Obduktionsbericht Bei dem zur Obduktion vorliegenden Tier handelt es sich um einen männlichen, acht Jahre alten und ca. 25,5 kg schweren Hund der Rasse Australien Shepherd. Die vorherrschende Fellfarbe ist schwarz mit rassetypischen braunen und weißen Zeichnungen. Der Hund ist im rechten Ohr tätowiert und an der linken Halsseite gechipt. Einsender des Tieres ist die Klinik für Kleintiere, Innere Medizin. Die Obduktion findet am XXXXX in der Zeit von 9 Uhr bis 11 Uhr in der Sektionshalle des Institutes für Veterinär-Pathologie unter Anleitung von XXXXX in Gegenwart von XXXXXXX statt. Vorbericht Das vorliegende Tier wurde in der Klinik für Kleintiere, Innere Medizin, wegen einer Umfangsvermehrung an der hinteren linken Gliedmaße vorgestellt. Es wurde vermutet, dass es sich dabei um ein Hämatom handelte. Nachdem keine Besserung eintrat, wurde ein Punktat entnommen und eine zytologische Untersuchung gemacht, deren Ergebnis die Verdachtsdiagnose Sarkom ergab. Bei der klinischen Untersuchung wurde weiterhin festgestellt, dass der Hund Diarrhoe, Urämie und eine regenerative Anämie hatte, welche mittels einer Bluttransfusion behandelt wurde. Ebenso wurden vergrößerte lymphonoduli poplitei sowie Ödeme und Hämatome an allen vier Gliedmaßen festgestellt. Eine Blutuntersuchung ergab eine Hyperbilirubinämie, Hypoproteinämie, Hypoalbuminämie und zusätzlich eine Gerinnungsstörung. Im Ultraschall konnte neben der Milz eine runde inhomogene Struktur und freie Flüssigkeit mit korpuskulären Bestandteilen im Bauchraum gefunden werden. Das Tier wurde daraufhin in die Chirurgie überstellt, wo eine Splenektomie durchgeführt wurde. Dabei stellte sich heraus, dass die Milz unregelmäßige Kapselrupturen aufwies, es sich bei der freien Flüssigkeit um größere Mengen Blut handelte und der Hund wurde euthanasiert. Das Tier stammte aus Italien und befand sich seit zwei Jahren wegen Leishmaniose in Behandlung. Es ließ sich gut auf die Medikamente einstellen und war symptomfrei. Äußere Besichtigung Der Hund befindet sich in linker Seitenlage und ist bis auf die Abschnitte distal des Karpus und Tarsus sowie um den Anogenitalbereich enthäutet. Das Fell liegt vollständig zur Untersuchung vor. Alle Gelenke der Gliedmaßen und die Kiefergelenke sind passiv nur schwer beweglich. Der Tierkörper ist gleichmäßig kalt. Die Cornea in beiden Augen ist leicht getrübt. Es befinden sich geschorene Stellen im Bereich des Bauches, handflächengroß an der linea alba, sowie am Hals in der Umgebung der Vena jugularis. Der Ernährungs- und Pflegezustand sind gut. Innere Besichtigung I. Unterhautgewebe Im Bereich des Hüfthöckers sowie am Unterbauch befinden sich geleeartige, etwa 5-7 cm große Verdickungen der Unterhaut. Außerdem weist die Unterhaut am rechten Hüfthöcker einen kirschkerngroßen sowie am linken Hinterbein einen handtellergroßen dunkelrot-schwarz gefärbten Herd von weich-elastischer Konsistenz auf. II. Muskulatur In der linken cranialen Oberschenkelmuskulatur befindet sich eine faustgroße Umfangsvermehrung, die nicht scharf von der Umgebung abgegrenzt ist. Die Farbe reicht von dunkelrot bis schwarz; auf der Schnittfläche erweist sie sich als mehrfach gekammert und die Konsistenz ist weich-elastisch. Von der Schnittfläche geht geringradig eine dunkelrote deckfarbene Flüsigkeit ab. III. Lymphknoten Die poplitealen Lymphknoten sind kirschgroß. IV. Bauch- und Beckenhöhle Die Milz befindet sich nicht mehr im Tierkörper, sondern wird in einem separaten Gefäß mitgeliefert. Sie weist zwei haselnußgroße über die Oberfläche erhabene Knoten auf, von denen einer unregelmäßige Zusammenhangstrennungen der Kapsel zeigt. Die Schnittfläche ist mehrfach gekammert, mit gallertigem schwarzrotem Inhalt. Das Netz ist durchsetzt von stecknadelkopf- bis erbsengroßen schwarzroten Knoten. Die Schnittfläche entspricht derjenigen der Knoten in der Milz. In der Bauchhöhle befinden sich 50 ml einer rötlichen, trüben Flüssigkeit ohne Beimengungen. Die Konsistenz ist milchartig. Im Rektum befindet sich kein geformter Inhalt, die Darmschleimhaut ist diffus gerötet. Im Mesenterium sowie am Dünndarm lassen sich gleichartige Knoten wie im Netz erkennen. Ebenso weisen Leber und die linke Niere obengenannte