Beiträge zur Geologie von Galizien. A. Das Hügelland und die

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Beiträge zur Geologie von Galizien.
Von Dr. Emil Tietze.
A. Das Hügelland und die Ebene bei Rzeszow.
Das hier kurz zu beschreibende Gebiet ist von mir im verflossenen Sommer 1882 geologisch aufgenommen worden, es umfasst denjenigen Theil von Westgalizien, welcher vom Karpathenrande südlich
von der Stadt Rzeszow nach Norden bis an den unteren Lauf des
San-Flusses und bis zu dessen Einmündung in die Weichsel unterhalb
Sandomir reicht. Die grösseren Orte dieses Gebietes sind ausser Rzeszow etwa folgende: Glogöw, Sokolow, Kamien, Rudnik, Lancut, Nisko,
Rozwadöw und Radomysl. Durch die Erwähnung derselben mag der
ungefähre Umfang des Gebietes bezeichnet werden, doch muss bemerkt
werden, dass die Städtchen Rudnik und Lancut an der Grenze gegen
das von Herrn Y. H i l b e r in diesem Jahre zur Aufnahme gebrachte
Gebiet, oder genauer gesagt, schon innerhalb desselben gelegen sind.
Ich habe die betreffenden Punkte nur wegen des engeren Anschlusses
an H i 1 b e r's Untersuchungen besichtigt.
Die mir für die Gewinnung meiner Daten zur Verfügung gewesene Zeit belief sich auf nicht volle sechs Wochen (Theile des Juli
und August). Die bekanntlich überaus ungünstige Witterung während
der zweiten Hälfte dieses Sommers erwies sich freilich als Hinderniss,
die gegebene Zeit gebührend auszunützen, so dass ich um Nachsicht
bitten muss, wenn sich bei vorzunehmender Controle meiner Arbeit
ergeben sollte, dass einige Einzelheiten übersehen wurden.
Geologische Literatur liegt über diesen Theil von Galizien fast
gar nicht vor, abgesehen von der älteren Uebersichtsaufnahme unserer
Reichsanstalt, bei welcher alle Quartärbildungen zusammengefasst wurden, und über welche gerade hier besondere Erläuterungen nicht gegeben wurden. Einiger weniger, ganz locale Vorkommnisse betreffender Notizen werde ich noch an geeigneter Stelle gedenken.
Wie nämlich gleich anfangs erwähnt werden kann, wird die
Oberfläche der zu beschreibenden Gegend vorwiegend von Quartärbildungen zusammengesetzt. Aeltere Gesteine wurden nur an einem
Punkt in der Nähe der Weichsel und am Karpathenrande südlich von
Rzeszow aufgefunden.
Jahrbuch d. h. k. geol. Rtiohianatalt. 1883. 33. Band. 2. Heft. (Dr. Emil Tietze.)
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Dr. Emil Tietze.
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Mit der Beschreibung dieses Gebirgsrandes soll hier gleich begonnen
werden.
Die Karpathen südlich von Rzeszow präsentiren sich keineswegs
in besonders imposanter Weise. Was man von genannter Stadt aus
erblickt, sind relativ niedrige Berge, welche bis etwa 400 Meter Seehöhe besitzen, also nur bis höchstens 200 Meter über das Wislokthal
bei Rzeszow hervorragen, insofern dieses Thal in der Nähe der Eisenbahnbrücke über genannten Fluss eine Seehöhe von 209 Meter
aufweist.
Von der vorwiegend von jüngeren, wohl fluviatilen Diluviallehmen
eingenommenen Ebene des Wislokthales ausgehend, steigt man östlich
und südöstlich von der Stadt bei Pobitno, Slocina und Zalesie zunächst
eine von Löss eingenommene Terrasse hinauf. Sobald, ungefähr südlich von einer die Ortschaften Zalesie, Malawa und Kruczkowa verbindenden Curve, die Berge etwas höher anzusteigen beginnen, wird
der Löss nach und nach minder typisch und von ein'em ziemlich mächtigen Verwitterungslehm ersetzt, welcher die Gehänge der Berge mit
wenigen Unterbrechungen bekleidet, so dass nur wenige Aufschlüsse
einen Einblick in deren innere Zusammensetzung gestatteten.
Dieser Lehm, dessen Analoga uns bereits weiter im Osten an
vielen Stellen der karpathischen VorhUgel bekannt geworden sind, und
dessen Verhältniss zum Löss noch genauer studirt zu werden verdient,
ist im Allgemeinen das, was man nach dem Vorgange Paul's zuerst
in der Bukowina und dann bei unseren Aufnahmen in Ostgalizien als
Berglehm bezeichnet hat.
Dieser Berglehm ist nun freilich gegenwärtig nichts deutlich Fassbares mehr, vielleicht weniger der Unbestimmheit der von ihm gegebenen
Definitionen wegen, als wegen der Verschiedenartigkeit der Gebilde,
auf welche sein Name angewendet wurde. Nach Hilber (Verhandl.
d. geol. Reichs-Anstalt 1881, pag. 189) ist es wenigstens wahrscheinlich, dass ein Theil der als Berglehm bezeichneten Absätze tertiären
Schichten angehöre und auf der geologischen Karte der Bukowina wurde
die für den Berglehm gewählte Farbe auch meist in dem wirklichen
oder wahrscheinlichen Verbreitungsgebiet der dortigen Tertiär-Formation
aufgetragen. Andererseits ist es mir persönlich sehr glaubwürdig, dass
in früheren Jahren dem Berglehm auch insoferne eine zu grosse Ausdehnung zugestanden wurde, als man auch echten, aber als Ueberzug
von Hügeln auftretenden Löss darin inbegriffen haben wird. Hat ja
doch H. Wolf(Verh. d. geol. R.-A. 1876, pg. 182) das Vorkommen von
Lössschnecken an einer Stelle darin nachgewiesen. Für gewöhnlich wurden
eben wohl nur die längs der Thäler auftretenden Lössbildungen mit terrassirter Oberfläche (vergl. z. B. das Profil bei P a u l in seinen Grundzügen der Geol. d. Bukowina, Jahrb. geol. R.-A. 1876, pg. 328) als Löss
bezeichnet, in einer Zeit als man in Galizien das Studium des Löss noch
nicht intensiver begonnen hatte. Doch ist nichts natürlicher, als dass
der Löss dort, wo er annähernd ebene Oberflächen als Basis seiner
Ablagerung vorfand, sich auch, dem correspondirend, mit annähernd
ebenen Oberflächen abgesetzt hat, und dass er dort, wo er geneigtes
oder buckliges Terrain vorfand, sich seinerseits auch diesen Oberflächenformen, wenn auch mit gewissen Modificationen anschmiegte, wie ich
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Beiträge zur Geologie von Galizien.
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das vor Kurzem bezüglich der Gegend von Lemberg auseinandergesetzt
habe. Es würde also zu Missverständnissen führen, wollte man genetisch
zusammenhängende Gebilde von einander unterscheiden, blos weil das
verschiedene Relief der Oberfläche, dem sie sich accommodiren mussten,
auch später nach dem Absatz dieser Gebilde noch nicht völlig verwischt
erscheint.
Indessen Verwitterungslehme oder eluviale Producte, um den nach
T r a u t s c h o l d ' s Vorgange beliebt gewordenen Ausdruck zu gebrauchen,
sind ja in Galizien und speciell auch in unserem subkarpatischen Gebiete
thatsäehlich vorhanden, und man kann ihnen, wo sie in grösserer
Mächtigkeit vorkommen, auf den Karten Rechnung tragen.
Da nun aber Verwitterungslehme doch schliesslich als „atmosphärische" Bildungen bezeichnet werden können, wenn auch nicht
speciell als „äolische", welchen'Ausdruck R i c h t h o f e n neuestens bezüglich der Lössabsätze vorzieht, so ist eine Beziehung beider verglichenen -Ablagerungen wenigstens in der Gemeinsamkeit des Gegensatzes gegenüber fluviatilen Bildungen von vornherein gegeben. Es
wird diesbezüglich auch schwer sein, überall eine scharfe Grenze zu
ziehen, denn an vielen Orten können verschiedene der unter dem Ausdrucke atmosphärisch zu subsumierenden genetischen Bedingungen in verschiedener Weise zusammengewirkt haben. Wo beispielsweise das rein
äolische Moment in der Entstehung solcher Ablagerungen sehr zurück
und die spülende Thätigkeit des Regenwassers an den Gehängen in den
Vordergrund tritt, dort werden die betreffenden lehmigen Producte
einen etwas anderen Habitus bekommen, alsv wenn das Umgekehrte
der Fall ist. Freilich werden ähnliche, in der graduellen Variabilität der
einzelnen Bildungsfactoren beruhende Verschiedenheiten auch in vielen
echten Lössbecken vorkommend gedacht werden können, namentlich bei
Betrachtung des Verhältnisses zwischen den Mitten und den Rändern
der Becken, und man wird sich dann nicht scheuen, unter Umständen
selbst auf den geologischen Karten untypische Erscheinungsformen "unter
der Hauptrubrik Lösa mit unterzubringen, allein in unserem Falle habe
ich es schon des Anschlusses an die Aufnahme meiner Gollegen wegen
vorgezogen, die bewussten Lehme besonders auszuscheiden und vorläufig vom Löss (manchmal mit willkürlichen Grenzen) getrennt zu
halten.
Die zurücktretende Porosität bei denselben begründet den noch
am leichtesten fasslichen Unterschied gegenüber dem Löss, obschon
ich in meiner Auseinandersetzung über den Löss bei Lemberg zeigen
konnte, dass auch jenes Merkmal, wenngleich stets vorhanden, so doch
kein dem Grade nach constantes ist.
Da übrigens nach den klaren, von Freiherrn von Richthofen
im 2. Bande seines China gegebenen Auseinandersetzungen über die
Oberflächenabsätze in verschiedenen Erdräumen die Anhäufungen der
nach der Tiefe zu wachsenden Zersetzungsproducte der Gesteine in
einem gewissen Gegensatze zu den Regionen der Lössaufschüttung
stehen, und da dieser Gegensatz zu verschiedenen Schlussfolgerungen
über die climatische Beschaffenheit der betreffenden Gebiete für die
Zeit der betreffenden Absätze führt, so ist die Frage nach der Existenz
und dem Wesen solcher eluvialen Verwitterungsproducte, auch speciell
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Dr. Emil Tietze.
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bezüglich des Berglehms, immerhin im Auge zu behalten. Vorläufig
fehlt es aber an genügenden Anhaltspunkten zu deren Lösung.
Unter der besprochenen Lehmbedeckung treten nun an einigen
Stellen, wie bei Chmielnik, unterhalb der Wallfahrtskirche Maria Magdalena, und bei Cierpisz an einigen Terrainentblössungen Karpathensandsteine auf und führen die Bäche, wie namentlich der Bach bei
Chmielnik und, obschon in viel geringerem Grade, auch der Bach von
Malawa, karpathischen Schotter.
Jene Sandsteine sind meist dünnplattig, ähnlich denen, wie sie
in Rzeszow zu Trottoirplatten verwendet werden, und gehören aller
Wahrscheinlichkeit nach der jüngeren (eocänen und oligocäneu) Abtheilung der Karpathensandsteine an. Freilich ist das zunächst immerhin nur persönliche Muthmassung, insofern in den mir einst bekannt gewordeneu Sandsteingebieten Galiziens genau mit den hiesigen Gesteinen
übereinstimmende Bildungen kaum vorkommen und insofern blos annähernde Gesteinsähnlichkeiten für sich isolirt betrachtet, ohne Rücksichtnahme auf Lagerung und ohne fortlaufende, räumlich ununterbrochene Beobachtung der bekanntlich in der Sandsteinzone nicht seltenen
Faciesänderungen nichts zu beweisen brauchen. Da nun aber, abgerechnet einige kleinere Aufsätze von H. W a l t e r und Vacek, über
die Aufnahmen der letzten vier Jahre innerhalb des Sandsteingebietes
bisher nur spärliche Mittheilungen in die Oeffentlichkeit gelangt sind, so
liegen mir keine für die sichere Deutung der Sandsteine bei Rzeszow
massgebenden Anhaltspunkte vor. Näheres über diese Sandsteine zu
sagen, ist Übrigens vielleicht schon deshalb nicht nöthig, weil eine eingehendere Schilderung der Hauptmasse der karpathischen Formationen
südlich von Rzeszow, von den mit der Aufnahme der betreffenden
Gebiete betraut gewesenen Geologen noch erwartet werden kann.
Westlich und südwestlich von Rzeszow dehnt sich zunächst ähnlich wie östlich und südöstlich vou der Stadt ein grösseres Lössgebiet
aus, und zwar steigt echter Löss hier nicht selten zu ansehnlicheren
Höhen empor. Das Vorhandensein des sogenannten Berglehms nehme
ich hier erst in nächster Nähe derjenigen Berggehänge an, welche vorquartäre Bildungen aufweisen.
In der Gegend von Czudec, bereits ausserhalb des mir zur Aufnahme zugewiesenen Terrains gelegen, welche ich jedoch einmal gemeinschaftlich mit Bergrath P a u l besuchte, um die Verbindung von
dessen Beobachtungen mit den meinigen herzustellen, kommen bereits
hie und da eoeäne Karpathensandsteine zum Vorschein. Recht interessant war uns ausserdem die Auffindung von Leithakalk an diesem
Karpathenrande.
Wir sahen denselben zuerst auf der Nordseite des nördlich von
Czudec gegen das Dorf Niechöbrz zu sich erhebenden Berges. Auf
seiner Höhe besteht dieser Berg aus Menilitschiefern oder doch aus zu
diesen gehörigen Gesteinen. Ein wenig unterhalb der Höhe lagert
sich an diese Menilitschiefer ein echter Nulliporenkalk an, welcher
an den Gehängen oberhalb des Dorfes Niechöbrz in etlichen kleinen
Steinbrüchen ausgebeutet und in einem Kalkofen gebrannt wird. Doch
ist seine Qualität gerade zur Kalkerzeugung keine sehr gute, da er
sehr viel sandige Beimengungen enthält.
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Beiträge zur Geologie von Galizien.
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Die Schichten dieses Nulliporenkalkes fielen ziemlich flach vom
älteren Gebirge ab.
Ein anderes ähnliches Vorkommen befindet sich eine halbe
Stunde südwestlich von Zglobien, südöstlich des oberen Theiles von
Wola zglobienska. Hier beobachtet man an der westlichen Lehne
einer kleinen Schlucht am Waldesrande eine grössere Menge von lochartigen Steinbrüchen, durch welche der Leithakalk aufgeschlossen wird.
Auch ein Kalkofen befindet sich hier. Die Qualität des Kalkes ist
besser als bei Niechöbrz. Die allgemeinen Verhältnisse seiner Lagerung
lassen sich schwer erkennen, doch sah ich an einer Stelle ein deutlich
gebirgswärts gerichtetes Einfallen, was darauf schliessen lässt, dass hier
grössere Störungen obwalten, als bei Niechöbrz. Leider ist auch das
unmittelbare Liegende des Kalkes hier nicht zu erkennen, insofern
ein mächtiger, stellenweise bis zu 4 Meter und mehr starker Verwitterungslehm, wie man ihn in den Steinbrüchen den Kalk tiberlagern
sieht, die Gegend beherrscht, in welcher man das zunächst ältere Gebirge vermuthen sollte. Sogar in einem tiefen, bewaldeten Wasserriss
oberhalb der Steinbrüche und linker Hand von dem daselbst in der
"Richtung nach Przedmiescie führenden Wege konnte nichts als Lehm
gefunden werden.
Das geschilderte Auftreten des Leithakalkes bei Niechöbrz unmittelbar am Bande der Flyschzone erinnert schon an gewisse Verhältnisse des Wiener Neogen-Beckens und ist deshalb nicht uninteressant. Besonders bemerkenswerth scheint dabei das Fehlen der zur
karpathischen Salzformation gehörigen oder besser der in der Facies
derselben entwickelten Schichten, welche doch sonst diejenigen Neogenbildungen sind, welche sich unmittelbar an die galizische Flyschzone
anlagern.
Obschon man das Verhalten unseres Leithakalkes ganz im Einklänge mit der von mir an einem andern Orte vertheidigten Vorstellung
finden kann, dass Leithakalk und karpathische Salzformation sich gegenseitig vertretende Gebilde sind, so will ich doch gerade aus dieser einen
beschränkten Beobachtung weitere Schlüsse in der betreffenden Frage
nicht ziehen. Man wird mir vielleicht das Zeugniss der Unparteilichkeit
nicht versagen, wenn ich selbst einen Einwand als zulässig gegen die
zwingende Beweiskraft jenes Verhaltens für die Entscheidung der angedeuteten Frage hervorhebe. Nämlich es könnte im Hinblick auf die flache
Anlagerung der Nulliporenkalke an die ziemlich steil gestellten Menilitscbiefer bei Niechöbrz immer noch au die Existenz der Salzformation
unter dem Leithakalk gedacht werden, wofern man ein discordantes
Herübergreifen der Nulliporenkalke über die in der Tiefe verborgene
Salzformation annehmen wollte. Freilich wäre das fast-das einzige, bisher
bekannte Beispiel einer solchen Transgression in Galizien. Ausserdem
hat nur Herr Uhlig bei Olympöw Leithakalk über Gebilden der Sandsteinzone angetroffen.
Selbstverständlich ist aber die Natur dieses auf Grund eines ganz
hypothetischen Verhältnisses als möglich hingestellten Einwandes gegen
die Zusammenfassung der mediterranen Ablagerungen Galiziens zu einer
Stufe auch nicht beweiskräftig genug, um andererseits eine Trennung
dieser Ablagerungen in zwei mit Constanz vertical aufeinander folgende
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Stufen zu begründen. Man braucht das ebenso wenig zuzugeben, wie
man das Verhältniss localer Auflagerung des Leithakalkes über Badener
Tegel im Wiener Becken als bestimmend für eine weitere Gliederung
der sogenannten zweiten Mediterranstufe angesehen hat, weil eben auch
das umgekehrte Yerhältniss stellenweise stattfindet, und wenn, wie mir
Herr U h l i g mittheilt, nur einige Meilen yon dem hier beschriebenen
Gebiet entfernt bei Grödna dolna der dort entwickelte Badener Tegel
Lagen von Sandstein eingeschaltet enthält, welche den sonst in der
Salzformation vorkommenden Sandsteinen entsprechen, so scheint dies
doch einen mehr als zufälligen Zusammenhang zwischen dem andrerseits
dem Leithakalk gleichaltrigen Badener Tegel mit der subkarpathischen
Salzformation zu bekunden.
Wie mir Herr Uhlig, der in Bälde seine Beobachtungen über
diesen Theil der Karpathen zu publiciren gedenkt, ausdrücklich versichert, liegt der Badener Tegel von Grödna dolna ebenso wie unser
Leithakalk unmittelbar über Flyscbgebilden, und von einer Zwischenschiebung der Salzformation ist auch dort nichts zu sehen. Schon in
meiner Arbeit über Lemberg (Jahrb. geol. K.-A. 1882, pag. 94 [88])
hatte ich in den derselben beigegebenen allgemeinen Auseinandersetzungen auf dieses eigentümliche Verhalten des Neogens bei Grödna
dolna besonders hingewiesen. Die neuesten Beobachtungen in Galizien
haben nunmehr bestätigt, dass in diesem Theil von Galizien die Salzforraation wenigstens an der Oberfläche nicht continuirlich vorkommt, und
dass die den Karpathenrand begleitenden neogenen Bildungen hier auf eine
längere Erstreckung zunächst mit solchen Ablagerungen verwandt sind,
welche man gewöhnlich zur sogenannten zweiten Mediterranstufe stellt.
Im Uebrigen halte ich dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntniss nach die Zusammengehörigkeit der bisher zur sogenannten ersten
Mediterranstufe gerechneten Salzthonformation Galiziens mit der Leithakalkstufe dieses Landes für so erwiesen, dass unsere diesjährigen
Beobachtungen weder in dem einen, noch in dem anderen Sinne dazu
beitragen können, die Stellungnahme Jemandes zu dieser Auffassung zu
beeinflussen. Der Schwerpunkt einer darüber vorzunehmenden Discussion
liegt in einem viel allgemeineren Gebiet. Vor Allem dürfte bei einer solchen
Discussion trotz aller Achtung vor den ausgezeichneten diesbezüglichen
Arbeiten nicht übersehen werden, dass ein völlig zufriedenstellender Beweis
für die Gliederung der österreichischen Mediterranbildungen in dem Sinne,
dass erste und zweite Mediterranstufe vertical aufeinanderfolgende Horizonte seien, bisher überhaupt noch nicht erbracht wurde.
Jetzt wären zunächst noch einige Worte über das Lössgebiet von
Rzeszow zu sagen.
Es ist dieser Löss wohl im Allgemeinen, aber nicht überall,
typisch entwickelt, und es fällt seine ausserordentliche Armuth an
Schnecken auf. Südlich von Rzeszow findet man die besten Aufschlüsse darin bei Boguchwala, westlich erscheinen die ersten besseren
Aufschlüsse bei Staroniwa. Doch verdient erwähnt zu werden, dass
an dem Aufstieg hinter diesem Dorfe die lössartigen Bildungen stellenweise sehr fein geschichtet sind. Es ist dies eine ganz localisirte Erscheinung, welche ich näher zu erläutern nicht in der Lage bin. Weiterhin bei Kielanöwka steigt der Löss bis zu mehr als 300 Meter
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Beiträge zur Geologie VOD Galizien.
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Seehöhe empor, liegt also dort 100 Meter über dem Spiegel des Wislokflusses bei Rzeszow.
Dasselbe Gebilde ist überall verbreitet bei Zabierzow, Raclawöwka,
Zgiobien, Nosöwka, Bl§dowa, Trzciana, Swilcza uod Bzianka. Auch
bei Przybyszöwka muss ich ihn als vornehmlich die Oberfläche des Terrains bildend annehmen. Doch scheinen hier stellenweise nicht tief unter
demselben Bildungen des nordischen Glacialdiluviums zu liegen, wie
einige erratische Blöcke, welche ich in der Nähe des Weges zwischen
Bzianka und Przybyszöwka umherliegen sah, anzudeuten vermögen.
Diese letztere Beobachtung stimmt sehr gut mit der schon seit
lauger Zeit bekannten Thatsache überein, dass in einem zwischen
den Dörfern Swilcza, Bzianka und Przybyszöwka gelegenen Erdriss
unter der Lössbedeckung ein Schotter beginnt. F. v. H a u e r machte
nämlich im Jahre 1851 (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1851, 4. Heft
pag. 158) Mittheilungen über den Fund eines fossilen Elephantenschädels zu Bzianka bei Rzeszow. Er sagte: „Der Fundort ist ungefähr
eine Meile von Rzeszow entlegen, zwischen den Dörfern Swilcza, Bzianka
und Przybyszöwka auf dem Grunde des Gutsbesitzers, Herrn K. v. Misky.
In einem bis 8 Klafter tiefen, durch einen kleinen Bach allmälig ausgewaschenen Erdrisse wurde hier erst nur die Spitze eines ausgespülten
Stosszahnes bemerkt und dann durch sorgfältige, sehr mühevolle Nachgrabung der ganze Schädel zum Vorschein gebracht. Derselbe lag auf
einer Schichte von Schotter, welche in dieser Tiefe erst beginnt,
während von hier bis zur Oberfläche blos dunkelgelber Lehm (Löss)
zu sehen ist, welcher Spuren von verkohlten Holzstämmen enthält."
Darauf folgt die Beschreibung der betreffenden Knochen, welche im
Gymnasium von Rzeszow aufbewahrt werden.
Anschliessend an dieses Citat kann ich gleich noch hinzufügen,
dass von Rzeszow auch ein sehr wohlerhaltener und vollkommener
Schädel von Bos primigenius durch E. S u e s s (Verh. der geolog.
Reichsanst. 1859 pag. 52) bekannt geworden ist, ebenso wie verschiedene Zähne und andere Skelettheile von Elephas primigenius
(ibidem pag. 53) im Rzeszower Kreise bei Swilcza, Trzebownisko,
Jasionka, Biala und Rzeszow selbst und im ehemaligen Jaslo'er Kreise
bei Czudec gefunden wurden, ohne dass aber genauere Angaben über
die betreffenden Fundstätten vorliegen. Ein Theil dieser Funde gehört
wohl dem Löss selbst an.
