Prof. Dr. B. Stephan Viskosität Die Viskosität ist eine für das Fließverhalten von Flüssigkeiten wesentliche Größe, die bei genauerer Untersuchung auch Aufschlüsse über die innere Struktur des Systems geben kann. Das viskose Fließen ist ein Vorgang, der zu seinem Ablauf Energie benötigt, es ist eine Folge der „inneren Reibung“ in den Flüssigkeiten. Der idealisierte Fall ist bei den Newton´schen Flüssigkeiten realisiert, bei denen eine Linearität zwischen Schubspannung und Geschwindigkeitsgefälle D besteht, der Proportionalitätsfaktor ist die dynamische Viskosität = D . Aus diesem Ansatz leiten sich die Einheiten der Viskosität ab: als Quotient einer Spannung (N/m2) und dem Geschwindigkeitsgefälle führt zu der Einheit Ns/m2 = Pas (Pascal-Sekunde). Die Einheit deziPascal-Sekunde wird in der Praxis auch mit Poise (P) bezeichnet, centiPoise (cP) steht somit für milli-Pascal-Sekunde. Wird dynamische Viskosität (eta) wird auf die Dichte der Flüssigkeit bezogen, erhält die sog. Kinematische Viskosität v (nü) mit der Einheit m2/s. Beide Einheiten sind für übliche Flüssigkeiten zu groß, so dass man meist mit mPas („cP“) und mit mm2/s („ centi-Stokes“) arbeitet, die bei Flüssigkeiten mit Dichten um 1 etwa zahlenmäßig gleich groß sind. In der Praxis sind noch eine Reihe von Nicht-SI-Einheiten im Gebrauch, die sich meist aus der Ausflusszeit von Flüssigkeiten aus speziellen Gefäßen ableiten (Grad Engler, Redwood, Fordbecher etc.). Praxisnahe Messungen von komplexeren fließfähigen Systemen lassen sich schnell mit Rotationsviskosimetern bei geringerer Genauigkeit durchführen. Präziser sind Untersuchungen mit dem Kugelfall- oder mit dem Ubbelohde-Viskosimeter. Wesentlich für die Anwendungstechnik sind Fließvorgänge, die sich von Newton´schen Flüssigkeiten unterscheiden, sowie das Temperaturverhalten, das sich vielfach über Exponentialfunktionen beschreiben lässt. Flüssige Kohlenwasserstoffe (Kraftstoffe, Motorschmiermittel) sowie Pflanzenöle zeigen mit Zunahme der Temperatur einen sehr starken Viskositätsabfall, bei wässrigen Medien ist dieses Verhalten nicht so ausgeprägt. Die Abweichungen vom Newton´schen Verhalten haben ihre Ursache in spezifischen Wechselwirkungen zwischen den Partikeln des untersuchten Mediums. Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Schubspannungen und dem Geschwindigkeitsgefälle D, handelt es sich um Newton´sche Flüssigkeiten. Plastische Stoffe verhalten sich im Ruhezustand und bei kleinen Schubspannungen wie elastische Festkörper und beginnen erst bei höheren Schubspannungen zu fließen (Dispersionen, Tomatenketchup). Strukturviskose Flüssigkeiten zeigen ein Absinken der Viskosität mit steigendem D durch Ausrichtung von Partikeln in der Flüssigkeit – die einzelnen strömenden Schichten können dadurch leichter aneinander vorbei gleiten (Mayonnaise). Thixotrope Stoffe verhalten sich in Abhängigkeit von der Zeit bei gleichem D bezüglich der Viskosität nicht konstant, sie sinkt. Lässt man die Flüssigkeit ruhen, steigt wieder auf den Ausgangswert (Kleister, Dispersionen). Rheopexe Flüssigkeiten verhalten sich umgekehrt wie thixotrope Systeme, d.h. bei ruhender Flüssigkeit und konstantem D nimmt zu.