Bitte beachten Sie den folgenden Hinweis: Bei dem nachfolgenden Manuskript und den im Seminar vorgestellten Folien handelt es sich keinesfalls um Vorlesungen (und schon gar nicht um eine vollständige Darstellung der Thematik), sondern um Stichpunkte bzw. Notizen, die Lehrbücher etc. keinesfalls ersetzen können. Philosophische Probleme der Quantentheorie 21.04.04 Allgemeines − Theorie und Interpretation Ohne erschöpfend klären zu wollen, was genau eine physikalische Theorie ist, so kann man doch sagen, dass eine Theorie aus einem formalen Teil und einer Interpretation besteht. Der formale Teil ist in der Regel mathematisch ausgearbeitet, eine System von Axiomen oder Gesetzen und daraus logisch-mathematisch abgeleitete Folgerungen (Dabei sind die Anforderungen an mathematische Strenge sehr unterschiedlich, oft vergleichsweise lax). Die minimale Interpretation dieser formalen Theorie gibt uns die Verbindung zur Wirklichkeit, d.h. zunächst zu Meß- und Beobachtungsergebnissen. Z.B. Sie ist immer nötig, um die Hypothesen und Voraussagen einer Theorie zu testen (Die Entstehung neuer Hypothesen aus Beobachtungs- oder Messergebnissen ist vermutlich ein sehr viel komplexerer Prozess, wie wir anhand der Entwicklung der QT noch sehen werden.) Inwiefern über diese minimale Verbindung zur Empirie eine Deutung von Theorien möglich oder gar notwendig ist, ist noch immer umstritten. Sieht man Theorien nur als Werkzeuge zur Vorhersage (Instrumentalismus), so ist man mit der Minimalinterpretation zufrieden. Hält man physikalische Theorien dagegen für (zumindest in einigen Aspekten) adäquate Darstellungen einer theorieunabhängigen Wirklichkeit (Realismus), so sollte man sagen können, welche Objekte und Strukturen in der Welt den mathematischen Strukturen der Theorie entsprechen. In der klassischen Physik traten Interpretationsprobleme nur vereinzelt auf. Die Mechanik wurde, aufgrund ihrer weitgehenden Verträglichkeit mit dem Alltagsverstand und der Anwendungen im Bereich der Technik (oder auch des Billardspielens oder des Kinderkreisels), weitgehend als anschaulich und nicht weiter interpretationsbedürftig empfunden. Auseinandersetzungen gab es allerdings um Konzepte wie den absoluten Raum oder die nur auf Grund ihrer Wirkungen beobachtbaren Kräfte. Die Natur der basalen Entitäten der Mechanik, der massiven Körper, wurde jedoch selten problematisiert. Etwas anders sah es in der Theorie des Lichts und später der Elektrodynamik aus. Im 17. und zu Beginn des 18. Jhds. konkurrierten noch ein Korpuskel- (Newton) und ein Wellenmodell (Huyghens) für das Licht. Zu Beginn des 19. Jhds. setzte sich aber nach der Beobachtung von Interferenzphänomenen bei Licht (Young; Fresnel) die Wellentheorie durch. Wellen waren jedoch zunächst ohne ein Medium der Wellenausbreitung nicht denkbar. Man dachte sich daher analog zu Schallwellen in Festkörpern und Gasen und Wasserwellen den sogenannten Äther als Medium für die Lichtausbreitung. Maxwells Elektrodynamik schließlich gelang eine vereinheitlichte Beschreibung der elektrischen, magnetischen und optischen Phänomene. Obwohl seit Faradays Experimenten klar war, dass sich elektrische und magnetische Phänomene gegenseitig hervorrufen konnten (Induktion) und dieser auch schon das Konzept des elektromagnetischen Feldes (durch Feldlinien veranschaulicht) eingeführt hatte, stieß seine Theorie jedoch teilweise auf Verständnisschwierigkeiten aufgrund mangelnder Anschaulichkeit. (Es gab komplizierte mechanische Modelle für die elektromagnetischen Phänomene, da einige Forscher der Ansicht waren, man könne Physik nur anhand mechanischer Modelle wirklich verstehen.) Ähnlich wie Kräfte waren Felder nur über ihre Wirkung beobachtbar, daher suspekt. Die Anschauungshilfe des Äthers für die Wellenausbreitung führte ihrerseits zu Problemen, da der Äther völlig andere Eigenschaften haben mußte als jeder bekannte elastische Festkörper. (Keine Längselastizität, da EM-Wellen transversal sind, hohe Steifigkeit, aber kaum Widerstand für die Himmelskörper.) Klassische Mechanik Newtons Bewegungsgesetze 1687; Euler-Lagrange-Gleichungen 1788, Hamiltonsches Prinzip, Hamilton-Gleichungen 1835 Materielle Körper werden beschrieben als „Massenpunkte“ Sind Geschwindigkeit (Impulse) und Position aller Partikel des Systems zu einem Zeitpunkt bekannt, so kann die Zukunft (oder auch die Vergangenheit des Systems) im Prinzip berechnet werden (Laplacescher Dämon). Systeme sind zu jeder Zeit in allen relevanten Eigenschaften vollständig bestimmt und entwickeln sich deterministisch! Elektrodynamik Coulombsches Gesetz 1785; Faradays Induktionsgesetz 1831 Maxwell: einheitliche Theorie für elektrische, magnetische und optische Phänomene „Maxwell-Gleichungen“1864 Maxwell: Licht ist die wellenartige Ausbreitung elektro-magnetischer Felder (ebenso Radiowellen, Mikrowellen, Röntgenstrahlen etc.) Bestätigt durch Hertz: Experimenteller Nachweis elektromagnetischer Wellen 1877 Objekte der Theorie: „Felder“, d.h. jedem Raumpunkt wird mathematischphysikalisches Objekt, der Vektor des elektrischen bzw. magnetischen Feldes zugeordnet (anschaulich durch Feldlinien dargestellt, im 19. Jhd. auch vorgestellt als Zustände des „Äthers“). Die dynamische Entwicklung der Felder verläuft ebenfalls deterministisch. Geladene Körper sind Quellen der Felder (hier beginnen und enden die Feldlinien), Wellenabstrahlung gibt es bei beschleunigten Ladungen (Hertzscher Dipol). Entscheidend ist das Superpositionsprinzip für Wellen und elektromagnetische Felder: Wellen und Felder überlagern sich einfach additiv, mathematisch ist jede Summe von Lösungen der Feldgleichungen wieder eine Lösung, anschaulich kann man die Amplitude der Welle bzw. des Feldes überlagern. Bei Wellen kommt es damit zum Phänomen der Interferenz; durch die pahsenversetzte Überlagerung kann es zu Verstärkung bzw. Auslöschung kommen, was charakteristische Muster erzeugt. Anschaulich denke man sich Verstärkung dadurch, dass Wellenberg addiert werden und Auslöschung durch die Überlagerung eines Wellenberges mit einem Wellental. In der klassischen Physik treten i.d.R. Teilchen und Felder auf; sie sind nicht aufeinander reduzierbar, sondern ergänzen sich gleichsam zu einem Weltbild: Teilchen sind Quellen der Felder und die Wechselwirkungen zwischen Teilchen werden durch Kraftfelder vermittelt.