Geht man von Rzeszow nördlich auf der Strasse nach Glogow,
so sieht man Löss bei Staromiescie bis Milocin. Nordwestlich davon
darf man auch die Lehme von Pogwizdöw und bei Mröwla vielleicht
noch hierher rechnen. Während bei Staromiescie der Löss im Westen
der dortigen Eisenbahnlinie typischer entwickelt ist, so stellen sich
östlich derselben kleinere Quarzkörner und minutiöse Kiesel in dem
betreffenden Gebilde ein, doch sah ich nordöstlich von Staromieäcie
gegen Trzebownisko zu wieder deutlicheren Löss. Zwischen Trzebownisko und Nowa wies kommt aber ein lössartiger Letten mit grösseren
Quarzkörnern in der Nähe des linken Wislokufers vor. Es ist wohl
die Vermuthung naheliegend, dass wir es in diesem Gebiet theilweise
mit umgeschwemmtem Löss zu thun haben. Bei den mangelhaften und
gänzlich unzusammenhängenden Aufschlüssen daselbst ist es freilich
Jahrbuch d. k. k. geul. Relchsanswlt. 1883. 33. Band. 2. lieft. (Dr. Emil Tietze.)
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Dr. Emil Tietze.
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schwer, das Verhältniss der typischen Lössbildungen zu den minder
typischen in befriedigender Weise zu ermitteln.
Wir befinden uns überdies hier, wie bei Milocin, Pogwizdöw und
Mrowla an der äussersten Nordgrenzc des Lössgebietes gegen die mit
dem nordischen Glacialdiluvium zusammenhängenden oder mit demselben
zu verbindenden Ablagerungen. Nördlich von der durch die angegebenen
Ortschaften bezeichneten Linie kommt bis an die Weichsel und den
San kein Löss mehr vor, und so mag ein gewisser Grad der Verunreinigung des Löss durch kleinere fremdartige Beimischungen schon
aus der unmittelbaren Nähe seiner Ablagerungsgrenze erklärbar scheinen.
Wenn wir aber sagten, wir hätten bei unserer Beschreibung die
Nordgrenze des Löss gegen das Glacialdiluvium erreicht, so soll damit
nicht gemeint sein, dass wir damit gleichzeitig die Siidgreoze des
letzteren vor uns hätten. Das nordische Material geht vielmehr bei
Rzeszow bedeutend weiter nach Süden, tief in das Vorland der Karpathen hinein. Ich sah noch in der Nähe von Czudec, nordwestlich
von diesem Flecken, einen Schotter, dessen Gemengtheile zum grossen
Theile aus Gesteinen des nordischen Erraticums bestanden, und die
Aufnahmen der Herren P a u l und U h 1 i g dürften dergleichen noch
an mehreren analogen Stellen constatirt haben. Das nordische Diluvium
zieht sich eben unter der meist nicht über eine Meile breiten, oft sogar noch schmäleren Lössdecke fort, welche bei Rzeszow den Karpathenrand begleitet.
Schon die früher erwähnten erratischen Blöcke zwischen Bzianka
und Przybyszöwka. gaben uns davon eine Andeutung. Noch evidenter
wird dies Verhältniss durch eine Beobachtung, welche man östlich von
Rzeszow machen kann. Die Strasse, welche von letzterer Stadt nach
Lancut führt, steigt, nachdem sie die den Wislok zunächst begleitende,
aus Schwemmland zusammengesetzte schmale Ebene passirt hat,
zwischen Pobitno und Slocina an einer Lössterrasse hinauf, deren
schwach durch seichte Erosionsfurchen undulirter Oberfläche sie dann bis
Lancut folgt. Nach kurzer Zeit verrathen aber auf den Ackerfeldern,
sowohl nördlich gegen Pobitno als südlich gegen Slocina zu umherliegende Steine, dass an dieser Stelle der bedeckende Lössmantel, um
dieses Bild zu gebrauchen, fadenscheinig oder durchlöchert ist, und,
indem man südlich gegen Slocina geht, sieht man an den dortigen
Feldwegen deutlich die betreffenden Schotterablagerungen, welche augenscheinlich einige durch den Löss nur stellenweise maskirte Teirainbuckel
zusammensetzen, unter dem Löss hervorkommen. Der betreffende Schotter
ist nordisches Material mit karpathischem gemischt, ähnlich wie an der
erwähnten Localität bei Czudec.
Wenn wir dergleichen Bildungen als nordisches Glacialdiluvium
bezeichnen, so ist diese Bezeichnung dabei natürlich in etwas erweitertem Sinne gebraucht. Wir haben weder eine Grund-, noch eine
Endmoräne des grossen nordischen Gletschers vor uns, zu dessen Annahme wir im Aoschluss an anderwärts gemachte Studien auch für
Galizien gelangt sind, wie an anderem Orte auseinandergesetzt werden
konnte, wir haben da vielmehr ein von Wasser zusammengetragenes,
oder doch unter Mitwirkung von Wasser umgelagertes Material vor
uns, obschon die selten flach gerollte, sondern zumeist nur gerundet
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Beiträge zur Geologie von Galizien.
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kantige Form der nordischen Granite, Grünsteine und Quarzite beweist,
dass die betreffenden Steine in der Regel nur einem kurzen Transport
durch Wasser unterworfen gewesen sind. Man könnte für diese und
andere später zu erwähnende Schotterablagerungen an Gletscherbäche
denken, welche sowohl während der Zeit der Ausbreitung des nordischen
Gletschers, als dann beim Rückgang desselben sich im Bereich desselben
bildeten, und es wird die Heranziehung eines solchen Factors für
viele Schottervorkommnisse im Gebiet unseres galizischen Erraticums
sogar eine natürliche und unabweisbare sein, in unserem Falle liegt
indessen die Vermuthung viel näher, dass der aus den Karpathen
kommende Wislok-Fluss, in dessen räumlicher Nachbarschaft sich der
Schotter von Slocina befindet, (ebenso wie höher hinauf an den Thalgehängen desselben Flusses der früher erwähnte Schotter von Czudec)
an der Zusammentragung dieser Bildungen betheiligt ist. Für diese
Annahme spricht ausser der räumlichen Stellung der bewussten Vorkommnisse auch das Gemischtsein des nordischen Schotters mit echten
karpathischen Elementen, wie z. B. mit Brocken von Menilitschiefer,
Hornsteinen und dergleichen.
Eine derartige Betheiligung der von den Karpathen kommenden
Flüsse und Bäche an der Gestaltung und Umlagerung des von dem
nordischen Gletscher bis an den Fuss und in das Vorland der westgalizischen Karpathen geschleppten Materials ist ja von vornherein wahrscheinlich, und es könnte •der Gegenstand eines besonderen Studiums
werden, die Art dieser Betheiligung genauer festzustellen, was denn
übrigens auch bezüglich der anderen (deutschen) Randgebirge des
nordischen Gletschers noch umfassender als bisher zu geschehen hätte.
Man kann sich nämlich in der Hauptsache zwei Grundformen
der Erscheinung bei einer diesbezüglichen Thätigkeit der Flüsse vorstellen. Das eine Mal kann man sich den Gletscher auf dem Höhenpunkt der durch ihn repräsentirten Vereisung weiter Landschaften bis
an den Fuss des Gebirges vorgerückt denken, und sich fragen, in
welcher Weise dann ihm gegenüber die aus den Karpathen kommenden
Flüsse (selbst wenn sie, wie aus anderen Gründen nicht unwahrscheinlich
ist, keine relativ bedeutenden Wassermengen mitbrachten) sich verhalten haben, ob sie sich stellenweise am Ausgange der Thäler seeartig aufstauten, oder ob sie im Gegentheile, wie ja schliesslich der
Fall sein musste, sich bald einen Durchzug durch den Gletscher, theils
über, theils unter demselben erzwangen, und ob sie dabei im Wesentlichen ihren durch präexistirende Terraindepressionen bedingten ursprünglichen und eventuell den heutigen Thalläufen folgten, oder ob
sie nicht, wie ja auch denkbar, durch verschiedene Verhältnisse in der
inneren Beschaffenheit des Gletschers beeinflusst, von ihren natürlichen
Wegen stellenweise samrat den von ihnen transportirten Materialien
abgelenkt werden konnten. Der Spielraum für eine derartige Ablenkung
würde natürlich mit der Entfernung vom Gebirge zugenommen haben.
Die heute allerdings kaum mögliche Beantwortung solcher Fragen
würde eine wesentliche Lücke in dem Bilde, das wir uns von dem Zustande Galiziens während der Eiszeit entwerfen, ausfüllen.
Ein anderes Mal kann man sich den Gletscher zurückgezogen
denken, so dass die aus den Karpathen kommenden Flüsse, unbeeinflusst
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Dr. Emil Tietze.
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von vorliegenden Eismassen, ganz freien Spielraum hatten. Bei grösseren
oder kleineren Schwankungen in der Ausdehnung des nordischen
Gletschers kann innerhalb einer dem Gebirge benachbarten Zone
natürlich ein Alterniren der durch die beiden Bedingungen hervorgebrachten Erscheinungen gedacht werden und bei der solchergestalt erreichten Gomplicätion der unter Betheiligung der Karpathenflüsse zu
Stande gebrachten Ablagerungen wird eine Entwirrung aller hiemit in
Beziehung zu setzenden Tbatsachen und Einzelbeobachtungen schwer
durchführbar aein.
In jedem Falle steht fest, dass eine stellenweise Mengung karpathischer mit nordisch-erratischen Geschieben durch die Mitwirkung
der karpathischen Flüsse einestheils schon während der Anwesenheit
des hordischen Gletschers in diesen Gegenden hervorgebracht werden
konnte, sowie anderntheils nach dem Rückzuge desselben eine derartige
Mischung unter Mitwirkung derselben Flüsse ganz natürlich war.
Innerhalb des Alluvialgebiets der Flüsse müssen ja solche Mischungen
noch heute vor sich gehen.
Um aber wieder auf die Schotterablagerungen zurückzukommen,
von welchen wir bei dieser Betrachtung ausgegangen sind, so läest sich
nicht mit Evidenz entscheiden, ob sie noch während der Anwesenheit des
Gletschers blos unter theilweiser Mitwirkung des Wislok oder nach derselben als ausschliessliche oder gewöhnliche Flussabsätze sich gebildet
haben. Sollte man finden, dass die grössere Wahrscheinlichkeit für die
letztere Annahme spräche-, dann würden diese Ablagerungen im
strengeren Sinne nicht mehr als glaciale bezeichnet werden dürfen,
wenn sie auch noch so viel glaciales Material enthalten. Indessen
werden diese Schotter in ähnlicher Weise direct von Löss überlagert,
wie etwa weiter östlich der durch meine früheren Aufnahmen bekannt
gewordene, blockführende Geschiebelehm von Sadowa wisznia. Sie gehen
also der Zeit nach dem Löss voraus, und bei der vorläufigen Unmöglichkeit, eine viel mehr in's Einzelne getriebene verticale Gliederung
des galizischen Diluviums vorzunehmen, wird man ohne wesentlichen
Fehler dieselben für die Karte als nordisches Glacial-Diluvium bezeichnen dürfen, mit welchem sie durch ihr Ursprungsmaterial so nahe
verknüpft sind.
Ich habe mich aber über die Art der Auffassung, welche dieser
Bezeichnung entgegengebracht werden soll, in unserem Falle desshalb
etwas umständlicher ausgelassen, weil ich einem hier möglichen Missverständnisse schon jetzt vorzubeugen wünsche. In meiner Abhandlung
über die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Lemberg hatte
ich darauf hingewiesen, dass bisher keinerlei sich begegnende Moränen
des nordischen Gletschereises und eventueller Karpathengletscher bekannt seien. Die diesjährigen Beobachtungen haben dieses negative
Ergebniss der früheren Untersuchungen für den Karpathenrand bei
Rzeszow völlig bestätigt, und es würde nur einer wenig kritischen Anschauung entsprechen, wollte man aus der Mengung karpathischer mit
nordischen Geschieben in den erwähnten Schottermassen eine jenem
Ergebnisse entgegenstehende Schlussfolgerung ziehen. Immerhin hätte
aber Jemand auf einen derartigen Irrthum verfallen können, namentlich wenn er ohne persönlichen Augenschein seine Ansichten nur auf
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Beiträge zur Geologie von Galizien.
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kurze Literaturangaben hätte stützen können, und deshalb mögen die
gegebenen Erläuterungen nicht unnütz sein.
Zur Ergänzung der Betrachtung des Vorkommens jener Schotterbildungen lässt sich noch hinzufügen, dass dieselben bei Czudec in
einer Höhe von 40—50 Meter, bei Rzeszow, bezüglich Pobitno und
Slocina, in einer Höhe von 20—30 Meter über der heutigen Thalsohle
des Wislok noch angetroffen werden. Im Falle also diese Absätze bereits nach dem Rückzug des nordischen Gletschers zu Stande gekommen
wären, dann würde der Wislok sein Bett seit jener Zeit um den angegebenen Betrag vertieft haben.
An anderen Stellen des Weges zwischen Ezeszow und Lancut ist
mir das Auftauchen älterer diluvialer Gebilde unter dem Löss nicht
aufgefallen. Gegen das Wislokthal, welches unterhalb Rzeszow eine
westöstliche Richtung annimmt, fällt der Löss mit steileren Böschungen
ab. Die Eisenbahn zwischen Rzeszow und Lancut verläuft sehr nahe
dieser Lössgrenze, unterhalb der betreffenden Böschungen.
Südwestlich vom Bahnhof von Lancut und westlich der nördlichsten
Häuser dieses Orts ist man übrigens erstaunt, beim Aufsteigen auf
die Lössterrasse an Stelle des Löss einen denselben wahrscheinlich vertretenden Sand zu finden.
Ehe wir uns jetzt der Besprechung des ausgedehnten lössfreien
Diluvialgebieta nördlich von Rzeszow zuwenden, soll nur noch erwähnt
werden, dass das Wislok-Thal, welches unterhalb Rzeszow, etwa von
der Gegend von Nowa wies angefangen bis nördlich von Lancut die
Grenze zwischen den subkarpathischen Randbildungen und jenem lössfreien Gebiet bildet, theils von fluviatilen Sanden, theils von ebensolchen Lehmen eingenommen wird. Die letzteren sind vorwaltend.
Sie finden sich z. B. in der Nähe von Rzeszow selbst und dann weiter
abwärts zwischen Laka, Paliköwka und Lukawiec, sowie nördlich von
Lancut zwischen der Eisenbahn und Wola blizska. Dagegen bestehen
die Ufer des Flusses bei Dombrowki aus losem Sand.
Damit ist erschöpft, was wir vorläufig über den Rand der Karpathen und dessen unmittelbares Vorland bei Rzeszow zu sagen hatten.
Das lössfreie Diluvialgebiet gegen den Zusamraenfluss von San
und Weichsel zu ist keineswegs völlig ebenes Flachland, wenn wir es
auch als Flachland im Gegensatz zur karpathischen Region der Kürze
wegen manchmal bezeichnen werden. Von den Lössanhöhen bei Rzeszow
nordwärts blickend, glaubt man einen ostwestlich streichenden niedrigen
Höhenzug vor sich zu haben und weiter nördlich etwa vor Nienadowka
oder bei Sokolow hat man, obwohl schon lange im Bereich des zu
besprechenden Gebiets, immer wieder die Vorstellung, als ob sich nach
Norden zu immer von Neuem ein ähnlicher Höhenzug den schon passirten Erhebungen vorlagere. In der Nähe besehen aber lösen sich
diese scheinbaren Höhenzüge in ein unregelmässiges Durcheinander
von fachen Kuppen und Rücken auf, und auch aus den Höhenangaben
auf unserer Generalstabskarte lassen sich keine die Topographie des
Gebietes beherrschenden Erhebungslinien von regelmässiger Anordnung
herausconstruiren.
290
Dr. Emil Tietze.
[12]
Die Landschaft, die wir betreten, erinnerte mich vielfach an die
meist ziemlich reizlosen Gegenden der rechten Oderufer-Seite in Niederschlesien und Posen. So wie übrigens dort, beispielsweise in den waldigen HQgeln bei Trebnitz und Obernigk unweit Breslau, vereinzelt
und gleichsam unerwartet hübschere Partien vorkommen, so wird auch
hier, wie etwa nördlich von Glogow oder an der Wrotnia bei Maziarnia,
das Bild der Oberflächenplastik der Gegend etwas belebter und anziehender.
Im Ganzen nehmen die Meereshöhen des unregelmässig flach
gewellten Terrains gegen Norden zu ab. Die Krölewska göra, nordwestlich Glogow, erreicht noch 266 und eine'Anhöhe bei Medynia glogowska 264 Meter Seehöhe, die in ihrer Art relativ über ihrer Umgebung
ebenso gut markirten Erhebungen der Wrotnia bleiben meist unter
200 Meter zurück. Die äusserste Landzunge aber zwischen San und
Weichsel an ihrem Zusammenfluss ist nur mehr 148 Meter über dem
Meere gelegen. 200 Meter werden etwa die Durchschnittshöhe dieses
Diluvialgebietes sein.
Ebenso unregelmässig wie die Vertheilung der erhöhten Punkte
in Bezug auf zonenförmige räumliche Anordnung ist in diesem Gebiete
die Vertheilung der von einander unterscheidbaren Gebilde, welche
den Boden desselben vorstellen. Diese Gebilde bestehen aus Lehmen
und Sanden, theils mit, theils ohne Beimengungen von grossen, erratischen Blöcken oder kleineren Geschieben. Es ist dabei nicht leicht,
die einzelnen Bildungen immer scharf getrennt zu halten, denn dieselben sind oft durch Uebergänge mit einander verknüpft und ihre
Verbreitungsgrenzen gegen einander erscheinen nicht selten verwischt.
Für die geologische Eartirung musste man einzelne Typen herausgreifen
und gewisse Uebergänge unberücksichtiget lassen. Bei der Beschreibung
kann man den letzteren Rechnung tragen, aber da es, wie schon
gesagt, an einer leicht kenntlichen Gesetzmässigkeit in der räumlichen
Verbreitung der einzelnen Ausbildungsformen dieses Diluviums fehlt,
so wird es schwer, sogar für diese Beschreibung eine übersichtliche
Anordnung und Gruppirung der einzelnen Thatsachen zu finden.
Ich werde daher im Wesentlichen das zu betrachtende Gebiet
in einige Abschnitte annähernd parallel dem Gebirgsrande eintheilen,
und dabei in der Hauptsache immer von Süden und Westen aus die
kurze Darstellung meiner Beobachtungen beginnen und nach Norden
und Osten fortschreiten, ohne mich aber gar zu ängstlich an die
diesbezügliche Lage jedes einzelnen Punktes zu halten, weil die zu
machenden Mittheilungen sich theils um die wichtigsten Ortschaften,
theils um die grösseren Strassenzüge gruppiren müssen. Auf diese
Weise mag noch am leichtesten das gewonnene Beobachtungsmaterial
für künftige Forschungen übersichtlich gemacht werden.
Zunächst behandeln wir die Gegend um die Städtchen Glogow
und Sokolow.
An der Strasse von Rzeszow nach Glogow sind leider nur sehr
spärliche Beobachtungen zu machen. Wir hatten vorhin die Ausdehnung
der Lösszone bis etwa in die Gegend von Pogwizdöw, Milocin und
Trzebownisko besprochen. Nördlich von dieser Linie verläuft die etwas
sumpfige Depression des nach Osten gerichteten und bei Nowa wies
[13]
Beiträge zur Geologie von GalizieD.
291
in den Wislok mündenden Czarna-Baches, welche als äusserste Grenze
für diese Bildung gelten muss. Von Zaczernie angefangen herrscht in
dieser Gegend Sand, der sich östlich bis Jasionka in die Nähe des
Wislok fortsetzt. In der Nähe von Zaczernie und etwas nördlich davon,
wie man am besten an den Feldwegen zwischen Zaczernie und Taj§cin
sehen kann, sind diesem Sande kleinere Geschiebe (zumeist Quarzstückchen) spärlich beigemengt. Von Tajedn angefangen wird der Sand
reiner, dessgleichen weiter westlich an der Glogower Strasse bei Wolacicha, wo sich Spuren von Dünenbildung finden, während nach Osten
zu bei Grant, nördlich Jasionka, ein sandiger Lehm sich daraus entwickelt, der kleinere Geschiebe führt. Der Sand hält an nach Norden
etwa bis zu einer Linie zwischen Glogow und dem südlichen Theil
des Dorfes Wysoka.
Was die westlich von der Strasse zwischen Zaczernie und Glogow
gelegenen Gebirgstheile anbelangt, so wird nördlich der Eisenbahnlinie
bei Trzciana das Lössgebiet von dem lössfreien Diluvium ähnlich wie
bei Zaczernie durch eine moorige Depression getrenut. Bei Bratkowice
wird der Boden sandig und nördlich vom Schloss in der Nähe des
Jägerhauses beginnen Ablagerungen eines Geschiebe-Sandes, der in
dem Waldrevier des Czekaj las weit verbreitet ist. Ich sah hier Übrigens
keine grossen Geschiebe, sondern groben mit Sand gemischten Schotter.
Weiter nördlich in den Waldrevieren des Budski-las und des Czarnylas erscheint reiner Sand, zum Theile in alten Dünen aufgehäuft. Derselbe hat sich offenbar aus dem Geschiebe-Sand entwickelt, welch'
letzterer beim Wirthshaus Bieda und Poreby wieder auftritt.
Die Erhebung zwischen Poreby und Widelka besteht aus GeschiebeLehm, dem auf der Höhe eine Partie von Geschiebe-Sand aufgesetzt
erscheint. Im Thale von Widelka liegt Lehm, während nordwestlich
davon bei der auf den Karten als zu Eupno gehörig bezeichneten
Localität auf der Höhe ne"ben der Kaiseistrasse und nördlich gegen
Klapowka zu wieder Sand herrscht. An der Strasse, welche vom Schloss
Widelka nach Glogow führt, sieht man zunächst sandigen Geschiebelehm, der dem Geschiebelehm zwischen Widelka und Pore,by correspondirt. Allein diese Corrcspondenz findet nicht der ganzen Breite
des Rückens zwischen Widelka und Pore,by entsprechend statt, 'denn
auf der Höhe zwischen Zaczynki und Borek stellt sich Sand ein, der
zum Theil wie an der Krolewskagora bewaldete Dünenzüge bildet. Er
setzt sich fort im Stykowski las und beim Wirthshaus Annapol und
zieht sich östlich hinüber bis jenseits des Dorfes Stykow.
Erst ungefähr dort, wo die von Widelka und Stykow kommenden
Wege sich vereinigen, trifft man auf Lehm, der sich nördlich von
Glogow etwa zwischen Rekawek und Lesua wola ausbreitet. Der Lehm
wird hier zur Ziegelfabrication benützt und man sieht denselben an
einer östlich von der Strasse in der Nähe der erwähnten Wegtheilung
gelegenen Ziegclgrube noch von einer dünnen Sandlage bedeckt. Hier
ist dieser Lehm geschiebefrei, dagegen sah ich kurz nördlich von Glogow grössere erratische Blöcke in demselben.
Diese Gescbiebeformatoin mit grösseren Blöcken setzt sich von
hier aus ÖBtlich nach Wysoka fort. Dieses Dorf erstreckt sich in
bedeutender Länge zumeist auf der östlichen Seite des nordsüdlich
292
Dr. Emil Tielze.
(14]
verlaufenden Golepka-Baches. Leider sind die durch diesen Wasserlauf
hervorgebrachten Aufschlüsse nicht sehr tief eingerissen. Sie genügen
aber um zu erkennen, dass hier grober Geschiebesand mit grossen erratischen Blöcken und eiu sandiger grober Schotter vorkommen. Der
Geschiebelehm von Glogow hat also hier einer sandigen Bildung Platz
gemacht, während er noch weiter östlich von der Kaiserstrasse von
Rzeszow nach Sokolow, längs des ebenfalls nordsüdlich sich an dem
kleinen Swirkowiec-Bache erstreckenden Dorfes Stobierna wieder als
Lehm mit erratischen Blöcken entwickelt ist. Es sind hier zwischen
Glogow und Stobierna so bestimmt zusammengehörige Bildungen entwickelt, dass ihre Trennung auf der Karte Verlegenheiten hervorruft.
