Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, XI. Gesetzgebungsperiode
Tagung 1981/82
12. Sitzung am 27. Mai 1982
Sitzungsbericht
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Reiter (Seite 763),
2. Abwesenheitsanzeige (Seite 763),
3. Verlesung ,des Einlaufes (Seite 763),
4. Verhandlung:
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses über den Einspruch der Bundesregierung gemäß
Art. 98 Abs. 2 B-VG betreffend den Gesetzesbeschluß des Niederösterreichischen Landtages von 18.
Feber 1982 über Ehrungen durch das Land Niederösterreich und durch die Gemeinden (NÖ
Ehrungsgesetz). Berichterstatter: Abg. Dkfm. Höfinger (Seite 764); Abstimmung (Seite 764).
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
Initiative im Sinne des Art. 26 NÖ LV 1979 zur Einführung der Briefwahl. Berichterstatter: Abg.
Buchinger (Seite 764); Redner: Abg. Ing. Kellner (Seite 765), Abg. Krenn (Seite 766), Abg. Präs.
Romeder (Seite 769), Abg. Lechner (Seite 771), Abg. Mag. Freibauer (Seite 773); Abstimmung (Seite
775).
Antrag des Kommunalausschusses über den Einspruch der Bundesregierung gemäß Art. 98 Abs. 2 BVG betreffend den Gesetzesbeschluß des Niederösterreichischen Landtages vom 17. Dezember
1981, mit dem das Niederösterreichische Gebrauchsabgabegesetz 1973 geändert wird.
Berichterstatter: Abg. Haufek (Seite 775); Abstimmung (Seite 775).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über den Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten
Anzenberger u. a. über den Feldschutz in Niederösterreich (NÖ Feldschutzgesetz). Berichterstatter:
Abg. Steinböck (Seite 775); Redner: Abg. Präs. Romeder mit Abänderungsantrag (Seite 776);
Abstimmung (Seite 777).
Antrag des Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Firmen Karl
Neumayer GesmbH und Josef Feller GesmbH, Antrag auf Übernahme einer Landeshaftung für 80%
eines Kreditbetrages von S 15,000.000,-. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite 000); Redner: Abg.
Jirkovsky (Seite 778), Abg. Prof. Wallner (Seite 779); Abstimmung (Seite 782).
Antrag des Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend NÖ
Landeskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Klosterneuburg, Neubau der Psychiatrie,
Energiezentrale, Umbau des Zentralgebäudes (2. Bauabschnitt), Valorisierung. Berichterstatter: Abg.
Krenn (Seite 782); Redner: Abg. Ing. Kellner mit Resolutionsantrag (Seite 783); Abstimmung (Seite
783).
Antrag des Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Landeshaftung für
die Ausstellung „800 Jahre Franz von Assisi - Franziskanische Kunst und Kultur des Mittelalters“ in der
Minoritenkirche in Krems-Stein im Jahre 1982. Berichterstatter: Abg. Dr. Slawik (Seite 783);
Abstimmung (Seite 784).
Antrag des Sozialausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend den Gesetzentwurf,
mit dem das NÖ Sozialhilfegesetz geändert wird. Berichterstatter: Abg. Bernkopf (Seite 784);
Abstimmung (Seite 784).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend den
Gesetzentwurf über den Schutz von Höhlen (NÖ Höhlenschutzgesetz). Berichterstatter: Abg. Koczur
(Seite 784); Abstimmung (Seite 784).
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
den Gesetzentwurf, mit dem das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten des Landes
Niederösterreich geregelt wird. (Landes-Vertragsbedienstetengesetz - LVBG). Berichterstatter: Abg.
Dr. Bernau (Seite 785); Redner: Abg. Deusch (Seite 785), Abg. Buchinger (Seite 787); Abstimmung
(Seite 789).
Antrag des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend den
Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Gemeinde-Investitionsfondsgesetz 1975 geändert wird.
Berichterstatter: Abg. Fürst (Seite 789); Abstimmung (Seite 790).
Antrag des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend den
Gesetzentwurf, mit dem das Gesetz über die Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden
geändert wird. Berichterstatter: Abg. Dr. Slawik (Seite 790); Abstimmung (Seite 790).
PRÄSIDENT REITER (um 10.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung ist
geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Es ist unbeanstandet geblieben und demnach als genehmigt zu
betrachten.
Von der heutigen Sitzung haben sich entschuldigt Herr Landesrat Höger sowie die Abgeordneten
Bieder, Dipl.-Ing. Molzer, Zauner und Zimper.
Wie bereits angekündigt, setze ich die Geschäftsstücke Zahlen 438, 385 und 410, welche in den
zuständigen Ausschüssen vom 25. Mai 1982 erledigt wurden, noch auf die Tagesordnung dieser
Sitzung.
Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.-446 - Antrag des Abgeordneten Dr. Bauer und Genossen betreffend Einsatz von Zivildienern in
der Landwirtschaft.
Ltg.-453 - Antrag des Abgeordneten Ing. Kellner und anderer betreffend Maßnahmen für die
Beimengung von Biosprit zum Benzin.
Ltg.-454 - Antrag des Abgeordneten Lechner und Genossen betreffend NÖ Feuer-, Gefahrenpolizeiund Feuerwehrgesetz (NÖ FGG), Verordnung über die Kehrperioden und die Verordnung über die
Festlegung von Höchsttarifen für das Gewerbe der Rauchfangkehrer in Niederösterreich.
Ltg.-422 - Vorlage der Landesregierung betreffend Initiative im Sinne des Artikels 26 NÖ LV 1979
betreffend Aufhebung des NÖ Landesumlagegesetzes 1974.
Ltg.-444 - Vorlage der Landesregierung betreffend Dworschak & Steinegger GesmbH,
Marbach/Donau, Antrag auf Übernahme einer Landeshaftung für 80% eines Kredites in der Höhe von
S 3,200.000.
Ltg.-452 - Vorlage der Landesregierung betreffend Firma Geflügelhof Weinberger, Weistrach, Antrag
um Übernahme einer Landeshaftung für 80% von Krediten in der Höhe von S 15,000.000.
Ltg.-443 - Vorlage der Landesregierung betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das Gesetz über die
Gliederung des Landes NÖ in Gemeinden geändert wird. (Markterhebung Kaltenleutgeben).
Ltg.-447 - Vorlage der Landesregierung betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Kanalgesetz
1977 geändert wird.
Ltg.-448 - Vorlage der Landesregierung betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das Gesetz über die
Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden geändert wird.
Ltg.-445 - Vorlage der Landesregierung betreffend Wirtschaftsförderungsfonds, Tätigkeitsbericht 1982.
Ltg.-451- Bericht des Finanzkontrollausschusses des Landtages von Niederösterreich betreffend
Bericht über die in Ausübung seines Kontrollrechtes im 2. Halbjahr 1981 gemachten Wahrnehmungen.
Ltg.-430/1- Das Landesgericht für Strafsachen Wien, Abteilung 24 d, hat mit Schreiben vom 19. 4.
1982 an den Landtag von Niederösterreich eine „Anfrage gemäß Artikel 57 Abs. 3 B-VG, betreffend
den Abgeordneten des NÖ Landtages Walter Zimper" gerichtet.
PRÄSIDENT REITER: Der Kommunalausschuß wird zur Beratung des Geschäftsstückes Zahl 448
während des Plenums im Herrensaal zusammentreten. Im Falle der abschließenden Beratung und
Behandlung dieses Geschäftsstückes, setze ich dasselbe auf die Tagesordnung dieser Sitzung.
Wir gelangen zur Beratung der Tagesordnung.
Ich ersuche den Herrn Abg. Dkfm. Höfinger die Verhandlung zur Zahl 408/1 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Dkfm. HÖFINGER: Der Landtag von Niederösterreich hat in seiner Sitzung vom
18. Februar 1982 einen Gesetzesbeschluß über ein niederösterreichisches Ehrungsgesetz gefaßt.
Die Bundesregierung hat dagegen auf Grund ihres Sitzungsbeschlusses vom 13. April 1982 gemäß
Artikel 98 Abs. 2 B-VG Einspruch erhoben. Der Verfassungs- und Rechtsausschuß hat sich mit
diesem Einspruch der Bundesregierung befaßt und sich entschlossen, folgenden Antrag zu stellen
(liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der in seiner Sitzung am 18. Februar 1982 gefaßte Gesetzesbeschluß über Ehrungen durch das
Land Niederösterreich und durch die Gemeinden (NÖ Ehrungsgesetz) wird gemäß Art. 98 Abs. 2 BVG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 3 NÖ Landesverfassung 1979 wiederholt.
2. Die Landesregierung wird ersucht, die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen
Maßnahmen zu treffen."
Ich bitte um Beratung und Beschlußfassung.
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. (Nach
Abstimmung über den Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses): Angenommen.
Ich stelle fest, daß dieses Geschäftsstück bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des
Landtages angenommen wurde.
Ich ersuche den Herrn Abg. Buchinger, anstelle des Herrn Abg. Ing. Kellner, die Verhandlungen zur
Zahl 421 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe über die Zahl 421
betreffend Initiative im Sinne des Art. 26 NÖ LV 1979 zur Einführung der Briefwahl zu berichten.
155 niederösterreichische Gemeinden haben bis zum 7. Jänner 1982 gemäß § 24 NÖ IEG auf Grund
von Gemeinderatsbeschlüssen die Einleitung des Verfahrens zur Ausübung des Initiativrechtes, womit
die Abänderung des Landesverfassungsgesetzes, NÖ Landtagswahlordnung 1974, Landesgesetzblatt
0300, in der Weise verlangt wird, daß bei den Wahlen zum Niederösterreichischen Landtag für
Wahlberechtigte, die am Wahltag wegen Krankheit oder körperlicher Behinderung im Wahllokal nicht
erscheinen können oder sich am Wahltag außerhalb Niederösterreichs aufhalten müssen, die
Möglichkeit eingeräumt wird, das Wahlrecht mittels Wahlbrief auszuüben, begehrt.
Die Landeswahlbehörde hat in ihrer Sitzung am 7. Jänner 1982 beschlossen, daß gemäß § 26 IEG
eine Initiative im Sinne des Artikels 26 der NÖ Landesverfassung 1979 vorliegt.
Diese Initiative wurde von der Landeswahlbehörde gemäß § 27 Abs. 1 IEG der NÖ Landesregierung
übermittelt.
Ich darf den Bericht des Verfassungs- und Rechtsausschusses wiedergeben, wo festgestellt wird, daß
es zu einem gültigen Beschluss über den Verhandlungsgegenstand mangels des
Beschlußerfordernisses (Art. 18 Abs. 3 L-VG 1979, § 62 und § 44 Abs. 5 LGO 1979)
nicht gekommen ist.
Ich darf daher namens des Verfassungs- und Rechtsausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„Der Bericht des Verfassungs- und Rechtsausschusses wird zur Kenntnis genommen.''
Ich darf bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ing. Kellner.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! „Den
Bürgern unseres Landes mehr Recht", das kann man bei Sonntagsreden der sozialistischen
Funktionäre auch in Niederösterreich immer wieder hören. Den Bürgern unseres Landes mehr Recht!
Wie sieht die Praxis aus? Mehr als 1,3 Millionen Niederösterreicher haben ein Volksbegehren
unterschrieben. Die Reaktion der Sozialistischen Partei, die Reaktion des sozialistischen
Klubobmannes ist: „Es wird trotzdem das gemacht, was wir wollen!" (Abg. Fux: So wie in
Niederösterreich!)
In Niederösterreich, sehr geehrter Herr Kollege, haben wir eine sehr moderne Landesverfassung. In
Niederösterreich haben wir ein eigenes Gesetz, wodurch die Möglichkeiten für Einrichtungen in
unserem Land und für Bürger in diesem Land verbessert werden sollen, unter anderem die
Möglichkeit, daß 15% unserer Gemeinden dann, wenn sie der Auffassung sind, daß für die Bürger
dieses Landes nicht das geschieht, was geschehen müßte, einen entsprechenden Antrag stellen
können. Das geschieht heute, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Was ist die Vorgeschichte? Als die Landtagswahlordnung in Niederösterreich zur Debatte gestanden
ist, waren wir der Auffassung, daß es allen Bürgern in diesem Lande unter möglichst gleichen
Bedingungen möglich sein muß, von einem der wichtigsten Rechte, die ein Bürger in einer Demokratie
hat, nämlich vom direkten Wahlrecht Gebrauch zu machen, die Möglichkeit zu haben, mitzureden, wie
in einer Gemeinde, wie im Land oder in einer sonstigen Körperschaft die Zusammensetzung jener
Gremien vor sich geht, die die Verantwortung zu tragen haben.
Nicht zu Unrecht, das möchte ich ausdrücklich festhalten, sind so wichtige Entscheidungen wie ein
Wahlgesetz an die 2/3 Mehrheit gebunden. Wir haben damals für das Instrument der Briefwahl im
Landtag von Niederösterreich nicht die entsprechende Mehrheit gefunden. Es haben daher mehr als
300 Gemeinden in Niederösterreich, genau sind es 324 Gemeinden von 559 Gemeinden, den
Landtag von Niederösterreich beauftragt, sich noch einmal mit dieser Materie zu beschäftigen. Es ist
das erste Mal, daß auf Grund unserer neuen Landesverfassung und der entsprechenden
Einrichtungen in diesem Land so eine Vorlage vom Landtag zu behandeln ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß Ihnen ehrlich gestehen, daß ich Sie nicht
verstehen kann. Sie haben in der letzten Zeit Ihren Namen geändert. War es nach 1945 der Name
„Sozialisten", den Sie geführt haben, ist es uns damals schon aufgefallen, daß Ihre Handlungen nicht
immer mit Ihrem Namen vereinbar waren. Seit einigen Jahren hören wir eine starke Betonung auf
„Sozialdemokratische Partei". Ich frage mich, wie sich Ihre Haltung gerade in der Frage der Briefwahl
mit dem Namen „demokratische Partei" vereinbaren läßt, denn die Argumente, die Sie uns das letzte
Mal hier gebracht haben, waren zumindestens nicht zielführend oder aber, meine sehr verehrten
Damen und Herren, die Argumente haben nicht gestimmt! Wie ist es denn mit der Briefwahl? Die
haben wir in Österreich nicht nur bereits bei einigen Gesetzen, bei einigen Wahlrechten fixiert.
Ich darf darauf hinweisen, daß es im Bundespersonalvertretungsgesetz, im § 20 Abs. 7, die
Möglichkeit der Briefwahl gibt. Ich darf daran erinnern, daß bei der Landarbeiterkammerwahlordnung
im § 48 die Briefwahl vorgesehen ist, und ich darf darauf hinweisen, daß eben im
Niederösterreichischen Initiativ- und Einspruchsgesetz die Möglichkeit der Briefwahl verankert ist, und
auch im Arbeitsverfassungsgesetz - diese Bestimmungen wurden übrigens damals im Parlament
einstimmig angenommen - ist die Briefwahl verankert.
Es ist auch in vielen Ländern in Europa die Briefwahl eingeführt. Z. B. seit dem Jahre 1957 in der
Bundesrepublik Deutschland. Wir haben uns damals - ich glaube, es war der Kollege Dr. Bauer, der
zum Thema gesprochen hat - hier sagen lassen müssen, dass man in Deutschland mit der Briefwahl
so schlechte Erfahrungen gemacht hat und dass man dort daran denkt, sie abzuschaffen. Man war
anscheinend, als man diese Aussage gemacht hat, nicht gut informiert.
Am 25. Februar 1982 haben die Bundesräte Weiß und Ludescher an den Herrn Bundesminister für
auswärtige Angelegenheiten eine Anfrage gestellt, und zwar die Anfrage, wie in Deutschland nun
tatsächlich die Sache mit der Briefwahl steht und welche Schwierigkeiten es dort gibt. Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen die Antwort, die wir vom Botschafter im Parlament
erhalten haben, zur Kenntnis bringen:
„Einem Bericht der österreichischen Botschaft in Bonn vom 11. März 1982 zufolge ist in der
Bundesrepublik Deutschland ein stetiges Ansteigen der Briefwähler von seinerzeit 4,9% im Jahre
1957 auf 10,7% im Jahre 1976 und 13% bei der Bundestagswahl 1980 feststellbar." (Abg. Fux: Dort
wählen 70 Prozent! Bei uns 96 Prozent!)
Lieber Herr Kollege Fux! Lassen Sie mich ausreden, dann brauchen Sie sich nicht aufregen. Da
sparen Sie sich einige Schwierigkeiten, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier in
diesem Saal hat der Ministerpräsident Dr. Vogl einen Vortrag gehalten und dabei festgestellt, daß man
in Deutschland bei der Handhabung des Briefwahlrechts zu großzügig umgegangen ist - ich möchte
ausdrücklich hier festhalten, zu großzügig damit umgegangen ist - und daher entsprechende
einschränkende Bestimmungen zu erlassen hat. Das ist ein Faktum, meine sehr verehrten Damen und
Herren!
Wie hat nun die Sache bei uns in Niederösterreich ausgesehen? Als wir gesehen haben, daß Sie eine
gewisse Sorge haben, dass hier unter Umständen demokratische Einrichtungen mißbraucht werden
könnten, haben wir bei der Ausschußberatung einen modifizierten Antrag eingebracht und festgestellt,
daß überall dort, wo fliegende Wahlkommissionen eingesetzt werden können, also in
Krankenhäusern, Heimen, Kommissionen eingesetzt werden sollen. Dort soll das Briefwahlrecht nicht
gewährt werden. Sie erinnern sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, an die
Ausschußberatungen, wo wir Ihnen gesagt haben, wir könnten uns im Interesse der betroffenen
Bürger vorstellen, dass das Briefwahlrecht nur auf jene Mitbürgerinnen und Mitbürger anzuwenden
sein soll, die sich zu Hause in Pflege befinden, wo also eine Erfassung bei der Wahl nicht möglich ist.
Wir haben uns sehr gefreut, daß Sie damals gemeint haben, das wäre eine andere Voraussetzung
und gebeten haben, die Ausschußberatungen zu unterbrechen, weil Sie noch in Ihren zuständigen
politischen Gremien entsprechende Beratungen pflegen müßten. Das haben wir selbstverständlich
eingesehen und waren dazu bereit. Skeptiker in unseren Reihen haben gesagt, das könnt Ihr
vergessen, herauskommt dabei nichts! Manche haben sogar gemeint, na jetzt holen sie sich vom
Blecha die Marschroute und dann wird halt abgelehnt. Was passiert ist, weiß ich nicht, ich weiß nur,
daß im Ausschuß der Antrag der Österreichischen Volkspartei - wir sind darin schon so weit
gegangen, als es überhaupt nur möglich war – von Ihnen abgelehnt wurde.
