Vorverständnis von Sandra Eberhard - Edu-Uni-Klu

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Proseminararbeit
„Warum lassen manche Eltern ihren Babys
Ohrlöcher stechen?
Und wie denken diese Eltern über
Piercings?“
LV 180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
LV-Leiter Ass.-Prof. Mag. Dr. Günther Stotz
Karin
Elisabeth
Sandra
Oliver
OGRIS
NUNNER
EBERHARD
POGATSCHNIG
(0261040)
(0360456)
(0260274)
(0261207)
S o m m e r s e m e s t e r
2 0 0 5
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung ……………………………………………….................
3
Fragestellung …………………………………………………………….…….…….
4
Vorverständnisse …………………………………………………………….……...
5
Vorverständnis von Sandra Eberhard ……………………………..……...
5
Vorverständnis von Oliver Pogatschnig ………………………….……….
5
Vorverständnis von Elisabeth Nunner ………………………….………....
6
Vorverständnis von Karin Ogris ………………………………...………….
7
Zugang zu den Auskunftspersonen ……………………………………………….
8
Methodenwahl ……………………………………………………………………….
8
Narratives Interview ...............................................................................
8
Datenerhebung ……………………………….……………………………………..
11
Formulierende Interpretationen ……………………….…………………………... 11
Formulierende Interpretation Interview 1 ……………….………………… 11
Formulierende Interpretation Interview 2 …………………….…………… 13
Formulierende Interpretation Interview 3 ………………………….……...
17
Formulierende Interpretation Interview 4 …………………………….…...
19
Formulierende Interpretation Interview 5 …………………………….…… 23
Reflektierende Interpretationen ……………………………………………….…… 25
Reflektierende Interpretation Interview 1 ………………………….……… 25
Reflektierende Interpretation Interview 2 ………………………….……… 26
Reflektierende Interpretation Interview 3 …………………….…………… 27
Reflektierende Interpretation Interview 4 ……………………….………… 28
Reflektierende Interpretation Interview 5 ………………………….……… 30
Gegenüberstellung und Eigeninterpretation der Interviews …………….………
32
Reflexion der Arbeit …………………………………………………………………
34
Reflexion der Arbeit von Sandra Eberhard ………………………….……
34
Reflexion der Arbeit von Oliver Pogatschnig ……………….…………….
35
Reflexion der Arbeit von Elisabeth Nunner …..…………………………..
35
Reflexion der Arbeit von Karin Ogris ……………………………………… 36
Quellenangabe ………………………………………………………………………
38
Anhang ……………………………………………………………………………….
39
Seite 2
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere ehrenwörtlich, dass ich den vorliegenden Text selbst verfasst habe,
dass ich außer den angegebenen Quellen keine anderen benutzt habe, dass jede
Quelle gekennzeichnet ist, und dass ich diese Arbeit an keiner anderen Stelle
eingereicht habe.
Unterschrift aller Verfasser / Verfasserinnen:
________________________
________________________
Karin Ogris
Elisabeth Nunner
________________________
_________________________
Sandra Eberhard
Oliver Pogatschnig
27. Juni 2005
Seite 3
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
Fragestellung
Wir bekamen die Aufgabe, eine für uns interessante Forschungsfrage zum Thema
„Das Fremde“ zu finden. Schon nach kurzer Zeit hatte jeder in unserer Gruppe einige
Ideen dazu, schließlich gibt es ja vieles das uns fremd ist bzw. fremd vorkommt.
Eine unserer ersten Ideen war, eine Forschung über die asiatischen StudentInnen zu
machen. Wie leben sie hier in Österreich? Unterscheidet sich ihr Verhalten hier in
Österreich zu dem in ihrer Heimat? … Aber rasch kamen wir zum Entschluss, dieses
Thema nicht zu wählen. Die asiatischen StudentInnen sind genauso unsere
Studienkollegen wie alle anderen und deswegen wollen wir sie auch nicht als
„Forschungsobjekte“ ausnutzen.
Die Juden in der Schweiz wären für uns auch ein interessantes Thema gewesen.
Wieso gehen sie in kein Restaurant? usw. Doch hier wäre die Forschung schwierig.
Es wäre für uns zum Beispiel unmöglich eine Beobachtung durchzuführen, denn
schließlich könnten wir nicht einfach mal so in die Schweiz reisen.
Dann stießen wir aber auf das aktuelle Thema Körperkult bei Jugendlichen. Zuerst
dachten wir, das Thema Piercings und Tattoos sei schon zu flach getreten und es
würde keinen mehr interessieren. Doch als wir weiterdachten, kamen wir auf unsere
Forschungsfrage:
„Warum lassen manche Eltern ihren Babys Ohrlöcher stechen?
Und wie denken diese Eltern über Piercings?“
So weit man auch zurückdenken mag, die Menschen versuchten schon immer sich
mit Schmuck vorteilhafter zu gestalten. Natürlich hängt es von den Kulturkreisen und
deren jeweiligen Schönheitsidealen ab, wie und wo so ein Schmuckstück platziert
wird. Dabei empfindet der eine etwas als fremd oder sogar abstoßend, was innerhalb
einer anderen Kultur als besonders kunstvoll und schön gilt. Aber über Geschmack
lässt sich bekanntlich nicht streiten!1
1 vgl.
Ziegler Cornelia; Zoschke, Barbara: Bodypercing. Wien (Zsolnay) 1995
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Vorverständnisse
Vorverständnis von Sandra Eberhard
Unsere Forschungsfrage beschäftigt die ganze Gruppe, denn einige von uns haben
solche Fälle in der eigenen Familie. So zum Beispiel war erst vor kurzem meine
Tante mit ihrer eineinhalbjährigen Tochter beim Arzt und ließ ihr Ohrlöcher stechen.
Doch warum eigentlich? Vielleicht gefällt es dem Mädchen später gar nicht? Aber ein
Beispiel ist auch meine Schwester. Wieso wurden ihr auch schon als Baby Ohrlöcher
gestochen und jetzt im Alter von 14 Jahren gibt es mit den Eltern heftige
Diskussionen weil sie gerne ein Piercing hätte.
Nun möchten wir in der Gruppe gemeinsam versuchen diese Fragen zu erforschen
und vielleicht ist uns dann am Ende des Semesters dieses Verhalten der Eltern nicht
mehr so „fremd“.
Vorverständnis von Oliver Pogatschnig
Als Mann habe ich keine persönlichen Erfahrungen mit dem Stechen von Ohrlöchern
gemacht. Jedoch habe ich, da ich eine jüngere Schwester habe, hier so manches
mitbekommen. Schon in jungen Jahren ließen meine Eltern meiner Schwester
Ohrlöcher stechen, dies war eine ganz normale Prozedur. Doch da auch meine
Schwester mal älter werden muss, ändern sich natürlich auch ihre Interessen und so
kam das Thema Piercing bei uns zur Sprache. Und meine Eltern waren dagegen. Im
Gegensatz zu Ohrlöchern sehen sie „Körperschmuck“ an anderen Stellen als
Verunstaltung des Körpers an. Auch ich hatte mal mit dem Gedanken gespielt mir ein
Piercing zu machen auch da stellten sich meine Eltern quer. Scheinbar wird das
Stechen von Ohrlöchern als völlig normal, das Stechen von Piercings hingegen als
abnormal angesehen. Aber auch der Rest meiner Familie steht der Frage um
Piercings nicht gerade positiv gegenüber. Und so ist es der „Körperschmuck“ bei uns
nicht gerade weit verbreitet.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Woran liegt das? Genau dem wollen wir mit unserer Frage auf den Grund gehen.
Warum empfindet man Piercings als abstoßend aber das Stechen von Ohrlöchern
wird toleriert und als positiv angesehen.
Meine Theorie hierzu ist es, dass es sich um eine kulturelle Einstellung handelt die
von Generation zu Generation weiter getragen wird. Für mich persönlich gibt es auch
Stellen am Körper wo ich selbst sage, dass Piercings dort nicht hingehören aber ich
selbst täte meiner Tochter, sofern ich eine hätte, es natürlich erlauben sich dezente
Piercings machen zu lassen, weil ich hier denke, dass jeder Mensch über seinen
Körper, ob jung ob alt, selbst entscheiden muss.
Vorverständnis von Elisabeth Nunner
Als wir zu dem Begriff das Fremde ein Thema suchen sollten, musste ich die ganze
Zeit an Piercings und Tätowierungen denken. Da ist mir eingefallen, dass es für
manche Eltern selbstverständlich ist, dass ihre Babys Ohrlöcher bekommen, obwohl
sie noch gar nicht in der Lage sind selbst zu entscheiden. Für mich ist das, das
Fremde in unserer Kultur und es wird sicher sehr interessant die verschiedenen
Meinungen und Bewegungsgründe von den Eltern zu hören.
Ich selbst bekam als Baby Ohrlöcher und ich habe auch nie etwas Negatives darin
gesehen, aber als ich mit 15 Jahren mir ein Piercing stechen wollte musste ich lange
mit meiner Mutter darüber diskutieren, da sie gegen Piercings ist. Darum möchte ich
auch dieses Thema zusätzlich behandeln, da wie ich finde, es eine Auslegungssache
ist, denn eigentlich ist ein Ohrloch auch ein Piercing. Natürlich muss die ganze
Gruppe aufpassen, dass wir den Befragten nicht unsere eigene Meinung aufdrängen,
da gerade die Mädchen aus unserer Gruppe sehr viel darüber zu sagen haben. Aber
es wird sicher eine spannende und interessante Projektarbeit, da mich das Thema
schon früher beschäftigt hat und nun kann ich es mit meiner Gruppe bearbeiten.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Vorverständnis von Karin Ogris
Ich habe die Löcher in meinen Ohren im Alter von ca. 6 Jahren bekommen. Weil
meine Mitschülerinnen und Freundinnen bereits welche hatten, bin ich mit diesem
Strom mit geschwommen und habe meine Mutter solange angebettelt bis ich welche
bekommen habe. Meine Schwester, die ein Jahr jünger ist als ich, hat die Ohrlöcher
zur gleichen Zeit bekommen wie ich und hat sich später weitere Ohrlöcher stechen
lassen. Bei mir selbst hat sich jedoch niemals die Frage nach weiteren Piercings
gestellt, da ich einerseits im Laufe der Jahre wahrscheinlich zu feig dafür geworden
bin, und diese Piercings (sowohl in den Ohren, als auch anderswo) für mich weder
„schön“ aussehen, noch sinnvoll sind. Wären mir als Kind keine Löcher in die Ohren
gestochen worden, glaube ich nicht, dass ich mir jetzt welche machen lassen würde.
Das Durchstechen der Ohren ist in unserer Kultur anscheinend schon so fest
verankert, dass es im Gegensatz zu Piercings an anderen Stellen des Körpers (d.h.
überall außer in den Ohrläppchen) nicht mehr als Verstümmelung des Körpers
angesehen wird. Für mich persönlich ist das eine mit dem anderen gleichzusetzen,
weil es sich jeweils um ein und dasselbe Verfahren handelt. Daher kann ich nicht
verstehen, dass es manche Eltern vor einem Bauchnabel-, Zungen- oder
Augenbrauenpiercing graut, sie aber trotzdem nicht vor einem Ohrenpiercing bei
ihren Babys oder Kleinkindern zurückschrecken. Natürlich tragen Bilder zu dieser
Abneigung bei, welche entzündete Augenbrauen, Zungen etc. nach dem Piercen
zeigen, aber wer sagt, dass nach dem Stechen von Ohrlöchern keine Entzündungen
auftreten können?
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Zugang zu den Auskunftspersonen
Wir werden Interviews mit Eltern führen die ihren Kindern Ohrlöcher stechen ließen
oder es noch vorhaben zu tun. Es wäre auch sehr interessant Eltern zu befragen
deren Kinder heute schon älter sind und im Gegensatz auch die Kinder zu
interviewen wie sie die ganze Sache sehen. Der Zugang zu den Eltern ist leicht
herzustellen, da jeder aus unserer Gruppe Eltern kennt auf die das zutrifft. Wir haben
uns noch überlegt ob wir Ärzte befragen sollen, sodass wir dieses Thema von
mehreren Seiten beleuchten können.
Methodenwahl
Für unserer Forschungsarbeit haben wir uns für das narrative Interview entschieden.
Unser Ziel war es, die befragten Personen möglichst viel von sich aus zum Thema
Ohrringe erzählen zu lassen. Wir wollten sie mit unseren Fragestellungen nicht in
eine bestimmte Richtung drängen.
Narrative Interview
Beim narrativen Interview gibt es einen handlungstheoretischen und einen
methodologischen
Bezugsrahmen,
sowie
einen
forschungspraktischen
Bezugsrahmen.
Im Bereich der Erzähltheorie wie auch der Biographietheorie handelt es sich um
metatheoretische oder formale theoretische Begrifflichkeiten, d.h. die im Bereich der
Erzähltheorie entwickelten Kategorien geben Auskunft über die Struktur, den
formalen Aufbau. Die Kategorien, entwickelt im Bereich der Biographietheorie,
vermitteln uns einen Zugang zum formalen Aufbau biographisch relevanter
Alltagserfahrung
und
der
daraus
resultierenden
Identitätsbildung
bzw.
Habitusformation des Erzählers.
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Erzähltheoretische Grundlagen des narrativen Interviews
Der Ablauf, sprich der Redefluss beim narrativen Interview soll sich möglichst
ungetrübt und möglichst unbeeinflusst vom Interviewer entfalten können. Der
Erzähler soll seine Lebensgeschichte so reproduzieren können, wie er sie erfahren
hat. Diese Homologie von Erzählungen und (identitäts- und handlungsrelevanter)
Erfahrung ist dann unmittelbar gegeben, wenn es sich um eine Stegreiferzählung
handelt. In einem mehrstündigen Interview soll der Erzähler in die Dynamik eines
Erzählvorgangs eingebunden werden. Der Erzähler bzw. die Erzählerin soll sich auf
bereits abgearbeitete sowie theoretisch-reflexiv wenig überformte Erfahrungen
einlassen.
Die Intersubjektivität sichernden Regeln sind von Kallmeyer/Schütze als
"Zugzwänge" des Erzählens bezeichnet worden:
-
Gestaltschließungszwang:
auch ohne Vorkenntnis weiß ein jeder über den formalen Aufbau von
Erzählungen bescheid
-
Relevanzfestlegungs- und Kondensierungszwang:
weil die Erzählzeit begrenzt ist, muss sich der Erzähler auf das Wesentliche
beschränken, dennoch aber die Gestalt schließen. Er muss also die Erzählung
und ihre Teilerzählungen entsprechend verdichten, kondensieren.
-
Detaillierungszwang:
Bei best. biographisch relevanten Ereignissen ist der Erzähler "gezwungen",
detaillierter auf den Kontext der angesprochenen Ereignisse einzugehen.
Dadurch werden evtl. Handlungs-, Entscheidungs- und Verlaufsmuster sichtbar,
die der Erzähler ansonsten übergangen hätte.
In einer Stegreiferzählung wird der Erzähler also, da er über den Aufbau seiner
Erzählung nicht reflektiert, sondern ihn intuitiv vollzieht, aufgrund der Selbstläufigkeit
des Erzählvorgangs in die "Zugzwänge" des Erzählens "verwickelt" oder "verstrickt"
(Schütze 1977).
Seite 9
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Im narrativen Interview entwickelt sich in den rein narrativen Sequenzen eine
Eigendynamik.
Der
erste
Analyseschritt
besteht
darin,
die
nicht-narrativen
Sequenzen von den narrativen zu trennen und das Erzählschema freizusetzen, also
den Erzähler nicht unter Argumentationszwang zu setzen.
Analyseschritte lt. Schütze:
-
formale Textanalyse:
eliminieren der nicht-narrativen Textpassagen und Segmentieren des 'bereinigten'
Erzähltextes auf seine formalen Abschnitte.
-
Strukturelle inhaltliche Beschreibung der Darstellungsstücke
-
Analytische Abstraktion:
das Ergebnis der strukturellen inhaltlichen Beschreibung wird von den Details der
einzelnen dargestellten Lebensabschnitte gelöst, die einzelnen Aussagen werden
systematisch
zueinander
in
Beziehung
gesetzt
und
die
biographische
Gesamtformung wird herausgearbeitet.
-
Wissensanalyse:
systematische Interpretation der Orientierungs-, Verarbeitungs-, Deutungs-,
Selbstdefinitions-, Legitimations-, Ausblendungs- und Verdrängungsfunktion
-
Komparative Analyse:
Übereinstimmungen
herausgearbeitet
und
und
mit
Ähnlichkeiten
"maximal"
zu
anderen
kontrastierenden
Fällen
werden
Vergleichsfällen
verglichen.2
2
vgl. Bohnsack, Ralf: Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in Methodologie und Praxis qualitativer
Forschung. Opladen: Leske+Budrich 2000 (4., durchgeseh. Aufl.)
