Friedrich-Schiller-Universität Jena Geographisches Institut Wintersemester 2004/2005 Seminarleiter: Dr. Martin Herold Seminar: Analyse und Modellierung räumlicher Daten Thema: Landschaftsmaße: Konzepte und Arten von Landschaftsmaße mit Anwendungen aus Landschaftsökologie und Stadtgeographie Vorgelegt von: Iris Sossna Dornburgerstr. 15. 07743 Jena [email protected] Inhalt 1 Einleitung ............................................................................................................................ 1 2 Landschaft und Landschaftsökologie .................................................................................. 1 3 Grundlagen und Konzepte der quantitativen Landschaftsökologie .................................... 2 3.1 Notwendigkeit und Ansatz quantitativer Methoden der Landschaftsökologie ................ 3 3.2 Quantifizierung mit Landschaftsmaßen ........................................................................... 4 3.3 Fernerkundungsdaten als Datengrundlage ....................................................................... 6 3.4 Bezugsräume der Landschaftsanalyse .............................................................................. 7 3.5 Anforderung an Landschaftsmaße.................................................................................... 8 3.5.1 Patchmaße ................................................................................................................. 9 3.5.2 Flächenmaße.............................................................................................................. 9 3.5.3 Kantenmaße ............................................................................................................... 9 3.5.3 Formmaße.................................................................................................................. 9 3.5.4 Kernflächenmaße .................................................................................................... 10 3.5.5 Distanzmaße ............................................................................................................ 10 3.5.6 Diversitätsmaße ....................................................................................................... 11 3.5.7 Contagion- und Interspersionmaße ......................................................................... 11 3.6 Interpretation von Landschaftsmaßen und deren Grenzen ............................................. 12 3.7 Anwendungsbereiche ..................................................................................................... 14 3.7.1 Anwendung der Landschaftsmaße in der Landschaftsökologie .............................. 15 3.7.2 Anwendung der Landschaftsmaße in der Stadtgeographie ..................................... 16 4 Schlussbetrachtung ............................................................................................................ 17 Literatur ................................................................................................................................. 18 Internetliteratur................................................................................................................... 19 I 1 Einleitung Der Landschaft ist heute durch einen noch nie da gewesnen Landschaftswandel charakterisiert. „Verstädterung, Aus- und Neubau von Infrastruktureinrichtungen oder Ausweitung agrarischer Anbaugebiete haben eine flächenhafte Umwandelung von naturnahen Gebieten in Siedlungs- und Agrarflächen zur Konsequenz“ (MENZ 1998:106). Aktuell beschäftigt sich insbesondere die Landschaftsökologie mit der quantitativen Erfassung des Landschaftswandels mit Hilfe von Landschaftsmaßen. Zu Beginn der Arbeit soll die Landschafsökologie als Forschungsrichtung, Grundbegriffe und Konzepte der quantitativen Landschaftsökologie sowie die Notwendigkeit der quantitativen Methoden in der Landschaftsökologie vorgestellt werden. Darauf aufbauend, soll die Quantifizierung mit Landschaftsmaßen, die Anforderungen an die Maße selbst, deren Datengrundlage sowie den Bezugsraum für die Berechnung der Landschaftsmaße erläutert werden. Abschließend wird auf die Schwierigkeiten der Interpretation sowie die konkrete Anwendung der Landschaftsmaße eingegangen. 2 Landschaft und Landschaftsökologie Die Landschaft ist nach LESER (2001:25) als Landschaftsökosystem definiert, welches als „hochkomplexes Wirkungsgefüge von physiogenen, biotischen und anthropogenen Faktoren, die mit direkten und indirekten Beziehungen einen übergeordneten Funktionszusammenhang bilden“ zu verstehen ist. Der Fachbereich Landschaftsökologie, welcher erstmals durch TROLL 1939 in der Literatur benannt wurde und folglich eine relativ junge Wissenschaft ist, beschäftigt sich mit dem gesamten „in einem bestimmten Landschaftsausschnitt herrschenden komplexen Wirkungsgefüge(...) zwischen den Lebensgemeinschaften (Biozönosen) und ihren Umweltbedingungen“ (BASTIAN 2001:41). Die Wurzeln der Landschaftsökologie liegen in Europa. In diesem Raum wurde die Forschungsrichtung stark durch systemorientierte Ansätze dominiert. In den 80er Jahren entwickelte sich in Nordamerika eine neue Arbeitsrichtung, die quantitative Landschaftsökologie. Bei diesem Ansatze steht die räumliche Struktur eines Landschaftsmosaiks und deren quantitative Erfassung im Mittelpunkt der Betrachtung. Bedingt durch die explizit, räumliche Betrachtungsweise zeichnet sich diese Forschungsrichtung sich durch einen verstärkten Einsatz von GIS und Methoden der Fernerkundung aus und stellt dadurch zahlreiche Analysemethoden bereit, die insbesondere für die praktische Landschaftsplanung und Biodiversitätsforschung interessant sind. Im deutschsprachigem Raum wurde erst später dieser Entwicklung Aufmerksamkeit geschenkt, weshalb Arbeiten nordamerikanischen Autoren das Themengebiet dominieren (BLASCHKE 2000: 271ff). Allgemein handelt es sich bei der Landschaftsökologie mehr um einen theoretischen Ansatz, der die ökologischen Prozesse betont. Auf Grundlage dieses Ansatzes, können dennoch eine Vielfalt von Anwendungen entwickelt werden (TURNER 1989:173). 