Veränderungen auf. V. Thorax Im Bereich der Brustwirbelsäule befindet sich ein bohnengroßer schwarzroter Herd. In den beiden Lungenflügeln lassen sich multiple stecknadelkopfgroße deutlich abgegrenzte Knötchen erkennen. In der Trachea und den Stammbronchien befindet sich rötliche, schaumige Flüssigkeit. Die Wand des rechten Herzohres ist dunkelrot gefärbt, verdickt und weist eine weich-elastische Konsistenz auf. Pathologisch-anatomische Diagnosen I. Hämangiosarkom in der Muskulatur des linken Oberschenkels mit Metastasen in Milz (reseziert), rechtem Herzohr, Darm, Mesenterium, Netz, Leber, Niere, Lunge, Popliteallymphknoten, Unterhaut. DD: Hämatome II. Serosanguinöser Erguss (ca. 50 ml) DD: Hämaskos III. Mittelgradige, flächige Unterhautödeme IV. Akute, diffuse, katarrhalische, gering- bis mittelgradige Enteritis V. Akutes, diffuses, alveoläres geringgradiges Lungenödem DD: Hypostase Epikrise Hämangiosarkome sind maligne Tumore der Blutgefäßendothelien. Häufigster Ausgangspunkt ist die Milz, andere Primärlokalisationen sind das rechte Herzohr, quergestreifte Skelettmuskulatur, Leber und Knochen. Sie zeigen ein aggressives biologisches Verhalten und sind durch eine massive und frühzeitige hämatogene Metastasierung in viele Organe gekennzeichnet. Dieser Tumortyp zeigt eine hohe Neigung zu Spontanrupturen, woraufhin es zu starken Blutungen kommt. Sie nekrotisieren leicht und enthalten oft zystische, mit Blut gefüllte Hohlräume. Bei Erstvorstellung haben bereits bis zu 50 % der Hunde Metastasen, die sich bevorzugt in der Leber, Netz, Peritoneum, Nieren, Herz und Lunge ansiedeln. Die Veränderungen im Blutbild können vielfältig sein, jedoch sind auch physiologische Blutwerte möglich. Metastasierung ist das sekundäre Auftreten desselben Krankheitsprozesses vom Primärherd entfernt an einer anderen Körperstelle durch Verschleppung lebender, unbelebter, gelöster oder ungelöster Materie (Tumorzellen, Mikroben, infizierter Embolus, Parasiten, Kohlenstaub, Pigment, Kalk usw.) auf mechanischem (Kontakt) oder kanalikulärem Wege (hämatogen, lymphogen, retrograd, aerogen, duktogen usw.). Mit der Metastasierung wird aus einer lokalen eine systemische Tumorerkrankung. Verschiedene Tumortypen zeigen charkteristische Metastasierungsmuster wie die Bevorzugung gewisser Ausbreitungswege und Zielorgane. Bei der hämatogenen Metastasierung findet man die Tochtergeschwülste v.a. im ersten durchflossenen Kapillargebiet, dies ist aus anatomischen Gründen meist die Lunge oder die Leber. Die massive Metastasierung hat in diesem Fall die jeweilige Organfunktion beeinträchtigt. Die Lebermetastasen sind die Ursache für die Billirubinämie und die Hypalbuminämie, die Nierenmetastasen für die Urämie. Aufgrund der makroskopischen Veränderungen ist bei diesem Hund von einem Primärtumor in der Muskulatur des linken Hinterbeines mit anschließender Metastasierung in Milz, rechtes Herzohr, Darm, Netz, Mesenterium, Leber, Niere, Lunge, Popliteallymphknoten und Unterhaut. Der relativ große Tumor im Bereich der linken Oberschenkelmuskulatur ist für eine Behinderung des Bewegungsablaufs verantwortlich, woraus eine Lahmheit entsteht, die sich mit dem Wachsen des Tumors zusehends verstärkt. In der Regel wird als Primärtumor der größte Knoten angesehen, jedoch kann bei massiver Metastasierung diese Festlegung nicht sicher erfolgen, so dass von multiplem Auftreten gesprochen werden kann. Die Bestätigung eines Hämangiosarkoms in Abgrenzung zu einem Hämatom geschieht durch den histologischen Nachweis einer Proliferation des Gefäßendothels. Das Hämatom ist jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, da über den ganzen Körper verteilt in allen Organsystemen blutige Herde zu finden sind. Hämatome wären, z.B. nach einem Trauma, eher in einer begrenzten Region angesiedelt bzw. in bestimmten Organen. Außerdem liegen in unserem Fall die für ein Hämangiosarkom typischen Lokalisationen der Metastasen vor. Unter einem serosanguinösen Erguss versteht man ein mit Blut vermischtes Transudat in einer Körperhöhle. Ursachen für einen serösen Erguss sind Herzinsuffizienz, Neoplasien, chronische Peritonitis, Nierenkrankheiten, Hypalbuminämie sowie Kreislaufstörungen. In diesem Fall ist die