heute hier in Frankfurt an der
Wiege der deutschen Demokratie steht und eine Rede halten wird?
Sein Lebensweg spiegelt die Entwicklung Europas wieder. Sein Mut, seine Beharrlichkeit,
seine Kraft zur Versöhnung, das kann und muss uns als Vorbild dienen. Robert Badinter
hat uns geholfen dort zu sein, wo wir heute stehen. Dafür sind wir ihm dankbar. Die
Verleihung des Carl Heymann Preises ist ein Beitrag dazu, unsere Hochachtung und
Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen.
Lassen Sie mich mit seinen Worten enden. Worte, die mich persönlich berührt haben und
die uns alle leiten sollten:
"Europa bleibt ein menschliches Abenteuer, lebendig und einzigartig in der Geschichte."
Ich wünsche Ihnen, lieber Robert Badinter, dass Sie sich noch viele Jahre bester
Gesundheit erfreuen. Damit Sie weiter an diesem Abenteuer Europa mitwirken können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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