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Datenerhebung
Wir führten 5 Interviews durch. Von den befragten Personen waren 4 weiblich und
eine männlich. Das Alter unserer Befragten liegt zwischen 18 und 30 Jahren. 3
Frauen sind selbst schon Mütter. Der männliche Interviewpartner ist der Stiefvater
von 2 Kindern.
Alle Interviewten sind aus unserem Bekanntenkreis und wurden bei ihnen zuhause
befragt.
Formulierende Interpretationen
Interview 1
1) Zeitpunkt des ersten Stichs (6-8)
Dem Kind wurden mit eineinhalb Jahren die Ohrlöcher gestochen. Nach Meinung
der Mutter war es in diesem Alter bereits zu spät.
2) Wunsch des Kindes (12-14)
Jedes Mädchen hat bei uns Ohrlöcher. Jedes Mädchen möchte gerne Ohrringe,
sind aber später zu feige sie stechen zu lassen.
3) Das richtige Alter (15)
Am besten ist, wenn die Ohrlöcher im Alter von sechs oder sieben Monaten
gestochen werden.
4) Grund für das richtige Alter (15-18)
Die Babys bekommen ja auch Impfungen und die tun ihnen genau so weh wie
das Stechen von den Ohrlöchern. Für die Babys ist das Stechen von Ohrlöchern
kein Weltuntergang.
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SS 05
5) Zeitpunkt des ersten Stichs bei der Mutter (23)
Die Mutter war zwei oder drei Jahre alt.
6) Erinnerungen der Mutter an ihr Ohrlochstechen (28-29)
Die Mutter kann sich nicht mehr daran erinnern.
7) Der Grund für das Vergessen (29-31)
Kinder erinnern sich nur bis zum Altern von drei Jahren zurück. Von den Jahren
null bis drei vergessen sie alles.
8) Grund für das richtige Alter (29-32)
Es ist gut dem Kind vorher Ohrlöcher stechen zu lassen, weil sie sich später nicht
mehr daran erinnern können.
9) Spätere Reaktionen des Kindes (36)
Es hat jeder und bei uns gehört das einfach dazu. Wenn es ihr nicht gefällt,
braucht sie die Ohrringe nur wieder herausnehmen.
10) Meinung des Kindesvaters (46,50-51)
Der Vater hat nichts dagegen gehabt. Die Mutter hat vorher mit dem Vater
darüber gesprochen.
11) Einstellung zu Piercings (55-58)
Die Mutter hat selbst ein Piercing. Jeder muss selbst entscheiden ob er sich
piercen oder tätowieren lassen will. Solange man es nicht übertreibt mit dem
Piercen, schadet es auch keinem.
12) Erlaubnis zum Piercen (62-68)
Wenn die Tochter sechzehn Jahre alt ist, dann dürfte sie sich den Bauchnabel
piercen lassen. Keine Erlaubnis würde sie für Piercings im Gesicht bekommen,
da sie damit vielleicht später im Beruf Schwierigkeiten haben könnte.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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13) Unterschied zwischen Piercen und Ohrlochstechen (72-75)
Es gibt keinen großen Unterschied zwischen Piercen und Ohrlochstechen.
Piercen ist eine neue Art von Kultur, so wie es früher das Ohrlochstechen war
und heutzutage zerbricht sich auch keiner mehr den Kopf darüber.
14) Durchführung des Ohrlochstechens (80)
Die Ohrlöcher wurden beim Kinderarzt gemacht.
15) Grund für die Durchführung beim Kinderarzt (84-85)
Es wird nur noch mehr vom Kinderarzt gemacht. Früher haben auch die
Juweliergeschäfte kleinen Kindern Ohrlöcher gestochen.
16) Unfähiger Kinderarzt (86-88)
Der Kinderarzt hat ihr ein Ohrloch schief gestochen. Dieser Ohrring musste dem
Kind wieder entfernt werden.
17) Kein zweites Ohrloch (92-96)
Das Kind hat inzwischen noch kein zweites Ohrloch, da es jetzt zu warm ist und
es sich dadurch entzünden könnte. Zweites Ohrloch kommt im Winter.
18) Nicht gewartet (100)
Weil das Kind ein Mädchen ist und zu einem Mädchen Ohrringe gehören.
19) Ohrring bei einem Jungen (104-110)
Auch ein Bub hätte einen Ohrring bekommen aber wahrscheinlich erst ein
bisschen später. Bei einem Buben wäre länger überlegt worden.
Interview 2
1)
Zeitpunkt des ersten Stichs (4)
Der Befragten wurden die Ohrlöcher mit zwei Jahren gestochen.
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2)
SS 05
Situation des ersten Stichs (5-7)
Die Ohrlöcher der Befragten und ihrer Freundin, die gleich alt ist wie sie selbst,
wurden im Beisein beider Mütter gestochen. Anschließend wurden die Kinder
mit einem Eis belohnt.
3)
Stechen weiterer Ohrlöcher (29-31)
Etwa im Alter von elf Jahren hat sich die Befragte selbst mehrere Ohrlöcher
stechen lassen, bis sie auf 12 Stück pro Ohr gekommen ist.
4)
Vorfreude und Schmerzen (42-46)
Die Befragte hat sich aufgrund der Vorfreude nicht auf die Schmerzen
konzentriert. Die Eltern haben ihre Vorfreude im Vorhinein gesteigert.
5)
Eigener Stolz und fremder Neid (53-58)
Die Befragte genoss es, als „Prinzessin“ beneidet zu werden.
6)
Eltern, die keine Ohrlöcher bei ihren Kindern wollen (64-67)
Andere Eltern lassen bei ihren Kindern keine Ohrlöcher stechen, weil sie es
vielleicht nicht schön finden, evtl. weil sie selbst keine Ohrringe tragen. Sie
kennt Eltern, die den Kindern das Ohrlöcherstechen erst ab achtzehn erlauben.
7)
Skandal bei Männern (73-87)
Der 40jährige Cousin hat vor seiner Mutter noch mit Mitte 20 Jahren die
Ohrlöcher herausgenommen, weil es bei Männern als Skandal angesehen
wurde. Seine eigenen Söhne haben die Ohrlöcher schon als Kinder bekommen.
Der große Bub hat seine Ohrlöcher zu Beginn der Volksschule bekommen, der
kleine als er noch nicht laufen konnte. Der große Bub hat Ohrlöcher auf beiden
Seiten, der kleine nur auf einer. Die Frau des Cousins hat vier bis fünf Stück pro
Ohr.
8)
Burschikose Mädchen und Ohrlöcher (93-102)
Eltern lassen ihren kleinen Mädchen Ohrlöcher stechen, wenn ein jeder denkt,
dass es sich bei dem Kind um einen Buben handelt. Die Meinung der anderen
Leute zählt. Die Befragte würde sich gestört fühlen, wenn ein jeder ihr Mädchen
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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für einen Buben halten würde. In diesem Fall würde das Mädchen die Ohrlöcher
schon im Kleinkindalter erhalten.
9)
Das Kind nicht dazu zwingen (104-108)
Die Befragte würde beim Kind erst Ohrlöcher stechen lassen, wenn es der
eigene Wunsch des Kindes ist, also würde sie das Kind nicht dazu zwingen.
10) Eigenen Willen des Kindes fördern (112-113)
Das Kind soll seine eigenen Entscheidungen treffen, weil es seinen eigenen
Körper angeht.
11) Gesprächsthema Ohrringerl (127-135)
Mit einer Freundin hat die Befragte über die Ohrringerl des dreijährigen
Nachbarmädchens gesprochen. Ihrer Meinung war es bei dem Mädchen zu
früh, weil das Mädchen die Ohrringerl nicht mehr trägt. In diesem Fall empfindet
die Befragte das Ohrlöcherstechen als unnötig zugefügten Schmerz.
12) Gesellschaftliche Akzeptanz (141-143)
Ohrlöcher und Piercings werden von der Gesellschaft unterschiedlich akzeptiert,
weil Ohrringerl ein jeder hat und sie überall gemacht werden.
13) Gefahren des Piercens (146-151) (155-159)
Piercings hinterlassen Narben, die auffälliger erscheinen, als die Punkte, die
Ohrlöcher hinterlassen. Beim Piercen muss man mehr aufpassen als bei
Ohrlöchern. Öhrlöcher sollte man nicht schießen lassen, sondern sie sollen mit
einer Piercingnadel gestochen werden, weil es dann schneller verheilt.
14) Persönliche Einstellung zum Piercen (164)
Die Befragte findet Piercings nicht schlecht.
15) Enttäuschte Mutter (167-172)
Für ihr erstes Piercing hat ihre Mutter unterschrieben, doch statt eines
Bauchnabelpiercings ist daraus ein Nasenpiercing geworden. Die Mutter war
enttäuscht, weil das Kind sich so entstellen ließ.
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SS 05
16) Piercing als Skandal und Mode (175-178) (179-186)
Vor zehn Jahren noch war das Piercen ein Skandal, weil es zu dieser Zeit noch
nicht sehr aktuell war. Die Eltern der Freundin haben sich damals über das
Nasenpiercing der Befragten aufgeregt. Mittlerweile jedoch haben beide Töchter
mehrere Piercings und die ältere hat sich drei oder vier Tätowierungen machen
lassen. Darüber regt sich kaum noch jemand auf, weil es zur Mode geworden ist
und in der Gesellschaft akzeptiert wird.
17) Alter beim ersten Piercing (197)
Die Befragte war bei ihrem ersten Piercing, dem in der Nase vierzehn Jahre alt.
18) Weitere Piercings (201-203)
Nach dem Nasenpiercing sind noch viele mehr dazugekommen, wie etwa im
oberen Armbereich, Nabel, Lippenbändchen.
19) Beweggründe für das Piercen (207-208)
Der Befragten gefiel das Piercen sehr gut und auch heute gefällt es ihr noch
sehr gut.
20) Piercen als Lebenseinstellung (213-214) (217-220)
Das Piercen hat weniger mit Mode zu tun, sondern bedeutet, eine bestimmte
Lebenseinstellung zu haben. Eine gute Freundin der Befragten ist heute 37 und
hat sich insgesamt 27 Piercings an allen möglichen Stellen machen lassen und
wird die Piercings in den nächsten fünfzehn Jahren noch haben.
21) Piercings bei eigenen Kindern (228-234)
Wenn das Kind den Wunsch äußert, würde die Befragte es erlauben, solche im
Dekollete, im Nacken oder an anderen schlimmen Stellen eher nicht.
22) Kinder richtig unterstützen (235-241)
Die Befragte würde ihr Kind unterstützen und einen kompetenten Piercer
suchen, damit keine Entzündungen und Blutvergiftungen entstehen, weil sich
das Kind das Piercing selbst macht.
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23) Gründe für unterschiedliche Akzeptanz bei Mädchen und Buben (247-257)
Burschen mit Ohrringerl könnten als homosexuell gesehen werden und damit
wird bei Eltern eine Schamgrenze überschritten. Außerdem ist es bei Burschen
von der Gesellschaft her nicht so akzeptiert wie bei Mädchen. Es könnte aber
auch sein, dass die Großeltern damit nicht einverstanden wären und die Eltern
den Familienfrieden bewahren wollen.
Interview 3
1)
Hält nichts vom Ohrlöcher stechen (4-9)
Er findet, dass man ein Kind nicht zwingen soll, wenn es noch nicht selbst
sagen kann, dass es Ohrlöcher haben will.
2)
Der Bub kriegt keine Ohrlöcher (13-14)
Der Bub kriegt keine Ohrlöcher so lange er es noch nicht selbst sagen kann.
3)
Die Freundin ist aber dafür (22, 26-27)
Wie sie das Problem lösen wissen sie noch nicht.
4)
Julia wird später froh sein, dass sie Ohrlöcher hat (32-35)
„Als Frau oder als Mädchen ist es wichtig, dass man Ohrlöcher hat“ (Zeile 33)
5)
Wenn die Julia noch keine gehabt hätte, hätte sie welche bekommen (39-50)
Der Interviewpartner findet, dass je früher man den Mädchen Ohrlöcher sticht
umso besser ist es. Die Babys spüren nur einen kurzen Stich, wenn sie jedoch
schon älter sind bekommen sie mehr Angst und dann müssen sie warten bis sie
in der Pubertät sind.
6)
Die Befragte macht einen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen (54)
Seite 17
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
7)
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Der Interviewpartner bekam mit 11 oder 12 auch Ohrlöcher (58-59, 63-67)
Seine Mutter war zuerst dagegen, hat sich dann aber überreden lassen, aber
nur wenn sie den Stecker aussuchen kann.
8)
Er bereut es nicht (75-78)
Man sieht das <loch noch und er spürt es noch aber bereuen tut er es nicht weil
er es sich selbst ausgesucht hat.
9)
Heute trägt er keine Ohrstecker mehr (82, 86)
Es gefällt ihm nicht mehr.
10) Piercings = Verschandelung vom Gesicht (94-102)
Zumindest in der Zunge oder bei der Lippe. Gegen einen dezenten Stecker in
der Nase oder in der Augenbraun hat er nichts einzuwenden.
11) Ohrlöcher stechen ist nicht das gleiche wie piercen (106-107)
Ohrlöcher gibt es schon ewig und fällt unter Schmuck.
12) Piercen wird es in den nächsten 10 Jahren kaum noch geben (109-113)
Am Anfang hat das jeder gehabt, aber heute hat es auch fast keiner mehr.
13) Er erlaubt seinem Kind keine Piercings (117, 125-126)
Wenn sich sein Kind trotzdem piercen lässt muss es mit den Konsequenzen
leben.
14) Er wäre bereit für Kompromisse (138-145)
So lange das Piercing dezent ist. Aber meistens bleibt es nicht bei den einen
und irgendwann einmal „hängt das Gesicht irgendwo herunter“ (Zeile 143)
15) Ein Kind lässt sich nicht lange etwas vorschreiben (151-154)
Kinder wollen sich irgendwann einmal ausleben und dann lassen sie sich nichts
mehr gefallen
Seite 18
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
Interview 4
1)
Alter beim Ohrlöcherstechen (3-4)
Die Julia, das Kind der Interviewpartnerin, war 3 Jahre alt, als sie Ohrlöcher
bekommen hat.
2)
Der Grund für die Ohrlöcher (4-6)
Da das Nachbarkind Ohrlöcher hatte, wollte die Julia auch welche. Die
Interviewperson war dafür, da sie ja ein Mädchen ist.
3)
Nicht vor 3 Jahren (6-8)
Die Interviewperson wollte ihrem Kind nicht vorher Ohrlöcher stechen lassen,
weil sich ihre eigenen Ohrlöcher immer entzündet haben und das wollte sie ihrer
Tochter ersparen.
4)
Wahl der Ohrringe (17-18)
Als die Interviewpartnerin mit ihrem Kind beim Juwelier war um die Ohrlöcher zu
stechen, durfte sich die Julia selbst ihre Ohrringe aussuchen.
5)
Ohrlöcher sind wieder zugewachsen (40-44)
Eine Woche nach dem Stechen, hat sich Julia ihr Ohrloch entzündet, da haben
sie die Ohrringe wieder herausgenommen, ein Ohrring hat Julia sogar verloren
und da sind ihr die Ohrlöcher wieder zugewachsen.
6)
Das 2. Mal Ohrlöcher stechen (44)
Nachdem Julia ihre Ohrlöcher zugewachsen sind wurden ihr noch einmal
Ohrlöcher gestochen.
7)
Kein drittes Mal (45-47)
Für die Interviewpartnerin war klar, dass ihre Tochter noch ein einziges Mal
Ohrlöcher gestochen werden und wenn sie noch einmal zu wachsen, muss das
Kind warten bis sie alt genug ist, dass sie selber zum Juwelier gehen kann.
Seite 19
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8)
SS 05
Das Problem beim 2. Mal Ohrlöcher stechen (54-55)
Julia hat noch genau gewusst wie weh das getan hat.
9)
Juwelier statt Kinderarzt (68-77)
Da Julia schon 3 Jahre alt war, kam für die Interviewperson nur der Juwelier in
Frage. Wäre sie jünger gewesen wäre sie wahrscheinlich zum Hausarzt
gegangen wegen der Nachbehandlung. Aber darüber hat sie sich damals keine
Gedanken gemacht.
10) Eigene Erfahrungen spielten eine Rolle (81-90)
Die Interviewperson musste ihre Ohrringe herausnehmen als sie röntgen war
und als sie in der Intensivstation war. Zu Hause musste ihre Eltern sie wieder
neu durchstechen und dann hat sich alles entzündet. Da war für sie klar, dass
sie ihrem Kind das nicht antut.
