Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Medizinische Fakultät Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Scriptum Anästhesie 2014 Teil III Infusionstherapie Vs. 2.0 vom 20. 10. 2014 In Ihrem späteren ärztlichen Leben werden Sie wahrscheinlich öfters Infusionen anlegen müssen, zumindest solange Sie in der Klinik sind. Aber auch wenn Sie sich niederlassen sollten, ist Infusionstherapie manchmal nötig. Das heißt, über Infusionstherapie Bescheid zu wissen, ist vielleicht wichtiger als all das, was wir Ihnen über Allgemeinanästhesie und Regionalanästhesie erzählen. Im Prinzip gilt es, folgende Unterscheidungen zu treffen: Flüssigkeitstherapie bedeutet, einem Patienten intravenös Flüssigkeiten zuzuführen, wenn der Körper des betreffenden Patienten zu wenig Wasser und/oder Elektrolyte enthält als normalerweise vorhanden sein sollte. Medizinisch wird so ein Patient als exsikkiert oder dehydriert bezeichnet, auf Mannheimerisch sagt man, er ist ausgedörzelt. Konkretes Beispiel ist der Fall, wenn Sie selbst Durst haben und Flüssigkeiten wie Mineralwasser trinken(andere Flüssigkeiten helfen auch, sind aber von der Suchtgefahr her problematisch und führen pharmakologisch zu einer verstärkten Diurese. Deshalb möchte ich sie hier nicht erwähnen). Als Volumentherapie dagegen bezeichnet man im Gegensatz zur Flüssigkeitstherapie etwas Anderes: Nämlich das Auffüllen des intravaskulären Raums, wenn aus diesem Verluste eingetreten sind - am ehesten Blutverlust - und zwar mit Flüssigkeiten, die möglichst lange auch im intravaskulären Raum verbleiben und nicht ins Interstitium diffundieren. Zusätzlich gibt es noch die parenterale Ernährung: Infusion von Flüssigkeiten mit hoher Konzentration von Aminosäuren, Glucose und Fett zur Ernährung von Patienten, die über den Magendarmtrakt nicht ernährt werden können, überwiegend in der Intensivmedizin. Da aber auch in der Intensivmedizin zunehmend dazu übergegangen worden ist, Wege zu finden, auch Intensivpatienten enteral zu ernähren, ist die parenterale Ernährung zunehmend in den Hintergrund getreten und soll hier auch nicht weiter erwähnt werden. Informationen zum derzeitigen Stand der Ausarbeitung, zur Verwendung und Editierbarkeit dieses Scriptums, eine Erklärung zu medizinischen Vorbehalten und weitere formale und organisatorische Informationen finden Sie im folgenden Kasten. Ebenso finden Sie einen Hinweis auf die gerade erschienene Leitlinie „Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen“, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin(DGAI). -1- Inhaltlich lesen Sie bitte weiter auf S. 3. -2- Wie die Skripten zu Allgemein- und Regionalanästhesie erhalten Sie auch dieses Skriptum im PDF-Format und in editierbarer OpenOffice und MS Word-Form. In den editierbaren Formen können Sie selbst Ergänzungen oder Streichungen vornehmen, bzw. sie so umgestalten, wie Sie am besten damit umgehen können. Sie können sie im Sinne des CopyLeft-Verfahrens auch weitergeben, falls sich Interessenten für diese Machwerke finden. Ein Hinweis auf den ursprünglichen Verfasser wäre nett. Die Abbildungen können Sie wahrscheinlich nicht bearbeiten. Es sind Windows-Metafiles, erstellt mit dem Diagramme-Programm XactTM, oder JPGs. Besonderer Hinweis: Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissenstand zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Scriptums entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie, der Auswahl und Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichzeitig werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten im allgemeinen Interesse mir mitgeteilt werden. Die individuelle klinische Situation mag andere Verhaltensweisen diktieren, als wie in diesem Scriptum angegeben ist und sollte mit den jeweiligen Fachautoritäten der medizinischen Einheit in der Sie tätig sind abgeklärt werden. Der Benutzer dieses Scriptums selbst bleibt allein verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung. Etwas platter, aber konkret gesagt, wenn Sie medizinisch Mist bauen, sind Sie selber schuld, nicht ich(CL). Dieses Scriptum ist leider noch länger geworden als früher schon. Aber vieles besteht aus Abbildungen, Tabellen, Leerabsätzen zur besseren Gliederung und Anhängen. Manche Abbildungen sind auch etwas simpel, wie etwa das Strichmännchen mit dem Trauma, aber das dient dazu, etwaige Copyright-Probleme zu umgehen, sodass dieses Scriptum hoffentlich ohne große Probleme weitergegeben werden kann. Ein Ausdruck von 2 Seiten auf einem DIN A4 Blatt ist ebenfalls gut lesbar, wie ich bei der Korrektur gerade festgestellt habe. Die vielen Literaturverweise sind nicht nur Angeberei. Im Lauf der Jahrzehnte hat sich die fortwährende Auseinandersetzung um die richtige Infusionstherapie emotional so aufgeladen, dass jeder Mensch, der sich damit befassen will, ein Minenfeld sich vielfach widersprechender Studienergebnisse und klinischer Erfahrungen betritt, die aber alle mit Inbrunst vertreten werden. Es entsteht der Eindruck, dass manchmal mit Studien und Gegenstudien aufeinander geradezu eingeprügelt wird und es leider notwendig scheint, jedes noch so winzige Fitzelchen der angegebenen Informationen und jede einzelne Fußnote nachzuprüfen um zu einem vernünftigen Urteil zu kommen. Gerade weil ich eher aus einer kolloid-orientierten Infusionstradition komme(zur Nomenklatur später), habe ich versucht, die Argumentation der kristalloid-orientierten Tradition zu verstehen und rauszukriegen, mit welchen Tricks deren Anhänger ebenfalls gute Infusionstherapie machen können. Ziel dieses Scriptums ist weder, es allen gleich recht zu machen, noch eine Lehrmeinung als die allein selig machende herauszustellen; sondern Anregungen zu geben, wie die vielfältigen Erkenntnisse aus Wissenschaft und klinischer Beobachtung durch eigenständiges Nachdenken im Einzelnen beurteilt und benutzt werden können um Patienten auf vernünftige Weise zu versorgen, die Infusionstherapie dabei in ein therapeutisches Gesamtkonzept zu integrieren und an den Zielen dieses Konzepts auszurichten. Christian Lenz Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg Mannheim, Ende Oktober 2014 Nach langen Vorarbeiten gibt es seit 31. 7. 2014 auch endlich eine offizielle S-3 Leitlinie „Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen“, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin(DGAI) und 14 weiteren deutschen medizinischen Fachgesellschaften. Sie können sie herunterladen von http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/001-020.html. Mit den dort gegebenen Ratschlägen(graduiert als „soll“, „sollte“, „kann“) stehen Sie im Zweifelsfall auf der sicheren Seite. Allerdings ist der Text sehr dürftig ausgefallen und gibt kaum Begründungen für die Empfehlungen. Die einzelnen Inhalte um die es in dieser Leitlinie geht, finden Sie auch in den nachfolgenden Abschnitten dieses Scriptums an passender Stelle wieder, inklusive Besprechung, Zusammenhang und Hintergründe, aber ohne jeweils explizit Bezug auf den einzelnen Leitlinienpunkt zu nehmen. -3- Weitere Begriffe in der Infusionstherapie sind: Osmolarität Anzahl vollständig gelöster Teilchen(gelöste Jonen und nicht dissoziierte Moleküle) in einer Volumeneinheit einer Flüssigkeit, gemessen in mOsmol/L. Osmotischer Druck Die Kraft, die bei Konzentrationsdifferenz zweier Lösungen mit unterschiedlicher Osmolarität, welche durch eine nur für Wasser permeable Membran getrennt sind, durch Wasserfluss über die Membran zum Ausgleich der Osmolaritäten beider Lösungen führt. Die Richtung des Wasserflusses kommt dadurch zu Stande, dass auf der Seite der Membran mit der geringeren Konzentration mehr Wassermoleküle zur Verfügung stehen und damit die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass ein Wassermolekül auf eine offene Membranpore stößt, die nicht schon von einem nicht permeablen Teilchen von einer der beiden Seiten verstopft ist. (Wie ich, hält sich die Literatur mit der Definition „Osmotischer Druck“ ziemlich bedeckt. Im Wesentlichen kommt es darauf an, ein Verständnis zu entwickeln, wie sich ein Flüssigkeitsausgleich einstellen kann, wenn Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Konzentration an gelösten Teilchen durch eine semipermeable Membran getrennt sind, bei denen aber nicht alle gelösten Teilchen die Membran durchdringen können, z. B. die Kapillarmembran.) Osmolalität Anzahl vollständig gelöster Teilchen(gelöste Jonen und nicht dissoziierte Moleküle) in einer Gewichtseinheit einer Flüssigkeit, gemessen in mOsmol/kg(Bei Wasser besteht zwischen Osmolarität und Osmolalität kein Unterschied, da ein L Wasser schließlich ein kg Wasser sind – Meistens wird bei uns dummen Medizinern generell der Begriff Osmolarität verwendet. Auch wenn im Blut nicht nur Wasser, sondern auch etwas Fett und Protein enthalten ist, überlassen wir die feineren Unterscheidungen den Chemikern, die auch mit anderen Flüssigkeiten wie etwa Alkohol oder Ölen hantieren müssen). Kristalloide, Kristalloide Lösungen Lösung von kleinen Teilchen in Wasser, die in der Regel in trockener Form Kristalle bilden, z. B. Kochsalz und in gelöster Form die Kapillarmembran passieren können. Kolloide, Kolloidale Lösungen Makromoleküle, die auf Grund ihrer Größe die intakte Kapillarmembran nicht passieren können und die Lösung dieser Makromeleküle in Wasser oder kristalloiden Lösungen. Kolloidosmotischer Druck, Onkotischer Druck Osmotischer Druck der nicht permeablen Makromoleküle(Kolloide) in einer Flüssigkeit, gemessen in mmHg(Plasma 25-28 mmHg). Ringer-Lösung, ähnlich Hartmannsche Lösung Kristalloide Infusionslösung, in den 1880iger Jahren entwickelt und benannt nach Sidney Ringer(1835-1910), deren Kationenzusammensetzung ähnlich ist wie die im Blutplasma, als einziges Anion Chlorid enthält, als Ringer-Lactat oder -Acetat aber zusätzlich auch Acetat oder Lactat(Hartmannsche Lösung, 1930iger Jahre) und dann weniger Chlorid. Im Prinzip eine Vollelektrolytlösung, die aber oft auch in leicht plasmahypotonen Varianten verwendet wurde. Die Begriffe osmotischer und onkotischer Druck sind etwas verwirrend, wenn man sich die Richtung in der sie wirken, vergegenwärtigen soll. Normalerweise stellen wir uns intuitiv vor, dass bei „Druck“ die wirkende Kraft weg von der Quelle, von der sie ausgeht und nach außen gerichtet ist, wie etwa der hydrostatische Druck aus einem Feuerwehrschlauch, wenn wir ihn halten um einen Brand zu löschen. Beim osmotischen oder onkotischen Druck ist dagegen die wirkende Kraft auf die Quelle, von der sie ausgeht, zu gerichtet. In unserer Analogie wäre das eine Pumpe, mit der wir die ganze Sauerei aufsaugen, die wir mit unserer Löschaktion angerichtet haben. Ein ähnliches Beispiel wäre der Vergleich zwischen der Schubkraft beim Start einer Weltraumrakete und der Erdanziehungskraft beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Tabelle 1: Glossar Infusionstherapie. -4- Teil I Flüssigkeitstherapie: Stellen Sie sich folgenden Fall vor: Eine Patientin, 70 Jahre alt, hat einen Darmverschluß(Ileus), sei es durch einen Tumor, sei es durch „Verwachsungen“(auf medizinisch Briden – fibrotische Stränge, die sich durch entzündliche Vorgänge nach einer abdominalen OP bilden können, wenn noch Blutreste im Peritonealraum verblieben sind – die Patientin berichtet von einer Bauchoperation vor 10 Jahren) oder durch eine Drehung des Darms(Volvulus, bei Erwachsenen sehr selten, eher bei Säuglingen). Der Darminhalt kann nicht mehr in die richtige Richtung weitertransportiert werden. Daher geht es in die entgegengesetzte Richtung, die Patientin erbricht. Und sie erbricht nicht nur das, was sie an fester und flüssiger Nahrung zu sich genommen hat, sondern auch Magen- und Darmsekret, das heißt, der Körper verliert insgesamt an Flüssigkeit, auch aus dem Interstitium, es kommt zur Exsikkose. Wie gestalten wir in diesem Fall unsere Infusionstherapie? Dazu sollten wir uns die Wasserverteilungsräume im menschlichen Körper ansehen: -5- Erys ~4% Extrazellulärraum 45% Abbildung 1: Wasserverteilung im menschlichen Körper Nach Edelman und Leibman, 19591. -6- Transzellulär ~ 2,5% Interstitieller Raum ~ 20% Plasma ~ 7,5% Intrazellulärraum 55% Festes Bindegewebe ~ 7,5% Knochen ~ 7,5% Wasserverteilung im Körper Vom Flüssigkeitsmangel ist in unserem Fall im Wesentlichen der extrazelluläre Raum betroffen, vor allem Interstitium und Gefäßsystem(Isotone Dehydratation), weniger in der Regel der intrazelluläre Raum, da die osmotisch wirksamen Teilchen innerhalb der Zellen nicht über die Zellmembran diffundieren können, und somit das intrazelluläre Wasser durch ihren osmotischen Druck in der Zelle halten. Erst wenn es im Interstitium zur Erhöhung der Konzentration osmotisch wirksamer Teilchen(im wesentlichen Elektrolyte) kommt, z. B. durch Ausatmung von Wasser in der Atemluft(Perspiratio insensibilis) ohne dessen Ersatz, dringt in Folge des höheren osmotischen Drucks im Interstitium Wasser aus den Zellen ins Interstitium ein und der intrazelluläre Wassergehalt schrumpft genauso wie der im Interstitium. Welche Flüssigkeitsverluste müssen wir ersetzen? 1. Den normalen Flüssigkeitsverlust den wir alle haben durch Urinausscheidung und Perspiratio insensibilis (vgl. Tab. 2) Der ist aus physiologischen Untersuchungen und Messungen gut bekannt. Wasserbilanz Erhaltungsbedarf etwa 2 ¾ L pro Tag Ausscheidung ml/Tag Aufnahme Urin 1500 Stuhl 150 Feste Nahrung 900 Perspiratio insensibilis Schweiß 900 Oxidationswasser aus dem Stoffwechsel 350 Summe 200 -2750 Trinken ml/Tag Summe 1500 2750 Tabelle 2: Wasserbilanz Nach Weitzman und Kleeman, Watermetabolism and the neurohypophyseal hormones, 19802. Bei normalen, elektiv operierten Patienten könnte deshalb zum Beispiel die Anweisung an die Normalstation lauten: Bis morgen früh 3000 ml Infusionslösungen(bei latent herzinsuffizienten Patienten evtl. etwas weniger: 2500 ml). Für einen exakten Ausgleich des reinen Basisbedarfs enthalten aber alle herkömmlichen Infusionslösungen im Verhältnis zum infundierten Wasser zu viel Natrium und Chlorid und zu wenig Kalium. Eine zusätzliche Spur Glucose zur Vermeidung einer Ketoazidose wäre auch noch gut 3. 2. Verlorenes Magendarm-Sekret. Dies ist bei weitem schwieriger. Erstens waren wir in der Phase, wo das Erbrechen begonnen hat nicht dabei und in der Regel wird Erbrochenes schnellstmöglich weggeräumt und nicht gemessen. -7- Hier helfen uns einige klinische Anzeichen, die aber nur qualitativer Natur sind: - Verminderter Hautturgor: Stehenbleiben von Hautfalten nach Ziehen an der Haut - Trockene Zunge - Langsames Füllen des Kapillarbetts unter den Fingernägeln nach Druck - Verminderte Venenfüllung, z. B. der Jugularvenen im Liegen - Sinustachykardie - Bewusstseinsstörung, Eintrübung 3. Flüssigkeitsverluste während der Operation Flüssigkeiten, die man absaugen kann(Blut, Ascites, Magensaft) werden während der OP in Sammelbehältern mit Meßskala(im OP-Slang in der Regel als „Sauger“ bezeichnet) gesammelt. Das Volumen dieser abgesaugten Flüssigkeiten kann mit diesem Verfahren gut bestimmt werden(wenn viel Ascites oder Magensaft abgesaugt worden ist, sollte man sich allerdings auch deren Menge merken, um sie vom Gesamtinhalt des Saugerinhalts abziehen und so die Menge an Blut bestimmen zu können, welches im Sauger ist). Schwieriger ist die Menge an Blut in Tupfern und auf dem Fußboden. Erfahrene können versuchen, aus dem Aspekt die grobe Menge abzuschätzen. Gar nicht erkennbar ist der Flüssigkeitsverlust ins Gewebe durch das beim OP-Trauma entstehende Wundödem. Das einzige, wonach man sich richten kann, ist die Ausdehnung des Operationsgebiets, die Zeitdauer der Operation und die Art des operierten Gewebes. Wie können wir nun bei unserer Patientin den Flüssigkeitsverlust ausgleichen? Wenn wir bei ausgedehnten Wüstenexpeditionen dehydriert sind, trinken wir Brunnen- oder im Luxusfall Bad Liebenzeller Mineralwasser, falls wir es dabei haben. Wenn wir dabei ordentlich geschwitzt haben und damit auch NaCl verloren haben, kann es in solchen Extremsituationen nebenbei auch nötig sein, als Ersatz Kochsalztabletten zu sich zu nehmen. Trinken hilft der Patientin aber nichts, weil sie alles wieder ausspuckt. Deshalb müssen wir die Flüssigkeit parenteral zuführen. Wenn wir aber Bad Liebensteiner Mineralwasser(still) sterilisieren oder gleich destilliertes Wasser intravenös infundieren, haben wir ein Osmalaritätsproblem: Wasser hat die Osmolarität von 0 mOsmol/L, Blutplasma dagegen eine an die 300 mOsmol/L(genau genommen 291mOsmol/L theoretisch und da nicht alle Moleküle vollständig dissoziiert sind, 288mOsmol/L mittels Gefrierpunktserniedrigung gemessen4. Behalten Sie diese genaueren Angaben bitte im Hinterkopf. In den folgenden Angaben und Tabellen wird zur Vereinfachung für das Gedächtnis die Plasmaosmolarität immer als etwa 300mOsmol/L angesetzt). Ähnliche Werte gelten für die Osmolarität im Erythrozyteninneren. Bei Infusion von reinem Wasser dringt das Wasser als niedrig osmolare Substanz in die Erythrozyten ein. Diese schwellen und platzen. Das heißt, eine parenteral infundierte Lösung muss zu allererst eine ähnliche Osmolarität aufweisen wie das Blutplasma. Wie man dies erreichen kann, sehen Sie in Tabelle 3. Am einfachsten und billigsten ist die Zugabe von 5% Glucose in in das infundierte Wasser. Damit erreichen Sie etwa eine Osmolarität von 300 mOsmol/L. Solche Lösungen werden gern zur langsamen intravenösen Verabreichung von Medikamenten verwendet(für eine ausreichende parenterale Ernährung benötigen Sie aber Glucoselösungen mit einer Glucosekonzentration von 20-40% ). In der operativen Medizin werden Sie Glucoselösungen aber aus folgendem Grund selten -8- sehen: Die Glucose wird verstoffwechselt und dann haben wir wieder nur Wasser infundiert. Dieses Wasser verteilt sich über den gesamten Wasserraum, das heißt auch in den großen Intrazellulärraum hinein, sodass für die Therapie der extrazellulären Exsikkose wenig übrig bleibt. Bei großen Infusionsmengen droht des weiteren die Gefahr der „Wasservergiftung“: Die Plasmaosmolarität fällt, Wasser dringt über die Bluthirnschranke ein, Na+, K+, und Cl- können aber wegen der Bluthirnschranke nicht aus dem