1 3 Grundlagen und Konzepte der quantitativen Landschaftsökologie Die quantitative Landschaftsökologie versteht die Landschaft als Mosaik, welches sich aus vielen kleinen Einheiten zusammensetzt, den sogenannten Landschaftselementen bzw. Patches. Patches sind in Hinblick auf ihre Eigenschaften relativ homogene Einheiten und grenzen sich somit durch ihre Merkmale zu anderen Landschaftselementen ab. Für den Begriff „Patches“ könnten im deutsprachigen Raum auch Ökotop, Biotop, Physiotop oder auch Fliese verwendet werden. Allerdings hat sich der Begriff Patches durchgesetzt, weil er auf allen Betrachtungsebenen und alle geltenden Rahmenbedingungen einheitlich verwendet werden kann. In den meisten Anwendungen repräsentieren Patches ein bestimmtes Habitat, bzw. eine Landschaftsbedeckungseinheit, wie z.B. eine Wiese, ein Feld oder ein zusammenhängendes Waldstück (BLASCHKE 1999:9ff). Die Anordnung der Patches ergibt im untersuchten Landschaftsausschnitt eine spezifische räumliche Heterogenität, das Landschaftsmuster bzw. Mosaik und bildet so die Gesamtlandschaft. Unter Heterogenität versteht GUSTAFSON (1998:144) die Komplexität und die Variabilität der Systemeigenschaften in Raum und Zeit. Patches werden in Klassen eingeteilt, wobei die Klasse die Gesamtheit aller Patches gleichen Typs umfasst. Beispielsweise können der Klasse Wald verschiedene Waldtypen, die einem bestimmten Patch entsprechen zugeordnet werden (LAUSCH & MENZ 1999:186). In der anschließenden Abbildung 1 sind diese beschriebenen räumlichen Einheiten (Landschaft, Klasse und Patch) veranschaulicht. Landschaft: Klasse (1,2): B Patches (A,B,C) B A C A C Abb.1: Die räumlichen Einheiten: Patch, Klasse, Gesamtlandschaft (Quelle: verändert nach LAUSCH & THULKE 2001:117) In der Landschaftsökologie wird die Landschaft aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet, nach ihrer Struktur, Funktion und Dynamik. Die Struktur bezieht sich auf die räumlichen Eigenschaften von Elementen des Ökosystems und ihre räumliche Beziehung innerhalb der Landschaft. Es ist eine Beschreibung der Verteilung von Energie, Material und Organismen in Bezug auf ihre Größe, Form, Zahl, Typ, Zusammensetzung und Anordnung. Die Funktion beschreibt die bestehende Interaktion zwischen räumlichen Elementen von Ökosystemen, was sich in dem Fluss von Energie, Material und Organismen ausdrückt. Die 2 Änderung der Struktur und Funktion der Landschaft über die Zeit ist unter dem Begriff Dynamik zu verstehen (LAUSCH & THULKE 2001:114). Darüber hinaus wird in der Landschaftsökologie davon ausgegangen, dass zwischen den drei Komponenten eine Wechselbeziehung besteht, wie in der anschließenden Abbildung 2 dargestellt wird. Weiter zeigt die Abbildung die Grundcharakteristika der Landschaft, in Beziehung zur Landschaftsstruktur und dessen Erfassung auf. Abb.2: Grundcharakteristika der Landschaft sowie ihre Erfassung mit Hilfe von Landschaftsstrukturmaßen (Quelle: LAUSCH & MENZ 1999:188) Der Holismus betrachtet den hierarchischen Charakter einer Landschaft und versteht die „Umwelt als eine Stufenfolge von Ganzheiten, bei der jede Ganzheit die unter ihr stehende Ganzheit integriert, aber stets mehr ist als deren Summe“ (BLASCHKE 1999:10). Das bedeutet, je nach Betrachtungsmaßstab können die Landbedeckungen und Elemente einer Landschaft detailliert gegliedert werden und sind selbst wiederum Bestandteil größerer Zusammenhänge. Auf diese Weise lassen sich zuvor nicht fassbare Eigenschaften erschließen und stellt folglich ein zentrales Konzept der Landschaftsökologie dar. 3.1 Notwendigkeit und Ansatz quantitativer Methoden der Landschaftsökologie In Anbetracht des menschlichen Eingriffs in die Landschaft unterliegt diese einem immer schnelleren Wandel und den damit verbundenen Umweltproblemen (gestörtes Verhältnis zwischen Prozessen und Struktur). Insofern erscheint es sinnvoll die Struktur, die Funktion 3 sowie die Dynamik der Landschaft zu quantifizieren. Der Einfluss des Menschen auf die Landschaft drückt sich dabei in den linearen Formen der Landschaft aus, wie Ackerstreifen, Straßen und Korridore. In Bezug auf die auftretende Flora und Faune stehen folgende Aspekte im Mittelpunkt der Betrachtung: Isolation, Fragmentierung, Netzwerk von Habitaten, Formbestimmung, Biotopquantifizierung, Ökotone, Korridore, Barrieren und Verbreitung von Pflanzenarten (LAUSCH & THULKE 2001:114f). Folglich macht die Erfassung und Beschreibung räumlich dynamischer Prozesse „den Einsatz neuer quantitativer Methoden und Bewertungsansätze notwendig, mit deren Hilfe Raumstrukturen erfasst, quantifiziert und dargestellt werden können“ (LAUSCH & MENZ 1999:185). Zur Beschreibung der Struktur von Landschaftselementen dienen Landschaftsmaße (LSM). Als Grundeinheit der Analysen wird die kleinste abzugrenzende Einheit herangezogen, das Patch. LSM versuchen die Landschaftselemente hinsichtlich ihrer Form und Gestalt, Verteilungsmuster, ihrer Komplexität, Anordnung sowie Zusammensetzung zu einem bestimmten Zeitpunkt strukturanalytisch auszuwerten und zu beschreiben, worauf im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird (LAUSCH & MENZ 1999:186). Weil das Landschaftsmuster als Ergebnis von komplexen Interaktionen zwischen physikalischen, biologischen und sozialen Kräften zu sehen ist, müssen LSM zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten abgeleitet werden (TURNER 1989:174). In Verbindung mit der inzwischen vorangeschrittenen Anwendung von Geographischer Informationssysteme (GIS) und Fernerkundung „wird der quantitativen Erfassung von Maßen zu Landschaftselementen und der Landschaftsstruktur mehr Aufmerksamkeit zuteil“ (WALZ 1999:3). Mit dieser Entwicklung wurde der Analyse von Landschaftszusammenhängen ein riesiges Potential eröffnet. 