Nachdem das Wahlrecht bekanntlich eine qualifizierte Mehrheit benötigt, eine 2/3-Mehrheit, sind wir
auch heute nicht in der Lage, einen Beschluß darüber zu fassen, obwohl das Jahr der Behinderten
war, wo es viele Lippenbekenntnisse gegeben hat, die Behinderten entsprechend zu unterstützen.
Wer, meine sehr verehrten Damen und Herren, schon ein Umständen oft am Wahltag Behinderte,
Kranke, alte Personen in das Wahllokal geschleppt werden, der wird doch zugeben, daß man
versuchen muß, diesen Zustand zu ändern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir waren der Auffassung, daß wir in dieser Frage mit Ihrer
Zustimmung rechnen können. Das ist nicht geschehen, das bedauern wir sehr. Wir hoffen nur, daß
sich in dieser Frage Ihre Haltung im Interesse unserer älteren Mitbürger, unserer Senioren und
unserer behinderten Mitbürger ändern wird, und ich darf sagen, daß meine Fraktion den Antrag
weiterhin unterstützen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gemeldet ist Herr Abg. Krenn.
Abg. KRENN: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Zur Landtagszahl 421
gestatte ich mir namens meiner Fraktion doch ein paar grundsätzliche Bemerkungen. Nicht wie der
Herr Klubobmann gesagt hat, 355, sondern 155 Gemeinden haben einen Antrag gestellt, und es ist
interessant, dass hier verschwiegen wird, wie in diesen Gemeinden diese Beschlüsse zustande
gekommen sind. (Abg. Ing. Schober: Demokratisch! Wir verwahren uns gegen Verdächtigungen, Herr
Kollege! Das ist ein Angriff auf die Demokratie der Gemeinden!) Ich bin selbst Mitglied eines
Gemeinderates, wo es 11 zu 10 (Abg. Anzenberger: In der SPÖ wird alles demokratisch gemacht!
Das ist Demokratie!) für die ÖVP steht, und mit dieser schwachen Mehrheit wurde in dieser Gemeinde
auch dieser Beschluß gefaßt. (Abg. Rozum: Im Parlament beschließen Sie ja auch mit 51 %! - Abg.
Ing. Schober: Das ist eine nicht bewiesene Anschuldigung!)
Ist das nun die neue Art der ÖVP, Redner nicht ausreden zu lassen? Wir haben den Eindruck, daß die
ÖVP die Gemeinden beauftragt hat, das Problem der Briefwahl neuerlich auf die Tagesordnung zu
setzen, einfach deswegen, weil man hier wieder einen neuen Weg versucht. Weil man im Landtag
schon zweimal solche Anträge gestellt hat und doch nicht die Mehrheit fand, hat man es nun wieder
über den Weg der Gemeinden versucht. Man hat hier die Gemeinden strapaziert, obwohl die
Gemeinden doch wirklich andere Aufgaben hätten, als solche Anträge zu stellen. (Abg. Anzenberger:
Wozu gibt es in der Verfassung diese Möglichkeit?)
Na, wenn ich zum Beispiel nur an die Novellierung der Gemeindewahlordnung denke, der Amtliche
Stimmzettel wäre sicherlich dort viel angebrachter, als hier diesen Antrag zu stellen, und wenn ich
daran denke, wie wichtig es für die Gemeinden wäre, die sogenannte Landesumlage endlich
abzuschaffen! Das wäre ein Problem, das die Gemeinden besonders beschäftigen müßte, aber über
Auftrag der ÖVP sind diese Initiativen anscheinend nicht so wichtig, sondern man hat hier neuerlich
einen Antrag gestellt, der in Wirklichkeit schon einige Male in diesem Haus behandelt wurde.
Ich weiß nicht, die ÖVP muß wirklich ein besonderes Interesse an dieser Briefwahl haben, denn sonst
könnten nicht über verschiedene Türln solche Anträge gestellt werden. Der Herr Klubobmann hat ja
heute wieder die Alten und die Kranken, die wir natürlich genauso bedauern wie Sie, ins Treffen
geführt. Hier gibt es aber bereits in Krankenhäusern die Lösungen mit den fliegenden
Wahlkommissionen, und für die Wahlkartenwähler gibt es ja auch gewisse Möglichkeiten. Wenn man
sich das näher betrachtet – das hat ja eine Ifes-Untersuchung, die schon vor einiger Zeit durchgeführt
worden ist, ergeben --, handelt es sich in Wirklichkeit um einen sehr kleinen Bereich der Betroffenen,
die tatsächlich mitunter kein persönliches Wahlrecht ausüben können gegenüber jenen, die dann die
Briefwahl wohl ausnützen würden. (Abg. Anzenberger: Jeder Wahlberechtigte hat das Recht, zur Wahl
zu gehen!) Es ist doch interessant festzustellen, meine Damen und Herren, daß man vielmehr - und
der Herr Klubobmann hat ja heute hier wieder die Demokratie strapaziert -, wie die Erfahrungen
zeigen, durch die Briefwahl der Demokratie keinen guten Dienst leistet. Im Gegenteil. (Abg. Ing.
Kellner: Das darf nicht wahr sein!) Der Staatsbürger hat doch das Recht, daß er „persönlich" an dieser
Wahl teilnimmt, und er soll das auch tun. (Abg. Anzenberger: Man muß ihm die Möglichkeit dazu
geben!)
Es hat sich noch etwas gezeigt: daß in jenen Ländern, in denen die Briefwahl existiert, die
Wahlbeteiligung weitaus niedriger ist, als das in Österreich der Fall ist. Wenn ich mir nur die USA
hernehme, wenn ich nehme, daß der Herr Reagan in den USA in Wirklichkeit nur von einem Viertel
der Wähler gewählt wurde, denn es ist ja nur die Hälfte zur Wahl gegangen, und von dieser Hälfte hat
er trotz der Briefwahl auch nur die Hälfte der Stimmen bekommen, (Abg. Ing. Schober: Nicht wegen
der Briefwahl!) und wenn wir uns anschauen, daß gerade in Frankreich, wo auch die Briefwahl
eingeführt war, diese 1974 wieder aufgehoben worden ist, dann hat es doch seine Gründe.
Herr Klubobmann! Wenn Sie hier von der Sozialistischen Partei und von der Sozialdemokratischen
Partei ableiten, gestatten Sie mir doch eine Bemerkung. (Abg. Ing. Kellner: Natürlich!) Sowohl die
Sozialdemokraten der ersten Republik wie auch wir Sozialisten in der zweiten Republik haben niemals
diese Verfassung verraten! Im Gegenteil. In der ersten Republik sind unsere Leute für diese
Demokratie eingetreten, und wir tun das genauso. Sehen Sie, und gerade weil wir zu dieser
Verfassung stehen, ist für uns ein Teil dieser Verfassung „das gleiche, unmittelbare, geheime und
persönliche Wahlrecht"! Selbst Ihre Professoren, auch wenn sie jetzt ihre Meinung geändert haben
sollten, die Professoren Klecatsky und Ermacora, haben seinerzeit festgestellt, daß in der Verfassung
die Briefwahl keineswegs festgelegt ist, auch wenn sie jetzt, ich weiß nicht aus welchen Gründen,
vielleicht eine andere Meinung haben. Aber das hat Ihnen ja der Herr Dr. Bauer auch schon bei seiner
Rede im Oktober 1981 gesagt.
Jetzt frage ich mich, warum sollen wir hier in diesem Landtag gegen etwas stimmen, was in der
Verfassung festgelegt ist?. (Abg. Ing. Kellner: Das ist schon kühn!) Das heißt, wir sollen gegen die
Verfassung stimmen, dazu wollen Sie uns bewegen, dadurch, daß wir die Briefwahl einführen. Das ist
doch eindeutig gegen die Verfassung. Daß Sie in der Frage nicht sehr sicher sind, zeigt ja der Antrag,
den die ÖVP im Nationalrat gestellt hat, die ebenfalls die Briefwahl und sie gleichzeitig auch als
Verfassungsbestimmung haben wollte. Das heißt also, daß Sie selbst indirekt zugeben, daß das nicht
verfassungskonform ist, weil Sie ja sonst nicht erst eine Verfassungsbestimmung hätten einbauen
müssen.
Aber noch etwas anderes, meine Damen und Herren! Es gibt ja in den Ländern, wo die Briefwahl
eingeführt ist, leider, muß ich sagen, sehr große Wahlschwindel. Man öffnet diesem Wahlschwindel
Tür und Tor, wenn wir hier Ihrem Antrag die Zustimmung geben würden. Ich darf Ihnen nur zitieren,
und zwar wörtlich, aus einem Artikel des „Spiegel" vom 15. 12. 1980 unter dem Titel „Kreuz für Oma".
Hier heißt es unter anderem: „In einem Heim im bayrischen Wilseck führten ein CSU-Kandidat und
eine hilfreiche Schwester gleich 23 Gebrechlichen beim Kreuze machen die Feder, und in einem
Pflegeheim Schwarzwald-Dorf Schönberg verschaffte ein Pfleger der CDU und einer CDU-nahen
Wählergemeinschaft die Stimmen Dutzender Heiminsassen, die die Stimmzettel teilweise erst gar
nicht zu Gesicht bekamen. (Abg. Steinböck: Denken Sie an Lainz!) In beiden Fällen wurde eine
Wiederholung der Gemeindewahlen angeordnet. Aus der Angst vieler älterer Menschen vor dem nicht
ganz einfachen Briefwahlverfahren, versuchte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete und
Weinfabrikant Elmar Birot, Vorteil zu ziehen. In seinem Wahlkreis Bad Kreuz ließ er vor der
Bundestagswahl tausende betagte Wahlberechtigte per Rundschreiben wissen, daß eine Person
meines Vertrauens zur Verfügung stehe, um bei den richtigen Handlungen behilflich zu sein.' "
Unter anderem geht es dann weiter: „Wie auch immer, vom Verfassungsgrundsatz der freien und
geheimen Wahl kann bei der Stimmenabgabe daheim häufig keine Rede mehr sein. Aus dem
Wahlgeheimnis wird unter den Blicken der Hausgenossen oder Wahlhelfer ein offenes Geheimnis."
Das ist ein Artikel der Anton Johann Fux, ich will jetzt nicht wörtlich zitieren, der im Zusammenhang
mit der Gemeinderatswahl ebenfalls gegen die Briefwahl auftritt; sicherlich nicht jemand, der den
Sozialisten nahesteht. Sehen Sie, und wenn hier angeführt worden ist, daß es ja in Österreich die
Briefwahl gibt, nämlich sowohl bei den Bundesbediensteten als auch bei der Landarbeiterkammer,
und auch hier das Arbeitsverfassungsgesetz angezogen worden ist, dann darf ich auch dazu einige
Bemerkungen machen, weil ich glaube, daß es hier schon notwendig ist, die Bestimmungen, wie sie in
der Betriebsratswahlordnung festgelegt sind, zu kennen.
Es ist richtig, daß im Arbeitsverfassungsgesetz im § 56 Abs. 3 die Briefwahl ermöglicht wird und die
genauen Bestimmungen jedoch in der Betriebsratswahlordnung verankert sind. Wenn ich Ihnen auch
diesbezüglich einiges wörtlich zitieren darf, dann werden Sie erkennen, daß hier einem eventuellen
Wahlschwindel schon ein Riegel vorgeschoben ist. Es heißt unter anderem, ich zitiere wörtlich aus
dem § 22 Abs. 2: „Jede Wählergruppe, deren Wahlvorschlag zugelassen wurde, hat das Recht, zu
den Beratungen über die Feststellung der zur brieflichen Stimmenabgabe Berechtigten einen
Beobachter zu entsenden. Der Wahlvorstand hat den Vertretern der Wahlvorschläge spätestens einen
Tag vor Abhaltung dieser Beratungen Zeitpunkt und Ort derselben bekanntzugeben. Dann hat der
Wahlvorstand ein Verzeichnis der zur brieflichen Stimmenabgabe zugelassenen Wahlberechtigten
anzufertigen. Dieses Verzeichnis hat Familien-, Vornamen und die Anschrift, den Aufenthaltsort und
den Grund der Verhinderung der persönlichen Stimmenabgabe der zur brieflichen Stimmenabgabe
Berechtigten zu enthalten.
Viertens. Wahlberechtigte, denen eine Wahlkarte ausgestellt wurde, sind in den Wählerlisten
gesondert zu kennzeichnen. Fünftens. Spätestens am vierten Tag vor dem ersten Wahltag hat der
Wahlvorstand den zur brieflichen Stimmenabgabe Berechtigten mittels eingeschriebenen Briefes die
auf den Namen lautende Wahlkarte zu übermitteln. Der Wahlkarte ist ein leerer Stimmzettel, ein wie
für die übrigen Wähler aufliegender leerer Umschlag (Wahlkuvert) sowie ein bereits freigemachter
frankierter und mit der Adresse des Wahlvorstandes versehener zweiter Umschlag beizulegen." (Abg.
Ing. Schober: Das ist ein Argument! - Abg. Anzenberger: Das ist kein Argument!)
Sie sehen also, daß es hier gewisse Bestimmungen gibt und daß sicherlich, wenn man das umlegen
würde, ein riesiger verwaldes Spiegel, den ich nun wörtlich zitiert habe. Aber ein neuerer Artikel durchaus nicht von einer SPÖ-nahen Zeitung - der NÖN. Hier schreibt am 23. 3. 1982 jemand,
nämlich technischer Apparat aufgezogen werden müßte. Außerdem ist es ja bei so kleinen Einheiten
immer noch möglich, einen Überblick zu bekommen, sodaß hier einem Wahlschwindel doch ein
gewisser Riegel vorgeschoben ist. Ich betone nochmals, wenn Sie nun neuerlich diese Briefwahl
fordern, würde es bedeuten, daß wir gegen die Verfassung stimmen sollen, und daher kann man von
uns Sozialisten nicht verlangen, diesem Ihrem Wollen nach einer Briefwahl die Zustimmung zu geben.
Daher, meine Damen und Herren, glaube ich, etwas weniger emotionsgeladen (Abg. Anzenberger:
Aber ohne Beweis!) und weniger Angriffe auf jene Menschen, die zu dieser Demokratie schon
gestanden sind und weiterhin zu dieser Verfassung stehen, wären angebrachter gewesen. Wir
Sozialisten jedenfalls haben niemals, das sage ich mit aller Deutlichkeit, diese Verfassung und diese
Demokratie verraten! (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Präsident Romeder.
Abg. Präsident ROMEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Niederösterreichische Landtag, ich glaube, ich kann auch sagen, die Bevölkerung von
Niederösterreich, ist sehr stolz auf die neue Landesverfassung und auf die Ausführungsgesetze, die
wir gemeinsam beschlossen haben. Wir haben hier bewußt keine Verfassung gebrochen, indem wir
eine neue, moderne Landesverfassung beschlossen und gutgeheißen haben. Das einmal
grundsätzlich. Wenn wir auf diese neue Landesverfassung berechtigt stolz sind und auch die
Ausführrungsgesetze gutgeheißen haben, dann, glaube ich, haben wir hiermit auch den Gemeinden
Niederösterreichs das Recht eingeräumt, als Träger einer Willenäußerung zu dieser Briefwahl Stellung
zu nehmen, und man hätte auch den Willen von 324 Gemeinden, der absoluten Mehrheit der
Gemeinden in Niederösterreich, hier im Hohen Haus entsprechend zu werten. Das ist unsere
Meinung, denn man kann nicht vom Ansehen der Gemeinden sprechen, von der großen Leistung und
dem Wollen der Gemeindefunktionäre,wenn man hier gleichzeitig gemeindeunfreundlich handelt,
indem man einfach das Wollen der Gemeindefunktionäre, wenn man hier gemeindeunfreundlich
handelt, indem man einfach das Wollen und den politischen Willen unserer Gemeinden, der zum
Ausdruck gebracht wurde, ad acta legt.
Ich glaube, man kann nicht davon sprechen, daß man gegen eine Verfassung ist, wenn man
Verfassungsbestimmungen hier konkret und der Zeit angepaßt, um eine Gesetzesregelung zu treffen,
ändern will. Das ist das Recht und, wenn man die Entwicklung sieht, auch die Pflicht, praktisch auch
verfassungsrechtliche Dinge der Zeit anzupassen, um, meine Damen und Herren, wenn Sie so wollen,
vielen Menschen, die in Niederösterreich nur unter schwierigen Voraussetzungen wählen können, die
Möglichkeit zu geben, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können.
Wenn man in der heutigen Zeit von der Demokratie spricht, von Demokratieverdrossenheit, dann muß
man doch etwas dazu beitragen, um auf allen Ebenen diese Demokratieverdrossenheit
hintanzuhalten. (Abg. Stangl: Mit der Briefwahl ist es noch ärger!) Dazu, meine sehr geehrten Damen
und Herren, gehört auch die Briefwahl, denn viele Menschen haben am Wahltag nicht die Möglichkeit,
von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das möchte ich einmal grundsätzlich sagen. Hier ist, bei
uns sogar das Wollen und der Wille vieler alter, behinderter Menschen im Vordergrund gestanden.
(Beifall bei der ÖVP.)
Wie oft erleben wir draußen in unseren Städten, in unseren Märkten und in unseren Dörfern, daß
behinderte Menschen, alte Menschen unter schwierigen Voraussetzungen praktisch in das Wahllokal
geschleppt werden. Das ist sicher nicht im Sinne der Demokratie und menschenunwürdig. Auch das,
meine sehr Geehrten, sollte man sehen! (Beifall bei der ÖVP.)
Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, Wertung der Gemeindefunktionäre, Wertung der
Gemeinden, Einstellung zur Demokratie grundsätzlich. Wenn von meinem Vorredner zum Ausdruck
gebracht wurde, man müsse überlegen, man müsse sehen, hat er wörtlich gesagt, wie solche
Beschlüsse in den Gemeinden zustande gekommen sind, dann war ich von dieser Aussage eigentlich
sehr überrascht. Wie soll denn eine Demokratie funktionieren, wenn man nicht entsprechende
Mehrheiten bei der Willensbildung von vornherein aktzeptiert? Ist es demokratisch auf Bundes- oder
sonstiger Ebene, wenn mit 50,1% einer Willensentscheidung im Parlament etwas durchgezogen wird,
und es ist undemokratisch, von mir aus in einer Gemeinde mit 11 zu 10 eine Abstimmung
durchzuführen? Ist es demokratisch, wenn die SPÖ die Mehrheit hat, und ist es undemokratisch, wenn
die OVP eine Mehrheit hat? Diese Frage stelle ich nach dieser Äußerung hier in den Raum, denn es
gilt, sie zu überlegen. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Keusch: So wie beim Gamsstein!)
Gestatten Sie mir, weiter auszuführen. Man erweist der Demokratie keinen guten Dienst, hat mein
Kollege von der SPÖ-Seite gesagt, wenn man hier diese Briefwahl beschließt. Ich glaube, gerade das
Gegenteil ist der Fall! Man ermöglicht es allen Bürgern, das war unser Wille - ich wiederhole es
nochmals, Behinderte, alte Menschen leiden besonders darunter -, vielen Menschen, die eben nicht
die Möglichkeit haben, die Zusammensetzung der demokratischen Einrichtungen mitzubestimmen,
durch ihr Wahlrecht auf diese Zusammensetzung Einfluß zu nehmen. Ich behaupte, man erweist der
Demokratie keinen guten Dienst, wenn man diese Möglichkeit verhindert. Auch das muß einmal ganz
deutlich hier ausgesprochen werden! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir sehen aber auch einen Parteienstandpunkt, der sich anscheinend festgefahren hat, ein, und weil
wir auch hier der Sache dienen wollten, haben wir im Ausschuß einen Abänderungsantrag, der sehr
weitgehend war, eingebracht. Ich möchte in Ergänzung meines Freundes, des Abg. Kellner,
hinzufügen, es waren auch in unseren Reihen Freunde, die die Meinung vertreten haben, es müsse
doch möglich sein, diesen Abänderungsantrag im Sinne der Sache vielleicht doch anzunehmen. Ich
persönlich habe auch dazugehört und war daher sehr überrascht, als es bei der nächsten
Ausschußsitzung zu einer Ablehnung dieses weitgehendst entgegenkommenden Antrages, der eine
Brücke sein sollte, gekommen ist. Daß man diesen Brückenschlag nicht akzeptiert hat, ist für mich
persönlich gewiß sehr überraschend gekommen und war auch sehr enttäuschend.
Meine sehr Geehrten! Man hat hier auf Beispiele von fliegenden Wahlkommissionen, die man heute
hat, auf Beispiele aus Deutschland verwiesen. Es wird sehr oft, ohne dass es rechtlich zu Anzeigen
kommt, zu Fakten, die in Akten festgehalten werden, in unserer Bevölkerung und auch von
Funktionären, die bei Wahlkommissionen sind, behauptet, dass manchmal auch alten Menschen, ich
drücke mich sehr vorsichtig aus, angeblich die Hand geführt wird, wo es nicht notwendig wäre, um zu
einer Entscheidung zu kommen. Wägen wir nicht unbedingt mit der Apothekerwaage!
Hier geht es darum, allen Bevölkerungskreisen in diesem Bundesland die Möglichkeit zu eröffnen, auf
eine demokratische Entscheidung Einfluß nehmen zu können. Ein Grundrecht, das wir in den
vergangenen Jahrzehnten in Österreich durch viele Jahre gemeinsam erkämpft und das wir Gott sei
Dank heute erreicht haben. Darauf sollen wir immer stolz sein und alles dazu beitragen, dass in
unserem Land grundsätzlich keine Änderung in der Geisteshaltung zur Demokratie und zu den
demokratischen Einrichtungen eintritt. (Beifall bei der ÖVP.)
Gestatten Sie mir auch ein paar Bemerkungen zur Landesumlage, nachdem hier angedeutet wurde,
man werde ja in Zukunft sehen, welche Einstellung zu den über hundert Gemeinderatsbeschlüssen
von der ÖVP hier Platz greifen soll. Nur einen einzigen Satz noch - gehört heute hier nicht direkt dazu,
aber es wurde von meinem Vorredner auch angezogen. Die Mehrheit im Parlament hat jederzeit, und
das wollen wir, die Möglichkeit, den Finanzausgleich und die zuständigen Gesetze zu ändern. Es ist
ein österreichweites Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich hoffe, daß die
Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die der Herr Finanzminister laufend
verspricht, auch abgehalten werden. Wenn man den guten Willen von der Bundesseite her aufbringt,
werden Sie uns an Ihrer Seite finden, auch das dürfen wir sagen, denn die Länder und die Gemeinden
haben auch hier an einer befriedigenden Regelung größtes Interesse.
Ich darf daher ganz kurz zusammenfassen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist Aufgabe
der Gesetzgebung, der Zeit angepaßte Gesetze zu beschließen und auch verfassungsrechtliche
Bestimmungen der Zeit anzupassen, im Geiste und nach dem Buchstaben der Demokratie und des
Rechtsstaates. Darf ich noch einmal für die ÖVP-Fraktion hier feststellen: Wir werden uns auch
weiterhin auf allen Ebenen mit allen demokratischen Mitteln bemühen, dafür einzutreten, daß in den
einschlägigen Gesetzen, so wie wir es auch heute hier zum Ausdruck gebracht haben, Maßnahmen
versucht werden, die, der Zeit angepaßt, allen Bevölkerungskreisen in diesem Land und in diesem
Staat die Möglichkeit einräumen, von ihren demokratischen Rechten im Interesse der Demokratie und
im Interesse des Rechtsstaates Gebrauch zu machen.
Wir wehren uns dagegen, wenn man diese gesetzgeberischen Maßnahmen hier so bewertet, als ob
man gegen die Verfassung verstieße. Wir sind auf dem Boden der Verfassung, auf dem Boden der
Demokratie, und wir werden uns auch in Zukunft bemühen, daß verfassungsmäßige und
gesetzgeberische Maßnahmen getroffen werden, die den Alten, Behinderten und allen, die teilnehmen
wollen, die Willensbildung in den demokratischen Einrichtungen mit zu beeinflussen, Rechnung
tragen. Wenn heute die Chance dazu nicht möglich wird, hoffen wir, daß morgen und übermorgen ein
Meinungsumschwung in der SPÖ einsetzt, so daß eben dann diese Beschlußfassung möglich wird.
(Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Lechner.
Abg. LECHNER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr
Präsident Romeder hat hier in seinen letzten Sätzen in sehr zündender Weise versucht zu
überzeugen, daß der Antrag auf Briefwahl die einzige Möglichkeit ist, der Demokratie zu ihrem Recht
zu verhelfen. Der Klubobmann Kellner hat seine Ausführungen mit dem Konferenzzentrum begonnen.
Ich möchte mich dazu nur insoferne äußern, als ich doch noch einmal die Feststellung treffen möchte,
Herr Kollege Kellner, für alle jene von der ÖVP im Landtag, die es noch nicht wissen: Der Beschluß für
den Bau des Konferenzzentrums - das ist eine klare Sache - stammt aus der ÖVP-Regierungszeit!
(Beifall bei der SPÖ.) Wir haben das jetzt auszuführen. (Abg. Anzenberger: Weil Sie kein Geld mehr
haben!)
Herr Kollege Kellner! Sie haben heute hier anläßlich dieser Briefwahlbehandlung von den besseren
Demokraten gesprochen, und die ÖVP will jetzt für sich in Anspruch nehmen, weil sie für die Briefwahl
sei, seien Sie auch die besseren Demokraten. (Abg. Dr. Bernau: Das darf nicht wahr sein! - Abg. Ing.
Kellner: Hat niemand gesagt! - Abg. Dr. Bernau: Eine andere Geschichte!) Meine Damen und Herren
von der ÖVP! Das sagt eine ÖVP in Niederösterreich, die seit Jahrzehnten die brutalste
Personalpolitik in ganz Österreich gehandhabt hat! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)
Das sagt eine Österreichische Volkspartei, bei der es auf Grund ihrer Mehrheit in den vergangenen
Jahrzehnten überhaupt nicht möglich war, einen Menschen in den Landesdienst zu bringen, der eine
andere als eine ÖVP-politische Überzeugung hatte. Das wollen wir auch festhalten. (Beifall bei der
SPÖ.)
Das sagt eine ÖVP-Mehrheit, bzw. der Vertreter dieser Mehrheit, die heute in Niederösterreich mit 30
Millionen Schilling für sogenannte Öffentlichkeitsarbeit nichts anderes tut, so demokratisch ist das, als
das verlorene Image des Herrn Landeshauptmannes wieder aufzupolieren. (Abg. Anzenberger:
Ablenkungsmanöver!) Und das sagt eine ÖVP-Mehrheit in Niederösterreich, die in der
Niederösterreichischen Landeskorrespondenz fast nur über ÖVP-Regierungsmitglieder berichtet. Man
muß sagen, es ist ein Glück, wenn man zufällig einmal auch liest, daß es neben dem Herrn
Landeshauptmann und einigen ÖVP-Regierungspolitikern auch einen SPÖLandeshauptmannstellvertreter Grünzweig gibt (LR. Blochberger: Da muß er vorher etwas tun! Das ist
eine wichtige Argumentation!) und andere SPÖ-Regierungsmitglieder. Man hat manchmal den
Eindruck, die Landeskorrespondenz ist nur mehr das Werkzeug der ÖVP-Mehrheit in
Niederösterreich. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Wir wollen - der Abg. Krenn hat das ja schon gesagt - (Abg. Anzenberger:
Das wird der Lechner nicht feststellen, ob wir Demokraten sind!), ja, es geht um die besseren
Demokraten, Kollege Anzenberger - wir wollen eines feststellen: (LR. Blochberger: Der Klubobmann
Fischer!) Ich glaube, es sind jene die besseren Demokraten, die dafür sorgen und darüber wachen,
daß das geheime, persönliche Wahlrecht in Niederösterreich aufrechtbleibt. Das ist meiner Meinung
nach der Sinn der ganzen Sache. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Der Abg. Bauer hat zweimal, im Jahre 1979 und im Jahre 1981, mit
verschiedenen Argumenten unseren Standpunkt vertreten: Der Grundsatz ist für uns nach wie vor die
Erhaltung des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechtes! Dieser Grundsatz,
Kollege Kellner, kann nur so interpretiert werden, dass das Wahlrecht vom Wahlberechtigten selbst
auszuüben ist. (Ruf von Abg. Anzenberger.)
Herr Kollege Anzenberger, Ihre geistvollen Ausführungen sind wir schon gewohnt, Sie stören mich
nicht! (LR. Blochberger: Schon wieder qualifizieren!) Wenn es der Herr Präsident nicht tut, dann muß
ich doch einmal etwas dazu sagen. (LR. Blochberger: Der Oberlehrer gibt Noten!)
Die Konsequenz, meine Damen und Herren: Die Briefwahl widerspricht der derzeitigen
Bundesverfassung! Ich stelle die Frage an die Österreichische Volkspartei. Unsere
Landtagswahlordnung ist ein Verfassungsgesetz. (Abg. Ing. Kellner: Das wunde betont!) Es wurde in
verschiedenen Bundesländern diese Materie nicht verfassungsmäßig verankert. Keines der
Bundesländer mit ÖVP-Mehrheit - und es gibt deren eine Reihe - hat bisher trotz einfacher Mehrheit
die Beschlußmöglichkeit oder eine Initiative in diesem Sinne ergriffen. Ja, wissen Sie denn nicht,
warum sie das nicht gemacht haben, Kollege Kellner? Weil sie sich bewußt sind, daß diese Art
verfasswgswidrig ist. (Abg. Anzenberger: Niederösterreich steht in vielen Fällen an der Spitze!) Ich
darf aber nun, weil es hier so viele positive Dinge dafür gegeben hat, sehr realistisch auf eine Anfrage
eines deutschen Abgeordneten hinweisen. In Rheinland-Pfalz gibt es die Möglichkeit der kleinen
Anfrage. (Abg. Anzenberger: Von der SPÖ kann es ja gar nicht kommen!) Der Abgeordnete Dr.
Volkert, ich sage es gleich, er gehört der CDU an. (Ruf von Abg. Ing. Schober.) Na, Kollege Schober,
hätten Sie etwas anderes erwartet von mir? (Abg. Präs. Romeder: Das hat mit Niederösterreich nichts
z u tun!) Er sagt bzw. er schreibt: ,,Unser Wahlrecht geht davon aus, daß alle Bürger an einem Tag
wählen. Die Briefwahl, gegen die nicht unerhebliche Bedenken wegen der Prinzipien der freien und
geheimen Wahl bestehen, (das stellt ein CDU-Abgeordneter fest) wird in der Staatsrechtslehre nur als
Ausnahme für schwerwiegende Fälle der Verhinderung anerkannt. Nun zeigt sich aber (so sagte er),
daß von der Möglichkeit (kritisieren Sie mir den CDU-Dr. Volkert nicht, ich kann nichts dafür, daß er
das sagt), daß von der Möglichkeit der Briefwahl seit Jahren in steigendem Maße Gebrauch gemacht
wird. In Rheinland-Pfalz stieg sie bei der letzten Kommunalwahl und nochmals bei der
Bundestagswahl sprunghaft an und liegt in den Städten im Durchschnitt bei über 15%. Dabei fällt auf,
(so stellt er fest) daß in speziellen Wohngebieten die Briefwahl noch weit über dieses Maß hinaus
angestiegen ist. Es ist bekannt, daß Wahlhelfer einer Partei ganze Wohnblocks systematisch, von Tür
zu Tür hausierend, zur Briefwahl auffordern und sich zur Beschaffung der Wahlunterlagen
bevollmächtigen ließen."
Er stellt dann noch einige Anfragen. Die Antwort gibt das Ministerium für Inneres aus Rheinland-Pfalz,
und hier heißt es: ,,Es trifft zu, daß in bestimmten Wohngebieten überdurchschnittlich von der
Briefwahl Gebrauch gemacht worden ist. Dies gilt insbesondere für Wohnbezirke mit Altersheimen und
hohem Anteil älterer Bürger auch ohne Altersheime.
Die Landesregierung geht davon aus, daß die Zunahme der Briefwähler offenbar mit der Tätigkeit von
Wahlhelfern der Parteien zusammenhängt. Dafür spricht z. B., daß einzelne Wahlhelfer eine Vielzahl
von Briefwahlanträgen vorgelegt haben."
Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch noch ein Schreiben des Innenministers des Landes
Nordrhein-Westfalen. Ich könnte Ihnen da sehr lange vorlesen, ich nenne nur einige Punkte. (Abg.
Kurzbauer: Die Lehrer tun soviel gerne lesen! - Abg. Stangl: Die können es ja! - Abg. Anzenberger:
Das ist aber das einzige!)
Na ja, das Negative interessiert Sie ja nicht, Sie wollen nur das Positive hören! Ich muss aber auch
etwas Negatives sagen: ,,Wähler haben sich dadurch bedrängt und gestört gefühlt, daß
Parteienvertreter vor den Wahlen bei ihnen in manchen Fällen wiederholt vorgesprochen und um die
Unterschrift für den Antrag auf ubersendung der Briefwahlunterlagen geworben haben. Mit dem
Bemerken, daß sie den Wahlbrief gleich wieder mitnehmen könnten, sollen Parteienvertreter Wähler
veranlaßt haben, in ihrer (der Parteienvertreter) Gegenwart zu wählen. Parteienvertreter sollen aus
,Hilfsbereitschaft', vornehmlich bei den betagten Bürgern, das Kreuz selber auf den Stimmzettel
gesetzt haben, obwohl die Voraussetzung einer Gebrechlichkeitshilfe nicht vorlag. Mißtrauen ist bei
Wählern teilweise dadurch aufgekommen, daß sich Parteienvertreter für die Beschaffung von
Briefwahlunterlagen Blankovollmachten haben geben lassen. Ins Zwielicht sind auch Parteienvertreter
geraten, die die Rückbeförderung der fertigen Wahlbriefe zum Wahllokal übernommen haben. Im
nachhinein ist bei einigen Wählern der Verdacht entstanden, daß die abgegebene Stimme verändert
worden sein könnte,"
Meine Damen und Herren! Ich könnte Ihnen das jetzt noch weiter vorlesen: ,,Es entsteht der Eindruck
(so heißt es hier), als würde die Briefwahl zunehmend als ein Mittel der Wählerbeeinflussung
betrachtet. Dabei scheint die Versuchung, die gebotene Zurückhaltung gegenüber alten und
gebrechlichen Mitbürgern aufzugeben, besonders groß zu sein." Ich zitiere nicht mehr weiter, Herr
Präsident Romeder!
Der Dr. Bernau hat hier einmal gesagt, es könnte theoretisch sein, daß jemand bei der Briefwahl bei
der Ausfüllung des Stimmzettels zusieht. Herr Kollege Dr. Bernau! Ich bin nicht der Ansicht, daß das
nur theoretisch sein könnte, sondern im Gegenteil, das könnte auch die Praxis sein! Wenn nämlich unsere Ansicht - die Möglichkeit besteht, dass jemand bei der Ausübung des Wahlrechtes zusieht,
dann ist ja auch der Schritt nicht unbedingt sehr weit, daß er vielleicht auch Anteil nimmt daran, wo
das Kreuz hingemacht werden soll. (Abg. Anzenberger: Na gibt es denn das? Der Wähle? hat doch
die Möglichkeit, eine Person seines Vertrauens mitzunehmen!)
Kollege Anzenberger! Die Person des Vertrauens, ist mir sehr bekannt, gilt ja nur für schwer
sehbehinderte oder bresthafte Personen. (Abg. Anzenberger: In Gaming gibt es nur eine
Vertrauensperson, und das ist der Lechner!) Das Gesetz sagt es sehr deutlich. Hier geht es praktisch,
meine Damen und Herren, um die verschiedenen gesellschaftlichen Strukturen, und da muß man
schon sagen, es gibt den Ausnehmer, es gibt den Pflegebedürftigen, es gibt den Alten, es gibt den
Kranken, und alle diese Menschen sind letztlich, oder viele von ihnen, mitunter auch in den Belangen
der Briefwahl davon abhängig, daß sie sich mit anderen Personen vorher besprechen.
