8.S. n. Trin. – 29.7.2007 - 1. Korinther 6,9-20 - Oberursel – Armin Wenz – ELKG 263 Oder wißt ihr nicht, daß die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Laßt euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben. Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes. Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangennehmen. Die Speise dem Bauch und der Bauch der Speise; aber Gott wird das eine wie das andere zunichte machen. Der Leib aber nicht der Hurerei, sondern dem Herrn, und der Herr dem Leibe. Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft. Wißt ihr nicht, daß eure Leiber Glieder Christi sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne! Oder wißt ihr nicht: wer sich an die Hure hängt, der ist ein Leib mit ihr? Denn die Schrift sagt: »Die zwei werden ein Fleisch sein«. Wer aber dem Herrn anhängt, der ist ein Geist mit ihm. Flieht die Hurerei! Alle Sünden, die der Mensch tut, bleiben außerhalb des Leibes; wer aber Hurerei treibt, der sündigt am eigenen Leibe. Oder wißt ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und daß ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe. Liebe Gemeinde! Das ist doch Privatsache! Wie ich zu meinen Geld komme, mit wem ich ins Bett gehe, womit ich meine Freizeit verbringe, wieviel Alkohol oder Drogen ich zu mir nehme, mit wem ich mich streite, das geht niemanden etwas an. Das ist Privatsache! So dachten damals die Korinther, so denken die meisten Menschen und so bekommen es gelegentlich auch Pfarrer zu hören, wenn sie es wagen, Gemeindeglieder auf konkrete Sünden anzusprechen. Soll man also lieber schweigen? - Paulus damals schwieg nicht zu den Privatsachen der korinthischen Gemeindeglieder. Und wenn es uns noch um das ewige Heil bei Gott für uns und unsere Mitchristen geht, dann dürfen auch wir Heutigen nicht schweigen. Denn wer darauf pocht, daß seine Sünden Privatsache sind und niemanden etwas angehen, der will in seinem sündigen Zustand verharren, der ist der Meinung, sehr wohl leben zu können, wie es beliebt, und doch zugleich auch sich Christ nennen zu können. Dieser Selbsttäuschung tritt der Apostel Paulus entgegen. So lautet das Thema unserer Predigt: Unser Christenleben ist keine Privatsache. Dem steht entgegen, wo wir Christen herkommen, wem wir als Christen gehören und wozu wir als Christen bestimmt sind. 1. Unser Christenleben ist keine Privatsache. Dem steht entgegen wo wir Christen herkommen. Paulus erinnert die Korinther daran, wie es um sie stand, als sie noch nicht Christen waren. Sie waren keine Kinder und Erben Gottes, sondern getrennt von Gott. Doch schon damals war ihre Sünde keine Privatsache, sondern der Grund für ihre Trennung von Gott. Laßt euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben. Die Sünde trennt von Gott. Und all diese Sünden, die Paulus aufzählt, sind Zeichen dafür, daß die Menschen, die so leben, ohne Gott leben. Sünde ist keine Privatsache, weil Gott Richter ist, weil er sich einmischt. Er zieht die Grenze. Und er sagt klar und deutlich: Wer solches tut, kommt nicht in mein Reich. Doch nun kommt das Wunder: Gott richtet nicht nur solche Menschen, sondern er läßt sich auf sie ein, er spricht mit ihnen, er begegnet ihnen, er ruft sie zur Umkehr, er ruft sie in sein Reich. Jesus Christus ist gekommen die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. Damit holt er sie heraus aus ihrer Privatsphäre und stellt sie vor Gott. Er tut das aber nun so, daß er Gott als Heiland und Arzt bringt, der gnädig ist, der Sünde vergibt und Sünder von ihren Bindungen befreit. Das ist, so sagt Paulus, an uns in der Taufe geschehen: Solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes. Damit ist klar, daß die Trennung vom Reich Gottes für die Sünder, die getauft sind, Vergangenheit ist. Sie liegt hinter ihnen. Die Sünde ist vergeben. Ja, die Sünde ihres früheren Lebens darf die Christen nicht mehr belasten. Sind sie getauft, so sind sie frei von der Anklage des Gesetzes, freigesprochen von ihrer Schuld. Dieser Glauben an die Rechtfertigung des Sünders um Christi willen führt nun aber zu allen Zeiten der Kirchengeschichte zu einem Mißverständnis. Wenn das so ist, wenn meine Schuld mich nicht mehr von Gott trennt, dann bin ich ja frei zu sündigen, dann kann ich ja tun und lassen, was ich will. Wenn ich nur irgendwie an Gott festhalte. Doch ein solches Verständnis macht aus der Rechtfertigung des Sünders die Rechtfertigung der Sünde. Hier wird