Beschriebene Arten - Artenvielfalt und Artkonzepte

Werbung
Artenvielfalt
Definition
Artenvielfalt ist ein Maß für die Vielfalt der biologischen Arten innerhalb eines
Lebensraumes oder geographischen Gebietes und somit für die Vielfalt von Flora, Fauna und
der Mikroorganismen.
Beschriebene Arten
Das Global Biodiversity Assesment, das im Auftrag der UNEP ( United Nations Environment
Programme) arbeitet, beschreibt rund 1,75 Millionen Arten. Doch die genaue Zahl der
beschriebenen Arten anzuführen wird nie möglich sein. Viele dieser Arten wurden nämlich
mehrfach beschrieben und erst später gelang es der Wissenschaft die überzähligen Namen als
Synonyme zu erkennen und zu entfernen. Andererseits wurden auch viele scheinbar
gleichartige Taxa von der Molekulargenetik in mehrere Arten aufgetrennt, die aber vielfach
noch nicht einmal mit einem Namen belegt sind. Deswegen müssen wir hier zwischen
„nominellen Arten“ ( Anzahl der Namen ) und „validen Arten“ (Anzahl der realen Einheiten)
unterscheiden. Beispielsweise sind bei den Fischen derzeit 50.000 bis 60.000 nominelle Arten
beschrieben, aber anerkennt werden nur weniger als 30.000 valide Arten.
Genauer in Zahlen angegeben heißt das, dass in unserer heutigen Zeit rund 1 Million
Insektenarten, 260.000 Gefäßpflanzenarten, 50.000 Wirbeltierarten und zwischen 240.000 330.000 Arten aus den Meeren beschrieben sind.
In Prozenten ausgedrückt, sind 51% aller heute beschriebenen Arten auf der Erde Insekten,
weitere 14% sind Gefäßpflanzen und den Rest von 35% bilden die übrigen tierischen und
pflanzlichen Organismen, einschließlich aller Einzeller und aller Wirbeltiere.
Nach Lebensräumen aufgeteilt würde das bedeuten, dass rund 78% der beschriebenen Arten
auf dem Festland, 17% im Wasser und ca. 5% als Parasiten oder Symbionten in anderen
Organismen leben.
Schätzung der gesamten Artenvielfalt auf der Erde von 1995
Wie oben schon angeführt wurden bis jetzt, rund 1,75 Millionen Arten beschrieben. Dies
bedeutet aber nicht, dass nicht mehr Arten auf der Erde vorkommen. Im Jahre 1995 betrugen
die Schätzungen des Global Biodiversity Assesments zwischen 3,6 Millionen bis rund 112
Millionen Arten. Damals schon überwogen die Insekten mit über schätzungsweise 100
Millionen Arten. An zweiter Stelle vermutete man die Mikroorganismen (Bakterien und
Pilze), denen folgten die Algen und die letzte Stelle nahmen die Fadenwürmer und die
Spinnentiere ein.
Schätzung der gesamten Artenvielfalt auf der Erde - Heute
Heute im Jahre 2008 erkennen wir einen enormen Unterschied zum Jahre 1995, was die
Schätzung der gesamten Artenvielfalt angeht. Man geht heute von 10 bis 20 Millionen Arten
aus, die auf der Erde leben. Jedes Jahr werden rund 12.000 – 25.000 neue Arten beschrieben,
wo wiederum zwischen „nominellen Arten“ und „validen Arten“ unterschieden wird.
Zu unserem bedauern existiert bis heute keine zentrale Datenbank zum erfassen der
beschrieben Arten.
Die Gesamtzahl der beschriebenen und geschätzten Arten hängt auch sehr stark davon ab,
nach welchen Kriterien die jeweiligen Organismen in Arten aufgeteilt werden. Auch hier ist
sich die Wissenschaft nicht einig und unterscheidet zwischen mehreren Artkonzepten.
Artkonzepte
Die Arten werden nach vier grundlegenden Methoden unterschieden. Diese wären:
Typologisches Artkonzept, Biologisches Artkonzept, Phylogenetisches Artkonzept und
Evolutionsbiologisches
Artkonzept.
Alle
diese
vier
Artkonzepte
haben
wiederum
Unterteilungen in sich selbst.
Typologisches Artkonzept
Das Typologische Artkonzept unterteilt sich erneut in: Ethologisches Artkonzept,
Morphologisches Artkonzept, Chronologisches Artkonzept und Physiologisches Artkonzept.
 Ethologisches Artkonzept
Wie der Name es uns hier schon verrät, werden hier die Lebewesen aufgrund ihres
Verhaltens unterschieden.
