F3 Viskosität von Flüssigkeiten Physikalische Grundlagen Bei Strömungen in realen Flüssigkeiten oder Gasen treten Reibungskräfte auf, die ihre Ursache in den zwischenmolekularen Wechselwirkungen der Teilchen haben. Da diese Kräfte von der inneren Struktur des Fluids bestimmt werden, fasst man diese Reibungskräfte auch unter dem Begriff innere Reibung bzw. Viskosität (Zähigkeit) zusammen. Für eine quantitative Betrachtung wird die Flüssigkeit in dünne Schichten der Dicke 𝑑𝑥, welche jeweils eine konstante Geschwindigkeit 𝑣 haben, zerlegt (laminare Strömung). dA x dF dx v(x) Abb.1 Zerlegung einer Flüssigkeit in aufeinander abgleitende Schichten Die auf ein Oberflächenelement 𝑑𝐴 einer Schicht wirkende innere Reibungskraft 𝑑𝐹 berechnet sich nach dem Newtonschen Reibungsgesetz 𝑑𝐹 = −𝜂 𝑑𝑣 𝑑𝐴 𝑑𝑥 (1) 𝑑𝑣 ist die Differenzgeschwindigkeit angrenzender Schichten. Der Proportionalitätsfaktor 𝜂 ist die dynamische Viskosität. Wird die dynamische Viskosität auf die Dichte 𝜌 der Flüssigkeit bezogen, erhält man die kinematische Viskosität 𝜈= 𝜂 𝜌 (2) Strömt in einem Rohr eine reale Flüssigkeit, so ist die Geschwindigkeit an verschiedenen Stellen des Querschnittes unterschiedlich. Infolge der Adhäsionskräfte haftet an der Rohrwand die unmittelbar angrenzende Flüssigkeitsschicht (𝑣 = 0). In der Mitte des Rohres ist die Strömungsgeschwindigkeit am größten. Die Flächen mit konstanter Geschwindigkeit sind Zylindermantelflächen. Bewegt sich eine Kugel in einer Flüssigkeit und wird dabei die Kugel laminar umströmt, gilt das Stokes'sche Reibungsgesetz F3, 4/07, S.1 𝐹𝑅 = 6𝜋𝜂𝑟𝑣 (3) Darin sind 𝑣 die Relativgeschwindigkeit zwischen Kugel und Flüssigkeit und 𝑟 der Radius der Kugel. Eine laminare Strömung bildet sich in einer gegebenen Flüssigkeit nur aus, wenn die Strömungsgeschwindigkeit relativ gering ist. Beim Überschreiten einer Grenzgeschwindigkeit kommt es zu turbulenten Strömungsverhältnissen. Bei derartig unregelmäßig wirbelnden Bewegungen treten stark erhöhte Reibungskräfte auf. Zur Überprüfung der Strömungsart kann die Reynoldszahl herangezogen werden. Beim Sinken einer Kugel der Dichte 𝜌𝐾 in einer viskosen Flüsigkeit der Dichte 𝜌𝐹𝑙 stellt sich nach einer Beschleunigungsphase ein Kräftegleichgewicht zwischen der Gewichtskraft der Kugel und der Summe aus Auftriebskraft und Reibungskraft ein 4 3 4 𝜋𝑟 𝜌𝐾 𝑔 = 𝜋𝑟 3 𝜌𝐹𝑙 𝑔 + 6𝜋𝜂𝑟𝑣 3 3 (4) woraus bei bekannter Geschwindigkeit die Viskosität berechnet werden kann. 𝜂 = 𝐾 ⋅ 𝜌𝐾 − 𝜌𝐹𝑙 ⋅ 𝑡 (5) Versuchsvorbereitung - physikalische Eigenschaften von Flüssigkeiten - Gesetzmäßigkeiten ruhender und strömender Flüssigkeiten - Begriffe: laminare und turbulente Strömung - Reynoldszahl - Umströmung von Körpern (Strömungswiderstände) - Auftrieb - physikalische Gesetze der Translation - Skizzieren Sie Weg-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und Beschleunigungs-Zeit-Gesetz für das Fallen einer laminar umströmten Kugel aus dem Stillstand. F3, 4/07, S.2 Aufgaben - Bestimmen Sie die dynamische Viskosität einer Flüssigkeit bei verschiedenen Temperaturen mit einem Höppler-Viskosimeter! Das Höppler-Viskosimeter besteht aus einem beheizbaren, gering gegen die Vertikale geneigten Glasrohr, in dem sich die Versuchsflüssigkeit befindet. In diesem Rohr ist ebenfalls eine Fallkugel, deren Außendurchmesser nur etwas geringer als der Innendurchmesser des Rohres ist. Die dynamische Viskosität kann gemäß (5) berechnet werden. Der so genannte Kugelfaktor 𝐾 kann nicht allein aus (4) bestimmt werden. In ihn gehen noch Korrekturfaktoren ein. Diese sind u.a. erforderlich, weil sich die Fallkugel beim Höppler-Viskosimeter in einem nur wenig größeren und außerdem leicht gegen die Vertikale geneigten Glasrohr befindet. Der Kugelfaktor wird vom Hersteller des Viskosimeters angegeben. Das Rohr ist mit Strichen versehen, so dass die Fallzeit t für das Durchlaufen einer bestimmten Strecke und daraus die Fallgeschwindigkeit bestimmt werden kann. - Stellen Sie den Zusammenhang zwischen Viskosität und Temperatur grafisch dar. - Berechnen Sie den zufälligen Fehler der Messung bei einer Temperatur und ermitteln Sie den Gesamtfehler der Messung. - Berechnen Sie die kinematische Viskosität bei Zimmertemperatur und schätzen Sie deren Fehler ab! Die Messung der benötigten Dichte der Flüssigkeit bei Raumtemperatur erfolgt mit einer Mohr-Westphalschen Waage. Deren Messprinzip basiert darauf, den Auftrieb, den ein Probekörper in der zu untersuchenden Flüssigkeit erfährt, zu messen, bzw. mit dem Auftrieb in Wasser zu vergleichen. Die Waage besteht aus einem Stativ und einem auf einer Schneide ruhenden Waagebalken. An einem Ende des Waagebalkens hängt der Messkörper. Gleichgewicht herrscht, wenn der Messkörper von Luft umgeben wird. Taucht der Probekörper in eine Flüssigkeit, erfährt er einen größeren Auftrieb 𝐹𝐴 = 𝜌𝐹𝑙 𝑔𝑉 (6) Diese Kraft wirkt entgegen dem Gewicht des Körpers. Um das Gleichgewicht der Waage wieder herzustellen, muss der Auftrieb durch das Gewicht der anzuhängenden Reiter kompensiert werden. F3, 4/07, S.3