3.2 Quantifizierung mit Landschaftsmaßen Als Datengrundlage für die Berechnung der LSM dienen zweidimensionale Raster- oder Vektorbilder, welche das Landschaftsmuster einer Landschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt repräsentieren. Gewonnen werden diese Bilder aus der Fernerkundung, wobei diese Daten vor der Berechnung erst klassifiziert werden müssen (MENZ 1998:108). Für die Quantifizierung der räumlichen Heterogenität auf Basis thematischer Karten wurde eine Vielzahl von LSM entwickelt. Diese Indizes lassen sich in zwei Kategorien gliedern: a) in Maße der räumlichen Zusammensetzung, ohne Bezug zu räumliche Eigenschaften und b) in Maße der räumlichen Anordnung, welche für die Berechnung auf räumliche Informationen angewiesen sind (MCGARIGAL 2002:1137). Die Zusammensetzung lässt sich relativ einfach quantifizieren und bezieht sich auf die Vielfalt der Nutzungsarten einer Landschaft. Sie berücksichtigt aber nicht den räumlichen Charakter, die Platzierung oder die Lage von Patches im Mosaik. Der prozentuale Anteil einer Klasse zur Gesamtfläche, die Eigenschaften von jeder Klasse und die Verschiedenheit in Bezug auf die Anzahl unterschiedlicher Patches und das relative Vorkommen von unterschiedlichen Patchtypen sind typische LSM für diese Kategorie (MCGARIGAL 2002:1137). 4 Die räumliche Anordnung ist schwieriger zu quantifizieren, weil sie den räumlichen Charakter, Anordnung und Position der einzelnen Nutzungseinheiten in die Berechnung mit einbezieht (MCGARIGAL 2002:1137). Hier erfolgt die Beschreibung der räumlichen Eigenschaften einmal in Bezug auf den Charakter der Patches, wie zum Beispiel die Patchgröße und -dichte oder andererseits auf die räumliche Beziehung innerhalb einer Menge von verschiedenen Patches. Das bedeutet, die Nachbarpixel bilden durch die Berechnung der Lagebeziehungen, wie die Distanz zum nächsten Nachbarn, den Mittelpunkt der Betrachtung (GUSTAFSON 1998:147). Auf jeder Ebene (Patch, Klasse und Landschaft) existieren eine Vielzahl an Indizes zur Berechnung der Landschaftsstruktur. Der Großteil der Maße wurde von LI & REYNOLDS 1995, RIITTERS & ANDERE 1995 sowie MCGARIGAL & MCCOMB 1995 entwickelt (GUSTAFSON 1998:150). In der Tabelle 1 wird nach BLASCHKE (2000:285f) eine Auswahl an verschiedenen Maßen zur Beschreibung der Landschaftsstruktur, sortiert nach inhaltlichen Kategorien, zusammengefasst. In den folgenden Unterpunkten dieses Kapitels wird die inhaltliche Bedeutung der Kategorien näher vorgestellt. Kategorie Patch-Ebene Fläche absolut Landschafts-Ebene Klassenfläche Klassenanteil in Gesamtfläche Größter Flächenanteil Anzahl der Patches Patchdichte Gesamtfläche Größte Einzelfläche Randlinienlänge gesamt Randliniendichte Kontrastgewichtete Randliniendichte Randlinienlänge gesamt Randliniendichte Flächengewichtete Randliniendichte Randlinienkontrastindex Kontrastindex der mittl. Randlinienlänge Flächengewichteter Kontrastindex der mittl. Randlinienlänge Randlinienkontrastindex Kontrastindex der mittl. Randlinienlänge Flächengewichteter Kontrastindex der mittl. Randlinienlänge Formindex Gesamter Formindex Landschaftsformindex Fraktale Dimension Mittl. Formindex Mittl. Formindex Flächengewichteter Formindex Gesamte fraktale Dimension Flächengewichteter Formindex Gesamte fraktale Dimension Mittl. fraktale Dimension der Patches Flächenmaße Patchmaße Umfang absolut Randlinienkontrast (PERIM) Kantenmaße Formmaße Klassen-Ebene Mittl. fraktale Dimension der Patches 5 Anzahl der Patches Patchdichte Variation der Patchgrößen Flächengewichtete mittl. fraktale Dimension der Patches Kernfläche Kernflächenanteil gesamt Anzahl der Gesamte Kernfläche Kernflächen Anzahl der Kernflächen Anteil der Kernflächendichte Kernflächen- Kernflächen Mittl. Kernflächengröße maße Varianz der Kernflächen Mittl. Größe, Varianz disjunkter Kernflächen Mittl. Kernflächenanzahl und -anteil Kürzeste Distanz Mittl. Kürzeste Distanz von Nähe (flächenVariation Distanzgewichtet) maße Mittl. Nähe (flächengewichtet) Flächengewichtete mittl. fraktale Dimension der Patches Gesamte Kernfläche Anzahl der Kernflächen Kernflächendichte Mittl. Kernflächengröße Varianz der Kernflächen Mittl. Größe, Varianz disjunkter Kernflächen Mittl. Kernflächenanzahl und -anteil Mittl. Kürzeste Distanz von Variation Mittl. Nähe (flächengewichtet) Shannon Diversitätsindex Simpson Diversitätsindex Diversitätsmaße Contagion- / Interspersionmaße Streuungsindex Anzahl und Dichte der Patches Shannon Eveness Index Simpson (modifiz.) Eveness Index Contagionindex (Klumpung) Streuungsindex Tab.1: Einteilung der am meisten verwendeten Indizes (Quelle: BLASCHKE 2000:285f ) Die Berechnung der Maße bedarf einer geeigneten Software. Dabei wird fast ausschließlich die Software Fragstats, entwickelt von MCGARIGAL und MARKS (1994), verwendet. Wobei seit 1997 das Angebot an Softwarelösungen zunimmt (BLASCHKE 2000:286). Das FreewareProgramm Fragstats berechnet eine Vielzahl der benannten Parameter für die Patches, zum Teil allerdings in sehr umständlicher und zeitaufwendiger Art und Weise (WALZ 1999:7). 