1994, knapp zwei Jahre nach Eröffnung des Main-Donau

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Die Körbchenmuschel
Corbicula fluminea
Ausbreitungswege und Artstatus. (Literaturangaben
siehe Literaturverzeichnis)
Ursprünglich sind die Muscheln der Gattung
Corbicula in Asien beheimatet („Asian clam“). Ihre
natürliche Verbreitung reicht von Australien und
Afrika bis zum nahen Osten, aber die größte
Artenvielfalt findet man in Südostasien. Dort
werden sie auch als Nahrungsmittel in Aquakultur gehalten [15]
(Foto: A. Kureck)
Im Pleistozän kam die Gattung auch in Mitteleuropa vor; Schalen aus dieser Zeit wurden im Mainzer
Becken gefunden. Sie verschwand mit der letzten Eiszeit. Es soll noch Reliktvorkommen im Kaukasus
geben [11].
In British Columbia wurde Corbicula schon 1924 nachgewiesen. In die USA soll sie 1938 als Proviant
chinesischer Einwanderer gekommen sein, die am Columbia River (Washington) arbeiteten
Literaturzitate in [1]. Die Muscheln breiteten sich rasch nach Osten aus und wurden 1973 in
mindestens 26 Staaten der USA gefunden. 1975 erreichten sie die Ostküste [15].
Da sie kurz danach in Europa und Südamerika auftauchten, nimmt man an, dass sie von dort im
Ballastwasser der Schiffe den Sprung über den Atlantik schafften.
Im Rhein kamen gleichzeitig zwei verschiedene Corbicula-Formen an, deren taxonomischer Status
umstritten war. Sie zeigen nicht nur Unterschiede in der Form, sondern auch in ihren ökologischen
Ansprüchen [16, 22] und werden heute meist als C. fluminea und C. fluminalis bezeichnet. Reinhardt
[23] kommt nach genetischen Vergleichen zu dem Schluss, dass die im Rhein häufigere Corbicula
fluminea („Grobgerippte Körbchenmuschel“) aus Fernost wohl über Nordamerika zu uns gekommen
ist, während Status und Herkunft von C. fluminalis („Feingerippte Körbchenmuschel“) noch unklar
sind. Es treten Hybride auf, die morphologisch nicht zu unterscheiden sind. Da in der Rhone noch
einen dritte kryptische Linie gefunden wurde, die sich morphologisch nicht klar abgrenzen lässt, geht
man davon aus, dass verschiedene Corbicula-Linien Europa unabhängig wiederbesiedelt haben und
sich hier im fortgeschrittenen Prozess der Artbildung befinden [23].
Für unsere Betrachtungen unterscheiden wir, wie der gängige Bestimmungsschlüssel [7], die beiden
Formen bei uns als C. fluminea und C. fluminalis.
Ausbreitung von Corbicula in Europa (nach [20, 1, 28, 17])
1980
1983
1986:
1986
1991
1992
1994
1995
1997
1999
2003
Tejo (Portugal), Dordogne (Frankreich)
Weser
Rheinmündung
Rhein bis Oberwinter
Main und Neckar
Maas (Belgien)
Rhein bis Basel
Mosel
Donau in Deutschland. River Chet, England
Donau in Rumänien
Bodensee (mit D. villosus)
1
Der Borstenwurm Hypania invalida (Polychaeta)
Zeichnungen: J. Jacobi (links, Tentakel eingezogen) B. Schulz (rechts, Borsten weggelassen ). Beide ohne Wohnröhre
Polychaeten sind Ringelwürmer, die es in den Meeren zu großer Formenvielfalt und vielen speziellen
Anpassungen gebracht haben. Im Meer gibt es auch sehr farbenprächtige und bizarre Arten. In Süßgewässern
findet man sie nur selten mit wenigen unscheinbaren Arten.