Hirngewebe austreten, es kommt zur Hirnschwellung mit neurologischer Eintrübung und im Extremfall zum Tod durch Einklemmung der blutführenden Gefäße im Foramen magnum. Deshalb ist es besser, die Isoosmolarität zum Plasma durch Zugabe von Substanzen zu erzielen, die nicht vom Stoffwechsel abgebaut werden, nämlich durch anorganische Ionen. Am einfachsten geht das durch Zugabe von NaCl. Eine 0,9%ige Lösung von NaCl(Kochsalz) in Wasser ist isoton zum Plasma und wird weltweit wohl am häufigsten zu Infusionszwecken verwendet. Sie wird gern auch als „physiologische Kochsalzlösung“ bezeichnet. Allerdings ist sie sowohl von ihrer Zusammensetzung, als auch von ihrer Wirkung her alles andere als physiologisch. Einer „physiologischen“ Kochsalzlösung wird sogar eine leicht bakterizide Wirkung zugeschrieben. Kristalloide Infusionslösungen Infusionslösung Kationen Na+ Anionen K+ Ca++ Mg++ Cl- Osmo -larität Bikar- Acetatbonat- Lactat- Wasser 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Glucose 5% 0 0 0 0 0 0 0 0 300 150 0 0 0 150 0 0 0 300 4 2 0 156 0 0 0 300 Isotone NaClLösung(0,9% NaCl) Vollelektrolytlösung Ringerlösung 147,5 Vollelektrolytlösungen mit verstoffwechselbaren Anionen Deltajonin 140 4 2,5 1 106 0 45 0 300 Ringer-Lactat (Pharmacia) 130 5,5 2 0 112 0 0 27 300 Blutplasma 142 4 5 3 105 28 PO4-4 4 Proteinat- 17 300 (Delta Select) Tabelle 3: Zusammensetzung kristalloider Infusionslösungen im Vergleich zum Blutplasma. -9- Es ist aber relativ einfach, durch Zugabe anderer anorganischer Ionen wie Kalium, Magnesium und Calcium den physiologischen Verhältnissen im Plasma näher zu kommen. Man erhält dann eine sogenannte „Vollelektrolytlösung“. Der Vorteil der Verabreichung einer Vollelektrolytlösung ist der, dass Sie nie etwas falsch machen können, auch wenn sie den Elektrolytgehalt des Plasmas gar nicht kennen. Dies gilt vor allem für Kalium: Wenn der Patient eine Hypokaliämie aufweist mit Neigung zu Extrasystolie, eher tachykarden Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche wird mit der Infusion einer Vollelektrolytlösung der Plasma-Kaliumwert erhöht. Wenn der Patient dagegen eine Hyperkaliämie aufweist mit eher bradykarden Herzrhythmusstörungen bis hin zur Asystolie, erniedrigen Sie den Plasma-Kaliumwert(Wenn Sie aber den Plasmakaliumwert wissen, gehen Sie natürlich radikaler vor: Bei Hypokaliämie durch Zugabe von Kaliumchlorid – z. B. Durch Zugabe von 1 – 2 20 ml Ampullen Kaliumchlorid 7,45% zu 500 ml Vollelektrolytlösung – Wenn Sie 2 Ampullen dazugeben, sollten Sie die Infusion aber sehr langsam laufen lassen um eine temporäre Hyperkaliämie mit drohender Asystolie zu vermeiden. Außerdem führt die erhöhte Osmolarität der Infusionslösung zu Schmerzen bei Infusion über eine periphere Venenverweilkanüle. Bei Hyperkaliämie dagegen wurde bisher statt einer Vollelektrolyt- regelmäßig eine einfache Kochsalzlösung ohne Kalium gegeben. Das war lange Zeit die generelle Praxis bei Dialysepatienten. Wie aber im Folgenden zu sehen sein wird, spricht einiges gegen reine Kochsalzlösung, sodass wahrscheinlich in Zukunft auch bei Hyperkaliämie andere Infusionslösungen ratsam sind. Auf der Kationenseite sind nun einigermaßen physiologische Verhältnisse hergestellt, nicht aber auf der Anionenseite. Die bisher vorgestellten Elektrolytlösungen enthalten circa 150 mMol Chlorid- /L, das Blutplasma dagegen ein Drittel weniger. Es stellt sich die Frage: Gibt es Argumente gegen eine so hohe Chlorid-Konzentration oder schärfer formuliert: Sind hohe Chlorid-Konzentrationen in Infusionslösungen schädlich? Nachdem ältere Untersuchungen schon zur Vorsicht angeraten haben, muss nach einigen neueren Erkenntnissen diese Frage leider mit Ja beantwortet werden. Eine Reihe guter Begründungen für diese Antwort finden Sie in der Übersichtsarbeit: Lobo DN, Should chloride-rich crystalloids remain the mainstay of fluid resuscitation to prevent 'pre-renal' acute kidney injury?: con, Kidney Int 20145, aus der auch einige der folgenden Angaben entnommen worden sind. Eine hohe Chlorid-Konzentration in der Infusion führt zu: (kursiv: Nur im Tierversuch beobachtet) - Renaler Vasokonstriktion, und damit zum - Abfall der Nierendurchblutung und der - Glomerulären Filtrationsrate. Als rechnerisches Beispiel dazu eine Übertragung aus dem Tierversuch(nach Zander, R 4): Eine Infusion von circa 5 L NaCL-Lösung 0,9% würde bei einem 75 kg schweren Menschen Folgendes bewirken: Chlorid-Konzentration im Plasma: 116 mMol/L Renale Vasokonstriktion: Anstieg um 35% Glomeruläre Filtrationsrate: Abfall um 20% - Abfall der Reninaktivität und damit potentiell zu einem Blutdruckabfall und zur Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems – gemessen bei Probanden, die vor Infusion normovoläm waren. In der Praxis sollen Infusionslösungen aber meistens einen Flüssigkeitsmangel im Körper ausgleichen. Dieser dürfte dann aber in der Regel bereits vorher das Renin-Angiotensin- 10 - Aldosteron-System aktiviert haben, mit dem Ziel, Flüssigkeiten im Körper zu retinieren. - Hyperchlorämischer Azidose → pH ↓, als Folge einer Verdünnung des Bikarbonats durch das infundierte Chlorid(Klassische Säure-Basen-Theorie; die Strong ion-Theorie erklärt das dadurch, dass Chlorid im Gegensatz zu Bikarbonat ein starkes Ion ist.) Eine hyperchlorämische Azidose ist wahrscheinlich weniger schädlich als andere metabolische Azidosen, aber dennoch kann ein Abfall des pH-Werts im Blut unter pH 7,1-7,2 die Gluconeogenese in der Leber hemmen, die Sensibilität für Katecholamine vermindern und die Gerinnungsaktivität abschwächen. Zum Ausgleich kann falls nötig, Bikarbonat injiziert werden aber zumindest im Tierversuch ist eine bereits abgeschwächte Gerinnungshemmung damit nicht reversibel4. Allerdings gibt es bis jetzt praktisch keine prospektiven und randomisierten Studien, in denen Infusionslösungen mit niedrigem und hohem Chloridgehalt in ausreichender Patientenzahl verglichen worden sind um Unterschiede in wichtigen klinischen Auswirkungen(Niere, Intensivund Krankenhausaufenthalt, Komplikationen, Mortalität) nachweisen zu können(Bei insgesamt 28 Studien in der Studie mit der höchsten Anzahl an untersuchten Patienten 108 Patienten)6. Ausnahme ist einzig der Nachweis des Auftretens einer hyperchlorämischen Acidose nach chloridreicher Infusionstherapie. In Untersuchungen, die nicht ganz den hehren maximalen wissenschaftlichen Kriterien gehorchen, konnten dennoch einige wichtige Beobachtungen gemacht werden: Im Vergleich zu Infusionslösungen mit niedrigerer Chloridkonzentration führen hohe Chlorid-Konzentrationen(z. B. NaCl 0,9%) zu: - Vermehrtem Auftreten von Niereninsuffizienzen und der Notwendigkeit Nierenersatzverfahren einzusetzen(Zuerst 760 Patienten Standardinfusionstherapie, dann nach kurzer Pause die nächsten 773 Patienten chloridrestriktive Infusionstherapie)7 - Längerer Retention der infundierten Flüssigkeit - Mehr interstitiellem und Nieren – Ödem - Bei größerer Menge und über kurze Zeit infundiert zu abdominellen Beschwerden, Müdigkeit und der Verminderung der Fähigkeit, Denkaufgaben zu lösen wie etwa Kopfrechnen, das Lesen wissenschaftlicher Texte oder die Beantwortung anästhesiologischer Prüfungsfragen8. - Mehr Bluttransfusion - Mehr Koagulopathien - Mehr Entzündungsmediatoren in der Sepsis Werden umfangreiche Datenbanken von Patientendaten retrospektiv ausgewertet(„Data mining“), die zu ganz anderen Zwecken angelegt worden sind, z. B. zur OP- und Verwaltungs-Dokumentation oder zur Qualitätssicherung, kommen größere Patientenzahlen für die Auswertung zustande; so aus einer Abrechnungsdatenbank für 600 US-Kliniken(Premier perspective comparative database): 926 Patienten, denen zwischen 2005 und 2009 Infusionslösungen mit niedriger Cloridkonzentration intraoperativ verabreicht worden waren, benötigten ein geringeres Infusionsvolumen, weniger Bluttransfusionen, weniger Nierenersatzverfahren und hatten weniger Infektionen als 2778 demographisch und klinisch vergleichbare Patienten, die perioperativ 0,9% NaCl erhalten hatten9. In einer Untersuchung in Kliniken in Toronto(2003 – 2008) wurden 4226 Patienten mit postoperativer Hyperchlorämie einer ebenfalls auf ähnliche Weise demographisch und klinisch vergleichbaren Kontrollgruppe von Patienten mit postoperativer Normochlorämie gegenübergestellt. Die Patienten mit postoperativer Hyperchlorämie wiesen öfters Anzeichen von Niereninsuffizienz auf, ihr Krankenhausaufenthalt war länger und die Mortalität in dieser Gruppe höher10. - 11 - Die Autoren der Übersichtsarbeit Lobo DN et al, Should chloride-rich crystalloids remain the mainstay of fluid resuscitation to prevent 'pre-renal' acute kidney injury?: con, Kidney Int 20145kommen damit auch zu dem Schluss: “... it is unlikely that 0.9% saline would had progressed beyond a phase I clinical trial had it been developed in recent times.” Aber dennoch: In vielen Fällen ist i r g e n d e i n e Infusion kristalloider Lösungen immer noch besser als gar keine Infusion. Wie kann der Chloridanteil in Vollelektrolytlösungen gesenkt werden? Demzufolge ist es wünschenswert, den Chloridanteil in Vollelektrolytlösungen zur Infusion an physiologische Verhältnisse anzupassen. Das im Plasma am zweithäufigsten vorkommende Anion ist Bikarbonat. Dies kann man aber nicht so einfach einer Infusionslösung zugeben, es sei denn man mischt die Lösungen unmittelbar vor der Infusion. Da sich aus Bikarbonat spontan CO2 mit einem hohen Gasdruck bildet, müsste man die Autoklavierung von solchen Lösungen unter sehr hohen Drucken, mehr als wie sowie so schon üblich, sozusagen in einem erweiterten Dampfkochtopf durchführen, außerdem die abgekühlte Lösung weiterhin in einer druckstabilen Flasche halten. Wenn dennoch beim Abkühlen, Lagern oder Infundieren CO2 entweicht, besteht dann als Nächstes die Gefahr, dass das Bikarbonat zusammen mit dem in der Lösung enthaltenen Calcium als Calciumkarbonat ausfällt11 ← ←←←←←←←←←← →→→→→→→→→→→→→→→ + CO2↑ + H2O ↔ H2HCO3 ↔ H + HCO3 - H+ ↔ H+ + CO3-- → CO3-- + Ca++ → CaCO3↓. Sauer ← pK von H2CO3: 6,1 → Basisch Die Lösung dieses Problems besteht darin, dass nicht Bikarbonat selbst, sondern Substanzen zugesetzt werden, durch deren Verstoffwechselung Bikarbonat freigesetzt wird. In der Praxis sind das Salze organischer Säuren wie Acetat, Lactat, Maleat, Citrat, Fumarat. →→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→ Retention von CO2 in der Atmung → CO2 + H2O → HCO3-↑ + H+ → H+ + Acetat- → Essigsäure → Verstoffwechselung der Essigsäure in der Leber. Damit erhält man eine „balanzierte Vollelektrolytlösung mit verstoffwechselbaren Anionen“, so die Bezeichnung oder kurz „Balanzierte Vollelektrolytlösung“. Vorwiegend Lösungen dieser Art werden heute in der operativen Medizin zur Infusionstherapie verwendet, so auch im Klinikum Mannheim. Wir verwenden eine Lösung mit Acetat als zweitem Anion, da die Umwandlung von Acetat in Bikarbonat besonders schnell von statten geht(allerdings wird hier auch gewarnt vor der Möglichkeit einer überschießenden metabolischen Alkalose. In der Praxis hat dies aber wenig Bedeutung). Wahrscheinlich ist es auch bei niereninsuffizienten und hyperkaliämischen Patienten sinnvoller, bilanzierte Lösungen statt wie bisher isotones NaCL einzusetzen. Einmal wegen der möglichen Nierenschädigung durch den hohen Chloridanteil, aber auch weil die nachfolgende hyperchlorämischen Azidose wie bei allen Erniedrigungen des extrazellulären pHs zu einem Anstieg der extrazellulären und Plasma-Kaliumkonzentration durch vermehrten Kaliumaustritt aus den Zellen führt3(Beispielsweise wurde eine Doppelblindstudie mit Ringerlactat(5 mMol K) versus NaCl(0 mMol K) bei Nierentransplantationspatienten vorzeitig gestoppt wegen höheren Kaliums in einer der Vergleichsgruppen. Alle dachten, es wäre die Gruppe mit Kalium in der Infusion gewesen. Falsch. Es war die NaCl-Gruppe5). - 12 - Die bisher besprochenen Lösungen werden auch gern als „kristalloide Infusionslösungen“ oder einfacher als „Kristalloide“ bezeichnet, da alle gelösten Bestandteile bei Verdampfung des Wassers als Kristalle ausfallen. Diese Lösungen können nun dazu dienen, bei exsikkierten Patienten den intravaskulären und interstitiellen Raum wieder aufzufüllen. Der Ausgleich zwischen Gefäßsystem und Interstitium kommt dabei relativ schnell zu Stande. Folgende Zahl wird dabei oft genannt als Faustregel: Eine in den Intravaskulärraum infundierte kristalloide Lösung verteilt sich nach etwa 15 min gleichmäßig über Interstitium und Intravaskulärraum. Kinetische Studien mit Messpunkten entlang der Infusionsdauer kommen zu einer Halbwertszeit mit etwa 8 min für die intravaskuläre Verweildauer und für das endgültige Erreichen der gleichmäßigen Verteilung zu einer Zeit mit etwa 30 min nach Infusionsende12 zu etwas längeren Zeiten. Die Volumenzunahme, die diese Umverteilung in den einzelnen Bereichen des Extrazellulärraums bewirkt, hängt allerdings von deren individueller Compliance ab. Strukturen des Extrazellulärraums mit festen äußeren Begrenzungen wie z. B. Knochen oder das Hirn im Schädelinneren werden von der Volumenzunahme nicht erfaßt. Durch den osmotischen Druck der mitinfundierten Jonen wird das infundierte Wasser im Extrazellulärraum gehalten und tritt nicht in die Zellen ein, es sei denn, der Intrazellulärraum ist ebenfalls exsikkiert, Dann strömt infundiertes Wasser in die Zellen, bis zwischen Extra- und Intrazellulärraum ein isoosmotisches Gleichgewicht herrscht. - 13 - Zusammenfassung Flüssigkeitstherapie Um Medikamente als Kurzinfusion zu verabreichen oder auf kurze Zeit eine intravenöse Verweilkanüle offen zu halten, können alle plasmaisotonen Infusionslösungen(z. B. Glucose 5%) verwendet werden. Wenn die Infusion dagegen dazu dienen soll, Patienten, die oral keine Flüssigkeit zu sich nehmen können(Nüchternheit vor oder nach Operationen, Unfähigkeit auf normalem Weg Flüssigkeit aufzunehmen(z. B. Ileus), oder Flüssigkeitsverluste aus Magen/Darmtrakt, in der Ausatemluft oder durch Schweiß zu ersetzen, sollte die benötigte Flüssigkeit in Form isotoner Lösungen von Kristallsalzen(das heißt ohne große Moleküle wie etwa Albumin oder andere Proteine) zugeführt werden, die der natürlichen Ionen-Verteilung im Blutplasma möglichst nahe kommen. Auf der Kationenseite kann dies z. B. erreicht werden durch Na+ 140 mMol, K+ 4 mMol, Ca++ 2,5 mMol, Mg++ 1 mMol. Auf den Anionenseite sollte der Chloridgehalt an den des Plasmas angeglichen werden(ca. 106 mMol). Salze organischer Säuren(z. B. Acetat-, Lactat-) als Anionen stellen bei der Infusion die Elektroneutralität her. In der Blutbahn binden sie H+, werden dann als elektrochemisch neutrale Moleküle von der Leber aufgenommen und dort abgebaut. Das H+ wird geliefert aus dem Zerfall von Kohlensäure, gebildet aus Wasser und aus CO2, das im Stoffwechsel produziert wurde. Als Anion wird bei diesem Zerfall Bikarbonat, HCO3- freigesetzt und generiert dadurch das normalerweise im Blutplasma vorkommende Bikarbonat(CO2 + H2O → H2CO3 → HCO2-↑ + H+). Mit dieser Infusionstherapie kann ersetzt werden: - Der normale Tagesbedarf an Flüssigkeit beim Erwachsenen von etwa 3 L. - Zusätzliche Flüssigkeitsverluste wie in Erbrochenem, bei Durchfall oder bei massiver Diurese; soweit nicht meßbar, können klinische Zeichen helfen. - Perioperativ gemessene und geschätzte Verluste, soweit nicht Blut oder eiweißreiche Flüssigkeiten verloren gehen. Die verwendeten Infusionslösungen werden als „balancierte Vollelektrolytlösungen“ bezeichnet; Vollelektrolyt-, weil sie die wichtigsten der im Blutplasma vorkommenden Kationen in einer Konzentration wie im Blutplasma enthalten und balanciert, weil nach der Infusion im Organismus der entstehende Bikarbonat- gegen den Chloridgehalt ausbalanciert ist. Da die infundierten Ionen relativ schnell die Kapillarwand überqueren können, verteilen sich diese und damit das mit ihnen infundierte Wasser relativ schnell zwischen Gefäßraum und Interstitium, das meiste in 15 min, ein vollständiger Ausgleich ist in etwa 30 min erreicht. Strukturen des Extrazellulärraums, die feste äußere Begrenzungen besitzen, welche eine Volumenzunahme verhindern, wie z. B. Knochen oder das Hirn im Schädelinneren werden vom Verteilungsvolumen nicht erfaßt. - 14 - Nun zu einem anderen Patienten und zum Teil II Volumentherapie Dieser Patient hat anfangs nicht zu wenig Flüssigkeit im Körper, sondern eher zu viel. Denn er hat auf dem Oktoberfest zu München 5 Maß(L) Bier getrunken(Ich habe früher fast 8 Jahre direkt neben dem Okoberfest gewohnt und kann die Verhältnisse 250 ml 400 - 500 ml nachvollziehen), dann haben ihn 300 500 ml seine Freunde zu seinem Auto geführt, ihn ans Steuer gesetzt und freundlicherweise auch noch den 500 ml Zündschlüssel umgedreht. Dann 500 ml wollte er nach Hause fahren. Allerdings war ihm nicht mehr bewusst, dass der Mittlere Ring, 500 ml auf dem er gefahren ist, nicht umsonst Mittlerer Ring heißt, also 2000 ml eine Ringstraße ist, so wie bei uns hier in Mannheim der Luisen- und Friedrichsring rund um die Quadrate. Beim Versuch stur 1000 ml geradeaus zu fahren ist er prompt 1000 1500 ml verunfallt und hat sich eine gedeckte Becken- und 600 Oberschenkelfraktur zugezogen. - 750 ml Der hat jetzt ein anderes Problem. In Abb. 2 sehen Sie grob, wieviel 500 ml Blut jemand schätzungsweise bei gedeckten Knochenbrüchen Abbildung 2: Blutverlust bei gedeckten Frakturen innerhalb verliert, bis der Gewebedruck der von 24 Stunden nach Hamilton Bailey, Demonstrations of Blutung Einhalt gebietet(was bei weichen Geweben nicht unbedingt physical signs in clinical surgery(ed. Clain A), John Wright & Sons LTD, Bristol 1973(!!) und Kuhner EH, Weller P, Meeder der Fall sein muss. Da blutet es PJ in Koslowski L, Irmer W, Bushe KA, Lehrbuch der zügig weiter, weshalb auch zügig Chirurgie, Schattauer Stuttgart, New York 1978(!) - Also alles therapeutische Maßnahmen schon etwas ältere Literatur aber dennoch wohl keine großen eingeleitet werden müssen, z. B. Veränderungen, da sich die Anatomie des Menschen und Bei Beckenfrakturen eine seine Fähigkeit, bei bestimmten Traumen abschätzbare provisorische Stabilisierung durch Blutverluste zu erleiden, in der Zwischenzeit