11) Im Kindergarten hatten es auch alle (92-95)
Als Julia 3 Jahre alt war und damit im Kindergarten war, kam das Thema
Ohrlöcher auf, da alle anderen im Kindergarten das auch hatten. Außerdem ist
sie ein Mädchen.
12) Ohrringe als Geschenk (95-99)
Die Oma von der Julia hat ihr zum 1. Geburtstag goldene Ohrringe geschenkt,
da war klar, dass sie irgendwann einmal Ohrlöcher bekommt.
13) Wunsch des Kindes (103)
Die Julia wollte selbst die Ohrlöcher.
14) Im Kindergarten (103-106)
Als die Julia in den Kindergarten gegangen ist, hat sie angefangen ihre Mutter
zu fragen warum sie keine Ohrlöcher hat und ob sie auch welche bekommt.
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SS 05
15) Vater war auch dafür (110-114)
Der Vater des Kindes war von den Ohrlöchern überzeugter als die
Interviewpartnerin. Er wollte die Ohrlöcher kurz nach Julias Geburt stechen
lassen, die Interviewpartnerin war aber dagegen.
16) Julia muss selbst dafür sein (114-116)
Die Interviewpartnerin war der Meinung, dass so lange die Julia nicht selbst
sagen kann, dass sie Ohrlöcher will bekommt sie auch keine.
17) Julia wird später mit den Ohrlöchern zufrieden sein (121-127)
Die Interviewpartnerin schätzt ihre Tochter so ein, dass sie wenn sie älter ist,
froh sein wird, dass sie schon Ohrlöcher hat. Da sie sich selbst keine mehr
stechen lassen muss und da sie gerne Schmuck trägt.
18) Vielleicht ein zweites Ohrloch (132-145)
Wenn die Julia alt genug ist und selbst entscheiden kann, dann kann sie sich
ein zweites Ohrloch stechen lassen. Sie soll es aber nur machen weil es ihr
selbst gefällt und nicht weil die anderen es haben.
19) Ohrringe als Geschenk (149-152)
Da die Interviewpartnerin zur Taufe ihre ersten goldenen Ohrringe bekam
wurden ihr danach Ohrlöcher gestochen.
20) Kinderarzt statt Juwelier (152-155)
Die Interviewpartnerin bekam ihre Ohrlöcher beim Kinderarzt da das
Schmuckgeschäft erst Kinder mit 10 Jahren Ohrlöcher sticht.
21) Der Grund für die Eltern (156-157)
Die Eltern der Interviewpartnerin haben sich damals gedacht, da ihre Tochter
schon goldene Ohrringe hat und ja ein Mädchen ist, soll sie Ohrlöcher
bekommen.
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SS 05
22) Eigene schlechte Erfahrungen (161-171)
Die Interviewpartnerin erzählt, dass ihre Ohrlöcher zugewachsen sind und ihr
Vater sie neu durchstechen musste. Von da weg hat sie sich gedacht, sie will
keine Ohrringe mehr haben. Deswegen hat die Julia auch nicht sofort nach der
Geburt Ohrlöcher bekommen.
23) Die Interviewpartnerin fand ihre eigenen Ohrlöcher cool (176-179)
Als die Interviewpartnerin in der Pubertät war, fand sie ihre Ohrlöcher cool und
sie wollte damals noch ein zweites Ohrloch auf jeder Seite.
24) Piercings ja aber es kommt drauf an wo (185-187)
Die Interviewpartnerin findet Piercings hübsch, aber es kommt auf die
Körperstelle drauf an.
25) Ohrläppchenstechen ist nicht piercen (196-210)
Das Ohrläppchenstechen ist für die Interviewpartnerin kein piercen, wenn es
jedoch weiter oben beim Ohr ist dann ist es ihrer Meinung nach piercen. Und
dann soll es auch ein Piercer oder der Hausarzt stechen.
26) Ihre Tochter darf mit 14 oder 15 Jahren ein Piercing haben (222-235)
Es kommt aber auf die Stelle drauf an. Wenn ihre Tochter alt genug ist und das
Aussehen dazu hat darf sie ein Bauchnabelpiercing haben. Im Gesicht muss es
nicht sein, da muss sie sich zuerst einen Job suchen, als Schülerin darf sie das
nicht. Außerdem muss die Julia selbst davon überzeugt sein, der Wunsch nach
einem Piercing darf nicht aus einem Gruppenzwang entstanden sein.
27) Bewilligung nur für ein Bauchnabelpiercing (239-240)
Die Interviewpartnerin würde ihrer Tochter eine Bewilligung schreiben, dass sie
vor 16 Jahren sich ein Bauchnabelpiercing stechen lassen kann.
28) Interviewpartnerin wollte ihrem Sohn auch ein Ohrloch stechen lassen (246-254)
Die Interviewpartnerin fand, dass ein Ohrloch bei ihrem Sohn süß aussehen
würde, aber er ist gerade in einem blöden Alter und jetzt im Winter war eine
ungünstige Zeit, da der Sohn immer Hauben aufsetzen musste.
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SS 05
29) Wenn er alt genug ist und selber eines will bekommt er eines (255-259)
Wenn ihr Sohn mit 7, 8 Jahren ein Ohrloch will muss er sich im Klaren sein,
dass es kurz weh tut und dass sich das Ohrloch auch entzünden kann.
30) Dass ihr Freund gegen Ohrlöcher beim Jungen ist spielt eine Rolle (271-274)
Ihr Freund ist gegen die Ohrlöcher beim Jungen und da sie bei der Erziehung
an einem Strang ziehen, soll er auch zufrieden sein.
31) Diskussionen mit ihren Freund über ein Piercing sind vorprogrammiert (282-297)
Die Interviewpartnerin glaubt, dass es bei einem Bauchnabelpiercing nicht so
ein Problem sein wird. Aber wenn es ums Gesicht geht werden Diskussionen
nicht ausbleiben.
32) Piercing würden in 10 Jahren noch immer modern sein (301-306)
Die Interviewpartnerin glaubt, dass die Piercings bis zu einem gewissen Grad
noch immer aktuell sind, da es viele Zielgruppen gibt die dem Piercing-Trend
nachgehen werden.
Interview 5
1)
Der Grund (5-13)
Die ersten Ohrringe wurden ihr mit 2Jahren gestochen und das nur weil sie sich
dazu bereiterklärte ihren Schnuller wegzuwerfen.
2)
Verständnis für das stechenlassen von Ohrlöchern (18-22)
Wenn Kinder alt genug dafür sind und es auch sagen können, dann ist es in
Ordnung, dass sie Ohrringe bekommen können. Es ist wichtig das Kinder selbst
entscheiden da die ganze Prozedur mit Schmerzen verbunden ist
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
3)
SS 05
Buben anders behandeln? (29-34)
Auch hier wird erwähnt, dass wenn der Junge alt genug ist kann er gern eines
haben aber nur eines weil die Angst besteht, dass er sonst nicht akzeptiert wird
in der Gesellschaft.
4)
Gewalt gegen Buben mit Ohrringen (38- 49)
In unserer Zeit sind Menschen sehr intolerant gegenüber Buben mit Ohrringen
da es scheinbar an der Erziehung bzw. Aufklärung des Elternhauses fehlt.
5)
Die Meinung des männlichen Elternteils (48-51)
In diesem Fall ist der Vater anderer Meinung was Ohrringe bei Buben angeht
weil er das für nicht geschlechtsspezifisch hält.
6)
Entscheidungsgewalt (56-61)
Letztendlich liegt die Entscheidung ob das Kind einen Ohrring haben kann nicht
bei ihm selbst sondern in den Händen seiner Elternteile. Sekundär hierbei ist
das Verhalten des Kindes.
7)
Diskussion (65-68)
Um Einigkeit zu erzielen wird einfach solang debattiert bis man sich einig ist
oder auch nicht jedoch hofft man das es bei diesem Thema nicht allzu viel zu
diskutieren geben wird
8)
Piercings vs. Ohrringe (73-78)
Ohrringe werden nicht als das Selbe wie Piercings angesehen da sich hier
gefährliche Folgeschäden einstellen können wenn man einen schlechten
Piercer hat.
9)
Der recht Zeitpunkt (80-86)
Als den richtigen Zeitpunkt sieht man ein alter zwischen 12 und 14 an und nur
solange darüber gesprochen wird und keine Eigenmächtigkeiten bestehen.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
10) Die richtige Körperstelle (90-93)
Als die rechten Körperstellen werden bei einem Buben nur die Körperteile
angesehen welche als geschlechtspezifisch angesehen werden. Da es hier
einfach Unterscheidungen zwischen Buben und Mädchen gibt.
11) Was wenn doch
Wenn er jedoch trotzdem mit einem Piercing nach Hause kommen würde was
die Mutter nicht für gut heißt dann wäre das ein Grund um mit dem Kind zu
schimpfen jedoch würde sich an der Situation nicht wirklich viel ändern.
Reflektierende Interpretationen
Interview 1
Die interviewte Person hat ihrer Tochter mit eineinhalb Jahren die Ohrlöcher stechen
lassen. Ihrer Meinung nach war es in diesem Alter aber bereits zu spät. Am besten
ist es, wenn die Ohrlöcher im Alter von sechs oder sieben Monaten gestochen
werden. Sie selbst war ebenfalls erst zwei oder drei Jahre alt als sie ihre Ohrlöcher
bekam. Hier sieht man, wie gewisse Traditionen unbewusst an die Nachkommen
weitergegeben werden. Sie kann sich nicht mehr daran erinnern, wie es damals für
sie war. Ihrer Meinung nach, können sich Kinder nur bis zum Alter von drei Jahren
zurück erinnern. Von den Jahren null bis drei vergessen die Menschen alles. Es ist
also gut dem Kind vorher Ohrlöcher stechen zu lassen, weil sie sich später nicht
mehr daran erinnern können. Jedes Mädchen möchte gerne Ohrringe, sind aber
später zu feige sie stechen zu lassen. Es ist selbstverständlich, dass Frauen bei uns
Ohrringe haben und weil sowieso jedes Kind das haben will was all die anderen auch
haben, ist das bei den Ohrringen ganz dasselbe. Die Mutter vergleicht das Stechen
von den Ohrlöchern mit Impfungen. Die Babys bekommen ja auch Impfungen und
die tun ihnen genau so weh wie das Stechen von den Ohrlöchern. Für die Babys ist
das Stechen von Ohrlöchern kein Weltuntergang. Sie spüren einen kurzen Stich und
schon ist es wieder vorbei.
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SS 05
Der Mutter gefallen Ohrringe sehr gut und sie glaubt, dass auch die Tochter später
damit Freude haben wird, wenn nicht, zwingt sie sie nicht die Ohrringe drin zu
lassen, sondern das Mädchen kann dann nach Wunsch die Löcher wieder
zuwachsen lassen.
Die Mutter hat selbst ein Piercing, darum ist sie diesem Thema auch ziemlich
aufgeschlossen. Jeder muss selbst entscheiden ob er sich piercen oder tätowieren
lassen will. Solange man es nicht übertreibt mit dem Piercen, schadet es auch
keinem. Es gibt keinen großen Unterschied zwischen Piercen und Ohrlochstechen.
Piercen ist eine neue Art von Kultur, so wie es früher das Ohrlochstechen war und
heutzutage zerbricht sich auch keiner mehr den Kopf darüber. Wenn die Tochter
sechzehn Jahre alt ist, dann dürfte sie sich den Bauchnabel piercen lassen. Keine
Erlaubnis würde sie für Piercings im Gesicht bekommen, da sie damit vielleicht
später im Beruf Schwierigkeiten haben könnte.
Da die Mutter auch schon zum Teil mit dem Piercing-Trend aufgewachsen ist, hat sie
keine negative Einstellung zu Piercings.
Die Ohrlöcher wurden beim Kinderarzt gemacht, weil die Juweliere nicht mehr
stechen dürfen. Der Kinderarzt hat ihr ein Ohrloch schief gestochen. Dieser Ohrring
musste dem Kind wieder entfernt werden. Das Kind hat inzwischen noch kein
zweites Ohrloch, da es jetzt zu warm ist und es sich dadurch entzünden könnte.
Zweites Ohrloch kommt im Winter. Sie wird aber wieder zum Kinderarzt gehen. Sie
will aber dem Mädchen auf alle Fälle das zweite Ohrloch stechen lassen, da es
einfach hübscher aussieht.
Interview 2
Piercen ist eine Lebenseinstellung
In
einigen
Abschnitten
bin
ich
zu
dem
Ergebnis
gekommen,
dass
die
Auskunftsperson eine ganz besondere Einstellung zu Ohrlöchern und Piercings hat.
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Sie betont im Interview ständig, dass ihr das Stechen der Ohrlöcher und die
Piercings Freude bereitet haben (siehe Interview 2 Zeilen 29 - 30, 34 - 36, 44 - 47, 54 - 58, 207208).
Hinzu kommt natürlich auch die Tatsache, dass sie sich sehr viele Ohrlöcher
und Piercings machen ließ (siehe Interview 2 Zeilen 201 – 203).
Kinder und Eltern zum Thema Ohrlöcher und Piercings
Laut Auskunftsperson hängt es von der persönlichen Einstellung der Eltern ab, ob sie
ihren Kindern Ohrlöcher stechen lassen (siehe Interview 2 Zeilen 64 – 67, 167 – 172).
Weiters hängt die Akzeptanz der Eltern für Ohrlöcher und Piercings davon ab,
inwieweit die Eltern selbst für ihre Kinder eintreten, d.h. inwiefern sie sich für die
Taten ihrer Kinder schämen oder ob sie ihnen bereits zutrauen, ihr eigenes Leben zu
leben (siehe Interview 2 Zeilen 93 – 102, 247 – 257).
Bei Männern sind Ohrlöcher ein Skandal
Besonders ältere Generationen sehen Männer und Frauen anscheinend beim Thema
des Ohrlöcherstechens nicht als gleichberechtigt an. Die Auskunftsperson erzählte
mir, dass ein Mann mit Ohrringerl leicht mit Vorurteilen, wie der Homosexualität,
behaftet werden kann (siehe Interview 2 Zeilen 73 – 76, 248 – 257).
Interview 3
Der Interviewpartner ist gegen Ohrlöcher wenn das Kind, nicht selbst sagen kann,
dass es gerne welche hätte. Er macht auch einen Unterschied zwischen Jungen und
Mädchen. Wenn die Julia noch keine gehabt hätte, hätte er ihr welche stechen
lassen, doch bei dem Jungen ist er dagegen. Auch seine Mutter war damals bei ihm
gegen Ohrlöcher, mit 11 oder 12 Jahren konnte er sie dann aber überreden.
Die meisten von uns, sind so aufgewachsen, dass es ganz selbstverständlich ist,
wenn kleine Mädchen Ohrlöcher bekommen. „Als Frau oder als Mädchen ist es
wichtig, dass man Ohrlöcher hat“ (siehe Interview 3 Zeile 33), Doch bei Jungs ist das
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SS 05
noch was anderes. Die hat man erst mit einem Alter von ca. 10 Jahren mit einem
Ohrstecker gesehen und selbst da war es noch ein ungewohntes Bild und man war
sich nicht sicher was man davon halten soll. Man kannte das auch, dass ein
Ohrstecker auf einer gewissen Seite ein Zeichen dafür war, dass man homosexuell
sei. Dieses Denken führt dazu, dass sich Eltern einfach nicht sicher sind ob sie ihren
Jungen jetzt ein Ohrloch stechen sollen, denn die meisten haben Angst davor, dass
der Junge dann verspottet oder sogar geschlagen wird. Bei Mädchen wird nicht so
viel darüber nachgedacht, da wird es einfach gemacht und oft kommt es vor, dass
die Mädchen Ohrstecker geschenkt bekommen noch bevor sie ein Ohrloch haben.
Die befragte Person ist gegen Piercings, denn sie sind eine Verschandelung vom
Gesicht (vgl Interview 3 Zeile 94). Er würde seinem Kind auch keine Piercings
erlauben, er stellt sich aber schon auf Kompromisse ein. Trotzdem ist er der
Meinung, dass in 10 Jahren kaum noch wer Piercings trägt. Außerdem findet er
noch, dass das piercen nicht das gleiche ist wie Ohrlöcher stechen.
Wir wachsen alle damit auf, dass Ohrlöcher etwas Selbstverständliches ist, das hat
die Oma und die Mama und es ist ganz normal, dass kleine Mädchen auch welche
bekommen. Doch bei Piercings bekommen wir mit wie die ältere Generation darüber
schimpft und die Meinungen darüber auseinander gehen. Also denken wir uns, dass
Ohrlöcher stechen doch nicht das gleiche sein kann wie piercen, das eine wird von
der Gesellschaft toleriert, das andere hingegen nicht. Vielleicht auch aus dem Grund,
weil piercen einfach noch zu neu ist.