Ich möchte nur eines sagen, meine Damen und Herren! Ich hätte es sonst nicht gesagt, wenn man
hier nicht von den besseren Demokraten gesprochen hätte. (Abg. Ing . Kellner: Wer hat das gesagt?)
Kollege Kellner! Einer, der sich mit dieser Materie zwangsläufig als Bürgermeister zu beschäftigen hat,
weiß, wie weit die Beeinflussung gerade in verschiedenen Altersheimen im Hinblick auf die von der
OVP seit Jahren geübte Personalpolitik geht und welche Auswirkungen dort zu spüren sind. Sie waren
auch zu spüren, meine Damen und Herren, sagen wir es doch offen, (Abg. Ing. Kellner: In Lainz zum
Beispiel!)
sie waren auch zu spüren bei dem Volksbegehren bezüglich der Fristenlösung, sie waren beim
jetzigen Volksbegehren zu spüren, wo alte Menschen (Unruhe. - LR. Blochberger: Im Krankenhaus
Wr. Neustadt! – Präsident Reiter gibt das Glockenzeichen.) in die Gemeindekanzlei gekommen sind
und gar nicht gewußt haben, was sie überhaupt dort tun sollen. (Abg. Ing. Kellner: Der SPÖBürgermeister hat es ihnen schon gesagt!) Und dann reden Sie davon von der Demokratie!
Ja, Herr Dr. Bernau, jetzt reden Sie und machen das sehr lächerlich. Wissen Sie, Herr Dr. Bernau,
daß man sogar gesagt haben soll, wer für das Konferenzzentrum unterschreibt - ich sage ausdrücklich
soll -, der läuft Gefahr, weil das so hohe Kosten verursacht, seine Pension zu verlieren? So wurden
alte Menschen mitunter beunruhigt! Meine Damen und Herren! Die ÖVP hat ihre (Abg. Anzenberger:
Herr Abg. Lechner! Rede einmal zur Briefwahl!) Gemeinden motiviert, von ihrem Initiativrecht
Gebrauch zu machen. Der Präsident Romeder hat auch auf die Landesumlage Bezug genommen.
(Abg. Präs. Romeder: Repliziert!) Hier ist ja eine gewisse Unterscheidung, Herr Präsident, nämlich
die, dass es sich bei der Landesumlage um eine ausgesprochen gemeindliche Angelegenheit, um ein
echtes Gemeindeanliegen handelt. Die niederösterreichischen Gemeinden, die mit
Gemeinderatsbeschluß für die Abschaffung dieser Landesumlage eingetreten sind, wissen ja, warum
sie das tun. Sie wissen ja, daß die niederösterreichischen Gemeinden mit 15 Milliarden verschuldet
sind und dass das Land Niederösterreich Ende des Jahres 1982 möglicherweise mit 7 bis 8 Milliarden
verschuldet ist. Deshalb die Sorgen der Gemeinden, daß sie auf Grund ihrer vielfältigen Aufgaben
diese nicht mehr erfüllen können.
Die Ausübung des Initiativrechtes ist für die niederösterreichischen Gemeinden eine Sache, die sie im
Interesse ihrer Gemeinde ausführen. Ich frage mich aber, ob das Initiativrecht auf Abschaffung oder
bzw. auf Einführung der Briefwahl wirklich ein gemeindliches Anliegen ist. Ich werde den Verdacht
nicht los, (Rufe bei der ÖVP: Das geht wohl die Gemeinden nichts an?) daß es der ÖVP bei dieser
Initiative um eine gewisse Optik gegangen ist.
Wir glauben, meine Damen und Herren, das freie, geheime, persönliche Wahlrecht ist die Grundlage
(Abg. Amon: Glauben heißt nichts wissen!) der Demokratie. Es soll auch so bleiben. (Abg.
Anzenberger: Alle 19, auch die Sozialisten haben mitgestimmt!) Dieses Wahlrecht, frei, geheim und
persönlich, muss erhalten bleiben. Dafür treten wir ein, und wir sind, meine Damen und Herren, davon
überzeugt, daß die Bevölkerung in Niederösterreich zu unserer Einstellung und Haltung die volle
Zustimmung gibt. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Anzenberger: Er hat viel gesprochen und nichts gesagt!)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Freibauer.
Abg. Mag. FREIBAUER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Zuerst ein paar Bemerkungen
zu Herrn Klubobmann Lechner. Der Herr Klubobmann hat nicht zur Kenntnis genommen, daß der
Städtetag in Linz den Herrn Finanzminister aufgefordert hat, in der Sache Landesumlage die
versprochenen Verhandlungen, die im Jahre 1981 abgebrochen wurden und die dann nur mehr in
Kommissionen geführt worden sind, endlich fortzusetzen. Es hat der Städtetag, wo es bekanntlich
eine sozialistische Mehrheit gibt, sogar einen Termin gesetzt, weil man schon wiederholt am Städtetag
beschlossen hat, man solle endlich die Frage Landesumlage zugunsten der Gemeinden
zufriedenstellend lösen. Herr Kollege Lechner, bitte dort einmal nachzulesen, Resolution des
Städtetages.
Zu dem Volksbegehren auf BundesebeneKonferenzzentrum, eine Bemerkung. In Niederösterreich
haben wir ja das beste Beispiel, wieviel 291.000 Unterschriften wert sind, wenn man dagegen die
142.000 Unterschriften nimmt, die Sie in derselben Zeit gesammelt haben.
Nun zur Sache Briefwahl in Niederösterreich. Im staatsbürgerlichen Bereich kennt man den Begriff der
bürgerlichen Ehrenrechte, die dem Menschen auf Grund seiner Unbescholtenheit, auf Grund seiner
Würdigkeit vor allem zukommen und die ihm bei Fortfall der hiefür gegebenen Voraussetzungen aber
auch aberkannt werden können; aberkannt aber bitte nur durch richterliches Urteil und nicht durch die
SPÖ! Zu diesen staatsbürgerlichen Eherechten zählt man die Fähigkeit der Ausübung eines
öffentlichen Amtes und vor allem das aktive und passive Wahlrecht.
Nun gibt es in unserem Land sehr viele Menschen, denen de facto auch ein Ehrenrecht, nämlich das
Wahlrecht, ohne daß sie sich etwas zuschulden kommen haben lassen, durch die uneinsichtige
Haltung der SPÖ aberkannt werden soll und auch wird. In Niederösterreich sind davon 40.000 kranke
und behinderte Menschen betroffen, in ganz Österreich 200.000 Menschen. Es sind Menschen, die
nicht imstande sind, persönlich in das Wahllokal zu kommen, weil sie das Unglück haben, krank,
rekonvaleszent oder anderweitig behindert zu sein. Allen diesen Menschen ist ihr Recht, an
demokratischen Entscheidungsprozessen aktiv mitzuwirken, durch Ihre Haltung genommen, denn
man könnte das ja im Landtag für die Niederösterreicher ändern, wenn Sie einsichtig genug wären.
(Abg. Fürst: Die Verfassung!)
Ja, die kann man mit 2/3-Mehrheit ändern. Das kommt nur auf Sie an, auf Ihre Haltung! Nur die
Einführung der Briefwahl könnte dieses Unrecht, diese Diskriminierung aufheben. Die Briefwahl - das
wurde von den Vorrednern schon ausgeführt - ist ja nichts Neues, die gibt es in Österreich schon bei
verschiedenen Wahlen durch Bundesgesetze, durch ein Landesgesetz. In vielen demokratischen
Staaten, in der Schweiz, in Schweden, in der Bundesrepublik, wird sie gehandhabt. Natürlich muß
man auch sagen, daß es gegen die Briefwahl Einwände gibt, vor allem aus der Sorge heraus, daß es
zu einer Verletzung des privaten, des persönlichen, des geheimen Wahlrechtes kommen könnte.
Bei der von der Österreichischen Volkspartei vorgeschlagenen und geplanten Vorgangsweise ist aber
diese Sorge unbegründet. Eine so extreme Auslegung der Wahlgrundsätze, wie sie die SPÖ-Fraktion
hier vertritt, würde ja auch bedeuten, daß z. B. blinde und sehbehinderte Menschen niemals zu einer
Wahl gehen könnten, doch für sie ist jetzt schon vorgesehen, daß sie sich eine Person ihres
Vertrauens zur Wahl mitnehmen können. (Abg. Stangl: Daran hat niemand gerüttelt!) Wenn man das
konsequent zu Ende denkt, dann müßte man sagen, Sie sind also gegen die Möglichkeiten des
Wahlrechtes der aktiven Mitwirkung vieler Menschen. Der Vizepräsident der Niederösterreichischen
Ärztekammer hat übrigens auch festgestellt - und die Wahlen zur Ärztekammer, wie Sie wissen, sind
ja ausschließlich Briefwahlen -, daß die Briefwahl für die kranken Leute sehr günstig wäre, und zwar
nicht nur vom Standpunkt des Demokratieverständnisses, sondern auch aus medizinischer Sicht. Die
Ärzte und alle, die bei Wahlen mitmachen, wissen aus Erfahrung, daß es für alte, gebrechliche, für
kranke, für chronisch kranke und rekonvaleszente Menschen eine große Belastung ist, man kann
sogar sagen, daß es Streß bedeutet, wenn sie am Wahltag ihre Wohnung verlassen müssen, vielleicht
nach langer Zeit zum ersten Mal, um in das Wahllokal gebracht zu werden. Nicht selten sieht man
auch, daß es bei der Wahl selbst oder kurz danach zu medizinischen Zwischenfällen kommt. Das
kommt, wie wir alle wissen, ja immer wieder vor. Es könnte für diese Menschen eine große
Erleichterung sein, wenn sie zu Hause in Ruhe ihren Stimmzettel ausfüllen und mit der Post
abschicken könnten. Die Geheimhaltung ist gewahrt, weil diese Kuverts ja mit den anderen Kuverts in
eine Wahlurne kommen, und dann gemeinsam ausgezählt werden. Man würde damit den kranken und
behinderten Menschen viele aufregende und manche bedrohliche Situationen ersparen.
Jetzt, Herr Kollege Stangl, noch ein kleiner Vergleich. Nehmen wir also die Zeit vor 100 Jahren her.
Vor 100 Jahren hat es im Wahlgesetz 1882 geheißen, Wähler ist, wer 24 Jahre alt ist und mindestens
5 Gulden Steuern zahlt. Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. Und jetzt soll es nach dem Willen der
SPÖ heißen, Wähler ist, wer gesund ist und in das Wahllokal gehen kann. Die SPÖ hat in dieser
Sache Briefwahl eine große Chance hier vergeben und versäumt, nämlich die Chance, ihrem Namen
„sozialdemokratisch" gerecht zu werden. (Beifall bei der ÖVP.) In der Frage Briefwahl - ich möchte
das auf diese Frage einschränken und nicht anders ausgelegt wissen - ist die SPÖ weder sozial noch
demokratisch. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Ich
verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Ich bitte jene Mitglieder des Hauses, welche für den vorliegenden Antrag des
Verfassungs- und Rechtsausschusses stimmen wollen, die Hand zu erheben. (Nach Abstimmung):
Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Haufek, die Verhandlungen zur Zahl 383/1 einzuleiten.
Abg. HAUFEK: Herr Präsident! Hoher Landtag! Zur Zahl 383/1 darf ich berichten:
Der Landtag von Niederösterreich hat in seiner Sitzung am 17. Dezember 1981 einen
Gesetzesbeschluß, mit dem das NÖ Gebrauchsabgabegesetz 1973 geändert wird, gefaßt. Die
Bundesregierung hat dagegen gemäß Art. 98 Abs. 2 B-VG mit der Begründung Einspruch erhoben,
daß durch die Tarifpost B 37 c, nach der für das regelmäßige Aufstellen von Autobussen des
Kraftfahrlinienverkehrs an den Anfangs- und Endhaltestellen oder in der Zeit zwischen Betriebsende
und -beginn eine Gebrauchsabgabe eingehoben werden kann, Bundesinteressen erheblich gefährdet
werden, wobei bei den Postautolinien auf deren hoheitsrechtliche Aufgaben und beim
Kraftwagendienst der Bundesbahnen auf deren infrastrukturelle Bedeutung besonders hingewiesen
wurde.
Durch die vorgesehene Änderung der Tarifpost B 37 c sollte eine Gleichstellung des privaten mit dem
öffentlichen Kraftfahrlinienverkehr erreicht werden, da nach der derzeitigen Gesetzeslage die
Einhebung der Gebrauchsabgabe nach dieser Tarifpost nur für Autobusse des privaten
KraftfahrlinienVerkehrs erfolgen kann. Der Kommunalausschuß hat sich am 13. Mai mit dem
Einspruch der Bundesregierung befaßt und beschlossen, den Gesetzesbeschluß des
Niederösterreichischen Landtages vom 17. Dezember 1981 nicht zu wiederholen; es wurde ein neuer
Gesetzesentwurf eingebracht.
Nach diesem nun vorliegenden Entwurf ist die Einhebung einer Gebrauchsabgabe für den
Kraftfahrlinienverkehr nicht mehr vorgesehen. Dieses Gesetz soll mit 1. Juli 1982 und nicht mit 1.
Jänner 1982 in Kraft treten, da für die Anwendung der erhöhten Tarife eine Verordnung des
Gemeinderates zu erlassen ist und eine derartige Verordnung nicht rückwirkend in Kraft gesetzt
werden kann. Die übrigen Bestimmungen des beiliegenden Gesetzentwurfes entsprechen dem vom
NÖ Landtag am 17. Dezember 1981 gefaßten Gesetzesbeschluß über die Änderung des NÖ
Gebrauchsabgabegesetzes 1973. Hinsichtlich der Erläuterung der einzelnen Bestimmungen kann
daher auf die Erläuterungen zu dem bereits einmal vom Hohen Haus beschlossenen Gesetzentwurf
verwiesen werden.
Ich habe daher im Namen des Kommunalausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest):
,,Antrag des Kommunalausschusses über den Einspruch der Bundesregierung (Art. 98 Abs. 2 B-VG),
betreffend den Gesetzesbeschluß des NÖ Landtages vom 17. Dezember 1981, mit dem das
Niederösterreichische Gebrauchsabgabegesetz 1973 geändert wird.
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der in seiner Sitzung am 17. Dezember 1981 gefaßte Gesetzesbeschluß, mit dem das
Niederösterreichische Gebrauchsabgabegesetz 1973 geändert wird, wird gemäß Art. 98 Abs. 2 B-VG,
in Verbindung mit Art. 24 Abs. 3 NÖ Landesverfassung 1979, nicht wiederholt.
2. Der gemäß Q 29 LGO 1979 gestellte Antrag mit Gesetzesentwurf des Abgeordneten Diettrich, mit
dem das NÖ Gebrauchsabgabegesetz 1973 geändert wird, wird genehmigt.
3. Die Landesregierung wird ersucht, die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen
Maßnahmen zu treffen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vornehmen zu
lassen.
PRÄSIDENT REITER: Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. (Nach
Abstimmung über den Antrag des Kommunalausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Steinböck, die Verhandlungen zur Zahl 440 einzuleiten.
Abg. STEINBOCK: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über den Antrag der Abgeordneten
Anzenberger, Ing. Schober, Schwarzböck, Trabitsch, Wilfing, Kurzbauer, Reischer, Rozum, Rupp und
Steinböck betreffend die Erlassung eines Gesetzes über den Feldschutz in Niederösterreich zu
berichten.
Der Niederösterreichische Landtag hat in seiner Sitzung am 28. Jänner 1982 ein Gesetz über den
Feldschutz in Niederösterreich beschlossen. Die Bundesregierung hat der im Gesetzentwurf
vorgesehenen Mitwirkung von Organen der Bundesgendarmerie und der Bundespolizeibehörden an
der Vollziehung des Landesgesetzes gemäß Art. 97 Abs. 2 B-VG die Zustimmung mit der Begründung
verweigert, daß die Heranziehung von Organen der Bundesgendarmerie und der
Bundespolizeibehörden zur Mitwirkung bei der Vollziehung der Aufgaben der Länder bereits ein
Ausmaß erreicht hat, das die vorrangige Erfüllung ihrer Sicherheitsaufgaben ernstlich zu gefährden
droht.
In einem im Zuge des Begutachtungsverfahrens an das Amt der Niederösterreichischen
Landesregierung gerichteten Schreiben vom 25. September 1981 teilte das Bundesministerium für
Inneres mit, daß eine Mitwirkung der Organe der Bundespolizeibehörden an der Vollziehung eines NÖ
Feldschutzgesetzes abgelehnt wird. Hingegen brachte das Bundesministerium für Inneres in diesem
Schreiben zum Ausdruck, daß einer Mitwirkung von Organen der Bundesgendarmerie bei Übertretung
nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und 2 (nunmehr § 6 Abs. 1) zugestimmt werden kann.
Die Mitwirkung der Bundesgendarmerie wird im § 7 des beiliegenden Gesetzentwurfes auf jene Fälle
beschränkt, bei denen das Bundesministerium für Inneres die Erteilung der Zustimmung angedeutet
hat. Die §§ 1 bis 6 des beiliegenden Gesetzentwurfes entsprechen den §§ 1 bis 6 des vom
Niederösterreichischen Landtag am 28. Jänner 1982 beschlossenen NÖ Feldschutzgesetzes.
Hinsichtlich der Erläuterungen der einzelnen Bestimmungen kann daher auf die Erläuterungen zu den
bereits einmal im Niederösterreichischen Landtag beschlossenen Gesetzentwurf verwiesen werden.
Ich darf im Namen des Landwirtschaftsausschusses über den Antrag mit Gesetzentwurf der
Abgeordneten Anzenberger, Ing. Schober, Schwarzböck, Trabitsch, Wilfing, Kurzbauer, Reischer,
Rozum, Rupp und Steinböck über den Feldschutz in Niederösterreich (NÖ Feldschutzgesetz)
folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der vorliegende Gesetzentwurf über den Feldschutz in Niederösterreich (NÖ Feldschutzgesetz),
wird genehmigt.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vorzunehmen.
PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist Herr Präsident Romeder.
Abg. Präs. ROMEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist
sicher unbestritten, daß der Rechtsstaat bestimmte Aufgaben zum Schutze von Rechtsgütern hat und
das Rechtsgut Eigentum ist sicher neben dem des menschlichen Lebens eines der wertvollsten. Und
so müßte jeder Staatsbürger draußen auf dem Lande annehmen, daß das Rechtsgut des Eigentumes
durch das Strafgesetzbuch geschützt ist und daher jeder Diebstahl auch entsprechend geahndet wird.