Beispiel: Löwe und Tiger lassen sich im Verhalten klar voneinander abgrenzen. Tiger
leben als Einzelgänger, die sich nur zur Paarungszeit treffen. Löwen hingegen leben in
Rudeln aus Weibchen und mehreren Jungtieren und einem oder mehreren älteren
Männchen.
Problematik: Ethologisch leicht unterscheidbare Tiere, zum Beispiel die Kasten
(Arbeiterinnen / Königinnen/ Krieger) bei sozialen Insekten, wären nach diesem
Konzept als getrennte Arten zu behandeln.
 Morphologisches Artkonzept
Hier werden die Arten nach kleinsten, voneinander unterscheidbaren äußeren
Merkmalen getrennt.
Beispiel: Nicht nur im Verhalten sondern auch in der Morphologie lassen sich Löwe
und Tiger sehr schön voneinander trennen. Tiger sind gestreift, wobei die Löwen nur
als Jungtiere manchmal ein Fleckenmuster aufweisen und die Männchen im Gegensatz
zu den Tigern eine starke Mähne haben.
Bild 1
Bild 2
Problematik: Manche Arten bilden saisonale Formen, wie zum Beispiel die
Frühjahrsgeneration und die Herbstgeneration des Landkärtchen- Schmetterlings. Die
beiden Generationen unterscheiden sich farblich stark und überlappen sich in ihrer
Flugzeit nicht. Aus den Eiern der Frühjahrsgeneration schlüpft aber die
Herbstgeneration und umgekehrt. Nach dem Morphologischen Artkonzept müssten sie
als verschiedene Arten angesehen werden.
Bild 3: Sommergeneration
Bild 4: Herbstgeneration
 Chronologisches Artkonzept
Das Chronologische Artkonzept ist eine Erweiterung des morphologischen
Artkonzeptes um den Faktor Zeit. Hier wird zunächst die Art anhand eines anderen
Artkonzepts (meist Morphologisches Artkonzept) abgegrenzt und anschließend
werden nach den Kriterien des Chronologischen Artkonzepts, die zeitlich aufeinander
folgender Populationen, deren Merkmale innerhalb einer definierten Bandbreite
variieren, bestimmt.
Beispiel: Es wird hauptsächlich in der Paläontologie verwendet.
Bild 5
Problematik: Eine lückenlose Fundfolge ist notwendig!
 Physiologisches Artkonzept bei Bakterien
Bakterien zeigen wenige bis keine morphologischen Unterschiede und weisen auch
praktisch keine Rekombinationsschranken (Austausch von Allelen und im
Allgemeinen, die Verteilung und Neuordnung vom genetischen Material) auf.
Die Unterscheidung erfolgt hier nach der Zellwand, in Form einer Gram – Färbung.
Bild 6
Bild 7
Biologisches Artkonzept
Das Biologische Artkonzept unterteilt sich erneut in: Linnè‘s biologisches Artkonzept und
Populationsgenetisches Artkonzept.
 Linne`s biologisches Artkonzept
„…eine natürliche, faktisch oder potentielle Fortpflanzungsgemeinschaft, die in ihrer
Gesamtheit in wesentlichen Merkmalen untereinander und mit ihren Nachkommen
übereinstimmt „ (C.v. Linnè)
Linne`s Konzept beruht hauptsächlich auf der Übereinstimmung der gemeinsamen
Merkmale.
 Populationsgenetisches Artkonzept
„Arten sind Gruppen von sich miteinander kreuzenden natürlichen Populationen, die
von anderen Gruppen reproduktiv isoliert sind“. (Ernst Mayr 1969)
Beispiel: Löwe und Tiger kreuzen sich in der Natur, wo sie gemeinsam vorkommen
können, nicht. Doch unter künstlichen Bedingungen (Zoo) sind sie kreuzbar und
haben unter Umständen auch fruchtbare Nachkommen. In der Natur leben sie aber
teilweise in gemeinsamen Verbreitungsgebieten und paaren sich dort nicht
miteinander. Daher sind sie nach Ernst Mayr getrennte Arten.
Bild 8: Tigon (Mutter Tiger – Vater Löwe)
Problematik: Pferd und Esel sind zwar kreuzbar (Maultier, Maulesel), haben aber
keine fruchtbaren Nachkommen und gehören damit zu verschiedenen Arten.