Bemerkt muss übrigens werden, dass am Südrande von Wysoka
beim dortigen Jägerhause geschiebefreier Sand auftritt, welcher sich
an die früher erwähnten Sande von Wolacicha und Tajecin anschliesst,
von der letzteren Localität allerdings durch sumpfig mooriges Terrain
getrennt.
Nördlich aber von Wysoka in der Nähe der dortigen Jägerhäuser
entwickelt sich stellenweise etwas Lehm und dann im Walde von
Kobylo wieder geschiebefreier Sand, der sich an den westlich davon
bei Stykow vorkommenden, früher erwähnten Sand anschliesst, und
sich von hier aus in dieser Beschaffenheit auf der waldigen Höhe
zwischen Trzebuska und Hucisko in nordöstlicher Richtung bis zu dem
Städtchen Sokolow fortzieht.
In der mehr östlichen Verlängerung aber des Gebietes von Kobylo
zwischen Stobierna und Sokolow tritt an der südlichen Abdachung des
höheren Rückens zwischen Nienadowka und Stobierna nördlich der bei
letzterem Ort entwickelten Geschiebelehme zunächst Schotter mit Saud
und auf der Höhe des Rückens bei Nienadowka selbst Sand auf. Der
letztere herrscht von hier bis Sokolow, abgesehen davon, dass gleich
östlich vom Dorfe Trzebuska ein sehr sandiger, übrigens geschiebefreier
Lehm für Ziegeleien gegraben wird, und dass kurz südlich von Sokolow sich einzelne kleinere Geschiebestücke dem Sand beimischen.
Südlich von Sokolow wird die Abdachung des Terrains gegen
Trzebos zu von demselben Sand gebildet. Zwischen Trzebos und W§gliska herrscht Schotter mit erratischem Material, dem Schotter zwischen
Nienadowka und Stobierna entsprechend und augenscheinlich mit diesem zusammengehörig. Doch kommen in der Gegend von Podlesie einzelne etwas grössere erratische Blöcke vor, die Nähe des eigentlichen
Erraticums verkündend, welches dann weiter südlich bei Medynia in
der östlichen Fortsetzung der Geschiebelehme von Stobierna zu herrschen
scheint, während östlich von Stobierna und südlich von W§gliska das
weite Gebiet des Waldes Czarnawski las bis nach Dombrowki am
Wislok hin von geschiebefreien Sauden eingenommen wird.
Bis vV§gliska treten aus dem Sande eisenhaltige Quellen hervor,
welche die Sandpartien, über welche sie fliessen, roth färben, eine
Erscheinung, wie sie überhaupt in den Sandgebieten der ganzen Gegend nicht selten beobachtet wird.
Wir kommen jetzt zu den in der näheren oder weiteren Umgebung des Marktfleckens Raniszöw gelegenen Landstrichen.
[15]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
293
Am Wege von Glogow nach Ranisröw, den wir vorher bis zu den
Sanden bei Stykow verfolgt hatten, beobachtet man bald nördlich von
letztgenanntem Dorfe wieder Geschiebe-Lehm bis Przewrötne hin. Nur
ein kleiner Fleck östlich von dem Dörfchen Borek auf der Höhe zeigt
sich aus Sand zusammengesetzt. Ein Stück des Weges südlich von
Przewrötne ist mit mittelgrossen Geschieben gepflastert. Desgleichen
besteht die Terrainerhöhung zwischen Przewrötne und Pogwizdöw (nicht
zu verwechseln mit dem gleichnamigen Dorfe bei Rzeszow) aus Geschiebelehm, der abermals von Sand gekrönt wird, welcher ziemlich die oberste
Höhenlage des betreffenden Terrainbuckels einnimmt. Nördlich von
Pogwizdöw beginnt dann wieder Sand, welcher bis ßaniszöw anhält und
sich andrerseits südwestlich nach dem Werinski las fortsetzt.
Der Geschiebelehm von Przewrötne hängt mit dem früher erwähnten Geschiebelehm von Widelka im Westen und Südwesten
zusammen.
Während bei ßaniszöw das Südufer der von dem kleinen ZyzogaBache durchflossenen Depression noch von Sand beherrscht wird, tritt
gleich nördlich von diesem Orte wieder Geschiebelehm auf. Nordwestlich von Raniszöw wird aber die Erhebung der Ugowa göra aus Sandmasseu gebildet, welche von dort aus in der nordöstlich verlaufenden
Terraindepression, die man zwischen Raniszöw und Wolaraniszowska
passirt, tief hinabziehen.
Jenseits dieser Terraindepression kommt noch vor Wolaraniszowska
wieder Geschiebelehm hervor. Theilweise sind auch hier Geschiebe zur
Pflasterung verwendet worden. Gleich nördlich von letztgenanntem Dorfe
sieht man grosse erratische Blöcke, und es hält diese lehmige Geschiebefoimation dann noch weiter nach Norden bis Stece an, während sie
sich westlich bis in die Gegend von Lipnica ausdehnt.
Bei Stece aber beginnt Sand, den man einerseits nördlich bis
über Wilcza wola hinaus verfolgen kann, während er andererseits westlich
von Stece in den Wäldern Piaski, Sojöw bor und Mazowiecki bor eine
grosse Ausdehuung an der Oberfläche erlangt. Auch die östlich von
dem Wege zwischen Stece und Wilcza wola gelegenen Waldungen mit
der Erhöhung Lipica werden von ähnlichem Sand eingenommen. Doch
muss hinzugefügt werden, dass diesem Sande hier vielfach kleinere
Geschiebe oder besser Gesteinsbröckchen beigemischt sind.
Nördlich von Wilcza woln zeigt die ganze Gegend von Spie,
Krzatka und Bojanöw an ihrer Oberfläche nur Sand. Doch sollen bei
Krzatka verkieselte Hölzer in demselbeü gefunden worden sein, wie
mir gelegentlich eines Aufenthalts in Nadbrzezie (schrägüber von
Saudomir) von einem dortigen Beamten, Herrn v. Gutowski mitgetheilt .
wurde. Bei Czekaj etwas südlich von Bojanöw wird der Sand gröber
und es stellen sich Geschiebe in demselben ein, und bei Bojanöw selbst
liegt stellenweise etwas Lehm darunter.
Geht man von Raniszöw aus östlich gegen Sokotow zu, so sieht
man, dass die Ufer des kleinen Flusses Zyzoga daselbst noch ähnlich
wie südlich von der Stadt aus Sand bestehen. Dem letzteren sind
hier dunkelgefärbte humöse Lagen eingeschaltet, in denen deutlich
erkennbare Holzpartikelchen liegen. Der Sand hier gehört trotz seiner
hypsometrisch tiefen Lage zu dem jüngeren Deckensand der glacialen
Jahrbuch d. lt. k. geol. Reiclisanatalt. 1883. 33. Band. 2. Heft. (Dr. Emil Hetze.)
38
294
Dr. Emil Tietze.
P6]
Bildungen. Obwohl er in einiger Mächtigkeit von dem Bache sogar in
einem Steilufer aufgeschlossen wird, ist er doch in seinem Vorkommen
augenscheinlich auf die Region des Bachlaufes beschränkt, wie sich
sogleich zeigen wird.
Man kann also in demselben ein ungeschwemmtes und von dem
Bache nach der Tiefe geführtes, dem jüngeren, sonst auf den Höhen
vorkommenden Deckensand entnommenes Material erblicken.
Gleich jenseits, östlich der über den Bach führenden Brücke,
befinden sich zum Zwecke der Ziegelbereitung angelegte Lehmgruben.
Der dort gewonnene Lehm ist ziemlich sandig. Obwohl er gerade hier
Geschiebe nicht führt, so möchte er doch am besten sich mit der gleich
nördlich Raniszöw entwickelten Geschiebelehmformation in Verbindung
setzen lassen, um so mehr, als wir kurz darauf weiter östlich bei
Staniszewskie wieder Geschiebe antreffen werden. Jedenfalls wird der
betreffende Lehm wieder von einer Sandschichte bedeckt, welche aber
viel weniger mächtig ist, als die unmittelbar daneben durch den Fluss
aufgeschlossenen Sandmassen. Der untere Haupttheil der letzteren
muss also an die gleich neben dem Flusse in demselben hypsometrischen
Niveau entwickelten Lehmlager, gleichsam wie an einen Uferrand, angrenzend gedacht werden.
Die bei Staniszewskie vorkommenden erratischen Blöcke sind zum
Theile in den Gehöften der Bauern aufzusuchen. In ihrer Umgebung
findet sich allerdings nur Sand an der Oberfläche. Es bleibt also
zweifelhaft, ob sie durch eine dünne Schichte von Deckensand hervorragen und nach unten zu im Lehm stecken, oder ob der Geschiebelehm
sich hier in einen Geschiebesand verwandelt hat. Unter diesen Blöcken
fiel mir ein weisslicher Sandstein auf, welcher in verwittertem Zustande
zerreiblich wird.
Von Staniszewskie bis nach SokoJow herrscht ausschliesslich Sand.
Zwischen Zielonka und Staniszewskie treten aus demselben eisenhaltige,
ockrige Quellen hervor, in ähnlicher Weise, wie wir das früher bei
Wegliska kennen gelernt hatten. Auch ostnordöstlich von Zielonka bis
Mazury wird fast die ganze Oberfläche von Sand eingenommen, doch
kommt an einigen Stellen im nordöstlichen Theile des Dorfes etwas
Lehm darunter zum Vorschein.
Dass südlich von Sokolow der dort entwickelte Sand durch Beimengung einzelner kleiner Steinchen schon etwas gröber wird, konnte
schon gesagt werden. Nördlich von dem genannten Städtchen zeigen
sich den Sanden feinere Schotterelemente ebenfalls beigemischt, und
zwar ist dies meistens wirklicher gerundeter Schotter, nicht etwa ein
aus eckigen Fragmenten bestehendes Material. Deutlicher und zum
Theile gröberer erratischer Schotter wird dann zwischen Gorno, Markowizna und Kamien sichtbar. Um Markowizna herum sieht man auch
Blöcke von etwas grösserem Umfang. Dieses Erraticum darf als die
östliche Fortsetzung der um Wola raniszowska herum vorfindlichen
Geschiebeformation betrachtet werden.
Kurz vor dem Südende von Eamien entwickelt sich wieder etwas
Sand. In der Südhälfte der Umgebungen des überaus langen in südnördlicher Richtung sich erstreckenden Dorfes Eamien herrscht eine
sandige Geschiebeformation, welche gegen die Nordseite des Dorfes zu
[17]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
295
lehmig wird. Der Lehm ist dort stellenweise sogar geschiebearm.
Uebrigens beweist der Name Kamien (Stein), dass das Vorkommen
von Steinen hier auf den Aeckern schon seit alter Zeit den Bewohnern
aufgefallen ist. Besonders gute Aufschlüsse sind indessen bei Kamien
mir nicht bekannt geworden.
Der Lehm, nördlich von Kamien, enthält fast gar keine Geschiebe
mehr, doch wird es mir schwer, denselben von dem geschiebehältigen
Lehm abzutrennen, da sich kein Aufschluss fand, der über das gegenseitige Verhältniss der betreffenden hier entwickelten Absätze hätte
Aufklärung bieten können.
Westlich von Kamien gegen Stece zu ist die Geschiebeformation
noch weit verbreitet. In sandiger Beschaffenheit kommt sie, westlich
Markowizna, an der Erhöhung der Kamienska vor. Ausserdem sah ich
sie nördlich von diesem Punkt beim Vorwerk Kamien. (Dieser Punkt
liegt näher an Stece als am Dorfe Kamien.) Hier wie bei der unweit
davon befindlichen, zur Herrschaft Nisko gehörigen, neu gegründeten
Colonie Marienthal (der Name fehlt auf der Generalstabskarte) kommt
ein Geschiebemergel mit zum Theile recht grossen erratischen Blöcken
vor, unter welchen rother Granit, dunkler Diorit, rother und heller
Quarzit, sowie Feuersteine der baltischen Kreide herrschen. Das Fehlen
silurischer Kalkgeschiebe, wie man sie doch z. B. schon in Schlesien
und Posen nicht selten antrifft, schien mir bemerkenswerth.
In dieser Richtung bieten die betreffenden Gesteinsansammlungen
doch ein anderes Bild, als dasjenige ist, welches mir z. B. aus den
Trebnitzer Hügeln oder aus der von mir im Jahre 1868 besuchten
Sandgrube von Ober-Kunzendorf bei Freiburg in Schlesien in Erinnerung
ist. Denn wenn auch das Fehlen bestimmter Gesteinsbeimengungen
sich minder sicher als das Vorkommen anderer positiv behaupten lässt,
so spricht doch der Umstand, dass man sogar an durch Reichthum und
Grösse der Geschiebe besonders ausgezeichneten Localitäten Dinge vermisst, welche sonst leichter in die Augen fallen, dafür, dass diese Dinge
zum mindesten sehr selten sind. Was die Grösse der hier beobachteten
Geschiebe anbetrifft, somuss übrigens bemerkt werden, dass sie selten
1—2 Kubikmeter übersteigt, und dass dies überhaupt die bedeutendsten
Dimensionen sind, welche an erratischen Blöcken in dem ganzen hier
beschriebenen Gebiet constatirt wurden. Die meisten Blöcke bleiben
sogar unter dieser Grösse zurück.
Auf den Höhen um das Vorwerk (Folwark) Kamien herrscht Sand,
welcher vermuthlich mit den früher erwähnten Sanden, nördlich von
Stece im Zusammenhange steht, denn ich beobachtete ihn auch am Wege
von hier durch den Wald nach Stary Nart, östlich der sandigen Erhebung der Lipica und westlich des Waldes Kamionka, wo er in Geschiebesand übergeht, was durch einige im Walde gezogene metertiefe Gräben,
z. B. an der sogenannten Raniszowska linia bewiesen wird.
Verfolgt man jedoch den längs dieser letztgenannten Linie verlaufenden Weg östlich nach Chudiki, so sieht man, wie dieser GeschiebeSand einem Geschiebe-Lehm noch vor dem genannten Dörfchen Platz
macht. Grosse erratische Blöcke sind dem Lehm auch hier untergeordnet. Die hier oft unter der Vegetationsdecke hervortretenden oberen
Enden der Blöcke verleihen dem Terrain bisweilen ein eigenthümlich
38*
296
Dr. Emil Tietze.
[18]
unebenes Aussehen der Oberfläche. Dieser Geschiebelehm reicht nördlich bis in die Gegend von Gholewiana göra, wo er seine Geschiebe
verliert.
Nordwestlich von Chudiki aber, bei Nart nowy herrscht Sand mit
kleinen Geschieben.
Auch östlich von Kamien ist in ziemlicher Breite das Geschiebe
führende Diluvium entwickelt. Zwischen Lowisko und der deutschen
Colonie Steinau finden wir einen sandigen Geschiebelehm, welcher die
Fortsetzung des Geschiebesandes der südlichen Hälfte von Kamien
bildet.
Auch östlich von Steinau, etwas nördlich von Wulka le,towska, ist
noch der sandige Geschiebelehm verbreitet, aber der das genannte Dorf
durchmessende kleine Bach stellt einen Aufschluss von fetterem Lehm
oder Mergel her, in welchem grössere erratische Blöcke liegen. Dieser
Lehm stellt an der Stelle seines Auftretens wohl ein tieferes Glied
gegenüber dem sandigen Geschiebelehm vor.
Begibt man sich von Wulka l§towska nach Wola zarzycka, so
trifft man auf der Anhöhe in der Mitte des Weges, südlich von L§townia
eine Schottergrube. Der Schotter liegt hier unter einer nicht mächtigen
Sandlage in einem sandigen Lehm eingelagert, das heisst, nicht etwa
als Zwischenlage, sondern direct in die lehmige Masse eingebettet. Er
ist meist gerundet und nicht von allzu grossen Dimensionen der einzelnen Rollsteine. Da sich fliessendes Wasser an seiner Bildung betheiligt
haben muss, so hätten wir hier die Spuren eines alten Gletscherbaches
vor uns. Dieser ehemalige Wasserlauf muss in jedem Falle ganz unabhängig von der Richtung der heutigen Erosionsfurchen verlaufen sein,
weil der bewusste Schotter auf der Wasserscheide zwischen zwei derartigen Furchen vorkommt. Merkwürdigerweise sind die einzelnen Ronsteine hier fast alle gleichsam verfault. Sie zerbröckeln demnach sehr
leicht bei der Bearbeitung mit dem Hammer. Nur gewisse dichte Grünsteine zeigten sich fester.
Ausser diesen kamen besonders rothe und graue Quarzite in beträchtlicher Menge vor. Auch Feuersteine mit weisser, kieseliger Zersetzungsrinde oder auch solche, die fast ganz in eine derartige weissliche Masse zersetzt waren, sind hier sehr häufig. Dagegen fiel mir
die relative Spärlichkeit der rothen Granite in diesem Schotter auf.
Der Boden nördlich von Letownia weist theils Sand, theils feineren
Geschiebe-Sand auf. Wenden wir uns noch weiter nordwärts, so zeigt
der Moorgrund bei den kleinen Ortschaften Grady und Grabna einen
sandigen, geschiebefreien Letten, der unter geschiebefreiem Sand liegt.
Noch etwas weiter nördlich sind die flachen Höhen südlich von Pikuly
und Groble aus Sand zusammengesetzt, der zum Theil dünenartig zusammengeweht erscheint, ähnlich wie weiterhin in den Wäldern gegen
Rudnik zu die alten Dünen der Siedliszowa.
Wir beschreiben nunmehr den Landstrich zwischen Stany, Grcbow, Nisko und Rudnik.
Nördlich von Raniszow waren wir in der Richtung nach Stany zu
bis Bojandw gekommen. Jenseits nördlich des Leg-Flusses bei Bojanöw
kommt Sand mit spärlichen kleineren Geschieben vor. Westlich davon
im Walde Olszyna herrscht ausschliesslich Sand, der in den Anhöhen
[19]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
297
der Slawne göry dünenartig erscheint. Dasselbe Aussehen besitzen die
Umgebung von Stany und die nordwestlich davon sich weit ausdehnenden Waldreviere, wie der bis Krawce sich erstreckende DabrowaWald. Ebenso setzt sich der Sand bis Gr§bow und so weit eine flüchtige Excursion mir darüber ein Urtheil erlaubt, bis Tarnobrzeg an der
Weichsel fort, welcher Punkt übrigens bereits ausserhalb des mir zur
Aufnahme zugewiesenen Gebietes liegt. An einigen Stellen zwischen
Gre,bow und Tarnobrzeg mag der Sand auch Geschiebe führen, doch
überwiegt hier unter allen Umständen seine oberflächliche Ausdehnung
die der anderen Diluvialbildungen. Bei Grebow scheint indessen etwas
Lehm unter demselben vorzukommen, ebenso ist dies sicher längs des
Le,g-Flusses der Fall, worauf ich noch zu sprechen komme. Bei Grebow und ausserhalb meines Gebietes bei Maidan wurden angeblich
verkieselte fossile Hölzer, ähnlich wie bei Krzatka, in dem Sande gefunden, in welcher Beziehung ich leider eine directe, eigene Beobachtung nicht mittheilen kann.
Die bedeutende Breite, welche das Sandrevier hier nach Norden,
nach der Weichsel zu, annimmt, und von welcher wir uns auch noch
östlich von der Linie Stany-Gr§bow überzeugen werden, verdient jedenfalls besonders hervorgehoben zu werden, insofern wir in den früher
beschriebenen Landstrichen einen viel rascheren Wechsel der petrographischen Erscheinungen zur Anschauung gebracht haben.
Oestlich von Stany zwischen Sojkowa und Maziarnia wird das
dortige Waldgebiet von Sand eingenommen, der sich etwas nördlich
von Sojkowa zu alten Dünen aufthürmt. Indessen noch im Walde selbst,
östlich von Prusoty, kommt unter der hier nicht sehr mächtigen Sandlage ein fetterer Lehm hervor. Das Verhältniss der Unterlagerung
des Sandes durch den Lehm wird durch Gräben, welche von den
Forstleuten gezogen wurden, deutlich aufgeschlossen. Geschiebe sah
ich in diesem Lehme nicht. Es zieht sich derselbe Lehm gegen Laski
zu fort, und schliesst sich wahrscheinlich an den früher erwähnten Lehm
von Bojanöw an, wie er überhaupt längs des L§g-Flusses eine etwas
grössere Bedeutung gewinnt. In Prusoty soll er sogar "als Töpferthon
verwendet werden.
Der Umstand, dass er abseits vom Leg-Flusse sich unter den
Sanden der Gegend fortsetzt, beweist, dass er in seiner Hauptmasse,
nämlich local denkbare Umschwemmungen durch genannten Fluss abgerechnet, nicht etwa als jüngeres Flussgebilde betrachtet werden darf.
In dem weit ausgedehnten Waldgebiete zwischen Maziarnia und
Nisko nordöstlich von erstgenanntem Dorfe, sah ich nur Sand und
nördlich von Mazarnia in den Wäldern, die sich gegen das Städtchen
Rozwadöw hin ausbreiten, ebenfalls. Hier erhebt sich der Sand in
einem Complex von Hügeln, welche mit dem Namen Wrötnia belegt
werden, zu relativ bedeutenden Höhen, nämlich 20—40 Meter über
das Niveau des L§g-Baches. Es ist schwer, sich diese Erhebungen
auschliesslich als alte Dünenbildungen vorzustellen, obschon der Wind,
ehe die Gegend so dicht bewaldet war, wie heute, sicherlich seinen Antheil an der Modellirung dieser Sandhügel besessen hat. Es würde aber
erst ein genaueres, durch bessere, als die gegenwärtig sichtbaren Aufschlüsse unterstütztes Studium die Betheiligung des ehemaligen, sich
298
Dr. Emil Tietze.
[20]
zurückziehenden Gletschers an der Zusammentragung dieser Sandmassen ermitteln können.
Südlich von der hier geschilderten Sandausbreitung bei Maziarnia
gestaltet sich die Oberfläche in der Richtung nach (Jhudiki und Ramien
zu etwas abwechslungsreicher. So kommt am Westende des Dorfes
Zalesie Schotter unter dem Sand zum Vorschein, während am Ostende
desselben Dorfes sich wieder dünenartige Sandhügel aufbauen. Zwischen
Sojkowa und Jata kommt ein grauer, sandiger, geschichteter Thon ohne
Geschiebe vor. Nördlich des Ostrandes von Jata wurde wieder Sand
beobachtet, doch ehe man von dort aus Zalesie erreicht, ist noch
einmal etwas Lehm darunter wahrzunehmen. Südlich von Jata gegen
Pogorszalka zu herrscht Sand, welcher stellenweise durch ein eisenhaltiges Bindemittel zu sogenanntem Ort-Sand verkittet erscheint. Zwischen Pogorszalka und Gesia wies ist Geschiebelehm und östlich- von
Nartnowy Geschiebesand entwickelt.
Weiter östlich besteht die Lysa gora nördlich Jezow aus einem
Geschiebesand mit kleinen Geschieben, wie man dergleichen auch in der
Osthälfte von Jezöw deutlicher entwickelt sieht. Der Nordabhang der
Lysa gora wird aber mehr und mehr von reinem Sand eingenommen.
Der genannte Geschiebesand zeigt sich auch nördlich Kameraine an
der Kamienna gora.
Weiterhin nach Norden an der Strasse nach Nisko kommen wir
bei Nowosielec wieder in die (östliche) Fortsetzung der grossen, früher
geschilderten Sandausbreitung von Stany und Maziarnia, welche hier
nur durch Torfmoore unterbrochen wird. In ganz ähnlicher Weise ist
dann das Gebiet weiter östlich bis Rudnik zusammengesetzt.