übersehen, daß die heilige Taufe nicht nur Bedeutung hat für mein vergangenes Leben in der Sünde, sondern auch für mein Leben in der Gegenwart und Zukunft. Hier wird übersehen, daß die Taufe nicht nur Vergebung der Sünden bringt, sondern ein Herrschaftswechsel ist. So kommen wir zum zweiten Punkt: Unser Christenleben ist keine Privatsache. Dem steht entgegen wem wir als Christen gehören. Paulus erinnert uns daran, daß wir als Christen Glieder Jesu Christi und Tempel des Heiligen Geistes geworden sind. Paulus spricht hier vom Leib der Christen. Euer Leib ist Glied Christi, ist Tempel des heiligen Geistes. Damit wendet er sich gegen ein Verständnis des Christenlebens, in dem Leib und Seele auseinandergerissen werden. Das war damals in Korinth der Fall. In der eigenen Vorstellung wollte man sehr wohl Christ sein. Man glaubte an Christus. Doch man wich einer Frage hartnäckig aus: Sollte das Christsein Folgen haben für die Weise, wie wir leben? Paulus macht es sehr drastisch am Beispiel der Hurerei deutlich. Es gab Christen, die sagten: Wenn ich Christ bin, dann trennt mich das nicht mehr von Gott; denn alles ist mir erlaubt, wenn ich Erbe Gottes bin. Ich kann alles tun, es wird mir nicht schaden. Paulus setzt dem entgegen: Wer zur Hure geht, der wird ein Fleisch mit der Hure. Wer dem Herrn anhängt, der ist ein Geist mit Christus. Beides aber ist miteinander unvereinbar. Denn die Sünde ist ja nicht etwas Äußerliches, eine bloße Eigenschaft. Besonders bei der Hurerei wird deutlich, daß hier der ganze Mensch betroffen ist. Und so ist die Hurerei nichts anderes als ein Zeichen dafür, daß ich eben nicht mehr unter der Herrschaft Gottes stehe. Wer zur Hure geht, der läßt sich gefangennehmen von seinen Trieben, der folgt seinen Trieben und nicht mehr seinem Gott und Erlöser. Man schafft sich einen Bereich im Leben, von dem man Gott ausschließen will. Gott ist für die Erlösung, für mein ewiges Leben zuständig. Aber wie ich zu meinem Recht in dieser Welt komme, das ist meine Sache. Und weil ich ja meiner Erlösung sicher sein kann, darum bin ich nun erst recht frei, mir zu holen, was ich will und brauche. „Alles ist mir erlaubt.“ Doch steht, wer so denkt, noch unter der Herrschaft Gottes? Paulus sagt: „Nein!“ Und er hat ja vorher aufgezählt, daß das nicht nur sexuelle Sünden betrifft. Auch wer sich den Götzen, dem Geiz, dem Diebstahl, der Trunkenheit hingibt, stellt sich außerhalb des Reiches Gottes. Denn wir Menschen können uns nicht aufteilen. Wir können nicht sagen: Das ewige Leben will ich schon; aber einen bestimmten Bereich will ich weiterhin selber bestimmen. Paulus hält dem entgegen, daß das nicht geht, weil wir entweder unter der Herrschaft Christi oder unter unserer eigenen Herrschaft und damit unter der Herrschaft der Sünde stehen. Wißt ihr nicht, daß ihr als Tempel des Heiligen Geistes euch nicht selber gehört? Warum aber gehören wir nicht mehr uns selber? Weil Christus uns teuer erkauft hat. Weil Christus für uns gestorben ist und uns die Frucht dieses Sterbens in der Taufe geschenkt hat. Weil wir nun Christus gehören, dem Sohn Gottes. Darum sind uns nicht nur die Sünden vergeben, sondern er schenkt uns ein Leben, in dem uns die Sünde nicht mehr versklaven darf. Nichts soll uns mehr gefangen nehmen, auch nicht unser Geiz, unsere Begierden. Doch was heißt das dann für unser Leben? Gilt dann statt des Spruches der Korinther, der da lautete: Alles ist mir erlaubt, für uns Christen: „Alles ist uns verboten“? Müssen wir sauertöpfisch durch das Leben gehen und auf alles Schöne verzichten? Müssen wir gar bei allem, was wir tun, Angst haben, etwas falsch zu machen? Liebe Gemeinde! So ist es nicht, weil das neue Leben, das uns in der Taufe geschenkt ist, nicht nur das Nein zur Sünde beinhaltet. Vielmehr ist die andere Seite dieses Neins zur Sünde das Ja zum Leben, wie es uns der Schöpfer geschenkt hat. Und so kommen wir zum dritten Punkt: Unser Christenleben ist keine Privatsache. Dem steht entgegen, wozu wir als Christen bestimmt sind. Wozu wir bestimmt sind, das läßt sich an dem herrlichen Satz ablesen, mit dem Paulus seine Ausführungen schließt: Ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe. Auch hier ist mit Leib nicht ein Teil von uns gemeint, sondern wir als Menschen, die wir in dieser Welt leben. Wenn Paulus sagt: Preist Gott mit eurem Leibe, dann heißt das: alles, was ihr tut, mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott dem Vater durch ihn. (Kol. 