wahrscheinlich eine sogenannte „Beckenzwinge“. nicht viel verändert hat. Sie können sich das als eine Art Schraubstock für das Becken vorstellen.) Die grau umrandeten Ellipsen in der Abbildung (Becken und Oberschenkel) bezeichnen die besonders blutungsträchtigen Knochenfrakturen nach Trauma. - 15 - Dieser Patient hat im Vergleich zu der vorhergehenden Patientin ein ganz anderes Problem. Der Flüssigkeitsgehalt im Interstitium ist vorerst noch normal, dagegen ist das intravaskuläre Volumen vermindert, was zum Abfall des peripheren Perfusionsdruck und damit zur Minderdurchblutung der peripheren Gewebe und deren Minderversorgung mit Sauerstoff führt. Der Patient hat einen hämorrhagischen oder auch Blutungsschock. Begrenzte Kompensationsmechanismen des Organismus für den Blutverlust sind: Ein Herzfrequenzanstieg zur Aufrechterhaltung des Herzzeitvolumens durch schnelleres Umpumpen des verminderten Blutvolumens im Gefäßsystem. Aber Achtung! Blut im Abdomen kann einen Vagusreiz auslösen, sodass dann aus der Herzfrequenz allein nicht auf das Nichtvorliegen eines hämorrhagischen Schocks geschlossen werden kann. Periphere Vasokonstriktion in weniger sauerstoffabhängigen Körperarealen(z. B. Haut) zur Aufrechterhaltung des Perfusionsdrucks in den lebenswichtigen Organen und: Ein Eindringen von Flüssigkeit aus dem Interstitium in die Blutgefäße(~ 0,5 L in 15-30 min13 direkt, später langsamer aber in größerer Menge über die Aktivierung des Renin-AngiotensinAldosteron-Systems); beides messbar an einem Abfall der Hämoglobinkonzentration. Ein Hämoglobin-Abfall bei gleichbleibendem Gesamthämoglobingehalt des intravaskulären Raums, sei es durch Einstrom von Flüssigkeit aus dem Interstitium oder jatrogen durch Infusionstherapie bringt noch einen leichten zusätzlichen Vorteil: Er ist verbunden mit einer verminderten Erythrozytendichte im fließenden Blut. Das verringert die Blutviskosität, die Fließeigenschaften des Blutes werden besser und das Herz muss weniger Kraft aufwenden um das Blut gegen den Widerstand im Kreislauf umzupumpen. Bei diesem Patienten gilt es jetzt vor allem, das intravaskuläre Volumen aufzufüllen und effizient einzusetzen. Im wesentlichen besitzen wir dazu folgende Optionen: Die eine haben Sie gerade schon kennen gelernt: 1. Die Infusion kristalloider Infusionslösungen in das Gefäßsystem in ausreichender Quantität. Da kristalloide Infusionslösungen sehr schnell über die Gefäßwand ins Interstitium diffundieren, brauchen wir dazu aber längerfristig ein großes Infusionsvolumen. Denn wir müssen dabei nicht nur das Gefäßsystem, sondern auch den interstitiellen Raum mit kristalloider Infusionslösung auffüllen um ausreichend Volumen im Gefäßsystem halten zu können. Wesentlicher Nachteil dieser Methode ist, dass sich ein Übermaß an Flüssigkeit an Orten im Körper ansammelt, wo wir es gar nicht haben wollen. Das führt zu Ödembildung und verlängert die Diffusionsstrecke des Sauerstoffs von der Kapillare zum Zielort. Besser wäre eine zweite Option: 2. Infusionslösungen zu verwenden, die mit Substanzen angereichert sind, welche die Verweildauer im Gefäßsystem verlängern. Das wird möglich, wenn man den infundierten Lösungen Teilchen zusetzt, die – analog zu den natürlichen Plasmaproteinen – allein durch ihre Größe nur schwer über die Kapillarmembran ins Interstitium diffundieren können. Diese Teilchen haben dann das Potenzial, durch den osmotischen - 16 - Druck, den sie im Gefäßsystem aufbauen, Flüssigkeit darin zurückzuhalten. Nachteile sind, dass nicht klar ist, wie hoch dieses Potenzial im einzelnen Fall genau ist, wie lange es anhält und dass medikamentöse Nebenwirkungen berücksichtigt werden müssen, die die Anwendung bei einzelnen Patientengruppen stark einschränken oder über längere Zeit unmöglich machen können. ––– Die individuellen Vor- und Nachteile beider Optionen haben häufig zur Folge, dass die Befürworter der einen die andere heftig kritisieren, wenn nicht gar verteufeln. Jeder führt Studien auf, die die Nachteile der nicht befürworteten Option belegen, oder, falls eine Studie doch positiv ausfällt, wird sie methodisch und inhaltlich kritisiert. Die Grabenkämpfe dazu dauern schon seit Jahrzehnten an. Wahrscheinlich ist es am sinnvollsten, alle verfügbaren Optionen wahrzunehmen, das Ausmaß, in dem die eine oder andere zum Einsatz kommt, an die akute klinische Situation anzupassen und schädliche Nebenwirkungen durch quantitative und zeitliche Dosisanpassung einzugrenzen. Für unsere Infusionstherapie heißt das: Was? - Wieviel? - Wie Lange? Allerdings sind vernünftige Antworten darauf bei weitem komplizierter als die Fragestellung. ––– Um die Peripherie mit Sauerstoff und anderen stoffwechselaktiven Substanzen zu versorgen, muss das infundierte Volumen aber auch in Bewegung sein. Die beste Infusionstherapie hilft nichts bei Asystolie. Deshalb kommt als dritte, zusätzliche Option für unsere Infusionstherapie hinzu: 3. Die Optimierung der peripheren Sauerstoffversorgung durch zielgerichtete Manipulation der Pumpleistung des Herz-Kreislauf-Systems(„Goal Directed Therapy“). Dabei werden kreislaufwirksame Medikamente mit der Volumengabe gekoppelt. Die Auswirkungen beider Maßnahmen auf den Kreislauf und die periphere Sauerstoffversorgung werden kontinuierlich gemessen. An Hand dieser Messungen kann die Therapie kontinuierlich angepasst und ein gewünschter Zielwert für Infusionsmenge und Kreislaufverhalten angesteuert werden. Fragen sind hier: Wann sollen wir anfangen? Was sind die Ziele? Und: Welche Medikamente? Bevor versucht wird, diese Fragen im Detail zu beantworten, ist als Grundlage vielleicht zuerst noch einmal ein Rückblick auf Die physiologischen Mechanismen der Flüssigkeitsbewegungen über die Kapillarmembran sinnvoll. Genaueres dazu und zu dem Folgenden finden Sie in Levick JR & Michel CC, Microvascular fluid exchange and the revised Starling principle, Cardiovascular Research, 2010 13, aus dem auch eine Reihe der folgenden Ausführungen übernommen ist. Sollte Ihnen das aus Physiologie und Anatomie noch in Erinnerung sein, können Sie diesen Abschnitt gern überspringen und bei den mehr praktisch orientierten Abschnitten ab „Hypovolämie, Hypotonie und Schock“ weiterlesen. Die anatomischen und physiologischen Grundlagen für die Verteilung von Flüssigkeiten und darin gelöster Teilchen zwischen Blutgefäßen und Gewebe haben Sie schon in der Vorklinik kennen gelernt. Daraus lassen sich therapeutische Möglichkeiten für unsere geplante Volumentherapie ableiten. Abb. 3 gibt diese anatomischen und physiologischen Grundlagen stark vereinfacht wider – aber zugegeben, leider dennoch in etwas komplizierterer Weise, als wie es früher gelehrt wurde –. - 17 - Starling Prinzip an der Kapillarmembran mit Glycocalyx i i Pi Pi Lymphfluss i Pi i YYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYY c c Pc Pc Pc Pc Pc Pc glyc << i c c c c c c c s hflus Lymp hfluss Lymp YYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYY i Pi i Pi i i Pi i Starling Gleichung: Fluss = K(Pc - Pi) - σ(πc - πg) Pc ven: 12-15 mmHg πc ven: 25-28 mmHg Pi: -2 mmHg πi: 15,7 mmHg π glyc: ?, << πi → Kolloidgehalt ~ 10% ISS Abb. 3: Anatomie und Physiologie des Flüssigkeitsaustauschs zwischen Kapillare und Gewebe Der hydrostatische Druck innerhalb der Kapillare, vor allem an derem arteriellen Ende, führt zu einem Flüssigkeitseinstrom über die Endothellücken der Kapillarmembran ins Gewebe, da der hydrostatische Druck im Gewebe bei weitem niedriger ist als wie in der Kapillare. Ins Gefäßsystem zurückgeführt wird die eingedrungene Flüssigkeit vorwiegend über das Lymphsystem. Makromolekülare Teilchen wie Proteine werden dagegen im Gefäß zurückgehalten, da sie so groß sind, dass sie die Kapillarwand nicht oder nur in geringem Ausmaß passieren können. In geringem Ausmaß heißt, dass auch große Makromoleküle in der Lage sein können, die Kapillarwand zu passieren, z. B. durch Pinozytose-Mechanismen. Der Ausgleich geschieht aber im Vergleich zu kleinen Molekülen nur sehr langsam, so dass sie im Vergleich zu diesen der Einfachheit halber im praktischen Einsatz meistens als nicht permeabel betrachtet werden können. Dem einfacheren Verständnis halber wird dies auch in der Wortwahl der nachfolgenden Ausführungen so gehalten. Anatomisch gesehen ist der eigentliche Filter für diese Teilchen allerdings nicht die Endothelmembran der Kapillare, sondern die von der Endothelmembran ins Gefäßlumen ragenden engmaschigen Auswüchse der Glycocalyx(in der Abbildung als YYYY eingezeichnet). Die eigentlichen Endothellücken sind dagegen so weit, dass ein Albuminmolekül sie passieren könnte(Endothellücke 14-21nm, Albuminmolekül 7,1nm13). Da diese Makromoleküle nicht die Kapillarwand durchqueren können, üben sie gegenüber der anderen Seite einen osmotischen Druck aus, der dazu führen kann, dass Wasser und kleine Ionen im Gefäß zurückgehalten werden oder sogar aus dem Interstitium ins Gefäß zurückkehren, wenn der osmotische Druck nicht permeabler Teilchen außerhalb der Kapillare geringer ist als wie der innerhalb. Der osmotische Druck dieser großen Teilchen wird gewöhnlich als onkotischer Druck oder kolloidosmotischer Druck bezeichnet. Im Vergleich zum gesamtosmotischen Druck des Blutplasmas(291 mOmol/L) ist er sehr gering – etwa 1mOsmol/L4, aber dennoch wirksam. - 18 - Die restlichen osmotischen Drücke innerhalb und außerhalb der Kapillarwand heben sich ja gegenseitig auf, da sie von kleinen Teilchen(z. B. Na+, K+, Ca++, Mg++, Cl-, HCO3-, PO4--, Glucose, Harnstoff) stammen, für die die Kapillarwand permeabel ist. Dieses Prinzip können wir uns zunutze machen bei der Therapie von Blutverlusten aus dem Gefäßsystem, indem wir Elektrolytlösungen infundieren, die zusätzlich Teilchen enthalten, die nicht die Kapillarwand durchqueren können und damit einen kolloidosmotischen Druck aufbauen, der Wasser und Elektrolyte im Gefäßsystem zurückhält(sogenannte kolloidale Volumenersatzlösungen). Im Gegensatz zur Flüssigkeitstherapie wird dieses Verfahren gern als „Volumenersatztherapie“ bezeichnet. Die dabei vorliegenden 4 Kräfte können in der Starling-Gleichung zusammengefaßt werden: Fluss = K(Pc – Pi) – σ(πc – πi) Der Fluss über die Kapillarwand kommt dabei zustande: Aus dem Unterschied zwischen dem hydrostatischen Druck innerhalb der Kapillare( Pc) und dem außerhalb der Kapillare(Pi). Dem wirkt entgegen der Unterschied zwischen dem kolloidosmotischen Druck innerhalb der Kapillare(πc) und dem außerhalb der Kapillare(πi). Auch wenn der kolloidosmotische Druck dieselbe Dimension hat wie der hydrostatische Druck, nämlich mmHg und mit positivem Vorzeichen geschrieben wird, wirkt er vom Inneren der Kapillare her gesehen eigentlich als Sog. Um den tatsächlichen Fluss über die Kapillarwand zu erhalten muss deshalb der kolloidosmotische Druckunterschied vom Druckunterschied des hydrostatischen Drucks abgezogen werden. (Der Diffusionskoeffizient K und der Reflektionskoeffizient σ sind Konstanten, die die tatsächliche Permeabilitätsfähigkeit kleiner, bzw. großer Teilchen durch die Kapillarwand bezeichnen). Um die in Abbildung 3 dargestellten Einzelheiten genauer zu verstehen, können Sie die folgenden Schritte nachvollziehen, ausgehend von einem simplifizierten Starling-Modell zur Wirkung kolloidosmotisch wirksamer Makromoleküle in der Zirkulation, so wie es noch vor einiger Zeit als Grundlage für die Wirkung kolloidaler Volumenersatzlösungen gelehrt worden ist(Abb. 4.) Hydrostatischer und kolloidosmotischer Druck jenseits der Kapillarwand werden dabei als Starling Prinzip an der Kapillarmembran - Simpel vernachlässigbar, im Idealfall als 0mmHg angenommen(vgl. dazu die Starling-Gleichung in i i i der Abbildung). Wirksam sind allein die Pi Pi Pi intrakapillaren Kräfte: Auf der arteriellen Seite c ist der hydrostatische Druck hoch und preßt c c Flüssigkeit mit Bausteinen für den Stoffwechsel, P Pc P c z. B. Glucose ins Insterstitium. Auf der venösen c c Seite dagegen hat er stark abgenommen. Durch c c c c den Flüssigkeitseinstrom ins Gewebe ist aber die Konzentration der nicht permeablen Pi Pi Pi i i i Makromoleküle innerhalb der Kapillare stark angestiegen. Sie üben einen erhöhten Starling Gleichung: kolloidosmotischen Druck aus, der den verminderten hydrostatischen Druck auf der Fluss = K(Pc - Pi) - ( c - i) venösen Seite der Kapillare überwiegt, und die Pc ven: 12-15 mmHg Pi: 0 mmHg vorher ins Gewebe absorbierte Flüssigkeit πc ven: 25-28 mmHg πi: 0 mmHg zusammen mit Abbauprodukten des Stoffwechsels wieder reabsorbiert. Denselben Fluss = K(12 - 0) - σ(25 - 0) → Δc-i < 0 → Reabsorption Effekt können wir durch Infusionslösungen Abbildung 4: Starling Prinzip an der Kapillarmembran - Simpel erzielen, die nicht permeable Makromoleküle enthalten. c Pc P P c c σπ - 19 - π Schön wär's. Wenn man sich die Mühe macht, hydrostatischen und kolloidosmotischen Druck auf der Gewebeseite zu messen, kommt man auf ganz andere Ergebnisse(Abbildung 5): Der hydrostatische Druck auf der Gewebeseite ist in der Tat niedrig, sogar leicht negativ, das heißt er erhöht den Fluss ins Instititium noch etwas. Durch die dort reichlich vorhandenen Makromoleküle besteht aber auch hier ein nicht unerheblicher kolloidosmotischer Druck. Der steigt noch an, wenn auf der venösen Seite durch Rückresorption von Flüssigkeit ins Kapillarlumen die Konzentration der Makromoleküle im Interstitium ansteigt. Es kommt zur Annäherung an ein ungefähres Gleichgewicht der kolloidosmotischen Drücke auf beiden Seiten, ihre Auswirkungen auf den Flüssigkeitsaustausch über die Kapillarwand wird minimiert. Zusammen mit dem restlichen hydrostatischen Druck auf der venösen Seite der Kapillare ergibt sich auch dort noch ein geringfügiger Einstrom ins Gewebe. Starling Prinzip an der Kapillarmembran – 4 Starlingkräfte Pi c c Pc Pc Pc i Pc Pc Pi i c Pc c c c i Pi Pi c c c i i i Pi i i Pi i Starling Gleichung: Fluss = K(Pc - Pi) - σ(πc - πi) Experimentell kann in lockerem Gewebe ein Verhalten, wie es vorhergehend und in Abb. 4 dargestellt ist, nach dem Öffnen einer bisher verschlossenen Kapillare wohl kurzzeitig beobachtet werden, geht aber innerhalb von wenigen Minuten in die Situation über, wie sie in der Abb. 5 dargestellt und gerade eben beschrieben worden ist13. Pc ven: 12-15 mmHg Pi: -2 πc ven: 25-28 mmHg πi: mmHg 15,7 mmHg → Δc-i (>) 0 Keine Reabsorption Wohin mit dem Fluss ins Interstitium? Fluss = K(12 + 2) - σ(25 – 15,7) → Abb. 5: Starling Prinzip an der Kapillarmembran Wenn aber keine Reabsorption stattfindet, wohin dann - 4 Starlingkräfte mit all den Massen an Flüssigkeit, die über die Kapillarwand ins Gewebe eindringen? Wie Abb. 6 zeigt, werden diese Massen über das Lymphsystem abtransportiert und von dort wieder über Lymphknoten oder direkt ins Gefäßsystem aufgenommen. Von dem Gesamtvolumen von 8L Lymphfluss pro Tag fallen etwa 4L an, die in den Lymphknoten resorbiert werden und 4L, die über den Ductus thoracicus und den Ductus lymphaticus dexter direkt in das venöse System aufgenommen werden. Das heißt, das menschliche Plasmavolumen wird etwa alle 9 Stunden über Gewebe und Lymphbahnen ausgetauscht 13. Allerdings führt uns das zu einem anderen Paradox. Der aus der Starlinggleichung berechnete Lymphfluss wäre etwa 5-10mal größer als der tatsächlich beobachtete. Starling Prinzip an der Kapillarmembran mit Lymphfluss Lymphfluss Eine Reihe spekulativer Theorien wurden zur Lösung dieses Paradoxons entwickelt. Am ehesten helfen hier neuere Beobachtungen zur Feinstruktur der Kapillarmembran und zur Größe der Membranlücken(Abb. 3 und die dazu identische Abb. 7). i i Pi Pi c c Pc Pc Pc i Pc i c c Pc Pi s hflus Lymp hfluss Lymp Pc c c c c Es handelt sich dabei um die Beobachtung, dass der Bereich des Gefäßinneren, wo Blutfluss P P P i i i stattfindet, vom Insterstitium nicht nur durch die i i Endothelzellen der Kapillarmembran getrennt ist, Starling Gleichung: Fluss = K(Pc - Pi) - σ(πc - πi) sondern auch durch ein Netzwerk von Pc ven: 12-15 mmHg Pi: -2 mmHg Glycosaminoglycan-Ketten, die auf der πc ven: 25-28 mmHg πi: 15,7 mmHg Endothelzellmembran aufsitzen und ins Fluss = K(12 + 2) - σ(25 – 15,7) → Δc-i (>) 0 → Keine Reabsorption Kapillarinnere hineinragen(YYY in Abb. 7) . Paradox: Berechneter Lymphfluss >> Gemessener Lymphfluss Dieses Netzwerk wird bezeichnet als Abb. 6: Starling Prinzip an der Kapillarmembran mit Lymphfluss „Glycocalyx“. Genaueres zur Glycocalyx finden Sie in: Burke-Gaffney A & Evans TW, Lest we forget the endothelial glycocalyx in sepsis, Critical Care 201214. c i - 20 - i i i i i YYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYY c Pc P P s hflus Lymp Über die Lücken in der Endothellzellmembran selbst findet zwar der eigentliche Fluss aus dem Starling Prinzip an der Kapillarmembran Kapillarinneren ins Interstitium statt, diese mit Glycocalyx Lymphfluss Lücken sind aber so weit, dass auch Proteine wie hfluss Lymp Albumin sie passieren können(Endothellücke 14i i 21nm, Albuminmolekül 7,1nm13). Den i P i P P Endothellücken vorgeschaltet im Kapillarinneren c ist aber das Netzwerk der Glycocalyx. Dieses ist c bei weitem engmaschiger und bildet c P Pc Pc glyc << i wahrscheinlich das eigentliche ultrafiltrierende c c Element zwischen Kapillare und Interstitium. c c c c c Durch den hydrostatischen Druck innerhalb der YYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYY Kapillare strömt Flüssigkeit in den Raum P P P i i i i unterhalb der Glycocalyx, größere Moleküle wie i Proteine werden dabei herausgefiltert. Starling Gleichung: Anschließend strömt diese gefilterte Flüssigkeit, Fluss = K(Pc - Pi) - σ(πc - πg) weiter getrieben durch den hydrostatischen Pc ven: 12-15 mmHg Pi: -2 mmHg πi: 15,7 mmHg Druck, über die Endothellücken ins Interstitium. πc ven: 25-28 mmHg π glyc: ?, << πi → Kolloidgehalt ~ 10% ISS Fluss = K(12 + 2) - σ(25 – 15,7) → Δc-i (>) 0 → Keine Reabsorption Da unter Normalbedingungen dieser Fluss sehr hoch ist und die Endothelllücken eine Berechneter Lymphfluss ~ Gemessener Lymphfluss verhältnismäßig lange Wegstrecke aufweisen, Abb. 7: Starling Prinzip an der Kapillarmembran mit Glycocalyx wird dadurch in der Gegenstromrichtung die Diffusion großer Moleküle aus dem Interstitium stark