Für manchen, der dies glaubt, könnte es unter Umständen eine unangenehme Überraschung geben,
wenn er dann die Wirklichkeit sieht. Es ist nämlich die Praxis der Gerichte in Österreich, Diebstähle
von landwirtschaftlichen Produkten mit einem Wert von unter 500 Schilling als Bagatellfälle nicht
abzubestrafen. Theoretisch kann es daher passieren, daß man heute durch unser Land zieht und
agrarische Produkte - von mir aus Kraut, Obst, Gemüse oder andere Produkte - im Wert von 200 oder
300 Schilling ins Auto einpackt, ohne in irgendeiner Weise gegenwärtig befürchten zu müssen, von
einem Gericht abgeurteilt zu werden. Wenn dies dann Schule machen würde, könnte praktisch ein
Großteil der Feldfrüchte, wenn es organisiert wäre, dem Eigentümer entzogen werden.
Es ist sicher ein gewisses Verständnis gegeben für manche dieser Übertretungen, aus der
geschichtlichen Entwicklung des Mundraubes und ähnlichen Überlegungen. Ich persönlich vertrete
aber die Meinung, daß hier die Justiz in der Entwicklung sicher nicht den zeitgemäßen Weg geht. Wir
müßten diese Spruchpraxis aber als Landtag von Niederösterreich, weil wir eben kein Gericht sind,
zur Kenntnis nehmen. Wir haben aber die Aufgabe, auch dieses Rechtsgut Eigentum im Rahmen
unserer Möglichkeiten entsprechend zu schützen.
Der Niederösterreichische Landtag hat daher ein Niederösterreichisches Feldschutzgesetz einstimmig
beschlossen. Wir waren der Ansicht, daß es mit der Beschlußfassung ermöglicht wird, durch
Verwaltungsstrafen Diebstähle mit einem Wert von unter 500 Schilling abstrafen zu können und damit
hintanzuhalten, daß man diese Diebstähle im großen durchführt. Dieser Gesetzesbeschluß des
Niederösterreichischen Landtages wurde von der Bundesregierung beeinsprucht und wir hatten daher
zu überlegen, ob hier nicht ein Beharrungsbeschluß zu fassen ist.
Ich darf, meine sehr geehrten Damen und Herren, hier auch die Beweggründe der Bundesregierung
aufzeigen, die zu diesem Einspruch geführt haben. Sie wissen, gemäß Artikel 98 der
Bundesverfassung hat die Bundesregierung die Möglichkeit, einen Einspruch zu erheben. Und hier
war eben die Meinung der Bundesregierung, daß die Organe der Bundesgendarmerie und der
Bundespolizei nicht mit herangezogen werden sollen. Die erste Stellungnahme war aber so, daß man
sich vorstellen konnte, es könnte die Mitwirkung der Bundespolizeibehörden und der
Bundesgendarmerie zumindest eingeschränkt, also nicht so wie im ursprünglichen Gesetzesentwurf
vorgesehen, ermöglicht werden. Der zuständige Ausschuß hat daher auch diesen Überlegungen
Rechnung getragen und eine eingeschränkte Mitwirkung vorgesehen. In einer intern eingeholten
Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres hat sich das zuständige Ministerium geäußert,
daß auch diesem eingeschränkten Mitwirken von Seiten des Bundes nicht die Zustimmung gegeben
werden kann. Der Obmann des Landwirtschaftsausschusses hat in der letzten Sitzung über diesen
rechtlichen Sachverhalt informiert. Weil unter diesen Umständen zu befürchten ist, daß bei Fassung
eines Beharrungsbeschlusses wiederum ein Einspruch der Bundesregierung erfolgt und wir uns mit
dieser Materie im Herbst des heurigen Jahres nochmals befassen müssen, darf ich, um das
hintanzuhalten, einen Antrag stellen. Dieser Antrag beinhaltet die Herausnahme der Mitwirkung dieser
Bundesbehörden und lautet (liest):
„Antrag des Abg. Romeder zum Antrag der Abgeordneten Anzenberger, Ing. Schober und andere
betreffend die Erlassung eines Gesetzes über den Feldschutz in Niederösterreich (NÖ
Feldschutzgesetz).
Der Antrag der Abgeordneten Anzenberger, Ing. Schober und andere wird wie folgt geändert:
§ 7 hat zu entfallen."
Ich darf, meine sehr Geehrten, nach Stellung dieses Antrages noch einige persönliche Bemerkungen
anbringen. Ich bedauere, dass hier nur dieser rechtliche Vorgang möglich ist, denn damit ist dieses
Gesetz sicher nicht so wirksam in der Handhabung, wie wir es uns vorgestellt hätten. Die Gemeinden
Niederösterreichs haben die Möglichkeit, Feldschutzorgane zu bestellen, die bei der Vollziehung
dieses Gesetzes durch Erstattung von Anzeigen bei der Verwaltungsbehörde mitwirken. Es wäre
sicher etwas anderes gewesen, wenn die Bundesgendarmerie und die Bundespolizei auch mitgewirkt
hätten, denn die Hilfsorgane, die jetzt als Feldschutzorgane agieren, haben ja nur die Möglichkeit, die
Identität festzustellen und Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Mit dieser
Rechtsfrage, die hier vielleicht klein erscheint, wird aber auch eine Grundsatzfrage noch mehr
aufgerührt, auf die ich auch hinweisen möchte, eine Grundsatzfrage in zweifacher Hinsicht. Erstens
möchte ich wiederholen, besteht hier echt die Gefahr, daß bestimmte Rechtsgüter in diesem Staat
durch die Spruchpraxis der Gerichte nicht mehr geschützt sind. Wir tragen dem jetzt Rechnung. Aber
die zweite Gefahr, auch eine grundsätzliche Überlegung, besteht darin, dass immer mehr Aufgaben,
die nach unserer Ansicht Aufgaben des Bundes, der Justiz sind, um eben hier den Schutz zu
gewährleisten, praktisch auf die Länder übertragen werden. Das Gesetz wäre ja gar nicht notwendig,
wenn hier eine Aburteilung in jedem Falle erfolgen würde. Jetzt haben sich damit die Länder mit ihren
Organen zu befassen. Das bedeutet auch eine Kostenfrage und gestatten Sie mir, in einem
Nebensatz zu bemerken, daß auch hier eine Umgruppierung dieser Kosten vom Bund auf das Land
stattfindet.
Wir tragen jedoch den rechtlichen Überlegungen des Bundes Rechnung und hoffen daher, daß mit der
heutigen Beschlußfassung dieses Gesetz in Kürze in Rechtskraft erwachsen kann und dann das
Rechtsgut Eigentum geschützt wird. Ich glaube, ein demokratischer Rechtsstaat hat alles zu
unternehmen, um Werte wie menschliches Leben, Werte wie Eigentum unter Schutz zu stellen. Und
das wollen wir, wenn es über die Justiz nicht zu erreichen ist, was wir sehr bedauern, mit dieser
Beschlußfassung und mit diesem Gesetz erreichen. Ich hoffe daher, daß unter diesen Umständen und
in Wertung dieser Überlegung diesem Gesetz einstimmig die Zustimmung gegeben wird.
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. STEINBOCK: Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Der Herr Abg. Präsident Romeder hat zur Zahl 440, zum Antrag der
Abgeordneten Anzenberger, Ing. Schober und andere, den Antrag gestellt, daß § 7 zu entfallen hat.
Ich lasse zunächst über diesen Antrag abstimmen. (Nach Abstimmung): Einstimmig angenommen.
Ich bitte nun jene Mitglieder des Hauses, welche für den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie
für den Antrag des Landwirtschaftsausschusses stimmen wollen, die Hand zu erheben. (Nach
Abstimmung): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Reischer, die Verhandlungen zur Zahl 433 einzuleiten.
Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte namens des Finanzausschusses zum
Geschäftsstück 433. Die Firmen Karl Neumayer GesmbH und Josef Feller GesmbH haben um
Übernahme einer Landes haftung für 80% eines Kredites in der Höhe von 15 Millionen Schilling
angesucht.
Die Firma Karl Neumayer GesmbH beschäftigt sich mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Kabeln,
Drähten und isolierten Leitungen. Die Firma Josef Feller GesmbH verarbeitet Drähte zu isolierten
Leitungen und konfektioniert sie in einer weiteren Bearbeitungsstufe zu elektrotechnischem
Leitungsmaterial wie Telefonschnüren, Steckergarnituren und Steuerungskabeln.
Das Ansuchen der Firmengruppe Neumayer und Feller wird mit den im Unternehmensplan 1981 bis
1984 vorgesehenen Investitionen in das Standardprogramm und in neue Produkte begründet. So sind
bei Neumayer Investitionen in das Standardprogramm von 8,080.400 Schilling und in Neuprodukte
von 8,261.000 Schilling, insgesamt 16,341.400 Schilling vorgesehen und bei Feller
Gesamtinvestitionen von 4,400.000 Schilling, für beide Firmen also 20,741.400 Schilling.
Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich befürwortet die Übernahme der Haftung,
da durch die Investitionen etwa 240 Arbeitsplätze im Wiener Becken gesichert werden. Ebenso spricht
sich die Handelskammer für Niederösterreich für die Übernahme der Haftung aus, da die Exportquote
der Unternehmen im Geschäftsjahr 1980/81 bei der Neumayer GesmbH. rund 70 % und bei der Feller
GesmbH 56 % betragen hat.
Der Finanzausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung mit der Vorlage befasst und ich erlaube mir,
namens des Finanzausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest:)
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Die NÖ Landesregierung wird ermächtigt, die Haftung des Bundeslandes Niederösterreich gemäß
§ 1356 ABGB für 80% eines von den Firmen Karl Neumayer GesmbH und Josef Feller GesmbH
aufzunehmenden Kredites in der Höhe von S 15,000.000 zu übernehmen.
Die Firmen Karl Neumayer GesmbH und Josef Feller GesmbH haben sich zu verpflichten:
1.1 die grundbücherliche Sicherstellung des landesverbürgten Kredites samt Zinsen und
Nebengebühren durch Einverleibung einer Simultanhypothek ob sämtlichen im Firmenbesitz
befindlichen Liegenschaften zugunsten des Kreditgebers auf eigene Kosten durchzuführen,
1.2 im Grundbuch eine vorbehaltlose Löschung aller dem landesverbürgten Kredit vorangehender
Pfandrechte nach Tilgung zugunsten des Kreditgebers anmerken zu lassen,
1.3 sämtlichen Liegenschaftsbesitz ohne Zustimmung des Landes weder zu belasten noch zu
veräußern,
1.4 Verfügungen aller Art bezüglich bestehender Pfandrechte nur mit Zustimmung des Landes zu
treffen,
1.5 eine Erklärung von Dr. Emilia und Kommerzialrat Dietrich Ascher beizubringen, daß diese dem
Schuldverhältnis zur ungeteilten Hand beitreten,
1.6 eine Erklärung der Josef Feller GesmbH Wien beizubringen, daß diese dem Schuldverhältnis zur
ungeteilten Hand beitritt,
1.7 Zahlungen an diese Firma dürfen nur auf Grund von tatsächlichen Lieferungen und
nachweisbaren Leistungen erfolgen,
1.8. dafür Sorge zu tragen, daß das Eigenkapital auf 25% des Gesamtkapitals angehoben wird,
1.9 dem Kreditgeber innerhalb einer Frist von maximal zwei Monaten nach Ende eines Quartals die
Quartalsabschlüsse zu übermitteln, wobei sich der Kreditgeber verpflichtet, aus diesen Abschlüssen
ersichtliche Verschlechterungen der finanziellen Situation des Unternehmens dem Bundesland
Niederösterreich umgehend mitzuteilen,
1.10 dem Land auf Dauer der Haftung einen jährlichen Haftungsbeitrag in Höhe von 3/4% der jeweils
am 31. Dezember eines jeden Jahres aushaftenden Kreditsumme zu bezahlen, wobei der Kreditgeber
verpflichtet ist, den Haftungsbeitrag unter Bekanntgabe der Berechnungsgrundlage bis spätestens 31.
Jänner des darauffolgenden Jahres zu Lasten des Kreditnehmers unaufgefordert zu überweisen.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung wird ermächtigt, die zur Durchführung dieses
Beschlusses notwendigen Maßnahmen zu treffen.''
Ich ersuche den Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vorzunehmen.
PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist Frau Abg. Jirkovsky.
Abg. JIRKOVSKY: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Wie der Herr
Berichterstatter nun ausgeführt hat, haben die Firmen Karl Neumayer GesmbH und Josef Feller
GesmbH um Übernahme einer Landeshaftung für 80% eines Kredites in der Höhe von 15 Millionen
Schilling angesucht. Die beiden Unternehmen beschäftigen 104 Frauen und 102 Männer. Die
Umsatzergebnisse des letzten Geschäftsjahres beweisen, daß diese Firmen sehr stark exportorientiert
sind. Der Umsatz im Inland betrug 64,5 Millionen Schilling, während der des Auslandes einen Betrag
von 114,10 Millionen Schilling ausweist.
Die Produktionsprogramme der Firma Karl Neumayer umfassen blanke, einfach- und
mehrfachbeschichtete Drähte aus Kupfer, Vierkantflach- und Profildrähte für die Kabel- und
Leitungsindustrie zur Herstellung von Widerständen, Kondensatoren, Telefonsteckverbindungen,
elektronischen Steuergeräten, Rechenanlagen und elektronischen Telefonsystemen, Brillenprofile,
Brillenscharniere, Schienenprofile für Spielzeugeisenbahnen und Steckprofile für Gitarren. Die Firma
Josef Feller verarbeitet die Drähte der Firma Neumayer zu isolierten und konfektionierten Leitungen
und vervollständigt sie in einer weiteren Bearbeitungsstufe zu elektronischem Leitungsmaterial. Diese
Erzeugnisse gehen in die ganze Welt, das beweisen die Namen des Kundenkreises: Philips, Siemens,
ITT, Bosch, Grundig, Kodak, IBM, Honeywell, Rodenstock, Anger Berlin, Märklin und andere. Das
Gebäude in Günselsdorf, in dem diese Produkte erzeugt werden, war einmal eine Textilfabrik, wie sie
um die Jahrhundertwende entstanden sind. Beim Besuch dieses Betriebes ist man davon beeindruckt,
wie gut es hier gelungen ist, neue Produktionsstätten in einer freundlichen Atmosphäre zu schaffen.
Besondere Anerkennung gebührt der Firmenleitung für das Bemühen einer ständigen
Weiterentwicklung und Modernisierung ihrer Erzeugnisse, denn nur mit Produkten hoher Qualität wird
es in Zukunft möglich sein, im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen. Diese Voraussetzungen
erfüllen beide Firmen, weil sie für den Großteil ihrer Artikel Alleinerzeuger in Österreich sind. Nach
Aussagen der Firmenchefs sind sie für die nächste Zeit mit Aufträgen versorgt. Diese Tatsachen
lassen hoffen, daß die bestehenden Arbeitsplätze gesichert sind und darüber hinaus noch neue
geschaffen werden können. Und auch jedem Gemeindemandatar lacht das Herz, wenn er um einen
Betrieb und damit um die Einnahmen für die Gemeinde nicht bangen muß.
Besonderes Lob gebührt den Inhabern dieses Unternehmens für die Führung einer geschützten
Werkstätte für 40 Behinderte in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Sollenau. Die Firma stellt die
Räume im Ausmaß von 700 m2 kostenlos zur Verfügung. Das Land trug mit 1,5 Millionen Schilling
zum Ausbau bei, sodaß die Arbeitsräume Küche, Speisesaal und die Sanitärbereiche allen
Anforderungen entsprechen. Erst wenn man diese vom Schicksal so hart getroffenen Menschen bei
ihrer Arbeit sieht, wird einem bewußt, wie wertvoll diese Beschäftigungen für sie sind. Sie nehmen ihre
Aufgabe sehr ernst und sind sehr glücklich darüber, Sinnvolles tun zu können und das Gefühl zu
haben, gebraucht zu werden. Die Arbeit der Behinderten besteht im Vorrichten von elektrischen
Kabeln, Trommelmontagen, Wickeln, Kabelprüfungen, Stecker- und Kupplungsmontagen und
ähnlichem. Es gibt aber dort auch eine kunsthandwerkliche Abteilung, in der die Behinderten mit Ton
und verschiedenen anderen Materialien arbeiten.
Mit berechtigtem Stolz hat mir der Firmenchef, Kommerzialrat Ascher, berichtet, dass das
Unternehmen einer Siedlungsgenossenschaft zur Errichtung einer Wohnhausanlage Baugrund im
Ausmaß von 5.600m2 unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Auf diesem Areal werden 60
Wohnungen entstehen und Betriebsangehörige werden die Möglichkeit haben, eine Wohnung mit
einem für sie finanziell zumutbaren Baukostenzuschuß zu erwerben.
Wenn nun diese beiden Firmen, Neumayer und Feller, mit diesen Krediten, für die das Land nun die
Haftung übernehmen soll, eine weitere Verfestigung und Konsolidierung ihrer
Unternehmensentwicklung durch Herstellung neuer Produkte erreichen wollen, so sollen wir diese
Initiativen unterstützen. Unterstützen deshalb, weil wir auch in diesem Gebiet die Arbeitsplätze
brauchen. Vor allem aber sind die Beschäftigungsmöglichkeiten der 40 behinderten Menschen, die
sich dort sichtlich wohl fühlen, gesichert. Ich gebe daher namens meiner Fraktion die Erklärung ab,
daß wir dem Antrag des Berichterstatters gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Prof. Wallner.