Südlich von Rudnik tritt bei dem Wysokow grad genannten
Moore etwas Letten auf. Es scheint überhaupt, als ob die zahlreichen
Moore und Sümpfe in dieser Sandgegend ihre Existenz einer wasserundurchlässigeren Letten- und Lehmlage unter dem Sande verdankten.
Die Torfmoore bei Rudnik sind der Ort für ein ziemlich reichliches Auftreten von Raseneisenstein. Schon der Name Rudnik deutet
auf eine einstige Gewinnung oder Zubereitung von einem nutzbaren
Mineralproduct hin, und es war übrigens das Vorkommen von Raseneisensteinen in den Niederungen um den San und Tanew schon P u s c h
bekannt (vgl. Geognosie von Polen, 2. Theil, pag. 593), obwohl dieser
Autor speciell des Namens Rudnik nicht gedenkt.
Ich sah derartige Erze bald nördlich vom sogenannten Salettel
zwischen Rudnik und Siewygi. Ein anderer Fundpunkt liegt in den
sumpfigen Wiesen zwischen den Wäldern Kolibki las und Jarugi las
westlich von Kopki, wo der Raseneisenstein in den dort gezogenen
Gräben sichtbar wird. Das in diesen Gräben stehende Wasser ist
häufig von einem irisirenden Eisenhäutchen bedeckt. Ausserdem verfestigt sich der Sand hier nicht selten durch ein eisenhaltiges Blindemittel zu Ortstein, welcher bekanntlich, namentlich wenn er der Oberfläche näher .gelegen ist, eine für Baumwurzeln oft undurchdringliche
Gesteinsplatte bildet und deshalb von den Forstleuten sehr gefürchtet
wird. Alle diese Erscheinungen stellen sich als eine Steigerung des
früher schon an einigen Orten erwähnten stellenweisen Eisengehaltes
der losen Sande unseres Gebietes dar, wie er sich anderwärts blos
[21]
Beiträge zur Geologie von GalizieD.
299
durch das Auftreten eisenhaltiger Quellen mit röthlichen, ockerigen
Niederschlägen manifestirte. Hier bei Rudnik kommt ausserdem noch
hie und da etwas Blaueisenerde (phosphorsaures Eisenoxydoxydul) vor.
Die genannten Raseneisensteine wurden einst als Erze gewonnen,
doch scheint sich diese Arbeit nicht gelohnt zu haben. • Heute sieht
man sie namentlich am Wege zwischen Rudnik und dem Schloss von
Kopki zur Strassenbeschotterung verwendet. Weil nun aber neuerdings
die Sumpferze doch wieder die Aufmerksamkeit von Hüttenleuten auf
sich lenken, insofern der früher für schädlich gehaltene Phosphorgehalt
dieser Erze bei gewissen Hüttenprocessen (Thomas-Process) sich sogar
von Yortheil erweist, so kann die Zeit kommen, wo die Ausbeutung
jener Erze wieder aufgenommen wird.
Wir haben hier bei Rudnik den San-Fluss erreicht, gegen dessen
Thal die hier geschilderten Sandablagerungen sich längs einer niedrigeren
Terrasse abgrenzen, wie man das beispielsweise bei Chalupki sehr
deutlich sieht. Die tiefer gelegene Niederung am San wird dann von
einem jüngeren schlickartigen Lehm eingenommen, analog den Lehmen
am Wislok-Flusse bei Lancut, welcher bei Chalupki zur Herstellung
sehr guter Ziegeln verwendet wird. Derartige fluviatile Lehme sind
übrigens dann auch weiter flussabwärts vielfach verbreitet
Zwischen Rudnik und Nisko ist wieder Sand ausschliesslich herrschend, welcher theilweise als echter, noch heute veränderlicher Flugsand
auftritt, dessen Bekämpfung von den Forstleuten mit wechselndem Erfolge versucht wird. Bei Raclawice östlich von Nisko sind am linken
San-Ufer ähnliche Verhältnisse wie bei Chalupki zu sehen. Unterhalb
des Abfalles der Sandterrasse kommt Lehm zum Vorschein, der für
Ziegeleien benützt wird.
Jenseits Raclawice, bei Zarzyce am rechten Ufer des San, erhebt
sich indessen eine höhere, von Letten gebildete und von Sand bedeckte
Terrasse, Man darf diesen Letten, der augenscheinlich eine etwas ältere
Bildung repräsentirt, nicht mit den jungen fluviatilen Lehmen der SanNiederung verwechseln. Obschon es manchmal schwer sein wird, zwischen
den verschiedenen Lehmen des San-Gebietes festere Altersgrenzen zu
ziehen, da ja schon seit längerer Zeit, seit dem Rückzuge des nordischen
Gletschers nämlich, eine Betheiligung des Flusses an der Umschwemmung
der alten Gletscherlehme und an der Anschwemmung anderer Lehmabsätze angenommen werden darf, so ist doch local gerade hier die
Unterscheidung der betreffenden Gebilde leichter.
Der Sand, welcher bei Zarzyce auf der Höhe der erwähnten
Terrasse vorkommt, konnte bis Zdiary verfolgt werden, von wo aus er
sich bis an die russische Grenze fortsetzt. Doch kommen vor dem Eingang des Waldes am Wege nach Zdiary bei Palko und einer kleinen,
auf der Generalstabskarte als zu Elyzow gehörig bezeichneten Häusergruppe grössere erratische Blöcke vor.
Sand herrscht dann wieder westlich von Zdiary und bei Klyzöw.
Bei Nisko selbst kommen grössere Geschiebe und Blöcke vor.
Unter den betreffenden Gesteinen zeichnet sich ein Diorit mit grossen
Plagioklasen, an welchen man sehr schöne Zwillingsstreifung bemerkt,
besonders aus. Dann wird westlich von genanntem Orte beiWarchoty,
Moskate und Malce wieder nichts als Sand beobachtet, ebenso bei Swoly.
300
Dr. Emil Tietze.
[221
Doch erscheint bei letzterem Dorfe, ganz in der Nähe des San wieder
Lehm, der sich längs des Flusses bis in die Gegend von Plawo und weiter
forterstreckt;.
Indem wir nunmehr noch mit einigen Worten der Umgebungen
von Rozwadöw und Radomysl gedenken, welche das unterste Gebiet
des San bis zu seinem ZusammeDfluss mit der Weichsel vorstellen,
schliessen wir die Beschreibung dieser Partie unmittelbar an die soeben
erwähnten Localitäten an.
Der San hat sich hier bei Plawo an seiner linken Seite ein Steilufer gebildet, längs welchem nach und nach grössere oder kleinere
Schollen des dasselbe bildenden Lehms abgelöst in den Fluss stürzen.
Die lehmige Ebene, in welche dieses Ufer eingerissen ist, wird speciell
hier bei Plawo sehr schmal und kurz, hinter derselben erheben sich
deutlich erkennbar zwei ältere Flussterrassen übereinander, während
früher bei Nisko und Rudnik immer nur eine solche Terrasse sichtbar
war. Die Abschnitte dieser Terrassen correspondiren, wie es schien, nicht
bestimmten Schichtenlagen, welche vertical (mit den Terrassenebenen
conformen, horizontalen, Begrenzungsflächen) übereinander folgen. Anfangs
schien es mir allerdings, als wäre die obere Terrasse eine Sandterrasse,
doch kam dann etwas nördlich von dem zuerst gesehenen Punkte in
demselben Niveau auch Lehm vor.
An der Kokosza gora, südöstlich von Rozwadöw, befinden sich
darin sogar Schottergruben. Zwischen Rozwadöw und Zbydniöw bei
Pilchöw und Turbia scheint zwar oberflächlich Sand zu herrschen,
allein am Wege zwischen Zbydniöw und Radomysl kommen am linken
Ufer des San wieder Lehme vor, welche sich von hier aus vielfach in
der Umgebung der merkwürdigen, dem alten San-Lauf correspondirenden
Einrisse und gewundenen Flussabschnitte bei Zaleszany und Skowierzyn
verbreiten. Diese so unmittelbar dem alten Alluvialgebiet des San angehörigen Lehme, welche geschiebefrei erscheinen, glaubte ich als Flussanschwemmungen mit Sicherheit auffassen zu dürfen.
Auf der rechten San-Seite bei Radomysl besteht der an den Fluss
herantretende Hügel Zjawinie aus losen Sanden, die ich für ältere
Flugsande halte. Westlich in der Nähe wird aber wieder Lehm gewonnen. Von Radomysl aber gegen die russische Grenze zu sind nur
Sande ausgebreitet, dessgleichen in der Richtung nach Antouiöw zu.
Auch hier macht man neuerdings Versuche, die beweglichen Flugsande
durch geeignete Forstculturen zu befestigen.
Gegen San und Weichsel zu nimmt jedoch die Herrschaft des
Sandes etwas ab.
Gleich oberhalb des Einflusses des San in die Weichsel in der
Gegend von Pniöw und Warzawy, sind zwar beispielsweise bei der
Ueberfuhr von Czekaj die Ufer des Flusses sehr sandig, allein in
geringer Tiefe kommt hier unter dem Sande ein zum Ziegelbrennen
verwendeter Lehm vor. Ebenso spielt Sand auch in den alten Alluvien
des San zwischen Warszawy und Gorzyce gegenüber dem Lehm eine
nur untergeordnete Rolle.
Bei dem Dorfe Gorzyce gibt es etwas sandige Diluvialablagernngen.
Hier war ich überrascht, plötzlich unter den Quartärbildungen ältere
wahrscheinlich devonisch e Gesteine hervortreten zu sehen, welche
[23]
Beitrage zur Geologie von Galizien.
301
besonders an einem der niedrigen Abhänge oberhalb des kleinen Teiches
bei dem Dorfe deutlich aufgeschlossen sind. Im Uebrigen Hess die
Oberflächenbeschaffenheit der Gegend nicht im Mindesten die Nähe
solcher älterer Bildungen vermuthen, und ich darf hinzufügen, dass
ich auch zwischen Gorzyce und Nadbrzezie an der Weichsel schrägüber
von Sandomir unter der daselbst ausgebreiteten Lehmdecke nichts dergleichen mehr beobachten konnte. Es ist Gorzyce überhaupt der einzige Punkt, wo bisher in dem Flachgebiet zwischen San und" Weichsel
ältere Gesteine gefunden wurden.
Ehe ich aber zu der weiteren Auseinandersetzung der Eigenschaften und der Bedeutung dieser älteren Gesteine schreite und daraus
Veranlassung nehme, einige Betrachtungen über die wahrscheinliche
Beschaffenheit der unterirdischen Basis unserer Diluvialablagerungen
zu wagen, möchte ich nur noch in Kürze auf diese letzteren selbst
zurückblicken.
Eine durchgreifende Reihenfolge oder Gliederung der betreffenden
Bildungen liess sich, wie wir sahen, nicht aufstellen. Alles, was man
in dieser Richtung etwa zu thun versuchen wollte, wäre künstlich oder
willkürlich. Man würde die an einer Localität gemachten Unterscheidungen schon eine Stunde weiter nicht mehr in derselben Weise anbringen können. Nur von einer Ablagerung, die aus einem Theil der in
dem Gebiet entwickelten losen, manchmal dünenartig zusammengehäuften
Sande besteht, lässt sich sagen, dass sie local ein höheres oder höchstes
Glied der gesammten hier betrachteten Massen vorstellt. Die übrigen
Ablagerungen bilden in ihrer Gruppirung dasselbe „Chaos", welches
nach P e n k (Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1879 pag. 118) für die
Glacialbildungen nordischen Ursprungs in Norddeutschland charakteristisch
ist. Denn wenn auch gewisse Umschwemmungsbildungen des erratischen
Materials, wie manche geschiebefreie oder geschiebearme Lehme oder
manche Anhäufungen gerollten Schotters in einem etwas höheren Niveau
zu liegen scheinen, als die durch grosse Blöcke ausgezeichnete Geschiebeformation, so lässt sich das doch nicht überall behaupten. Die Vorgänge,
welche sich während der Existenz und beim Rückzuge des grossen
nordischen Gletschers in unserer Gegend so gut wie anderwärts abspielen mussten, wie die beständigen localen Umbildungen des Moränenmaterials durch die Schmelzwässer des Gletschers, konnten kaum die
Ausbildung einer regelmässigen verticalen Aufeinanderfolge des vorliegenden Gesteinsmaterials gestatten.
Zu einer genauen Feststellung aller Arten der vorkommenden
Geschiebe reichte meine Zeit nicht aus. Was mir besonders auffiel,
habe ich im Verlaufe der Beschreibung erwähnt. Von Wichtigkeit wäre
es gewesen, eine etwaige Betheiligung der Gesteine des polnischen
Mittelgebirges von Sandomir und Kielce an der Zusammensetzung jenes
Materiales nachzuweisen. Doch fehlte es hierfür an den Anhaltspunkten,
welche nur eine specielle persönliche Kenntniss des genannten Gebirges
hätte verschaffen können. Gewisse helle Quarzite des untersuchten Gebietes könnten beispielsweise unter Umständen auf die paläozoischen
Quarzite von Sandomir sich zurückführen lassen.
Jahrbuch d. k. lt. geol. ReichsanetaU. 1883. 33. Band. 2. lieft. (Dr. Emil Tielze.)
39
302
Dr. Emil Tietze.
[24].
So kärglich aber auch unsere Darstellung ist, so wird aus derselben doch wenigstens für Kenner, der norddeutschen Verhältnisse die
typische Aehnlichkeit unseres Gebietes mit dem des norddeutschen Diluviums hervorgehen Es muss mich zufriedenstellen, einen kleinen Beitrag zur Eenntniss des galizischen Erraticums geliefert zu haben, und
indem ich die Feststellung weiterer Einzelheiten getrost der späteren
Forschung überlasse, knüpfe ich wieder an die Erwähnung der älteren
Gesteine von Gorzyce an.
Die betreffenden Gebilde bestehen aus einem dunklen, kleinere Glimmerschüppchen eingesprengt führenden quarzitischen Schiefer, in welchem
Versteinerungen nicht aufgefunden wurden. Die Altersdeutung dieser
Schiefer würde nun freilich an sich betrachtet nahezu unmöglich seih,
denn ähnliche Schiefer könnten vom Silur bis zum Eocäu vorkommend
gedacht werden, wenn nicht die Hoffnung begründet wäre, in den die
galizische Ebene begrenzenden Gebirgen analoge Gesteine aufzufinden,
deren Alter ihrerseits als ermittelt gilt.
Nur etwa eine Meile von Gorzyce entfernt, beginnt jenseits der
Weichsel das sogenannte polnische Mittelgebirge. Nähert man sich der
österreichischen Zollstation Nadbrzezie, so ist man überrascht, die
Thürme und Kuppeln von Sandomir über einem sich gleichsam plötzlich
erhebenden Hügelzug aufsteigen zu sehen, welcher etwas Weichsel abwärts sogar bedeutendere Dimensionen erreicht. Nach längerem Aufenthalt
in dem galizischen Flachlande wirkt diese Scenerie auf den Beobachter
äusserst malerisch. In dem Studium der dieses Gebirge zusammensetzenden Schichten muss nun der Schlüssel zur Deutung der isolirten
Schieferpartie von Gorzyce gesucht werden.
Leider war es mir nicht vergönnt, einen Ausflug in die Umgebungen
von Sandomir zu unternehmen. Ich bin also auf die vorhandenen Literaturangaben über jene Gegend angewiesen. Diese Angaben sind nun
freilich für die Umgebung von Kielce etwas vollständiger, als für die
Gegend von Sandomir selbst. Doch lässt sich aus einigen Bemerkungen
von Pusch im ersten Theil seiner geognostischen Beschreibung von
Polen (Stuttgart 1833) immerhin mit Wahrscheinlichkeit entnehmen,
dass Schiefer, ähnlich denen von Gorszyce, bei Sandomir selbst vorkommen. Stellenweise scheinen daselbst Quarzite anzustehen, bei Besprechung aber seiner Gruppe der Grauwackenschiefer, welche sich,
wie er sagt, „dem Quarzfels innig anschliesst", schreibt P u s c h (1. c.
pag. 69), dass schwärzlicher Thonschiefer „in mächtigeren Massen an
dem steilen Weichselgehänge der Pfefferberge bei Sandomir" auftritt.
Auch der Glimmergehalt der Schiefer wird dabei hervorgehoben. An
einer anderen Stelle (1. c. pag. 100) heisst es, dass der Grauwackenschiefer an der Pieprzowä göra bei Sandomir in Stunde 7 streiche
und mit 80 Grad nach Norden falle. Es liegt nun also nahe, in den
Schiefern von Gorszyce, welche augenscheinlich in der Streichungsfortsetzung der Schiefer von Sandomir liegen,, eine Wiederholung der
letzteren zu erblicken.
Da es nach den späteren Untersuchungen von F. R o e m e r
(Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1866), welche sich leider nicht bis zur
Stadt Sandomir erstreckten, immerhin sehr wahrscheinlich ist, dass die
[25]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
303
quarzitischen Sandsteine des polnischen Mittelgebirges nebst den ihnen
verbundenen Schiefern ungefähr der unteren Abtheilung des Devon entsprechen, so habe ich mir erlaubt, das kleine Vorkommen von Gorszyce
auf der Karte vorläufig als unterdevonisch zu bezeichnen.
Es hat dieses Vorkommen in mehr als einer Hinsicht ein grösseres
Interesse, als dies seiner unbedeutenden räumlichen Ausdehnung nach
bemessen werden dürfte. Einmal ist es zwischen dem Krakauer Gebiet
und den um Zaleszczyki in Ostgalizien sich gruppirenden Aufschlüssen
alter Gesteine des Dhiestr-Gebietes der einzige Punkt in dem weiten
galizischen ausserkarpathischen Hügel- und Flachlande,' wo ein als
paläozoisch zu deutendes Gestein anstehend bekannt geworden ist. .
Wichtiger aber noch ist, dass hier eine östliche Fortsetzung des polnischen
Mittelgebirges unter dem nördlichsten Theile Westgaliziens erwiesen
werden konnte.
Dieser Nachweis hat wiederum seinerseits ein doppeltes Interesse,
zunächst fUr die späteren Forschern vorbehaltene Beurtheilung der
tektonischen Verhältnisse des polnischen Mittelgebirges an seinem südöstlichen Ende bei der Weichsel, sodann aber für die Frage, wie wir
uns den Untergrund der galizischen Ebene zwischen dem Karpathenrand
und der Weichsel bei abgehobener Diluvialdecke zu denken haben.
Es wird natürlich einst eine Aufgabe Derer sein müssen, welche
das polnische Mittelgebirge tektonisch genauer untersuchen wollen, zu
erheben, warum dieses Gebirge bei Sandomir so plötzlich und unvermittelt seinen orographischen Äbschluss findet, und zwar in einer schräg
gegen das Streichen der dasselbe zusammensetzenden Schichten gerichteten Linie (P us c h ermittelte ein Durchschnittsstreichen in hora 8).
Es wird sich dann zeigen, ob der Lauf der Weichsel bei Sandomir
etwa in irgend einem Zusammenhange mit einer Querverwerfung steht,
längs deren die nunmehr erwiesene Fortsetzung des Gebirges nach
Osten in die Tiefe gesunken sein kann. Unbedingt nothwendig erscheint
vorläufig eine derartige Annahme zwar noch nicht, denn bei der immerhin
bescheidenen Erhebung des Gebirges bei Sandomir (erst viel weiter
nordwestlich in der Lysa göra erreicht das Gebirge nach R o e m e r
seine grössten Höhen bis 1908 Fuss) Hesse sich das Niveau von
150 Meter Seehöhe, in welchem die Schiefer von Gorszyce auftreten,
ganz gut ohne allzuschroffes Ansteigen der Conturprofile mit den höchsten
Punkten der Pfefferberge verbunden denken, sowohl im Hinblick auf
die beinahe eine Meile betragende Entfernung der betreffenden Punkte
von einander, als im Hinblick auf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, dass die Schieferkuppe von Gorszyce während der nordischen
Eisbedeckung eine Verminderung ihrer Höhe erlitten haben kann. Es
könnte also auch rein oberflächliche Abtragung, theils durch Glacialwirkungen, theils durch die mehr und mehr an das Gebirge sich herandrängende Weichsel das Verschwinden des Gebirges als selbstständige
orographische Erhebung auf dem rechten Weichselufer bewirkt haben.
Gegenwärtig liegen zu Vermuthungen hinsichtlich der wahrscheinlichen
Lösung der hier angedeuteten Aufgabe übrigens so wenig Anhaltspunkte vor, dass wir uns auf eine weitere Discussion darüber nicht
einlassen wollen.
39*
304
Dr. Emil Tietze.
[26]
Ich will nur in wenigen Worten mich noch über die zweite der
aufgeworfenen Fragen aussprechen, welche die vordiluviale Unterlage des
betreffenden Theiles der galizischen Ebene zum Gegenstande hat. Ich
bin zu einer derartigen Auseinandersetzung auch noch veranlasst durch
directe Anfragen, welche mir darüber während meines Aufenthaltes in
der bereisten Gegend gestellt worden sind, und durch den Umstand,
dass, wie ich höre, auch anderweitig die Erwünschtheit von eventuellen
Tiefbohrungen im westgalizischen Flachlande discutirt wurde. Selbstverständlich kann sich die versuchsweise Beantwortung einer derartigen
Frage nur mit den allerallgemeinsten Voraussetzungen abfinden. Details
entziehen sich jeder Vermuthuug.
Die Auffindung der Schiefer von Gorszyce in der Streichungsfortsetzung der alten Grauwackenschiefer von Sandomir lässt nahezu
mit Gewissheit eine Weitererstreckung der alten Gebilde des polnischen
Mittelgebirges in der Gegend zwischen Radomysl und Rozwadöw unter
der Diluvialdecke erwarten. Ueber das Verhältniss jener alten Gebilde
zu den noch weiter im Osten in Wolhynien und Podolien entwickelten
älteren Gesteine zu speculiren, ist dagegen vorläufig ziemlich müssig.
In jedem Falle wird man zunächst weiter östlich von Radomysl
und Rozwadöw auf russischem Gebiete die älteren Formationen schon
nicht mehr unmittelbar unter dem Diluvium erwarten dürfen. Nach
den Angaben von Fusch sind wenigstens z. B. zwischen Janow,
Frampol und Josefow in Russland Neogensehichten bekannt, welche
theils zur sarmatischen Stufe gehören werden, theils aber auch zur
Mediterranstufe, denn P u s c h spricht (II. Theil, pag. 481) von einem
zwischen Josefow und Frampol vorkommenden Pisolithen-Conglomerat,
worunter er das versteht, was wir heute Nulliporenkalk nennen. Auch
sah ich bei Herrn Grafen Hompesch in Rudnik Stücke von Nulliporenkalk, welche aus der Umgebung von Bilgoray stammten. Alle
diese Tertiärvorkommnisse stehen schliesslich in mehr oder weniger
directer räumlicher Verbindung mit den von Lemberg aus sich nordwestlich erstreckenden galizischen Tertiärgebieten. Unter diese Tertiärformation tauchen jedenfalls die eventuellen Fortsetzungen der älteren
Gebirgsmassen des polnischen Mittelgebirges unter, sofern sie in ihrer
ursprünglichen Beschaffenheit überhaupt noch ganz oder theilweise
daselbst dem Grundgebirge angehören.
Andererseits ist ebenfalls bereits durch P u s c h das Auftreten
tertiärer Schichten bei Sandomir selbst bekannt geworden, denn er
schreibt (I. Theil, 1. c. pag. 103), dass Grobkalk und tertiärer Muschel •
Sandstein zwischen Sandomir und Opatöw in flacherer Lagerung das
steil aufgerichtete Uebergangsgebirge bedecken. Im II. Theil seines
Werkes spricht er (pag. 474) von tertiärem Muschelsandstein an den
Pfefferbergen und (pag. 477) von losen tertiären Sauden zwischen
Opatöw und Sandomir, während er auf seiner Karte die sich südlich
oder südwestlich an die älteren Gesteine bei Sandomir anlagernden
Tertiärbildungen als Pisolithen-Conglomerat, das ist als Nulliporenkalk
ausgeschieden hat. Ich selbst hatte in Nadbrzezie Gelegenheit, echte
Leythakalke zu sehen, welche von den Hügeln bei Sandomir stammen
sollten, und auch E o n t k i e w i c z (Verh. d. geol. R. A. 1881, Nr. 4),
dessen Untersuchungen in jenein Theil von Russisch-Polen ganz auf
[27]
Beitrage zur Geologie von Galizien.