behindert. Es entsteht ein Gefälle der Konzentration von Proteinen(berechnet etwa 10fach) zwischen Interstitium und dem Raum zwischen Glycocalyx und der eigentlichen Endothelmembran. Der kolloidosmotische Druck kann deshalb in diesem Raum sehr niedrig sein. Die Differenz der kolloidosmotischen Drücke zwischen zentralem Kapillarbereich – dort wo das Blut fließt - und dem Raum zwischen Glycocalyx und Endothelmembran(πc – πg) ist deshalb sehr viel größer als wie die Differenz zwischen zentralem Kapillarbereich und interstitiellem Raum(πc – πi). Diese höhere Differenz vermindert den Einstrom aus der Kapillare über Glycocalyx und Kapillarwand ins Gewebe auf eine Größe, wie sie auch experimentell beobachtet werden kann. Durch Zwischenschaltung der Glycocalyx-Barriere sind dagegen die Auswirkungen des kolloidosmotischen Drucks im Interstitium auf den Flüssigkeitseinstrom stark abgeschwächt. unterstützt wird diese Vorstellung dadurch, dass im Experiment nach Entfernung der Glycocalyx der transkapilläre Fluss ins Interstitium erheblich ansteigt. - Unter diesen Bedingungen entsteht dann eine Situation, wie sie in Abb. 6 dargestellt ist. c i i i Dieses Modell macht es uns besser möglich, das Verhalten infundierter Flüssigkeiten, so wie wir es unter pathophysiologischen Bedingungen beobachten können, zu erklären und damit unsere Infusionstherapie zielorientiert steuern zu können. Hypovolämie, Hypotonie und Schock Die normale Situation an der Kapillarwand sehen Sie vergrößert in Abb. 8 Die Durchblutung der Kapillare erzeugt hydrostatischen Druck auf die Kapillarwand und Flüssigkeit strömt dadurch ins Interstitium ein. Größere Moleküle, wie die Proteine werden dabei vom Glycocalyxsaum ausgefiltert. Da der aber nicht ganz dicht ist, können Sie in der Abbildung ein kleines Albuminchen zwischen Glycocalyx und Endothelmembran entdecken. Anders ist es bei Hypotonie oder im Kreislaufschock. Die Durchblutung der Kapillare nimmt mehr oder - 21 - Abbildung 8: Normale Verhältnisse an der Kapillarwand weniger stark ab, damit ebenso der hydrostatische Druck innerhalb der Kapillare. Der Fluss ins Interstitium wird damit ebenfalls mehr oder weniger stark reduziert(Abb. 9). Kurzfristig überwiegt der kolloidosmotische Druck der Proteine im Gefäßinneren, es kommt zum Einstrom von Flüssigkeit aus dem Glycocalyx-Raum und Interstitium ins Kapillarinnere; zusätzlich zu einem Einstrom von kleinen Proteinen aus dem Interstitium in den Raum unterhalb der Glycocalyx. Dadurch entsteht wieder ein Gleichgewicht der hydrostatischen und kolloidosmotischen Kräfte an der Kapillarwand und der Flüssigkeitsseinstrom aus dem Gewebe ins Gefäß(Autotransfusion) endet. (Quantitative Angaben dazu in der Literatur – oft werden bis zu 50% des verlorenen Volumens genannt sind sehr vage. Sie stammen aus Untersuchungen mit definierten Blutverlusten – bei 900 ml Blutverlust etwa 150-250ml Autotransfusion15,16, oder werden hochgerechnet aus Experimenten, bei denen auf die untere Körperhälfte ein Unterdruck ausgeübt worden war – für den gesamten Körper eine berechnete Autotransfusion von etwa 700ml17). Dieser Autotransfusionsvorgang ist innerhalb weniger Minuten beendet. Der Abfall der Hämoglobinkonzentration, den wir bei länger anhaltenden, vor allem bei chronischen Blutungen sehen – zum Beispiel unteren gastrointestinalen Blutungen – kommt dagegen durch eine länger anhaltende Flüssigkeitsretention zu Stande, vermittelt durch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Das sind dann die Patienten, die ohne Trauma mit einem Hämoglobingehalt zwischen 4-5 g/dL zu uns in die Abbildung 9: Kapillarwand im Schock Aufnahme kommen, immer noch gut kommunikationsfähig sind und nach Auftransfusion keine gößeren Körperschäden durch die Blutung erkennen lassen. – Zu Fuß in die Klinik kommen Patienten in diesem Zustand allerdings nicht mehr. Beginn der Infusionstherapie Wenn wir dann unsere Infusionstherapie starten, kommt wieder Volumen ins System. Aber zuerst einmal wird damit das Gefäßinnere aufgefüllt. Der hydrostatische Druck auf die Kapillarwand bleibt dabei weiterhin gering(Abb. 10). Ganz gleich, welche Flüssigkeit wir in die Gefäßbahn schütten – ob nur kristalloid oder kristalloid und kolloid – Das infundierte Volumen bleibt zum größten Teil erst einmal innerhalb des Gefäßinneren, ganz gleich welche Zusammensetzung die verwendete Infusionslösung hat. Unter Hypovolämie nach Blutung bleibt ohne einen ausreichenden, kapillarauswärts gerichteten hydrostatischen Druck deshalb auch das infundierte Volumen kristalloider Lösungen zuerst einmal zu einem größeren Anteil innerhalb der - 22 - Abb. 10: Beginn der Infusionstherapie Gefäßbahn erhalten als wie unter Normovolämie15. Erst wenn durch ausreichende Volumengabe ein höherer hydrostatischer Druck an der Kapillarwand aufgebaut worden ist, kommt der Flüssigkeitsausstrom ins Gewebe wieder in Gang und die Infusion kristalloider Lösungen verliert einen großen Teil ihrer intravaskulären Volumenwirksamkeit18(nächste Abbildung 11). Wenn wir dann kolloidale Volumenersatzlösungen nachfahren(Abb. 11 oben) oder bereits vorher gegeben haben, hält die Erhöhung des kolloidosmotischen Drucks, den diese Lösungen innerhalb der Kapillare bewirken, einen Teil des Ausstroms zurück und stabilisiert das intravaskuläre Volumen, das für Perfusion und Sauerstoffversorgung der peripheren Gewebe zur Verfügung steht(Abb. 11). Für die klinische Praxis heißt das, dass im Schock die Art der infundierten Flüssigkeit für die Auffüllung des Gefäßsystems anfangs keine allzu große Bedeutung besitzt. Erst dann, wenn wieder halbwegs normale Durchblutungsverhältnisse hergestellt sind, hängt die Quantität der im Gefäßssystem verbleibenden Infusionsmenge zunehmend von den Eigenschaften der infundierten Lösung ab. Aber nicht nur bei Blutverlust, auch in anderen Fällen von Hypotonie oder Hypovolämie können Sie eine bessere Volumenwirksamkeit von kristalloiden Lösungen beobachten, als wie in klassischen Abbildung 11: Kristalloide und Kolloide Verteilungstudien gemessen worden ist. Die Vasodilatation im Rahmen einer Allgemein-, Spinal- oder Periduralanästhesie führt ebenfalls zur Verminderung des intravaskulären hydrostatischen Drucks an der Kapillarwand und damit zu einer leicht erhöhten Retention der infundierten Flüssigkeit. So etwas kann beobachtet werden bei Infusion von NaCl 0,9% unter Isoflurannarkose 19. Ebenso verbessert sich die Wirkung einer laufenden Ringer-Laktat-Infusion, wenn nach Narkoseeinleitung mit Propofol oder dem Einsetzen einer Periduralanästhesie der mittlere arterielle Druck(MAP) abfällt20. Bei der Spinalanästhesie weist eine kristalloide Lösung einen höheren Volumeneffekt auf, wenn sie erst während des Eintritts der Sympathikolyse nach Injektion des Lokalanästhetikums, dafür aber schnell, intravasal einläuft im Vergleich zu einer Infusion noch vor dem Anlegen der Spinalanästhesie21,22. Kristalloide in der Volumentherapie - besser als ihr Ruf - Vor allem wenn man es geschickt anlegt. Bei niedrigen hydrostatischen Drucken an der Kapillarwand, bei Hypotonie oder Hypovolämie, verzögert sich der Umverteilungsprozess aus der Kapillare ins Interstitium und das infundierte Volumen bleibt dem zirkulierenden Blutvolumen länger als wie unter normovolämischen Bedingungen erhalten12,23. Wird normovolämischen Probanden 900 ml Blut abgenommen, kann der Volumenverlust bei zügiger Infusion von Ringerlösung 900 ml nahezu ganz und mit 1800 ml überkompensiert werden16. Das allerdings nur, wenn die Volumenmessung des zirkulierenden Blutvolumens unmittelbar nach Infusionsende erfolgt. Der Umverteilungsprozess der infundierten Lösung ins Gewebe ist zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht beendet. Ein wesentlicher Anteil der Infusionslösung findet sich noch im Gefäßsystem Zu einer Gleichverteilung kommt es erst etwa 30 Minuten nach Infusionsende12. - 23 - Das heißt, wenn eine Infusion läuft, können Sie den Anteil des infundierten Volumens, das während der Infusion vom Interstitium aufgenommen wird und damit nicht mehr zu einer Verbesserung der Perfusion im Blutkreislauf beitragen kann, durch kontinuierliche Neuzufuhr aus der laufenden Infusion ersetzen. Nomogramme, über wie lange Zeit und mit welcher Geschwindigkeit Sie dazu die Infusion laufen lassen müssen, sind in der Literatur zu finden15. Zusätzlich trägt unter Narkose eine verminderte Urinausscheidung zu einer vorläufigen intravaskulären und damit perfusionswirksamen Flüssigkeitsretention bei, wenig später damit aber auch zu vermehrter Gewebeaufnahme und Ödembildung12,19. Mit solchen kleinen Tricks – kontinuierlich laufende Infusion, Nutzung von Vasodilatation und Retention der Urinausscheidung unter Narkose – können Sie, auch wenn Sie nur mit kristalloiden Infusionslösungen arbeiten, über einen kürzeren Zeitraum, wie etwa für die Zeitdauer einer Operation, ein intravaskuläres Volumen aufbauen und halten, das eine großzügige Perfusion und Sauerstoffversorgung der peripheren Organe und Gewebe ermöglicht. Auf längere Dauer erkaufen Sie sich diesen Vorteil aber mit Flüssigkeitszunahme und Ödembildung im extravaskulären Bindegewebe. Kolloidale Volumenersatzlösungen Mit der Verwendung kolloidaler Infusionslösungen können Sie dagegen das infundierte Volumen länger im Gefäßsystem halten, brauchen kurz- bis mittelfristig weniger an Infusionsvolumen um dieselbe Perfusionsleistung zu erzielen und erreichen diese nach kürzerer Infusionsdauer. Kolloidale Volumenersatzlösungen sind isotone Elektrolytlösungen, in denen zusätzlich gößere Moleküle gelöst sind, die auf Grund ihrer Größe nur in geringer Menge und sehr langsam ins Interstitium übertreten können. Sie üben deshalb auf die intravasale Flüssigkeit einen nach innen gerichteten kolloidosmotischen Druck aus, der die intravasale Flüssigkeit am Austreten über die Gefäßwand hindert. Aber auch die Wirkungsdauer kolloidaler Infusionslösungen ist begrenzt. Im Vergleich zur minutenlangen Volumenwirksamkeit der kristalloiden Lösungen ist sie allerdings im Bereich von mehreren Stunden angesiedelt. Nach Aufnahme ins Gewebe, Verstoffwechselung oder Abbau und Auscheidung der Abbauprodukte über die Niere – innerhalb eines Zeitraums von einigen Stunden – verhält sich die Trägerlösung wie eine andere normale kristalloide Lösung auch, verteilt sich genauso wie diese zwischen Gefäßraum und Interstitium oder wird über die Niere ausgeschieden. Wenn Sie den gewonnenen Volumeneffekt aufrecht erhalten wollen, müssen Sie mit weiteren Infusionen kolloidaler Volumenersatzlösungen fortfahren. Im Folgenden finden Sie einen kurzen Abriss über die derzeit üblichen kolloidalen Volumenersatzlösungen – Die Textgröße ist nach Bedeutung und Anwendungshäufigkeit in der Infusionstherapie bei uns gestaltet. Eine genauere Charakterisierung der einzelnen Substanzen finden Sie im Anhang. Natürliche Kolloide Albumin Monodispers(alle Teilchen sind gleich groß) - Wirkdauer 3 – 4 Stunden(Albumin wird ins Gewebe aufgenommen, aber nur sehr langsam und je nach Gewebeart sehr verschieden. In den Lebersinusoiden ist es frei passierbar, in Haut, Muskel und Fettgewebe ist dagegen ein aktives Transportsystem nötig, um Albumin überhaupt ins Gewebe aufnehmen zu können24) - Hohe Kosten. - 24 - - Dokumentation der verwendeten Einzelchargen nötig. - Im Gegensatz zu anderen Ländern bei uns selten zur Volumentherapie eingesetzt; eher zur Therapie der Hypalbuminämie bei Leberzirrhose - Bewertung in klinischen Studien wechselnd Z. B. Albumin 5% in 0,9% NaCl. Plasmaproteine, z. B. Fresh Frozen Plasma Nach Blutspende abgetrenntes und zum Erhalt der Gerinnungsfaktoren tiefgefrorenes Blutplasma - Nur bei Gerinnungsstörungen nach erheblichen Blutverlusten, Synthesestörungen oder Verbrauchskoagulopatien verwendet. - Dokumentation der einzelnen Einheiten nötig. Künstliche Kolloide Alle Polydispers(Teilchengröße verschieden, vgl. Abb 12) Hydroxyäthylstärke(HÄS) - Amylopektin aus Mais oder Kartoffeln: Stärkekleister Substitution der Stärkemoleküle mit Hydroxyäthylgruppen zum Schutz vor dem Abbau durch Alpha - Amylase - Viele pharmazeutische Zubereitungsmöglichkeiten(für kürzere oder längere Wirkdauern, normooder hyperonkotisch mit erhöhter Volumenwirkung – in der Praxis aber eingeschränkt durch vermehrte Komplikationen bei vielen Varianten) - Wirkdauer 3 - 6 Stunden(Abbau der Stärkemoleküle durch Alpha-Amylase und Ausscheidung über die Nieren, wenn die Größe der abgebauten Moleküle die Nierenschwelle unterschreitet, vgl. Abb. 12) - Potentielle Nierenschädigung - Gerinnungsstörungen, Juckreiz, Wochenlange Speicherung im retikuloendothelialen System(RES) - Bewertung in klinischen Studien wechselnd - Wenig Allergien. Z. B. Hydroxyäthylstärke 6%, mittleres Molekulargewicht 130 000, Substitutionsgrad 0,4(das heißt 4 Hydroxyäthylgruppen pro Glucoseeinheit im Stärkemolekül) in balanzierter Vollelektrolytlösung. Gelatine – Polymere Polypeptide aus Rinderknochen, -knorpel, -sehnen: Knochenleim Harnstoffvernetzung oder andere chemische Aufbereitungen zum Erhalt der Fließfähigkeit bei Raumtemperatur (Ansonsten haben Sie auf der Bergwachthütte Sülze in den Infusionsflaschen, so wie im Metzgerladen.) - Keine oder wenig Nierenschädigung – Deshalb mögliche Alternative zu HÄS - Preiswert - Geringe Wirkdauer von 1 - 2 Stunden(Ausscheidung über die Niere und Abbau durch Peptidspaltung) - Volumeneffekt gering(50 - 70%. Das heißt 1L Infusion hat intravasal eine Volumenwirksamkeit wie etwa 500 - 700ml Blutplasma) - Häufig allergische Reaktionen Z. B. Gelifundol 4% - 25 - Dextrane – Hochmolekulare Polysacharide: Zuckerguss - Heute obsolet wegen Gerinnungsstörungen, potentieller Nierenschädigung, Allergien - 26 - Polydispersität kolloidaler Volumenersatzmittel Polydispersität bei kolloidalen Volumenersatzmitteln heißt, dass die in ihnen wirksamen Makromoleküle keine einheitliche Molekülgröße aufweisen, sondern die Größe der in Lösung befindlichen Moleküle über ein breites Spektrum zwischen klein und sehr groß verteilt ist(Poly=vielfach, Dispersion=verteilt). Anzahl der Moleküle Nierenschwelle mit dem jeweiligen (Moleküle unterhalb dieser Größe werden durch die Niere ausgeschieden und sind damit nicht mehr onkotisch wirksam) Molekulargewicht in der Lösung Zahlenmittel (das am häufigsten vorkommende Molekulargewicht und damit am onkotisch wirksamsten, da hier die größte Anzahl an onkotisch wirksamen Teilchen in der Lösung enthalten ist). Gewichtsmittel (das mittlere Molekulargewicht der gelösten Teilchen. Je höher bei Hydroxyäthylstärke, umso mehr Gerinnungshemmung und längere Wirkungsdauer bis alle Moleküle abgebaut sind und über die Niere ausgeschieden werden können). Bei Hydroxyäthylstärke werden gößere Moleküle durch die Alpha-Amylase langsam aber sicher zu kleineren Molekülen abgebaut, bis ihre Größe die Nierenschwelle unterschreitet und sie über die Niere ausgeschieden werden. Daher sind sie dann auch nicht mehr onkotisch wirksam. Wenn die großen Moleküle aber in kleinere Moleküle und damit in eine größere Anzahl von einzelnen Teilchen abgebaut werden, wird die onkotische Wirkung der Lösung durch die Vermehrung der Anzahl von onkotisch wirksamen Teilchen für eine gewisse Zeit aufrechterhalten, bis auch deren Abbau die Nierenschwelle unterschritten hat. Molekulargewicht und Molekülgröße Abbildung 12: Polydispersität kolloidaler Volumenersatzlösungen und ihre Auswirkungen auf Pharmakokinetik und -dynamik. - 27 - Kolloidale Volumenersatzlösungen in der Kurzzeitanwendung – Stunden bis 1 Tag Ältere und aktuelle Untersuchungen in Labor und Klinik zeigen dass bei der Therapie mit kolloidalen Volumenersatzlösungen mehr des infundierten Volumens im Gefäß verbleibt als wie bei reinen kristalloiden Lösungen und weniger periphere Ödeme und Organschäden entstehen. Nebenwirkungen sind dabei gering bis fehlend. Dazu einige aktuelle Beispiele: Bei Labor-Schweinen kommt es ausgehend von einem Hämatokrit von 30% nach Austausch von 1 Teil Blut gegen 1 Teil HÄS-Lösung oder 3 Teilen Vollelektrolytlösung bis ein Hämatokrit von 20% oder 15% erreicht ist unter Austausch mit Elektrolytlösung zu einem Abfall der mikrovaskulären Oxigenierung in der Niere um 30-65% zum Abfall der Kreatinin-Clearance um 45% und mehr interstitiellem Ödem im Nierengewebe. (Konrad FM et al, Acute Normovolemic Hemodilution in the Pig is Associated with Renal Tissue Edema, Impaired Renal Microvascular Oxygenation and Functonal Loss - Anesthesiology 201325) Die Lunge kann voher noch zusätzlich durch Kochsalzspülung und ein erhöhtes Atemzugvolumen geschädigt, und als zusätzlicher Schaden eine Hämorrhagie von 25% des Blutvolumens zugefügt werden. Wird anschließend Elektrolyt-(Ringeracetat), Gelatine- oder HÄS-Lösung infundiert um 90% des intrathorakalen Blutvolumens vor Blutung wiederherzustellen und über 4 Stunden aufrechtzuerhalten wird unter HÄS und Gelatine als Volumenersatz ein geringeres Infusionsvolumen benötigt als wie unter Elektrolytlösung. Histologischer Lungenschaden und Lungenödem sind ebenfalls geringer. Der histologische Nierenschaden unter HÄS ist dabei genauso groß als wie der unter Elektrolytlösung und geringer als wie unter Gelatine. (Silva PL et al, Effects of Intravascular Volume Replacement on Lung and Kidney Function and Damage in Nonseptic Experimental Lung Injury - Anesthesiology 201326) Bei Menschen findet eine Metastudie über Nierenschäden durch Infusionstherapie bei operativen Eingriffen in 17 Studien, in denen HÄS mit anderen Infusionslösungen verglichen worden, ist keine Unterschiede bei Kreatinin, Kreatinin-Clearance, Nierenversagen und Nierenersatztherapie. (Martin et al, Effect of Waxy Maize-derived Hydroxyethyl starch 130/0.4 on renal Function in surgical Patients – Anesthesiology 201327). Bei penetrierenden Verletzungen konnten unter Infusionstherapie mit HÄS sogar weniger Nierenschäden beobachtet werden28. - 28 - Langzeit-Therapie mit kolloidalen Volumenersatzlösungen(Tage, Wochen) Oder: The Colloid Blues Physiologisch, experimentell und wie in den klinischen Kurzzeitstudien auch beobachtet werden konnte, ist das Konzept, durch die Infusion kolloidaler Lösungen verlorenes oder fehlendes Blutvolumen im Gefäßsystem zu ersetzen und durch deren kolloidosmotischen Druck im Gegensatz zu rein kristalloiden Lösungen das infundierte Volumen über längere Zeit im Gefäßsystem zu halten und damit eine bessere Durchblutung der peripheren Gewebe zu erzielen, natürlich bestechend. Wenn es aber darum geht, langfristig wichtige therpeutische Ziele, wie eine höhere Überlebensrate unter weniger Komplikationen zu erreichen, zeigen klinische Studien leider, dass der Effekt kolloidaler Volumenersatzlösungen unter den meisten klinischen Bedingungen auf Dauer, über mehrere Tage und Wochen lang, sehr begrenzt, wenn nicht gar schädlich ist. Der positive Volumeneffekt relativiert sich, das Gewicht von schädlichen Nebenwirkungen wird dagegen kumulativ stärker. In den letzten Jahrzehnten wurden in vielen klinischen Untersuchungen zur Infusionstherapie kolloidale Lösungen mit kristalloiden Lösungen verglichen, aber auch Vergleiche zwischen kolloidalen und kristalloiden Lösungen untereinander durchgeführt. Untersucht wurde dabei vor allem Albumin und Hydroxyäthylstärke, letztere in älteren und neueren Varianten, seltener auch Gelatine-Lösungen, und verglichen mit isotoner NaCl-, balancierter oder auch nicht balancierter Ringerlösung oder anderen Kristalloiden. Gelegentlich wurden auch hypertone/hyperonkotische Lösungen untersucht. In vielen dieser Untersuchungen ist Hydroxyäthylstärke im Langzeiteinsatz über Tage und Wochen verbunden mit: - Erhöhter Mortalität(in den neueren Untersuchungen umstritten) - Mehr Nierenschäden - Mehr Nierenersatzverfahren/Dialyse - Mehr Bluttransfusionen - Juckreiz nach längerer Anwendung - Nur geringem Einspareffekt von Infusionsvolumen - Kostet mehr im Vergleich zu kristalloiden Infusionslösungen. In absteigender Häufigkeit gilt dies bei: Sepsis Intensivpatienten Trauma Perioperativ →→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→ Albumin ist vom Volumeneffekt her nicht besser, hat aber kaum Nebenwirkungen und senkt möglicherweise geringfügig die Mortalität im Vergleich zu NaCl29,30. Neuere Studien finden Sie unter31-36, eine Besprechung einzelner Studien unter37,38 und Metastudien unter24,39-42 sowie dezidierte Meinungsäußerungen unter43-46, darunter auch geharnischte Verdammungen von HÄS45,47. Auf Initiative des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Intervention mehrerer Studienautoren hat das Pharmocovigilance Risk Assesment Commitee(PRAC) der European Medicines Agency(EMA – „Europäisches Gesundheitsamt“) im Juni 2013 als Konsequenz eine Rücknahme der Marktzulassung für HÄS empfohlen. - 29 - In einer Entscheidung vom 25. 