ADSORPTION UND DESORPTION

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Prof. Dr. B. Stephan
ADSORPTION UND DESORPTION
Die Bedeutung großer Oberflächen
Materie entwickelt besondere Eigenschaften nicht nur aus den Eigenschaften der
Stoffe an sich (Reaktionsvermögen, Löslichkeit in unterschiedlichen
Substraten), sondern die jeweilige Teilchenaggregation überlagert sich diesen
oder kann sogar dominierend sein. Die Eigenschaften von Gasen oder
verdünnten Lösungen (Osmose), die sich über Teilchen-(Mol)zahlen
beschreiben lassen, haben wir ja schon diskutiert. So stellt auch die
Nanotechnologie ein Gebiet dar, das sich wesentlich aus der geringen Anzahl
der aggregierten Partikel, die spezifische Kollektive mit zum Teil neuen
überraschenden Eigenschaften bilden können, definiert – erst dann werden die
Teilchen selbst betrachtet.
Auch wenn der Name Nanotechnologie ein aktuelles FuE-Gebiet beschreibt, die
Anwendungen von kleinen Teilchen sind schon sehr alt:
Durch Gummi arabicum stabilisierte Nanoteilchen befinden sich seit langem in
Tinte (Altägypten), durch feinste Keramikteilchen dichteten die alten Römer
durch Einschlämmen ihre Töpfe, rote Kirchenfenster enthalten NanoGoldteilchen (Goldpurpur), etwas neuer (seit 1912) ist der Einsatz von Ruß in
Autoreifen, in der Botanik lassen Nanoteilchen das Wasser von Lotusblättern
abperlen – das sind nur einige klassische Beispiele. Der Bereich der hardware
der IT-Branche basiert auf kollektiven Phänomenen, ein Großteil der
Luftschadstoffe wirkt primär adsorbiert über kleine lungengängige Partikel mit
aktivierter Oberfläche und nicht unmittelbar.
Je kleinteiliger ein Festkörper vorliegt, desto größer ist seine spezifische
Oberfläche, die z.B. bei Farbpigmenten oder Rußen im Bereich von einigen 100
bis mehr als 1000 m2/g liegen kann. Wenn man dagegen die Lungen- oder
innere Darmoberfläche eines Menschen von etwa 100 m2 als Vergleich
heranzieht, werden die beträchtlichen biologischen Wirkmöglichkeiten –
positive wie negative – feinteiliger Substanzen deutlich. Diese Stoffe mit ihrer
aktivierten Oberfläche, mit kurzen Diffusionswegen zum chemischen/biochemischen Reaktionspartner sind besonders reaktionsfreudig.
Oberflächen von Festkörpern sind in der Regel nicht chemisch rein; es bestehen
freie Bindungsvalenzen, die durch adsorbierbare Fremdstoffe belegt werden
können, die zum Teil sehr hartnäckig fest haften. Das kann z.B. gezielt zur
Herstellung von Substanzen zur Stoffrückhaltung genutzt werden (z.B.
Adsorbentien zur Wasseraufbereitung, Filter), kann aber auch zu Belastungen
führen: es werden Schadstoffe adsorbiert, teilweise dadurch aktiviert und so in
potenzierter Reaktivität in einen Organismus (z.B. über die Lunge beim
Rauchen, Ruße aus Abgasfahnen) transportiert. Stäube besitzen daher ein hohes
Gefährdungspotential, die Lunge ist ein besonders sensibles Stoffwechselorgan,
so dass den Maßnahmen zur Luftreinhaltung (TA-Luft, MAK-Werte) eine
besondere Bedeutung zukommt.
Große Oberflächen können generell nach zwei unterschiedlichen Mechanismen
Fremdstoffe adsorbieren: es erfolgt eine ein bis mehr-atomige/molekulare
/ionische Bedeckung („Chemiesorption“, beschrieben z.B. von Langmuir oder
Freundlich) oder aber es tritt ein Übergang mit steigender Konzentration/Druck
des Adsorbates zur Kondensation („Physisorption“) ein. Mischformen sind
möglich. Die Wasseraufnahme von Lebensmitteln (aw-Wert) folgt oft der
Physisorption.
In der heterogenen Katalyse spielen Festkörper mit einer großen spezifischen
Oberfläche eine wichtige Rolle, da die adsorbierten Reaktivstoffe in kurzer Zeit
mit vielen aktivierenden Oberflächenteilchen kontaktiert werden können,
wodurch der Stoffumsatz beschleunigt wird. In entsprechender Weise ist ein
schnellerer Verderb von fein zerteilten Lebensmitteln („Hackfleischverordnung“) festzustellen, z.B. wenn ein oxidativer und/oder mikrobieller Abbau
ablaufen kann.
Adsorptionsvorgänge werden in den Versuchen „Adsorption – Ionenaustauscher“ im Praktikum behandelt. Wesentlich bei der Auswertung der Versuche
ist, dass nach der Messung der Konzentration des Adsorbates (Essigsäure bzw.
Ca2+-Ionen) nach Adsorption/Ionenaustausch zunächst die Stoffmenge, die vom
Feststoff aufgenommen wurde, aus der Differenz der Ausgangs- und der
Endkonzentration berechnet wird. Diese adsorbierte Stoffmenge wird dann
gegen die Konzentration der Lösung graphisch aufgetragen – es müssten sich
Isothermen ergeben, die dem Typus einer Chemiesorption entsprechen.
Man kann Extraktionsvorgänge als einen der Adsorption gegenläufigen Vorgang
auffassen: das Verteilungsgesetz (Stoffverteilung zwischen Lösungsmitteln)
von Nernst (C1/C2 = konstant) erlaubt die quantitative Beschreibung. Soll ein
Stoff x aus einer Phase 1 von einer Phase 2 gelöst werden, so ist in sie ein
höherer Stoffeintrag von x möglich, wenn sie für den zu lösenden Stoff x
möglichst gering konzentriert angeboten wird. Mehrere kleine Portionen des
Extraktionsmittels – am besten stets die reine Phase – bewirken mehr, als wenn
man das gesamte Volumen in einem Schritt einsetzen würden („nehmen Sie bei
der Bereitung von Filterkaffe mehrere kleinere Wasserportionen und nicht die
gesamte Wassermenge auf einmal – Sie haben eine bessere Ausbeute“).
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