305
modernem Standpunkt stehen, gibt aus der Gegend südlich vom
Sandomirgebirge verschiedene, theils zur mediterranen, theils zur sarmatischen Stufe gehörende "Tertiärbildungen an.
Setzt man alle diese Thatsachen in Beziehung theils untereinander,
theils mit dem Umstände, dass den Aufnahmen dieses Jahres die Auffindung ausgedehnterer Vorkommnisse von Mediterranbildungen, insbesondere auch von Leythakalken am Karpathenrande bei Bzeszow
gelungen ist, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Tertiärformation, welche allseitig in der Umgebung des Diluvialgebietes nördlich
von Rzeszow auftritt, auch unter diesem zu finden ist. Damit im Einklänge steht eine mir gewordene Mittheilung über eine bis 20 Klafter
Tiefe vorgedrungene Bohrung im Gebiete der Herrschaft Rudnik (im Walde
Zilka zwischen Lowisko und Kamien), wobei in 10 Klafter Tiefe eine
Schichte mit Meeresmuscheln gefunden wurde. Leider wurden die übrigen
bei der Bohrung angetroffenen Bildungen nicht näher vprgemerkt, und auch
von den Muscheln und sonstigen Bohrproben konnte ich nichts mehr
zu Gesicht bekommen, doch kann es sich hier nur um Tertiärbildungen
gehandelt haben, da die Beschaffenheit der Muscheln bezüglich ihres
marinen Ursprungs von Jemandem coustatirt wurde, der dergleichen
zu beurtheilen in der Lage war.
Zweifelhaft bleibt nur, ob und inwieweit sarmatische Schichten
an der tertiären Unterlage des beschriebenen Diluvialgebietes theilnehmen, denn da dieses Gebiet sich östlich von Rzeszow über Joroslaw
bis Jaworow und Grödek fortsetzt, wo dann erst die Lemberger Tertiärschichten zum Vorschein kommen, und da bei Lemberg und in dessen
weiterer Umgebung die sarmatische Stufe fehlt, so muss irgendwo unter
dem westgalizischen Diluvialgcbiet eine Verbreitungsgrenze der in
Russisch-Polen nordwestlich von der Weichsel entwickelten sarmatischen
Bildungen erwartet werden, über deren Lage wir aber höchstens die
Vermuthung wagen dürfen, dass dieselbe nicht allzufern von der Weichsel
verlaufen dürfte.
Jedenfalls aber sind Schichten der Mediterranstufe in der Unterlage des Diluviums von Westgalizien fast überall vorauszusetzen, und
sofern aus der einen Bohrung bei Lowisko ein Schluss gezogen werden
darf, ist dabei die Diluvialdecke nicht überall von aussergewöhnlicher
Mächtigkeit, wenn es auch sicherlich Punkte geben wird, wo man nach
10 Klaftern das Diluvium noch nicht durchteuft haben möchte. Dass
indessen nicht überall die betreffenden Neogenbildungen eine und
dieselbe Beschaffenheit zeigen werden, ist im Hinblick auf die Mittheilungen, namentlich von K o n t k i e w i c z , über die Landstriche
jenseits der Weichsel mehr als wahrscheinlich. Ausser den Leythakalken
könnte man sich stellenweise auf Thone, Sande, Sandsteine oder sogar
auf Gypse gefasst machen.
Wenn ich aber soeben sagte, wir könnten derartige Ablagerungen
in dem betreffenden Landstrich f a s t überall voraussetzen, wenn ich
also eine kleine Einschränkung bei dieser Voraussetzung machte, so
geschah dies im Hinblick auf die möglichen stellenweisen vordiluvialen
und diluvialen Denudationen, denen das tertiäre Material ausgesetzt
sein konnte, und im Hinblick auf den für das Lemberger Tertiärgebiet
erwiesenen Umstand, dass schon die Unterlage des Neogens in Galizien
306
Dr. Emil Tietze.
[28]
keine ganz ebene war, und dass einzelne Kuppen des senonen Kreidemergels zwar von den neogenen Absätzen um
aber nur in geringer
Mächtigkeit überlagert wurden. Lernte ich'ja doch bei Sadowa wisznia
ein beschränktes Vorkommen von Kreidemergel kennen, welches dort
direct ohne Sichtbarwerdung tertiärer Schichten von Diluvium bedeckt
wurde.
Jener senone Kreidemergel ist unter allen Umständen auch, wenngleich wohl nicht überall, so doch in einer mehr oder weniger breiten
Zone in der Tiefe unter der tertiären Unterlage des westgalizischen
Diluviums als vorhanden anzunehmen, d a K o n t k i e w i c z seine Existenz
in den von ihm beschriebenen Landstrichen südlich vom polnischen
Mittelgebirge verbürgt, und da der soeben genannte Punkt seines Vorkommens bei Sadowa wisznia eine Andeutung der nach Westen gerichteten unterirdischen ForterstreckuDg des Kreidegebietes von Lemberg
und Nawarya gibt.
Ueber die Art, wie sich dieser Kreidemergel eventuell gegen die
Sandsteinzone der Karpathen abgrenzt, ist natürlich hier ebensowenig
wie an anderen Stellen Galiziens eine genauere Vermuthung zulässig.
Dass aber die Karpathen-Sandsteine selbst sich in der Tiefe sehr weit
nördlich von dem Rande ihres an der Oberfläche sichtbaren Auftretens
erstrecken, ist hier ebenso wenig wie anderwärts wahrscheinlich, namentlich weil wir weiter westlich im Krakauer Gebiet diese Beschränkung
der Sandsteinzone auf das Erhebungsgebiet der Karpathen direct erweisen
können.
Tiefbohrungen also, welche man in dem Flachgebiet zwischen
Rzeszow und dem unteren San und der Weichsel unternehmen möchte,
würden zunächst nur ein rein theoretisches Interesse in Anspruch
nehmen dürfen, denn weder das Tertiär in der podolisch-polnischen
Entwicklung, noch die senone Kreide dieser Gegenden, noch die älteren
Schichten, welche unter der Gegend von Radomysl und Rowadöw vorauszusetzen sind, enthalten nutzbare Mineralproducte, welche mit Vortheil
in grösseren Tiefen aufgesucht werden können.
Wenn auch z. B. angenommen würde, dass in dem supponirten
unterirdischen Tertiärgebiet sich stellenweise einige Braunkohlenablagerungen fänden, wie sie in der weiteren Umgebung von Lemberg
bekannt sind, so sind solche Kohlen mindcrerer Qualität in Tiefen, an
die hier gedacht werden müsste, doch gänzlich unabbauwürdig. Diese
Tiefen würden aber der Mächtigkeit nicht allein des zu durchfahrenden
Diluviums, sondern in der Regel auch des gesammten Tertiärs entsprechen, da jene Kohlenablagerungen immer nur den tiefsten Theilen
der podolischen Mediterranablagerungen angehören.
Desgleichen sind die Aussichten auf Erbohrung von Naphtha in
dem beschriebenen Gebiet, wo nicht hoffnungslos, so doch sehr gering.
Dass die Petroleum führenden Horizonte der eigentlichen KarpathenSandsteine in der Tiefe vorhanden sind, ist nach dem Gesagten nicht
anzunehmen. Zufolge der älteren Annahme, wonach die subkarpathische
Salzformation älter ist, als die ausserkarpathischen Mediterranbildungen,
würde man ein Auftreten dieses, stellenweise durch Oelreichthum ausgezeichneten Horizontes nach allen bisherigen Erfahrungen entfernt von
[29]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
307
den Karpathen überhaupt nicht vermutben dürfen, zufolge jedoch der
von mir und neuestens auch von H i l b e r vertretenen Ansicht, dass
die subkarpathisjche Salzformatiou in den ausserkarpathischen Mediterranbildungen Galiziens ihr zeitliches Aequivalent nudet, würde eben eine
petroleumleere Facies dieses nur in der Nachbarschaft der Karpathen
petroleumreicheren Niveaus erwartet werden dürfen.
Es ist mir allerdings bekannt, dass nach Kontkievicz im
Weichselthale beim Dorfe Wojcza ein tertiärer Thon vorkommt, aus
welchem einige schwache Naphthaquellen herausfliessen, und ich erblicke
darin neben dem Vorkommen von Gyps und von Schwefelquellen in
der ausserkarpathischen Neogenentwicklung dieser Länder einen Beweis
mehr für die enge Verwandtschaft der betreffenden Bubkarpathischen
und ausserkarpathischen Mediterranablagerungen, aber da es in diesen
letzteren sonst doch nirgends bis zur Naphthabildung gekommen ist,
da ausserdem an jenem, bisher einzig dastehenden Punkte bei Wojcza
die Naphthaspuren nur schwach und günstige Erfährungen darüber
nicht aufzuweisen sind, so ist der Misserfolg von etwaigen Naphthabohrungen in dem westgalizischen Flachlande mit annähernder Sicherheit
vorauszusehen.
Wenn ich aber auch glaubte, vor übertriebenen Hoffnungen bei
etwaigen Tiefbohrungen in jenem Landstrich warnen zu sollen, so liegt
es mir doch fern, von solchen Bohrungen überhaupt abzurathen. Das
wäre unwissenschaftlich,' da wir trachten müssen, jede Möglichkeit zur
Erweiterung unserer Kenntniss von der Zusammensetzung der unserer
Untersuchung obliegenden Gebiete auszunützen. Wenn man sieht, zu
welch' schönen, für die Wissenschaft, wie für die Praxis gleich werthvollen Resultaten die seit einer Reihe von Jahren auf Kosten des
Staates im preussischen Flachlande im Gange befindlichen Bohrungen
geführt haben, worüber uns Huyssen in der Zeitschrift der deutschen
geologischen Gesellschaft (1880) vor Kurzem einen so lehrreichen Bericht
gegeben hat, dann regt sich wohl der Wunsch, derartige Untersuchungen
möchten auch bei uns in Galizien durchgeführt werden. Das Bild,
welches wir uns von der wahrscheinlichen Zusammensetzung der Unterlage unseres Diluviums nur in den allgemeinsten Zügen entwarfen,
könnte bestätigt und ergänzt werden. Wir würden zuverlässige Daten
über die Mächtigkeit dieses Diluviums, sowie über die speciellere Beschaffenheit des darunter verborgenen Tertiärs erhalten und durch einige
Bohrungen an geeigneter Stelle und in passender Tiefe vielleicht auch
Aufschluss gewinnen über die Art, wie die Karpathen - Sandsteine
gegen die ausserkarpathischen älteren Massen, sei es durch gänzliches Verschwinden, sei es durch theilweisen Facieswechsel,. sich abgrenzen.
Ob aber die Zeit sobald gekommen sein wird, in der man ohne
directe Ermunterung durch Hoffnungen mit praktischem Ausblick, blos
um möglicherweise rein theoretischen Bedürfnissen zu genügen, das für
die angeregten Bohrungen nöthige Geld nicht scheut, das ist schwer zu
sagen in einem Augenblicke, wo selbst für unseren Bedürfnissen näher
liegende Unternehmungen die erforderlichen Mittel in der Regel nur
mit Mühe zu beschaffen sind.
308
Dr. Emil Tietze.
[30]
B. Einige Bemerkungen über die Karpathen Ost-Galiziens.
Als wir, Herr P a u l und ich, unsere Studien in der Sandsteinzone
der Karpathen veröffentlichten (Jahrbuch der geol. Reichsanst. 1877
pag. 33—130 und 1879 pag. 189—304) und bei dieser Gelegenheit
zum ersten Male eine Gliederung der ausgedehnten und mächtigen
Bildungen der Earpathen-Sandsteine in dem Gebiete zwischen den Flüssen
Czeremosz und Stryi durchzuführen versuchten, eine Gliederung, durch
deren Eenntniss überhaupt erst die dann von uns angeregte Discussion
der tektonischen Verhältnisse, sowie der geologischen Bedingungen der
Oelführung jenes Gebietes ermöglicht wurdex), da war es uns vollkommen klar, dass wir mit diesem ersten Versuch keine erschöpfende
Darstellung der Geologie jener Gegenden geliefert hatten. Das wäre
schon aus rein physischen Gründen nicht möglich gewesen, insofern die
Grösse des gelegentlich der genannten Studien aufgenommenen und
geologisch kartirten Terrains in einem Missverhältnisse zu der knapp
bemessenen, noch überdies durch Vergleichungen in anderen geologisch
verwandten Gegenden in Anspruch genommenen Zeit stand.
Die in den Karpathen und ihrem Vorlande in Ost-Galizien ausgeführten Arbeiten, an denen ich mich zu betheiligen Gelegenheit hatte,
und welche das Material für die in unseren „Studien" niedergelegten
Untersuchungen lieferten, umfassen gegen 200 Quadratmeilen, welche
in 3 Sommern (1876—1878 mit jedesmal nicht vollen 3 Monaten) zur
Aufnahme gelangten. Wir konnten nicht jeden Punkt des uns zugewiesenen Terrains genau, und wir konnten manchen anderen gar nicht
besuchen oder untersuchen. Vorwürfe haben wir uns übrigens desshalb
nicht gemacht, da wir es als Notwendigkeit empfanden, unsere Zeit
und Kraft nicht von den Hauptaufgaben abziehen zu lassen, sondern
gestützt theils auf spärliche Versteinerungsfunde, theils auf eine möglichst
genaue Berücksichtigung petrographischer Merkmale und Analogien, sowie
auf das Studium der LagerungsYerhältnisse die Gliederung der Sandsteinzone zu ermitteln. Die Unmöglichkeit, in einem solchen Gebiet
allen Einzelheiten gerecht zu werden, ist nun freilich ein Nachtheil
gewesen, der aber vielleicht durch den Vortheil der uns gebotenen Gelegenheit, einen räumlich umfassenderen Ueberblick über die verschiedenen
Erscheinungen zu gewinnen, einigermassen ausgeglichen wurde.
Es scheint auch, dass wir bei der von uns befolgten Methode
annähernd das Richtige getroffen haben, wie die vielfache Anerkennung
unserer Arbeiten seitens geschätzter Fachgenossen beweist. Es wird
uns natürlich angenehm sein, wenn sich diese Arbeiten für andere
Forschungen als verwendbare Grundlage erweisen, und es kann für die
Sache selbst nur nützlich sein, wenn solche Forschungen in möglichstem
') Die Bemerkungen betreffs der genetischen Verhältnisse des Petroleumvorkommens in den Karpathen, welche unseren neuen Studien (1879, pag. '295—303)
einverleibt wurden, hatte ich bereits etwas früher nahezu mit denselben Worten in
in einem kleinen, von der ersten ungarisch-galizischen Eisenbahn herausgegebenen
Büchlein „Über Erdwachs, Erdöl und die aus diesen Rohstoffen zu erzeugenden
Producte" mitgetheilt, wo Bie (Seite 22—32) einen Abschnitt der betreffenden, für
die damalige ungarische Landesausstellung in Stuhlweissenburg, sowie für das landwirtschaftliche Museum in Pest verfassten Erläuterungen bilden. Das mag bei
dieser Gelegenheit wieder erwähnt werdeD.
[31]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
309
Umfange angestellt werden, theila in den speciell von uns behandelten,
t.heils in anderen analog zusammengesetzten Landstrichen der Earpathen,
über welche genaue Beschreibungen von Seite der betreffenden Aufnahmsgeologen noch in Aussicht gestellt werden. Mancherlei wird zu
ergänzen, Einiges auch zu berichtigen sein. Wir selbst haben auf verschiedene der noch zu lösenden Fragen aufmerksam gemacht, und da
wir ja beispielsweise in unseren neuen Studien bereits zu einer fortgeschritteneren Auffassung und zu einigen Modificationen unserer früheren
Ansichten gelangt waren, so hätten wir ein von jeder Voreingenommenheit
freies Verständniss dafür, wenn Andere eine noch genauere Erkenntniss
der betreffenden Gebiete gewinnen sollten.
Es bezeichnen ja schon unsere älteren gemeinsamen Studien einen
nicht unwesentlichen Fortsehritt gegenüber der von P a u l in seiner
Geologie und Karte der Bukowina zum Ausdruck gebrachten Anschauungsweise, einmal durch eine genauere Charakteristik der einzelnen, die Sandsteinzone zusammensetzenden Gesteinsglieder, sodann
aber auch durch die Art, wie die einzelnen Formationsabtheilungen
räumlich begrenzt wurden, denn es scheint, als ob beispielsweise der
unteren Gruppe der Earpathensandsteine in der Bukowina noch eine
allzu grosse Ausdehnung gegeben wurde, als ob Theile der mittleren
Gruppe in sie einbezogen wurden, und als ob hinwiederum gewissen
Gliedern der oberen Gruppe, wie den Menilitschiefern, dort eine nur sehr
geringe Berücksichtigung zu Theil werden konnte. In der zuletzt verfassten Publication von 1879 aber konnten wir bezüglich der wechselnden
Faciesverhältnisse innerhalb der einzelnen Glieder der Sandsteinzone
bereits eine bestimmtere Stellung einnehmen, und erst damit war der
Standpunkt erreicht, der einen vorläufigen Ausgangspunkt abgeben
konnte für die weiteren Erörterungen aller principiellen Fragen der
Karpathensandstein-Geologie des galizischen Ostens.
Angesichts derartiger Erfahrungen hinsichtlich der allmäiigen
Ausdehnung unserer eigenen Erkenntniss haben wir also kein Recht,
die Fragen, die wir behandelten, für abgeschlossen, die Deutungen,
die wir gegeben, alle für unumstösslich zu halten. Wohl aber wird
man es uns nicht verübeln, wenn wir uns noch ein Urtheil darüber
vorbehalten, ob denn gerade jede Correctur unserer Auffassungen,
welche von unsern Nachfolgern vorgenommen wird, einem wirklichen
Fortschritt entspricht. In diesem Sinne sei es gestattet, hier einige
Erörterungen zu machen.
Herr V a c e k hat vor Kurzem einen trefflichen „Beitrag zur
Kenntniss der mittelkarpathischen Sandsteinzone8 geliefert (Jahrb. d.
geol. R.-A. 1881, 4 Heft). Statt der von uns vorgeschlagenen Dreitheilung der karpathischen Flyschbildungen hat es ihm in dieser Arbeit
besser geschienen, nur zwei Hauptabtheilungen gelten zu lassen, eine
untere cretacische und eine obere tertiäre. Er gibt zwar selbst zu,
dass dies eine reine Formfrage sei, und dass es ebenso gut diene,
wenn man wisse, dass die untere und mittlere Abtheilung zusammengenommen zur Kreide, die obere aber zum Tertiär gehöre; „allein von
der Ueberzeugung ausgehend, dass eine passende Form der Auffassung
das Wesen fördert", dürfe man in seiner Eintheilung einen Vortheil
erblicken.
Jahrbuch d. k. k. geo). EeichsaDBtalt. 188». 33. Band. 2. Heft. (Dr. Emil Tietze.)
40
310
Dr. Emil Tietze.
[32]
Zunächst kann ich nun nicht zugeben, dass diese letztere Einteilung gewissermassen logischer sei, als unsere Dreitheilung. Wenn
unsere obere Abtheilung der Karpathensandsteine, welche mit Vacek's
oberer Abtheilung zusammenfällt, das g e s a m m t e Tertiär oder doch
dessen allergrössten Theil repräsentiren würde, dann könnte man sie
allerdings der Gesammtheit der cretacischen Flyschbildungen als etwas
logisch Gleichwerthiges gegenüberstellen, insofern wenigstens conventioneil die Tertiärformation der Kreideformation als gleichwerthiges
Schichtensystem angereiht wird, nun aber repräsentirt jene obere Abtheilung nur eocäne und oligocäne Schichtenfolgen, also nur den unteren Theil der Tertiärformation. Indem wir nun die cretacischen
Karpathensandsteine, welche sowohl untere als obere Kreide umfassen,
ihrerseits in zwei Ilauptgruppen untergebracht haben, in eine tiefere
und eine höhere, haben wir, wie ich glaube, in unserer Eintheilung
ein richtigeres Gleichgewicht zwischen unseren drei Hauptgruppen hergestellt, als dies zwischen den beiden Hauptgruppen der Vacek'sehen
Eintheilung besteht.
Dazu kommt, dass unsere mittlere Gruppe der Karpathensandsteine, wenigstens in Ost-Galizien, eine überaus wichtige orographische
Rolle spielt, dass sie dort durch ihre Mächtigkeit und die Art, wie sie
gerade die meisten der höheren und höchsten Ketten zusammensetzt,
gleichsam von selbst als ein besonders ausgezeichnetes Glied der ganzen
Reihenfolge sich darstellt. Unsere Dreitheilung erschien desshalb als eine
sehr natürliche. In den Mittel-Karpathen scheint dieses Glied allerdings
zu verkümmern, dafür gelangt es aber in den schlesischen Karpathen.
wieder zu hervorragender Entwicklung und wird dort wieder vielfach
bestimmend für das orographische Relief der Gegend. Desshalb passt
sich unsere Dreitheilung nicht überall gar so schlecht auch dem Wesen
der Sandsteinzone an.
Doch sind das Nebensächlichkeiten. Eine wesentlichere Differenz
zwischen Vacek's Auffassung und der unserigen scheint möglicherweise bezüglich der Tektonik der Sandsteinzone zu bestehen. Wir
hatten nämlich an vielen Stellen innerhalb dieser Zone Verwerfungen
angenommen und ich darf wohl hinzufügen, auch wirklich beobachtet,
während in dem schön gezeichneten Durchschnitt durch diese Zone,
den Vacek seiner Arbeit beigegeben hat, dergleichen absolut fehlen
und dafür ausschliesslich schief gestellte Falten angenommen werden,
wie wir solche allerdings auch schon in unserer älteren Arbeit (Jahrb.
geol. R.-A. 1877, pag. 126) als besonders charakteristisch für die
Tektonik unseres Gebietes bezeichnet hatten.
Möglich ist es ja, dass sich die Dinge in dem von Vacek bereisten Gebiet zum Theile etwas anders verhalten, als weiter im Osten,
wo wir unsere Anschauung gewonnen haben. Dort haben wir freilich so
wiederholt das unmittelbare Anstcssen der jüngeren Glieder der Sandsteinzone an die älteren Glieder derselben ohne Zwischenschiebung der sonst
in denselben Durschnitten in grosser Mächtigkeit entwickelten mittleren
Gruppe beobachtet (und wir haben dabei jene jüngeren Glieder den
älteren stets auf der Nordostseite der letzteren vorliegend bemerkt,
während die Gesammtheit derä betreffenden Flyschbildungen ein südwestliches Einfallen zeigte), dass der Mangel an Verwerfungen innerhalb
[33]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
311
der Sandsteinzone keinesfalls einem allgemeinen Gesetze entsprechen
kann. Ganz frei bin ich desshalb nicht von dem Verdachte, dass die
Vacek'sche Darstellung, sowie sie sich auf der seinem Aufsatze beigegebenen Tafel bildlich präsentirt, in mancher Beziehung etwas schematisirt sein mag, und zwar nicht blos in derjenigen Zeichnung, welche
von dem Autor selbst als schematische Uebersicht bezeichnet ist, sondern
auch in dem eleganten Detail-Profil, welches den Hauptraum auf jener
Tafel .ausfüllt.
Was aber jene schematische Uebersicht selbst anlangt, über
deren Bedeutung sichVacek auch im Texte Beines Aufsatzes auslässt,
so gibt dieselbe ohne Zweifel ein recht interessantes vereinfachtes Bild
von dem Bau der Karpathen, indem sie das vielfache (relative) Prävaliren der jüngsten Glieder der Sandsteinzone nach der ungarischen
Seite des Gebirges zu richtiger Geltung bringt, indessen mag auch sie
von dem subjeetiven Ermessen des Autors nicht ganz unbeeinflusst
geblieben sein, was ja beim Schematisiren überhaupt nicht vermeidbar
sein kann.