Phylogenetisches (evolutionäres ) Artkonzept
Nach
dem
Phylogenetischen
Artkonzept
wird
eine
Art
nach
ihrer
Abstammungsgemeinschaft, die aus einer bis vielen Populationen in einer bestimmten
Zeitspanne existiert, definiert. Laut diesem Konzept beginnt eine Art nach einer Artspaltung
und endet, wenn alle Individuen dieser Art ohne Nachkommen aussterben oder wenn aus
dieser Art sich neue Arten spalten und entstehen.
Beispiel: Die Evolution!
Australopithecus
Homo Sapiens
Bild 9
Problematik: Jede Art und jede Aufspaltung in diesem Konzept muss zunächst dem
typologischen oder dem biologischen Artkonzept folgend definiert werden. Dabei können,
die bei den jeweiligen Konzepten beschriebenen, Probleme auftreten.
Evolutionsbiologische Artkonzepte
Das Evolutionsbiologische Artkonzept unterteilt sich in die zwei Konzepte, Genealogisches
Artkonzept und Ökologisches Artkonzept.
 Genealogisches Artkonzept
Eine Art ist eine Gruppe von Organismen mit einzigartiger genetischer Geschichte.
 Ökologisches Artkonzept
Eine Art ist definiert durch ihre ökologische Nische bzw. die von ihr verwendeten
Ressourcen.
Brauchbare Artkonzepte sind aber nur wenige. Diese wären: Morphologisches Artkonzept
(schnelle morphologische Abgrenzung), Genealogisches Artkonzept (Abgrenzung wo
Morphologie versagt) und Biologisches Artkonzept (erklärt Artenentstehung).
Möglichkeiten der Artenbildung
Alle diese Konzepte, die Arten voneinander zu unterscheiden, hätten keinerlei Brauchbarkeit,
ohne die Vielfalt der Arten. Wie entstehen nun diese Millionen von Arten und welche
Faktoren in der Natur wirken hier mit. Es gibt zwei Möglichkeiten der Artenbildung, die erste
Möglichkeit wäre die Allopatrische Artbildung während die Sympatrische Artenbildung die
zweite Möglichkeit darstellt.
Allopatrische Artbildung
Hier führt die räumliche Isolation aufgrund von Kontinentaldrift, Eiszeit, Entstehung von
Landbrücken, Austrocknung von Binnenmeeren, Entstehung von getrennten Seen, Entstehung
von Inseln und die zufällige Neubesiedelung zur Unterbrechung des Genflusses und es
entstehen neue Arten.
Sympatrische Artenbildung
Bei diesem Typus der Artenbildung entstehen die Arten in einem gemeinsamen
Verbreitungsgebiet durch Adaptive Radiation, Polyploidie, sexuelle Selektion, Mutation und
außerdem auch durch Gradualismus und Punktualismus.
 Unter Adaptive Radiation versteht man in der Evolutionsbiologie die Herausbildung
spezieller Eigenschaften, die für das Überleben in der speziellen Region von Nöten
sind. Man passt sich den Umweltverhältnissen an und kann deshalb vorher ungenutzte
ökologische Nischen nutzen und dadurch überleben. Ein Beispiel für die adaptive
Radiation zeigen die Darwinfinken auf den Galapagos- Inseln, wo sich aus einer
Finkenart vierzehn weiter Finkenarten bildeten.
Bild 10
 Polyploidie ist die Bezeichnung für ein Phänomen in der Botanik, wo mehr als zwei
Sätze von Chromosomen in den Zellen mancher Arten zu beobachten sind. Die
Polyploidie unterteilt sich wiederum in Autopolyploidie und Allopolyploidie. Bei der
Autopolyploidie bilden sich die Arten durch einen seltenen Meiosefehler während bei
der
Allopolyploidie
neue
Arten
Chromosomensätze einer Art entstehen.
Bild 11
durch
die
Vervielfachung
gleicher
 Bei der Sexuellen Selektion bevorzugen die Weibchen, zum Beispiel bei den
Buntbarschen, nach den Farbvarianten der Männchen und es entstehen immer
neuartigere Gattungen mit neueren Farbvarianten.
Bild 12
 Gradualismus bezeichnet die Grundannahme, dass alle Veränderungen allmählich in
kleinen Schritten vor sich gehen. Punktualismus hingegen hält auch gelegentliche
sprunghafte Änderungen in der Evolution für möglich.
Bild 13
Die Artenvielfalt ist ein unvorstellbares Phänomen von Vielfalt und Schönheit der gesamten
Lebewesen auf dieser Erde. Um einen Einblick in die Vielfalt dieser Arten zu bekommen,
folgen nun Beispiele anhand von Gibbons, Sperlingskäuze, Veilchen und Marderartigen.
Herunterladen