Abg. Prof. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die
Niederösterreichgesellschaft für Kunst und Kultur hält jedes Jahr im Herbst eine wissenschaftliche
Zentralveranstaltung ab, bei der es um niederösterreichische Probleme geht. Vor einigen Jahren war
die niederösterreichische Wirtschaft Gegenstand einer solchen Behandlung und dort hat ein
bedeutender niederösterreichischer Industrieller einen Vortrag gehalten, in dem er sich mit den
Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung in der Zukunft auseinandergesetzt hat und darstellte,
welche Gegebenheiten hier für uns zutreffend sein könnten. Er hat dabei verschiedene Möglichkeiten
aufgezählt: sie beginnen mit der Explosion, das heißt also der Ausweitung der Wirtschaftskapazität wir wissen aus der Erfahrung der letzten Jahre, daß das ein Weg ist, der uns nicht ohne weiteres
offensteht, daß eher die Wachstumsrate stark zurückgeht; er hat daran die Überlegung der Implosion
angeschlossen, das heißt des Rückfalls oder des Rückgriffes auf eine niedrigere Produktionsstufe den dürften wir uns nicht erlauben; er hat dann gemeint, daß es die Kontinuität gibt, das heißt die
Fortsetzung der jetzigen Möglichkeiten - die zeigt sich immer mehr erschwert oder nicht ganz in der
Lage, die Zukunft auszufüllen; letztens ist er zu dem gekommen, was heute weitgehend eine
Selbstverständlichkeit ist, daß es in der Wirtschaft um die Innovation gehen muß, das heißt also, daß
sich auch unsere Wirtschaft immer mehr mit der Herstellung intelligenter Produkte befassen muß,
nach dem Grundsatz der Weltüberzeugung, daß die Grunderzeugung billigen Ländern überlassen
werden soll, daß aber die Herstellung von Know-how, die Entwicklung von neuen Möglichkeiten und
Technologien und die Herstellung spezieller Einrichtungen den hochindustrialisierten Ländern
vorbehalten bleiben müßten.
Zu dieser Herstellung von intelligenten Produkten gehört einmal Intelligenz, es gehört dazu Kapital
und es gehört dazu Risikobereitschaft. Diese drei führen denn letzten Endes eine echte Sicherung von
Arbeitsplätzen herbei, und eine Förderung ist gut angelegt, wenn sie die Herstellung intelligenter
Produkte fördert. Bei der Aufzählung der drei Voraussetzungen mangelt es weder an der Intelligenz
noch mangelt es an der Risikobereitschaft, es mangelt wie fast überall, wie bei allen Dingen in dieser
Welt am Kapital, also am Geld, denn es ist eine auch uns lange bekannte Tatsache, daß die Betriebe
zu wenig Eigenkapital besitzen. Das zeigt sich auch bei den heute von uns hier zu behandelnden
Betrieben. Positiverweise wird festgestellt, daß bei Neumayer eine rückläufige Tendenz, am Antrag
steht es so, der Überschuldung eintritt, und daß bei Feller eine ständige Konstante bei 14% des
Eigenkapitals bleibt, sodaß in diesem Fall sogar die Richtlinien nicht zur Gänze erfüllt sind.
Mangel an Kapital bei einem solchen Unternehmen setzt also voraus, daß jemand eine Haftung
übernehmen soll und muß, damit das ausgeglichen wird. In einem solchen Betrieb ist das sinnvoll,
weil es sich hier um die Schaffung rentabler Arbeitsplätze handelt, was nicht immer bei der
Übernahme von Haftungen hier oder anderswo gesagt werden kann. Rentable Arbeitsplätze
bedeuten, daß sie sicher sind für die Zukunft, dass sie die Rückzahlung der aufgenommenen
Darlehen absichern, sodaß die Haftung eben nicht eintritt, sondern eine Hilfestellung bleibt, und zum
dritten bedeuten rentable Arbeitsplätze, daß Steuern bezahlt werden. Das scheint mir das
wesentlichste zu sein, meine Damen und Herren, denn von den Steuerleistungen hängen ja unsere
sozialen Leistungen ab.
Die sozialen Leistungen werden nicht aus der Substanz erbracht, sondern aus der Tagesproduktion.
Wenn die nicht gesichert ist, dann sind auch die sozialen Leistungen nicht auf die Dauer gesichert.
Solche rentablen Arbeitsplätze sind bei den Firmen Karl Neumayer GesmbH und Josef Feller
GesmbH im hohen Ausmaß gegeben, daher sind die Voraussetzungen für die Haftung in einer Form
vorliegend, wie wir sie verhältnismäßig selten angetroffen haben, wenn wir über solche Dinge
gesprochen haben, insbesondere weil auch das Jahr 1981 im Gegensatz zu sehr vielen
Entwicklungen hier ein ausgesprochen günstiges und gutes Jahr war und sich positive Tendenzen in
weiter Form abzeichnen.
Mit dieser Haftung sind also die Chancen verbunden, daß hier das alles eintritt, was ich gesagt habe,
daß daneben eine starke Exportorientierung gefördert wird, die für die österreichische Wirtschaft
wesentlich ist und daß letzten Endes auch ein tüchtiges Unternehmensmanagement anerkannt wird.
Darauf lassen Sie mich in besonderer Weise hinweisen, weil durch ein sehr eingehendes Gespräch
wie bei Frau Kollegin Jirkovsky - wir sind eben zwei eifrige Abgeordnete - aus dem Industrieviertel,
und da hier sowieso immer nur über das Waldviertel geredet wird, sind wir froh, daß wir einmal so eine
intensive Darstellung auch unseres Gebietes geben können - mit Herrn Kommerzialrat Ascher sich
gezeigt hat, daß eben das, was wir bei sehr vielen Haftungen schon negativ angemerkt haben, daß
nämlich Managementfehler und Fehler in der Führung wesentlich dazu beigetragen haben, daß es
Komplikationen gegeben hat, bei diesem Betrieb nach allen vorliegenden Unterlagen und
persönlichen Eindrücken auszuschließen ist. Wenn man also hier schon immer solche Dinge
angekreidet hat, so soll man einmal auch feststellen, daß für die Wirtschaft nach wie vor bei uns,
meine Damen und Herren, wenn wir uns die Struktur der Wirtschaft anschauen, der Unternehmer,
seine unternehmerische Kapazität in jeder Form und seine Einsatzbereitschaft, seine
Risikobereitschaft eine notwendige Voraussetzung sind für das Funktionieren der Dinge,
selbstverständlich neben dem Einsatz der Mitarbeiter und des gesamten Betriebes.
Über die Gesellschaftsverhältnisse und die wirtschaftliche Situation hat Frau Abgeordnete Jirkovsky
ausführlich berichtet. Ich möchte vielleicht am Rand nur eines dazusagen. Wir haben es hier mit
einem Betrieb zu tun, der sozusagen einen Zubringerdienst für die Weltindustrie leistet. So
bescheiden die Lage in Giinselsdorf ist, so wenig Aufsehen eigentlich von diesen Produkten gemacht
wird, Sie werden kaum im Ablauf Ihres Tages etwas in die Hand nehmen können, wo nicht die beiden
Firmen des Kommerzialrates Ascher in irgendeiner Form beteiligt sind: ob Sie ihren Fernsehapparat
aufdrehen, ob Sie zum Telefon greifen, ob sie den Radioapparat einschalten oder ob Sie Ihre Brillen
aufsetzen, wie ich sie eben abgenommen habe. Wenn Sie da durschauen und ein Stahlgerüst sehen,
dann wird das wahrscheinlich von diesen beiden Betrieben stammen, weil sie von Österreich bis
Mexiko führend in dieser Branche sind.
Ob Sie im Büro irgendeine Maschine betätigen oder ob Sie, falls Sie sie noch besitzen, sich mit Ihrer
elektrischen Kleinbahn zu Hause spielen - was eine nicht unbeträchtliche Beschäftigung erwachsener
Männer darstellen soll, die häufig in Konkurrenz zu ihren Kindern treten bzw. dann die Frage
aufwerfen, wer zu Weihnachten beschenkt wurde mit der Eisenbahn, der Vater oder der Sohn, oder
ob das nur sozusagen ein „Rückgeschenk" war -, ob Sie sich also mit all dem beschäftigen, Sie
werden dort Produkte dieser Firma mitbenützen. Und die Auswirkungen, die die letzte Landeshaftung
gehabt bat, die die Produktionsprogramme beider Firmen entsprechend erweitert hat, eine
Exportquote von 70% erreicht hat, dazu auch eine erhebliche Verbesserung der Rentabilität und auch
eine Verbesserung der Kapitalverhältnisse, läßt natürlich den logischen Schluß zu, daß die jetzige
Haftung eben der Entwicklung neuer Produkte dient, neue Produktverfahren hervorrufen wird und
einen Vorgang erweckt, der mir bemerkenswert erscheint, weil sehr viele Firmen, die sich etwa an den
Grundsatz „small ist beautiful" halten, dennoch das nicht fertiggebracht haben, nämliche eine
gewerbliche Produktion sozusagen zu einer industriellen in einem kleinen Rahmw umzustellen, damit
die Kleinen sich eben damit beschäftigen, was die Großen nicht machen können oder was die Großen
nicht mit dieser entsprechenden Sorgfalt machen können: Präzisions- und Spezialprodukte. Es ist also
heute einmal eine günstige Gelegenheit, bei einem Haftungsantrag über eine positive Entwicklung bei
diesem Betrieb zu berichten, und daher steht es außer Frage, daß wir alle diesem Haftungsantrag
unsere Zustimmung geben, weil es sich einerseits um eine Sicherung der Arbeitsplätze in diesem
Gebiet handelt und weil es andererseits einen Betrieb zu fördern gilt, der in der Lage ist, sich
auszuweiten.
Darüber hinaus wird noch etwas durchgeführt, was heute eine allgemeine Forderung an die
Arbeitswelt und an de,n Arbeitsplatz ist und als besonders positiv bezeichnet werden muß. Auch
hierauf hat Frau Abgeordnete Jirkovsky schon hingewiesen. Wir sprechen heute immer von einer
Vermenschlichung aller Beziehungen. Diese Vermenschlichung wird sich nicht nur auf unserem
privaten Bereich abgrenzen können, sondern sie wird verständlicherweise und notwendigerweise vor
allem die Arbeitswelt und den Arbeitsplatz erreichen müssen. Auch in diesem Fall ist die Firma des
Kommerzialrates Ascher ein Vorbild, weil eine Tatsache, die von vielen benützt wird, sie bloß mit Geld
abzulösen, dort tatsächlich eingelöst wurde, durch ein praktisches Beispiel: hier können etwa 40
Personen aus der Lebenshilfe Sollenau tätig sein, nicht nur in dem Sinn, daß sie eben irgend etwas
manipulieren können, sondern daß sie einen Sinn in ihrer Arbeit finden.
Denn das ist ja das wesentliche auch bei diesen Behinderten, daß ihre Arbeit nicht eine Spielerei wird,
die keinen Zweck hat, sondern daß in dieser Arbeit ein Sinn entdeckt werden kann.
Sicher gibt das Land einen Zuschuß dafür, aber die Betreuung dieser 40 Personen in der Lebenshilfe
Sollenau würde dem Land an sich sonst wesentlich mehr kosten und wäre mit wesentlich geringeren
Chancen besetzt, dem Betreffenden selber ebenfalls eine Art Hilfestellung innerer Art zu bringen. Daß
es vernünftig ist, seine Mitarbeiter auch mit Wohngelegenheiten zu versorgen, wenn das möglich ist,
ist, bitte, eine uralte Tradition der österreichischen Industrie. Nicht umsonst werden heute, manchmal
nicht zum Wohlgefallen der dort Wohnenden, Industriewohnbauten unter Denkmalschutz gestellt, und
eine große Entwicklung geht momentan dahin, nicht nur die Kulturdenkmäler zu pflegen, sondern vor
allem auch diese Wirtschaftsdenkmäler unter Schutz zu stellen. Dazu gehören die
Arbeiterwahnhäuser und die Arbeitersiedlungen.
Wenn ein Betrieb heute von sich aus eine Zuwendung auf diesem Gebiet macht, dann hat er eben zu
dieser Tatsache der Vermenschlichung einen sehr starken sozialen Beitrag geleistet, der auf das
abzielt, was heute einfach so wichtig ist, daß es jeder erkennt: daß die Wirtschaft wir alle sind und
eine vernünftige Produktion nur zustande kommt, wenn alle jene klassischen Produktionssäulen, die
wir da der Reihe nach aufzählen können, wirklich harmonisch miteinander arbeiten und vor allem die
menschlichen Beziehungen in diesem Prozeß funktionieren.
Ich betrachte auch diese Entwicklung in den Betrieben und unsere Einstellung heute als einen sehr
dankenswerten Beitrag für das Industrieviertel. Ich habe schon gesagt, dem Industrieviertel mutet man
in der letzten Zeit viel zu, man glaubt, daß wir, ohne mit einer Wimper zu zucken, alles das verarbeiten
und verkraften können, was über dieses Viertel hereingebrochen ist. Das ist der Verlust tausender
Arbeitsplätze, was sicherlich durch die Nähe Wiens und durch verschiedene andere große Betriebe
leichter verkraftet werden kann, im Gegensatz zu anderen Vierteln, aber vergessen sollte man es
nicht. Daher freue ich mich, daß selbstverständlich auch die Österreichische Volkspartei hier ihre
Zustimmung geben wird und wünsche, daß diese neue Haftung zu derselbe Ausweitung der Firma
führt, wie es die vorangegangene getan hat. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses):
Einstimmig angenommen. Ich ersuche den Herrn Abg. Krenn, die Verhandlung zur Zahl 434
einzuleiten.
Abg. KRENN: Meine Damen und Herren! Der Hohe Landtag hat am 23. November 1976 unter der
Landtagszahl 357 den Neubau der psychiatrischen Aufnahmeabteilung mit diagnostischen
Zentralfunktionen des Niederösterreichischen Landeskrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie
Klosterneuburg sowie die Errichtung der Energiezentrale und die Adaptierung des Zentralgebäudes
dieses Krankenhauses beschlossen.
Am 3. März 1981 erfolgte eine VaIorisierung der Baukosten. Damit erhöhten sich die
Gesamtherstellungskosten auf Preisbasis Juli 1980 auf 132,803.690 Schilling.
Nun geht es darum, daß der weitere Ausbau dieses Landeskrankenhauses vorangetrieben wird. Beim
Neubau und der Psychiatrie (Aufnahmeabteilung) sind der Rohbau und die Rohinstallationen
fertiggestellt. Die Energiezentrale ist komplett fertig und voll in Betrieb. Es ist nunmehr die Adaptierung
des Zentralgebäudes (Mitteltrakt) notwendig.
Des weiteren muß bei der Psychiatrie ein Steildach eingebaut werden, wodurch dort mehr Kosten
entstehen, als ursprünglich geplant waren. Durch die Valorisierung bedingt entstehen Mehrkosten in
der Höhe von 10,042.274 Schilling. Die Mehrkosten der Übrigen Baumaßnahmen betragen
14,244.967 Schilling. Dadurch erhöhen sich die Gesamtkosten mit Preisbasis Jänner 1982 um
24,287.241 Schilling auf insgesamt 157,090.931 Schilling (ohne die seinerzeitige Investitionssteuer für
die Energiezentrale).
Es wurden bisher Aufträge im Rahmen von 128,233.000 Schilling vergeben, wovon bis Dezember
1981 für 76,126.000 Schilling Rechnungen gelegt wurden. Eine weitere Auftragsvergabe ist aufgrund
der Zusicherung vom 3. März 1981 nur mehr in äußerst beschränktem Ausmaß möglich.
Ich habe daher im Namen des Finanzausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Die Mehrkosten von S 24,287.241,- für den 2. Bauabschnitt des NÖ Landeskrankenhauses für
Psychiatrie und Neurologie Klosterneuburg, Neubau Psychiatrie (Aufnahmeabteilung) und
Adaptierung des Zentralgebäudes, weiters für die Sterilisationsanlage, medizinisch technische
Stationseinrichtungen, Speisenverteilung und Leitanlage, Straßen, Wege, Außenanlagen und Abbruch
des Objektes 111, werden genehmigt. Dadurch erhöhen sich die Gesamtherstellungskosten mit
Stichtag Jänner 1982 auf den Betrag von S 157,090.931,- (ohne die Investitionssteuer für die
Energiezentrale im seinerzeitigen Betrag von S 56.736,-) für dieses Projekt.
2. Die NÖ Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Beschlusses Erforderliche
zu veranlassen."
Ich ersuche den Präsidenten, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung vorzunehmen.
PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist der Abg. Kellner.
Abg. KELLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die zu
behandelnde Vorlage mit der Zahl 434, Umbau des Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie in
Klosterneuburg, gibt Gelegenheit, einen gemeinsamen Antrag einzubringen, einen Antrag beider im
Landtag vertretenen Fraktionen, vertreten durch die beiden Klubobmänner Kellner und Lechner. Der
Resolutionsantrag
hat folgenden Wortlaut (liest): „In den vergangenen Monaten wurden Gespräche zwischen der
Regierung und den beiden Landtagsklubs über die künftige Vorgangsweise hinsichtlich der
Genehmigung einzelner Bauvorhaben durch den Landtag geführt. Dabei wurde im wesentlichen
folgende Vorgangsweise in Aussicht genommen:
Die Bestimmungen des IV. Abschnittes der NÖ Landesverfassung über die Mitwirkung des Landtages
an der Vollziehung reichen im Zusammenhang mit der Einrichtung des Finanzkoptrollausschusses für
das Kontrollrecht des Landtages aus.
Die für die Durchführung von Bauvorhaben erforderlichen Kreditmittel werden vom Landtag im Wege
des jeweiligen Voranschlages bzw. Nachtragsvoranschlages genehmigt. In den Erläuterungen zum
jeweiligen Voranschlag sind bei Bauvorhaben des Landes, die sich über mehrere Jahre erstrecken,
die Kosten des Gesamtprojektes sowie die einzelnen Jahresraten aufzunehmen. Um den
Baufortschritt nicht zu verzögern, wird die Landesregierung - wie bisher - ermächtigt, bis zur Höhe der
Gesamtkosten einschließlich während der Bauzeit eingetretener indexmäßiger Erhöhungen, Aufträge
in Übereinstimmung mit dem Finanzierungsplan zu vergeben.
Im Hinblick auf diese Erwägungen wird die Landesregierung von der Einhaltung der Entschließung
des Landtages von NÖ vom 14. Juli 1966 entbunden."
Es handelt sich hier um den sogenannten „Alserbacherlaß" und ich darf die Mitglieder des Hauses
bitten, diesem Antrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KRENN: Ich verzichte.
PRÄSIDENT REITER: Wir kommen damit zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag des
Finanzausschusses): Einstimmig angenommen.