V a c e k reducirt daselbst nämlich das Faltensystem der Sandsteinzone auf zwei Haupt-Aufbruchswellen, auf eine nördliche und eine
südliche Aufbruchszone. Er schreibt (1. c. pag. 208 [18]) nach einer
längeren diesbezüglichen Auseinandersetzung am Schlussse seiner Arbeit,
der Sandsteinzug der Mittelkarpathen zeige „zwei im Streichen mit
der secundären Faltung übereinstimmende und auch in ihrer Form
dem Baue der secundären Wellen sehr analoge grosse Hebungen, gleichsam
Wellen zweiter Ordnung, ein Fall, zu dem sich in der nördlichen sowohl, als in der südlichen Randzone der Alpen eine Menge Analogieen
finden."
Das betreffende Yerhältniss mit solcher Bestimmtheit erkannt und
angedeutet zu haben, wäre also jedenfalls ein Fortschritt gegenüber
unserer früheren Darstellung der tektonischen Verhältnisse des besprochenen Gebirges. Doch kann ich mir nicht versagen, darauf aufmerksam
zu machen, dass Herr V a c e k , ehe er in die Karpathen ging, über
die Bedeutung gerade derartiger Verhältnisse anderer Meinung gewesen
zu sein scheint, als später. Ich entnehme das seiner Polemik gegen
die Auffassung v. Richthofen's über die Tektonik des Vorarlberger
Kreidegebietes.
R i c h t h o f e n hatte daselbst vier besonders ausgezeichnete Wellenbildungen unterschieden, denen dieses Gebiet unterworfen gewesen ist.
Vacek (Ueber Vorarlberger Kreide, Jahrb. d. geolog. Reichsanst. 1879)
war damit nicht einverstanden. Er betonte zunächst (pag. 704), dass
sich die Wellen vielfach spalten, ganz in ähnlicher Weise, wie er dies
sogar auch für die Karpathen hervorgehoben hat, und dass die einzelnen
Wellen keinen continuirlichen Verlauf durch das ganze Kettengebirge
haben. „Nicht das Streben", so sagt er, „ein möglichst einfaches Bild
der tektonischen Verhältnisse zu liefern, selbst auf die Gefahr hin,
dass dabei die Naturtreue leide, kann Hauptzweck der Untersuchung
sein, sondern möglichste Berücksichtigung der Details und ihres Zusammenhanges, sowohl untereinander, als mit der Tektonik der Umgebung." An einer anderen Stelle (pag. 709), sagt er: „Ein zweiter
40*
312
Dr. Emil Tietze.
[34]
Umstand, der eine Zählung der Wellen sehr erschwert, ist ihre Ungleichwerthigkeit. Die hintereinander folgenden Wellen zeigen den verschiedensten Grad von Entwicklung, und man ist, um eine bestimmte Anzahl
von Wellen zu erhalten, gezwungen, unter denselben eine Art Auswahl
zu treffen und die minder entwickelten einfach zu ignoriren, wie dies
v. Richthofen gethan, indem er einen Unterschied zwischen Hauptwellen und secundären Wellen macht und nur die ersteren berücksichtigt.
Dabei wird es nur schwierig, eine rationelle Grenze festzustellen, an
der die Wellen aufhören, seeundär und anfangen, Hauptwellen zu sein,
und da die Feststellung einer solchen Grenze dem persönlichen Ermessen
des betreffenden Forschers überlassen bleiben muss, liegt die Gefahr
nahe, dass derselbe alle jene Wellen für seeundär nimmt, die ihm zu
einer ziemlich willkürlich angenommenen Zahl von Hauptwellen nicht
passen. Bei einem solchen Verfahren dürfte es aber kaum zwei Forscher
geben, die in einem und demselben Gebiet zu einer gleichen Anzahl
von Wellen kommen. Wenn aber die Resultate je nach der Person
wechseln können, ist ihr Werth für die Wissenschaft eiu ziemlich
fraglicher."
Das ist jedenfalls deutlich gesprochen. Doch hat Vacek, wie
schon angedeutet, für die Karpathen nicht mehr an den Gesichtspunkten
festgehalten, die er für Vorarlberg entwickelt hat.
In wie weit also durch die Vacek'sche Darstellung unsere ältere
Auffassung von der Tektonik der Sandsteinsonne beeinflusst wird, mag
sich für den Leser aus dem Gesagten ergeben. Doch kann man sich
über etwaige Differenzen der betreffenden Anschauungen schon desshalb leichter beruhigen, weil die Gebiete, auf dem diese Anschauungen
gewonnen wurden, zwar aneinander grenzen, aber sich nicht decken,
so dass also unter der Voraussetzung der Möglichkeit theilweise abweichender Verhältnisse auch die Zulässigkeit theilweise abweichender
Folgerungen gegeben erschiene.
Etwas anders verhält es sich aber schon mit solchen Beobachtungen
und Auffassungen, welche in Gebieten gewonnen wurden, deren Untersuchung von Herrn P a u l und mir vorgenommen wurde. Hier müssen
wir uns mit Sicherheit darauf gefasst machen, von unseren Nachfolgern
weit überholt zu werden.
Ich habe wenigstens für meine Person principiell nichts dagegen
einzuwenden, dass Herr Rudolf Z u b e r , der die ostgalizischen
Karpathen zwischen Delatyn und Jablonow (Jahrb. d. geol. R.-A. 1,882,
pag. 351—372), wie er selbst sagt, »genau durchforscht" hat, unsere
Aufnahmen daselbst als „in mancher Hinsicht unzureichend* bezeichnet.
Ich würde nur gewünscht haben, dass es Herrn Z u b e r in höherem
Maasse, als dies der Fall ist, gelungen wäre, über den Grad der
bisherigen Kenntnisse von jenem Gebiet hinauszukommen. Ich hatte
das nach den Ankündigungen, welche jener Autor am Eingang seines
Aufsatzes vernehmen lässt, beinahe erwartet.
Es handelt sich nämlich danach nicht um blosse locale Ergänzungen des von uns entworfenen Bildes, sondern um principielle
Seiten in der Auffassung dieses Bildes. Unser verehrter Fachgenosse
findet, dass wir allerdings für gewisse Theile des von ihm durchforschten Gebiets eine „schöne Darstellung" gegeben hätten, aber nur
[35]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
313
in Bezug auf die Schilderung der daselbst auftretenden Gesteinsvarietäten will er dieser Darstellung nichts hinzusetzen. „In Bezug
aber auf die Lagerungsverhältnisse," schreibt Zube r, „dieser Schichtensysteme und zumal auf ihre gegenwärtige Stellung bin ich zu einer
etwas anderen Anschauung -gekommen, als sie in der oben citirten
Arbeit zum Ausdruck gebracht wurde." Herr Z u b e r sagt ferner, es
sei ihm gelungen, das Verhältniss der miocänen Salzformation zu den
älteren karpathischen Gebilden etwas besser su präcisireu, als dies
bisher von Andern versucht wurde, und ausserdem habe sich gerade
in dem von ihm untersuchten Gebiete herausgestellt, dass der Bau
der Karpathen nicht überall so einförmig sei, wie dies bisher behauptet
wurde.
Man durfte sich da wirklich fragen, ob wir nicht einer Reihe von
wesentlichen Fehlern oder Unterlassungen uns schuldig gemacht haben.
Auf diese Frage werde ich versuchen, in den folgenden Seiten eine
Antwort zu geben.
Ohne nämlich im Mindesten das Verdienst zu bestreiten, welches
sich Herr Z u b e r durch Beibringung einzelner neuer und interessanter
Angaben aus dem in Rede stehenden Gebiet erworben hat, sehe ich
mich doch'veranlasst, einer missverständlichen Auffassung vorzubeugen,
welche bei der Sache ferner stehenden Lesern des Z u b e r'schen Aufsatzes über unsere Betheiligung' an der Erforschung jenes Theils der
Karpathen entstehen könnte, wenn man in dieser Betheiligung nur
einen gelungenen Anlauf zur glücklichen Charakteristik der petrographischen Eigenschaften der jenes Gebirge zusammensetzenden Formationen erblicken wollte.
Der Verfasser des mir vorliegenden Aufsatzes hat in seinen
Schlussbetrachtungen allerdings eine mehr in's Einzelne gehende
Gliederung jener Formationen versucht, als diejenige war, welche von
Herrn P a u l und mir bei unseren Aufnahmen zur Anwendung gebracht
wurde. Es könnte demnach in der That den Anschein haben, der Bau
des Gebirges bei Delatyn und Jablonow sei minder einförmig, als er
unserer Darstellung zufolge erscheint. Dem gegenüber darf aber wohl
darauf hingewiesen werden, dass in der ganzen Z übe r'schen Eintheilung
des fraglichen Schichtencomplexes nicht ein Element vorkommt, welches
nicht schon in unseren Beschreibungen zu finden wäre, wie denn in
der That der Verfasser im Verlauf seiner Darstellung nicht selten
Veranlassung hatte, sich auf diesbezügliche Stellen unserer Studien zu
beziehen.
Was zunächst die Quartärbildungen anlangt, innerhalb deren
Z u b e r Berglehm, Löss und Glacialdiluvium unterscheidet, wozu man
dann noch Schotter und Gebirgsschutt rechnen könnte, so ist das Vorkommen aller dieser Ablagerungen bereits in unseren Arbeiten erwähnt.
Es wurden diese Absätze freilich von uns sowohl als namentlich auch
neuerdings von Zuber viel stiefmütterlicher behandelt als die älteren
Formationen, auf den Karten dabei vielleicht noch mehr als in den
Beschreibungen, und es wird sich über dieselben in Zukunft noch
mancherlei Interessantes ermitteln lassen. Die Beziehungen beispielsweise zwischen dem Löss und dem von P a u l sogenannten Berglehm,
314
Dr. Emil Tietze.
[36]
welchem letzteren ich nur insoweit eine Art von Selbststäüdigkeit zugestehen möchte, als er erweislich oder wahrscheinlich sich als ein
eluviales Gebilde, als ein mehr oder weniger unmittelbares Verwitterungsproduct anderer Gesteine documentirt, werden noch weiter aufzuklären
sein, wie ich das soeben gelegentlich der Besprechung des Karpathenrandes bei ßzeszow angedeutet habe, uud ausserdem werden die verschiedenen Schotterbildungen des Gebiets von den lehmigen Absätzen
der Quartärzeit viel schärfer getrennt werden müssen, als dies geschah.
Hier würde ich mich übrigens bei Besprechung der quartären
Ablagerungen gar nicht weiter aufgehalten haben, wenn nicht die
Angabe des Glacialdiluviums bei Z u b e r ganz ohne Erläuterung geblieben wäre. Bezüglich der Erfahrungen, die wir selbst über das Vorkommen von Glacialspuren in den Ostkarpathen machen konnten,
brauche ich nur auf meinen, diesen Gegensatz betreffenden Aufsatz in
den Verhandlungen der Reichsanstalt (1878, pag. 322) zu verweisen.
Da ich bei dieser Gelegenheit mit Sicherheit nur von den höchsten
Punkten der galizischen Ostkarpathen derartige Spuren anzugeben
vermochte, da ferner sogar den bezüglich des Nachweises von Eiszeitspuren ausserordentlich sanguinischen schottischen Geologen J a c k und
H ö r n e am Nordrand unserer Karpathen das Fehlen sicherer Anzeichen
einer einstigen Vergletscherung des Gebirges aufgefallen ist, so muss die
Entdeckung des Herrn Zuber überraschen, insofern er seinerseits nur
das Gebirge zwischen Delatyn und Jablonow, also den niedrigeren
Nordrand der Sandsteinberge untersucht hat und südlich davon, wie er
angibt, nur bis zum Quellgebiet der Pystynka gekommen ist. Bei der
principiellen Wichtigkeit des Gegenstandes hätte er sich näher darüber
aussprechen müssen, wo er solche Spuren bemerkte, und aus was
dieselben bestanden.
Die einzige Andeutung jedoch, welche der Verfasser des besprochenen Aufsatzes hierüber gemacht hat, findet sich in seiner vorläufigen Ankündigung desselben Aufsatzes in den Verhandlungen der
Reichsanstalt 1882 (pag. 163). Es heisst daselbst: „Zu bemerken bleibt
noch, dass tiefer im Gebirge an mehreren Orten bedeutende Anhäufungen
von karpathischen Geschieben und Lehmmassen angetroffen werden,
deren glacialer Ursprung wohl gerade so wahrscheinlich sein dürfte,
wie dies von Dr. Szajnocha von ähnlichen Bildungen in Westgalizien
behauptet wurde." Gegen dies en Vergleich will ich nun allerdings keinen
Einspruch erheben. Ueber die betreffenden Gebilde in Westgalizien
werden wir wohl bald von anderer Seite etwas hören.
Was nun das Neogen oder die Salzformation anlangt, welche
Zuber in 4Unterabtheilungen bringt, während sie auf unseren Karten
allerdings nur mit einer Farbe angelegt erscheint, so hatten wir die
erste jener Abtheilungen, das Conglomerat von Sloboda Rungurska, wie
der Verfasser (1. c. p. 357) selbst sagt, bereits „eingehend beschrieben"
und die zweite jener Abtheilungen, die Dobrotower Sandsteine, wie der
Verfasser ebenfalls (1. c. p. 356) erwähnt, „als Dobrotower Schichten
zusammengefasst".
Nach Z u b e r folgen nun als weitere Glieder der ganzen Reihe
zunächst rothe Schiefer mit thonigen Sandsteinen und schliesslich nach
oben zu graue, Salz und Gyps führende Thone. Wer sich die Mühe
[37]
Beiträge zar Geologie von Galizien.
315
nehmen will, unsere älteren Studien durchzulesen, wird beispielsweise
auf Seite 68 (36) die rothen Thone der Gegend von Delatyn erwähnt
finden, ebenso wird er hier und auf den folgenden Seiten eine Beschreibung der blauen und blaugrauen Thone jener Gegend, sowie der
verschiedenen, mit jenen Thonen verbundenen Sandsteine finden.
Also die Gesteinscomplexe, um die es sich handelt, waren uns
wohl schon bekannt, und indem wir ihrer Mannigfaltigkeit in der
Beschreibung Rechnung trugen, haben wir das Gebirge daselbst und
seine geologische Zusammensetzung nicht einfacher geschildert, als es
ist. Warum wir nun aber innerhalb der Salzformation keine weitere
Gliederung vorgenommen haben in der Weise, wie sie Z u b e r vorschlägt;
beruht auf der vorläufigen Undurchführbarkeit eines derartigen Versuch?.
Nicht w i r haben an sich complicirte Verhältnisse einfacher dargestellt,
als sie sind, sondern umgekehrt, gerade Herr Zuber stellt sich diese
Verhältnisse viel einfacher vor, als dies bei umsichtiger, das heisst
umfassenderer Betrachtung der Thatsachen thunlich ist.
Wenn Herr Z u b e r einmal in die Lage kommen sollte, grössere
Gebiete zusammenhängend aufzunehmen, so wird er vermutlich bald
genug die Schwierigkeit empfinden, welche darin liegt, dass nur in
seltenen Fällen zwischen je zwei Parallelprofilen oder Durchschnitten
durch ein Gebiet völlige Uebereinstimmung herrscht und dass oft genug
Einzelheiten, welche bei der Beobachtung der einen Localität in die
Augen fallen, bei der nächsten correspondirenden Localität bereits
anderen Eigentümlichkeiten innerhalb derselben Schichtenreihe Platz
gemacht haben. Bei der Beschreibung eines einzelnen Profils kann man
sich in endloses Detail einlassen, man kann jede einzelne Gesteinsbank
registriren, und das wird schön und nützlich sein, aber man wird der
Natur Gewalt anthun, sobald man derartige Beobachtungen überall
verallgemeinern will, und man wird sich von der Unmöglichkeit solcher
Verallgemeinerungen am besten überzeugen, wenn man versucht, dieselben
graphisch auf einer Karte zum Ausdruck zu bringen. Es gibt ja wohl
auch sonst geologische Ansichten, welche nie producirt worden wären,
wenn deren Urheber einige Erfahrung in der Aufnahme geologischer
Karten besessen hätten, oder doch genöthigt gewesen wären, ihre
Auffassung auf einer solchen zum Ausdruck zu bringen, das heisst
selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass ihnen aus allen Theilen
des zu kartirenden Gebiets eine ungefähr gleichmässige Kenntniss von
Einzelheiten verfügbar gewesen wäre. In ähnlichem Sinne habe ich mich
vor Kurzem auch gegen die von einigen Autoren versuchte Dreitheilung
des Tertiärs von Lemberg und an einer anderen Stelle (Verband!, geol.
R.-A. 1881) gegen die auf Grund von Fischfunden vorgeschlagene
Zweitheilung der karpathischen Menilitschiefer aussprechen müssen.
Der Fall, um den es sich hier handelt, ist ein ganz ähnlicher.
Ueberblickt man zunächst die subkarpathische Salzformation in ihrer
Totalität, dann erkennt man wohl, wie schwer es ist, eine allgemein
giltige Eintheilung dieser Bildungen vorzunehmen, wobei ich noch
überdies die anderwärts discutirten Beziehungen derselben zu dem
podolisch-galizischen Tertiär ganz ausser Acht lassen will. Wir sehen
z. B., dass dieser Formation an verschiedenen Stellen Salzstöcke untergeordnet sind, während man es in anderen Fällen nur mit einem von
316
Dr. Emil Tietze.
[38]
Salz imprägnirten Haselgebirge zu thun hat, wir wissen, dass an einer
Stelle eine Ablagerung von Kalisalzen mitten durch die Formation
hindurchgeht, während solche Salze anderwärts fehlen. Sehr verschieden
sind an verschiedenen Localitäten die liegenderen Theile der Formation
beschaffen. Nach F o e t t e r l e (Verh. d. geol. R.-A. 1869 pag. 31) tritt
bei Bochnia ein rother Thon an der Grenze gegen die Karpatheusandsteine auf, nach Paul (Jahrb. d. geol. R.-A. 1880) sind bei Wieliczka
mit denselben rothen Thonen Sande mit Geschieben in enger Verbindung,
welche er dort für die unterste Abtheilung der Salzformation im
Liegenden des Steinsalzes hält, und ebenso hat P a u l (1. c. pag. 691)
bei Tomaskowice solche Saude mit Quarzgeschieben am Räude der
Salzformation gegen das Sandsteingebirge beobachtet. H. W a l t e r hat
uns (Jahrb. geol. R.-A. 1880 pag. 635) betreffs der Salzformation von
Chyrow mitgetheilt, dass dieselbe in den üangendschichten aus theils
losen Sauden, theils sehr mürben Sandsteinen mit einigen Partien von
Thon in Wechsellagerung bestehe, dass unter diesen blaue und rüthliche
Thone liegen, welche einzelne Lagen von Kalksandsteinen enthalten und
dass dann weiter im Liegenden als tiefstes Glied eine mächtige Sandsteinentwicklung auftritt, in welcher Einschaltungen von Conglomeraten
durch die Fremdartigkeit ihrer Bestandteile an das Conglomerat von
Sloboda Rungurska erinnern. Bei Bolechow lernten Herr P a u l und
ich (Neue Studien, Jahrb. 1879, pag. 237) einen grauen, plastischen
Thon als unterstes Glied der Formation kenneu und in der Gegend
oberhalb Stryi (ibidem pag. 246) beobachteten wir zunächst über den
dortigen Menilitschiefern lose Sande und sehr lockere Sandsteine, die
wir zum Neogen rechneten, und welche, obschon uns die weiteren
Beziehungen zu den dort durch diluvialen Lehm verdeckten, anderen
eventuellen Gliedern der Salzformation nicht klar wurden, doch wohl
das tiefste Glied dieser Formation vorstellen, sofern unsere Deutung
als neogen richtig ist. Weiter im Osten kennen wir dann bei Sloboda
Rungurska und Kossow Conglomerate in der unteren Abtheilung der
Salzformation, welche in einer dem Vorkommen von Sloboda Rungurska
entsprechenden Mächtigkeit bisher weiter westlich nirgends bekannt
geworden waren, obschon Andeutungen dieser durch ihre Gesteinseinschlüsse so merkwürdigen Bildungen mehr und mehr auch in den
westlicheren Theilen Galiziens gefunden werden.
Nach dem Gesagten leuchtet wohl ein, wie es für Diejenigen,
welche mit der geologischen Aufnahme eines grossen Theiles von
Galizien betraut wurden, nahe lag, sich in den schwierigen, nothwendig
zu vielen Inconsequenzen führenden Versuch einer Gliederung der Salzformation nicht weiter einzulassen, namentlich so lange noch wichtigere
Aufgaben der Lösung harrten.
Aber selbst, wenn man sich hätte beschränken wollen, wenn man
sich gesagt hätte, was sich nicht für ganz Galizien durchführen lässt, kann
ja vielleicht für einen Theil von Ost-Galizien in befriedigender Weise
festgestellt werden, selbst dann wären wir bei dem damals erreichten
Grade unserer Kenntniss auf nicht zu besiegende Hindernisse gestossen,
und ich trage kein Bedenken, zu erklären, dass die diesbezügliche
Frage auch nach den neuen Untersuchungen von Z u b e r noch immer
auf dem Punkte steht, wo wir sie damals gelassen haben. Das wird
[39]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
317
sogleich klar werden, wenn wir zeigen, dass die von diesem Autor
vorgeschlagene Eintheilung der Salzformation nicht einmal für die
Gegend zwischen Delatyn und Jablonow, ja nicht einmal für die Gegend
von Delatyn selbst der Wirklichkeit entspricht.
Am leichtesten werden wir uns vielleicht noch betreffs derjenigen
Abtheilung verständigen, welche Herr Z u b e r als die unterste der
Salzformation bezeichnete, nämlich betreffs der Conglomerate von
Sloboda Rungurska. Wir schrieben darüber (Studien 1877 1. c.-pag. 72)
wörtlich; „Das Conglomerat von Sloboda Rungurska, welches man auch
etwas südlich der Linie Mlodiatyn-Laczyn wieder antrifft, stellt, wo
nicht das älteste, so doch ein älteres Glied der Salzformation vor."
Da dieses Gonglomerat in Folge seiner eigenthümlichen Zusammensetzung bei unseren ersten Studien und auch bei späteren Gelegenheiten
zu einigen, wie ich annehme, nicht unwichtigen theoretischen Betrachtunge n Veranlassung gab, so haben wir das Auftreten ähnlicher Conglomerate sowohl weiter östlich als weiter westlich stets mit thunlicher
Aufmerksamkeit verfolgt und in unseren Schriften angegeben.
In der Nähe der Saline von Kossow (1. c. pag. 96) hatten wir
beispielsweise ein interessantes und entscheidendes Lagerungsverhältniss
kennen gelernt, demzufolge eine dem Conglomerat von Sloboda Rungurska
entsprechende Bildung daselbst unmittelbar zwischen den Menilitschieferu
und den übrigen Schichten der Salzformation auftritt, und dessgleichen
haben wir für die Gegend von Kutty (1. c. pag. 106) ein ähnliches
Conglomerat als die älteste Abtheilung der dortigen Salzthongruppe
bildend, ausdrücklich bezeichnet. Ich wäre aber neugierig, zu erfahren,
an welchem Punkte bei Delatyn selbst Herr Z u b e r derartige LiegendConglomerate beobachtet hat.
Eine theilweise Analogie den Gesteinselementen nach zeigt
daselbst mit den Conglomeraten von Sloboda Rungurska nur jene von
uns (1. c. pag. 69) und auch von Herrn Z u b e r (1. c. pag. 355)
erwähnte, sehr wenig mächtige Lage von Geschieben im Salzthon,
welche man am rechten Pruthufer etwa 250 Meter südlich von der
Brücke antrifft. Nach meiner Ansicht haben wir hier allerdings eine
Andeutung des Conglomerats von Sloboda Rungurska vor uns, zumal
wie wir in unserer Arbeit besonders erwähnten, die Stelle des Auftretens
dieser Geschiebe bereits sehr in der Nähe der Menilitschiefer, wenn
auch keineswegs im absoluten Contact mit denselben sich befindet,
nach Z u b e r indessen würden wir uns hier, wie ich sogleich auseinandersetzen werde, in einem viel höheren Theile der Salzformation befinden.
