WAB - Ausgabe 11/2005 - Titelthema : Private Equity als Instrument zur Mittelstandsfinanzierung? Unternehmensbeteiligungen außerhalb der Börse Björn Reitzenstein* Für viele mittelständische Unternehmer stellt sich nicht erst seit der Verschärfung der Kreditvergaberegeln durch Basel II die Frage, wie sie ihre Unternehmung mit ausreichendem Eigenkapital versehen können. Dies trifft sowohl auf Wachstumsunternehmen zu als auch auf etablierte Unternehmen, die ihre Wettbewerbsposition verteidigen oder verbessern wollen. Bei vielen mittelständischen Unternehmen steht nicht die Optimierung ihrer Finanzierung, die einen Abgleich von Investitionsbedarf, Ausschüttungsplänen, steuerlichen Aspekten und anderen Überlegungen erfordert, im Vordergrund. Oft gilt es, eine Mindestausstattung mit Eigenkapital zu erreichen, die den Unternehmen den Zugang zu Bankkrediten nicht verstellt, um damit die Fortsetzung der unternehmerischen Aktivität überhaupt zu ermöglichen. Unterkapitalisierte Mittelständler sind häufig nicht in der Lage größere Investitionen zu tätigen oder Wettbewerber zu übernehmen. Trotz ihres Know-hows und exzellenten Kundenbeziehungen verlieren sie zunehmend an Boden. Diesen Unternehmen verbleiben dann Kooperationsformen, die keinen erheblichen Kapitaleinsatz erfordern. Trifft ein unterkapitalisierter Mittelständler dann aber auf ein kapitalstarkes Unternehmen, mit dem er z.B. ein Gemeinschaftsunternehmen gründen möchte, ist er oft in einer schwächeren Minderheitenposition. Festzuhalten ist also, dass die Beschaffung von Risikokapital eine wesentliche Herausforderung darstellt, um a) die bestehenden unternehmerischen Tätigkeiten fortführen und b) die Position im internationalen Wettbewerb behaupten und ausbauen zu können. Vielen mittelständischen Unternehmern fällt es aber schwer, aus eigener Kraft das hierfür notwendige Risikokapital zu mobilisieren. Ziel des Finanzinvestors ist eine Kontrollposition Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Lücke durch Finanzinvestoren, so genannte Private Equity-Firmen, geschlossen werden kann. Private Equity ist der Oberbegriff für Anlagen in Form von Unternehmensbeteiligungen außerhalb der Börse. Dabei hat die Beteiligungsgesellschaft Anteil am unternehmerischen Risiko. Die Gesellschaften legen Investitionsmittel an, die sie von institutionellen und privaten Anlegern "eingesammelt" haben. Diese Investoren erwarten Renditen, die oft nur durch Leistungssteigerungen und Umstrukturierungen in den Unternehmen erzielt werden können. Hierbei handelt es sich nicht um eine klassische Form der Finanzierung. Private Equity- Investoren engagieren sich in der Regel in Situationen, in denen ein Eigentümerwechsel stattfindet, z.B. im Rahmen der Nachfolgeregelung. Meist ist es das Ziel des Finanzinvestors, eine Kontrollposition zu erreichen. Diese ist erforderlich, um die Verbesserungspotenziale, wie etwa Kostensenkungen, Optimierungen bei der Vorratshaltung oder Wachstumsprogramme im Unternehmen, auch realisieren zu können. Nach etwa drei bis fünf Jahren wird ein Weiterverkauf des Unternehmens angestrebt, der einen höheren Erlös als beim Einstieg erzielen soll. Wiederveräußerung nach relativ kurzer Haltedauer Der Kauf des Unternehmens wird mit Eigen- und Fremdkapital finanziert. Auf dem Feld der Finanzierung haben Finanzinvestoren Fähigkeiten, die mittelständischen Unternehmen oftmals fehlen. Vereinfachend gesprochen besteht das ökonomische Modell darin, Unternehmen zu erwerben, deren Leistungsfähigkeit zu steigern und diese nach einer nicht allzu langen Haltedauer mit Gewinn wieder zu veräußern. Damit ist klar, dass Private Equity nur dann eine Kapitalquelle für Unternehmer ist, wenn sie an einem Verkauf oder an einer Beteiligung von Investoren interessiert sind. Durch den Verkauf fließt dem Unternehmen kein Eigenkapital zu, sondern es wechseln lediglich die Unternehmensanteile der Eigentümer. Kommt es zu einem Engagement von Finanzinvestoren, bestehen nunmehr weitaus größere Möglichkeiten. Finanzinvestoren können sehr schnell agieren und zusätzliche Investitionsmittel für attraktive Zukäufe mobilisieren. So genannte "buy and build"-Strategien stellen eine interessante 1 WAB - Ausgabe 11/2005 - Titelthema : Private Equity als Instrument zur Mittelstandsfinanzierung? Perspektive für Unternehmen dar, die in der Eigentümer-struktur vieler Mittelständler oft nicht möglich ist. Für den Finanzinvestor rechnen sich derartige Strategien, wenn sich das Verbesserungspotenzial aus der Zusammenführung von Unternehmen erhöht und sich dies beim Verkauf entsprechend niederschlägt. Unter Umständen kann auch die kritische Unternehmensgröße erreicht werden, die etwa einen Börsengang ermöglicht, um so den Ausstieg für den Finanzinvestor einerseits und den dauerhaften Zugang des Unternehmens zu Risikokapital andererseits zu schaffen. Die Eigentümerstruktur ist keine Konstante mehr Die Beschaffung von Risikokapital über Private Equity oder gegebenenfalls über die Börse führt zu einer für viele Unternehmer ungewohnten Situation: Die Eigentümerstruktur ist keine Konstante mehr, sie wechselt im Zeitablauf, umfasst private Investoren, Finanzinvestoren oder die Anleger an der Börse, jeweils auf Zeit. Dem Management dieser Unternehmen kommt dabei die besondere Verantwortung zu, das Unternehmen vor dem Hintergrund sich flexibilisierender Eigentümerstrukturen auf einen Kurs zu bringen, der es für Investoren dauerhaft attraktiv macht. Anspruchsvolle wirtschaftliche Ziele Abschließend lässt sich die Frage "Private Equity als Instrument zur Mittelstandsfinanzierung?" nur bedingt beantworten. Private Equity Firmen sind an einer strategischen Position in Unternehmen interessiert. Sie haben anspruchsvolle wirtschaftliche Ziele, die sie nur realisieren können, wenn sie sich nach einer begrenzten Zeit wieder von ihrem Engagement trennen. Mittelständische Unternehmen sollten sich daher an veränderliche Eigentümerstrukturen gewöhnen, wenn sie diese Finanzquelle nutzen wollen. *Diplom-Wirtschaftswissenschaftler Björn Reitzenstein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Strategische Unternehmensführung und Finanzierung der Universität Ulm 2