Die Herren Abgeordneten Kellner und Lechner haben zu dieser Vorlage einen Resolutionsantrag
eingebracht. Ich glaube, ich brauche ihn nicht zu wiederholen. Wer für diesen Antrag stimmen will, den
bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. (Nach Abstimmung): Ebenfalls einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Dr. Slawik, die Verhandlungen zur Zahl 436 einzuleiten.
Abg. Dr. SLAWIK: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Für die Ausstellung „800
Jahre Franz von Assisi - Franziskanische Kunst und Kultur des Mittelalters" in der Minoritenkirche
Krems-Stein vom 15. Mai bis 17. Oktober 1982 würde eine Versicherung der Leihgegenstände einen
großen Teil der budgetären Mittel, die für diese Ausstellung zur Verfügung stehen, verschlingen.
Daher wird zwecks Vermeidung hoher Versicherungsprämien die Übernahme einer Landeshaftung
empfohlen. Da die Ausstellungsräume mit den üblichen elektrotechnischen Sicherheitsanlagen mit
Alarmmeldung bei Einbruch und Brand versehen werden und während der Ausstellung ein
Dienstposten der Gendarmerie den Dienst versieht bzw. dort patroulliert, ergibt sich durch eine
Landeshaftung kein großes Risiko. Es hat sich in der Vergangenheit bei den großen Ausstellungen
des Landes herausgestellt, daß die Mehrzahl der Leihgeber eine Landeshaftung gerne in Anspruch
nehmen. Der Versicherungswert der Leihgaben wird bis zu einer Gesamthöhe von 250 Millionen
Schilling veranschlagt.
Ich erlaube mir daher im Namen des Finanzausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Für die Leihgaben der Ausstellung ,,800 Jahre Franz von Assisi - Franziskanische Kunst und Kultur
des Mittelalters" in der Minoritenkirche in Krems-Stein vom 15. Mai bis 17. Oktober 1982 wird ab
Übernahme von den Leihgebern bis zur Rückgabe an die Leihgeber die Haftung des Landes
Niederösterreich bis zu einer Gesamthöhe von S 250,000.000,- übernommen.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Landtagsbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vornehmen zu lassen.
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. (Nach
Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Bernkopf, die Verhandlung zur Zahl 437 einzuleiten.
Abg. BERNKOPF: Herr Präsident! Hoher Landtag! Gemäß § 51 Abs. 2 lit. b Niederösterreichisches
Soziallhilfegesetz gehört dem Sozialhilfebeirat der Referent (Leiter) der für die Sozialhilfe zuständigen
Abteilung des Amtes der Landesregierung als Berichterstatter an. Durch eine im Vorjahr erfolgte
Änderung der Geschäftseinteilung des Amtes der NÖ Landesregierung wurden die
Landespensionistenheime aus dem Vollziehungsbereich der Abteilung VII/1 des Amtes der NÖ
Landesregierung ausgeschieden und der Abteilung IX/2 zur Besorgung zugewiesen.
Mit 1. April 1982 folgen nunmehr dem bisherigen Leiter beider Abteilungen verschiedene Personen als
Referenten der Abteilungen VII/1 und IX/2 nach. Dies bedingt eine entsprechende Änderung des § 51
Abs. 2 lit. b des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes.
Im Hinblick auf die nächste Sitzung des Sozialhilfebeirates, die für 2. Juli 1982 anberaumt wurde,
erscheint es erforderlich, um einen geordneten Ablauf der Sitzung zu garantieren, die angestrebte
Änderung des § 51 vorzuziehen, obwohl derzeit eine umfangreiche Novelle zum
niederösterreichischen Sozialhilfegesetz in Ausarbeitung steht. Da die Neuregelung lediglich von
amtsinterner Bedeutung ist, soll das Gesetz ohne Legisvakanz mit seiner Kundmachung in Kraft
treten.
Ich darf namens des Sozialausschusses daher folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Sozialhilfegesetz geändert wird, wird genehmigt.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vorzunehmen.
PRÄSIDENT REITER: Keine Wortmeldung. Wir kommen daher zur Abstimmung. (Nach Abstimmung
über den Antrag des Sozialausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Koczur, die Verhandlungen zur Zahl 438 einzuleiten.
Abg. KOCZUR: Herr Präsidesit! Hoher Landtag! Ich habe über den Antrag der Abgeordneten
Anzenberger, Ing. Schober, Trabitsch, Schwarzböck, Wilfing, Rupp, Kurzbauer, Reischer, Rozum und
Steinböck gemäß § 29 LGO 1979 im Zusammenhang mit der Vorlage der Landesregierung betreffend
den Entwurf eines Gesetzes über den Schutz von Höhlen zu berichten.
Ein Entwurf eines Gesetzes über den Schutz von Höhlen war in der Sitzung des Landtages am 22.
April 1982 im Einlauf. Die Beratungen des Landwirtschaftsausschusses und des eingesetzten
Unterausschusses konnten bisher nicht abgeschlossen werden. Da bis zum Ablauf der Frist für die
Erlassung einer landesgesetzlichen Regelung des Höhlenschutzes am 30. Juni 1982 ein eigenes NÖ
Höhlenschutzgesetz nicht beschlossen werden kann, würden ohne Änderung des § 3 Abs. 2 des
Rechtsbereinigungsgesetzes die Bestimmungen über den Höhlenschutz außer Kraft treten. Es wurde
deshalb in der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses ein Antrag mit Gesetzentwurf gemäß § 29
LGO 1979 über die Änderung des NÖ Rechtsbereinigungsgesetzes 1978 eingebracht, dessen § 3
Abs. 2 folgenden Wortlaut hat:
„Das Landeshöhlenschutzgesetz, LGB1. Nr. 131/1924, und das als Landesgesetz geltende
Naturhöhlengesetz, BGB1. Nr. 169/1928, treten, sofern sie nicht vorher ausdrücklich aufgehoben
werden, am 31. Dezember 1982 außer Kraft."
Ich darf deshalb folgenden Antrag stellen (liest):
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend den
Gesetzentwurf über den Schutz von Höhlen (NÖ Höhlenschutzgesetz):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der gemäß § 29 LGO 1979 gestellte Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Anzenberger,
Ing. Schober, Trabitsch, Schwarzböck, Wilfing, Rupp, Kurzbauer, Reischer, Rozum und Steinböck
über die Änderung des NÖ Rechtsbereinigungsgesetzes 1978 wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchführen zu lassen.
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen daher zur Abstimmung. (Nach
Abstimmung über den Antrag des Landwirtschaftsausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Dr. Bernau, die Verhandlungen zur Zahl 385 einzuleiten.
Abg. Dr. BERNAU: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
Dienstverhältnisse der Vertragsbediensteten werden - mit einigen Ausnahmen, wie z. B. jener der
land- und forstwirtschaftlichen Vertragslehrer und der Spitalsärzte - derzeit durch die Allgemeine
Dienstordnung für Vertragsbedienstete des Bundeslandes Niederösterreich, kurz ADO genannt,
geregelt. Diese Dienstorbung stellt eine Vertragschablone dar, die von der Niederösterreichischen
Landesregierung beschlossen wurde.
Die Personalverwaltung des Landes ist angewiesen, diese Verordnung den einzelnen Dienstverträgen
zugrundezulegen. Durch die Annahme des Dienstvertrages wird die ADO zur lex contractus, sie stellt
formell somit keineswegs eine gesetzesvertretende, dem rechtsstaatlichen Prinzip widersprechende
Verordnung dar. Materiell übernimmt die ADO vor allem das VBG 1948 des Bundes. Artikel 21 des
Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974 räumt den
Ländern unter anderem die Zuständigkeit zur Gesetzgebung in den Angelegenheiten des
Dienstrechtes der Vertragsbediensteten ein.
Der heute vorliegende Gesetzentwurf stützt sich auf diese Kompetenz und geht inhaltlich von der
Allgemeinen Dienstordnung aus. Der Entwurf enthält daher auch alle Regelungen, die im Rahmen des
Begutachtungsverfahrens durch die Zentralstellen des Bundes (Bundeskanzleramt,
Bundesministerium für Finanzen) als Besserstellungen der Vertragsbediensteten des Landes
gegenüber den Vertragsbediensteten des Bundes hervorgehoben werden: Erhöhung der Anzahl der
Entlohnungsstufen gegenüber dem Vertragsbedienstetengesetz des Bundes, ubernahme der
Vertragsbediensteten in ein unkündbares Dieristverhältnis sowie den langfristigen
Abfertigungsanspruch einer weiblichen Vertragsbediensteten, die sich während des
Dienstverhältnisses verehelicht oder ein lebendes Kind geboren hat.
Da die kritisierten Besserstellungen seit vielen Jahren bestehen und auch den Inhalt der
Einzelverträge bilden, kann aus rechtspolitischen Gründen auf deren Übernahme in das LandesVertragsbedienstetengesetz nicht verzichtet werden; ebensowenig könnte der Dienstgeber
Schlechterstellungen einseitig verfügen, wenn das Land von der Dienstrechtskompetenz des Artikels
21 der Bundesverfassung nicht Gebrauch machen würde.
Der Verfassungs- und Rechtsausschuß hat in seiner Sitzung am 25. Mai 1982 die Vorlage der
Landesregierung ausführlich beraten und, wie aus der Ihnen zugegangenen Beilage ersichtlich,
aufgrund eines gemeinsamen Antrages der Abgeordneten Buchinger und Dr. Bauer entsprechende
Änderungen vorgenommen. Ich glaube nicht, daß es nötig ist, diese Änderungen, die ein sehr
umfangreiches Konvolut sind, hier zu verlesen. Sie kennen sie alle.
Ich darf daher namens des Finanzausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das Dienst- und Besoldungsrecht der
Vertragsbediensteten des Landes Niederösterreich geregelt wird (Landes-Vertragsbedienstetengesetz
- LVBG), wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Druchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
(Dritter Präsident Romeder übernimmt den Vorsitz.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist der Herr Abg.
Deusch. Ich erteile es ihm.
Abg. DEUSCH: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl die
Vertragsbediensteten des Bundes und die Vertragsbediensteten der Gemeinden schon lange ein
eigenes Vertragsbedienstetengesetz haben, mußten die Vertragsbediensteten des Landes
Niederösterreich bisher ohne ein eigenes Vertragsbedienstetengesetz auskommen. Für die
Vertragsbediensteten des Landes Niederösterreich gilt derzeit noch immer das
Vertragsbedienstetengesetz des Bundes aus dem Jahre 1948 in Verbindung mit einer von der
Niederösterreichischen Landesregierung erlassenen Allgemeinen Dienstordnung.
Dazu ist allerdings zu sagen, daß der Bund bis zum Jahre 1975 die Kompetenz zur Erlassung eines
Vertragsbedienstetengesetzes für unsere Landesbediensteten hatte. Im Jahre 1974 hat aber die
Bundesregierwg durch eine Bundesverfassungsgesetznovelle mit Wirkung 1.1.1975 die Kompetenz
zur Erlassung eines Vertragsbedienstetengesetzes für die Bediensteten des Bundeslandes
Niederösterreich an das Land Niederösterreich übertragen.
Die sozialistische Landtagsfraktion hat seit dem Jahre 1975 immer wieder die Schaffung eines
Vertragsbedienstetengesetzes verlangt. So wurde beispielsweise am 29. November 1977 vom Abg.
Bieder folgender Resolutionsantrag gestellt: „Die Landesregierung wird aufgefordert, dem
Niederösterreichischen Landtag zu einem ehestmöglichen Zeitpunkt einen Entwurf eines
Niederösterreichischen Vertragsbedienstetengesetzes zur Beratung und Beschlußfassung
vorzulegen."
Wir Sozialisten begrüßten es daher, dass dem Hohen Haus nun endlich ein Gesetzentwurf zur
Beschlußfassung vorliegt und unsere alte Forderung damit erfüllt wird, sind ja immerhin mehr als 7
Jahre verstrichen, bis nun endlich eine diesbezügliche Regierungsvorlage dem Landtag zugeleitet
wird.
Nun waren aber leider in der Regierungsvorlage einige Verschlechterungen gegenüber dem
bisherigen Zustand enthalten, so zum Beispiel das Fehlen der Provisionsordnung. Es ist für uns
unverständlich, daß die Personalvertretung und auch die Fraktion Christlicher Gewerkschafter der
Regierungsvorlage die Zustimmung gaben. Es ist doch so, wenn ein derartiges neues Gesetz
geschaffen wird, daß sich die Betroffenen sicherlich auch einige Verbesserungen erwarten.
Die sozialistische Landtagsfraktion hat sich daher in gewissenhafter und verantwortungsvoller Arbeit
der Materie gewidmet und in dem über Antrag der sozialistischen Fraktion eingesetzten
Unterausschuß mehr als 50 Verbesserungsvorschläge gemacht, von denen 34 auch die Zustimmung
der ÖVP fanden und in einem gemeinsamen Antrag dem Verfassungs- und Rechtsausschuß zur
Beschlußfassung an den Landtag übergeben wurden. Leider hat die ÖVP nicht allen unseren
Verbesserungsvorschlägen zugestimmt. Bei diesen Verbesserungsvorschlägen, denen sie nicht die
Zustimmung gab, handelt es sich um alte Forderungen, die zum Teil bereits in anderen
Körperschaften oder auch in der Privatwirtschaft Anwendung finden. Es sind dies bestimmt keine
überspitzten Forderungen oder solche, die allzu große finanzielle Belastungen darstellen, sodaß man
ihnen auch in Zeiten wie diesen die Zustimmung hätte geben können.
So haben wir verlangt, daß der Vertragsbedienstete in die jeweilige Entlohnungsgruppe seiner
tatsächlich ausgeübten Tätigkeit eingereiht wird. Hiebei wäre auch ein Ansatz für die alte
gewerkschaftliche Forderung eines beginnenden Leistungsprinzips gegeben.
Oder, daß das festgesetzte Ausmaß der Arbeitszeit im Turnus- und Wechseldienst im mehrwöchigen,
höchstens aber im sechswöchigen Durchschnitt zu erbringen ist. Bezüglich der Überstunden
verlangten wir, daß sie durch Freizeit im Verhältnis 1 zu 1% auszugleichen wären. Dazu darf ich
bemerken, dass dies in der Privatwirtschaft zufolge oberstgerichtlicher Entscheidungen bereits so
praktiziert wird.
Unverständlich ist es uns auch, daß man unserer Forderung, daß sich der wegen Krankheit oder
Unfalles vom Dienst abwesende Vertragsbedienstete bei seinem Arzt untersuchen lassen darf, nicht
zugestimmt hat. Erstens kennt der Hausarzt seinen Patienten, zweitens soll das Wahlarztsystem
gesichert bleiben und drittens kann doch die ärztliche Verantwortung nicht in Frage gestellt werden.
Weiters forderten wir, daß einem teilbeschäftigten Vertragsbediensteten, der über das vereinbarte
Beschäftigungsausmaß verwendet wird, eine Mehrdienstleistungsentschädigung gebühren soll. Das
betrifft doch vielfach berufstätige Frauen, die nebstbei ihre Familie und ihren Haushalt zu versorgen
haben. Für sie bedeuten berufliche Mehrbelastungen überstunden. Es sollen daher diese
Mehrbelastungen auch als Überstunden entlohnt werden.
Unserer Meinung nach ist es auch eine Ungerechtigkeit, daß man unserer Forderung, allen
Vertragsbediensteten eine monatliche Verwaltungsdienstzulage, deren Höhe sich aus dem
Unterschiedsbetrag von seiner auf die nächsthöhere Entlohnungsstufe ergibt, zu gewähren, nicht
entspricht. Es werden somit weiterhin einige Verwaltungszweige von der Gewährung einer
Verwaltungsdienstzulage ausgeschlossen. Paradoxerweise bekommt zum Beispiel die
Krankenschwester die Verwaltungsdienstzulage nicht, während die technische Assistentin, die
daneben arbeltet und alle übrigen Zulagen im Krankendienst bezieht, auch noch die
Verwaltungsdienstzulage erhält. Außerdem ist der anspruchsberechtigte Persorienkreis nicht so groß
und die finanziellen Auswirkungen eher gering. Daher ist uns die Verweigerung der Zustimmung nicht
erklärbar, denn ein Vergleich mit anderen Zulagen wie Schmutzzulagen u. dgl. ist nicht möglich.
Zum § 36 Abs. 12 lit. a, Ersatz der Fahrtkosten, haben wir gemeint, daß man in jenen Fällen, in denen
die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich ist, das Kilometergeld gewähren soll.
Leider wurde auch dieser Antrag abgelehnt. In diesem Fall handelt es sich überwiegend um
Kindergärtnerinnen, die als Springerinnen eingesetzt werden, wo meistens ein
Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht.
Zu § 40 Abs. 1 meinten wir, daß die Worte „frühestens 14 Tage nach Dienstantritt" entfallen sollen,
das heißt, daß er bei Krankheit nicht erst 14 Tage nach seinem Dienstantritt Anspruch auf das
Monatsentgelt haben soll, sondern gleich nach dem Dienstantritt. Wir wollten damit die
Vertragsbediensteten nicht schlechter als die Bediensteten in der Privatwirtschaft stellen, doch fanden
wir auch hier keine Zustimmung.
Besonders enttäuschend für uns Sozialisten ist, daß man Unsere Forderung bezüglich der
Urlaubsgewährung ablehnte. Wir sind nämlich der Meinung, daß für die Gewährung des Urlaubes
nicht der Dienstrang, sondern das Dienstalter und das Lebensalter entscheidend sein sollen, weil wir
der Auffassung sind, dass die Erholungsbedürftigkeit für einen Arbeiter genau im gleichen Ausmaße
gegeben ist als für den Akademiker im öffentlichen Dienst. Wir wollten ja keine Kürzung des Urlaubes,
sondern nur eine Angleichung herbeiführen.
Ungerecht finden wir auch, daß die Jubiläumsbelohnung nach 40jähriger Dienstzeit weniger betragen
soll als bei 25jähriger Dienstzeit. Bei der 25jährigen Dienstzeit werden 180 von Hundert des
Monatsentgeltes einschließlich aller Zulagen gegeben, während bei 40jähriger Dienstzeit nur 150 von
Hundert dem Vertragsbediensteten gegeben werden. Wir beantragten daher, dass bei einer
40jährigen Dienstzeit dem Vertragsbediensteten auch 180 von Hundert gebühren sollen. Leider
konnte die ÖVP diesem Antrag keine Zustimmung geben.