Interview 4
Die interviewte Person ließ ihrem Kind, als es drei Jahre alt war, Ohrlöcher stechen.
Das hatte mehrer Gründe, ein Grund war, dass die befragte Person selbst als Kind
Ohrlöcher hat, die sich aber entzündet haben und das wollte sie ihrem Kind nicht
antun. Außerdem bekam das Kind zu der Zeit mit, dass das Nachbarskind und
Kinder im Kindergarten Ohrringe haben, also wollte sie selbst auch welche haben.
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SS 05
Die interviewte Person hatte Zweifel daran, ob sie ihrem Kind Ohrlöcher stechen
lassen sollte, da sie durch schlechte Erfahrungen geprägt war. Doch da sehr viele
Mädchen Ohrlöcher hatten und ihr Kind das auch von sich wollte, wurden die
Ohrlöcher doch gemacht. Obwohl man über mögliche Folgen nachdenkt und sich
deren bewusst ist, lässt man sie am Ende doch außer Acht. Man sieht nur das süße
Mädchen mit Ohrstecker.
Julia
sind
dann
die
Ohrlöcher
zugewachsen
und
mussten
wieder
neu
durchgestochen werden. Natürlich hat Julia noch genau gewusst wie das Gefühl des
Stechens war und hatte Angst. Da war für die befragte Person klar, dass sie das
nicht noch einmal bei Julia tun würde.
Wenn das Kind schon einmal Ohrstecker hatte und diese dann verloren gehen und
die Ohrlöcher wieder zuwachsen, ist man oft schneller wieder beim Juwelier oder
Kinderarzt als beim ersten Mal. Denn sie hat sie ja schon gehabt und das hat so
hübsch ausgesehen. Das zweite Mal stechen wird als etwas ganz anderes
angesehen, als das erste Mal. Beim zweiten Mal denkt man sich, nur noch einmal
durchstechen, denn im Prinzip ist das Loch ja vorhanden, man bekommt nur mehr
keinen Stecker hinein. Doch nach dem zweiten Mal ist dann die Geduld der Eltern
meistens vorbei und sie denken sich, dass war das letzt Mal.
Gründe für Ohrlöcher gab es viele, der Vater von Julia wollte schon kurz nach ihrer
Geburt, dass sie welche bekommt, Julia sah, dass andere Kinder Ohrstecker hatten
und wollte deswegen auch welche und nicht zu vergessen: „sie ist ja ein Mädchen“
(siehe Interview 4, Zeile 95).
In unserer Gesellschaft ist das Thema Ohrlöcher bei Kindern so modern und wird
von fast allen akzeptiert, dass man sich gar nicht großartig Gedanken macht. Man
sieht, dass viele Mädchen Ohrstecker haben, also denkt man sich: wieso soll dann
mein Kind keine Ohrstecker haben? Es ist doch ganz was Normales. Das Kind
bekommt oft zur Taufe Ohrstecker, noch bevor es Ohrlöcher hat. So häufen sich die
„angeblichen“ Gründe der Eltern um dem Kind Ohrlöcher stechen zu lassen.
Außerdem rechnet man damit, dass es dem Kind später auch gefallen wird, da es bei
einem selbst nichts anderes war.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
Piercings findet die Interviewpartnerin sehen hübsch aus, es kommt aber auf die
Stelle drauf an. Sie würde ihrem Kind ein Bauchnabelpiercing erlauben, auf keinem
Fall ein Piercing im Gesicht, da hat die Befragte einfach Angst, dass ihr Kind keinen
Ausbildungsplatz findet. Sie denkt sich, dass Piercings auch in 10 Jahren noch
aktuell sein werden. Ihr Freund ist da anderer Meinung und wird wahrscheinlich auch
gegen ein Piercing bei dem Kind sein. Bei der Frage, ob Ohrlöcher stechen das
gleiche ist wie piercen, kommt es für die Befragte auf die Stelle des Ohres an, das
Durchstechen des Ohrläppchen ist für sie kein piercen, jedoch weiter oben beim Ohr
ist für die Interviewperson piercen.
Die interviewte Person schließt klare Grenzen zwischen Ohrlöcher stechen und
piercen. Man kann wieder darauf schließen, dass das Piercen für die Leute etwas ist,
dass junge Menschen haben, sowie Nasenpiercings, Zungenpiercings, aber auch an
der Stelle weiter oben beim Ohr. Die Meinung der meisten Menschen ist, dass es so
viel ältere Personen gibt die Ohrlöcher haben, also kann das auf keinen Fall piercen
sein.
Die Befragte wollte auch ihrem kleinen Sohn ein Ohrloch stechen lassen, jedoch kam
sie davon wieder ab, da die Zeit nicht richtige war und ihr Freund dagegen ist.
Interview 5
Ich denke um das Interview zu verstehen bzw. hinter die Antworten blicken zu
können sollte man sich ein Bild davon machen wer diese Person ist. Bei ihr handelt
es sich um eine junge Frau die schon sehr früh schwanger geworden ist und das
Kind daher auch anders behandeln möchte bzw. toleranter seinem Kind gegenüber
sein möchte was man bereits an den Absätzen 18 - 22 sehen kann.
Zwar hatte sich auch ihre Ohrringe erst verdienen müssen, jedoch sagt sie, wenn
das Kind alt genug ist kann es gern Ohrringe bekommen. Hier sieht man, dass es
sich um eine sehr junge Mutter handelt denn dieses Denken ist typisch für die junge
Gesellschaft von heute. Wo früher noch die Pflicht verbunden mit Belohnung stand,
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SS 05
steht heute ein Geben und Nehmen an erster Stelle, welchen halt besondere
Momente und Einstellung voran gehen.
Bei ihrem Kind handelt es sich ja um einen kleine Buben und bei ihrer Jungen und
ungeschminkten Art wäre sie natürlich auch damit einverstanden wenn er mal ein
Ohrring haben möchte jedoch spricht sie hier auch ihre Sorgen und Gedanken laut
aus. In unserer vielschichtigen und weiten Welt, in der man annehmen müsste, dass
die Menschen auch auf andersartige Dinge tolerant reagieren. Jedoch werden auch
heute noch viele Kinder dermaßen konservativ erzogen das sie ebenso wie ihre
Eltern und deren Eltern alles was Anders ist ablehnen und genau davor hat sie
Angst. Sie möchte nicht, dass man ihren Sohn schlägt nur weil er anders ist. Und
hier kann man eine Parallele ziehen. Denn sie hat auch noch einen jüngeren Bruder
welcher es nicht leicht hat in der Schule. Er trägt ebenfalls einen Ohrring und wird
zwar nicht gehänselt aber doch mit einem schrägen Blick beäugt.
Obwohl sie sagt, dass sie dem Kind die Entscheidung überlässt haben trotzdem
noch die Eltern das letzte Wort. So wie es schon immer wahr scheint es auch bei ihr
nicht anders zu sein. Ohne das OK von den Eltern geht gar nichts. Und hier
befürchtet sie, dass der Vater des Kindes einer solchen Situation, dem Ohrring bei
Buben, eher negativ eingestellt ist. Da es sich bei ihr aber um eine recht starke
Persönlichkeit handelt scheint sie recht zuversichtlich zu sein was eine Einigung mit
dem männlichen Elternteil angeht.
Sie steht was Piercings angeht eher negativ gegenüber da für sie ein Ohrring etwas
ganz anders ist. Sie besitzt selbst 2 Piercings und 4 Ohrlöcher, doch trotzdem
fürchtet sie die Folgeschäden welche beim Piercen zurückbleiben. Ich schätze mal
hier kommen eben die Muttergefühle zum tragen, weil jede Mutter hat ja Angst um ihr
Kind. Und daher grenzt sie auch die Zeit in welcher er ein Piercing erhalten soll
gehörig ein. Und man merkt auch, dass sie ein recht strenges Elternhaus haben
muss da sie auch sagt das hier keine Eigenmächtigkeiten bestehen dürfen, sprich
der Kleine lässt sich ohne das Wissen der Eltern ein Piercing stechen. Etwas was
gerade in unserer Zeit ein großes Thema ist „Wohin mit dem Piercing“! Trotz aller
Toleranz würde sie niemals zulassen, dass der Bub sich an einer Stelle Piercen
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SS 05
lassen würde wo es einfach nicht üblich ist für einen Jungen. Das ist wohl wieder auf
die Angst zurück zu führen das er missverstanden werden kann in unserer Zeit.
Und trotz allem scheint sie sich recht hilflos vorzukommen, denn was würde sie
machen wenn er sich trotzdem und gegen ihren Willen ein Piercing stechen lassen
würde? Sie selbst sagt, dass sie wohl mit ihm schimpfen würde und böse wäre aber
es würde an der Situation wohl nicht viel ändern.
Gegenüberstellung und Eigeninterpretation der Interviews
Die Mehrheit unserer Befragten ist der Meinung, dass Mädchen schon im Kindesalter
Ohrlöcher bekommen sollten. Als Grund geben sie an, dass bei uns fast jedes
Mädchen Ohrlöcher hat und es einfach zu einem Mädchen gehört. Burschikosen
Mädchen werden die Ohrlöcher gestochen, damit man sie von Jungs unterscheiden
kann. Bei einem Jungen würden die Befragten schon länger überlegen, ob sie ihm
ein Ohrloch stechen lassen würden oder nicht.
In unserer Gesellschaft herrscht die Meinung, dass Ohrringe bei Mädchen als
selbstverständlich angesehen werden, weil sie eben Mädchen sind. Bei Jungs
hingegen besteht die Gefahr, dass sie mit einem Ohrring von anderen nicht toleriert
werden und vielleicht sogar als homosexuell angesehen werden.
„Als Belohnung für das Wegwerfen vom Schnuller“ (siehe Interview 5 Zeile 5), „weil das
Nachbarskind auch Ohrlöcher hat“ (siehe Interview 4 Zeile 4), „das Kind hat schon zur
Taufe die Ohrstecker geschenkt bekommen“ (siehe Interview 4 Zeile 150) und „weil jedes
Mädchen Ohrlöcher hat“ (siehe Interview 1 Zeile 12) wurden als Gründe für das Stechen
von Ohrlöchern angegeben.
Unserer Gruppe ist es aufgefallen, dass sich Eltern von kleineren Mädchen gar nicht
bewusst Gedanken darüber machen warum sie ihnen Ohrlöcher stechen lassen. In
unserer Kultur wird es schon seit Generationen so gemacht und darum wird es als
ganz „normal“ angesehen. Im Gegensatz dazu, stehen die Menschen in Amerika
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SS 05
diesem Thema nicht so offen gegenüber. Bei ihnen werden Ohrlöcher selbst im
Teenageralter nicht gerne gesehen.
Alle weiblichen befragten Personen haben ihre Ohrlöcher selbst schon im
Kindesalter gestochen bekommen. Eine kann sich noch besonders gut daran
erinnern wie es damals für sie war, da es mit einigen Problemen verbunden war
(Entzündungen,…). Eine andere Person kann sich überhaupt nicht mehr daran
erinnern, da sie einfach noch zu klein war als sie ihre Ohrlöcher bekommen hat. Der
männliche Interviewpartner durfte sich erst mit 11 oder 12 Jahren das Ohrloch
stechen lassen, da seine Mutter vorher dagegen war.
Auch hier sieht man wieder sehr schön den Unterschied der zwischen Mädchen und
Jungen gemacht wird. Auch damals schon, war es üblich Kleinkindern Ohrlöcher zu
stechen. Dadurch sieht man deutlich, dass Meinungen und Handlungen von
Generation zu Generation weitergegeben werden.
Beim Thema Piercing sind sich unsere weiblichen befragten Personen einig. Sie
würden ihrem Kind ein dezentes Piercing erlauben. Zwei Interviewpartnerinnen
machen sich sorgen, dass ihr Kind durch ein Piercing im Gesicht später schwieriger
einen Arbeitsplatz bekommen könnte. Die männliche Interviewperson wäre mit
Piercings bei seinem Kind nicht einverstanden. Er wäre aber bereit für Kompromisse.
Vor allem die weibliche junge Generation steht dem Piercing-Trend offen gegenüber,
da sie meist selbst gepierct sind. Jedoch ist ihnen auch bewusst, dass die
Gesellschaft erfahrungsgemäß noch nicht sehr aufgeschlossen zu Piercings ist und
es dadurch möglicherweise zu Problemen in der Arbeitswelt kommen kann.
Nur eine der von uns interviewten Person sieht keinen Unterschied zwischen
Ohrlöcher stechen und Piercen.
Dadurch, dass Ohrlöcher stechen in unserer Gesellschaft schon so lange modern ist,
wird es nicht mit dem Piercen gleichgestellt. In Amerika hingegen ist es ein und das
Selbe.
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Abschließend können wir sagen, dass sich der Unterschied zwischen Mädchen und
Jungen sich wie ein roter Faden durch unsere Arbeit zieht.
Reflexion der Arbeit
Reflexion der Arbeit von Sandra Eberhard
Für mich war es die erste Forschungsarbeit, die ich mittels Interviews durchführte.
Anfangs habe ich mir nicht gerade leicht getan und ich dachte, dass diese Arbeit nur
schwer zu bewältigen sein wird. Jetzt hinterher kann ich sagen, dass das Arbeiten
regelrecht Spaß gemacht hat. Erstens waren wir eine super Gruppe, ohne Streit und
ohne Verlust eines Gruppenmitgliedes und zweites hat mich unser Thema sehr
interessiert. Es war spannend die unterschiedlichen Meinungen der Befragten zum
Thema zuhören und untereinander zu vergleichen.
Bis wir aber soweit waren, hatten wir einige kleinere Hürden zu überwinden. Wie
schon gesagt, hatte ich noch nie zuvor mittels Interviews gearbeitet, somit hatte ich
auch noch keine Ahnung vom Transkribieren und Interpretieren.
Die Transkription stellte sich dann aber als gar nicht so tragisch heraus. Für mich war
es kein Problem mein Interview im Dialekt zu tippen, da ich private E-Mails unter
Freunden oder die SMS am Handy sowieso immer in der Mundart schreibe.
Ein Stückchen schwieriger war da schon die Interpretation des Interviews. Nach
längerem hin und her, gelangen mir dann aber auch beide Interpretationsarten recht
gut.
Rückblickend kann ich sagen, dass es eine sehr interessante Lehrveranstaltung war
und ich hinsichtlich des Arbeitens mit Interviews viel für mein weiteres Studium
mitnehmen kann.
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SS 05
Reflexion der Arbeit von Oliver Pogatschnig
Wir wurden bei unseren Interviews vor eine für uns unbekannte Situation gestellt und
sowie jeder andere Mensch auch, fürchten wir die Menschen, das Unbekannte. In
solchen Situationen fühlen wir uns dann natürlich recht unwohl. So war es auch bei
mir der Fall. Da ich vorher noch nie ein solches Interview geführt hatte und daher
auch nicht wusste was mich erwarten würde, stand ich dieser Situation recht
skeptisch gegenüber. Erschwerend hinzu kam das man nicht wirklich wusste ob die
Informationen welche man erhält auch ausreichend sein würden. So zog es sich bei
mir durch die ganze Arbeit da ich mir nicht ganz sicher war, ob das was ich
ausgearbeitet hatte auch dem Verlangten entsprechen würde. Das positive daran
war einzig und alleine das jeder von uns ein gewisses Vorverständnis über dieses
Thema besitzt und daher auf dieses zurück greifen konnte. Da mir persönlich nicht
sonderlich viel Zeit und daher Spielraum blieb um das Interview zuführen da ich
beruflich sehr eingedeckt bin wurde die Situation noch zusätzlich erschwert. Doch
nachdem alles soweit erledigt war, viel so was wie ein schweres Gewicht von meinen
Schultern.
Reflexion der Arbeit von Elisabeth Nunner
Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich mit unserer Gruppe sehr zu frieden war.
Obwohl es oft terminliche Probleme gab, kamen wir trotzdem gut voran.
Wir entschlossen uns dazu, dass jeder eine Person interviewt, bei mir war es der
Fall, dass ich ein Pärchen kannte, die gegensätzliche Meinung waren, was Ohrlöcher
betrifft, also bot es sich an diese zwei zu interviewen. Die Idee, dass wir auch Ärzte
zu diesem Thema interviewen, wurde bald einmal fallengelassen.
Das erste Problem was bezüglich den Interviews auftauchte war: Woher bekomme
ich ein Diktiergerät? Zuerst wurde mir eines versprochen, das im Endeffekt gar nicht
existierte. Also ging ich ins nächste Geschäft und kauft mir eines, da die Zeit schon
knapp wurde und unsere Gruppe sowieso ein bisschen hinterherhinkte.