3.3 Fernerkundungsdaten als Datengrundlage Den Fernerkundungsdaten wird für raumstrukturelle Analysen mit LSM, aufgrund der großflächigen und regelmäßigen Landbedeckungsinformationen in unterschiedlichen Maßstäben, ein großer Wert beigemessen. Auf diese Weise können Phänomene vom lokalen bis zum globalen Maßstab im Verlauf über die Zeit analysiert werden (MENZ 1998:106). In diesem Zusammenhang sind jedoch einige methodischen Aspekte zu beachten. Vor allem der Maßstab und die Qualität der Daten nehmen einen erheblichen Einfluss auf die Ausprägung 6 und Interpretierbarkeit der LSM (HEROLD & MENZ 2001:381). Dadurch bedingt, dass die Heterogenität eine Funktion des Maßstabs ist. Folgendermaßen ist die räumliche und zeitliche Variation von Systemeigenschaften von dem räumlichen und zeitlichen Maßstab, also der Auflösung der Daten (grain) und von der Größe der untersuchten Landschaft (extent) abhängig. Der räumliche Maßstab bezieht sich auf die kleinste kartierte Einheit oder Pixel und der zeitliche Maßstab auf das Zeitintervall von dem die Daten vorliegen (GUSTAFSON 1998:144). Die thematische Genauigkeit wird im Wesentlichen durch die spektrale Auflösung bestimmt. Entscheidend ist, ob die spektrale Auflösung eine Ableitung bzw. Differenzierung der nötigen Patchtypenklassen gewährleistet. Dadurch wird die inhaltliche Tiefe der Karteninformation bestimmt und hat insbesondere Einfluss auf die Maße der Landschaftsvielfalt. „Bei zu geringer thematischer Auflösung könnte die Landschaft zu homogen wiedergegeben werden“ (HEROLD & MENZ 2001:382). Die geometrische Genauigkeit bestimmt den Grad der Detailwiedergabe, also welche Strukturen der Landschaft abgebildet werden. Insofern muss je nach Untersuchungsziel ein geeigneter Sensor ausgewählt werden. Bei einer geringen räumlichen Auflösung kommt es zum Verlust von Strukturinformationen und zur räumlichen Aggregation von Patches. Mit dem Verschwinden von Landschaftselementen wird eine Landschaftshomogenität suggeriert, welche dem realen Landschaftsbild nicht entspricht. Nach O`NEILL sollte deshalb eine zweibis fünffache räumliche Auflösung ausgehend von dem kleinsten Objekt, welches von Interesse ist, gewählt werden. Dementsprechend führt eine Vergröberung der Rasterdaten erst dann zum Informationsverlust, wenn damit eine deutliche Änderung für die LSM einher geht (HEROLD & MENZ 2001:382f). Es erscheint deshalb als sinnvoll, parallel zu den Fernerkundungsdaten zusätzliche digitale Daten zu verwenden. Gerade in Bezug auf lineare Elemente, wobei eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für ihr verschwinden im Datensatz besteht (HEROLD 2004:45f). Ein allgemeines Problem liegt in der Abgrenzung von Landschaftsobjekten. Zum einen treten selten scharfe Grenzen in der Landschaft auf, sondern vielmehr allmähliche Übergänge. Zum anderen ist die Grenzziehung sehr subjektiv und somit vom Bearbeiter abhängig. In Summe können auf diese Weise erhebliche Flächendifferenzen auftreten, welche die Indizes schließlich maßgeblich beeinflussen (BLASCHKE 1999:17). 3.4 Bezugsräume der Landschaftsanalyse Die Landschaftsmaße werden in Bezug auf bestimmten Ausschnitt des Raumes berechnet. Die Abgrenzung des Untersuchungsraumes sowie dessen räumliche Untergliederung in einzelne Teileinheiten wird nutzerspezifisch gewählt. Diese Entscheidung beeinflusst entscheidend die Ergebnisse und die sinnvolle Auswertung der LSM. Demnach stellt die Wahl eines geeigneten Bezugsraumes eine wichtige Frage im Vorfeld der Landschaftsanalyse dar. Die Wahl ist vom Verwendungszweck sowie von der Datenquelle abhängig, weshalb keine allgemeingültige Gliederung der Bezugsräume existiert (WALZ 1999:5f). Daher soll hier lediglich eine Auswahl möglicher Bezugseinheiten aufgeführt werden. 7 Für landschaftsökologische Untersuchungen und die Analyse von Landschaftsentwicklungen erscheinen naturräumliche Einheiten besonders gut geeignet und werden in der Praxis am häufigsten verwendet. Die Abgrenzung dieser Einheiten ist an natürliche Prozessgefüge, wie zum Beispiel ein Wassereinzugsgebiet gekoppelt, so dass LSM in ökologisch definierten Bezugsräumen besonders gut auf Veränderungen reagieren und auch leichter zu interpretieren sind. Als weiteren Bezugsraum können administrative Einheiten formuliert werden. Administrative Grenzen, wie Kreis oder Gemeinden repräsentieren Planungs- und Verwaltungseinheiten und sind in Verbindung zu Daten amtlicher Statistik gut zu interpretieren. Im Gegensatz dazu bleibt die naturräumliche Ausstattung unberücksichtigt. An der Stelle besteht die Gefahr, dass Strukturunterschiede oder zeitliche Veränderungen aufgrund des gewählten Bezugsraumes ausgeglichen werden und die LSM dementsprechend weniger sensibel reagieren, weil die Heterogenität des Gebietes auf diese Weise nicht erfasst wurde (WALZ 1999:6). 3.5 Anforderung an Landschaftsmaße Die Maße müssen in Hinblick auf die Beschreibung der Landschaftsstruktur einigen Anforderung gerecht werden. So werden im Folgenden nach SYRBE (1999:150) und WALZ (1999:5) einige Anforderungen aufgelistet: • Orientierung an ökologischen Steuergrößen des Naturhaushalts, • einfache (geringer Aufwand) und sichere (niedrige Fehlerquoten, Eindeutigkeit) Erfassbarkeit, z.B. aufgrund kartographischer Unterlagen oder Fernerkundungsdaten, • hohe Stabilität gegenüber technisch, zeitlich oder bearbeiterspezifischen bedingten Variation der Daten, • spezifische Sensibilität gegenüber charakteristischen Landschaftsentwicklungen, • möglicher Ausgleich bzw. die Unempfindlichkeit gegenüber temporären, zyklischen oder singulären Veränderungen in der Landschaft, • räumliche Übersicht und Vergleichbarkeit, • gleiche Strukturen in der Landschaft mit identischen Werten beschreiben, • unabhängig und unkorreliert von anderen Indizes sein und • skaleninvariant sein, d.h. sie sollten unabhängig von der absoluten Fläche des Untersuchungsgebietes sein. „Da die volle Befriedigung einzelner Forderungen eine Verletzung anderer zur Folge haben kann, gibt es in diesem Sinne keine „optimalen“ Strukturindikatoren“ (SYRBE 1999:150). Allgemein sind Indizes kritisch zu betrachten, weil sie sehr Datenabhängig sowie unsensibel gegenüber unterschiedlichen, räumlichen Anordnungen bei gleichbleibender Anzahl von Patches reagieren (BLASCHKE 2000:287f). Im Kapitel 3.6 wird auf die Interpretation der LSM und die damit verbundenen Schwierigkeiten noch mal näher eingegangen. 