1 Kernreaktionen: Eine Kernreaktion ist ein physikalischer Prozess, bei dem durch den Zusammenstoß eines Atomkerns mit einem anderen Kern oder Teilchen mindestens ein Kern in ein anderes Nuklid und/oder in freie Nukleonen umgewandelt wird, ohne dass sich die Gesamtzahl der Protonen und Neutronen ändert. Während beim radioaktiven Zerfall die Kernumwandlung spontan erfolgt, wird sie bei der Kernreaktion durch ein auftreffendes Teilchen ausgelöst. Aus der Gültigkeit des Impulserhaltungssatzes und des Energieerhaltungssatzes für jeden Stoßvorgang ergeben sich bestimmte Eigenschaften und Beschränkungen der Teilchenbewegungen. Es gibt im Großen und Ganzen 5 wesentliche Kernreaktionen, nämlich: 1.1 Kernfusion Die Kernfusion ist eine Kernreaktion, bei der zwei Atomkerne zu einem neuen Kern „verschmelzen“. Die Kernfusion ist Ursache dafür, dass die Sonne und andere Sterne Energieabstrahlen. Der Prozesse, die in der Sonne zur Abstrahlung von Energie führen, sind der pp-Zyklus und der CNO-Zyklus. Der Hauptzweig des pp-Zyklus wird hier nun kurz erläutern, um zu demonstrieren, wie so eine typische Kernfusionsreaktion aussieht. 1.1.1 Pp-Zyklus Abbildung 10:Reaktionswege des pp-Zyklus im Inneren der Sonne Im ersten Reaktionsschritt des ppZyklus verschmelzen zwei Wasserstoffkerne (=2 Protonen) zu Deuteriumkernen. Hierbei unterscheidet man zwischen der primären pp-Verschmelzung, welche zu 99,75% stattfindet, und der sekundären pp-Verschmelzung. Primäre: Kernfusionierung von 2p, wobei ein p (aufgrund der schwachen WW) über den ß+Zerfall zu einem Neutron wird: (1.1) p p 2H e e Sekundäre: (1.2) p e p 2H e Die Endprodukte der Reaktion beider Verschmelzungen sind jeweils Elektronneutrinos und Deuterium. Die folgende Reaktion des entstandenen Deuteriums ist daher sowohl nach anfänglicher primärer als auch sekundärer pp-Verschmelzung dieselbe. Das Deuterium absorbiert ein Proton und wird zu Helium. 2 3 (1.3) H p He Energie Von nun an teilt sich die Reaktionskette in drei Stränge auf. Strang 1 wird kurz erläutert. 3 4 Zu 91% verschmilzt das entstandene 2 He gemäß dem ersten Zweig zu 2 He . 3 3 4 (1.4) 2 He 2 He2 He 2 p Energie (~12 MeV) Quellen: http://www.analytik.ethz.ch/vorlesungen/radiochemie.htm; www.wikipedia.org; Vgl: KlapdorKleingrothaus, H.V.; Zuber Kai: Teilchenastrophysik; B.G.Teubner Verlag; Stuttgart;1997; Seite 350ff 1.2 Induzierte Kernspaltung Ist eine Kernreaktion, bei der ein freies Teilchen, meist ein Neutron, zufällig einen Kern trifft und von diesem absorbiert wird. Der Kern gewinnt dadurch die Bindungsenergie und eventuelle kinetische Energie dieses Neutrons, befindet sich nun in einem angeregten Zustand und spaltet sich. 1.2.1 Energiegewinnung über Kernspaltung in Kernkraftwerken Das Isotop Uran 235 ist ein gut spaltbares Material, vor allem ist Uran das einzig natürlich vorkommende Material, das zu einer Kettenreaktion führen kann. In der Natur kommt Uran 235 jedoch nur zu 0,7 % vor, daher muss Uran 238 (99,3%) angereichert werden. Dies geschieht unter anderem in Zentrifugen: Die Verbindung Uranhexafluorid (UF6), die pro Molekül aus einem Atom Uran und sechs Atomen des Elements Fluor besteht. Es existiert somit ein "schweres" UF6 aus 238U und F und ein "leichtes" UF6 aus 235U und F. In einem vakuumdichten Gehäuse läuft mit hoher Umfangsgeschwindigkeit ein Rotor um, in dem durch ein feststehendes Rohr mittig das zu trennende UF6-Gas eingebracht wird. Nun wird ausgenutzt, daß die hohe Rotationsgeschwindigkeit eine größere Zentrifugalkraft auf die schwereren 238U-Moleküle ausübt als auf die leichteren und sich diese so vermehrt an der Außenwand sammeln. Um die Rotorachse kommt es so zu einer geringen Anreicherung an 235UF6. Energiegewinnung aus Kernspaltungsprozessen in Atomkraftwerken: Zur Spaltung in Kernkraftwerken wird LEU(lightly enriched uranium, 2-4%) verwendet. Im ersten Schritt trifft ein "thermisches Neutron" den Kern. Der Zustand des Kerns wird instabil und es kommt zu Spaltung. Dabei werden weitere 2-3 Neutronen wie auch radioaktive Strahlung vom Kern ausgesandt. Genau diese Strahlung wird zur Wärmeerzeugung im Kraftwerk verwendet. Die ausgesandten Neutronen fliegen in alle möglichen Richtungen und können benachbarte U-235 Kerne spalten. Dadurch entsteht eine lawinenartige Kettenreaktion, vorausgesetzt es gibt genügend U-235 Kerne in direkter Umgebung. Geregelt wird die Kettenreaktion durch Bremsstäbe. Bremsstäbe sind Elemente, die aus Materialien, die Neutronen auffangen (üblicherweise Bor, Cadmium). Brennstäbe hingegen beherbergen das angereicherte Uran in gepresster Tablettenform befüllt. 