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SS 05
Als meine Interviewpartnerin habe ich meine Freundin ins Auge gefasst, da sie schon
zwei Kinder hat, ein Mädchen mit 4 Jahren, die bereits Ohrlöcher hat und einen
Jungen mit 14 Monaten, der noch kein Ohrloch hat. Da wir schon einmal auf das
Thema Ohrlöcher zu sprechen kamen und ihr Freund, der nicht der leibliche Vater
ist, gegen Ohrlöcher bei dem Jungen ist, habe ich mir gedacht, dass es interessant
wäre wenn ich beide interviewe. Jetzt war die Frage, wie stelle ich das an? Soll ich
beide gleichzeitig interviewen oder getrennt? Da es sehr schwer ist, die beiden in
Ruhe, ohne Kinder zu befragen und da ich mir gedacht habe, dass wenn ich die zwei
gemeinsam interviewe kein sinnvolles Gespräch herauskommen würde sondern nur
ein Streit, habe ich die zwei getrennt befragt. Zuerst habe ich den Freund befragt,
aus keinem bestimmten Grund, es hat sich von der Zeit einfach besser ergeben.
Leider musste ich feststellen, dass das alles andere als einfach war. Ich befürchte,
ich habe die Anfangsfrage etwas ungeschickt gewählt. Da ich die Frage, die wir in
unserer Gruppe ausgewählt hatten nicht nehmen konnte, musste ich eine andere
Frage nehmen die auf ihn zugeschnitten war. Die erste Frage hatte er sehr schnell
beantwortet, damit habe ich nicht gerechnet und schon war ich unsicher. Ich fuhr
also mit der zweiten Frage fort und auch dort war es das gleiche. Das ganze
Interview dauert ca. 15 Minuten. Ich beschloss daraufhin einmal das Interview mit
seiner Freundin abzuwarten. Dieses lief wesentlich besser und ich kam auf ca. 40
Minuten. Damit war ich zufrieden.
Bei der formulierenden und reflektierenden Interpretation stand unsere Gruppe vor
einem großen Fragezeichen. Die Fragen wurden dann aber in der Lehrveranstaltung
beantwortet und so konnten wir wieder weiterarbeiten.
Ich fand, dass diese Arbeit sehr interessant war und auch sehr viel Spaß gemacht
hat. Auf jeden Fall nehme ich von der Lehrveranstaltung sehr viel mit.
Reflexion der Arbeit von Karin Ogris
Es war nicht schwer eine Interview-Partnerin zu finden und das Interview selbst
stellte sich auch nicht als schwierig dar. Die Probleme sind erst später – beginnend
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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mit der Transkription des Interviews – gekommen. Das ewige Vor- und Zurückspielen
des Tonbandes kostete einige Stunden, zumal die Auskunftsperson zeitweise sehr
schnell sprach und ihr Dialekt ebenfalls schwierig zu Papier zu bringen war. Da
wären Satzteile zu erwähnen, wie etwa in der Zeile 15 des Interviews: „…, und so,
und dann hat, nachher, was weiß i, …“.
Aufgefallen ist mir während der Transkription, dass der erste Redeschwall der
Auskunftsperson am meisten über ihre Vergangenheit und ihre Erinnerungen
hergegeben hat. Im ersten Teil, also bis sie ins Stocken kam, konnte sie sich an
kleinste Details erinnern, die bereits vor über 20 Jahren stattgefunden haben. Nach
der ersten Pause jedoch, als die Auskunftsperson selbst nicht mehr weiter wusste,
musste ich einschreiten und nachfragen, schließlich wollte ich kein unangenehmes
Gefühl aufkommen lassen. Die Pausen, egal wie kurz sie waren, empfand ich
ständig als unangenehm, die Auskunftsperson sah mich ebenfalls etwas ratlos und
erwartungsvoll an. Könnte gut sein, dass sie sich einen standardisierten Fragebogen
erwartet hatte. Während des Interviews sind mir viele Dinge eingefallen, die ich noch
fragen könnte, leider habe ich diese Fragen gleich wieder vergessen. Ich dachte,
diese Fragen würden später bei der Transkription auch wieder auftauchen, was aber
nicht geschah.
Die formulierende Interpretation war nicht schwer, obwohl Probleme bei der
Themenfindung auftraten.
Bei der reflektierenden Interpretation ist es mir schwer gefallen, das wichtigste
herauszuholen und die Abschnitte zu gruppieren. Ich habe aber bemerkt, dass die
formulierende Interpretation eine große Hilfe für die reflektierende Interpretation
darstellte, weil die wichtigsten Aussagen bereits in Zeilennummern festgehalten
wurden und deshalb waren die relevanten Punkte leicht zu finden. Abschließend
möchte ich noch sagen, dass ich mich bei Anwendung dieser Methode sehr gut
gefühlt habe.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
Quellenangabe
Bücher

Ziegler Cornelia; Zoschke, Barbara: Bodypiercing. Wien (Zsolnay) 1995

Bohnsack,
Ralf:
Rekonstruktive
Sozialforschung.
Einführung
in
Methodologie und Praxis qualitativer Forschung. Opladen: Leske+Budrich
2000 (4., durchgeseh. Aufl.)

Karmasin, Matthias; Ribing, Rainer: Die Gestaltung wissenschaftlicher
Arbeiten. Facultas Verl., Wien 2002
Seite 38
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Anhang
Anhang 1:
Interview 1: Seite 40-43
Anhang 2:
Interview 2: Seite 44-51
Anhang 3:
Interview 3: Seite 52-56
Anhang 4:
Interview 4: Seite 57-66
Anhang 5:
Interview 5: Seite 67-70
Seite 39
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Interview 1
Interview durchgeführt am Montag den 30.05.2005 um ca. 18:45 Uhr bei der
befragten Person (weiblich/ 28 Jahre) zuhause. Wir saßen alleine beim Esstisch in
der Küche.
I:
In unsere Forschungsarbeit stellen wir uns die Frage „Warum lassen
1
manche Eltern ihren Babies Ohrlöcher stechen? Und wie denken diese
2
Eltern über Piercings?“ Nun würde ich gerne etwas über deine
3
Erfahrungen mit den Ohrlöchern deiner Tochter wissen.
4
5
IP: Wir hobn ihr mit eineinholb Johr Ohrlöcher stechn lossn (…) woar
6
eigentlich schon zu spät meiner Meinung noch (..) weil gehört schon vül
7
früher gschossen wenn’s die Kinder noch nit so mitkriegn.
8
9
I:
Klingt irgendwie brutal.
10
11
IP
Jo (.) jo is eh so. Bei uns is des so wenn’s schaust. Bei uns hot anfoch
12
jedes Mädchen Ohrringl. Und umso länger du woartest ~~ die Mädchen
13
möchten es hobn und sind donn ober zu feige sie zu schiaßn und do is es
14
besser sie glei mit sechs sieben Monat zu schiaßn weil sie kriegn Spritzn a
15
und des tuat ihnen genau so weh blöd gsogt oda? Jede Zeckenimpfung
16
tuat an Kind weh und man mochts genauso und wenn do donn a noch die
17
zwa Ohrringl gstochen werden glab i is des ka Weltuntergang fürs Kind.
18
19
I:
Warst du gleich alt wie deine Tochter als du deine Ohrlöcher bekommen
20
hast?
21
22
IP: Bhoa (..) jo (..) jo woar i sicha. Also mit 2-3 Johr hob i sicha a schon die
Ohrringalan ghobt jo.
23
24
25
I:
Kannst du dich noch daran erinnern wie es damals für dich war?
26
27
IP: Na (..) (*erfolgreich psychologisch verdrängt *) na i glab an des erinnerst di
28
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a nit. Is anfoch zu longe her. I glab Kinder fongen sich erst ob ca. drei Johr
29
on zu erinnern. Also wenn a Großmutter stirbt oda sowos könnan sich die
30
Kinder jo on olles nit mehr erinnern … (# deswegen is es gscheider mitn
31
Kind schon vorher zu schiaßn weil des merkn sie sich eh olles nit #) (**).
32
33
I:
Wie glaubst du wird deine Tochter später einmal darauf reagieren?
34
35
IP: Es hot heitzutog jeder und i glab des ghört anfoch dazu bei uns.
36
37
I:
Und wenn sie die Ohrringe aber überhaupt nicht mag?
38
39
IP: Donn brauch sie sie später lei außa tuan (..) (* des soll sie sich getraun *)
40
(**) Na i glab heitzutog a Mädchen ohne Ohrringl gibt’s fost nimma. Also
41
es hot jedes meiner Meinung noch.
42
43
I:
War der Kindesvater auf für die Ohrlöcher?
44
45
IP: Jo (.) wohl. Hot nix dagegen ghobt.
46
47
I:
Hast du ihn vorher um seine Meinung gefragt?
48
49
IP: Jo, i man man bespricht holt jo a so olles. Man spricht drüber. Do hots
eigentlich nit vül Diskussionen gebn.
50
51
52
I:
Und wie stehst du eigentlich zu Piercings?
53
54
IP: Hob i selber ans. (…) I glab des is von jeden die eigene Entscheidung wos
55
wenn gfollt. Der ane is tätowiert der ondre is gepierct und olls wos nit
56
übertriebn is glab i oda ~~ schodet glab i kan. Und wenn sie sich dafür
57
entscheiden sollt nojo
58
59
I:
Also würdest du ihr Piercings erlauben?
60
61
IP: Jo, wenn sie sechzehn Johr olt is und sie überzeigt davon is (.) kummt
62
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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drauf on wo. Wenn sie`s Gsicht und de Lippen voll hätt donn tät i sicha
63
wos dagegen hobn weil du nie waßt wo sie später mol orbeiten wird oder
64
ob sie`s später von Beruflichen her mol hobn konn. Weil die Löcher im
65
Gsicht bleiben und man siehgt des und des is donn nit so optimal oba
66
wenn`s der Bauchnobl is glab i konn ma nix dagegen sogn und für olles
67
ondere konn sie sich wenn sie olt genug is imma noch dazu entscheiden.
68
69
I:
Ist für dich Ohrlöcher stechen das gleiche wie piercen?
70
71
IP: (..) Es is eigentlich von dem her nit vül wos onderes (…) außer das des
72
Piercen a neue Art von Kultur is de es früher noch nit woar und in zehn
73
Johr wird sich sicha kana mehr übers Piercen den Kopf zerbrechen so
74
wie`s heite kana mehr übers Ohrringl stechn mocht. I sog des is a neue
75
Art von Generation.
76
77
I:
Wo hast du eigentlich die Ohrringe deiner Tochter stechen lassen?
78
79
IP: Beim Kinderarzt.
80
81
I:
Und warum beim Kinderarzt?
82
83
IP: Weil`s nur mehr der Kinderarzt mocht. Früher mol hobn sie`s in die
84
Schmuckgschäfter gmocht. Äh dos mocht heite fost kana mehr und do hob
85
i gsogt gemma zum Kinderarzt. (**) Nur dieser Kinderarzt woar unfähig die
86
Ohrringl zu stechen des muass i a noch dazu sog (**) weil er hot ihr ans
87
verstochn das wir ihr ans wieda außa nehmen hobn miassn.
88
89
I:
Und hat sie inzwischen schon ihr zweites Ohrloch bekommen?
90
91
IP: Na des hot sie jetzt noch nit. Weil jetzt is zu woarm und wenn`s zu woarm
92
is donn sollt ma es nit mochn weil es sich entzünden konn und jetzt woartn
93
wir bis wieda kälter wird und donn werma des Zweite schiaßn gehen (…)
94
Im Winter is sie wieda dronn (*)
95
96
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
I:
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Warum hast du nicht gewartet bis sie selbst entscheiden kann ob sie
97
Ohrringe will oder nicht?
98
99
IP: Weil sie a Mädchen is und zu an Mädchen Ohrringl anfoch dazu ghört.
100
10
I:
Und wie wäre deine Einstellung wenn du einen Jungen hättest?
102
103
IP: Wenn i an Buabn bekommen hätt, hätt er a ans kriegt.
104
105
I:
Auch schon im Babyalter?
106
107
IP: So klan waß i nit. Oba oba hätt i hätt i auch nix dagegen wenn wir ans 108
gschossn hättn auf aner Seitn. Do hättn wir vielleicht länger überlegt ob 109
wir es mochn oba bei am Mädchen ghört des anfoch dazu.
110
111
I:
Vielen Dank. Das war`s von meiner Seite aus. Hättest du noch 112
irgendetwas zu diesem Thema zu erzählen?
113
114
IP: Na eigentlich nix mehr. Vielleicht beim nächsten Kind (**)
115
Richtlinien der Transkription
(.)
ganz kurze Pause
(..)
ca. 2 Sekunden Pause
(…)
ca. 3 Sekunden Pause
~~
Satz nicht zu Ende gesprochen und gleich mit einem nächsten Satz
begonnen
(*…*)
diesen Satz lachend gesagt
(**)
interviewte Person lacht
(*)
interviewte Person grinst
(#...#)
diesen Satz als „Appell“ gesagt
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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Interview 2
Ka:
So, wie war es bei dir, wie du Ohrlöcher bekommen hast?
1
Erzähl mir davon!
2
3
Ke:
Also, laut meiner Mutter war i erst zwei Jahre alt. Und i kann mi sogar
4
noch erinnern, wo wir das machen haben lassen. Da war ma bei so an
5
Juwelier, eben mit der besten Freundin von meiner Mutter und ihre
6
Tochter, die is gleich alt wie i, also 5 Tage sind wir auseinander. Und,
7
ja, da hamma mit zwei Jahren, hamma dann Ohrringe bekommen.
8
Hamma uns noch aussuchen dürfen, was für a Farbe. Und i hör heute
9
noch, eben mei Freundin schrein, und, i war dann ganz brav und hob a
10
Belohnung gekriegt, und so, dann simma Eis essen gegangen, weil i so 11
brav war und mir das stechen hab lassen. Und, ja, i glaub nit, dass es
12
geschadet hat. Nur das einzige war halt dann, dann hab i so unheimlich 13
schicke Goldohrringe gekriegt von der Taufpatin, und, ja des hat sich
14
dann immer alles entzündet, und so, und dann hat, nachher, was weiß i, 15
mit drei oder vier Jahren ham sie’s mir dann wieder gestochen, weil sie’s 16
wieder rausgetan ham, und, ja, dann hab i es halt a paar Mal stechen
17
lassen, bis i dann irgendwann so ane Silberohrringe gekriegt hab, und
18
die hab i dann vertragen und das war in Ordnung und seitdem hab i
19
eigentlich durchgehend Ohrringe. Und i könnt’s mir gar nimma ohne vor- 20
stellen.
21
22
Lange Pause (5 Sekunden)
23
24
Ka:
Ja. Pause 1 Sekunde. Wie is das jetzt bei dir, hat sich da weiter
25
noch was getan, oder, also is es geblieben, bei den Ohrlöchern,
26
die du als Kind bekommen hast. Oder wie war das?
27
28
Ke:
Ja, so im Alter von, i glaub, elf Jahren oder so, ham’s dann a
29
paar mehr Ohrlöcher sein müssen, bis es dann, glaub i, so zwölf
30
Stück auf jeder Seite waren. Also das war dann schon ganz extrem,
31
bis es fast nimma weiter rauf gegangen is und so. Ja, i mein, jetzt
32
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hob i nur noch, i glaub da sind’s noch vier auf der linken Seite
33
und auf der rechten sind’s noch zwei. Die anderen sind schon
34
alle zug’wachsen, aber, i tu nimma mehr als wie ein Ohrringel auf
35
einem Ohr rein. Aber, dann, ja, hab i ziemlich kräftig zug’schlagen.
36
37
Ka:
Wie war das, wie du als kleines Kind die Ohrlöcher gekriegt
38
hast? Schmerzen? Wie war das? Oder hast du das vielleicht gar
39
nit so mitgekriegt?
40
41
Ke:
Na, i glaub, Schmerzen warn’s (Pause) nit, weil es wird einem daham ja 42
schon so eingeredet und so. Ja jetzt kriegst dann was Schönes und
43
dann bist noch hübscher. Das is genauso wie beim Piercen,
44
da is die Vorfreude schon so richtig groß, dass du keinen Schmerz
45
mehr spürst. Du freust di einfach so im Moment drauf und dann spürst
46
du den Schmerz nimma. Und, ja, i glaub des is es.
47
48
Ka:
Und mit zwei Jahren, also, da hast du wirklich schon definitiv
49
gewusst, du willst so etwas haben, oder?
50
51
Ke:
Ja, i glaub nit, dass i das gewusst hob, aber, man hat halt so, man war
52
halt so neben seinen Freundinnen, halt so, die kleine Prinzessin und
53
man hat halt doch so schönen Schmuck in den Ohren und nit nur
54
so a Taufketterl. Und man war halt doch was Besonderes, wenn man
55
so was gehabt hat, a im Kindergoarten und so. Die ganzen Kinder, die
56
das nit gehabt ham, oder nit machen ham dürfen vielleicht, die ham an
57
dann schon beneidet. Ja.(Pause)
58
59
Ka:
Wie war das denn mit anderen Eltern? Also bei Kindern in deiner
60
Umgebung, die die Ohrlöcher nit so früh schon gekriegt ham. Wieso
61
ham die Eltern ihren Kindern das nit machen lassen. Was glaubst du?
