Matthias Kerbl Viskosität Die Viskosität ist ein Maß für die Zähflüssigkeit eines Fluids. Der Kehrwert der Viskosität ist die Fluidität, ein Maß für die Fließfähigkeit eines Fluids. Je größer die Viskosität, desto dickflüssiger (weniger fließfähig) ist das Fluid; je niedriger die Viskosität, desto dünnflüssiger (fließfähiger) ist es. Normalerweise wird mit dem Begriff Viskosität die Viskosität in Scherung verbunden, es ist allerdings auch möglich die Viskosität in Dehnung zu messen. kinematische Viskosität Formelzeichen: ν SI-Einheit: m²*s-1 dynamische Viskosität Formelzeichen der Größe: η SI-Einheit: Pa*s bzw. mPa*s Teilchen zäher Flüssigkeiten sind stärker aneinander gebunden und somit unbeweglicher; man spricht daher auch von der inneren Reibung. Sie resultiert nicht nur aus den Anziehungskräften zwischen den Teilchen des Fluids (Kohäsion). Bei Feststoffen verwendet man stattdessen die Begriffe der Duktilität, Sprödigkeit und Plastizität. Fließverhalten von Flüssigkeiten Den Effekt innerer Reibung kann man sich vereinfacht durch die Bewegung zweier übereinander liegender, verzahnter Molekülschichten vorstellen. Beim Fließen gleiten die Moleküle aneinander vorbei, und um die Verzahnung zu überwinden, benötigt man eine gewisse Kraft. Den Zusammenhang zwischen dieser Kraft und den Eigenschaften des vorliegenden Fluids definiert die Viskosität. Erkennbar wird dieser Zusammenhang besonders gut an der homologen Reihe der Alkane (kettenförmige Kohlenwasserstoffe), hier steigt die Viskosität mit der Kettenlänge und damit den zunehmenden intermolekular wirkenden Vander-Waals-Kräften kontinuierlich an. Bei den mittleren Alkanen (ab Nonan) hat sie bereits einen Wert ähnlich dem von Wasser. Die dynamische Viskosität der meisten Flüssigkeiten nimmt mit steigender Temperatur ab und kann oft mit der Arrhenius-Andrade-Beziehung beschrieben werden: Newtonsche Flüssigkeiten: Im Folgenden wird der vereinfachte Zusammenhang gemäß dem newtonschen Viskositätsgesetz dargestellt, es wird dabei stets laminare Strömung sowie Temperatur- und Druckunabhängigkeit der Flüssigkeitseigenschaften angenommen. Außerdem unterstellte Newton eine lineare Abhängigkeit des oben erläuterten Geschwindigkeitsgradienten, der auch Schergeschwindigkeit (manchmal auch mit D oder G bezeichnet) genannt wird: Matthias Kerbl Schubspannungs-Schergeschwindigkeits-Diagramm: 1: dilatantes Fluid 2: Newtonsche Fluid 3: Scherverdünnendes (pseudoplastisches) Fluid 4: Bingham-plastisches Fluid 5: Casson-plastisches Fluid Verknüpft man dies mit der Schubspannung τ, erhält man folgenden Zusammenhang für die dynamische Viskosität: Die Schubspannung τ ergibt sich aus der die Strömung bewirkenden Kraft bezogen auf die betroffene Angriffsfläche, die sich mit maximaler Geschwindigkeit bewegt. η wird bei newtonschen Flüssigkeiten als Konstante angesehen. Darüber hinaus wird das Verhältnis zwischen der dynamischen Viskosität η und der Dichte ρ definiert als kinematische Viskosität: Nicht-Newtonsche Flüssigkeiten: Viele Substanzen folgen diesem Gesetz jedoch nicht, sondern zeigen ein zeit- oder schergeschwindigkeitsabhängiges Verhalten. Dabei unterscheidet man verschiedene Arten der Abweichung: Strukturviskosität / Dilatanz, dabei ist die Viskosität η keine Konstante, sondern ändert sich mit dem Schergefälle Thixotropie / Rheopexie, hierbei zeigen sich zeitabhängige Strukturveränderungen, so dass je nach Zeitdauer seit der letzten Fließbewegung andere Viskositätswerte zu finden sind. Fließgrenze, es muss erst eine gewisse Mindestschubspannung vorhanden sein, um ein Fließen zu erreichen (plastisches Fließen). Diese Art Fluid wird auch als Bingham-Fluid bezeichnet. Derartige Fluide bezeichnet man als nichtnewtonsche Fluide. Matthias Kerbl Messmethoden: Kapillarviskosimeter Ein gleichbleibendes Flüssigkeitsvolumen durchströmt laminar eine Kapillare. Daraus ergibt sich, dass die kinematische Viskosität proportional zur Auslaufgeschwindigkeit ist. Messung der Dichte: Voraussetzung für die Bestimmung der dynamischen Viskosität mit Hilfe der KapillarMethode ist die Kenntnis der Dichte der untersuchten Substanz. Die Dichte von Flüssigkeiten wird heute in erster Linie über die Schwingungsdämpfung bestimmt. Dazu wird die zu untersuchende Flüssigkeit in ein thermostatisiertes U-Rohr eingefüllt, das mit Hilfe eines elektromagnetischen Erregersystems in Schwingung versetzt wird. Die Schwingungsdämpfung durch die eingefüllte Flüssigkeit ist abhängig von der Dichte und wird gegen eine Kalibriersubstanz gemessen. Je dichter die Flüssigkeit, desto niedriger ist die Schwingungsfrequenz. Die Dichte wird für unterschiedliche Temperaturen gemessen. Aus dem so erhaltenen Zusammenhang (Regressionsanalyse, Kurvenanpassung) kann für jede Temperatur ein Dichtewert berechnet werden. Rotationsviskosimeter: Ein Rotationsviskosimeter ist ein Prüfgerät zur Messung der (scheinbaren) dynamischen Viskosität von newtonschen und nicht-newtonschen Substanzen. Die zu messende Substanz befindet sich entweder in einem Ringspalt zwischen zwei koaxialen Zylindern oder in einem Keilspalt zwischen einer Platte und einem Kegel (Kegelwinkel 0,5° bis 2,0°). Der äußere Zylinder bzw. die Platte steht fest, während der innere Zylinder bzw. der Kegel angetrieben wird. Das Schergefälle ist sehr genau einstellbar. Es ruft einen Fließwiderstand in der Substanz hervor, der ein Maß für die dynamische Viskosität ist und von einem hochgenauen Drehmomentaufnehmer aufgenommen wird. Voraussetzung ist eine stationäre und laminare Strömung im Spalt. Rotationsviskosimeter können auch für mittel- bis hochviskose (> 3mPa*s) und strukturviskose Stoffe eingesetzt werden. Die Kalibrierung erfolgt zumeist mit Hilfe von Wasser oder Flüssigkeiten mit bekannter Viskosität. Die Messung erfolgt in einem thermostatisierten Gefäß. Matthias Kerbl Kugelfallviskosimeter Eine Stahlkugel fällt in einem schräg stehenden, mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefülltem Rohr. Die Zeitdauer zwischen zwei dem Passieren zweier Markierungen wird gemessen. Auf die Kugel wirken drei Kräfte: Die Schwerkraft (Gewichtskraft) G = VK·ρK·g Der Auftrieb A = VK·ρFl·g Die Reibungskraft R = η·A·D (D ... Geschwindigkeitsgefälle) Thixotrpie: Manche Nicht-Newtonsche Fluide bauen bei einer konstanten Scherung mit der Zeit die Viskosität ab. Nach Aussetzung der Scherbeanspruchung wird die Ausgangsviskosität wieder aufgebaut. Vereinfacht heißt das, je länger man eine thixotrope Flüssigkeit umrührt, desto dünnflüssiger wird sie. Nach Beendigung der Scherbelastung steigt die Viskosität zeitabhängig wieder an. Dieses Verhalten ist eng verwandt mit der Strukturviskosität, bei der die Viskosität durch Scherung auf einen Wert verringert wird, aber bei konstanter Scherbeanspruchung nicht weiter abbaut. Die Ursache dafür ist die gleiche: Die Struktur im Fluid ändert sich, so dass kleinere Wechselwirkungen zwischen den Partikeln auftreten. Nach der Einwirkung der Scherkraft bilden sich diese Strukturänderungen nahezu sofort zurück. Rheopexie: Die Eigenschaft eines nichtnewtonschen Fluids, nach einer Scherung eine höhere Viskosität zu zeigen. Rheopexie ist stark zeitabhängig und bedeutet, dass die Viskosität bei konstanter Scherung mit der Zeit ansteigt. Dieses Verhalten ist eng verwandt mit der Dilatanz, bei der die Viskosität nur während der Scherung höher ist. Dilatanz zeichnet sich im Gegensatz zur Rheopexie dadurch aus, dass sie nicht zeitabhängig ist, sondern nur von der Scherung abhängt. Die Ursache für beide Phänomene ist ähnlich: Die Struktur im Fluid ändert sich, so dass stärkere Wechselwirkungen zwischen den Partikeln auftreten. Nach der Einwirkung der Scherkraft relaxieren diese Strukturänderungen nicht sofort. Dilatanz: Die Eigenschaft eines nichtnewtonschen Fluids, bei hohen Scherkräften eine höhere Viskosität zu zeigen. Dilatanz ist auch die Eigenschaft eines körnigen, granularen Materials, sein Volumen bei Einwirkung von Scherkräften zu vergrößern.