1.3 Spallation Spallation ist eine nichtelastische Wechselwirkung eines Atomkerns mit einem Projektil hoher kinetischer Energie. Der Atomkern wird dabei in kleinere Bruchstücke und in der Regel mehrere Neutronen zerschmettert. 1.4 Neutronenanlagerung Die Neutronenanlagerung ist eine Kernreaktion, bei der ein oder mehrere Neutronen von einem Atomkern eingefangen werden, ohne dass dabei mit Masse behaftete Teilchen freigesetzt werden. 1.5 Protonenanlagerung Protonenanlagerung ist eine Kernreaktion, bei der ein Proton einem Atomkern hinzugefügt wird, wobei nur Gammastrahlung emittiert wird. Wichtig bei Fusionsprozessen in Sternen, gerade wenn es darum geht, Elemente mit größerer Ordnungszahl als Fe zu erzeugen. Quellen: http://www.analytik.ethz.ch/vorlesungen/radiochemie.htm; www.wikipedia.org; Vgl: KlapdorKleingrothaus, H.V.; Zuber Kai: Teilchenastrophysik; B.G.Teubner Verlag; Stuttgart;1997; Seite 350ff 2 Wechselwirkung von Teilchen mit Materie 2.1 WW von Alphateilchen mit Materie: Aufgrund ihrer elektrischen Ladung und relativ großen Masse von 4 u haben Alphateilchen nur eine sehr geringe Eindringtiefe in Materie. Die Reichweite der Alphateilchen ist abhängig von deren Energie. Die spezifische Ionisation, die Anzahl erzeugte Ionenpaare pro zurückgelegte Wegstrecke, verursacht durch ein einzelnes α-Teilchen, ist enorm. Folgende Graphik illustriert für das Beispiel des Alpha-Strahlers Po210 die Wechselwirkung mit Luft. Wie ersichtlich nimmt die Anzahl gebildeter Ionenpaare anfänglich zu. Am Ende der Flugbahn entstehen am meisten Ionenpaare (sogenannter Bragg-Peak). Wenn das α- Teilchen seine Energie abgegeben hat, fällt die spezifische Ionisation abrupt ab. Ein etwas kräftigeres Blatt Papier oder einige Zentimeter Luft reichen im Allgemeinen schon aus, um Alphateilchen vollständig abzuschirmen. 2.2 WW von Beta-Strahlung mit Materie Die Wechselwirkung von β–-Teilchen mit Materie gleicht jener der α-Strahler, ist aber vielfach schwächer. Infolge der gegenüber α-Teilchen viel kleineren Masse der β-Teilchen vermögen Elektronen in der Umgebung die β-Strahlung stark abzulenken. Die β-Teilchen bewegen sich daher auf "Zick-Zack"-Bahnen. Positronen geben im Allgemeinen zuerst ihre kinetische Energie weitgehend ab, dann zerstrahlen sie mit einem Elektron aus der Umgebung, wodurch zwei γ-Quanten entstehen, in entgegengesetzter Richtung davonfliegen. 2.3 WW von Gamma-Strahlung mit Materie Für Gamma-Strahlung gibt es keine endliche Reichweite im Material. Zur Abschirmung sind meist dickere Materieschichten nötig als bei Alpha- oder Betastrahlung. Je größer die Ordnungszahl eines Materials ist, desto größer ist seine Abschirmwirkung gegen Photonen. Die wichtigsten Wechselwirkungsprozesse beim Durchgang von Gammastrahlung durch Materie sind Photoeffekt, Comptoneffekt und Paarbildung. 3 Dosimetrie: Unter Dosimetrie versteht man allgemein eine Technik zur Messung einer Strahlendosis im Rahmen des Strahlenschutzes. Als quantitatives Maß für die im Körper deponierte Energiemenge wird die Energiedosis D definiert: D =dE/dm Die SI-Einheit hat den Namen Gray (Gy[J/kg]). Die verschiedenen Strahlenarten bewirken unterschiedliche Schäden im Gewebe. So richten α-Strahlen etwa gleich viel Schaden an, wie 20 mal so viele γ-Quanten bei gleicher deponierter Energie, also gleicher Energiedosis. Man definiert daher eine neue Grösse, die die unterschiedlichen Wirkungen der verschiedenen Strahlenarten angemessen berücksichtigt, die Äquivalentdosis H: H = D* Q Q=Qualitätsfaktor, unterschiedlich je nach Strahlungsart. Die Äquivalentdosis wird in der Einheit Sievert (Sv) angegeben(1Sv=1J/kg). 100 mSv gelten als gefährlicher Grenzwert. Ab 4 Sievert beginnt die Todeszone. Dosimeter können mittels Ionisationskammern die Menge an radioaktiver Strahlung im Umfeld angeben. Quellen: http://www.analytik.ethz.ch/vorlesungen/radiochemie.htm; www.wikipedia.org; Vgl: KlapdorKleingrothaus, H.V.; Zuber Kai: Teilchenastrophysik; B.G.Teubner Verlag; Stuttgart;1997; Seite 350ff