10. 2013 Argumente pro HÄS hat die Coordination Group for Mutual (Zum Teil auch Pro Albumin und Gelatine) Recognition and Decentralised Procedures – Human (CMDh) der EMA In diesen Langzeitstudien dieser Empfehlung in einer revidierten Patienten mit höheren Creatininwerten als wie für HÄS Fassung zugestimmt und zur empfohlen Gesetzgebung an die Europäische HÄS-Lösungen zum Teil hyperonkotisch -> Austrocknung des Kommission weitergeleitet. In dieser Fassung wird empfohlen, HÄS nicht mehr zu verwenden bei Sepsis, Verbrennungen und kritisch kranken Patienten, sondern nur noch zum Volumenersatz bei Blutverlusten. Den genauen Text dazu finden Sie auf: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/docume nt_library/Press_release/2013/10/WC50015312 5.pdf Diese Vorgänge haben natürlich die Wellen der Erregung emotional hochschlagen lassen(SPIEGEL-Zitat: „Hinter den Kulissen fliegen die Fetzen“). Eine kleine Illustration der Argumente, die sich Gegner und Befürworter von HÄS gegenseitig an den Kopf werfen, finden Sie in der nebenstehenden Tabelle 4. Argumente gegen HÄS (Zum Teil auch gegen Albumin und Gelatine) In unseren neuen Langzeitstudien Wir haben in beiden Gruppen niereninsuffiziente Patienten aufgenommen Wir verwenden isoonkotische HÄGSLösungen Interstitialraums -> Verschlechterung der Nierenfunktion Erhöhte Mortalität nur bei älteren HÄS-Lösungen Keine höhere Mortalität in neueren Studien Bei Sepsis immer noch erhöhte Mortalität Die Patientzahl in der Studie mit den Die neueren Studien sind für den meisten Patienten war extra so hoch Mortalitätsnachweis zahlenmäßig gewählt worden um statistisch den underpowered Nachweis einer erhöhten Mortalität zu ermöglichen und fand keine erhöhte Mortalität Wenn, dann ist die Kartoffelstärke schuld an der höheren Mortalität(?) Uralte HÄS-Präparationen mit höherem Molekulargewicht als wie heute empfohlen Wir machen Studien mit modernen HÄS-Lösungen und kommen zu ähnlichen Ergebnissen HÄS-Lösung überdosiert Wir führen Dosisbegrenzungen für HÄS ein Keine sonstigen Dosierungsrichtlinien ? Keine klaren hämodynamischen Endpunkte definiert ? ? Keine oder nur geringe Flüssigkeitseinsparung durch HÄS ? Kristalloide sind billiger als kolloidale Volumenersatzmittel ? Zu kurze Beobachtungszeiten Zu viele Patienten mit verschiedenen Krankheiten in einem Topf Zu viele einzelne Töpfe mit zu wenigen Patienten pro Topf Gezielte therapeutische Auswahl wird durch Blinding verhindert Kein Blinding Schlechtes Studiendesign, hohe Variabilität in Untergruppen Schlechtes Studiendesign, hohe Variabilität in Untergruppen Schlechte Dokumentation in einer Studie mit erstaunlich hoher Mortalität(51%) ? Dann kann man gleich auch isotone Kochsalzlösung verbieten ? Tabelle 4: Argumente pro und contra HÄS Einige Bemerkungen meinerseits scheinen mir dazu angebracht: Auffällig sind meines Erachtens gar nicht so sehr die Komplikationen. Die sind eigentlich schon länger bekannt und es verwundert eigentlich nicht, wenn sie bei längerer Anwendung kumulieren. Was mich vor allem wundert ist, dass einer der wesentlichsten Gründe, weshalb kolloidale Volumenersatzmittel überhaupt eingesetzt werden, nämlich denselben intravasalen Volumeneffekt mit einer geringeren Menge an Infusionsvolumen zu erzielen, sich so gar nicht widerspiegelt in den - 30 - Ergebnissen dieser Langzeituntersuchungen. Verständlicher wird dies, wenn bedacht wird, dass nach Abbau, Ausscheidung oder Gewebeaufnahme der kolloidalen Bestandteile dieser Lösungen immer noch die kristalloide Träger-Flüssigkeit übrigbleibt, die sich genauso ins Gewebe verteilt wie eine normale Elektrolyt-Lösung unmittelbar nach Anlegen der Infusion. Da der Extravaskulärraum zwar viel an Flüssigkeit aufnehmen kann, das Aufnahmepotential aber dennoch endlich ist(Intensivpatienten platzen normalerweise nicht, werden von ihrem Aussehen her aber häufig mit dem Michelin-Männchen verglichen) führt die kontinuierliche Flüssigkeitsaufnahme, gleich ob sie schneller, wie bei Kristalloiden oder langsamer, wie bei Kolloiden, vor sich geht, zumindest theoretisch, wenn die maximal mögliche Ausdehnung erreicht ist, zum gleichen Extravasalvolumen. In der Praxis wird dies natürlich über die Nierenausscheidung in Grenzen gehalten. Speziell in der schweren Sepsis kommt aber noch ein weiteres Phänomen dazu. Schauen Sie sich dazu bitte d a s hier an(die Katastrophe im nebenstehenden Bild rechts, Abb. 13): Wenn unter pathophysiologischen Bedingungen oder allein schon durch forcierte Infusionstherapie die Glycocalyx abrasiert wird, oder wie noch vor der Entdeckung der Glycocalyx beobachtet, die Kapillarmembran unter der Einwirkung verschiedenster Mediatoren, wie sie unter Schock, Trauma und vor allem Sepsis freigesetzt werden, auch für größere Moleküle durchlässiger wird, spielt die An- oder Abwesenheit von größeren Molekülen in der verwendeten Infusionsflüssigkeit zunehmend eine geringere Rolle: Alle diese Flüssigkeiten verteilen sich schneller über die Kapillarmembran und führen zu Ödemen im Gewebe. Für eine gute Perfusion bleibt dann innerhalb des Gefäßsystems weniger übrig. Zur Illustration, was da alles möglich ist, ein Zitat aus Woodcock & Woodcock, Revised Starling equation and the glycocalyx model of transvascular fluid exchange: an improved Abbildung 13: Kapillarmembran in der Sepsis paradigm for prescribing intravenous fluid therapy British J. of Erhöhung der Kapillarpermeabilität durch Anaesthesiology 201248 Verlust der Glycocalyx, Öffnen weitlumiger “It appears, on the evidence from human studies to date, that Poren und Defekte in der Endothelmembran. the endothelial glycocalyx layer is compromised in systemic inflammatory states such as diabetes, hyperglycaemia, surgery, trauma, and sepsis. Inflammatory mediators which have been implicated so far include C-reactive protein, A3 adenosine receptor stimulation, tumour necrosis factor, Bradykinin, and mast cell tryptase.” … und so weiter und so fort. In der Kritik an kolloidalen Volumenersatzmitteln wird weiter bemängelt, dass Studien und Experimente, die deren Einsatz in einem besseren Licht beleuchten, oft nur sehr kurze Beobachtungszeiträume aufweisen. Aber das ist auch ein Hinweis, dass kolloidale Volumenersatzmittel im Kurzzeit-Einsatz durchaus die Vorteile besitzen, die ihnen zugeschrieben und im Experiment und in der Klinik beobachtet werden können. Dafür sprechen die vorher dargestellten Beispiele aus aktuellen Untersuchungen für den kurzzeitigen Einsatz in Experiment und Klinik. Schwerpunkt solch kurzzeitiger Einsätze dürften vorzugsweise unfall-, iatrogen bei Operationen oder pathologisch(z. B. akut gastrointestinal) bedingte Blutungen im präklinischen, klinischen und perioperativen Raum sein. Subjektiv würde ich(CL) das folgendermaßen zusammenfassen: - 31 - Bei Langzeitanwendung - Schwindet der Volumen einsparende Effekt von Kolloiden - Nebenwirkungen treten kumulativ hervor Mögliche Konsequenz: Kolloidale Volumenersatzlösungen bringen Vorteile bei der initialen Volumenresuszitation und kurzzeitigen Therapie - Präklinisch und klinisch nach akuter Blutung - Perioperativ Die Auswirkungen beim Langzeiteinsatz, vor allem in der Sepsis, sind dagegen kritischer zu sehen. Der Sinn eines kontinuierlichen Einsatz' kolloidaler Volumenersatzlösungen ist hier derzeit zumindest fraglich. Es sei denn, spezielle Indikationen legen einen punktuellen Einsatz nahe. Zusammenfassung Volumentherapie Bei größeren akuten Blutungen führt der Blutverlust zu einer Verminderung des intravaskulären Volumens, zum Abfall des peripheren Perfusionsdrucks und damit zur Minderdurchblutung der peripheren Gewebe und deren Minderversorgung mit Sauerstoff. Hier sind Infusionen notwendig, die geeignet sind, den intravaskulären Raum wieder aufzufüllen. Sie sollten dort auch möglichst lange verbleiben um eine ausreichende Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Körpers zu gewährleisten. Außer beim hämorrhagischen oder Blutungsschock kommt eine solche Therapie auch noch in Frage um die erhöhte Fassungskapazität des Gefäßsystems bei Schockformen mit Vasodilatation als Ursache zu kompensieren, z. B. beim anaphylaktischen und septischen Schock. Da bei diesen Schockformen aber primär nicht intravaskulärer Flüssigkeitsverlust die Ursache des Schocks ist, steht hier vorwiegend die Therapie der Ursachen im Vordergrund. Bei fehlendem hydrostatischen Druck im Gefäßsystem kann kurzfristig eine begrenzte Menge an Flüssigkeit aus den Geweben in das Gefäßsystem eindringen und in geringem Grad zu dessen Auffüllung beitragen. Für die darauf folgende Infusionstherapie gilt: Jede verträgliche Infusionslösung ist besser als keine Infusionslösung. Eine Infusion von kristalloiden Infusionslösungen baut mit zunehmender Auffüllung des Gefäßsystems den hydrostatischen Druck an der Kapillarmembran wieder auf. Dies führt zu einem raschen Verlust eines Großteils des infundierten Volumens ins Interstitium, die Volumenwirksamkeit kristalloider Infusionslösungen im Gefäßsystem über längere Zeit ist damit sehr begrenzt. Um sie aufrecht zu erhalten müssen große Infusionsvolumina infundiert werden, die wiederum zu ödematösen Schwellungen im Gewebe und damit zu längeren Transportwegen für Sauerstoff führen können. In der Lunge kann ein vermehrter Flüssigkeitsgehalt die Sauerstoffaufnahme hemmen. Werden den Infusionslösungen natürliche und künstlich hergestellte Moleküle(„Kolloide“) zugesetzt, die so groß sind, dass sie nur geringfügig durch die Kapillarwand diffundieren, können diese Moleküle im Gefäßsystem einen zusätzlichen kolloidosmotischen(oder onkotischen) Druck aufbauen(„kolloidale Volumenersatzmittel“). Der wirkt dem Ausstrom der infundierten Flüssigkeit entgegen. Die intravasale Verweildauer der infundierten Lösung ist länger, der angestrebte Volumeneffekt wird schneller erreicht und es wird dafür eine geringere Menge an Infusionslösung benötigt. Die Ödembildung in den Körpergeweben ist deshalb auch bei weitem geringer. Dies wird erkauft durch pharmakologische Nebenwirkungen der einzelnen Produkte, die Ihren - 32 - Einsatz für einzelne Indikationen und Patientengruppen quantitativ stark einschränken oder sich ganz verbieten. Bei längerem Einsatz vermindern sich sich die positiven Effekte und schädliche Nebenwirkungen kumulieren. Bei den künstlich hergestellten Kolloiden haben die neuesten Produkte die wenigsten Nebenwirkungen. Häufiger eingesetzte Produkte sind: Name Genannte Wirkdauer Vorteil Nachteil (Human-) Albumin 3-4 h Natürliche Substanz, wenig Nebenwirkungen Teuer, Dokumentation nötig Hydroxyäthyl- 3-6 h stärke (HÄS) Längere intravasale Verweildauer, höhere Volumenwirksamkeit Kaum Allergien Am häufigsten eingesetztes künstliches Kolloid Billig Nierenschädigungen Gerinnungsstörungen Lang dauernder Juckreiz nach längerer Therapie Dosisbegrenzung wegen Nebenwirkungen Gelatine-Lösungen Kaum Nierenschädigungen Noch billiger Geringere intravasale Verweildauer, geringere Volumenwirksamkeit Häufiger Allergien 1-2 h Tabelle 5: Häufiger verwendete kolloidale Volumenersatzmittel. In der operativen und Notfall-Medizin wird meistens Hydroxyäthylstärke eingesetzt, da sie das beste Preis-Leistungsverhältnis besitzt: Bei größerem akutem Blutverlust gemeinsam mit kristalloiden Lösungen infundiert, anfangs im Verhältnis 1:1, später mit einem steigenden Verhältnis an Kristalloiden bis zur Grenzdosis von HÄS(30 ml/kgKG), was in der Akuttherapie selten erreicht wird – oft ist vorher schon Blut nötig. Bei kurzzeitiger Anwendung, so etwa bei Blutverlusten nach Unfällen, Operationen und spontanen Blutungen(z. B. bei akuter gastrointestinaler Blutung), treten die positiven Eigenschaften kolloidaler Volumenersatzlösungen hervor: Mehr des infundierten Volumens bleibt im Gefäß und es bleibt länger. Es entstehen weniger periphere Ödeme und Organschäden. Bei Einhaltung von Dosisbegrenzungen sind Nebenwirkungen dabei gering bis fehlend. Unter längerdauernder Anwendung bei Intensiv- und Sepsis-Patienten relativiert sich der volumeneinsparende Effekt und der Vorteil gegenüber kristalloiden Infusionslösungen aber erheblich. Das mag auch daran liegen, dass unter den Bedingungen der Sepsis die Kapillarwand vermehrt durchlässiger ist für größere Moleküle, welche die eigentlichen Wirkungsträger der kolloidalen Volumenersatzmittel sind. Dagegen kumulieren Nebenwirkungen. Die häufig verwendete Hydroxyäthylstärke ist dabei in klinischen Studien mit einer höheren Morbidität(vor allem Nierenversagen) und in einzelnen Untersuchungen(septische Patienten und bei Verwendung älterer Präparate) auch mit einer höheren Mortalität verbunden. Albuminlösungen haben kaum schädliche Effekte, sind aber für eine anhaltende Volumenersparnis genauso begrenzt wirksam, senken aber möglicherweise geringfügig die Mortalität im Vergleich zu NaCl. Fachliche und amtliche Autoritäten verlangen deshalb, Hydroxyäthylstärke bei der Therapie von - 33 - Intensiv- und septischen Patienten nicht mehr zu verwenden. Teil III Zielgerichtete Kreislauftherapie Oder: How much is enough? - Was sind die hämodynamischen Ziele unserer Therapie? - Goal Directed Therapy(GDT) und Early Goal Directed Therapie(EGDT) Als Nächstes stellt sich die Frage nach den hämodynamischen Endpunkten die mit der Infusionstherapie erreicht werden sollen. Etwas salopper ausgedruckt: Ganz gleich, was wir in den Kreislauf jagen, wann reicht's den endlich? Wann sind wir in der akuten Situation glücklich und zufrieden mit unserer Infusionstherapie? Welche Kriterien haben wir dafür? Welche Kreislaufwerte sollen vorliegen und bei welchen Kreislaufparametern sollen diese Werte vorliegen? Welche Kreislaufparameter sind überhaupt genügend aussagekräftig? Und gilt das auch noch am nächsten Tag? Wir können dabei natürlich die Normalwerte anstreben, wie sie am gesunden Patienten gemessen werden. Aber bereits vor etwa 25-30 Jahren ist die Frage aufgeworfen worden ob das, was wir bei gesunden Menschen als „Normalwert“ messen, denn auch der richtige Normalwert für schwer kranke Menschen ist. Denn deren körperlicher Zustand ist ja ganz anders als wie im normalen Leben sonst und der Organismus schwer kranker Menschen verlangt möglicherweise nach ganz anderen „Normalwerten“ als wie im normalen Leben um sich optimal mit der vorliegenden Krankheit auseinanderzusetzen. Und wäre es dann nicht sinnvoll, wenn wir in der Therapie diese neuen „Normalwerte“ als Ziel anstreben? Aber welche Zielwerte eignen sich bei welchen Kreislaufparametern als „Neue Normalwerte“? Der amerikanische Chirurg Shoemaker hat Ende der 80iger Jahre versucht, diese Frage auf folgendem Weg zu beantworten: - Welche Kreislaufparameter haben sich denn bei Überlebenden und Verstorbenen auf unserer Intensivtherapiestation quantitativ unterschieden? - Wie waren denn die Werte bei den Überlebenden? - Könnten das nicht auch die Zielwerte unserer Kreislauftherapie sein? Shoemaker WC et al, Prospective trial of supranormal values of survivors as therapeutic goals in high-risk surgical patients, Chest 198849 Diese Überlegungen sind dann gemündet in den Ansatz der Goal Directed Therapy (GDT), später auch Early Goal Directed Therapy(EGDT), bei der sich die Kreislauftherapie an Zielen orientiert, die mit einer höheren Überlebensrate verbunden sind und diese Therapie so früh wie möglich begonnen wird um dadurch nachweisbar die Chancen fürs Überleben zu erhöhen. Werkzeug ist dabei im Wesentlichen eine Optimierung der kardiovaskulären Leistung durch: - Anpassung der Infusionstherapie - Anwendung inotroper Medikamente - Steuerung der Diurese mit dem Zielwert einer