konzeption und erstellung von interaktiven

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KONZEPTION UND ERSTELLUNG VON
INTERAKTIVEN MULTIMEDIALEN
LEHRMATERIAL ÜBER ATOM-, KERN- UND
TEILCHENPHYSIK FÜR DIE SEKUNDARSTUFE I
Schriftliche Hausarbeit im Rahmen
der ersten Staatsprüfung für das
Lehramt für die Sekundarstufe I + II
dem
Staatlichen Prüfungsamt Köln
vorgelegt von
Dagmar Schmitz
Berichterstatter: Prof. Dr. Michael Kobel
Bonn 2001
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis ........................................................................... 2
Einleitung ...................................................................................... 3
Das Standardmodell der Teilchenphysik............................................. 6
Die Elementarteilchen ..................................................................... 7
Die fundamentalen Wechselwirkungen ............................................ 12
Die Messmethoden in der Teilchenphysik ......................................... 20
Teilchenphysik in der Schule .......................................................... 25
Physik in der Sekundarstufe I ........................................................ 26
Teilchenphysik in der Sekundarstufe I ............................................. 28
Literatur ...................................................................................... 31
Anhang A: Ein Unterrichtsentwurf sowie eine Projektwochenplanung zur
Teilchenphysik in der Sekundarstufe I................................
Anhang B: Ein Unterrichtsversuch in der Sekundarstufe I ....................
Anhang C: Das Websystem........................................ .....................
EINLEITUNG
Teilchenphysik
ist
ein
Teilgebiet
der
Physik,
das
bisher
kaum
Einzug
in
den
Schulunterricht genommen hat. Zwar ist es in Nordrhein-Westfalen als optionales Thema
für die gymnasiale Oberstufe vorgesehen, in der Sekundarstufe I jedoch gar nicht. Somit
bleibt die Teilchenphysik ein Teilgebiet der Physik, über das Schüler im Laufe ihrer
Schulzeit nichts erfahren. Dies ist ein wenig befriedigender Zustand, da es sich bei der
Teilchenphysik um ein Thema der modernen Physik handelt, das weitreichende
Erkenntnisse über aktuelle wissenschaftliche Fragen geliefert hat und immer noch liefert.
Der Kernphysik, die historisch gesehen vor der Teilchenphysik steht, ist in NordrheinWestfalen eine Unterrichtseinheit am Ende der 10.Klasse zugeordnet. Hierbei werden vor
allem
Schwerpunkte
zum
Thema
Radioaktivität
und
Kernenergie
gesetzt.
Die
Teilchenphysik kann „wegen ihres zu hohen Anspruchs keine Berücksichtigung finden;
selbst
wenn
angemessene
Elementarisierungen
möglich
wären,
fehlte
doch
die
erforderliche Unterrichtszeit.“ 1, wie man in den Richtlinien für Physik an Gymnasien für
Sekundarstufe I aus dem Jahr 1993 lesen kann. Diese Tatsache, die zusammentrifft mit
dem meist geringen Wissen der Fachlehrer zum Thema Teilchenphysik, ausgelöst durch
ein Randgebietsdasein in Lehramtsstudium, und dem raschen Weiterschreiten der
Erkenntnisse der modernen Forschung, welches eine fortlaufende Weiterbildung der
Lehrer zur Folge haben müßte, führte dazu, daß die Teilchenphysik in den letzten
Jahrzehnten keinen Einzug in den Schulunterricht halten konnte. Erschwerend kommt
noch hinzu, daß der Themenbereich einen sehr hohen Komplexitätsgrad hat und wenig
Möglichkeiten für experimentelles Lernen im Physikunterricht bietet. Darin ist auch der
Grund zu sehen, daß die Teilchenphysik bisher nur für die Sekundarstufe II als geeignet
angesehen wurde.
In der heutigen Zeit ist jedoch eine erschreckende Tendenz des Desinteresses der
Schüler an Physik zu verzeichnen. Dies hat zur Folge, daß diejenigen Schüler, die am
Gymnasium oder an der Gesamtschule die allgemeine Hochschulreife anstreben, Physik
nicht mehr als Unterrichtsfach der Sekundarstufe II wählen. Damit verschwindet die
letzte Möglichkeit für Schüler, jemals etwas über diesen Bereich der modernen Physik als
aktuelles Forschungsgebiet zu erfahren. Diese Tatsache hatte in der Vergangenheit eine
Entwicklung in Gang gesetzt, die dazu führte, daß Physik ein Randthema der Gesellschaft
mit einem „verstaubten Beigeschmack“ wurde.
Dieser „verstaubte Beigeschmack“ könnte dadurch verschwinden, daß die Schüler am
Ende der Sekundarstufe I Einblicke und damit auch Ausblicke auf die Physik als moderne
Wissenschaft erhalten würden. Die Teilchenphysik ist ein Bereich dieser modernen
1
[12], Seite 37
Wissenschaft. Den Bezug des Schülers zu dieser Wissenschaft herzustellen und damit ein
Interesse an Physik als wichtigem Bestandteil unserer Gesellschaft zu erreichen, sollte
gerade in der Sekundarstufe I Aufgabe des Physikunterrichts sein.