Sei dem aber wie ihm wolle, das mächtige Conglomerat von Sloboda
Rungurska lässt sich bei Delatyn nicht mehr nachweisen und würde
selbst nach meiner Auffassung nur durch eine schwache Lage von
Geschieben inmitten der liegenderen Theile des Salzthons angedeutet
sein, BeweiB genug für den raschen Wechsel, dem die Gebilde der
Salzformation in ihrer wechselseitigen Vertretung unterworfen sind.
Noch weiter westlich aber in der Gegend von Truskawiec und Boryslaw
konnten wir freilich wiederum (siehe unsere neue Studien 1879, pg. 275),
verwandte Conglomerate auffinden, die dann später auch Professor
K r e u t z gesehen hat, allein durchaus nicht unter so klaren Verhältnissen,
Jahrbuch d. k.k. geol. Belohaanetalt. 1888. 88. Band. 2. Heft. (Dr. Emil Tietze.)
41
318
Dr. Emil Tietze.
[40]
dass die Stellung derselben an der Basis der ganzen Formation für uns
unzweifelhaft gewesen wäre.
Ehe ich diesen Gegenstand verlasse, muss ich noch einem Missverständniss kleinerer Art entgegentreten, welches den Lesern des
Zuber'schen Aufsatzes begegnen könnte. Herr Zuber spricht (I. c.
pag. 355) von lichten Kalkconcretionen, welche in demselben Salzthon,
der jene Geschiebe enthält, nördlich von der erwähnten Stelle eingeschlossen seien und sagt, dass diese Concretionen „keineswegs als
exotische Blöcke" gedeutet werden können. Da die Arbeit des Herrn
Zuber sich als eine Ergänzung und theilweise Berichtigung unserer
Studien einführt, so liegt für den Leser die Vermuthung nahe, als
hätten wir jene Concretionen als exotische Blöcke betrachtet, zumal
wir ja sonst dem Vorkommen exotischer Gesteinsvorkommnisse in den
von uns beschriebenen karpathischen Gebieten einige Aufmerksamkeit
geschenkt haben. Es genügt aber wohl zu bemerken, dass wir jene
Concretionen oder etwas ihnen Aehnliches in unserer Arbeit überhaupt
nicht erwähnten, und dass wir bei Beschreibung der Geschiebeschicht
(1. c. pag. 69) betonten, wie jene Geschiebe „ausschliesslich" einem
äusserlich grüusteinartigen psammitischen Gesteine mit Pyritwürfeln
angehörten, sowie dass wir nach gegebener genauerer Beschreibung
dieses Gesteins (auf Seite 70) noch die Worte hinzufügten: „Andere
Geschiebe finden sich hier absolut nicht". Es waren uns also auch die
weissen Quarzitblöcke, welche Herr Z u b e r ausserdem an derselben
Stelle gesehen hat, entgangen, und wir waren desshalb kaum in der
Lage, diese von uns übersehenen Bildungen als exotische Blöcke zu
bezeichnen. Andererseits aber hatten wir (z. B. 1. c. pag.. 95) gewisse
Concretionen in der Salzformation weiter östlich bei Berezow ausdrücklich
als solche angeführt.
Nun aber will ich noch in einigen Worten bezüglich der übrigen
Glieder der Salzformation mich aussprechen. Herr Z u b e r schliesst
sich dabei, wie schon angedeutet, und wie er selbst (I. c. p. 355) sagt,
an unsere Beschreibungen an. Es ist ihm aber dabei hauptsächlich „um
die Schichtenfolge und das gegenseitige Verhältniss der einzelnen
Systeme zu einander" zu thun. Zum Ausgangspunkt der Beurtheilung
von Zuber's Ansichten über dieses gegenseitige Verhältniss wird man
am Besten die Betrachtung der grauen Salzthone wählen, welche nach
Zuber das jüngste der 4 Glieder der Salzformation darstellen.
In der Regel scheinen die Verhältnisse auch dieser Auffassung
Recht zu geben. Soweit dies der Fall ist, waren aber wohl in unseren
Studien theilweise schon diesbezügliche Wahrnehmungen mitgetheilt
worden. Ich erinnere beispielsweise daran, wie wir (1. c. pag. 96) bei
Kossow die durch blaugraue Gehängefarbe ausgezeichneten, sandigen
Schieferlagen, mürben Sandsteine und Thone, bestimmt von den dort
zunächst älteren, grünlichen Sandsteinschiefern und diese von den
Conglomeraten unterschieden haben. Einigermassen anders liegen aber
die Dinge bei Delatyn. Wer dort von dem Vorkommen der Menilitschiefer aus, wie sie in der Nähe der Franz-Josephs-Saline entwickelt
sind, nordwärts gegen die Salzformation zu vorschreitet, trifft zunächst
angrenzend an die Menilitschiefer gerade die grauen thonigeren Glieder
der Salzformation und ich glaube auch der Darstellung des Herrn
[41]
Beitiäge zur Geologie von Galizien.
319
Z u b e r entnehmen zu dürfen, dass derselbe diese Beobachtung bestätigt.
Nach diesem Autor ist auch das Vorkommen von Steinsalz immer den
grauen Salzthonen untergeordnet, und da ihm die letzteren als das
constant jüngste Glied der ganzen Reihe erscheinen, so versetzt er
auch das Steinsalz selbst in den obersten Horizont derselben.
Nun aber ergibt die eiüfache Betrachtung der Lage der FranzJosefs- Sfliue, sowie der Punkte, an denen hier früher durch Versuchs-'
schachte das Steinsalz angefahren wurde, dass dieses letztere bei
Delatyn in der unmittelbarsten Nähe der Menilitschiefer gefunden
wurde, während die übrigen in dieser Gegend entwickelten Gesteinscomplese der Salzformation als rother Thon, Sandsteine von Dobrotow
u. s. w. erst in grösseren Abständen von der oben erwähnten Formationsgrenze angetroffen werden. Abgesehen also von etwaigen anderen
Umständen würde die geschilderte Art des Auftretens der blaugrauen
Thone und des Steinsalzkörpers bei Delatyn dafür sprechen, dass diese
Gebilde daselbst das älteste Glied der Salzformation repräsentiren,
gerade entgegengesetzt der Zuber'schen Annahme.
Hiezu kommt noch die Anwesenheit zweier merkwürdiger Einlagerungen in die grauen Thone, welche Einlagerungen ihrer Natur
nach die Wahrscheinlichkeit eines relativ höheren Alters jener Thone
vermehren. Eine dieser Einschaltungen besteht in jener früher besprochenen Geschiebeschicht im Salzthone, welche als ein Analogon
oder doch als eine schwache Andeutung des Conglomerats von Sloboda
Rungurska betrachtet werden kann, welches letztere nach Z u b e r
stets, nach uns aber wenigstens oft oder zumeist den liegendsten
Bildungen der Salzformation angehört. Die zweite Einschaltung aber
besteht in jenen schiefrigen Lagen, die ihrer Petrographie nach ganz
an die der Menilitschiefer erinnern, und von welchen wir in unseren
älteren Studien auf Seite 69 [37] gesprochen haben. Herr Zuber hat
(1. c. pag. 354, Zeile 28) unsere diesbezügliche Beobachtung bestätigt.
Später, wie z. B. in meiner Mittheilung über das Petroleumvorkommen
von Dragomir (Verb., d. geol. R.-A. 1878) und an anderen Orten habe
lieh mich noch bestimmter, als dies in jener ersten Notiz geschah, über
uas Auftreten solcher Einlagerungen innerhalb der Salzformation und
über die Zusammengehörigkeit der betreffenden Bildungen geäussert.
Es liegt doch nun wohl nahe, dass solche petrographische Reminiscenzen
an die Menilitschiefer eher in den älteren, als in den jüngeren Gesteinsgliedern der Salzformation zu erwarten sind, und dass also das Vorkommen solcher Einlagerungen den damit verbundenen Thonen der
Salzformation ein älteres Gepräge gibt.
Endlich darf auch betont werden, dass die grauen Thone der
Salzformation bei Delatyn dort, wo sie an die Menilitschiefer grenzen,
ganz concordant mit denselben einfallen. Eine solche Uebereinstimmung
der Fallrichtung gerade an der kritischen Stelle gesteht sogar Herr
Z u b e r zu, trotzdem er sonst Beispiele von Streichungsrichtungen
innerhalb der Salzformation aufzählt, welche von der allgemein üblichen
Streichungsrichtung der Formationen in jener Gegend abweichen. Es
liegt also kein Grund vor zu der Annahme, dass etwa die jüngsten
Glieder der Salzformation über die älteren Glieder dieser Formation
41*
32Ö
Dr. Emil Tietze.
[42]
transgredirend übergreifen und dadurch ihre räumliche Stellung zunächst
den Menilitschiefern erhalten.
Herr Z u b e r gibt zwar an, an der Grenze von Menilitschiefern
und Salzformation eine Verwerfung beobachtet zu haben, indessen solange der Nachweis nicht geführt werden kann, dass eine derartige
Verwerfung einen Betrag hat, gross genug, um die Gesämmtmächtigkeit
der seiner Ansicht nach den grauen Thonen im Alter vorangehenden
Glieder der Salzformation in die Tiefe zu versenken, so lange wird
man jener Verwerfung ein weiteres Gewicht für die hier discutirte
Frage kaum beilegen können. Ueberdies ist Zuber's Darstellung
gerade für diesen Punkt nicht ganz frei von Unklarheiten.
Nachdem der Verfasser nämlich das Vorhandensein jener Verwerfungsspalte an der Grenze der besprochenen Formationen betont hat
(pag. 354 1. c), fährt er fort: „Auch im Streichen zeigt sich an der
Berührungsstelle dieser beiden Schichtensysteme eine bedeutende Discordanz". Eine Discordanz wäre nun aber an sich noch keine Verwerfung.
Ferner muss es andererseits auffallen, dass gerade hier die Nichtübereinstimmung der Streichungsrichtung der Salzformation gegenüber
der gewöhnlichen Streichungsrichtung der Menilitschiefer betont wird,
nachdem Herr Z u b e r kurz vorher von dem „gleichen Einfallswinkel
gegen SW dieser beiden Bildungen" gesprochen hat. Wie können
denn 2 Schichtsysteme gleichzeitig nach übereinstimmender Richtung
einfallen und in verschiedenen Richtungen streichen? Ich möchte also
in dieser Hinsicht erst eine erneute Untersuchung des Gegenstandes
abwarten, ehe ich mich entschliesse, der Auffassung Zuber's mit
grösserer Bereitwilligkeit entgegenzukommen. Die Gliederung der Salzformation im Sinne des genannten Autors ist vorläufig eine zu wenig
begründete, um allgemein für Ost-Gaüzien angewendet zu werden.
In Bezug auf eine der von Herrn Z u b e r herangezogenen Einzelheiten aus unserer Darstellung der Salzformation will ich aber zugestehen, dass sich dieser Autor im Recht befinden mag, das ist bezüglich der hieroglyphenführenden Gesteine inmitten der bunten Thone des
Lojowiecbaches. Da uns früher solche Gesteine mit so deutlichen
Hieroglyphen, wie sie sonst nur in den eigentlichen Karpathensandsteinen
vorkommen, aus dem Bereich der Salzformation unbekannt waren, trotzdem wir die vielen ausserdem bestehenden petrographischen Beziehungen dieser Formation zu den älteren Flyschcomplexen stets gewürdigt
hatten, so versuchten wir, jene anscheinende Anomalie provisorisch
durch einen Aufbruch älterer Schichten inmitten der Salzformation zu
erklären. Wir befanden uns damit sehr wahrscheinlich im Unrecht.
Als wir aber später bei Borystaw (siehe unsere neuen Studien
Jahrbuch 1879, p. 276) wiederum einer ganz ähnlichen Erscheinung
begegneten, wurde unsere erste Ansicht bereits schwankend und wir
gaben diesem Zweifel auch Ausdruck. Der Uebergang zu der heutigen, von Herrn Z u b e r bestimmter geäusserten Anschauung in dieser
Frage war also bereits gefunden.
Ferner darf man mit Dank anerkennen, dass die Kenntniss der
Umgebung von Sloboda Rungurska seit unserer ersten Arbeit über die
Karpathensandsteine bedeutende Fortschritte gemacht hat. Es hängt
dies mit den grösseren Erfolgen zusammen, welche der dortige Bergbau
[43]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
321
auf Petroleum in jüngster Zeit aufzuweisen hatte. Die Veranlassung
zu einem intensiveren Studium dieser Localität lag früher weniger
nahe. Docl mag es immerhin ein unverzeihlicher Fehler sein, dass
wir seinerzet nicht einige Tage mehr, als dies geschah, der interessanten Gfegend gewidmet haben. Bei wenig bekannten Gebieten
hängt es leder oft vom Zufall ab, ob man seine Zeiteintheilung genau
im Vcrhältiss der Wichtigkeit der einzelnen Tunkte trifft. Von allgemeinere» wissenschaftlichen Interesse schien uns damals die Auffindung der eigentümlichen Conglomerate von Sloboda Rungurska zu
sein und aehr noch daraus, als vielleicht aus dem Mangel an leicht
zugänglichtn Aufschlüssen lässt sich neben der Rücksicht auf die knapp
bemessen gewesene Zeit „ erklären, dass sogar scharfsinnige und geübte Geobgen, wie die Herren Bergrath Paul und Dr. T i e t z e , in
dem Thals von Sloboda rungurska gar nichts vorfanden ausser Schotter
und Congjomeraf. Es ist das Verdienst des Herrn Sz a i n o c h a,
der unmittelbar nach der Auffindung grösserer Oelmengen eine Reise
hierher uiternahm (Verhandl. geol. R.-A. 1881), hier zuerst einen Aufbruch älttrer Schienten unter der Salzformation constatirt zu haben
und das Verdienst des Herrn Z u b e r , uns noch weitere und genauere
Mittheiluigen über jene Schichten übermittelt zu haben, aus welchen
Mittheiluigen hervorgeht (1. c. pag. 359), dass sich die von S z a inocha angegebene Schichtenfolge des Eocäns n u r in den Bergbauen selbst constatiren lässt. Doch sind auch Aufschlüsse an der
Oberfläche vorhanden, welche von den genannten beiden Autoren aufgefunden wurden und welche Theile der in den Bergbauen gefundenen
Schichtenfolge zur Anschauung bringen. Diese Aufschlüsse hatten wir
gänzlich übersehen.
Herr P a u l , welcher Sloboda rungurska im Jahre 1876 bereits
vor unserer gemeinsamen Aufnahmsreise einmal besucht hatte, was uns
dann später wohl mitbestimmte, diese Gegend nur mehr flüchtiger zu
bereisen (ich selbst habe die Oelschächte daselbst nie besucht), hatte
noch in seiner neuesten Zusammenstellung der Petroleum- und ÖzokeritVorkommnisse Ost-Galizieus (Jahrb. d. geol. R.-A. 1881, pag. 165)
bieses Oelvorkommen der neogenen Salzformation zugerechnet. Die
Gesteine, die er früher auf den Halden der Oelschächte liegen gesehen
hatte, bestimmten ihn zu dieser Annahme und auch Herr Zuber sah
in der Nähe des Luczka-Flusses einige seichte Schächte in einem
grauen salzführenden Thon. Es scheint indessen, dass später die bergmännischen Arbeiten an jenen Punkten in tiefere Horizonte gelangten
und dass das spätere Material der Halden evident eoeänen und oligoeänen Schichten angehörte, deren Existenz bei Sloboda rungurska
heute nicht mehr bezweifelt werden kann, ebenso wie die durch: Sz ainoch a und Zuber verbürgte Thatsache, dass auch das Erdöl dort
jenen tieferen Horizonten angehört, wenigstens der Hauptsache nach
sehr wahrscheinlich ist. Der Umstand jedoch, dass nach der Angabe
Paul's in den obersten Gesteinslagen der Schächte auch etwas Ozokerit vorkam, also eine Substanz, die bisher vorzugsweise in den
neogenen Ablagerungen des karpathischen Gebietes gefunden wurde,
lässt vermuthen, dass zum kleineren Theile auch die Salzformation an
jenem Oelvorkommen betheiligt sein mag. Nach Zuber würde allerdings
322
Dr. Emil Tietze.
[44]
das Erdöl der Salzthone jener Gegend auf secundärer Lagerstätte sich
befinden und aus den Menilitschiefern stammen.
Solche Fälle, wo, wie hier, kleinere Partien einzelner sonst auf
unseren Karten ausgeschiedener Formationen bei den Aufnahmen übersehen wurden, werden vielleicht einigen unserer polnischen Fachgenossen in Galizien, welche im Anschluss an unsere Aufrahmen mit
Müsse sich kleinere Distrkte zur specialisirteren Nachuntersuchung
auswählen können, noch einigemale aufstossen und Veranlassung zu
interessanten Ergänzungen geben. Ich mache beispielsweee auf die
Gegend von Cisöw bei Bolechow aufmerksam, wo wir vermuthlich dem
System der Menilitschiefer einen etwas zu grossen Raum auf der
Karte gewährt haben. Durch aussei ordentlich ungünstiges Vetter gestört, konnte ich dort die Aufschlüsse am Sukiel nicht so genau verfolgen, wie dies vergleichsweise in den höheren Theilen desselben
Thaies thunlich war, und es fehlte die Zeit, später eine Revisionstour
daselbst vorzunehmen. Es ist mir indessen wahrscheinlich, wie dies
aber auch schon in den „neuen Studien" (pag. 238) angedeu;et wurde,
dass ältere Schichten, wie obere (eocäne) Hieroglyphenschithten und
auch massige Sandsteine der mittleren Gruppe der Karpathensandsteine
daselbst unter den Menilitschiefern hervorkommen. Das also wäre
wieder so ein Punkt, wo sich Jemand Verdienste sammeln kannte.
In ähnlicher Weise konnte Herr Z u b e r auch schon bei Delatyn
ein kleineres Vorkommen von oberen Hieroglyphenschichten unter den
Menilitschiefern an einer Stelle constatiren, wo uns dergleichen früher
entgangen war. (Siehe 1. c. pag. 353). Er fand diesen Aufbruch von
Eoeänschichten in der Nähe der Grenze der sonst bei Delatyn sich
meist unmittelbar berührenden oligoeänen Menilitschiefer und untercretacischen Ropiankaschichten. Es ist dies sicherlich eine höchst
ei wünschte Ergänzung der toDischen Geologie jener Gegend, inwiefern
jedoch damit unsere allgemeinen Vorstellungen in Bezug auf die Lagerungsverhältnisse der verschiedenen karpathischen Schichtensysteme
„und zumal auf ihre gegenseitige Stellung" alterirt werden können,
vermag ich nicht einzusehen.
Herr Z u b e r erblickt in seiner Beobachtung den „wichtigen!
Beweis, dass die Menilitschiefer den Eoeänschichten gegenüber keineswegs
ein unabhängiges Auftreten aufweisen".
Dass wir durchaus nicht eine völlige Unabhängigkeit des Auftretens der Menilitschiefer gegenüber den ihnen vorausgängigen Eocänbildungen annehmen können, geht wohl mit Evidenz aus der in unseren
„neuen Studien" so häufig betonten innigen, durch Uebergänge vermittelten Beziehung der betreffenden Bildungen hervor. Es wäre in
der That ermüdend, hier Alles diesbezügliche zu wiederholen, ich erinnere deshalb nur an die längere Auseinandersetzung dieser Frage in
den neuen Studien auf Seite 287 und 288. Herr Z u b e r , der ja
doch seinerseits auf unseren Arbeiten fusst, welche ihm ersparen, mit
seiner Erkenntniss der karpathischen Verhältnisse einen eigenen Entwicklungsgang in allen seinen Phasen bis zu dem heutigen Grade
dieser Erkenntniss durchzulaufen, hätte sich doch vorhalten sollen,
dass unsere älteren und unsere neuen Studien in der Sandsteinzone
ein zusammenhängendes Ganze bilden und dass man bei der Beurtheilung
[45]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
323
unserer Ansichten über die Geologie dieser Zone nicht einseitig irgend
einen Fassus unserer älteren Arbeit herausgreifen kann. Er konnte
darüber unterrichtet sein, dass eine relativ befriedigendere Auffassung
der den Menilitschiefern zunächst vorausgängigen Gebilde Ost-Galiziens
überhaupt erst in der diesbezüglichen Darstellung unserer neuen Studien
erlangt worden ist, und dass er andererseits durch Betonung einer gewissen
stellenweise engeren Verknüpfung der Menilitschiefer mit den älteren
Eocänbildungen nichts Neues aussprach.
Um aber auf den ganz speciellen Fall zu kommen, von dem
Zuber bei dieser Frage ausgeht, und um diesen Fall ganz an und für
sich zu betrachten, so finde ich gar nicht, dass die Beobachtungen
oder die Darstellung jenes Autors sich im wesentlichen Gegensatz zu
unserer diesbezüglichen Schilderung befinden, wie man aus der Form
des Ausdrucks bei Zuber herauslesen könnte.
Wir hatten das im Allgemeinen ja auch von Z u b e r bestätigte
Angrenzen der Menilitschiefer an die älteren Schichten des Karpathensandsteines bei Delatyn hervorgehoben, und weil wir ein absolut sicheres
Urtheil in dem gegebenen Falle nicht gewinnen konnten, so hatten wir
dann hinzugefügt: „Entweder sind daher die tieferen Eocänglieder hier
bei Delatyn verdrückt und erst in der Tiefe als vorhanden und gegen
die Kreide abstossend anzunehmen, oder sie existiren hier überhaupt
nicht mehr und die Fischschiefer haben ihnen gegenüber eine grosse
Unabhängigkeit des Auftretens." Herr Zuber aber hat an einer Stelle
seitlich von dem von uns beschriebenen Profil in der That die grünen
Mergel der oberen (eocänen) Hieroglyphenschichten unter den Menilitschiefern gesehen und dadurch bewiesen, dass ein Theil des älteren
Eocäns bei Delatyn wirklich vorkommt. Die Nummulitenschichten von
Pasiecznä aber, welche sich nur wenige Meilen weiter zwischen jene
grünen Mergel und die Menilitschiefer einschalten, hat auch er als
bei Delatyn bereits fehlend anerkannt. Durch seine Untersuchung ist
also nur erwiesen, dass die eine der beiden von uns zur Erklärung
jenes thatsächlichen Befundes zugelassenen Möglichkeiten eine Einschränkung erleidet. Die Annahme der anderen Möglichkeit jedoch ist
damit gewiss nicht als eine haltlose hingestellt worden, denn wenn
nach Herrn Z u b e r das Fehleu der zwischen den Menilitschiefern und
Ropiankaschichten sonst entwickelten Bildungen hier für eine Verwerfung spricht, was ja recht gut denkbar wäre, da wir selbst auch sonst
vielfach in den Karpathen das oberflächliche Aneinandergrenzen der
beiden besprochenen Complexe auf Verwerfungen zurückführen konnten,
so ist damit nur die erste der von uns hervorgehobenen Eventualitäten
von ihm adoptirt worden.
Herr Z u b e r schreibt nämlich, dass die betreffenden Verhältnisse
„eher für eine Verwerfung sprechen, als für die Auskeilung eines
Complexes", der wie die bewussten hier oberflächlich fehlenden Schichten
eine grosse Mächtigkeit und merkwürdige Constanz des Auftretens besitze. Die Sache liegt also einfach so, dass wir eine Frage offen
gelassen haben, die Herr Z u b e r jetzt als gelöst ansieht.
Ein directes Missverständniss waltet bezüglich unserer Ansichten
über den sogenannten Kliwa-Sandstein ob, welcher, wie Herr Zuber
(1. c. pag. 369) sagt, „als oberstes Glied des karpathischen Oligocäns
324
Dr. Emil Tietze.