optimalen Sauerstoffversorgung der peripheren Gewebe und einer kontinuierliche Revision dieser Therapie in kurzen Abständen auf Basis der regelmäßigen Messung einzelner Kreislaufparameter. - 34 - Eine verminderte periphere Durchblutung durch eine zu restriktive Infusionstherapie soll dabei ebenso vermieden oder korrigiert werden wie eine zu reichliche(„liberale“) mit drohender Überwässerung der Gewebe und dabei drohender Minderversorgung mit Sauerstoff durch erweiterte Wegstrecken und Kompression der Kapillaren im ödematösen Gewebe. Praktisch machen wir uns dabei die Bordmittel des kardiovaskulären Systems zu Nutze, indem wir die FrankStarling Kurve mit unserer Infusionstherapie manipulieren und uns zusätzlich mit positiv inotrop wirkenden Medikamenten behelfen, wenn's trotz optimaler Infusionstherapie immer noch nicht ganz reicht oder Diuretika einsetzen, wenn wir über's Ziel hinausgeschossen sind); vgl. Abb. 14. Herzleistung Herzzeitvolumen Schlagvolumen Auswurffraktion (Ejektion Fraction) Frank-Starling Kurve Variabilität Schlagvolumen Pulsdruck RRsyst Inotrope Med. Im Prinzip wird versucht, die aktuelle linksventrikuläre Vorlast abzuschätzen und wenn sie niedrig ist, sie durch Volumentherapie bis zum Optimum zu steigern. Am Scheitelpunkt der FrankStarling-Kurve angelangt, kann die Herzleistung durch Katecholamine(z. B. Volumenzufuhr Optimum Diruetika Dobutamin, ein vorwiegend rein positiv inotrop wirkendes Katecholamin) noch etwas weiter gesteigert und ihr Vorlast(Preload) Scheitelpunkt nach oben verschoben Enddiastolisches Volumen werden. Wenn die Volumenbelastung zu Abbildung 14: Therapeutische Manipulationsgroß ist, kann das Blutvolumen im möglichkeiten der Frank-Starling-Kurve am Herzen Gefäßsystem und damit die linksventrikuläre Vorlast dagegen durch Gabe von Diuretika gesenkt werden. Messung der Zielparameter Zur Abschätzung von Vorlast und Herzleistung benötigen wir Messinstrumente. Eine Auswahl dazu sehen Sie in Abb. 15. Unter anderem kann die Variabilität des einzelnen Herzschlags in Abhängigkeit von In- und Exspiration beobachtet werden: Je geringer der linke Ventrikel gefüllt ist, desto mehr wirken sich die wechselnden Drücke des Atemzyklus bei schlappem Ventrikel auf die Auswurfleistung eines einzelnen Herzschlags aus(vgl. die arterielle Druckkurve im Verlauf eines Atemzyklus von Exspiration - Inspiration - Exspiration in Abb. 15 rechts unten). Eine hohe Variabilität kann so eine zusätzliche Volumengabe nahelegen, eine sehr niedrige dagegen abraten und andere Maßnahmen, z. B. Katecholamintherapie empfehlen. Alternativ können Sie mit invasiveren Methoden die Herzleistung in Form des Herzzeitvolumens bestimmen und wenn Sie dieses mit dem arteriellen Sauerstoffgehalt multiplizieren, die dem Gesamtorganismus vom Kreislauf angebotene Sauerstoffversorgung. - 35 - Abbildung 15: Messinstrumente für Goal Directed Therapy (Zwischenbemerkung: Sie können sich allerdings vorstellen, im Rettungswagen oder in der chirurgischen Notaufnahme dürfte es schwerfallen, solche elaborierten Überlegungen anzustellen, die Messungen dazu durchzuführen und dann auch noch danach zu handeln.) Eine andere Methode besteht darin, nicht abzuschätzen, was das Herz leistet oder wieviel Sauerstoff Sie der Peripherie zuführen, sondern zu messen, wieviel von dem Sauerstoff, den Sie zugeführt haben, zum Herzen zurückgekommen ist, das heißt eine Messung des Sauerstoffgehalts(in der Praxis seltener) oder der Sauerstoffsättigung(in der Praxis häufiger) des Bluts in der Arteria pulmonalis(genauer, aber aufwendiger über Pulmonaliskatheter) oder in der Vena cava superior(einfacher aber ungenauer über zentralen Venenkatheter). Steigt z. B. unmittelbar nach Ihrer therapeutischen Intervention die Sauerstoffsättigung im zurückgekommenen Blut an, bedeutet dies, dass aus einer Einheit strömenden Blutes weniger Sauerstoff entnommen werden musste um bei gleichbleibendem Sauerstoffbedarf der Körperperipherie diese ausreichend zu versorgen. Das heißt, Ihre Therapie war erfolgreich und hat zu einer generellen Zunahme der Durchblutung geführt. Allerdings repräsentiert diese Messung nur den Wert für das gesamte Herzzeitvolumen, nicht für die Durchblutung kritischer Organbereiche. Klinisch bei weitem einfacher, aber auch ungenauer, ist zu untersuchen, ob nach Ihrer therapeutischen Intervention eine Autotransfusion im Körper, z. B. durch einfaches Anheben der Beine oder Kopftieflage noch wesentliche Veränderungen des Kreislaufsituation erbringt(z. B. Erhöhung des Butdrucks oder Reduktion der Herzfrequenz) – Falls die Reaktion positiv ausfällt, wäre dann noch Spielraum für zusätzliche Volumentherapie. - 36 - Praktische Anwendung von 1988 bis heute - und was wir dabei gelernt haben Angewendet in großen Gruppen von Patienten waren die ersten Ergebnisse einer „Goal Directed Therapy“ allerdings zuerst einmal ernüchternd: Patienten, die unter den akribischen Methoden der Goal Directed Therapy therapiert worden waren, wiesen eine höhere Morbidität und Mortalität auf als nach konventionellen Maßstäben behandelte Patienten50(z. B. bei Traumapatienten51), möglicherweise durch zu späten Therapiebeginn und Komplikationen invasiver Maßnahmen wie etwa Kathetersepsis. Im Verlauf des letzten Vierteljahrhunderts seit der Propagierung des Konzepts konnten aber später in einer Vielzahl von Untersuchungen bessere Ergebnisse nachgewiesen werden. - Ein Trend zu verminderter Mortalität ist bei allen Patientengruppen vorhanden, sicher vermindert ist sie aber nur bei bei schwerstkranken Patienten mit einem vorhergesagten Mortalitätsrisiko > 20%52. Allerdings hat sich unabhängig von der Therapie die durchschnittliche Mortalität in den letzten 25 Jahren generell mit jeder begonnenen Dekade halbiert: Jeweils 29,5%, 13,5%, 7% in den nicht zielorientiert therapierten Kontrollgruppen von 32 Studien aus einem Zeitraum von 1988 bis 2011 und liegt damit durchschnittlich weit unter den genannten 20%52. - Generell hat in diesem Zeitraum aber Goal Directed Therapy in allen Patientengruppen, auch solchen mit geringerer vorausgesagter Mortalität(< 5% und 5 – 19%) zu einer verminderten Komplikationsrate geführt52,53 und zu einer leicht geringeren Krankenhausverweildauer53. Schädliche Auswirkungen wie zu Anfang berichtet, konnten später nicht beobachtet werden53. Je kränker die Patienten sind, desto mehr profitieren sie von der gesteuerten Therapie. - Das setzt aber voraus, dass optimale Kreislaufwerte überhaupt erreicht werden konnten und das auch noch bevor das Kind in den Brunnen gefallen war, nämlich noch vor dem Auftreten eines Organversagens. Wesentlich für den Therapieerfolg ist deshalb: Die Patienten müssen der Therapie zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zugeführt werden – bei einer der bekanntesten Untersuchungen dazu geschah dies noch auf der Notaufnahmestation innerhalb von 6 h nach Auftreten der Sepsiszeichen oder bereits vor Beginn des operativen Eingriffs(Early Goal Directed Therapy, EGDT, Rivers E et al, Early Goal-Directed Therapy in the Treatment of Severe Sepsis, New Engl J Med 2001)50,52. 6-12 Stunden später erwies sich eine weitere positive Flüssigkeitstherapie als eher kontraproduktiv54. Drei Meta-Studien aus den Jahren 2011 und 2013 finden, dass eine „praeemptive haemodynamische Intervention“, oder „Goal-Directed Therapy“ unter diesen Kriterien die postoperative Mortalität und die Anzahl postoperativer Komplikationen senkt. Im Einzelnen findet sich eine Verminderung der Mortalität bei Verwendung pulmonal arterieller Katheter, dem Anstreben supranormaler Werte von Herzindex oder Sauerstoffangebot als Ziele, sowie bei zusätzlichem Einsatz von inotropen Medikamenten zur Infusionstherapie. (Hamilton MA et al, A Systematic Review and Meta-Analysis on the Use of Preemptive Hemodynamic Intervention to Improve Postoperative Outcomes in Moderate and High-Risk Surgical Patients, Anesthesia & Analgesia 2011. 29 Studien mit insgesamt 4805 Patienten)55. Gurgel ST & do Nascimento P, Maintaining tissue perfusion in high-risk surgical patients: a systematic review of randomized clinical trials, Anesthesia & Analgesia 2011. 32 Studien mit insgesamt 5056 Patienten) 56). (Cecconi M et al, Clinical review: Goal-directed therapy-what is the evidence in surgical patients? The effect on different risk groups, Critical Care 2013. 32 Studien mit insgesamt 2808 Patienten – meistens wurden wohl dieselben Studien in den drei Untersuchungen ausgewertet)52. Als Anwendungsbeispiel hier eine Untersuchung mit nicht allzu heroisch angelegten Zielen bei Eingriffen mit - 37 - hohem perioperativem Risiko, in der mit einer differenzierten Kreislauftherapie unmittelbar nach Ende der Operation begonnen worden und diese über 8 Stunden lang beibehalten worden war: Repetitiv Gelatinelösung zur Erhöhung des Schlagvolumens und Dopexamin(ein positiv inotrop wirkendes Katecholamin) um das Sauerstoffangebot postoperativ über 8 Stunden lang > 600ml min -1m-2 zu halten im Gegensatz zur Kreislaufsteuerung durch Gelatinegabe an Hand des zentralen Venendrucks. Ergebnis: Bei der differenzierten Kreislauftherapie ein höheres Volumen an Gelatine, weniger Komplikationen insgesamt und weniger Komplikationen pro Patient(da freut sich der Verwaltungsdirektor), frühere Krankenhausentlassung(11 vs. 14 Tage – da freut sich der Verwaltungsdirektor noch mehr). Die Studie wurde bei 162 Patienten abgebrochen wegen zu viel Erfolgs. (Pearse R, Early goal-directed therapy after major surgery reduces complications and duration of hospital stay. A randomised, Controlled trial. Critical Care 200557) Mittlerweile haben sich die chirurgischen Methoden verbessert, wahrscheinlich auch die prä- und früh intrahospitale Patientenversorgung unter dem Bewusstsein des hohen Werts frühzeitiger Interventionen und wie gerade schon erwähnt, sind die Überlebenschancen generell besser geworden. Das erklärt möglicherweise auch die Ergebnisse allerneuester Untersuchungen: 2014 publiziert gingen so bei einer Multi-Center Neuauflage58 der erwähnten Riversstudie aus dem Jahr 200150 die Patienten bereits in erheblich besserem Zustand in die Studie ein als wie 2001(z. B. mit einer durchschnittlichen zentralvenösen Sauerstoffsättigung von 71% in der Therapiegruppe im Vergleich zu 49% 2001 – So wie ich hier sitze und dies schreibe und Sie das lesen, haben wir alle wahrscheinlich eine zentralvenöse Sauerstoffsättigung von knapp über 70%. 49% gilt dagegen als erheblicher Schock). Beide Patientengruppen hatten vergleichbare Mortalitäten, unabhängig ob noch explizite Therapieschemata angewendet oder die Therapie den behandelnden Ärztinnen und Ärzten freigestellt worden war. Zum selben Ergebnis kam eine ähnliche Multi-Center Studie aus Australien, auch gerade erst publiziert59 mit ähnlichen zentralvenösen Eingangssättigungen um 73% in der Therapiegruppe. Die beobachteten Mortalitätsraten in beiden Untersuchungen waren dabei in allen Gruppen ähnlich - circa 19% und damit weit niedriger als wie noch 2001(31% mit und 47% ohne explizit vorgeschriebener Kreislauftherapie). Interessant ist dagegen, dass es keine Unterschiede in den Raten zusätzlicher Komplikationen gab. Subjektiv würde ich dies nicht als Widerspruch zu den bisherigen Erkenntnissen sehen, sondern als das positive Ergebnis der kollektiven klinischen und organisatorischen Lernerfahrung der letzten 15 Jahre. Jedenfalls ist damit für weiteren Diskussionsstoff gesorgt. Spekulativ kann daraus möglicherweise folgendes Fazit gezogen werden: Leichter kranke – aber immerhin intensivtherapiepflichtige Patienten – schaffen’s auch ohne hoch differenzierte Kreislauftherapie. Diese entscheidet bei ihnen wohl nicht über Leben und Tod, schadet aber nicht und kann explizit durchgeführt werden wie früher nach vorgegebenen Kriterien oder implizit, wenn Sie die wesentlichen Inhalte dieser Kriterien für Ihr therapeutisches Vorgehen verinnerlicht haben und gedanklich als therapeutische Richtschnur nutzen und damit einen zusätzlichen Gewinn durch Vermeidung von Komplikationen erzielen. Wesentlich ist, dass die Therapiebedürftigkeit schnellstmöglich erkannt und dann sofort mit den therapeutischen Maßnahmen begonnen wird. - 38 - Zusammenfassung Zielgerichtete Kreislauftherapie – Goal Directed Therapy Das Konzept der zielgerichteten Kreislauftherapie – Goal Directed Therapy besteht darin, die Kreislaufverhältnisse durch Infusionstherapie, positiv inotrope Therapie(z. B. Dobutamin) und gegebenenfalls diuretische Therapie kontinuierlich so zu steuern, dass eine optimale Versorgung der Körperperipherie mit Sauerstoff gewährleistet wird. Dazu werden repetitiv Kreislaufparameter gemessen: Werte um die Auswurfleistung des Herzens abzuschätzen und für seine Fähigkeit, diese Auswurfleistung noch zu erhöhen(Schlagvolumen, enddiastolischer Füllungsgrad), das Ergebnis der Auswurfleistung selbst(Herzzeitvolumen und Sauerstofftransport), oder das Resultat nach Extraktion des Sauerstoffs in der Peripherie(zentralvenöse oder in der Arteria pulmonalis die gemischtvenöse Sauerstoffsättigung). Die Therapie orientiert sich dann kontinuierlich an den erhobenen Messwerten, beziehungsweise an deren Veränderung. Wesentlich ist dabei, dass die Notwendigkeit der Therapie so früh wie möglich erkannt und die Therapie so früh wie möglich gestartet wird. Untersuchungen im letzten Vierteljahrhundert haben gezeigt, dass vor allem die allerkränksten Patienten von einer solch differenzierten, aber auch aufwendigen Therapie profitieren, leichter kranke dagegen weniger, je „gesünder“ sie vor Beginn der Therapie sind. Im wesentlichen betrifft diese Beobachtung den Einsatz der aufwendigen Messverfahren. In allerneuesten Studien scheint der Stellenwert der aufwendigen Messverfahren noch mehr zurückzutreten. Allerdings sind die Patienten, die in solche Studien eingehen, in den letzten 25 Jahren durchschnittlich zunehmend in besserem Zustand beim Studieneintritt, möglicherweise durch vorausgegangene bessere prä- und intrahospitale Diagnostik und Therapie und profitieren möglicherweise auch von einer besseren Basisintensivtherapie im Anschluss. Unbenommen bleibt dabei, die Indikation zur Therapie so früh wie möglich zu erkennen und danach die Therapie sofort zu starten. Teil IV Wann ist Blut nötig? - Indikationen zur Bluttransfusion Durch Gabe von kristalloiden und kolloidalen Volumenersatzmitteln kann bei kontinuierlichem Blutverlust während einer Operation zwar das normale Blutvolumen und die Durchblutung der peripheren Organe aufrecht erhalten werden, aber nicht die Sauerstofftransportkapazität des Blutes. Diese kann zwar besser ausgenutzt werden durch Steigerung des Herzzeitvolumens, aber auch das hat seine Grenzen(Zum Weg des Sauerstoffs von der Außenwelt zu seinem Zielort im Mitochondrion vgl. dazu auch die Angaben zur „Makroskopischen Atmungskette“ im Scriptum Beatmung). Der Hämoglobingehalt(Hb) fällt, wenn die Blutung nicht aufhört. Zu irgend einem Zeitpunkt ist es dann nötig, Blutkonserven zu verabreichen. (Das Nächste ist nur ein kurzer Abriss. Genaueres entnehmen Sie bitte entsprechenden Lehrbüchern und Lehrveranstaltungen.) Etwa um das Jahr 2000 herum wurden eine Reihe von Studien durchgeführt, die zeigen konnten, dass die Grenze für die Hämoglobinkonzentration(Hb), bei der mit Bluttransfusionen begonnen werden sollte, niedriger gelegt werden kann als wie vorher angenommen. - In manchen Studien fanden sich bei den Patienten, die schon ab den klassischen Hb-Grenzen transfundiert worden waren mehr Nebenwirkungen, wahrscheinlich weil sie mehr Transfusionen erhalten hatten und den - 39 - klassischen Nebenwirkungen von Bluttransfusionen damit vermehrt ausgesetzt worden waren. Die derzeitig empfohlenen Grenzen für den Einsatz von kristalloiden Lösungen, kolloidalen Lösungen und Blut sehen Sie im Folgenden: Empfehlungen zum Ersatz von akuten Blutverlusten (Zander, Mainz 2009)4 Kristalloide balancierte Lösungen können gegeben werden bei Blutverlusten von bis zu 15% des Blutvolumens(750 ml bei 75 kgKG). Kolloide, balancierte Lösungen sollten gegeben werden bei Blutverlusten die über 15% des Blutvolumens(750 ml bei 75 kgKG) hinausgehen . Blut sollte spätestens gegeben werden bei einer Bluthämoglobinkonzentration < 7 g/dL , bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit bereits bei einer Bluthämoglobinkonzentration < 9 g/dL . In früheren Ausgaben dieses Scriptums habe ich an dieser Stelle erwähnt, dass eine Zunahme des Hämoglobingehalts und damit auch des Hämatokrits des Blutes nicht immer eine Zunahme der Sauerstoffversorgung des peripheren Gewebes nach sich ziehen würde, sondern dass bei zunehmendem Hämatokrit auch die Blutviskosität zunimmt und den Blutfluss in den Gefäßen verlangsamt, so dass ab einem Hämatokritwert von 25% aufwärts die periphere Sauerstoffversorgung wieder abnehmen würde. Hier muss ich einen Rückzieher machen. Auf der Suche nach den entsprechenden Originalarbeiten bin ich zu demselben Ergebnis gekommen wie der Mainzer Physiologie R. Zander 60: In einer entsprechenden Arbeit(Sunder-Plassmann61) lassen sich die vom Autor im Text angegebenen Zahlen in der Abbildung der experimentellen Ergebnisse nicht nachvollziehen. Im Vergleich zu anderen Arbeiten steht der Autor mit seiner Behauptung auch ziemlich allein da. Der optimale Hämatokrit für die periphere Sauerstoffversorgung ist 30%60. (Glücklicherweise konnte ich später in München im OP wahrnehmen, dass sich Prof. Sunder-Plassmann nach seiner etwas kreativen wissenschaftlichen Tätigkeit zu einem ausgezeichneten Thoraxchirurgen entwickelt und in der klinischen Tätigkeit wohl seine bessere Bestimmung gefunden hatte.) Teil V Spezielle Formen der Infusionstherapie & mögliche Zukunft Hypotensive Resucitation Dahinter steckt die plausible Idee, dass eine offene Wunde weniger blutet, wenn der Blutdruck niedriger als normal ist. Deshalb kann es im Rettungsdienst bei langen Transportwegen und bei geplanten Operationen mit hohem Blutverlust sinnvoll sein, im Rettungsdienst den Blutdruck nicht künstlich anzuheben oder bei geplanten Operationen ihn künstlich zu senken. Zusätzlich gibt es aus den USA eine Reihe von Hinweisen, dass bei Traumapatienten