Bei dem Thema Teilchenphysik gilt es jedoch zunächst, zwei wichtige Voraussetzungen
zu schaffen:

Da es bisher nur wenige Materialien zur Teilchenphysik in der Schule gibt, und diese
zumeist auch nur für die Sekundarstufe II geeignet sind, müssen erst einmal für die
Sekundarstufe I aufbereitete Materialien erstellt werden. Dies soll in dieser Arbeit in
Form eines interaktiven Lehr- und Lernsystems geschehen. Hierbei gibt es neben
Simulations- und Experimentiermöglichkeiten für den Schüler noch den Vorteil, daß
mit dem Einsatz des modernen Mediums Computer dem Schüler der Unterrichtsstoff
in einer Form präsentiert wird, die ihm schon aus seinem Alltag bekannt sein dürfte
und wegen seiner andauernden Aktualität das Einstiegsinteresse steigern wird.
Da den Fachlehrern aus oben genannten Gründen eine ausreichende Vorbildung zum
Thema Teilchenphysik zumeist fehlt, sollte es ihnen erleichtert werden, dieses Thema in
ihren Unterricht zu integrieren, ohne sich zuvor langwierig und vor allem sehr mühevoll
darüber informieren zu müssen. Auf diesem Weg kann man erreichen, daß die
Physiklehrer Bereitschaft zeigen, Teilchenphysik als Thema der Sekundarstufe I in ihren
Unterricht aufzunehmen. Daher umfaßt der zweite Teil dieser Arbeit umfassende
Informationsmaterialien für Lehrer, Arbeitsmaterialien für Schüler sowie einen konkreten
Unterrichtsentwurf zum Thema Teilchenphysik in der Sekundarstufe I. In diesem
Unterrichtsentwurf wird auch auf die Atomphysik als Grundlagenthema und die
Kernphysik mit dem Unterthema Strahlung als wichtigen Aspekt der heutigen Zeit
eingegangen.
Mit diesen zwei Grundvoraussetzungen ist der Anfang geschaffen, Teilchenphysik als
Thema für die Sekundarstufe I aufzunehmen.
Die Argumente gegen dieses Thema, wie sie in den Richtlinien für Nordrhein-Westfalen
stehen, sind somit entkräftet. Der zu hohe Anspruch ist durch eine altersgemäße
Anpassung des Unterrichtsstoffes aufgehoben. Der Unterrichtszeitmangel kann dadurch
vermindert werden, daß man die Kernphysik als thematisch der Teilchenphysik
zugeordnet betrachten kann, sie daher in verkürzter Form integrieren kann.
In der gesamten Arbeit sowie den Anhängen fließen eine Vielzahl von verwendeter
Literatur aus Büchern, Schulbüchern, Webseiten und anderen Informationsquellen ein.
Dabei sind die schriftlichen Quellen im Literaturverzeichnis aufgeführt, werden jedoch in
der Arbeit meist nur an den Stellen schriftlicher Zitate hervorgehoben.
Einige
der
verwendeten
Graphiken
entstammen
aufgeführten Quellen, andere sind selber entworfen.
denen
im
Literaturverzeichnis
In dem Abschnitt „Teilchenphysik in der Schule“ sowie seinen Unterkapiteln stammen die
verwendeten Informationen hauptsächlich aus den Richtlinien und Lehrplänen des Landes
Nordrhein—Westfalen für Physik und Chemie in der Sekundarstufe I.
DAS STANDARDMODELL DER TEILCHENPHYSIK
Historisch gesehen gehört die Teilchenphysik zur modernen Physik. Modern bedeutet
hier, daß sie in den 30er Jahre des 20.Jahrhunderts ihre Anfänge nahm und auch heute
noch ein weites und aktuelles Forschungsgebiet der Physik ist.
Die Teilchenphysik beschäftigt sich mit dem Aufbau der Materie aus Elementarteilchen,
also der Erforschung der kleinsten Strukturen, und der zwischen den Elementarteilchen
herrschenden
Wechselwirkungen,
um
neue
wissenschaftliche
Erkenntnisse
zum
materiellen Aufbau, der Entstehung und dem Werdegang der Erde und des Universums
zu
gewinnen.
Das
übergeordnete
Ziel
ist
die
Beschreibung
aller
physikalischer
ihnen
herrschenden
Phänomene durch eine einzige Theorie.
Die
Theorie,
die
Wechselwirkungen,
die
d.h.
Elementarteilchen
die
starke,
die
und
die
zwischen
elektromagnetische
und
die
schwache
Wechselwirkung, beschreibt, ist das Standardmodell der Teilchenphysik. Die Gravitation,
die als vierte fundamentale Wechselwirkung bezeichnet wird, gehört nicht mit zur Theorie
des Standardmodells, da sie einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Elementarteilchen
hat und daher in der Teilchenphysik keine nennenswerte Rolle spielt.
Das Standardmodell ist experimentell bestätigt und kann daher trotz mancher bisher
offen bleibender Fragen als korrekte Beschreibung der Welt der kleinsten Teilchen
angesehen werden.