8 3.5.1 Patchmaße Patchmaße beschreiben die Landschaftskonfiguration hinsichtlich der Anzahl, Größe oder Dichte einzelner Elemente einer Klasse. Anhand dieser grundlegenden Informationen über das Nutzungsmuster lassen sich leicht Trends über die Entwicklung ablesen. Auf diese Wiese können wichtige Informationen über die räumliche Heterogenität vom Landschaftsmosaik, Fragmentierung der Landschaft und der Einfluss ökologischer Prozesse geliefert werden (LAUSCH & THULKE 2001:118). Die Patchgröße ist das einfachste Maß der Zusammensetzung von der Landschaft und repräsentiert die fundamentalen Eigenschaften von dem räumlichen Charakter einer Landschaft. Auf Basis der Patchgröße kann in Klassen- und Landschaftsebene der Median, Maximum, Minimum, Varianz usw. berechnet werden (MCGARIGAL 2002:1137). 3.5.2 Flächenmaße Flächenmaße beschreiben die Zusammensetzung der Landschaft und beziehen sich auf die Klassen- und Landschaftsebene. Diese Maße gewinnen für die Bestimmung der Artenvielfalt, Flächenbesetzung und Artenverteilung im Landschaftsmuster an Bedeutung (LAUSCH & THULKE 2001:118). Das einfachste Maß zur Beschreibung der Zusammensetzung einer Landschaft ist der prozentuale Flächenanteil (%LAND), den die einzelnen Klassen an der Gesamtlandschaft einnehmen (MCGARIGAL 2002:1137). 3.5.3 Kantenmaße Kantenmaße beschreiben die Grenzen der Patches und geben folglich Auskunft über die Anordnung der Landschaftsstruktur (räumlichen Verteilung der Nutzungsklassen) über die über Länge und Dichte der Kanten. Die Bedeutung der Maße ist gegenüber dem steigenden Einfluss des Menschens auf die Landschaft, die Fragmentierung der Landbedeckungstypen und der Heterogenität zu sehen. Die absolute Länge des Umfangs sowie die Randdichte sind entscheidend für die Erfassung der Vielfalt ökologischer Phänomene, denn viele ökologische Prozesse gehen über die Grenzen der Patches hinaus oder werden direkt von ihnen beeinflusst (LAUSCH & THULKE 2001:118). 3.5.3 Formmaße Die Formmaße erfassen die Formkomplexität der einzelnen Landschaftselemente. In der Ökologie ist diese Information von besonderem Interesse, da sie ebenso wie die Größe von Flächeneinheiten, einen entscheidenden Einfluss auf die Ausbreitung von Arten und die Stabilität von Artengemeinschaften hat. Folglich nehmen Formmaße eine größere Bedeutung im Bereich der Erforschung von Prozessen der Landschaftsökologie ein. Der Shapeindex bestimmt zum Beispielt das Vorkommen, Menge und Wanderungsprozesse von Spezies (LAUSCH & THULKE 2001:118). Des Weiteren gibt die Form von Landschaftselementen einen Hinweis auf den Grad des anthropogenen Einflusses. Zahlreiche Studien zeigen, dass vom Menschen gestaltete Kulturlandschaften generell einfachere Formen aufweisen als natürliche Ökosysteme (TURNER 1989: 175). 9 Die Maße werden im Verhältnis von Umfang zur Fläche oder als fraktale Dimension und oft zu einer einfache euklidischen Form (Kreis, Quadrat) standardisiert wiedergegeben (MCGARIGAL 2002:1137). Die Indizes werden durch Datenauflösung und Rasterdarstellung begrenzt. So kann die Länge des Umfangs dabei größer sein als bei der Vektordarstellung. Weiter ist die Beziehung zwischen Umfang und Fläche relativ unsensitiv gegenüber Unterschieden in der Patchmorphologie. So können Patches eine unterschiedliche Form haben, aber dennoch gleiche Flächen, Umfang und Indexwerte aufweisen. Obwohl die Indizes die Patchmorphologie nicht gut erfassen sind sie für die Bestimmung der Komplexität der Form der Landschaftselemente nützlich. Folglich quantifizieren sie die Anordnung der Landschaft mit Berücksichtigung der Komplexität der Patchform (LAUSCH & THULKE 2001:118f). 3.5.4 Kernflächenmaße Als Kernzone wird die Fläche eines Patches verstanden, die nach Abzug eines nutzerspezifischen Pufferbereichs vom Patch übrig bleibt. Der Randpuffer ist die Distanz, bei welchem der Kern oder das innere eines Patches durch den Rand des Patches unbeeinflusst bleibt, siehe Abbildung 3. Abb.3: Kernfläche (Quelle: BLASCHKE 1999:15) Diese Distanz wird durch den Nutzer definiert und das zu untersuchende Phänomens bekannt und kann entweder als fest angesehen oder für jeden einzelnen Randtyp angepasst werden. Der Abstand wird je nach spezifischer Fragestellung gewählt. Die Kernfläche fasst die Patchgröße, Form und den Randeffektdistanz zu einem einzelnen Maß zusammen, alle anderen Dinge bleiben gleich. Kleinere Patches mit größerer Formkomplexität haben weniger Kernfläche. Weiter enthalten Langgestreckte und zerpflückte Formen prozentual weniger Kernbereiche als kompakte Formen gleicher Flächengröße. Die meisten Maße in Verbindung mit der Größenverteilung, zum Beispiel die mittlere Patchgröße und Variabilität, können durch die Darstellung der Kernfläche ausgedrückt werden (MCGARIGAL 2002:1137f und BLASCHKE 1999:14). 3.5.5 Distanzmaße Patches können gleichverteilt oder gehäuft auftreten. Um die räumlichen Punktmuster einzuschätzen wurden viele Verteilungsmaßen entwickelt. Dabei kann die Lagebeziehungen zwischen einzelnen Landschaftselementen kann durch Nachbarschaftsmaße beschrieben werden. Ein gebräuchlicher Ansatz basiert auf der Nearest-neighbour Distanz zwischen Patches gleichen Typs. Nearest-neigbour Maße bestimmen die Distanz zwischen einem Patch 10 und ihren nächstliegenden Patch innerhalb einer Klasse. Auf diese Weise wird die Distanz von Grenze zu Grenze ermittelt und, wodurch die Anordnung der Landschaftsstruktur erfasst wird. Die Kenntnis über diese Beziehung ist für die Betrachtung von Wanderungsprozessen und Populationsdynamik, insbesondere in Bezug auf Isolation und Fragmentierung von Patches interessant (LAUSCH & THULKE 2001:119). Daneben sind der Kontrast und die Connectivity (Verbindung) weitere Formen, welche versuchen die Lagebeziehungen von Patches zu charakterisieren. Die Connectivity beschreibt im generellen die funktionalen Verbindungen zwischen den Patches. Dabei hängt die Bestimmung der funktionalen Verbindung