eine extensive Infusionstherapie mit Kristalloiden schaden kann und deshalb schnellstmöglich für Blutersatz gesorgt werden sollte62,63. In Ländern mit langen Anfahrtswegen kann das sicher sinnvoll sein, z. B. USA. Bei uns wird durch eine adäquate Schmerztherapie dafür gesorgt, dass der Blutdruck nicht zu hoch ansteigt und die Anfahrtszeiten in die Kliniken sind meistens kurz. Zudem ist bei Verdacht auf zusätzlichem Schädelhirntrauma ein höherer Perfusionsdruck angeraten als wie bei rein stumpfem Körpertrauma allein. Am meisten von einem niedrigem Blutdruck in der Prähospitalphase profitieren Patienten mit rein perforierendem Trauma63(Letzteres bei uns hier in Mannheim gar nicht so selten). Bei geplanten Operation wenden wir diese Methode(hier meistens bezeichnet als „permissive Hypotension“) ebenfalls nicht mehr an, da oft ältere Patienten zur OP kommen, bei denen nicht klar - 40 - ist, ob sie nicht doch arterielle Gefäßstenosen aufweisen, vor allem im Gehirn oder am Herzen, ein aufwendigeres Monitoring notwendig wäre, in den letzten Jahrzehnten zunehmend blutärmer operiert worden ist und die Transfusionskriterien oft erst im Rahmen des kumulierten postoperativen Blutverlusts erreicht werden. Eine Gesamtauswertung der wenigen vorhandenen Untersuchungen zur hypotensive resuscitation in der Notfallmedizin legt derzeit keine definitive Empfehlung für das eine oder andere Vorgehen nahe64. Small Volume Resuscitation Initiale Resuszitation durch schnelle Infusion einer geringen Menge stark hyperosmolarer Lösung – z. B. 250 ml NaCl 10% am Unfallort(Früher „Hyper-HÄS“ - 7,2% NaCl in Hydroxyäthylstärkelösung). Die erhöhte Plasmaosmolarität führt: - Zum Volumenzufluss aus den Gefäßendothelzellen, dem Interstitium und den Erythrozyten ins Gefäßsystem. - Zur schnellen Erhöhung eines erniedrigten intravaskulären Volumens und damit auch schneller Steigerung der peripheren Durchblutung. - Als Nebeneffekt zum Abschwellen von Endothelzellen und Erythrozyten, was die Fließeigenschaften des Blutes verbessert. - Rein rechnerisch bei NaCl 10% zu einem Volumenzuwachs im Gefäßsystem, der der Infusion von 2,75 Litern normaler isoosmotischer kristalloider Lösung entspricht(in der Praxis wohl aber nur etwa die Hälfte). Wenn Sie normale Infusionslösung verwenden, müssen Sie aber dieses Volumen erst einmal zeitlich schnell genug in den Kreislauf infundieren können. Allerdings nimmt die Volumenwirkung durch Umverteilung ins Interstitium sehr rasch ab, es wird ja eine rein kristalloide Lösung infundiert. Aber meistens reicht es um den Patienten am Unfallort zu stabilisieren und in die Klinik zu transportieren, wo weitergehende Maßnahmen getroffen werden können(z. B. ordnungsgemäße Bluttransfusion, Bluttransfusion mit blutgruppengleichem Blut, ohne das Ergebnis der Kreuzprobe abzuwarten, oder im größten Notfall, Transfusion von Null-negativem Blut – letzteres ist aber selten nötig – Aber gerade in solch dringlichen Situationen sollte man den Bedside-Test des Patientenbluts frühzeitig durchführen, am besten schon gleichzeitig bei der Blutabnahme für die Kreuzprobe). Eine intensivmedizinische Indikation für die Verwendung hypertoner Lösungen besteht bei erhöhtem Hirndruck, z. B. Bei Hirnschwellung nach Schädelhirntrauma. Im Gegensatz zu der bei Glucose 5% beschriebenen Wasservergiftung führt diesmal die hohe Plasmaosmolarität zu einem Einstrom von Wasser aus dem Hirngewebe ins Gefäßsystem(wegen der Bluthirnschranke kann das NaCl, welches die hohe Osmolarität bewirkt, nicht ins Hirngewebe eindringen) und damit zu einem Rückgang der Hirnschwellung. Allerdings kann man das nur einmal machen, dannach ist das Plasmanatrium so erhöht, dass man keinen zweiten Therapieversuch mehr durchführen kann. Ähnliches gilt meiner Erfahrung nach auch für die Therapie mit anderen hyperosmolaren Lösungen wie Mannit, die ebenfalls zur Hirndrucksenkung verwendet werden. Nach zwei Tagen der Anwendung ist dann aber Ende der Fahnenstange, weil die Plasmanatriumkonzentration so hoch ist, dass man sich etwas anderes einfallen lassen muss, z. B. Senkung des zerebralen Sauerstoffverbrauchs durch tiefste Narkose mit Thiopental oder seit einiger Zeit bei uns mit Methohexital, das eine kürzere Eliminationshalbwertszeit hat. - 41 - Sauerstofftragende Volumenersatzlösungen Seit Jahrzehnten wird versucht, Volumenersatzlösungen herzustellen, die Sauerstoff aufnehmen und in die Körperperipherie tragen können. Das sind Lösungen von freiem, chemisch modifizierten Hämoglobin oder Perfluorkarbon-Emulsionen(„Flüssiges Teflon“). Letztere besitzen eine sehr hohe Löslichkeit für Sauerstoff. Leider ist auf breiter Ebene die Entwicklung immer wieder gescheitert. Zuletzt Mitte der 90iger Jahre, wo eine große Studie an Traumapatienten abgebrochen werden musste, da die Mortalität in der Gruppe, die Hämoglobinlösung erhalten hatte, höher war als die in der Gruppe, die eine normale Bluttransfusion erhalten hatte. - Es wurde danach spekuliert, dass freies Hämoglobin als Fänger von vasodilatierendem Stickstoffmonoxid(NO) gewirkt haben mag und damit eine verminderte periphere Durchblutung bewirkt hätte. Weltweit sind sauerstofftragende Volumenersatzlösungen derzeit äußerst selten im Einsatz. Weitere Forschung bring hier in Zukunft möglicherweise Fortschritte, z. B. durch Enkapsulierung des Hämoglobins in künstlichen Erythrozyten. Microcirculatory-guided Resuscitation Dieser neuere Vorschlag geht davon aus, dass sich im Schock die wesentlichen pathophysiolgischen Ereignisse in der Mikrozirkulation abspielen. Grob und wahrscheinlich etwas verkürzt gesagt kommen hier folgende Überlegungen zum Tragen: Einerseits befördert eine durch makrozirkulatorische Maßnahmen erhöhte Perfusion den Sauerstoff ins Gewebe. Gleichzeitig führt die erhöhte Perfusion zum Gewebeödem und erhöht die Diffusionsstrecke des Sauerstoffs zum eigentlichen Wirkort, dem Mitochondrion, sobald er aus dem Hämoglobin freigesetzt wird. Deshalb wird angestrebt, die Infusionstherapie durch Beobachtung der Mikrozirkulation mittels Vitalmikroskopie zu steuern. Ziel ist dabei eine Maximierung der Dichte von mit Sauerstoffträgern durchbluteter Kapillaren – Erhöhung der „Functional capillary density“(FCD). Der Endpunkt der Therapie ist erreicht, wenn alle Kapillaren durchblutet sind, ohne dass ihre Abstände voneinander(Kapillardichte) und damit die Diffusionsstrecke, allzu sehr zugenommen hat. Ince C, The rationale for microcirculatory guided fluid therapy, Crit Care 201465. Plasmaproteine retten Glycocalix und Leben In einigen retrospektiven Untersuchungen konnte beobachtet werden, dass Traumapatienten, die eine Massivtransfusion von Blut benötigten, eher überlebten, wenn sie zusätzlich reichliche Mengen aufgetauten Frischplasmas erhalten hatten. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass bei hämorrhagischem Schock im Vergleich zu einer Volumen-Resuszitation mit Ringer-Lactat-Lösung eine Resuszitation mit Plasma die durch den Schock verlorengegangene Glycocalix an der Kapillaroberfläche wiederherstellen kann. Möglicherweise ergeben sich hier zukünftige Forschungsansätze für eine verbesserte Volumentherapie im hämorrhagischen Schock(Csete, Marie, New Molecular Players in the Great Fluid Debate, Anesth Analg 201166). Modifiziertes und gentechnisch hergestelltes Albumin Technisch wäre es wahrscheinlich möglich, das Albuminmolekül so zu verändern, dass es eine längere Plasmaverweildauer aufweist und noch besser in der Lage ist, andere Substanzen, z. B. Medikamente zu transportieren67. Diese Überlegungen sind aber bisher noch nicht einmal bis zum Tierversuch gediehen. Gentechnisch hergestelltes statt aus humanem Blut gewonnenes Albumin könnte den Kostenfaktor bei der Verwendung von Albuminlösungen senken. Es ist mittlerweile möglich, Albumin in Reis gentechnisch herzustellen68. Wahlweise ist offenbar auch eine zusätzliche Genmanipulation - 42 - möglich, die diese Reispflanzen empfindlicher gegen Herbizide macht, sodass sie bei Bedarf auch schnellstmöglich wieder ausgerottet werden können69 (so lange man sie alle sicher erwischt und die Gene der Pflanze es sich nicht anders überlegen und neu mutieren). Billiger als das herkömmliche Humanalbumin ist das aber derzeit noch nicht. Außerdem bräuchte man wahrscheinlich riesige Reisfelder um den Rohstoff dazu zu gewinnen. Infusionstherapie für den Hausgebrauch Nach all diesen hochdifferenzierten Infusionstherapien, entwickelt für extreme Situationen und schwerstkranke Patienten, zu allerletzt noch einige weniger spektakuläre Erkenntnisse, die aber im normalen klinischen Betrieb sicher häufiger zur Anwendung kommen können: Frau Dr. Doherty und Prof. Buggy vom Misericordiae University Hospital Dublin, Ireland zitieren in ihrer kurzen, aber alle wesentlichen Punkte umfassenden Übersichtsarbeit Intraoperative fluids: how much is too much? BJA 2012 (9 Seiten Text, inklusive Bilder) einige Untersuchungen, die ermittelt haben, dass unabhängig vom Streit über restriktive oder liberale Infusionstherapie bei kleineren und ambulanten Eingriffen eine etwas größere Menge an Infusionsvolumen als wie bei solchen Operationen sonst üblich, das heißt bei Erwachsenen mit niedrigem Operationsrisiko ein Infusionsvolumen von 20 – 30 ml/kgKG, das sind für – 50 kg 1000 – 1500ml oder für – 100 kg 1500 – 3000ml das postoperative Auftreten von Schwindelgefühl, Müdigkeit, Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen reduziert70. Literatur Wie neuerdings in manchen Literaturübersichten üblich, habe ich einige aktuellere und lesenswerte Artikel mit ■■ gekennzeichnet und solche, die wichtige Einzelheiten behandeln mit ■. 1. Edelman, I.S. & Leibman, J. Anatomy of body water and electrolytes. Am. J. Med. 27, 21 (1959). 2. Weitzman, R. & Kleeman, C.R. 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Störungen des Flüssigkeitshaushalts im Körper und mögliche Ursachen Flüssigkeitsmangel Osmolarität der Körperflüssigkeiten Hypotone Dehydratation Isotone Dehydratation Hypertone Dehydratation Nur Wasserzufuhr bei Erbrechen, Durchfällen, Schwitzen, Na-Verlust bei Nebenniereninsuffizienz, Diuretika Erbrechen, Durchfälle, Fisteln, Diuretika, Blut- und Plasmaverluste, Verbrennungen Mangelnde Wasserzufuhr bei Schwerkranken, Schwitzen, Polyurie bei Diabetes mellitus und Diabetes insipidus, enteraler Wasserverlust IZV+ EZV- Isotone Euhydratation IZV+ EZV+ Übermäßige Zufuhr freien Wassers (u.a. übermäßiger Bierkonsum), erhöhte Adiuretinaktivität(SIADHInappropirate Secretion of ADH =Schwartz-Bartter-Syndrom) bei Tumoren, intrakraniellen und anderen Erkrankungen, sowie nach Medikamenten(z. B. Desmopressin) Hypotone Hyperhydratation Flüssigkeitsüberschuss IZV IZV IZV EZV- IZV- EZV- EZV EZV+ IZV- EZV+ Herzinsuffizienz, nephrotisches Syndrom, Eiweißverlust, dekompensierte Leberzirrhose Hypertone Kochsalzzufuhr, Trinken von Meerwasser durch Schiffbrüchige, falsche Zubereitung von Säuglingsnahrung, Conn-, Cushingsyndrom Isotone Hyperhydratation Hypertone Hyperhydratation IZV: Intrazellulärvolumen EZV: Extrazellulärvolumen Abbildung 16: Störungen des Flüssigkeitshaushalts im Körper und eine Auswahl möglicher Ursachen. Weitere Informationen sind in gängigen Lehrbüchern der Pathophysiologie zu finden. (Zur besseren Veranschaulichung sind die Volumenabweichungen in den Abbildungen zum Teil etwas überdimensioniert gezeichnet). - 48 - Kolloidale Volumenersatzlösungen im Einzelnen 1. Albumin – das im Blutplasma am häufigsten vorkommende Kolloid – Eiweißleim und Frischplasma Albumin wird derzeit bei uns nicht mehr als Volumenersatzmittel verwendet und zwar aus folgenden Gründen: 1. Es ist teuer 2. Die Verwendung ist mit erheblicher Bürokratie verbunden(man muss Zettel ausfüllen mit der Chargennummer, auf diesen Zetteln Angaben zum Empfänger machen und dafür sorgen, dass diese Zettel in die Apotheke kommen). 3. Da Albumin nicht wie eine normale Infusionslösung sterilisiert werden kann, ist zumindest theoretisch eine Infektionsgefahr nicht ganz auszuschließen. Wenn überhaupt, wird Albumin eventuell noch in der konservativen Medizin bei Albuminmangel(nephrotisches und hepatorenales Syndrom) gegeben. Ähnliches gilt für aufgetautes, vorher bei der Gewinnung von Erythrozytenkonzentraten eingefrorenes Frischplasma(Fresh Frozen Plasma, FFP). Dies wird verwendet, wenn nach großen Blutverlusten oder in der Intensivmedizin bei disseminierter intravaskulärer Gerinnung Gerinnungsfaktoren fehlen. ––– Stattdessen werden zur Volumenersatztherapie heute überwiegend künstlich hergestellte kolloidale Volumenersatzlösungen verwendet; in der Reihenfolge ihres Einsatz's in der Klinik: Gelatine(Knochenleim, bereits 1913), viel später die bei weiterem wirksameren Dextrane(Zuckerguss, Fünfziger Jahre) und danach Stärke(Stärkekleister, Anfang der siebziger Jahre), nachdem es gelungen war, die ursprünglich schlecht wasserlöslichen Stärkemoleküle in kleinere, wasserlösliche Bestandteile aufzuspalten. Auch wenn es bei den einzelnen Substanzen die verschiedensten Abbau- und Ausscheidungsmechanismen gibt, so werden sie oder ihre Abbauprodukte vorwiegend über die Niere ausgeschieden. Zusätzlich werden bei allen Produkten mögliche pharmakologische Auswirkungen auf die Verbesserung der Mikrozirkulation diskutiert. 2. Dextrane - Zuckerguss Dextrane sind große Glucosepolymere. Sie sind billig in der Herstellung, bei Lagerung sehr lange haltbar und nahezu temperaturunempfindlich und im Organismus schwer abbaubar. Letzteres ermöglicht eine lange Wirkungsdauer. Sie wurden in den fünfziger Jahren in die Klinik eingeführt, werden heute aber kaum noch verwendet(Marktanteil 1998 1%), da es mittlerweile kolloidale Volumenersatzmittel mit weniger Nachteilen zur Verfügung stehen. Da sie aber noch in vielen Büchern stehen, sollen sie hier kurz besprochen werden. Dextrane haben eine lange Wirkungsdauer von bis zu 8 Stunden, können das infundierte Volumen über längere Zeit in der Gefäßbahn halten und die verfügbaren Lösungen sind in der Regel im Vergleich zum Plasma hyperonkotisch, sodass auch Flüssigkeit aus dem Interstitium in die Gefäßbahn mobilisiert wird. Ihre wesentlichen Nachteile sind, dass sie gerinngshemmend wirken(Hemmung der Thrombozytenfunktion durch Adsorption auf der Thrombozytenoberfläche, Verminderung der - 49 - Aktivität des Von-Willebrand-Faktors=großer Anteil des Gerinnungsfaktors VIII, und Interaktion mit Fibrinogen, was eine leichtere Fibrinolyse ermöglicht, sodass die applizierbare Menge gerade bei Blutungen begrenzt ist. Außerdem können sie allergen wirken. Die allergene Wirkung kann durch Injektion des die allergische Reaktion auslösenden Dextranhaptens(niedermolekulares Dextran, ohne das große Dextranmolekül, welches nach der Antikörperbindung die eigentliche allergische Reaktion auslöst), PromitTM, 2 min vor Infusionsbeginn äußerst stark reduziert werden, ist aber ein etwas umständliches Verfahren, zumal es weitere kolloidale Volumenersatzlösungen gibt, die einfacher zu applizieren sind. Weiter wird befürchtet, dass es beim Ausscheiden von Dextranen über die Niere zur Konzentration des Dextrans und damit zu einer erhöhten Urinviskosität kommt, welche den Urinfluss in den Sammelrohren behindern, die glomeruläre Filtrationsrate bis hin zur Anurie erniedrigen und eventuell die Niere schädigen kann. Einen der letzten Einsätze von Dextranen habe ich kennengelernt beim Aderlass von Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung(COPD) und demzufolge hohem Hämoglobingehalt des Blutes. Das zur Ader gelassene Blut wurde anschließend durch Dextranlösungen ersetzt mit dem Ziel, die periphere Durchblutung durch Senkung der Blutviskosität und Verminderung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes zu verbessern. Heute werden diese Ziele in der Regel durch Verabreichung von Thromozytenaggregationshemmern erreicht(Acetylsalicylsäure in geringen Dosen – 100 mg/d oder wenn es schärfer sein soll, Thyienopyridine, wie Clopidogrel oder Ticlopidin). Über die rein hämodynamische Funktion hinaus werden von Befürwortern der Therapie mit Dextranen auch noch spezielle pharmakologische Eigenschaften diskutiert, so eine Hemmung der Leukozytenadhäsion an der Gefäßwand mit Verbesserung der Mikrozirkulation nach Ischämie und Reperfusion und die geringste Extravasation unter allen kolloidalen Volumenersatzmitteln, was eine interstitielle Ödembildung nach Absetzen des Dextrans im Vergleich zu anderen Kolloiden vermindert. 3. Gelatine-Lösungen - Knochenleim Die Kolloide von Gelatine-Lösungen werden aus dem Protein von Rinderknorpeln, -knochen, sehnen und -haut gewonnen und chemisch aufbereitet(u. a. Harnstoffvernetzung, Sukzinylierung, Oxypolygelatine), damit sie bei Raumtemperatur flüssig bleiben – ansonsten hätte man eine Sülze, die erst erwärmt werden muss, bevor man sie infundieren kann, so wie Sie es im Metzgerladen oder im Supermarkt(in unerwärmter Form) sehen können. (Die erste intravenöse und im Übrigen lebensrettende Anwendung von Gelatine 1913 wurde demnach wahrscheinlich mit einer aufgewärmten Lösung durchgeführt.) Die Vorteile von Gelatinepräparaten bestehen darin, dass sie billig sind, wenig Hinweise für potentielle Nierenschädigungen vorliegen und im Vergleich zu anderen künstlichen Kolloiden die wenigsten und nur minimale Gerinnungsstörungen auslösen, sodass man sie in unbegrenzter Menge infundieren kann. Die Nachteile bestehen darin, dass die Wirkungsdauer sehr kurz ist(2 Stunden), die Volumenwirksamkeit gering (nur 50 – 70% Prozent der infundierten Menge bleiben längere Zeit in der Gefäßbahn – das heißt, wenn Sie 1L infundieren bleiben über längere Zeit nur 500 – 700 ml in der Gefäßbahn) und dass Gelatine allergen wirken kann(Die Hersteller behaupten allerdings, dass bei den neueren Produkten die Allergenität durch veränderte chemische Aufbereitung stark reduziert werden konnte). Außerdem wurde – wohl eher nur theoretisch – eine mögliche Übertragung des Rinderwahnsinns befürchtet(Ausgangsmaterial der Herstellung ist das in einem befallenen Tier sehr wenig BSEbelastete Knorpel-, Knochen- und Hautgewebe, welches zusätzlich noch einem sehr eingreifenden Verarbeitungsprozess unterworfen wird). Bisher ist jedenfalls kein BSE-Fall bekannt geworden, der in Zusammenhang mit der Verabreichung von Gelatinelösungen gebracht werden kann. - 50 - Gelatinelösungen werden vielfach verwendet, wenn auch meistens nicht als primäres Volumenersatzmittel(Das hängt oft auch von persönlichen Präferenzen ab). 