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Einheit 4
von
Sabine-Claudia Nold
Eine besondere
Nacht
Lukas 2, 1–20; Matthäus 2, 1–11
Ein Stern als Wegweiser
Der Text dieser Einheit ist die Weihnachtsgeschichte, die Erzählung von den Hirten auf dem
Feld und dem Engel, der ihnen die Geburt des
erwarteten Messias verkündet. Wenn wir an die
Weihnachtsgeschichte denken, entstehen vor
unserem Auge sogleich bestimmte Bilder: die
heilige Familie im Stall, das Kind in der Krippe, Ochs und Esel bei Maria, über der Krippe
der Stern von Bethlehem mit seinem langen
Schweif, die Hirten und die Schafe – und die
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ganze friedliche Szene umrahmt von den lobsingenden Engeln. Doch interessanterweise wird
im Lukasevangelium mit keinem Wort ein Stern
erwähnt.
Den Bericht über den Stern finden wir im
Matthäusevangelium, in Zusammenhang mit
den drei Magiern, die im Lauf der Jahrhunderte
zu drei Königen wurden. Beide Texte – die Erzählung von den Hirten auf dem Feld und die
Erzählung von den drei Magiern aus dem Mor-
6/2016 Wege zum Kind
4 Eine besondere Nacht
Antiochia missioniert hatte. (Als «Heidenchrisgenland an der Krippe – sind in unserer Tradition
ten» wurden diejenigen Gläubigen bezeichnet,
aufs Engste miteinander verflochten. Aufgrund
die nicht aus dem Judentum zum Glauben an
dieser engen Verbindung der zwei Erzählstränge
sollen beide Texte betrachtet werden.
Christus gelangt waren.) Um die Bedeutung
In der Vergangenheit wurde mehrfach verdes Sterns zu verstehen, muss der Hintergrund
bekannt sein, den die Erwähnung eines Sterns
sucht nachzuweisen, dass es den Stern von
für einen Juden im 1. Jh. n. Chr. hatte – ganz
Bethlehem wirklich gegeben hat. Als Erklärung
im Gegensatz zu einem Nicht-Juden (vgl. hierzu
für dieses Phänomen wurden eine Supernova,
auch den Grundsatzartikel).
ein Komet oder eine Konjunktion herangezogen.
In der Tat fand in den Jahren
7./6. v. Chr. eine Konjunktion
Im Judentum war der Stern
Der Stern im Judentum
in erster Linie ein Symbol für
der Planeten Jupiter, Saturn
den erwarteten Messias.
und (zeitweise) Mars statt.
Dennoch beantwortet diese
Im Judentum – an dessen
Konjunktion nicht, wie die helle LichterscheiGläubige sich Matthäus mit seinem Evangelium
nung so punktgenau zu einem Ziel führen konnrichtete – war der Stern in erster Linie ein Symbol
te, wie aus so grosser Höhe ein winzig kleiner Ort
für den erwarteten Messias. (Vgl. Num 24, 28:
In Bileams Orakelspruch steht der Stern für den
statisch markiert werden konnte.
König. Im Erzählzusammenhang bezieht sich
dieser Stern zwar auf König David. Spätere Leser
der Texte deuteten den Stern jedoch als Hinweis
Die Verwendung des Motivs «Stern»
auf einen erhofften königlichen Messias, der ein
Nach einer historisch-astronomischen Erklärung
Nachkomme des legendären David sein sollte.)
zu suchen, ist eine Möglichkeit, an den Text heHörte oder las ein jüdisch geprägter Zuhörer vom
ranzugehen. Noch näher liegt jedoch die Suche
Stern über der Krippe Jesu, schwang für ihn der
nach einer Antwort auf die Frage, weshalb der
messianische Anspruch sogleich mit. Der Stern,
Stern von Bethlehem im Matthäusevangelium
der die Magier aus dem fernen Morgenland zum
erscheint, nicht aber im Evangelium nach LuJesuskind führte, zeigte der jüdischen Leserkas. Wäre dieser Stern ein historisch greifbaschaft an, dass dieses Kind der Messias aus dem
res Ereignis gewesen, hätten dann nicht beide
davidischen Stammbaum ist. Verdeutlicht wird
dieser Anspruch zusätzlich, indem dem MatEvangelisten davon berichtet? Warum erscheint
die Erzählung vom Stern nur bei Matthäus?
thäusevangelium ein Stammbaum vorangestellt
Was könnte der Grund sein, dass der eine Autor
ist (Mt 1, 1 ff).
sich des Motivs «Stern» bedient und der andere
nicht?
Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden,
Der Stern im Hellenismus
ist es hilfreich, einen Blick auf den Kontext der
Aber auch im nicht-jüdischen Umfeld war das
beiden Evangelien zu werfen: Das MatthäusevanSymbol Stern als Begleitung eines Herrschers
gelium wurde um das Jahr 70 geschrieben. Sein
Verfasser war mit ziemlicher Sicherheit Jude und
geläufig – so bei Alexander dem Grossen, seinen
schrieb für Christen, die jüdischer Herkunft
Nachfolgern, den Ptolemäern
Der Stern markierte in
waren.
und Seleukidenherrschern,
den Herrscherportraits
Das Lukasevangelium wurde vermutlich um
den Hasmonäern in Judäa, bei
den Anspruch auf göttlich
80 bis 90 n. Chr. geschrieben (zusammen mit der
Cäsar, Augustus und weiteren
bestätigte Macht.
Apostelgeschichte wird vom lukanischen Doprömischen Kaisern. Der Stern
pelwerk gesprochen). Gemäss der Überlieferung
markierte in den Herrscherwar Lukas Grieche und gehörte zu den ersten
porträts den Anspruch auf göttlich bestätigte
«Heidenchristen», die Paulus um das Jahr 40 in
Macht. Ein Komet oder eine besondere Sternen-
Wege zum Kind 6/2016
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konstellation konnte gerade bei den Römern gar
als Beginn eines neuen Äons betrachtet werden.
Völlig fremd war hingegen der Gedanke, der
Stern symbolisiere einen seit Jahrhunderten
angekündigten «Retter der Welt».
Das Auftreten der Magier
Der Stern über der Krippe sagte somit in erster
Linie den Judenchristen etwas. Das Auftreten
der Magier aus dem Morgenland hat die frühen Christen sehr beschäftigt – wurden Magier
doch gerne als Scharlatane
angesehen. So werden beiDer Stern über der Krippe
spielsweise in der Apostelsagte somit in erster Linie
den Judenchristen etwas.
geschichte die Magier durchwegs negativ bewertet (z. B.
Simon Magnus in Apg 8, 4–25 oder Elymas bzw.
Bar Jesus in Apg 13, 4–12).
Bei Matthäus ist die Sicht auf die Magier eine
andere, auch wenn dem Text keine eindeutigen
Hinweise zu entnehmen sind, um wen es sich
bei den dreien letztlich handelt. Aus der Beschreibung, dass sie einem Stern folgen, wurde
schon sehr früh geschlossen, dass es sich um
Astrologen handeln könnte, nicht zuletzt, weil
der Begriff «magos» (Plural «magoi») dem Persischen entlehnt ist.
Warum Matthäus diesen Perspektivenwechsel vornimmt, kann nicht abschliessend erklärt
werden. Es gilt hingegen als unwahrscheinlich,
dass er eine feste Tradition aufgenommen hat,
denn diese wäre mit grösster Wahrscheinlichkeit
auch bei Lukas erschienen. Vielleicht handelte
es sich um eine kleine Tradition, die hauptsächlich in jüdischen Kreisen erzählt wurde. Vielleicht hat der Matthäusevangelist verschiedene
Traditionen, die auf einem alttestamentlichen
Hintergrund gewachsen waren, in einen Erzählstrang genommen. (Die Geschenke der drei
Magier erinnern an alttestamentliche Texte: Ps
72, 10–15; Jes 60, 6: Hld 3, 5.) Vielleicht sollte mit
dem Erscheinen der drei (nichtjüdischen) Magier
auch angedeutet werden, dass Jesus Christus weit
über den jüdischen Raum hinaus wirken wird.
Umsetzung mit Kindern
Mit den Kindern soll der Gedanke herausgearbeitet werden, dass wir alle Vorbilder suchen,
aber Gott mit einem jeden Menschen einen ganz
eigenen Weg geht. Damit wir Gott immer wieder
finden und spüren, hat er uns allen einen «Stern»
gegeben, der uns leuchtet.
Weil die Weihnachtsgeschichte sehr bekannt
ist, nimmt die Geschichte die Magier aus dem
Morgenland auf. Auch wenn sowohl ihre Dreizahl als auch ihre Namen Caspar, Melchior und
Balthasar der Legendenbildung (ab dem 3. Jh.)
entstammen, übernimmt die Geschichte teilweise diese bei uns in der Westkirche mündliche
Tradition.
Überblick der Feier
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Ankommen
Begrüssung von Eltern und Kindern
Einstimmen
Einstimmungsritual
Kolibri 361 oder 363
Überleitung zur Geschichte
Geschichte
Ich vertraue dem Stern
Ausdrücken
Bastelarbeit
6/2016 Wege zum Kind
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