von der Anwendung oder des Zielprozesses ab. Beispielsweise haben verbundene Patches von Vögeln eine andere Ausprägung als die von Salamandern. Connectivity kann auf strickten Nachbarschaften (touching), Grenzdistanzen, einer abnehmenden Funktion der Distanz (welche die Wahrscheinlichkeit der Verbundenheit bei einer gegebenen Distanz wieder gibt) oder einer Artengewichteten Distanzfunktion basieren. Dann können verschiedene Indizes der allgemeinen Verbundenheit, basieren auf der Paarweisen Verbundenheit zwischen Patches ermittelt werden (MCGARIGAL 2002:1138). Der Kontrast bezieht sich auf die relativen Unterschiede zwischen den Patchtypen. Zum Beispiel ist die Kontrastkante zwischen zwei unterschiedlich alten Waldbeständen geringer als zwischen und offenem Feld, abhängig davon wie Kontrast definiert wird. Dieser Kontrast kann als eine kontrastgewichtete Randdichte, wo jeder Typ des Randes mit einem Kontrastgewicht ausgewiesen wird oder als ein Nachbarschaftskontrastindex, wo der mittlere Kontrast des Zielpatches und allen Patches der nutzerspezifischen Nachbarschaft berechnet werden (MCGARIGAL 2002:1138). 3.5.6 Diversitätsmaße Die Landschaftsvielfalt ergibt sich aus der Quantifizierung von Evennes und Richness. Evennes bezieht sich auf das Vorkommen von verschiedenen Patchtypen und bestimmt zum Beispiel die relative Dominanz einer Klasse. Evennes ist zum Beispiel zu einem Vergleich zweier Gebiete oder eines Gebietes zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Klassenzahlen geeignet. Richness bezieht sich auf die Anzahl der Klassen, welche in dem Untersuchungsgebiet vorkommen und ist damit abhängig von dem ausgewählten Maßstab der Datengrundlage. Dabei wird angenommen, dass bei großen Gebieten im Vergleich zu kleineren Gebieten der Grad der Heterogenität größer ist. Die Vielfalt (Diversität) ist eine der häufigsten Anwendungen der LSM. Der Shannon-Index schließt neben der Artenanzahl auch die Verschiedenheiten von dessen Vorkommen mit ein (BLASCHKE 1999:15 und LAUSCH & THULKE 2001:119). 3.5.7 Contagion- und Interspersionmaße Contagionmaße machen zur Verteilung von Patches im Untersuchungsgebiet Angaben. Der Contagionindex gibt die Tendenz der Verteilung von Patchtypen im Raum an, ob sie räumlich zusammenhängend sind oder nicht. Contagion geht dabei nicht auf die Patches an sich ein, sondern misst die Ausdehnung bis zu welcher Zelle (Rastergrid) ähnlicher Klassen zusammenhängend sind. 11 Das Interspersionmaß beschreibt die Vermischung von Patches unterschiedlichen Typs und bezieht sich dabei allein auf die Patchnachbarn (Gegenteil zur Zelle). Dieses Maß wird in der Regel aus einer Matrix paarweiser Nachbarschaften zwischen allen Patchtypen erzeugt, wo die Elemente der Matrix das Verhältnis der Kanten in jeden paarweisen Typ sind. Alternative Methoden basieren auf der fragtalen Geometrie, wo das Contagionmaß durch die Reichweite räumlicher Maßstäbe charakterisiert werden kann (MCGARIGAL 2002:1138). Interspersion und Juxtaposition Index berechnen sich aus der Beziehung zwischen der Länge jedes Randtypen und des Gesamtrandes der Landschaft, geteilt durch die Anzahl der Landnutzungstypen (HERZOG ET AL. 2001:95). Tab.2: Wissenschaftliche Anwendung von Landschaftsmaßen im Landschaftsmonitoring (Quelle: HERZOG ET AL. 2001:92) Die Tabelle 2 soll abschließend in Bezug auf die 3 vorangegangen Abschnitte (3.2, 3.3 und 3.4) einen Überblick von Anwendungsmöglichkeiten der LSM am Beispiel Landandschaftsmonitoring im Bezug auf den Raum, der Größe des Untersuchungsgebietes, die räumliche und zeitliche Auflösung von Daten sowie der Datenquelle, wie Luftbild, Satellitenbild oder Topographische Karte aufzeigen. 3.6 Interpretation von Landschaftsmaßen und deren Grenzen Die Schwierigkeit der Anwendung von LSM beginnt bei der „richtigen“ Auswahl unter der Vielzahl von LSM. Da die Anwendung mit den Objekten und dem Charakter der Landschaft 12 variiert, gibt es kein Standardset von LSM (HEROLD 2004:48). Dementsprechend ist das Verständnis, wie sich die Maße mit der Veränderung der Landschaft verhalten sowie gute Kenntnisse über das zu analysierende Gebiet zwingend notwendig. Die Interpretation von LSM wird weiterhin durch das Fehlen von korrekten räumlichen und zeitlichen Referenzstrukturen beeinträchtigt. Oft ist es schwierig, wenn nicht unmöglich, die ökologische Bedeutung von den berechneten Werten ohne Verständnis des Umfangs der natürlichen Variation des Landschaftsmusters zu interpretieren, denn die LSM quantifizieren das Landschaftsmuster als Momentaufnahme zu einer bestimmten Zeit (MCGARIGAL 2002:1139). In dem Kapitel 3.3 wurde bereits darauf hingewiesen, dass Rasterauflösung und Maßstab, Anzahl der Klassen, Erfassungsmaßstab und –genauigkeit der Daten und noch einige andere Parameter großen Einfluss auf die Ergebnisse der Landschaftsanalyse nehmen und deshalb bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen (BLASCHKE 1999:13f). Bedingt durch die Abhängigkeit der LSM von den verwendeten Daten, kann bei Verwendung verschiedener Datenquellen von dem selben Untersuchungsgebiet, zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die thematische Auflösung und die damit einher gehende Klassenanzahl der Kartierungseinheiten nimmt allerdings den größten Einfluss auf die Ergebnisse der LSM (BLASCHKE 1999:21). Beispielsweise kann es zu einer unterschiedlichen Zusammensetzung auf verschiedenen Skalen kommen. Auf diese Weise könnte eine negative Korrelation zwischen Tierpopulationen im Bestand, während auf Landschaftsebene eine positive Korrelation registriert wird. Weiter ist die Klasse für die Bestimmung der Anordnung von großer Wichtigkeit, besonders bei Fragen der Habitatqualität oder Waldfragmentierung. Darüber hinaus messen Indizes manchmal mehrere Komponenten der räumlichen Muster und erschweren so die Interpretation (GUSTAFSON 