[46]
betrachtet wurde*. Herr Z u b e r führt an, dass er diesen Sandstein in
der That am Kliwa-Berge bei Delatyn »wirklich auf die höheren Lagen
der Menilitschiefer- Gebilde beschränkt" gefunden habe, anderwärts aber
fänden sich analoge Sandsteine in den mittleren und sogar den unteren
Partien desselben Complexes. Mit gesperrtem Drucke, als das Resultat
dieser Betrachtung, setzt er dann hinzu: „Ich betrachte diesen Sandstein, wenigstens in den mir bekannten Gebieten, nicht als jünger als
die Menilitschiefer, sondern als eine gleichalterige rein locale Einlagerung
dieser Eocängebilde."
Nun bitte ich, mir doch die Stelle in unseren Arbeiten zu nennen,
wo wir diesen Kliwa-Sandstein als besonders ; c o n s t a u t e s Glied der
karpathischen Schichtenfolge aufgeführt, ja wo wir überhaupt den Namen
Kliwa-Sandstein gebraucht haben. Insofern sich die Darstellung des
Herrn Z u b e r an meine und Herrn Paul's Adresse richtet, kämpft
also dieser Autor gegen Annahmen, die uns ohne unser Zuthun untergeschoben wurden.
Wir sagen allerdings (Studien 1877, pag. 119) bei Besprechung
der Fische führenden Menilitschiefer : „In den höheren Lagen dieser
Fischschiefer stellen sich häufig Bänke eines weisslichen, sehr dünn
geschichteten Sandsteins ein, der a l l e r d i n g s nur local zuweilen
nach oben allein herrschend wird." Wir haben ja auch thatsächlich
bei Lubisznia unweit Delatyn am Kliwa-Berge, ferner in den Gegenden
von Bolechow und Perehinsko und an anderen Orten solche Sandsteine
in der obersten Position des Menilitschiefercomplexes beobachtet und
warum hätten wir derartige Thatsachen, welchen ja Herr Z u b e r nicht
widerspricht, verschweigen sollen? Wir betonten auch die Analogien,
welche solche Sandsteinentwicklungen zu dem Grodeker Sandstein
Schlesiens und zu dem Magurasandstein des ungarischen Abfalls der
Karpathen besitzen, ohne übrigens dabei an eine völlige Gleichstellung
mit den verglichenen Bildungen zu denken. Die Herren H. W a l t e r
(Durchschnitt in d. Mittelkarpathen, Jahrb. 1880, pag. 647) und Vacek
(Beitrag zur mittelkarpathischen Sandsteinzone, Jahrb. d. geol. R.-A. 1881,
pag. 204) haben später ganz ähnliche Beobachtungen unter Berufung
auf unsere Angaben mitgetheilt, und sie sind es, die den Ausdruck
K l i w a - S a n d s t e i n zuerst eingeführt haben.
Herr Paul und ich haben diesen Ausdruck höchstens hie und da
in Privätgesprächen fallen lassen, bei welchen Gelegenheiten ihn der
eine oder der andere Geolog gehört haben kann, ich würde es auch
nicht für ein grosses Unglück halten, wenn wir selbst schon so weit
gegangen wären, wie Herr Vacek und damit auch öffentlich eine
sich nicht selten in grösserer Selbstständigkeit markirende Abtheilung
oder Ausbildung des Menilitschiefercomplexes mit besonderem Namen
hervorgehoben hätten, wir hätten damit nur einer Anzahl unbestrittener
Beobachtungen Rechn ung getragen, aber wir haben das eben nicht
gethan und müssen desshalb alle Vorwürfe, die sich an einen derartigen
Vorgang eventuell hätten knüpfen lassen, als unbegründet zurückweisen.
Wenn wir nun jene besondere Markirung des „Kliwa-Sandsteines"
namentlich auch auf unseren Karten unterliessen, so geschah dies eben,
weil wir selbst, schon vor Herrn Zuber, von der nicht völligen Constanz der betreffenden Verhältnisse unterrichtet waren, so dass wir
[47]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
325
uns bei der Kartirnng unvermeidlich in mancherlei Unconsequenzen
oder Willkürlichkeiten hätten verwickeln müssen. Wir hatten eben
ähnliche oder doch, hier zu vergleichende Sandsteine, z. B. am Tartaren Pass in viel zu innigerer Verknüpfung mit den Menilitschiefern gefunden,
als dass wir dort einen sichern Grenzschnitt durch die betreffenden
Bildungen hätten ziehen können, wir hatten sogar bei Delatyn selbst
die Wechsellagerung der Menilitschiefer mit gewissen weisslichen dünn
geschichteten Sandsteinen und sogar die Unterlagerung der Schiefer
durch solche Sandsteine gesehen und haben das auch beschrieben
(pag. 75 u. 76 1. c ) , und ebenso wussten wir, dass bisweilen die
Menilitschiefer nach oben zu eine derartige grössere Sandsteinentwicklung überhaupt nicht zeigen, desshalb eben betonten wir in der oben
citirten Stelle ausdrücklich, dass die Ueberlagerung der schiefrigen
Theile des Menilitschiefercomplexes durch solche Sandsteine „nur local"
sei. Wenn sich endlich Herr Z u b e r die Mühe geben will meine Mittheilung über einige Flyschbildungen (Verhandl. geol. B.-A. 1881,
pag. 281—288) nachzulesen, wo ich mich über die Schwierigkeit einer
allgemein durchführbaren Gliederung der Menilitschiefer besonders
ausgesprochen habe, so wird er finden dass er kaum nöthig gehabt
hätte, seine Meinung in dieser Frage durch gesperrten Druck hervorzuheben.
In der soeben citirten Mittheilung habe ich mich auch bereits
über das Auftreten grüner Conglomerate und Breccien in verschiedenen
Abtheilungen der Sandsteinzone Ost-Galiziens geäussert und gezeigt,
dass wir selbst in unseren Arbeiten keineswegs eine Beschränkung
solcher Conglomerate auf einen bestimmten cretacischen Horizont angenommen hatten. Wenn nun Herr Zuber beispielsweise sagt, dass
solche Conglomerate auch in den eocänen oberen Hieroglyphenschichten
vorkommen, so kann er bereits in unseren älteren Studien (pag. 64,
Zeile 8) von Conglomeratlagen lesen, welche wir in dem „Complex
von thonigen grünen Mergeln und Sandsteinen" von Pasieczna fanden.
Diese Schichten wurden bereits bei ihrem ersten Antreffen von uns für
eocän erklärt und später in den „neuen Studien" ausdrücklich den
oberen Hieroglyphenschichten beigezählt. Dass dies nicht schon früher
geschah, ist desshalb begreiflich, weil wir, Herr P a u l und ich, überhaupt erst in den „neuen Studien" die Bezeichnung „obere Hieroglyphenschichten" eingeführt haben.
Unsere Ansichten über diese letzteren, wie über andere Glieder
der Sandsteinzone haben sich eben bei Erweiterung unserer Beobachtungen nach und nach, und zwar zu unserer Befriedigung ohne das
Hervortreten wesentlicher Widersprüche entwickelt; in unseren Detailbeschreibungen lässt sich der Gang dieser Entwickelung für Jedermann
erkennen. Da wäre es ja erklärlich, wenn manchmal Anfangs gewissen
localen Erscheinungen ein etwas grösserer Werth beigelegt wurde, als
dies später gerechtfertigt schien, wer aber an unseren Arbeiten Kritik
übt, sollte wohl dieselben in ihrer Gesammtheit berücksichtigen und sich
nicht an einzelne herausgegriffene Stellen unserer ersten Studien halten.
Es ist richtig, dass wir ein grünes Breccienconglomerat bei
Delatyn mit einem solchen von Pasieczna verglichen haben, wie Herr
Z u b e r hervorhebt. Es ist auch richtig, dass wir dieses Conglomerat,
Jahrbuch d. k. k. geol. BelohianBtslt. 188B. 33. Band. 2. Heft. (Emil Tletae.)
42
326
Dr. Emil Tietze.
[48]
worin uns übrigens dieser Autor beipflichtet, zur Kreide gestellt haben.
Da nämlich ähnliche Conglomerate, sofern sie im Eocän sich befinden,
in anderen Ländern gern Nummuliten enthalten, so schien uns das
Fehlen dieser Foraminiferen im Hinblick auf die sonstige Petrefactenführung des Conglomerates ein nicht unwichtiges negatives Moment
bei Bestimmung des Alters zu sein. Es mag auch sein, dass wir anfänglich der Bedeutung des Auftretens solcher Conglomerate innerhalb
der älteren Karpathensandsteine zu viel Gewicht beigelegt haben, obschon wir noch an anderen Punkten in ähnlichem Horizont ähnliche
Conglomerate beobachteten, aber es ist nicht zutreffend, dass wir, wie
man nach Zuber's Ausdrucksweise glauben könnte, „das besagte
Conglomerat" als „nur an die oberen Lagen der Ropiankaschichten
gebunden" erachtet haben, während es sich doch in diesen Schichten,
wie Z u b e r hervorhebt, „mehrfach wiederholt". Man liest vielmehr
ganz deutlich in unserer Arbeit (1877, 1. c. pag. 78. Zeile 6), dass
„augenscheinlich mehrere Lagen ähnlicher Art in dieser Formation
vertheilt" sind. Ich sehe also da keine so wesentliche Differenz
zwischen unserer Darstellung und der Ansicht Zuber's. Wir haben
nicht einmal das Conglomerat von Pasieczna, welches dort im unmittelbaren Liegenden der Eocänschichten entwickelt ist. und welches
wir allerdings bei Besprechung der Verhältnisse von Delatyn zum Vergleich herangezogen haben, mit dem grünen Brecciencouglomerat aus
den Delatyner Bopiankaschichten „identificirt", wie Herr Zuber angibt. Wir konnten das gar nicht, da wir jenes Conglomerat von
Pasieczna (1. c. pag. 65) als im Hangenden des massigen Sandsteines
der mittleren Gruppe der Karpathensandsteine befindlich beschrieben
und andererseits das Conglomerat von Delatyn den unteren Karpathensandsteinen zurechneten. Hier liegt wieder eines jener Missverständnisse vor, welche den Aufsatz des Herrn Z u b e r in so eigentümlicher
Weise charakterisiren. Der Wahrheit entspricht nur, dass wir beide
Conglomerate der Kreide zurechneten, aber zwischen Kreide und
Kreide ist denn doch je nach den verschiedenen Horizonten dieser
Formation auch in Galizien ein Unterschied.
Solche Fragen jedoch, wie die nach der verschiedenen ödes
mannigfaltigeren Vertretung grüner Conglomerate in den cretacischen
Schichten der Karpathen, treten scheinbar an Wichtigkeit noch zurück
gegenüber der von Z u b e r aufgeworfenen Frage, ob denn die von
Paul und mir vorgeschlagene Zweitheiluug der ostgalizischen Sandsteinfacies der karpathischen Kreide nicht besser einer Dreitheilung
Platz mache.
Ich muss gestehen, dass es mir im Princip völlig gleichgültig ist,
ob man den bewussten Schichtencomplex in zwei, drei oder in noch
mehr Theile eintheilen will. Das kann man ganz beliebig thun, wer
die ganze Kreide in den Karpathen und zwar in jedem Durchschnitt
derselben als vorhanden annimmt, kann sogar ebenso viele Schnitte
durch den bewussten Sandsteincomplex legen, als man vertical aufeinander folgende Abtheilungen der Kreideformation in anderen Ländern
kennt oder zu machen im Stande ist. Die Frage ist nur, was nützt
das, ist jeder andere Geolog in der Lage solche Abtheilungen, wo
[49]
Beiträge zur Geologie von Galizien.
327
nicht überall, so doch in den meisten Fällen in der Natur wiederzuerkennen, und wie kommt man bei weiter getriebenen Eintheilungen
mit der geologischen Aufnahme grösserer Gebiete zurecht ? Lassen sich
diese Fragen in günstigem Sinne entscheiden, dann werde ich gern
die Aufstellung einer jeden neuen Unterabtheilung als wesentlichen und
wichtigen Fortschritt anerkennen.
Wie aber die Dinge in unserem Falle heute stehen, vermag ich
nicht einzusehen, inwiefern die diesbezügliche Auffassung Zuber's
gegenüber unserer alten Darstellung im Vortheil ist.
. Herr Z u b e r schreibt: „Was die Dreitheilung der karpathischen
Kreide betrifft, so habe ich mich vielfach überzeugt, dass sich dieselbe
viel consequenter und natürlicher durchführen'!' lässt, wie die bisher
übliche Zweitheilung in unteren und mittleren Earpathensandstein.
Besonders waren es die von Professor E r e u t z zuerst ausgeschiedenen
p l a t t i g e n Sandsteine, die fast überall in den Ostkarpathen mächtige
Complexe bilden und einmal den unteren, ein andermal den mittleren
Earpathensandsteinen zugetheilt wurden."
Herr Professor E r e u t z hat nun allerdings, als er im Verein
mit Herrn Z u b e r nach unseren Aufnahmen bei Schodnica Untersuchungen anstellte, solche plattige Sandsteine ausgeschieden. Es darf
aber wohl hervorgehoben werden, dass uns die Existenz dieses Sandstein-Typus ebenso wohl bekannt war, als dies z. B., wie wir sahen,
bei den verschiedenen Gesteinsvarietäten innerhalb der Salzformation
der Fall war, dass also ähnlich wie dort durch die Beobachtungen
unserer Nachfolger neue, früher übersehene Thatsachen von principieller
Bedeutung nicht zu Tage gefördert wurden.
Aus der Darstellung Zuber's geht hervor, dass er diese plattigen
Sandsteine als liegende Abtheilung der höheren des massigen Sandsteines von Jamna, der in Ost-Galizien für die mittlere Gruppe sehr
bezeichnend ist, gegenüberstellt. Nun aber haben wir bereits in den
älteren Studien wiederholt von relativ minder dick geschichteten Sandsteinbänken gesprochen, welche oft unter dem Jamna-Sandstein hegen,
und die wir gleich diesem zu unserer mittleren Gruppe rechneten.
Wir schrieben z. B. in der zusammenfassenden Betrachtung dieser
Gruppe (1. c. pag. 117), dass dieselbe im Wassergebiet des Pruth
„ziemlich constant in drei Glieder zerfalle", deren mittleres der massige
Sandstein sei. Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass wir local mit
dem oberen jener drei Glieder noch Theile der eocänen erst später
genauer von uns präcisirten oberen Hieroglyphenschichten vermengten,
und wir haben die localen Schwierigkeiten dieser Abgrenzung nach
oben schon damals betont, jedenfalls aber war uns eine Gliederung
bekannt und wir hatten die zunächst unter dem massigen Sandstein
und andererseits über den Ropiankaschichten liegenden Bildungen doch
bereits, wo es anging, getrennt hervorgehoben. Ob uns überall eine
scharfe Grenzlinie dieser Bildungen auch nach unten gegen die
Ropiankaschichten zu ziehen geglückt ist, lassen wir dahingestellt. Es
wird sich da Niemand ganz von Willkürlichkeiten freihalten können,
aber es tangirt doch die allgemeine Auffassung unserer Gliederung
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Dr. Emil Tietze.
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wenig, ob hie und' da irgend eine nicht durch besondere Eigentümlichkeiten charakterisirte Gesteinsbank an der Grenze zweier Sandsteincomplexe nach unten oder nach oben hingezogen wurde. Man
braucht aber beispielsweise nur unsere Beschreibung der Stelle zu
lesen, wo der Pruth bei Jaremcze einen Wasserfall bildet (1. c. pag.
81 und 82), um zu sehen, dass uns die stellenweise Einschaltung eines
im Ganzen von seinem Hangenden wie Liegenden abweichenden Gesteinscomplexes zwischen dem Jamna-Sandstein und den Ropiankaschichten ganz gut schon vor 6 Jahren zum Bewusstsein gekommen war.
Es hiesse die Geduld der mit unseren Arbeiten über die Karpathensandsteine vertrauteren Leser ungebührlich in Anspruch nehmen, wollten
wir die lange Auseinandersetzung reproduciren, welche wir dann in
unseren neuen Studien (1879, pag. 289) ganz speciell der Gliederung
und den Faciesverhältnissen der mittleren Gruppe gewidmet haben.
Die Eintheilung, wie sie jetzt Herr Zuber vorschlägt, mit dem Jamnasandstein oben und mit einem Complex dünngeschichteter Sandsteine
mit Schiefern unten, ist dort in unzweideutiger Weise bereits discutirt,
in mehreren Fällen ist ausserdem im Verlauf der Beschreibung einzelner
Durchschnitte das diesbezügliche Verhältniss geschildert worden.
Es hätte uns bei Beschränkung der Aufnahme auf kleinere Gebiete
wohl nicht schwer fallen können, auf den Karten den massigen Sandstein dort, wo er nach unseren eigenen Beobachtungen im Hangenden
einer dünner geschichteten Gesteinsentwicklung auftritt, wie z. B. am
Forsthause oberhalb Ober-Demnia (1. c. pag. 253) oder unterhalb der
Einmündung der Eamionka in die Orawa (I. c pag. 270) von den
liegenden Bildungen der mittleren Gruppe zu trennen, wir haben das
aber nicht ganz ohne Berechtigung unterlassen. Wir glaubten nämlich
Grund zu der Annahme zu besitzen, dass die beiden in Discussion
stehenden Schichtcomplexe nicht überall in gleichwerthigem Sinne als
vertical aufeinanderfolgende Formationsglieder zu betrachten seien. Wir
schrieben z. B. bei der Besprechung der Gegend zwischen Sopot und Maidan
(neue Studien 1. c. pag. 250): „Zwischen den Bergen Pomicki und Na
Korbach schneidet man zunächst die Sandsteingebilde der mittlere1
Gruppe, welche theils noch etwas den Charakter des massigen Sandsteines von Jamna an sich tragen, welchen sie ein Stück weiter südöstlich bei Unter-Demnia am Opor in ihrer Streichungsfortsetzung noch
sehr kenntlich zur Schau tragen, theils aber aus plattig geschichteten
Bänken bestehen, wie sie die Erscheinungsform dieser Sandsteingruppe
in den Quellgebieten des Opor und des Stryi vorstellen, worauf wir
später noch zurückkommen.. Diese evident statthabende Verquickung
beider Sandsteintypen in dem Sandsteinzuge zwischen Unter-Demnia
und Sopot ist eine für die Auffassung der Faciesveränderungen der
mittleren Karpathensandsteine sehr wichtige Thatsache." Wiederholt
haben wir ausserdem auf die Erscheinung hingewiesen, dass dort, wo
eine Abnahme der Mächtigkeit des massigen Jamna-Sandsteins stattfindet, eine Zunahme der Mächtigkeit der übrigen verschieden ausgebildeten, zum Theil auch aus plattigen Sandsteinen bestehenden
Schichten der mittleren Gruppe damit Hand in Hand geht. Die
Möglichkeit, dass man einmal zu einer bestimmteren Differenzirung
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Beiträge zur Geologie von Galizien.
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dieser Gebilde gelangen könnte, schwebte uns freilich bereits vor, wie
wir denn in einem rein oberflächlichen Vergleich dabei an den Godulaund an den Istebna-Sandstein H o h e n e g g e r s in Schlesien erinnerten,
aber es lag gar kein sicherer Anhaltspunkt vor, .um vorläufig solchen
Parallelen einen bestimmten Ausdruck zu geben.
Die Einwände, die man Herrn Zuber bezüglich seiner Eintheilung der mittleren Gruppe machen kann, sind also ungefähr
ähnlicher Art, wie die Vorstellungen, welche dieser Autor gegen die
Lostrennung des Kliwa-Sandsteins von den Menilitschiefern (gleichsam
gegen einen supponirten Feind) erhoben hat.
Wollte man allen verschiedenen Abänderungen der Karpathensandsteine bei einer sehr detaillirten Aufnahme grösserer Strecken
gerecht werden, wollte man demzufolge eine Karte entwerfen, auf
welcher gleichzeitig die sicher bestimmbare verticale Gliederung und
der Wechsel der sich vertretenden petrögraphischen Erscheinungsformen
in diesem Schichtcomplex zum Ausdruck gebracht würde, so wäre das
gewiss eine höchst dankenswerthe Leistung. Sie würde nur denselben
Schwierigkeiten begegnen, welche sich allen ähnlichen Aufgaben entgegenstellen, und man könnte, sofern man diesen Schwierigkeiten nicht vollständig gewachsen ist, das-Studium unserer Sandsteinzone mehr verwickeln, als fördern.
Wir finden es desshalb noch immer zweckmässig, dass wir dem
Bedürfniss nach Unterabtheilungen in der Sandsteinzone zunächst auf
den Karten nur in beschränkterem Masse Rechnung getragen haben,
denn was auf den Karten nicht zum Ausdruck gebracht werden konnte,
wurde nach Thunlichkeit in den Beschreibungen ergänzt und hervorgehoben.
Weitergehende Unterabtheilungen haben sich bis jetzt immer als
nur local durchführbar herausgestellt. Herr Vacek glaubte z. B.
innerhalb der Ropiankaschichten 2 Stufen unterscheiden zu können,
und war wohl auch in den von ihm besuchten Gebieten dazu berechtigt.
Herr Z u b e r hat dagegen gefunden, dass man bezüglich der Verschiedenheiten innerhalb der Ropiankaschichten nur von Facies- und
n i c h t von Niveauunterschieden sprechen dürfe, und scheint sich damit
gegen Vacek's Ausführungen zu wenden, da in unseren eigenen
Arbeiten eine durchgreifende Theilung der Ropiankaschichten nirgends
versucht wurde. Es könnte auch Jemanden einfallen, die Conglomerate
im Liegenden des massigen Sandstein von Urycz, Jamielnica und
Synowudzko besonders auszuscheiden, bei deren Erwähnung Herr
Z u b e r sich auf einen jüngst von ihm im Verein mit Professor K r e u t z
in polnischer Sprache publicirten Aufsatz beruft, und welche wir in
den neuen Studien (1. c. pag. 246 u. 250) ebenfalls bereits zu constatiren
Gelegenheit gebabt hatten, allein so lange man nicht anzugeben vermag,
welchen Sandsteinbänken dieselben anderwärts entsprechen, solange
wäre damit für die allgemeine Gliederung nichts gewonnen.
Ich bitte, mich nicht etwa wieder misszuverstehen. Ich bin im
Princip gar nicht gegen das Ausscheiden solcher durch besondere
Merkmale leicht kenntlicher Bildungen eingenommen, in manchen
Fällen, wo man, wie z. B. bei unserer bosnischen Flyschentwicklung
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Dr. Emil Tietze.
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noch nicht in der Lage ist, eine auf die Verschiedenheit der Altersstufen basirte Gliederung allgemein durchzuführen, kann es sehr nützlich
sein, wenigstens durch Bezeichnung leicht wiedererkennbarer petrographischer Ausbildungen für ein späteres Studium Anhaltspunkte zu
schaffen. Inwieweit man dabei bei seinen Ausscheidungen auf einer
Karte in dem einen Falle mehr einer verticalen Aufeinanderfolge, in
dem andern mehr beteropischen Verschiedenheiten Rechnung trägt,
wird Sache des geologischen Tactgefühls sein, aber man muss sich über
die jeweilige Bedeutung seines Vorgehens klar sein und nicht glauben,
gegliedert zu haben, wo man Facies unterschieden hat.
Meine Auseinandersetzung über Herrn Zuber's Aufsatz ist lang
geworden, länger, als dies vielleicht im Hinblick auf alle hier in Frage
kommenden Factoren erforderlich war, ich werde mich wohl auch in Zukunft nicht viel auf weitere Erörterungen über die hier discutirten
Dinge einlassen, aber für die weniger mit unseren Arbeiten vertrauten
Leser schien es nicht überflüssig, darzulegen, inwiefern die Kritik,
welche Herr Zuber an unseren Arbeiten übte, zutreffend war oder
nicht, inwiefern wir in diesen Arbeiten vielleicht nur eine schöne Darstellung der verschiedenen angetroffenen Gesteinsvärietäten geliefert
hatten, und inwieweit die von jenem Autor gewonnene Anschauung der
karpathischen Lagerun gs Verhältnisse von der unseren abweicht oder über
dieselbe in wesentlichen Funkten hinausgeht.
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