klinisch festgestellte Hypalbuminämie als ursächlich anzusehen. Die Blutbeimengungen sind hier auf die rupturierte Tumormetastase in der Milz zurückzuführen. Unterhautödeme sind Ansammlungen seröser Flüssigkeit im subkutanen Bindegewebe. Sie entstehen wenn das Gleichgewicht von intravasalem hydrostatischem und kolloidosmotischem Druck gestört ist. Für die Unterhaut ist das besonders bei Rechtsherzinsuffizienz, Niereninsuffizienz und wie in diesem Fall bei Hypalbuminämie der Fall. Die akute, diffuse, katarrhalische (hier: gering- bis mittelgradige) Enteritis ist durch Hyperämie und ödematöse Schwellung der Schleimhäute gekennzeichnet, sowie durch ein seromuköses Exsudat, mit häufiger Beteiligung von Granulozyten und einem dünnflüssigem, ungeformten Darminhalt. Die Entzündung kann von einer Lymphadenitis simplex begleitet sein. Folgende Pathomechanismen sind beteiligt: Maldigestion, Malabsorption, Hypersekretion und Motilitätsstörungen. Die beiden erstgenannten Funktionsstörungen weisen in den meisten Fällen histopathologisch erfaßbare Veränderungen auf, die beiden letztgenannten entziehen sich weitgehend einer morphologischen Beschreibung. In der Mehrzahl der Fälle enstehen die genannten Funktionsstörungen und morphologischen Veränderungen dadurch, daß Erreger am Darmepithel haften, in dieses eindringen und sich dort vermehren. In diesem Fall wurden Malbalsorbtion und Maldigesstion wahrscheinlich von den Darmmetastasen verursacht, die zu einer sekretorischen Diarrhöe führten. Gelangt nun durch eine der oben geschilderten Funktionsstörungen des Dünndarmes übermäßig mit Wasser durchsetzter Inhalt in den Dickdarm, so kann die Resorptionskapazität des Dickdarmes überschritten werden und damit eine Durchfallerkrankung entstehen. Zur sicheren Abklärung der Ursache sollte eine bakteriologische Untersuchung durchgeführt werden. Das akute, diffuse, alveoläre Lungenödem ist als agonale Veränderung anzusehen. Während des Einschläferns bleibt das Herz stehen, wodurch es durch fehlende Pumpleistung einen Blutrückstau in die Lunge gibt. Durch einen erhöhten Druck im Gefäß kommt es zu einem Flüssigkeitsaustritt in die Lunge. Zusammen mit dem Surfactant und der agonalen Schnappatmung wird die Flüssigkeit schaumig. Als Differentialdiagnose kommt eine Hypostase in Betracht; hierbei ist die Flüssigkeit jedoch nicht aufgeschäumt. Die vorberichtlich erwähnte Anämie ist im Blutverlust über die Tumormetastasen begründet. Morphologische Hinweise auf eine Leishmaniose, wie Hautläsionen oder Hepato-Spleno-Megalie konnten nicht festgestellt werden. Postmortale Veränderungen: Die Totenkälte (Algor mortis) entsteht durch das Erlöschen der wärmeerzeugenden Stoffwechselprozesse. Nach Eintreten des Todes gleicht sich die Körpertemperatur schrittweise der Umgebungstemperatur an; dies erfolgt als Richtzahl mit 1 Grad C pro Stunde. Totenstarre (Rigor mortis) Nach dem Tod kommt es durch Einströmen von Caliciumionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum zu einer Kontraktion des Muskels, wodurch ein Rigorkomplex entsteht. Die Aktin- und Myosinfilamente können weder aktiv noch passiv aneinander vorbeigleiten. Die Muskulatur erstarrt im gesamten Körper, da das zur Lösung des Komplexes benötigte ATP nicht mehr hergestellt werden kann. Die Lösung der Totenstarre erfolgt erst durch autolytische Prozesse, die zu einer Trennung der Aktin-Myosin-Verbindung führen. Die Totenstarre tritt in der Regel 2 bis 8 Stunden nach dem Tode ein und dauert zwischen 24 und 48 Stunden an. Sie tritt von cranial nach caudal ein und von proximal nach distal. Die Lösung erfolgt in der gleichen Reihenfolge und ist abhängig von der Umgebungstemperatur und den Todesumständen. Totenauge Durch Wasserverlust infolge Verdunstung verlieren die Augäpfel ihren Tonus und sinken in die Orbita ein. Die Hornhaut wird durch die fehlende Tränenproduktion glanzlos und trübe. Im vorliegenden Fall war nur eine leichte Trübung zu erkennen. Todesursache Die Todesursache ist ein akutes Herz-Kreislauf-Versagen aufgrund der Applikation eines Tötungsmittels. Die Euthanasie wurde aufgrund eines massiv metastasierten Hämangiosarkoms mit Ruptur eines Knoten in der Milz und starkem Blutverlust durchgeführt.