1998:150). LSM messen viele Aspekte von dem Landschaftsmuster. Selten ist eine 1:1 Beziehung zwischen Indexwerten und dem Muster zu verstehen, denn verschiedene Anordnungen können einen gleichen Indexwert erzeugen (GUSTAFSON 1998:150). Weiter ist die Vergleichbarkeit der LSM von Einzeluntersuchungen, aufgrund einer fehlenden Normierung zur Erfassung, Analyse und Auswertung von LSM nur begrenzt möglich. Erst über die Normierung werden Ergebnisse unterschiedlicher Arbeiten miteinander vergleichbar und die Aussagen von LSM besser analysierbar (WALZ 1999:8). Ebenso ist eine großräumige Vergleichbarkeit von Strukturindikatoren durch die Abhängigkeit vom Landschaftstyp nur eingeschränkt mögliche (SYRBE 1999:156). Generell werden die meisten Untersuchungen zu Individualstudien, weshalb selbst bei einer raum-zeitliche Untersuchung des selben Gebietes eine gute Vergleichbarkeit der Maße nur bedingt möglich ist (BLASCHKE 1999:22). Allgemein gilt der Zusammenhang, je größer das Testgebiet und je kleiner die räumliche Auflösung, desto stabiler sind die Werte der LSM. Besonders wichtig ist dieser Aspekt bei extrem topographischer und vegetaionsgeographischer Heterogenität. Dabei wird nochmals die Bedeutung der Auswahl des Testgebietes deutlich (MENZ 1998:109ff). Für das erzielen besserer Ergebnisse ist es sinnvoll „ein komplexes Merkmal durch eine aufeinander abgestimmte Kombination zweier oder mehrerer Indikatoren“ (SYRBE 1999:153), welche jeweils unterschiedliche geometrische sowie räumliche Aspekte beschreiben zu 13 erfassen. So eignet sich beispielsweise für die ästhetische und ökologische Bewertung von Randverläufen eine Kombination aus dem Formindex der Fläche und einer fraktalen Dimension der Begrenzungslinien (SYRBE 1999:153). Abschließend ist heraus zu stellen, dass die Analyse der Landschaftsstruktur einen geeigneten Indikator für die Raumplanung und Umweltmonitoring darstellt sowie die Landschaftsmaße eine gute Möglichkeit sind, um diese Landschaftsstruktur zu quantifizieren. Für die Quantifizierung sind in der Regel eine relativ geringe Anzahl von Indikatoren ausreichend für die Charakterisierung einer Landschaft (WALZ 1999:7). 3.7 Anwendungsbereiche Die quantitative Erfassung der räumliche Strukturen ist für zahlreiche Wissenschaften von Interesse. LSM finden daher in ganz verschiedenen Fachgebieten Anwendung (BLASCHKE 2000:290). Die Untersuchungsansätze können sich beispielsweise auf den räumlichen Vergleich verschiedener Landschaftsausschnitte, im zeitlich-historischen Vergleich oder einem hierarchischen Vergleich über verschiedene Maßstabsebenen beziehen (WALZ 1999:4). Als Forschungsschwerpunkte können nach LAUSCH & MENZ (1999:187) folgende Themen angeführt werden: siehe Abbildung 4. Landschaftsmonitoring Biotopdiversutät Landschaftsdiverstität Unterstützung von Klassifikationsalgorimus Landschaftsmaße Landschaftsfunktion Erholungsfunktion Erosion Nachhaltige Landnutzung Stoffeinträge in Fließgewässer Populationsökologie Isolation Flächenbedarf Korridore Habitate Landschaftsbewertung Natürlichkeit Zerschneidung Abb.4: Anwendungsgebiete von Landschaftsstrukturmaßen (Quelle: verändert nach LAUSCH & MENZ 1999:187) Die anstehenden Tabelle 3 gibt eine Übersicht, wie Karten und Anwendung von LSM sich auf unterschiedlichem Maßstab ergänzen und dementsprechend für bestimmte Fragestellungen geeignet sind. 14 Tab.3: Schema, wie Karten und die Anwendung von Maßen auf unterschiedlichem Maßstab sich ergänzen (Quelle: WEISER 2004:45) LSM, als quantitativ ökologische Werkzeuge, nehmen folglich eine wichtige Rolle in Hinblick auf Fragen der Landschafts- und Stadtplanung sowie Managemententscheidungen ein. Dies ist in Bezug auf die Handhabung natürlicher Ressourcen, wie Wasser, Mineralien, Wald, wilde Tiere und auch auf Menschen relevante Sachverhalte, wie Stadtentwicklung, Transport sowie Landnutzungsplanung begründet (LEITÃO & AHERN 2002:76). Mit diesen Ausführungen wird die breite Anwendung in unterschiedlichsten Raumkategorien der Landschaft: „von sehr naturnahen Bereichen, ländlichen Bereiche über die Randzone eines Verdichtungsraumes bis hin zu übermäßig stark genutzten, devastierten Flächen des Bergbaus“ (WALZ 1999:7) deutlich. Im Folgenden sollen ein paar Beispiele für die Anwendung in der Landschaftsökologie und Stadtgeographie angeführt werden. 3.7.1 Anwendung der Landschaftsmaße in der Landschaftsökologie In der Landschaftsökologie sind vielerlei Anwendungen denkbar. Dabei ist die Anwendung zur Analyse von Tierpopulationen in Verbindung zur Habitatqualität und Landschaftskonfiguration denkbar. „Die Lebensräume werden entweder direkt erfaßt (im Gelände kartiert) oder aus verschieden Punkt- Linien- und Flächendaten und autökologischen Wissen und Metapopulationsmodellen abgeleitet“ (BLASCHKE 2000:290). Eine weitere Anwendung befindet sich in der forstwirtschaftlichen Planung in Bezug auf die allgemeine Landschaftsplanung. So bestand seit Ende der 70er Jahre in Nordamerika der Druck die Kahlschlagpraxis zu ändern. Hintergrund war die Grundlage für bestimmte Lebensräume zu erhalten. Für die Identifizierung eines Kahlschlags können „Indizes, wie Flächen-Umfang Verhältnisse einzelner Patches und Entfernungen zwischen verbleibenden Standorten“ (BLASCHKE 2000:291) berechnet werden. Das Ziel liegt in der Distanzminimierung und Erhöhung der funktionalen Verbindungen. 