Zur Anlage zu § 6, Ziffer 2.1.4, stellten wir die Forderung, folgende Bestimmung hinzuzufügen:
„Straßenwärter in besonderer Verwendung mit Beaufsichtigung und Leitung einer Arbeitsgruppe im
Straßenbau und Straßenerhaltungsdienst. Soweit kein einschlägiger Beruf erlernt wurde, ist die
Prüfung für Straßenwärter in besonderer Verwendungabzulegen. Voraussetzung für die Zulassung
sind eine mindestens 4jährige Verwendung als Straßenwärter oder in einer gleich zu wertenden
Verwendung im Baudienst nach Vollendung des 18. Lebensjahres." Dadurch würde diese Gruppe der
Vertragsbediensteten ebenfalls in die Entlohnungsgruppe p 2 eingestuft werden. Es ist dies eine alte
Forderung des Baudienstes und würde eine kleine Besserstellung der Vorarbeiter im Baudienst
bedeuten.
Zur Anlage zu § 6, Ziffer 3.2.1, beantragten wir bei lit. f) und g) die Halbierung der Verwendungszeiten
eines Straßenwärters, der für eine besondere Verwendung herangezogen werden kann. Leider
bekamen wir dazu seitens der ÖVP keine Zustimmung.
Nun werden mir die Damen und Herren der ÖVP vorhalten, zu unseren Anträgen konnte man deshalb
keine Zustimmung geben, weil der Bund Einspruch erheben würde. Meine sehr geehrten Damen und
Herren, diese Ausrede können wir nicht gelten lassen. Für unsere Ansicht galt immer das Prinzip,
Bundesrecht ist Mindestrecht und darüber hinausgehende personalrechtliche Verbesserungen sind
Erfolge der einzelnen Länder. Ich darf aber auch daran erinnern, daß wir vor gar nicht allzu langer Zeit
einen Beharrungsbeschluß gefaßt haben, bei dem es ja um ähnliche Dinge bei den
Gemeindebediensteten ging. Also hätten wir auch hier bei den Vertragsbediensteten des Landes
einen Beharrungsbeschluß fassen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem die ÖVP unsere Anträge – wir glauben, daß es
berechtigte Anträge waren - abgelehnt hat, müssen Sie damit rechnen, daß wir diese Forderungen
auch in nächster Zeit erheben werden, schon aus dem Grunde, weil sie gerechtfertigt sind und auch
von der finanziellen Seite her gesehen absolut tragbar sind. Da wir aber die Mehrzahl unserer
Verbesserungsvorschläge durchsetzen konnten, geben wir dem vorliegenden Gesetzentwurf unsere
Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Als nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abg. Buchinger. Ich
erteile es ihm.
Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Der Abg. Deusch hat sich mit dem
Landesvertragsbedienstetengesetz befaßt und hat eingangs mehr oder weniger zum Ausdruck
bringen wollen, die Landesbediensteten haben relativ lange darauf warten müssen, bis dieses
Vertragsbedienstetengesetz geschaffen wird. Dazu eine Klarstellung, damit hier keine
Mißverständnisse entstehen: Es hat bisher fast alle Rechte, die wir jetzt in ein Gesetz gefaßt haben, in
Form einer Verordnung gegeben. Das war gültiges Recht für die Landesbediensteten und nun wird
das in Gesetzesform gebracht. Es findet also eine Kodifikation statt, wie wir das in vielen Bereichen
auch auf Bundesebene in den letzten Jahren und Jahrzehnten erlebt haben. Die Rechte hat es
gegeben bitte und es sind nur wenige Neuerungen, die dazu kommen. Ich darf aber hier jetzt einen
wesentlichen Unterschied machen. Sie haben gesagt, bei Bund und Gemeinden war das bisher, beim
Land nicht. Ich darf Ihnen jetzt sagen, Herr Kollege Deusch, bei Bund und Land gibt es sehr lange ein
Personalvertretungsgesetz, dass die Bediensteten gesetzlich wählen können; wir warten bis heute auf
Grund vieler und wiederholter Aufforderungsanträge unserer Fraktion, daß endlich ein
Personalvertretungsgesetz für den Bereich der Gemeindebediensteten vorgelegt wird, daß auch
dieser letzten Gruppe im gesamten Bereich des Öffentlichen Dienstes oder wenn Sie wollen der
Arbeitnehmer schlechthin endlich auch eine gesetzliche Basis für eine demokratische
Personalvertretungswahl gegeben wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Dieses vorliegende Gesetz über die Vertragsbediensteten ist ohne Zweifel ein sehr umfangreiches
Gesetz und wenn Sie wollen auch ein kompliziertes Gesetz. Personalrecht, Dienstrecht ist eben
einmal kompliziert und ich glaube, das war nicht zuletzt der Grund, daß wir einen Unterausschuß
eingesetzt haben wo dann diese Dinge sehr eingehend beraten wurden. Ich bin jetzt schon sehr lange
im Landtag und ich glaube, wir haben noch selten eine Vorlage gehabt, die sich mit Dienst- und
Personalrecht auseinandergesetzt hat, die tatsächlich so eingehend und vor allem in einem
Unterausschuß beraten wurde.
Ich stimme zu, es gab Anträge Ihrer Fraktion und es gab Anträge unserer Fraktion. Wir haben uns
dann zu einem gemeinsamen Antrag in vielen Punkten zusammengefunden und das auch gemeinsam
beschlossen. Ich darf vielleicht auch festhalten, was die Grundsätze der Volkspartei bei diesem
Gesetz gewesen sind. Vorher darf ich aber noch feststellen, daß wir selbstverständlich mit der
Personalvertretung auch diese Fragen abbesprochen haben und in Zusammenarbeit mit den
Personalvertretungen versucht haben, gewisse Wünsche noch unterzubringen und da und dort
gewisse Änderungen in der Vorlage durchzuführen. Die Grundsätze von uns waren aber, daß es
erstens einmal möglichst zu einer Gleichstellung aller Bediensteten im Bundesland Niederösterreich
kommt, dass möglichst - ganz ist es ja aus verschiedenen Gründen nicht gegangen - auch die
Unterschiede zwischen den pragmatisierten Beamten und den Vertragsbediensteten abgebaut
werden. Aber ein ganz wesentlicher Grundsatz war, daß es vor allem zwischen den unkündbaren und
kündbaren Vertragsbediensteten - solche haben wir ja bei uns im Amt - praktisch keine Unterschiede
mehr geben soll. Es waren vor allem unsere Vorschläge, diese Unterschiede, die das Gesetz noch
vorgesehen hat, abzubauen. Und ein zweiter Punkt und Grundsatz war, daß berechtigte soziale
Anliegen ebenfalls noch zum Tragen kommen.
Ich darf nur auf ein paar Punkte in Stichworten hinweisen. Zum Beispiel die Gleichstellung, wem da
und dort gesundheitliche Gründe ausschlaggebend waren. Oder die Fortzahlung des Entgeltes im
Krankheitsfall bzw. die Abfertigungsansprüche, bei den Frauen vor allem die Gewährung einer
Abfertigung bei Beendigung des Dienstverhältnisses. Der Anspruch war bisher so geregelt, daß es bei
einer bestimmten Zeit des Dienstverhältnisses mehr oder weniger Schwierigkeiten gegeben hat. Hier
wurde das klargestellt. Die Einschränkung, daß die Eheschließung bei einer weiblichen
Vertragsbediensteten oder die Geburt eines Kindes innerhalb des Dienstverhältnisses eine
Voraussetzung war, ist nun ebenfalls weggefallen. Ich glaube, daß hier sehr wesqtliche soziale
Nachteile für einen bestimmten Personenkreis ausgeschaltet werden konnten. Es gibt also eine Reihe
von Maßnahmen, die ohne Zweifel den Bediensteten Vorteile bringen.
Auf Ihre Forderungen, die von uns picht akzeptiert wurden, und Ihre Anträge, denen wir die
Zustimmung nicht geben konnten, möchte ich nicht im Detail eingehen. Sie haben zum Beispiel einen
Punkt, den Sie noch im letzten Antrag, den Sie im Ausschuß vorlegten, drinnen hatten, noch im
Ausschuß fallen lassen, weil Sie selbst eingesehen haben, daß das mehr oder weniger nicht den
Realitäten entspricht. Sie haben ihn daher noch zeitgerecht gestrichen. Ich darf andere Dinge
ebenfalls damit vergleichen, denen wir nicht zugestimmt haben, weil es zum Teil weit über
bestehendes Recht hinaus geht, weit über Bundesrecht hinausgeht und wir nicht zuletzt, glaube ich,
als Abgeordnete auch die Verantwortung zu tragen haben, was die finanziellen Gegebenheiten des
Landes betrifft. Es gibt sicherlich viele berechtigte Wünsche im sozialen Bereich aller Arbeitnehmer,
auch anderer Berufsgruppen, die eben nicht erfüllt werden können auf Grund der momentanen
fjinanziellen Gegebenheiten, egal um welche Körperschaft es sich hier handeln sollte. Sie haben die
Frage des Turnus- und Wechseldienstes angeführt. Ich möchte auf die Problematik gar nicht näher
eingehen, aber wir glauben, daß die derzeitige Regelung besser für die Bediensteten ist, weil sie mit
dem Dienstgeber vereinbaren können, wann sie den Turnus durchführen und wann sie Freizeit halten
können. Wir glauben, daß die derzeitige Regelung ein Vorteil für die Bediensteten sein sollte.
Wenn Sie angeführt haben, daß bei der Abgeltung der überstunden durch Freizeitausgleich die
Abgeltung im Verhältnis 1 zu 1 ½ erfolgen sollte, so darf ich feststellen, daß es bisher, soweit mir
bekannt ist, nirgends eine solche Regelung gibt, sondern die Abgeltung in Freizeit sowohl bei den
Bundesbediensteten als auch auf Grund der Dienstpragmatik der Landesbediensteten 1 zu 1 erfolgt.
Und mir ist auch bekannt, daß dies im Bereich der Privatwirtschaft ebenfalls so gehandhabt wird. Es
gibt diesbezüglich nur ein Urteil, nicht eines Höchstgerichtes, sondern irgend eines Erstgerichtes.
Sie haben weiters den Antrag eingebracht, daß bei Teilzeitbeschäftigten, wenn z. B. einer 25 Stunden
beschäftigt ist, schon die 26. Stunde eine Oberstunde ist. Wir haben uns auch hier erkundigt. Das wird
ebenfalls nirgends gehandhabt und überall ist das Recht so, dass erst ab der 40. Stunde die
Uberstundentätigkeit anfällt, denn ansonsten könnte es ja dazu kommen, daß ein Teilzeitbeschäftigter
ein weit höheres Einkommen erreicht als einer, der 40 Stunden tätig ist.
Sie haben auch darauf hingewiesen, dass Sie für eine andere Urlaubsregelung eingetreten sind. Herr
Kollege Deusch, ich darf Ihnen hier nur folgendes sagen: Mit dem, was Sie hier vorgebracht haben,
daß das Urlaubsausmaß nicht nach dem Dienstrang, sondern nach dem Alter bemessen wird,
stimmen wir überein. Und ich darf festhalten, daß gerade das bereits bei den letzten zwei
Gewerkschaftstagen eine Forderung von seiten der Christlichen Gewerkschaft war bzw. solche
Anträge von den Christlichen Gewerkschaftern bei den Gewerkschaftstagen eingebracht wurden. Ich
stimme voll überein, daß das seine Berechtigung hat. Aber ich glaube bitte, Sie wissen doch sehr
genau, daß momentan gerade in dieser Frage zwischen dem zuständigen Staatssekretär und der
Gewerkschaft Verhandlungen im Gange sind. Wir haben Ihnen im Ausschuß und in den
Unterausschußberatungen gesagt, daß wir selbstverständlich sofort, wenn es hier zu anderen
Regelungen kommt, bereit sind, die Frage des Urlaubsausmaßes anders zu regeln. Aber ich glaube,
es wäre alles andere als günstig, wenn wir jetzt vorpreschen und bei den Vertragsbediensteten eine
andere Regelung treffen als das bei den Beamten der Fall ist. Wir haben es ja an die Beamten
angeglichen. Machen wir hier eine andere Regelung, dann könnte es sein, daß eine allgemeine
Bundesregelung kommt und die schaut wieder anders aus. Ich glaube also, wir sollten uns in dieser
Frage noch einige Monate Zeit lassen. Ich sage noch einmal, wir stehen nicht an, wenn es so weit ist,
diese Dinge einer Änderung zuzuführen. Ich könnte jetzt noch auf viele andere Punkte eingehen. Ich
darf aber zusammenfassend sagen, daß wir Überall dort, wo berechtigte Wünsche der
Personalvertretung vorgelegen haben im sozialen Bereich, noch im Ausschuß bzw. Unterausschuß
durch unsere Anträge eine Lösung herbeigeführt haben.
Ich sage noch einmal, daß einige Wünsche offen bleiben mußten, wie zum Beispiel, wenn Sie wollen,
die Verwaltungsdienstzulage. Da darf ich richtigstellen, das betrifft nicht ein paar Bedienstete, sondern
das betrifft einige tausend Bedienstete. Das geht sehr erheblich ins Geld, denn man kann ja hier nicht
nur jene Personengruppe hereinnehmen, die Sie als Beispiel aufgezählt haben, sondern das träfe ja
dann alle Vertragsbediensteten und es wären Summa summarum rund 10.000, die davon betroffen
wären. Ich darf noch einmal sagen, wir haben uns neben sozialen Überlegungen auch von der
Verantwortung für die Finanzen dieses Landes leiten lassen. Ich glaube, daß dieses Gesetz, das
heute beschlossen wird, und das Dienstrecht, das wir nun den Vertragsbediensteten geben, ein sehr
modernes, ja ich wage die Feststellung zu treffen, meiner Meinung im Vergleich mit allen anderen
Bundesländern das modernste und fortschrittlichste Dienstrecht für öffentlich Bedienstete, für
Vertragsbedienstete, in Österreich ist. Und ich darf an dieser Stelle auch den tausenden
Landesbediensteten, die als Vertragsbedienstete in unserer Verwaltung tätig sind, von den
Straßenarbeitern angefangen bis zu jenen, die in den Spitälern und in der Verwaltung Dienst machen,
einen herzlichen Dank sagen für ihre Tätigkeit, die sie bisher im Bereich der Landesverwaltung für die
Bürger dieses Landes durchgeführt haben. Dieses Gesetz, das wir heute beschließen, bringt diesen
Bediensteten ohne Zweifel mehr Gerechtigkeit, bringt ihnen vor allem - ich glaube das ist ein
entscheidender Punkt - mehr soziale Sicherheit. Und aus diesen Gründen gibt die Osterreichische
Volkspartei diesem Gesetz gerne die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Fürst, die Verhandlungen zur Zahl 410 einzuleiten.
Abg. FÜRST: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe zu berichten über die Vorlage der
Landesregierung betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Gemeinde-Investitionsfondsgesetz
1975 geändert wird.
Mit dem Gesetz vom 21. Dezember 1970, wiederverlautbart mit Kundmachung der NÖ
Landesregierung vom 4. Oktober 1975, wurde der NÖ Gemeinde-Investitionsfonds errichtet, dessen
Aufgabe es unter anderem sein sollte, den Gemeinden zum Bau und der Erweiterung von
Wasserversorgungsanlagen, Abwasserbeseitigungsanlagen, Einrichtungen zur Beseitigung von
Hauskehricht zinsengünstige Darlehen zu gewähren. Die derzeit in Geltung stehenden Richtlinien
sehen unter anderem vor, daß das Förderungsdarlehen 25% der Gesamtkosten zu betragen hat,
wenn diese unter dem fünffachen der Finanzkraft nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 NÖ
Gemeinde-Investitionsfondsgesetz liegen.
Der Kommunalausschuß hat sich in seiner Sitzung am 25. Mai 1982 mit der Vorlage der
Landesregierung vom 22. Dezember 1981, mit dem das NÖ Gemeinde-Investitionsfondsgesetz 1975
geändert wird, beschäftigt und folgenden Beschluß gefaßt:
„Die Vorlage der Landesregierung wird abgeändert und hat wie aus der Beilage ersichtlich zu lauten.
Begründung: Die Änderungen sind in der Aufgabenstellung des Gemeindeinvestitionsfonds als
Instrument zur Unterstützung von Gemeinden und Gemeindeverbänden bei der Schaffung und
Erweiterung von Wasserversorgungsanlagen, Abwasserbeseitigungsanlagen sowie Einrichtungen zur
Abfuhr und Beseitigung von Müll begründet. Diese Änderungen tragen weiters den Aufgaben des
Gemeindeinvestitionsfonds als solcher privatwirtschaftlicher Art Rechnung."
Ich stelle daher den Antrag des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung
betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Gemeinde-Investitionsfondsgesetz 1975 abgeändert
wird (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Gemeinde-Investitionsfondsgesetz 1975 geändert
wird, wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Herr Präsident, ich darf um Debatte und Beschlußfassung bitten.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Kommunalausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. Dr. Slawik, die Verhandlungen zur Zahl 448 einzuleiten.
Abg. Dr. SLAWIK: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Katastralgemeinden Rohrau und
Hollern liegen im Gemeindegebiet der Marktgemeinde Rohrau. Diese Katastralgemeinden sind im
Bereich der Landeshauptstraße 165 und der Landesgrenze zwischen den Ländern Burgenland und
Niederösterreich durch einen ca. 500m breiten Zwickel der Katastralgemeinde Petronell
(Marktgemeinde Petronell-Carnuntum) voneinander getrennt. Die Marktgemeinden PetronellCarnuntum und Rohrau haben nunmehr übereinstimmende Gemeinderatsbeschlüsse vorgelegt, mit
welchen sie der Schaffung einer Verbindung der Katastralgemeinden Rohrau und Hollern durch
Änderung in den Grenzen ihrer Gemeinden zustimmen. Ich erlaube mir daher, im Namen des
Kommunalausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„1. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das Gesetz über die Gliederung des Landes
Niederösterreich in Gemeinden geändert wird, wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchführen zu lassen.
DRITTER PRÄSIDENT ROMEDER: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Kommunalausschusses): Einstimmig angenommen.
Somit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Die nächste Sitzung wird im schriftlichen
Wege bekanntgegeben werden.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 12.44 Uhr.)
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