3,17). Alles, so heißt es, alles, was ihr tut, geschieht im Namen Jesu. Preist Gott mit eurem Leibe, das heißt: Lebt so, wie Gott es für euch gemacht hat. Lebt mit den Gaben und Aufgaben, die Gott euch geschenkt hat. Sexualität, Besitz, Nahrung und Genußmittel, all das ist euch gegeben. Aber ihr seid nun frei von den dämonischen Verkehrungen dieser Güter und Gaben Gottes. Der Glaube an den Gott, der euch die Sünde vergeben hat, der euch in Christus teuer erkauft hat, der im heiligen Geist in euch wohnt, gibt euch einen neuen Sinn in euer Herz. Alles ist euch erlaubt. Das stimmt: Die Sexualität zwischen Mann und Frau; der Erwerb von Eigentum, das Handwerk und der Handel, auch der Fleischgenuß und das Weintrinken, all das ist euch erlaubt. Aber es soll euch nicht mehr gefangennehmen. Ihr sollt darüber niemals aus dem Blick verlieren, daß über den guten Gaben Gottes der Geber gepriesen werden will. Und gepriesen wird er, wenn wir uns all das nicht selber nehmen und an uns reißen, sondern es uns schenken lassen vom Schöpfer selber. Das heißt z.B. daß Christen mit dem Geschlechtsverkehr warten, bis sie sich lebenslang in der Ehe gebunden haben, daß Christen Alkohol maßvoll zu sich nehmen und die Kontrolle behalten, daß Christen nicht nach mehr Reichtum gieren, als Gott ihnen gewährt, daß die Welt für Christen nicht zusammenbricht, wenn der Traumberuf nicht erreicht wird oder andere Träume sich nicht erfüllen. Nichts soll uns gefangen nehmen. Alles ist uns erlaubt auf den Wegen, die Gott uns weist in seinen Geboten, die er uns führt in seinem Wort. So preisen wir Gott mit unserem Leibe, wenn wir arbeiten und ruhen, wenn Mann und Frau miteinander fröhlich sind bis zur innigsten Vereinigung, wenn wir Feste feiern und für unsere Verwandten und für die Kirche mit unserem erworbenen Eigentum sorgen. So leben wir als Glieder Jesu Christi und als Tempel des Heiligen Geistes. Und wenn wir in einem Stück durch Gottes Wort und seine Gebote merken, daß wir gefallen sind, daß wir uns selber wieder zum Herrn gemacht haben und uns der Herrschaft Gottes entzogen haben, dann hören wir die liebevolle Einladung unseres Heilandes zur Umkehr, zur Vergebung. Am meisten loben wir Gott mit unserem Leibe, wenn wir niederknien und uns die Vergebung unserer Schuld, unserer Selbstherrlichkeit um Christi willen zusprechen lassen, wenn wir am Altar knien und den Leib und Blut unseres Herrn empfangen. Denn hier in der Beichte und im Abendmahl kommt das andere zum Ausdruck, wozu wir noch bestimmt sind, außer daß wir in diesem Leben Gott mit unserem Leibe preisen sollen. Dieser Lobpreis soll auch in Ewigkeit weitergehen. Nicht nur für dieses Leben gehört unser Leib Gott, sondern auch in jenem Leben. Paulus begründet seine Aussage, daß unser Leib Gott gehört, noch mit folgendem Satz: Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft. Auch darum ist unser Leibesleben keine Privatsache. Denn diesen unseren Leib, den wir tragen, der wir sind, ihn wird Gott auferwecken am Jüngsten Tag, so wie er Christus auferweckt hat. Es ist nicht so, daß der Leib sozusagen der sündige Teil von uns ist, der ewig sterben muß, während die Seele leiblos in den Himmel fliegt. Nein, ganz und gar macht Gott uns wieder neu am Jüngsten Tag. Leiblich werden wir auferstehen. Denn der uns vollenden wird, der ist derselbe, der uns einst geschaffen und erlöst hat. So wahr wir leibhaftig geboren sind, leibhaftig in der Taufe mit Wasser abgewaschen wurden zur Vergebung der Sünden, leibhaftig hier am Altar die Absolution empfangen und den wahren Leib und das wahre Blut unseres Herrn Christus, so wahr werden wir leibhaftig auferstehen und beim Herrn leben. Vieles wird dann anders sein. Vor allem wird es keinen Rückfall in die Sünde und keinen Abfall von Gott mehr geben. Bis dahin aber brauchen wir wie die Korinther damals die Erinnerung, daß vor Gott nichts in unserem Leben Privatsache ist, sondern alles ist vor Gott dem Richter aufgedeckt; alles ist vergeben um Christi willen; alles ist uns geschenkt, alles dürfen wir genießen aus der Hand des Schöpfers, in allem und mit allem loben wir Gott in unserem Leibe. Wenn wir das erkennen, dann wird der Verzicht auf die Herrschaft des Teufels und unseres eigenen alten Adams uns immer leichter fallen. Christus wird sich darüber freuen. Er gibt Leben, das sich wirklicht lohnt. Lassen wir uns dieses Leben von ihm schenken in seinen Sakramenten und lassen wir es von ihm prägen durch sein Wort. Amen.