15 Weiter ist die Landschaftsplanung in Bezug auf die Schaffung von Biotopsverbundsystemen zu nennen. Denn gerade in Hinblicke auf die fehlende Verbindung von Landselementen erscheint diese Problematik als eine der Hauptfragen für die Anwendung der Landschaftsmaße in der Landschaftsökologie. An der Stelle scheint die Verbindung mehrerer LSM als gut geeignet (BLASCHKE 2000:291ff). Abschließend soll das Umweltmonitoring, als Langzeitbeobachtung von Pflanzen, Tieren, Boden, Wasser, Luft sowie Biotope verschiedener Natur- und Landschaftsräume, genannt werden. Allerdings gibt es bisher kein integratives Monitoring, was sich an den Gesamtveränderungen der Landschaft orientieren kaum. Differenzierte Aussagen sind folglich auf regionaler und globaler Ebenen nur schwer möglich. Das Problem liegt darin, dass „nur“ eine Fülle von Einzelbeständen und Biotopen existiert, wovon die Struktur und Zustand der ökosystemaren Umwelt nicht abgeleitet werden kann. Daher besteht die Forderung nach flächendeckenden Daten mit entsprechender Wiederholrate (BLASCHKE 2002:115f). 3.7.2 Anwendung der Landschaftsmaße in der Stadtgeographie Die Anwendung der LSM auf den Raum Stadt vollzieht sich auf dieselbe Art und Weise wie in der Landschaftsökologie. Allerdings ist die Landschaft Stadt in diesem Zusammenhang als eine Mixtur aus natürlichen und menschenbeeinflussten Patches, welche ebenso in Form, Größe und Anordnung variieren, zu verstehen (TURNER 1989:174). Urbane Regionen sind durch räumliche sehr heterogene Oberflächenbedeckung mit anthropogenen Strukturen, wie Gebäuden und Transportwegen, verschiedenen Vegetationstypen, wie Parks, Gärten, landwirtschaftliche Nutzung, vegetationsfreie Gebiete und Wasserflächen charakterisiert. Dadurch zeichnet sich die Stadtmorphologie besonders durch ihre Größe, Form, Textur, Dichte, Verbund und räumliche Anordnung aus (HEROLD & MENZ 2001:380). Wesentlicher Unterschied von der natürlichen Umwelt zu künstlichen man-made Strukturen ist die klare und feste Abgrenzung von Landschaftselementen. Weiter bietet die besondere räumliche Anordnung und die Form der Grundelemente Interpretationsmerkmale größerer Komplexität. Dadurch bedingt, dass Gebäude verschiedene Nutzungen (z.B. arbeiten oder wohnen) haben können, was anhand der multispektralen Reflexion nicht abzuleiten ist, wird die Betrachtung der Nutzungsänderung erschwert (Herold & Menz 2001:380). Kernpunkt der Analyse ist die Erforschung und Evaluierung der quantitativen Beschreibung von räumlichen, urbanen Formen und eine klare Beziehung zwischen physikalischen, spektralen Messungen und der Landnutzung, Sozio-ökonomik, Demographie und wirtschaftlichen Charakter von der Landbedeckung abzuleiten (HEROLD ET AL. 2003:991). HEROLD & MENZ (2001:385ff) untersuchten für den Raum Santa Barbara, die Möglichkeit der quantitativen Beschreibung der innerstädtischen Struktur sowie deren zeitliche Veränderung. Der Untersuchungsraum wurde hinsichtlich der gewerblich-industriell genutzten Bereiche und Wohngebiete mit dominierend lockerer sowie dichteren Bebauung analysiert. Für die quantitative Beschreibung der urbanen Raumstruktur wurde die Patch- und Kantendichte, die fraktale Dimension, Cantagionindex, Klassenanteil und Standardabweichung der Patchgröße genutzt. Mit der Untersuchung konnte aufgezeigt werden, dass LSM eine „wichtige 16 Informationsquelle zur detaillierten Beschreibung von Strukturen und zur Erfassung von Veränderungen urbaner Landnutzung aus Fernerkundungsdaten darstellen. Sie tragen damit zur detaillierten quantitativen Kartierung und Abbildung landnutzungsspezifischer und sozioökonomischer Strukturen bzw. deren Veränderungen in urbanen Regionen bei“ (HEROLD & MENZ 2001:391). Weiter fand der quantitative Ansatz der Landschaftsökologie im Rahmen der Evaluierung von Texturmessungen und räumliche Maße zur quantitativen Unterscheidung urbaner räumlicher Charakteristiken für die Kartierung urbaner Landnutzung von Santa Barbara durch HEROLD ET AL. (2003:992ff) Anwendung. Für diese Untersuchung wurden folgende LSM herangezogen: Contagionindex, Cohesion, flächengewichtete mittlere fraktale Dimension, Standardabweichung der fraktalen Dimension, Standardabweichung der euklidische Nearestneighbour Distanz, mittlere euklidische Nearest-neighbour Distanz, größter Patchindex, Standardabweichung der Fläche, mittlere Patchgröße und Anteil der Landschaft. Als Texturparameter wurde Energie, Entrophie, Kontrast, Varianz, Verschiedenheit und Homogenität verwendet. Bei dieser Untersuchung konnte herausgestellt werden, dass auf Basis dieser LSM und Textur eine detaillierte Interpretation der Landschaftselemente möglich ist und die wichtigsten räumlichen Charakteristiken, welche die urbanen Landnutzungskategorien bestimmen, erfasst werden können. Mittels der quantitativen Eigenschaften der LSM und Textur ist eine umfassende Beschreibung der räumlichen urbanen Morphologie und Struktur realisierbar. Aufgrund dessen besteht das Potential für eine Automatisierung der Identifikation- und Kartierungsprozesse urbaner Landnutzungsklassen. 4 Schlussbetrachtung In der Arbeit wird deutlich, dass der Einsatz von LSM prinzipiell möglich und sinnvoll ist. Jedoch sind der Interpretation der LSM Grenzen gesetzt, weshalb noch viele Aspekte offen sind und folglich weiteren Forschungsbedarf bieten bzw. erfordern. Die quantitative Landschaftsökologie ist als eine relativ junge Disziplin zu sehen, welche im Rahmen der Grundlagenforschung noch ein großes Potential an Forschungsansätzen aufzeigt. Die Notwendigkeit der weiteren Erforschung ist in einem modernen Natur- und Landschaftsschutz, der eine genauere Analyse der Dynamik und Prozesse in der Landschaft, zu sehen. Anhand moderner Beobachtungsmethoden, wie durch die Anwendung hochauflösender Satellitenbilder, ist eine leichtere und großräumigere Erfassung der Landschaft gewährleistet. Trotzdem hat der bisher dominierend theoretische Ansatz nach ungefähr 20 Jahren Forschung keinen Einstieg in die praktische Anwendung gefunden. 17 Literatur BLASCHKE, T. (1999): Quantifizierung der Struktur einer Landschaft mit GIS: Potential und Problem. In: WALZ, U. (Hrsg.): Erfassung und Bewertung der Landschaftsstruktur. Auswertung mit GIS und Fernerkundung. IRÖ-Schriften, 29. Dresden, 9-25. BLASCHKE, T. 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