4. Hydroxyäthylstärke – Stärkekleister Die kolloidale Substanz besteht hier aus Stärkemolekülen, gewonnen aus Mais(99% Amylopektine)- oder seltener Kartoffeln(80% Amylopektine, 20% Amylose). In der nativen Form besitzen diese Moleküle an ihrer Oberfläche sowohl hydrophile als auch hydrophobe Gruppen, sodass sie schlecht wasserlöslich sind und deshalb vor der Weiterverarbeitung durch Teilhydrolyse in kleinere Moleküle abgebaut werden müssen. Nachdem dieser Prozess beherrscht worden war, kam es ab den siebziger Jahren zur Einführung von Hydroxyäthylstärkelösungen in die Infusionstherapie. Damit die Stärkemoleküle im Blut nicht im Minutentakt rasch von der Alpha-Amylase weiter abgebaut werden, lagert man im weiteren Produktionsprozess Hydroxyäthylgruppen an die OHGruppen der Glucoseeinheiten in den Stärkemolekülen an, welche den Abbau der Stärkemoleküle durch die Alpha-Amylase stark verzögern. Hydroxyäthylstärke(HÄS oder HES) ist das künstlich hergestellte kolloidale Volumenersatzmittel, das in der Bundesrepublik Deutschland bis vor Kurzem wohl ubiquitär angewendet wurde, so auch bei uns im Klinikum. Bei entsprechender Aufbereitung kann die Wirkungsdauer bis zu 8 Stunden betragen; die bei uns verwendeten eher etwa 4 Stunden. Es ist auch möglich, höher konzentrierte Lösungen herzustellen, die einen höheren kolloidosmotischen Druck aufweisen als das Blutplasma, sodass dadurch Flüssigkeit aus dem Interstitium einfließt und der Volumeneffekt größer ist als das infundierte Volumen(bis 30% zusätzlich zum infundierten Volumen), deshalb auch die Bezeichnung „Plasmaexpander“. Dieser Effekt ist aber voll wirksam nur nach Blutverlusten, das heißt bei erniedrigtem Blutvolumen. Die infundierte Menge verschwindet bei weitem schneller wieder aus der Zirkulation, wenn sie bei normalem Blutvolumen infundiert wird, wahrscheinlich als Folge der Erhöhung des hydrostatischen Drucks an der Kapillarwand über das normale Maß hinaus. - 51 - Hydroxyäthylstärkelösungen wurden in vielen verschiedenen Varianten vermarktet. Zum Verständnis der Wirkungsweise der einzelnen Varianten vgl. die Begriffe in Tab. 6. Charakterisierung von Hydroxyäthylstärkelösungen Bezeichnung Erklärung Bei höherem Wert Wirkung auf: Wirk- Hemmung Volumen Abbau dauer der -effekt durch Gerinnung Amylase Mittleres Molekulargewicht Gewichtsmittel *) Mittleres Gewicht aller HÄSMoleküle Zahlenmittel *) Median der Molekulargewichte(das am häufigsten vorkommende Molekulargewicht in der Lösung) Konzentration Fähigkeit zur quantitativen Wasserbindungsfähigkeit Substitutionsgrad Verhältnis substituierter Glucosemoleküle zur Gesamtzahl aller Glukosemoleküle Substitutionsmuster (C2/C6Verhältnis) Verteilung der Substitution an den möglichen Bindungsstellen C2, C3, C6, meistens als Verhältnis C2/C6 angegeben ↑ ↑ ↑ ↑ ↔ ↔ ↔ ↔ ↔ ↔ ↔ ↑ ↑ ↔ ↔ ↓ ↑ ↑ ↔ ↓ Tabelle 6: Begriffe zur Charakterisierung von Hydroxyäthylstärkelösungen. *) Nach Infusion ändern sich diese Werte. Einerseits werden kleinere Moleküle durch die Niere ausgeschieden, so dass der Wert für das mittlere Molekulargewicht ansteigt, andererseits werden durch die Alpha-Amylase-Spaltung der großen Moleküle wieder kleinere nachgeliefert, sodass auch die Anzahl der größeren Moleküle abnimmt und das mittlere Molekulargewicht fällt und wieder mehr Teilchen für die Ausübung der onkotischen Wirkung zur Verfügung stehen. Die kleinsten dieser Moleküle werden aber auch wieder über die Niere ausgeschieden, sodass eine theoretische Voraussage für die in vivo Situation äußerst schwierig ist(vgl. Abb 12). Wie bei Dextranen werden einzelnen Präparationen von Hydroxyäthylstärke auch vielfältige positive Wirkungen in der Mikrozirkulation, bei Ödemen und bei Sepsis zugeschrieben(„Verstopfen von Endothellücken“). - 52 - Nebenwirkungen: Wie bei Dextranen eine im Vergleich zu Dextranen allerdings schwächere Gerinnungshemmung(Verminderung der Faktor VIII-Aktivität, ähnlich wie beim Von WillebrandSyndrom). Die Gerinnungshemmung ist umso stärker, je höher das mittlere Molekulargewicht der verwendeten HÄS-Moleküle ist. Deshalb werden heute vorwiegend mittel- bis niedermolekulare HÄS-Präparate verwendet, bei denen die Gerinnungshemmung kaum noch zum Tragen kommt(vgl. Tab. 3) und zeitweise manche Autoren der Ansicht waren, dass Dosisbeschränkungen wie es sie früher auch bei Hydroxyäthylstärke gegeben hat, deshalb ganz wegfallen können(irgendwann muss man sowieso auf Blut umsteigen). In den Vordergrund gerückt als wesentlichste Nebenwirkung ist in letzter Zeit eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion bei längerdauernder Therapie oder Verabreichung großer Mengen von Hydroxyäthylstärke, ähnlich wie auch schon bei Dextranen beobachtet. Ein Teil der verabreichten Hydroxyäthylstärke wird lange Zeit im reticulohistozitiären System gespeichert. Es ist unklar, ob dadurch das Immunsystem beeinflusst wird, wahrscheinlich eher nicht. Bei protrahierter Verabreichung, z. B. Während eines Aufenthalts auf einer Intensivtherapiestation tritt häufig ein über mehre Monate anhaltender Juckreiz auf. Anaphylaktoide Reaktionen: Möglich, aber weniger als bei Dextranen und Gelatine(0,006-0,019%). - 53 - Kriterien für die intraoperative Abschätzung des Volumen- und Blutbedarfs Die folgende Abbildung beinhaltet Beobachtungen, Messungen und Überlegungen, die notwendig sind um zu entscheiden, wann intraoperativ eine Bluttransfusion erfolgen soll oder wann nicht. Eine genauere Besprechung der einzelnen Punkte finden Sie im Anschluss. Intraoperative Abschätzung des Volumen- und Blutbedarfs Quantitativ faßbare Parameter des Volumen- und Blutbedarfs Ausgangs - Hb "Verdünnungseffekt" Bisherige Infusionsmenge Blutverlust gemessen Gesamter Blutverlust Blutverlust geschätzt Relation zum gesamten Blutvolumen ( Körpergewicht) Physiologische Parameter des Volumenstatus Cave Beta-Blockade Daten als Aufgabe Einfluß der Beatmung ( Swing) ZVD/PCWP perioperativer ärztliche Blutdruck Herzfrequenz Integration Cave Lagerung und operative Interventionen Urinproduktion Entscheidung: Prospektiver Volumen- und Blutbedarf Prospektive OP-Dauer Bluttransfusion Prospektiver intraoperativer Blutverlust jetzt ? Prospektiver postoperativer Blutverlust Ja oder Nein Perioperative Organisation Postoperative Überwachung gut gesichert ( Wachstation) Postoperative Überwachung mittelmäßig gesichert ( Normalstation) Abbildung 17: Kriterien für die intraoperative Abschätzung des Volumen- und Blutbedarfs Zuerst einmal ist es natürlich wichtig zu wissen, aus welcher Ausgangsposition der Patient startet, das heißt, wie viele Sauerstoffträger(Erythrozyten) der Patient im Blut hat, wieviel kann er davon verlieren, ohne dass noch eine ausreichende Reserve übrig bleibt. Diese Reserve können wir messen, indem wir während der Operation regelmäßig die aktuelle Hämoglobinkonzentration bestimmen. Allerdings verändern wir diese durch unsere eigene Infusionstherapie: Je mehr wir infundieren, desto mehr kommt es zu einem Abfall der gemessenen Hämoglobinkonzentration, dem sogenannten „Verdünnungseffekt“, ohne dass die Sauerstofftransportkapazität des Kreislaufs gemindert wird, da ja noch alle Erythrozyten im Kreislauf sind und vielleicht sogar schneller umgepumpt werden können, da die Blutviskosität erniedrigt ist. Die echten Blutverluste können wir natürlich messen durch die Blutmengen die im „Sauger“ vorliegen, zudem können wir abschätzen, was auf den Boden gelaufen ist und was in den Tüchern liegt. Zudem müssen wir noch die Patienten selber mit einberechnen. Eine kachektische - 54 - Tumorpatientin mit 45 kg KG braucht bei demselben Blutverlust wahrscheinlich schneller eine Bluttransfusion als ein Bodybuilder der mit 120 kg KG ein bei weitem größeres Blutvolumen und damit größere Reserven für die periphere Sauerstoffversorgung besitzt. Soweit zu dem was wir quantitativ, bzw. semiquantitativ messen können. Wir können aber auch aus den physiologischen Reaktionen des Körpers auf die bestehende Volumensituation schließen. Die klassische Lehre sagt, dass bei Volumenmangel der Blutdruck fällt und die Herzfrequenz ansteigt(Schockindex: Herzfrequenz/Systolischer Blutdruck größer 1); aber Achtung: Blutungen im Bauchraum können einen Vagusreiz aktivieren, sodass es zu keinem Anstieg der Herzfrequenz kommt. Auch die ubiquitäre Therapie mit Betablockern kann einen solchen kompensatorischen Anstieg der Herzfrequenz hemmen. Wenn man bei größeren Eingriffen eine arterielle Blutdruckmessung gelegt hat, kann man an ihr die Auswirkungen des positiven Beatmungsdrucks auf den Blutdruck und in Konsequenz auf das den venösen Rückfluss und das Herzzeitvolumen sehen. Schon bei leichter Hypovolämie(auch relativ, wenn vasodilatatorische Medikamente verabreicht worden waren, wie Narkosemittel) sieht man oft in der arteriellen Druckkurve bei Inspiration(erhöhter intrathorakaler Druck) eine leichte Verminderung des arteriellen Blutdrucks und bei Exspiration(verminderter intrathorakaler Druck) eine leichte Erhöhung, den sogenannten „Swing“, was für eine leichte, relative Hypovolämie spricht, da unter dem erhöhtem intrathorakalen Druck während der Inspiration der venöse Rückfluss behindert ist. Überhaupt können wir versuchen, den venösen Rückfluss zum Herzen und damit die Vorlast des linken Ventrikels durch Messungen abzuschätzen. Surrogate für die Bestimmung der Vorlast des linken Ventrikels können sein der zentralvenöse Druck(der intravenöse Druck in der Vena cava superior kurz vor der Einmündung in den rechten Ventrikel) oder besser der pulmonalkapilläre Verschlussdruck(Pulmonary capillary wedge pressure – Hier wird ein Katheter durch das rechte Herz in die Arteria pulmonalis hindurchgeführt(Pulmonaliskatheter). An der Spitze des Katheters sitzt ein aufblasbarer Ballon[ähnlich wie am Tubus], mit dem man in aufgeblasenem Zustand den Katheter in der Pulmonalarterie einklemmen kann - „to wedge“ und den Blutdruck vor der Spitze des Katheters messen kann, unabhängig vom Blutdruck in der Pulmonalarterie hinter dem Katheter. Man geht davon aus, dass der so gemessene Blutdruck eine direkte Fortpflanzung des Blutdrucks über pulmonales Kapillarsystem, linken Vorhof und linke Herzkammer in der Diastole ist, und so der enddiastolische Füllungsdruck der linken Herzkammer(Preload) abgeschätzt werden kann. Außerdem ist es möglich, das Herzzeitvolumen mit so einem Katheter zu messen. Medizinhistorisch wurde diesen Messungen in den 80iger Jahren eine große Bedeutung zugeschrieben. Positive Erkenntnisse bei Verwendung dieser Messmethoden wurden allerdings vorwiegend bei Intensivpatienten gewonnen die in einem stabilen Zustand waren. Im OP kommen dagegen ständig Bedingungen vor, die die Aussagen dieser Messungen verfälschen, z. B. Lageveränderungen des Patienten oder chirurgische Interventionen wie Druck im Abdomen, so dass wir mittlerweile die Bedeutung solcher Messungen sehr relativieren. Außerdem ist nach meiner Erfahrung die Anlage und Bedienung eines Pulmonaliskatheters intraoperativ so aufwendig, dass sie im normalen Operationsbetrieb kaum geleistet werden kann. Man braucht eigentlich eine zusätzliche, z. B. kompetente Person aus dem PJ um den Katheter zu bedienen. Nach den harten physiologischen Kriterien nun zu den mehr weicheren, intellektuellen Kriterien zur Voraussage einer möglichen Bluttransfusion. Hier kommt das Urteil von fehlbaren Menschen ins Spiel. Es stellen sich hier folgende Fragen: Wenn es in geringen Maß kontinuierlich blutet, wie lange ist dann noch die Operationsdauer? Wenn sie noch lang ist, wird man wahrscheinlich Blut brauchen, wenn sie kurz ist nicht. - 55 - Wieviel wird es überhaupt noch bluten? - Es kann sein, dass die Operation noch andauert, aber alle Blutungen gestillt sind, so dass kein weiterer Blutverlust zu erwarten ist und deshalb eine Bluttransfusion nicht mehr vorbereitet werden muss. Welcher postoperative Blutverlust ist zu erwarten. Die Implantation einer Knie-Endoprothese wird z. B. in Blutleere durchgeführt, das heißt, intraoperativ blutet es überhaupt nicht. Wenn aber zum Ende der Operation die Blutleere gelöst wird, kann im Rahmen der postoperativen Patientenüberwachung die Notwendigkeit einer Transfusion auftreten. Eine gute Kommunikation mit dem Operateur ist bei diesen Fragen von entscheidender Bedeutung. Weiter ist die Organisation der postoperativen Patientenüberwachung von Bedeutung, wenn auch hier vielleicht ein wunder Punkt angesprochen wird. Wenn die Zustände von postoperativen Blutverlusten und Bluthämoglobinkonzentrationen sehr engmaschig kontrolliert werden können, z. B. auf einer Wach- oder Intensivtherapiestation, kann die Grenze für eine Bluttransfusion niedrigerer angesetzt werden. Werden die Patienten dagegen auf eine Station verlegt, wo keine engmaschigen Kontrollen möglich sind, ist es vielleicht besser, auf Nummer Sicher zu gehen und prophylaktisch etwas mehr Blut zu transfundieren, als eigentlich nötig wäre(Man vermeidet dann so peinliche Situationen, wo sich alle wundern, dass bei einer alten Patientin mit diversen kardiovaskulären Vorerkrankungen nach OP einer Schenkelhalsfraktur am Morgen nach der Operation ein Hb von 6 gemessen wird.). Diese letzteren Bemerkungen zur postoperativen Patientenüberwachung sind medizinisch gesehen sicher nicht politisch korrekt, leider entsprechen sie aber, wenn auch selten, gelegentlich den Tatsachen. - 56 - Durchflussmenge durch intravenöse Kanülen In der nebenstehenden Abbildung finden Sie Messergebnisse für die Durchflussmenge für intravenös gelegte Kanülen. Auffallend ist dabei, dass die Durchflussmenge zwischen 18 und 16 G – Kanülen erheblich ansteigt, weshalb angestrebt wird, im Notarztdienst wenn möglich, immer zwei 16 G – Kanülen zu legen und bei aktiven Blutungen beide mit einer kristalloiden und einer kolloidalen Volumenersatzlösung zu bestücken. Allerdings gilt auch hier der Ratschlag: Wenn die Venenverhältnisse schlecht sind, ist eine dünnere Kanüle, die intravenös liegt und über die Volumen und Medikamente appliziert werden können bei weitem besser als dickerlumige Kanülen, mit denen der venöse Zugang nicht getroffen wird, oder die beim Versuch der Punktion verstochen werden. Eine ähnliche Vergleichsreihe finden Sie auch auf Wikipedia(http://de.wikipedia.org/wiki/ Peripherer_Venenkatheter). - 57 - Weitere Literatur: Fresenius Kabi Deutschland GmbH Kompendium der Infusionstherapie, Bad Homburg, o. J., wahrscheinlich 2010, 167 S. ungerechnet Literaturverzeichnis(mit Internetadressen zum Thema), erhältlich kostenlos bei Fresenius Kabi. Wilhelm, Wolfram(HrsG): Praxis der Intensivmedizin Springer Verlag Berlin, Heidelberg 2011(859 S.). Wenn Sie in Mannheim oder Heidelberg studieren, können Sie die einzelnen Kapitel dieses Buches auch als PDF-Files aus der Bibliothek herunterladen(allerdings etwas mühsam, es sind 61 einzelne Kapitel zum downloaden). Mit dieser überschaubaren Seitenzahl ist dieses kleine Büchlein ein sehr empfehlenswertes Kurzlehrbuch der Intensivmedizin für Interessierte(Die r i c h t i g e n Intensivlehrbücher haben mindestens 2000 Seiten und es wäre unter ihrer Würde, wenn sie in einer anderen Sprache als Englisch geschrieben worden wären). Aber um ernst zu werden: Meines Erachtens handelt es sich hier um ein sehr gut und verständlich geschriebenes, deutschsprachiges Lehrbuch der Intensivmedizin. Beim ersten Reinschauen in das Buch fand ich es ganz interessant. Nachdem ich mittlerweile eine Reihe der einzelnen Kapitel gelesen habe, hat sich der gute Eindruck über dieses Buch bestätigt und ich finde, dass man dieses Buch gut als eine der Hintergrund- und Referenzmaterialien für unsere Lehrveranstaltungen in Anästhesiologie, Intensivmedizin und auch teilweise in der Notfallmedizin empfehlen kann; zumal Sie ja alle die entsprechenden Texte kostenlos herunterladen können (Sie müssen ja nicht alle 859 Seiten lesen). Die einzelnen Themen werden sehr verständlich erklärt, ohne all zuviel an Vorkenntnissen voraus zu setzen und beinhalten das Wichtigste, was man aktuell für die Praxis nicht nur in der Intensivmedizin, sondern auch in anderen Fachgebieten wissen sollte, die schwer erkrankte Patienten behandeln. – Sicher kein Buch, geschrieben von Intensivmedizinern nur für andere Intensivmediziner. Inhaltlich ist das Buch auf dem neuesten Stand(der sich in der Intensivmedizin aber leider nahezu täglich ändert). Sprachlich ist es flüssig und in einfacher und klar verständlicher Sprache geschrieben. Zu meiner persönlichen Freude werden vorwiegend ganze Sätze verwendet. Die zum Verständnis notwendige Physiologie und Pathophysiologie wird vielfach kurz wiederholt. Inhalte, die hoch gestochenere Lehrtexte als bekannt voraussetzen, werden für den Anfänger erklärt. Insbesondere werden viele Hinweise und Tipps für das praktische Arbeiten auf einer Intensivtherapiestation gegeben, inklusive konkreter Dosierungsanleitungen. Der wissenschaftliche Tiefgang ist auf das Nötigste begrenzt, gibt aber den neuesten Stand der Diskussion wieder. Die einzelnen Aussagen werden nicht durch Zitate aus der Fachliteratur belegt, aber wenn die Autoren das gemacht hätten, wären für das Buch wahrscheinlich nicht 859 Seiten sondern die doppelte Seitenanzahl nötig gewesen. Stattdessen finden Sie am Ende jedes Kapitels einige ausgewählte Literaturstellen und Hinweise auf Homepages, auf denen Sie weitere Informationen zu dem entsprechenden Thema erlangen können. Wenn Sie darüber hinaus noch mehr wissen wollen, insbesondere über derzeit noch ungeklärte Fragen und Auseinandersetzungen, müssen Sie die entsprechende Fachliteratur oder die intensivmedizinischen Koryphäen unserer Klinik für Anästhesiologie konsultieren. Zander R, Flüssigkeitstherapie Medizinische Verlagsgesellschaft mbH, Melsungen 2009(2., erweiterte Auflage, 121 S. Ungerechnet das ausführliche Literaturverzeichnis), nicht im Buchhandel erhältlich, aber kostenlos bei Braun Melsungen. - 58 -