62
63
Ke:
I hab keine Ahnung, wieso sie’s nit ham machen lassen. Vielleicht,
64
weil sie’s selbst nicht schön finden. I glaub, das is Ansichtssache.
65
Und wenn die Leute selber, wenn die Eltern, also selbst Ohrringe
66
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tragen, i glaub, dann is die Einstellung dazu a ganz anders. Wenn man
67
selber gerne Schmuck trägt, als wie bei jemanden der generell gar
68
keinen Schmuck mag, der das ganze ablehnt, sich irgendetwas durch-
69
stechen zu lassen. Ja, kenn i einige, wo’s die Kinder erst ab achtzehn
70
machen dürfen, und wo die Eltern sagen: Komm du mir nit heim mit
71
irgendwelchen Ohrringen und so. Also, i kann mi da heut noch erinnern. 72
Mei Cousin is jetzt dann bald 40 Jahr, aber mei Tante hat ihm das
73
damals73nit erlaubt. Der hat müssen mit Mitte 20 noch sei Ohrringerl
74
raustun, weil des war ja a Skandal, wenn sich eben a Bua
75
ane Ohrringalan stechen lässt. Und er hat’s bei seinen eigenen Kindern 76
dann schon erlaubt, also, beide Buam, de ham beide schon
77
in frühester Kindheit Ohrringal gehabt. Der große sicher schon
78
anfang Volksschul und der Klane, also, i glaub, der hat noch nit einmal
79
laufen können, da hat er schon a Ohrringerl gehabt. Ja. Und er selbst
80
hat jetzt a a Ohrringerl auf einer Seitn.
81
82
Ka:
Und bei den Kindern, haben die auf beiden Seiten ihre Ohrlöcher?
83
84
Ke:
I glaub der große Bua hat bei beiden, der Kleine auf einer Seitn.
85
Mei Cousin hat a zwei, i glaub, auf der linken Seite. Und sei Frau
86
hat a mehrere, also die, die hat glaub i, a vier, fünf Stück auf jeder Seitn. 87
88
Ka:
Angenommen du kriegst jetzt ein Kind, und es ist ein Mädchen, wie
89
würdest du jetzt dazu stehen, würdest du die Ohrlöcher schon machen
90
lassen, wenn’s noch ein Säugling ist? Wie würdest du damit umgehen? 91
92
Ke:
Also, was mir schon oft aufgefallen ist, dass viele Eltern kleineren
93
Mädchen die Ohrringerl stechen lassen, wenn die so burschikos
94
ausschauen, wenn man sie so einfach nit von männlich und
95
weiblich unterscheiden kann. Dass man einfach sieht, aha, das Kind
96
hat Ohrringe, „Ma, is das a liebes Mädchen“. Man möchte nit immer
97
hören: „Ma, is das a lieber Bua“, oder „Was is es denn?“ Und i glaub,
98
dass es hauptsächlich wegen dem is. I wieß es nit, es kommt eben auf
99
die Situation drauf an, also, wenn mi das nach zwei Jahren vielleicht
100
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
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schon nerven tät, wenn jeder zu meinem Dirndl sagt:
101
„Ma, is des a lieber Bua“, (Pause) könnte durchaus sein,
102
dass i es machen lassen würd’, damit man es unterscheiden kann.
103
Sonst, glaub i nit, vielleicht erst im Kindergarten, wenn das Kind
104
den Wunsch äußert, sonst würd i’s nit machen. I würd vielleicht
105
einmal den Vorschlag einbringen, oder so, aber, dass i jetzt das
106
Kind nimm: „Komm, gemma Ohrringel stechen!“, glaub i, würd
107
i nit machen. Also, und i glaub, a nit so früh.
108
109
Ka:
Warum nit so früh?
110
111
Ke:
Ja, i denk mir, i weiß es nit, das Kind sollt vielleicht seine eigene
112
Entscheidung treffen. Weil, irgendwie is es ja doch a Verletzung,
113
die man dem Kind zuführt, weil i durchlöcher doch irgendeinen Körperteil.114
Und i denk mir, ich würd’s vielleicht doch erst machen, wenn das Kind
115
den Wunsch äußert, sonst eher nit.
116
117
Ka:
Fällt dir sonst noch jemand ein in deiner Umgebung, wo so was
118
ein Thema war?
119
120
Ke:
Also so speziell, wennst mi so fragst, eigentlich nit wirklich, na.
121
122
Ka:
Hast du Freundinnen oder Bekannte, die kleine Kinder haben,
123
und wie schaut das bei denen aus, oder hast du noch nicht mit ihnen
124
drüber geredet?
125
126
Ke:
Ja, wir haben nur so generell mit einer Freundin drüber geredet,
127
weil die Nachbarn dem Enkerl a Ohrringerl ham stechen lassen.
128
Die war eigentlich a noch relativ klein, also, die war sicher erst ein Jahr
129
oder so, und dann ham sie ihr Ohrringerl stechen lassen, ja und bis jetzt 130
hat sie’s eigentlich nit mehr drinnen. So, jetzt wird sie drei, und i glaub,
131
das war schon zu früh, weil die ham’s ihr machn lassn, und jetzt hab i’s
132
eigentlich nie mehr g’sehn bei ihr. Also war’s eigentlich doch umsonst,
133
dass man einem Kind eigentlich so a bisserl an Schmerz zugefügt hat.
134
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Und, ja, i glaub, das war zu früh.
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135
136
Ka:
Es is ja auch so, dass Ohrlöcher Piercings sind. Was glaubst du,
137
was könnt der Grund sein, dass Eltern mit Ohrlöchern anders umgehen, 138
als mit anderen Piercings?
139
140
Ke:
I glaub, weil das einfach von der Gesellschaft her ganz anders
141
akzeptiert wird. Weil, Ohrringerl hat a jeder, das is was normales,
142
die kannst dir überall machen lassen. Die kannst dir beim Juwelier
143
machen lassen. Weil bei den Ohren, i mein, ja, es kann sich entzünden, 144
aber es heilt a dann relativ schnell wieder ab. Man kann’s verdecken,
145
man kann die Haare drüber wachsen lassen. Und bei Piercings,
146
das hinterlässt halt doch a Narbn. Klar, auf den Ohren, man sieht auch
147
kleine Punkte, aber das wird ganz anders von der Gesellschaft akzep-
148
tiert. Des is gar kein Thema, wenn man Ohrlöcher hat, aber, Piercings
149
kannst dir halt nit an jeder Straßenecke machen lassen. Da brauchst halt 150
doch a eigene Ausbildung, und Ohrlöcher kann heute jeder Juwelier,
151
jedes kleine Schmuckgeschäft, jeder Verkäufer kann das machen,
152
(Pause) was i eigentlich a arg find, i mein, das is ja doch irgendwie
153
a Eingriff. Und die sprühen a bisserl a Desinfektionsspray
154
drauf und nachher,zack, schießen sie’s dir durch. Also, und
155
Ohrlöcher sollt man ja eigentlich nit schießen lassen, sondern man soll
156
das ja so richtig mit einer Piercingnadel stechen lassen, weil es
157
dann a schneller heilt, und dann brauchst a nit diese medizinischen
158
Stecker reintun, sondern du kannst dir gleich reintun was du willst, und, 159
ja.
160
161
Ka:
Wie stehst du persönlich zu Piercings?
162
163
Ke:
Ja, also i find Piercings nit schlecht. I mein, i hab selber jetzt
164
nur noch eins, aber i hab in meiner Jugend a mehrere gehabt.
165
Und das komische war, wie i mir damals mei erstes Piercing
166
machen hab lassen, mei Mutter hat dafür unterschrieben
167
für a Bauchnabelpiercing. I bin dann heimkommen mit an Nasenpiercing, 168
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mei Mutter war total fertig, (lachen) hat geplerrt, sie hat sich gefragt,
169
wieso sie so a dumme Tochter hat, die so was machen lässt und
170
wie man sei ganzes Leben verhauen kann und man is sein Leben lang
171
abgestempelt irgendwie, so als Stirtzler auf die Art. Und wenn i eigentlich 172
jetzt dann nachdenk, die Ohrlöcher hat sie mir mit zwei Jahr
173
machen lassen, aber zu den Piercings is sie nie wirklich gestanden.
174
Das war dann doch so a Skandal, weil ich’s ja doch relativ früh
175
hab machen lassen, wo Piercings noch gar nit inn warn. Also,
176
i war halt echt die einzige bei uns im ganzen Ort, die mit so einem
177
riesen Ding in der Nasn rumg’rennt is (lachen), und, ja, das war halt
178
schon a bisserl so a Skandal. Und jetzt, mittlerweile, und damals
179
ham von meiner Freundin die Eltern g’sagt: „Ma, wie kannst du dich
180
piercen lassen, niemals im Leben würd i das meinem Kind erlauben.“
181
Mittlerweile ham beide Töchter mehrere Piercings wie ich. Die ältere
182
hat drei Tätowierungen oder vier sogar schon, weil das jetzt einfach
183
so zur Mode geworden is, und vor zehn Jahr oder so war das halt
184
noch voll der Skandal wennst das machen hast lassen. Und jetzt
185
is es Mode, jetzt is es okay. Jetzt auf einmal akzepieren sie’s.
186
Und zuerst machen sie a Theater, weil sich das Kind piercen lässt.
187
Und ich hab mittlerweile die Piercings alle bis auf eines abgelegt,
188
und kann’s jederzeit wieder raustun, aber a Tätowierung begleitet
189
di a Leben lang, und des is halt a schmerzhafte Sache, und a kostspieli- 190
ge Sache, wenn’s wieder entfernen lassen willst. Und so hab i a kleine
191
Narbn oder an kleinen Punkt, dass man’s nit einmal sieht,
192
wenn man jemanden drauf hinweist. Ja, (Pause)
193
194
Ka:
Wie alt warst du, wie du dir die Piercings hast machen lassen?
195
196
Ke:
Vierzehn war i beim ersten.
197
198
Ka:
Und das war das in der Nase?
199
200
Ke:
Ja, das war das in der Nasn. Und dann sind noch mehrere diverse
201
dazugekommen, und eben, im oberen Armbereich, Nabel,
202
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
Lippenbändchen, ja, alles Mögliche.
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203
204
Ka:
Was hat dich dazu bewegt, dass du das alles machen lässt?
205
206
Ke:
Also, mir hat das damals sehr gut gefallen, mir gefällts a heute
207
noch sehr gut. Nur mir is damals, also das in der Nase is mir
208
zum Beispiel heraus gefallen und i hab nit gleich a neues rein getan,
209
und dann war’s innerhalb von 10 Minuten zugewachsen. Und dann
210
hab i mir gedacht, noch einmal stechen lassen, und das war dann
211
eh schon so, dass es schon jeder gehabt hat. Und mittlerweile is wirklich 212
jeder schon gepierct, und nur weil’s halt Mode is, aber i glaub, das ganze 213
hat einfach a bisserl mit einer Lebenseinstellung zu tun. Mir gefällt das
214
schon jahrelang, mir hat das immer schon gefallen, i glaub, das wird mir 215
in den nächsten paar Jahren noch gefallen. Ja, und i glaub,
216
das war mei Grund dafür, warum i des machen hab lassen. I hab auch
217
a sehr gute Freundin, die hat 27 Piercings, also bei der is wirklich
218
alles gepierct, was man nur piercen kann, und i glaub, bei der is es
219
genauso a Lebenseinstellung. Also, die wird, die is jetzt schon 37 und
220
de wird a ihre Piercings in den nächsten fünfzehn Jahr nit raustun, also, 221
nit weil’s modern is oder nit modern is. Man muss nit immer
222
nach der Mode gehen.
223
224
Ka:
Wie würdest du damit umgehen, wenn dein Kind später einmal
225
daherkommt und sagt: „Ich will ein Piercing haben?“
226
227
Ke:
No, i glaub, i würd das auf jeden Fall erlauben. Nur, es kommt halt
228
drauf an, was es für a Piercing is, also, wenn’s jetzt ganz arge Stellen
229
sind, so, was weiß i, so im Dekollete, im Nacken oder sonst was, es gibt 230
ja wirklich schlimme Stellen, oder manche lassen sich ja direkt
231
die Oberarme, so Muster, also mehrere Piercings, zum Beispiel,
232
dass sie a Kreuz haben, oder so was machen, also das find i dann schon 233
a bisserl extrem. Das soll’s dann nit sein. Aber, wenn’s irgendein
234
Bauchnabelpiercing is oder sonst was, i glaub, dann werd i
235
auf jeden Fall mitgehen und schauen, dass wir an kompetenten
236
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
Piercer finden, und in a g’scheites Studio. Nit, dass sich die nachher,
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237
weil die meisten stechen sich’s dann selber, und i glaub es is g’scheiter, 238
man unterstützt da sein Kind in dem Vorhaben, als wie die machen es
239
dann selber irgendwo in einer Garage oder sonst wo, und dann haben
240
sie alle möglichen Entzündungen, Blutvergiftungen und so weiter und so 241
fort, i glaub, es is so g’scheiter.
242
243
Ka:
Was glaubst du, was könnte der Grund sein, dass man den Mädchen
244
Ohrlöcher stechen lässt und den Burschen eher nicht?
245
246
Ke:
Ja, bei den Mädchen eben wie gesagt, i glaub, dass man’s vielleicht
247
besser unterscheiden kann zwischen Mädchen und Junge. Und i glaub, 248
bei den Burschen vielleicht, weil man da Angst hat, weil früher war das
249
ja einmal a Zeichen dafür, dass jemand schwul is, hat a Ohrringerl g’habt 250
und so, und dass die Eltern vielleicht irgendwie, dass da die
251
Schamgrenze überschritten wird, und einfach auch Angst haben, dass
252
das Kind irgendwo als Schwuchtel abgestempelt wird.
253
Und weil’s vielleicht auch von der Gesellschaft her nit so akzeptiert is,
254
und die Großeltern nit so damit einverstanden sind, und so, und weil
255
man einfach den Familienfrieden bewahren will. I glaub, das is a
256
möglicher Grund.
257
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Interview 3
El:
Was haltest du davon wenn Eltern ihren Babys Ohrlöcher stechen
1
lassen?
2
3
Di:
Von dem halte ich eigentlich gar nichts, weil ich finde, dass man einem
4
Kind nicht zwingen soll was es gar nicht will, zumindest nicht in der
5
Form von der Erziehung, sondern in der Form mein Kind braucht jetzt
6
eine Ohrlöcher oder mein Kind braucht jetzt, ich weiß nicht, ein Piercing
7
irgendwo oder sonst irgendwas. So lang das Kind das nicht selber
8
sagen kann, bin ich dagegen.
9
10
El:
Deine Freundin hat zwei Kinder, haben die Kinder Ohrlöcher?
11
12
Di:
Die Julia hat schon welche und der Bub hat keine und der kriegt auch
13
keine so lang er es nicht selber sagen würde, kann
14
15
El:
Das sagst du?
16
17
Di:
Ja.
18
19
El:
Und deine Freundin?
20
21
Di:
Die ist dafür, dass er eines bekommt.
22
23
El:
Und wie löst ihr das Problem?
24
25
Di:
Da haben wir noch keine Ahnung wie wir das Problem lösen, derweil hat 26
er noch keine.
27
28
El:
Okay, wie glaubst du wird die Julia darüber denken wenn sie in der
29
Pubertät ist?
30
31
Di:
Ich denke mir, dass es ihr ziemlich egal sein wird und sie wird froh sein, 32
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dass sie schon welche hat, weil als Frau oder als als Mädchen ist es
33
wichtig, dass man eine Ohrlöcher hat. Weil (2) Ohrringe (3) hat (2) jedes 34
Kind oder jede jede Dame.
35
36
El:
Also ist es gar nicht so schlecht wenn man
37

38
Di:
ja bei weibliche bei weibliche
39
ist es eh nicht so schlecht, ich hab ja nicht gesagt, dass dass die die
40
Julia, wenn die Julia welche, noch keine gehabt hätte, dann hätte ich
41
auch gesagt, dann stechen wir ihr halt welche, denn je früher desto
42
besser ist es weil als Baby okay, dann merkst du halt einen Stich und
43
aus, net. (2) Dann weinst du ein bisschen und fertig, net und das, denn
44
je älter sie werden desto mehr Angst entwickeln sie gegenüber dem und 45
dann werden, wird sie einmal von Haus aus sagen: nein nein das
46
interessiert sie nicht und das will sie nicht, weil sie hat Angst und das tut 47
ihr weh und hin und her und dann wird es immer schwieriger und dann
48
musst du warten bis sie in die Pubertät ist und selber sagt, das will ich
49
haben, net.