Hypania invalida lebt in selbstgebauten Röhren im Sediment und sammelt mit seinen Tentakeln organisches
Material von der Schlammoberfläche. Vom Schwarzen Meer und dem Kaspischen Meer aus hat er allmählich
die Flüsse besiedelt. An der Wolgamündung wurde er schon 1910 nachgewiesen, im Dniepr 1926. Als er
1958 in der oberen Donau gefunden wurde, bezweifelte man, dass er aus eigener Kraft so weit aufgewandert
sein könnte und diskutierte ein Reliktvorkommen [12]. 1994, knapp zwei Jahre nach Eröffnung des MainDonau-Kanals, war er dann schon im Rhein weit verbreitet – ein deutlicher Hinweis auf den Transport mit
Schiffen. Inzwischen hat er große Teile Mittel- und Osteuropas erreicht. Er siedelte sich auch massenhaft in
den Rinnen der Ökologischen Rheinstation der Uni Köln an. Hier wurde seine Biologie eingehend untersucht
[29]. Die Weibchen betreiben Brutpflege und behalten die Eier bis zum Schlüpfen der Jungtiere in der
Wohnröhre. Diese können mit der Drift oder im Ballastwasser von Schiffen rasch verbreitet
werden.(Literaturhinweise im Literaturverzeichnis online.)
Der Schlickkrebs oder „Süßwasser-Röhrenflohkrebs“
Chelicorophium curvispinum (Amphipoda)
Zeichnung: J. Jacobi nach Sars
Schlickkrebse der Gattung Corophium findet man z.B. im Schlickwatt der Nordseeküste. Corophium
curvispinum, neuerdings in die Gattung Chelicorophium gestellt, bewohnt dagegen Steine und andere feste
Substrate in Fließgewässern und Seen. Die kleinen Krebse bauen darauf ihre Wohnröhren mit Partikeln, die
sie mit ihren großen Antennen aus dem Wasser fischen. Diese Wohnröhren können einen durchgehenden
filzigen Belag bilden, der andere Tiere ausschließt oder erstickt, wie z.B. angeheftete Zebramuscheln. Die
Art stammt aus dem pontokaspischen Gebiet und ist schon lange vor Eröffnung des Main-Donau-Kanals
nach Mitteleuropa vorgedrungen. Offenbar hat sie den Weg über weiter östlich gelegene Flüsse und Kanäle
gefunden. (Zentraler Korridor, siehe Grafik zu den Einwanderungswegen) Schon 1912 hatte sie den
Müggelsee in Berlin erreicht. Weitere Informationen zur Ausbreitungsgeschichte z. B. in [13].(siehe
Literaturverzeichnis)
2
Der große Höckerflohkrebs Dikerogammarus villosus
Dikerogammarus villosus ist durch die kleinen Höcker auf dem Hinterleib leicht von anderen Flohkrebsen zu
unterscheiden. Er stammt aus dem Donaudelta und wurde in der Donau wahrscheinlich mit Schiffen
stromaufwärts verschleppt. Nach der Eröffnung des Main-Donau-Kanals breitete er sich auch in Rhein
schnell aus und hat inzwischen Norddeutschland erreicht. Es gibt bei uns zwei weitere DikerogammarusArten, die aber schwer, oft nur mit genetischen Methoden unterschieden werden können und weniger häufig
sind.
Dikerogammaus villosus verdrängte im Rhein und anderen für ihn günstigen Gewässern einheimische
Flohkrebse aber auch früher eingewanderte Neozoen. Im Laborversuch hat er kleinere Arten durch Fraß
eliminiert. Er ist aber kein reiner Räuber sondern kann sich auch von totem Material oder filtrierend von
Kleinpartikeln ernähren. Im Rhein koexistiert er mit bestimmten kleineren Flohkrebsen (z. B.
Echinogammarus ischnus). Bisher hat er vor allem größere Wasserstraßen und kürzlich auch den Bodensee
erobert. Ob er es schafft, auch kleinere Bäche zu besiedeln,
bleibt abzuwarten. Für die einheimischen Bachflohkrebse
wäre das eine Gefahr.
Wie alle Amphipoden betreibt er Brutpflege. Das Weibchen
legt die Eier nach einer Häutung in einen Brutraum an der
vorderen Bauchseite. Dann werden sie vom Männchen
befruchtet und bis zum Ausschlüpfen der fertigen Jungkrebse
herumgetragen. Damit das Männchen den Moment der
Eiablage nicht verpasst, trägt es das Weibchen schon vorher
in einer Praekopula mit sich herum. Findet man solche Paare,
ist das größere Tier immer das Männchen (Foto: A. Kureck).
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