50
51
El:
Also machst du einen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen.
52
53
Di:
Mach ich schon.
54
55
El:
Hast du als Kind auch Ohrlöcher bekommen?
56
57
Di:
Ja ich habe auch eines gehabt, aber erst dann, ich hab es erst mit (3)
58
11 bekommen oder mit 12 Jahren habe ich es erst bekommen
59
60
El:
Und deine Mama wollte das vorher nicht?
61
62
Di:
Sie hat gesagt: nein, zuerst überhaupt nicht und dann hat sie gesagt,
63
weil ich so oft nachgefragt habe ich will das unbedingt haben und dann
64
hat sie gesagt, aber nur dann wenn sie sich aussuchen darf was ich
65
hineinbekomme, denn sie hat gesagt, wenn du schon mit etwas
66
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herumläufst, dann mit etwas schönem.
67
68
El:
Di:
Und
69
|
70
Und dann habe ich einen Ring bekommen
71
72
El:
Di:
Und bereust du es?
73
(5)
74
Bereuen? Nein in dem Sinne nicht, weil ich es mir selber aussuchen
75
habe können, weil okay ich habe das, habe das Loch jetzt da drin
76
und ich spür es wenn ich dahin greife, aber ich weiß genau, ich habe mir 77
das selber ausgesucht
78
79
El:
Aber Ohrstecker trägst du nicht mehr?
|
Di:
Nein
80
81
82
83
El:
Und wieso?
84
85
Di:
(2) Gefällt mir nicht mehr.
86
87
El:
Wie stehst du zu Piercings?
88
89
Di:
(3) Ganz negativ (lachen)
90
91
El:
Wieso?
92
93
Di:
Weil ich finde, dass das eine Ver- Verschandelung vom Gesicht ist, oder 94
Selbstverstümmelung, (3) zumindest wenn ich heute sage, ich tu mir
95
eines in die Zunge hinein oder ich tu mir eines vorne da (zeigt zur Stelle) 96
bei der Lippe unterhalb hinein, des des gefällt mir überhaupt nicht, also
97
so was (2) wenn eine einen dezenten Stecker hat, in der Nase drinnen
98
oder da heroben (zeigt auf die Augenbraun) was dezentes, net was
99
wildes, dann ist es eh nicht so schlimm, aber die Spitze da heraus (zeigt 100
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auf die Unterlippe) oder oder oder eine Kugel in der Zunge drinnen, des 101
(2) gefällt mir nicht, das finde ich ekelhaft.
102
103
El:
Ist für die Ohrlöcher stechen lassen dasselbe wie piercen?
104
105
Di:
(3) Nein (2) weil die Ohrlöcher, das ist etwas das gibt es schon ewig,
106
das fällt für mich unter Schmuck (2) und net des, ich weiß nicht, das
107
kommt mir vor, das mit dem piercen, des ist nur so was des wird in den
108
nächsten 10 Jahren kaum noch geben, am Anfang hat es auch jeder
109
gehabt, am Anfang wie es heraus gekommen ist, ja super net, hat auch 110
jeder irgendwo ein Piercing drinnen gehabt und wenn es nur eines mit
111
Magnet war was du dir hinaufgehängt hast, aber heute rennt auch fast
112
keiner mehr herum, mit die Sachen.
113
114
El:
Würdest du deinem Kind ein Piercing erlauben?
115
116
Di:
Nein.
117
118
El:
Generell nicht?
119
120
Di:
Nein generell nicht.
121
122
El:
Und wenn sie 16 ist und das vom Gesetz her darf?
123
124
Di:
Dann kann ich eh nichts machen, (4) aber das hätte auch für das Kind
125
wieder Konsequenzen, weil ich sage dann entweder oder.
126
127
El:
Wie entweder oder?
128
129
Di:
Ja wenn es kommt und sagt mit 16 sie will ein Piercing, dann sage ich,
130
ja lass es machen, kann eh nichts dagegen tun, aber dann braucht sie
131
sich von mir auch nicht mehr viel erwarten
132
133
El:
Also ziehst du dann Konsequenzen.
134
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135
Di:
Ja, so lang sie bei mir, (schmunzeln) das ist ein lieber Satz, so lang sie
136
die Füße unter meinem Tisch hat (2) wie gesagt, das kommt dann auch 137
auf die Diskussion darauf an, man kann dann auch Kompromisse
138
machen, so lange das dezent ist und so lange es nicht extrem ist, so
139
sie nicht extrem wird bei die Sachen, lässt sich sowieso über alles reden 140
nur das Problem ist, dann fangen sie an mit einem kleinen da, einem
141
kleinen dort und dann gefällt der Stecker nicht mehr und dann kommt ein 142
größerer hinein und dann kommt noch ein größerer hinein und
143
irgendwann einmal, ich weiß nicht, hängt das Gesicht (schmunzelt)
144
irgendwo hinunter (zieht eine Grimasse)
145
146
El:
Okay, das wäre es mit meinen Fragen. Willst du noch etwas sagen?
147
148
Di:
Lass mich kurz überlegen.
149
(6)
150
Ja, so gesehen kann man einem Kind eh nicht was vor-, man kann
151
einem Kind eh nur eine Zeit lang etwas vorschreiben, man kann es eh
152
nicht ewig machen, das geht eh nicht, weil das lässt sich eh kein Kind
153
gefallen, denn irgendwann will es sich eh selber ausleben und selber
154
was was haben. Nur bei mir war es halt so, ich habe halt so lange herum 155
gedruckst und so lange gefragt bis ich ein- bis ich eines bekommen
156
habe, dann habe ich es einmal verloren und dann habe ich keines mehr 157
hineingetan. (4) Sonst fällt mir eigentlich nicht mehr weiß der Gott was
158
ein, zu dem.
159
160
El:
Dann bedanke ich mich für das Interview.
161
162
Di:
Bitte
163
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Interview 4
El:
Erzähl mir von den Ohrlöchern deiner Tochter!
1
2
Bi:
Die Ohrlöcher meiner Tochter haben wir stechen lassen da war die Julia
3
drei und haben wollte sie die Ohrlöcher, weil das Nachbarkind auch
4
schon ein Ohrloch gehabt hat und dann haben wir gesagt: gut lassen
5
wir ihr ein Ohrring stechen, weil sie ist ein Mädchen und vorher wollte ich
6
nicht, weil sich meine Ohrlöcher immer entzündet haben und ich wollte
7
nicht, dass sie das auch hat. Und dann waren wir beim Schiller hoben
8
und die haben ja zwei Pudel, beim Schiller hoben und mit die haben wir
9
sie zuerst abgelenkt, dass sie die Ohrlöcher bekommt und dann haben
10
sie gesagt, sie bekommt ein Betäubungspflaster hinauf und dann
11
müssen wir ein halbe Stunde warten und dann müssen wir wieder
12
kommen. Und wie sie die Pflaster hinauf bekommen hat, hat sie zuerst
13
schon gesagt, ob des eh nicht weh tut und dann haben wir gesagt, nein
14
das sind Betäubungspflaster und dann spürt sie das Stechen nachher
15
nicht. Und nach der halben Stunde war sie sehr stolz, sind wir wieder
16
zurück hinein und dann hat sie die Ohrringe selbst ausgesucht, welchen
17
Stein sie hinein haben will und dann haben wir das erste Pflaster
18
herunter getan und beim Pflaster hinten waren schon die Oh- die Haare
19
dazu hineingepickt und dann hat sie schon das erste Mal geschrieen
20
und dann haben wir einen Punkt hinauf gemalt wo das Ohrloch
21
hinkommt und dann hat sie angesetzt mit der Maschine und hat das
22
erste Ohrloch durchgestochen und dann hat sie (2) geschrieen, geweint,
23
getobt so dass die Hunde mit gejault haben mit ihr, die haben mit
24
geschrieen, mit gejault, gebellt, sie hat das ganze Geschäft zusammen
25
geschrieen und dann haben wir uns gedacht, das schaut blöd aus, auf
26
einer Seite ein Ohrloch, dann hat sie gesagt, ja wir sollen sie beruhigen
27
und sollen nach einer Stunde wieder kommen, dann sind wir wieder
28
hinaus, eine Stadtrunde gegangen, ein Eisessen gegangen, damit sie
29
sich beruhigt, damit sie wieder einmal (2) normal (2) redet wieder, nicht
30
weint, nicht jammert und und nicht die ganze Zeit zum Ohrring greift
31
weil sonst tut ihr das, wenn das dreckig wird entzündet sich das alles
32
Seite 57
180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
wieder. Und dann sind wir wieder zurück hinein und dann haben die
SS 05
33
Hunde, die haben die Kleine gesehen und so wie sie die Kleine gesehen 34
haben, waren die zwei Hunde weg, weil die haben gewusst was kommt.
35
Dann haben wir wieder auf der anderen Seite (2) Lochstechen, also
36
hinaufmalen zuerst, also der Punkt und dann haben wir sie zu viert,
37
haben wir sie müssen zwingen und halten und nur damit sie sich das
38
zweite Ohrloch stechen lässt, ja, dann hat sie das drinnen gehabt und
39
eine Woche später hat sie solche entzündeten Ohren gehabt, dass wir
40
ihr alles heraus nehmen haben müssen wieder, das zweite hat sie gleich 41
verloren nach einer Woche, weil das ja nicht zu eng zu ist am Anfang,
42
weil des ja ein bisschen anschwillt (2) und dann ist das alles wieder
43
zugewachsen und dann haben wir das gleiche noch einmal machen
44
müssen und dann war für mich klar: ich lass ihr die noch einmal stechen
45
und dann nie mehr, wenn sie die noch einmal verliert, dann soll sie
46
warten bis sie selbst alt genug ist, dass sie das selber machen kann,
47
weil den Tag werde ich mein Leben nicht vergessen, geregnet hat es,
48
sie hat geweint die ganze Zeit, nein, das war der schlimmste Tag, ich
49
werde nie mehr einem Kind so ein Ohrring stechen lassen.
50
51
El:
Und wann war das zweite Mal, wie du ihr das stechen hast lassen?
52
53
Bi:
Ahm, eineinhalb Monate später und sie hat noch genau, das Problem
54
war sie hat noch alles genau gewusst, sie hat genau gewusst sie malt
55
jetzt zuerst hinauf und es kommt zuerst das Pflaster und deswegen war
56
das für sie auch nachher auch noch einmal so schlimm und sie hat die
57
aber unbedingt haben wollen und die Ohrlöcher, ich mein der der Punkt,
58
der Ohrring hätte eigentlich nur mehr durchgedrückt werden müssen,
59
nur das, in dem Alter ist das blöd, wenn du sie selber daheim so
60
marterst und jetzt haben wir gesagt, wir lassen das noch einmal stechen 61
und wenn du nicht die verpackten Gesundheitsohrringe hast, entzündet
62
sich das ja alles gleich, nur sie hat beim zweite Mal wieder gleich
63
geschrieen und gleich getobt.
64
65
El:
Und wieso seit ihr nicht zum Hausarzt oder Kinderarzt gegangen?
66
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
SS 05
67
Bi:
Weil die Julia schon drei war und Hausarzt und Kinderarzt käme für
68
mich nur in Frage wenn ich weiß, eh, sie ist ein halbes Jahr alt, weil
69
dann sage ich, soll es die Hausärztin machen, weil das für mich mehr
70
desinfiziert wird, weil es besser ahm einfach weil nachher die
71
Nachbehandlung besser ist, weil zum Hausarzt gehe ich eher hin, als
72
noch einmal zu einem Schmuckgeschäft und deswegen, bei der Julia
73
war das eigentlich nicht, weil die Julia war schon drei, also da war das
74
nicht, da hat keiner ehrli-, ich habe gar nicht daran gedacht, wenn ich
75
ehrlich bin, dass ich sage, ich gehe jetzt zur Uran rüber oder was und
76
würde ihr das stechen lassen.
77
78
El:
Und wieso hast du sie der Julia nicht früher stechen lassen?
79
80
Bi:
Weil ich, (3) anfangs eben der Meinung war, ich will das nicht, weil
81
ich als Kind so eine Erfahrungen gehabt habe, wie röntgten gehen,
82
Ohrringe herausnehmen und dann habe ich einmal eine
83
Gehirnerschütterung gehabt, Ohrringe habe ich herausnehmen müssen
84
und dann im Spital, auf der Intensivstation darf man sie auch nicht
85
drinnen haben und dann haben sie meine Eltern zu hause neu durch
86
hinein stechen müssen mehr oder weniger, weil das ja nach 14 Tagen
87
ziemlich zu heilt dahinten und dann hat sich das alles so entzündet
88
und dann habe ich mir gedacht, das tue ich meinem eigenen Kind
89
eigentlich nicht unbedingt an und schon gar nicht als ganz kleiner, weil
90
ich denke mir wenn du immer Hauben aufsetzt und immer des des des
91
kann nicht gut, weiß nicht, bringt nicht viel glaube ich und dann mit drei
92
Jahren war eben das Kindergartenalter und da war eben aktuell und
93
natürlich alle anderen haben es im Kindergarten auch und sie wi-, sie
94
ist ja ein Mädchen, sie will halt auch Ohrringe haben und dann hat sie
95
auch von der Oma in Graz unten, hat sie zur ihrem ersten Geburtstag
96
goldene Ohrringe bekommen und deswegen war natürlich klar,
97
irgendwann werden wir ihr das stechen lassen, nur die Frage war halt
98
wann.
99
100
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El:
Also wollte sie es selber auch schon?
SS 05
101
102
Bi:
Sie wollte es selber schon, ja, wie ich das Kind wie wie das war dann
103
mit Kindergartengehen, hat sie es natürlich bei den anderen gesehen
104
und dann war natürlich, Mama warum habe ich keine und ich hätte halt
105
auch gerne welche.
106
107
El:
War der Vater auch dafür?
108
109
Bi:
Ja, der war mehr überzeugt davon wie ich, weil der wollte ihr die
110
Ohrlöcher schon stechen kurz nach, kurz nach der Geburt eigentlich
111
schon und das geht eigentlich, ich meine ob es nach der 6. Woche
112
kannst du ihnen die Ohrlöcher schon stechen lassen und da war aber
113
ich eigentlich und habe gesagt nein, so lange sie nicht selber reden
114
kann, so lange sie nicht selber wenigstens ein bisschen mitentscheiden 115
kann, kriegt sie es nicht.
116
117
El:
Wie glaubst du wird die Julia darauf reagieren wenn sie in der Pubertät
118
ist?
119
120
Bi:
Ich glaube, dass der Julia das gefallen wir, weil die Julia ist mmehr so
121
ein Typ mit langen Ohr::ringe nachher und und Ketten und Schmuck
122
und ich glaub, dass die Julia zufrieden sein wird damit, dass sie schon
123
Ohrlöcher hat und dass sie sich die nicht mehr selber stechen muss
124
und (3) weil sie sie ist einfach der Typ, der sich gern irgendetwas
125
umhängt, irgendein Schmuck hinauf tut und ich denke mir, dass sie
126
sicher zufrieden ist damit.
127
128
El:
Glaubst du, dass sie sich ein zweites Ohrloch stechen lassen wird
129
wenn sie älter ist?
130
131
Bi:
I::ch weiß nicht, das ist schwer zum sagen, ich weiß nicht wie es
132
nachher ist wenn die Julia dann einmal in das Alter kommt, aber ich
133
nehme an wenn das, ich glaube wenn sie mit 12, 13 dann, wenn das
134
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SS 05
noch immer aktuell ist, dass man ein zweites Ohrloch hat oder das
135
man das ein Stückchen weiter hoben hat, dann wird sie sicher auch
136
darum::: darum fragen, ich sagen wenn sie das selber entscheiden
137
kann, wenn sie selber sagt, Mama ich hätte das gerne und sie ist
138
davon überzeugt und ich weiß, dass sie ein Kind ist das gern Ohrringe
139
trägt, dann kann sie das auch gerne haben, nur das muss sie dann
140
selber entscheiden, also ich wäre ich wäre ich sicher nicht sagen
141
von Haus aus, nein du darfst das nicht haben. So lange sie irgendetwas 142
zum argumentieren hat und so lange sie sagt, ich will das haben weil
143
mir das gefällt und nicht nur weil es alle anderen haben, dann finde
144
ich das schon okay.
145
146
El:
Und hast du als Kind auch Ohrlöcher bekommen?
147
148
Bi:
Ich habe meine Ohrlöcher kurz nach der Geburt bekommen, weil ich
149
habe zu meiner Taufe meine ersten goldenen Ohrringe bekommen
150
und da habe ich es gleich nachher darauf, haben mir meine Eltern
151
Ohrlöcher stechen lassen und das damals noch beim Mazoch, also
152
beim Kinderarzt, die haben es noch beim Kinderarzt machen müssen,
153
weil da haben sie das beim Schmuckgeschäft, sowieso erst mit 10
154
Jahren oder was, gemacht und da haben sie nachher gesagt, ja okay
155
wenn sie schon goldene Ohrringe hat, dann soll sie auch Ohrlöcher
156
haben, weil sie ist ja ein Mädchen.
157
158
El:
Und kannst du dich noch daran erinnern?
159
160
Bi:
Nein. Ich kann mich nur daran erinnern wie wir in, wie mit 7 Jahren ich
161
meinen Radunfall gehabt habe und da habe ich sie dann eben
162
herausnehmen müssen und da habe ich mir und mein Vater dann
163
14 Tage später sie noch einmal neu durchstechen müssen und da, an
164
die Situation kann ich mich noch erinnern und von da weg habe ich
165
mir eigentlich gedacht, (2) ich will keine Ohrringe mehr, weil das
166
eigentlich wehgetan hat und weil das immer angeschwollen ist und
167
weil das immer entzündet war, obwohl das echte und goldene Ohrringe 168
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waren und deswegen war für mich dann auch die Entscheidung da,
169
dass ich sage, nein ich lasse es ihr noch nicht (2) kurz nach der Geburt
170
stechen.
171
172
El:
Wie du in der Pubertät warst, warst du da dagegen, dass deine Eltern
173
dir die Ohrlöcher stechen haben lassen?
174
175
Bi:
Nein. Ich habe das, ich habe das in derer Zeit damals dann nicht mehr
176
so schlimm empfunden, weil da war für mich dann klar, ich will noch auf 177
beiden Seiten ein zweites Ohrloch, weil das cool ausschaut, weil mir
178
das gefällt und weil das gut ist und deswegen hat mich das eigentlich
179
auch nie gestört und ich habe eigentlich auch nie weiter darüber
180
nachgedacht.
181
182
El:
Bi:
Wie stehst du zu Piercings?
183
(6)
184
Ja, ich selber habe gerne Piercings, es kommt darauf an wel- welcher
185
Körperstelle das das Piercing ist und so lange es mich nicht irgendwie
186
beeinträchtigt finde ich es hübsch. Fü- Für mein Alter noch, also und
187
fü- für mich selber, ich empfinde halt ich empfinde es als hübsch, weil
188
es mir einfach selber gut gefällt und so lange es nicht unbedingt so an
189
einer intimen Körperstelle ist wo ich sage, das könnte ich als störend
190
oder als ekelhaft empfinden, ist es kei- ist es ist es für mich also für
191
mich was (3) schönes, eigentlich, weil ich, ja, finde ich hübsch.
192
193
El:
Und würdest du sagen, dass Ohrlöcher stechen gleich piercen ist?
194
195
Bi:
(3) So lange es nur das Ohrläppchen mit einbezieht, das
196
Ohrläppchenstechen, empfinde ich es nicht als piercen, aber wenn es
197
schon mehr im oberen Teil vom Ohres ist (zeigt auf die Stelle), dann
198
ist es für mich schon ein Piercing und dann finde ich, dass das schon
199
(2) ein Piercer machen soll und nicht mehr ei- oder auch von mir aus
200
der Hausarzt , aber sicher nicht mehr a- bei irgendeinem
201
Schmuckgeschäft, die das mit derer Maschine durchstechen, weil ich
202
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das nicht als richtig empfinde, weil ich denke mir, das da heroben
203
(zeigt zu der Stelle) ist schon mehr Knorpel und das soll dann schon
204
wer machen, der sich damit auskennt und dami-, der überhaupt
205
Piercings sticht oder eben der Hausarzt, der au- der auch Piercings
206
macht, weil (2) genug da oben schon Ohrlöcher gehabt haben, die
207
sich entzündet haben, die wehgetan haben und weil da oben
208
relativ viel Nerven durch gehen auch und (die) würde nicht richtig find,
209
wenn das irgendein Schmuckgeschäft macht.
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211
El:
Also es kommt darauf an wo es am Ohr ist
|
Bi:
Ja also, i-
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|
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ja also nur das Ohrläp-
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wenn das nur das Ohrläppchen ist, dann ist das sicher kein Piercing
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für mich, sondern ist das ein stinknormales Ohrloch mit einem
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Ohrring, aber wenn es schon weiter oben ist, dann ist es schon
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piercen.
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219
El:
Okay, würdest du deinem Kind Piercings erlauben?
220
221
Bi:
(3) Wenn sie alt genug ist und wenn´s::: a- als Jugendlicher
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zumindest nicht im, also als Schülerin muss ich es nicht im Gesicht
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haben, also wenn sie sagt ( ) mit 14 oder mit 15 sie hätte gerne ein
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Bauchnabelpiercing und auch das Aussehen dazu hat, also ich meine
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gibt genug übergewichtige Kinder die dann ein Piercing haben, das
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überhaupt für nichts ist, weil das sieht nicht einmal sie selber gescheit
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dann finde ich es nicht richtig, aber wenn sie mit 14, 15 sagt, Mama ich
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hätte gern ein Bauchnabelpiercing, weil mir das gefällt und nicht weil
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es die anderen haben, also wenn es nicht aus dem Gruppenzwang
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heraus kommt, dann kann sie ruhig ein Bauchnabelpiercing haben,
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nur wenn es das Gesicht mit einbezieht dann muss sie sich zuerst
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im Klaren sein, dass sie zuerst einmal einen Job sich sucht, lernen
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geht und dann muss sie das selber weiter verantworten, also das
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lasse ich als Schülerin nicht zu, (2) ganz sicher nicht.
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
El:
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Also würdest du ihr das unterschreiben, die Bewilligung.
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Bi:
Ja so lange das nur für das Bauchnabelpiercing ist ja, alles andere
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nicht.
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241
El:
Okay, jetzt haben wir nur über die Julia geredet, aber du hast ja
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noch einen Jungen mit 14 Monaten, würdest du ihm auch
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Ohrlöcher stechen lassen?
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245
Bi:
Ich wollte ihm zuerst ein Ohrloch stechen lassen, weil (2) wir gesagt
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haben, ja das schaut lieb aus und schaut süß aus und schaut auch
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natürlich cool aus und im Nachhinein desto länger ich darüber
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nachgedacht habe, desto mehr bin ich zu dem Schlusspunkt
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gekommen, dass er einfach in einem blöden Alter ist, wenn ich
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ihm jetzt ein Ohrloch stechen lasse, weil es war jetzt die Winterzeit,
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es war Haubenzeit und auf den frisch gestochenen Ohrring, wenn
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das enger sitzt und du drückst immer irgendwas, dann hätte es sich
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wieder entzündet und da denke ich mir, in dem Alter ist es nicht richtig
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und deswegen sage ich, wenn er alt genug ist und wenn er von mir aus 255
mit 7, 8 Jahren, dann kommt, er, Mama ich hätte gern ein Ohrloch auf
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einer Seite dann muss er sich deswegen bewusst sein, dass es sicher
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beim Stechen einmal kurz weh tut und dass es sich nachher entzünden 258
kann und dass wir auf das aufpassen müssen und dass wir das richtig
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pflegen müssen am Anfang bis es ordentlich verheilt ist, dann kann er
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gerne eines haben, nur (2) jetzt finde ich es absolut nicht richtig.
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El:
Aber gefallen würde es dir?
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Bi:
Ja es würde mir schon gefallen, es es schaut es schaut lieb aus
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und ich habe auch so nichts dagegen, nur ich denke mir es sprechen
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einfach die gesundheitlichen Aspekte mehr dagegen momentan.
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El:
Und dass dein Freund dagegen ist, spricht das auch
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|
270
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180.101-Rekonstruktive Sozialforschung
Bi:
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Ja das ist natürlich
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auch für mich eine Überlegung, weil ich denke mir, wenn dann ziehen
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wir bei der Kindererziehung an einem Strang oder wir lassen es gleich
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bleiben, er soll auch zufrieden sein, er soll auch wenn er die Kinder
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anschaut nicht sich jedes Mal denken, ja super jetzt hat er da einen
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Ohrring drinnen, sondern ihm ihm soll es dann genauso einmal
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gefallen und er hat genau so viel zum mitreden wie ich.
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El:
Kannst du dir schon vorstellen, wie es dann wird wenn die Julia ein
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Piercing will, da er ja eigentlich dagegen ist?
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Bi:
Ich denke mir, so lange es bei der Julia nur um ein Bauchnabelpiercing
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geht, wird er auch nichts dagegen haben, nur alles was dann das
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Gesicht mit einbezieht kann ich mir vorstellen, dass wir egal wie alt sie
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dann ist, ob sie 18 ist ob 20 ist, wir werden immer diskutieren müssen,
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weil er im Prinzip nicht unbedingt Fan von einem Piercing im Gesicht ist 286
und ich denke mir das wird (2) sehr stressig herunter laufen weil die
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Julia doch sehr stur ist und ich denke mir in dem Moment wird dann die 288
Julia natürlich mehr zu zu mir kommen, weil sie weiß okay sie erreicht
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bei mir in der Hinsicht mehr bei mir als wie bei ihm und ich denke mir,
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dass da schon noch viel Stress kommen wird was das anbelangt und
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wenn das immer schlimmer oder wenn das immer so bleibt wie es jetzt
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momentan ist mit den Piercings wird sie frü- frühestens mit 12, 13 das
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erste Mal kommen, ob sie irgendwo ein Piercing haben darf, weil es
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einfach schon so aktuell ist, ah bei den Jugendlichen eigentlich bei
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Hauptschulkinder die erste Klasse Hauptschule zweite Kl- , es ist
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einfach schon zu aktuell das Thema.
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El:
Also glaubst du nicht, dass die Piercing-Frage immer mehr abnimmt?
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Bi:
Nein, ich glaube nicht, ich glaube dass das (2) bis zu einem gewissen
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Grad wird das immer da sein, es werden, es wird immer, des wird
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immer, ich glaube es wird immer aktuell sein, weil es wird immer so viel 303
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Gruppen geben a::, so viel Zi- Zielgruppen geben die einfach dem
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Piercingtrend immer nach gehen werden und das wird in Julia ihrem
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Fall so in 10 Jahren noch genau so noch geben.
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El:
Okay, dann danke für das Interview.
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Interview 5
Interview durchgeführt am Montag den 1.Juni.2005 um 20:00 Uhr. Bei der befragten
Person handelt es sich um eine 18 Jährige Frau. Das Interview fand in der Wohnung
der Befragten Person im Wohnzimmer statt.
Ich:
Also wir stellen uns die Frage „Warum lassen Eltern ihren Kindern
1
Öhrlöcher stechen. Und da ich sehe dass du selbst Ohrringe hast täte es
2
mich interessieren wie du zu deinen Ohrlöchern gekommen bist.
3
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Sie: Also wie i meine Ohrlöcher gekregt hab war i zwa jahr alt. De wollt i
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damals unbedingt haben. Mei mama is damals mit mir zum (überlegt)
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Juwelier gegangen und der hat ma de gemacht. Aber wie das genau war
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das weiß i net (lacht) wie des war. Aber insgesamt hab i ja 4 Ohrlöcher
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de ersten hab i mit zwei kregt (überlegt länger) kurz drauf hab i de
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anderen zwei kregt, da war i ganz stolz drauf und hab se jeden zeigen
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müssen. (Überlegt laut) (kurze Pause) I kann mi lei daran erinnern das de
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mama zu mir gesagt hat das i lei dann ane Ohrringe bekomme wenn i
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mein Zutz wegschmeis.
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Ich:
Aha! Und wie stehst du grundsätzlich zu Ohrlöcher stechen lassen bei
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Kleinkindern?
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Sie: Ja so lang das Kind das net selber will tat i das gar net machen i sag so
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wenn er/sie es selber will kann man drüber reden das ma welche machen
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laßt aber net wenn se noch net reden können (=O) oda selber wollen weil
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das tuat ja weh, ja weil an baby tuat das sicher weh mehr als wie (*) uns
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erwachsenen oder älteren Kindern.
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Ich:
Du hast ja selber an kleinen Bua tätest du dem auch Ohrlöcher stechen
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lassen oder wie stehst du zu dem das Buben auch Ohrringe tragen?
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Sie: Ja ok wenn er alt genua is und er welche haben will kann man darüber
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reden solang es lei eines ist. Also i find a bua kann genau so Ohrringe
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tragen wie a Mädchen weil so gesehen sollst da kane unterschiede
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machen. Nur soll a bua am besten nur ans haben weil wenn er zwa hat is
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de gfahr in da heitigen zeit das er verarscht wird oda gach a gschlagen
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wird von ondare buam.
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Ich:
Warum denkst du das er von andere Buben geschlagen wird??
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Sie: Weil das heite so is wenn (?o?) ja wenn du als bua 2 Ohrringe hast 38
kuman se schon mit „ma du bist schwul oda das schaut scheiße aus“ ja 39
dann fangt es an mit der Hänslerei und dann sagt er was zruck und kregt 40
schon ane aufe. Weil es gibt soviel Kinder de so intolerant sind weil ihre 41
Eltern vergessen es ihnen beizubringen das es egal is was für a hautfarb 42
du hast oder was du für a sprach sprichst.
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Ich:
Also findest du es ganz in Ordnung wenn Buben Ohrringe tragen aber 45
sag mal wie steht denn der Papa von deinem Kleinen zu dem Thema?
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Sie: Ja also i find das schon total in Ordnung nur da Papa vom Kleinen würd
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das eher net zulassen (?o?) weil er meint das wenn a bua Ohrringe hat
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dann schaut das schwul aus weil er denkt a bua hat keine Ohrringe zu
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tragen.
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Ich:
Also hängt das ob dei bua ane Ohrringe bekommt net von ihm sondern
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von eich beiden ab?
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Sie: Ja wenn dann red i schon drüber mit ihm.
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Ich:
Mit wem?
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(*) ja mit dem Papa aber bis dahin dauert das eh noch länger. Ja wenn
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da Kleine kumt zu mir und sagt er will ane Ohrringe haben dann red i
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sicher mit dem Papa über das und dann hängt es halt davon ob, ob er
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brav war ob er sie sich verdient hat so gesehen.
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Ich:
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Ja und was is wann ihr eich net einig werds??
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Sie: Ja dann wird halt drüber diskutiert bis ma uns einig sand. (*) ja wann er
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blöd wird bekommt der Kleine se sowieso. Ja i sag so warum soll er se
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net kregen wenn er se sich verdient hat wird es wohl net weiß Gott
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wieviel zum diskutieren geben.
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69
Ich:
Jetzt mal a andere Frag! Wie i sieg hast du Piercings ah sand für die
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Piercings so gesehen das selbe wie Ohrringe?
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Sie: Na sind net weil bei Piercing kannst du (?o?) Langzeitschäden davon
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tragen so wie zum bsp beim Zungenpiercing den Geschmackssinn
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verlieren oder kann da an Nerv druchtrennen das is halt die Gefahr beim
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Piercen de beim Ohrlöcherstechen net passieren kann. Ja i mein Piercen
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is net so ohne das stimmt schon wenn an schlechten Piercer hast davon
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gibts leider genua (!o!).
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Ich:
Und wie schauts da aus wenn dei Bua da amal a Piercing haben will??
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Sie: So lang er es net still und heimlich macht bzw. selber macht kann man
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drüber reden aber sicher net bevor er zwischen 12 und 14 Jahr alt is.
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Aber da is dann natürlich wieder de frage was der Papa davon hält (gg)
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und dann aber i weiß eh vom Papa her wird’s sicher na heißen aber den
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kreg ma schon rum.
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Ich:
Und wo er des Piercing dann haben will spielt für di ka Rolle??
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Sie: Doch das spielt schon a Rolle für mi weil a Zungenpiercing kann er mit
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mir ewiglang diskutieren das kregt er sicher net und Unterlippen und
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Nasenpiercing a net. Weil das einfach scheiße bei an Mann ausschaut
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und eher Frauenpiercings sind (!o!).
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Ich:
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Und was tätest du machen wenn dei bua plötzlich mit 16 mit an Piercing
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daher kommen würde das du überhaupt net haben willst?
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Sie: Ja also schimpfen tät i schon mit ihm und eventuell Hausarrest geben 100
aber (.) aber i kann das ja dann eh net mehr rückgängig machen wenn er 101
eines hat. Auf jedem Fall tat i ihm das nächste Piercing egal wo es is net 102
mehr erlauben.
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Sie: Ja also jetzt kann i da echt net mehr zu dem Thema sagen.
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Ich:
Ja dann sag i da danke für das Interview, danke das dir de Zeit 107
genommen hast.
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