Das Standardmodell folgt einem einfachen Prinzip: Alle Elementarteilchen sind Teilchen
mit halbzahligem Spin, zählen also zu den Fermionen und gehorchen dem Pauli-Prinzip;
alle Austauschteilchen der Wechselwirkungen sind Bosonen, d.h. sie haben einen
ganzzahligen Spin und können in beliebiger Zahl emittiert und absorbiert werden.
DIE ELEMENTARTEILCHEN
Die Elementarteilchen, die in die Gruppe der Quarks und die der Leptonen unterteilt
werden, kann man ihrerseits in drei Generationen oder Familien einsortieren. Beide
Gruppen zählen zu den Fermionen, d.h. sie haben einen halbzahligen Spin und gehorchen
dem Pauli-Prinzip.
Den Elementarteilchen, die unter anderem am Aufbau der stabilen Materie beteiligt sind,
sind jeweils sogenannte Antiteilchen zugeordnet. Man hat also eine weitere Aufteilung in
die Gruppe der Teilchen und die der Antiteilchen. Die Gruppe der Antiteilchen ist im
Prinzip genauso wie die der Teilchen aufgebaut, d.h. es gibt Antiquarks und Antileptonen,
die sich in je drei Familien oder Generationen aufteilen. Die Antiteilchen unterscheiden
sich von den Teilchen in allen ihnen zugeordneten Ladungen, nur ihre Massen sind
paarweise gleich.
Vorhergesagt
wurde
die
Existenz
von
Antiteilchen
in
den
20er
Jahren
des
20.Jahrhunderts von Paul A. M. Dirac. Er interpretierte die negative Lösung der
Teilchenenergien relativistischer Teilchen,
E 2  ( pc)2  (mc2 )2
als „Löcher“, also fehlende Teilchen in den ansonsten vollständig besetzten negativen
Energiezuständen. Diese fehlenden Teilchen bezeichnete er als Antiteilchen. Mit Hilfe der
Quantenmechanik gelang die Interpretation, die besagt, daß man ein Antiteilchen mit
negativer Energie als ein Teilchen betrachten kann, das sich mit positiver Energie zeitlich
rückwärts bewegt.2
Die Quarks, die ihren Namen von ihrem Erfinder, Murray Gell-Mann, nach einem Zitat aus
Finnegans Wake von James Joyce verliehen bekamen, treten immer in Verbindungen von
zwei oder drei Quarks auf.
Die Zweierverbindungen, bestehend aus einem Quark und einem Antiquark, nennt man
Mesonen.
Die Dreierverbindungen von Quarks bezeichnet man als Baryonen.
Die Baryonen und Mesonen, also alle Verbindungen aus den nie alleine vorkommenden
Quarks, bezeichnet man als Hadronen.
2
[3], Kapitel 7.5
Die Hadronen unterliegen allen für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen, also
der starken, der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung, da sie bzw.
die Quarks, aus denen sie aufgebaut sind, Träger aller drei Ladungsarten sind.
Die Quarks besitzen eine Farbladung, die Ladung der starken Wechselwirkung. Diese ist
über den Austausch von Gluoenen, den Austauschteilchen der starken Wechselwirkung,
dafür verantwortlich, dass die Quarks immer nur in Verbindungen von zwei oder drei
Quarks vorkommen.
Weiter besitzen die Quarks eine elektrische Ladung, die sich in Drittelladungen der
Elementarladung
e
zeigt.
Nach
außen
bleibt
jedoch
durch
die
Tatsache
des
Quarkconfinements die Aussage bestehen, daß in der Natur nur ganzzahlige Vielfache der
Elementarladung auftreten.
Die Quarks sind auch Träger der schwachen Ladung, die alle Elementarteilchen besitzen.
Die Quarks unterteilen sich, wie weiter oben schon erwähnt, in drei Generationen oder
Familien. In jeder Familie kommt je ein Quark mit einer der beiden möglichen
Drittelladungen vor. Zudem steigt die abgeschätzte Masse der Quarks von der ersten bis
zur dritten Generation an. Das die Massen der Quarks nur abgeschätzt werden können
liegt daran, daß sie auf Grund der starken Wechselwirkung nie alleine vorkommen.
Jedem Quark wird eine sogenannte Baryonenzahl von 1/3 zugeordnet, jedem Antiquark
eine Baryonenzahl von –1/3. Diese Baryonenzahl ist über den „Erhaltungssatz der
Baryonenzahl“ ein Kriterium, nach dem man erklären kann, warum manche Reaktionen,
an denen die Quarks beteiligt sind, stattfinden, andere jedoch nicht. Dies wird dann über
den Erhalt der Baryonenzahl aller an der Reaktion beteiligten Teilchen vor und nach der
Reaktion erklärt3.
Die Baryonenzahl der Quarks ergibt für Mesonen, die aus einem Quark und einem
Antiquark bestehen, einen Gesamtbaryonenzahl von 0, d.h. alle Teilchen aus Quarks, die
keine Baryonen sind, haben diese Baryonenzahl. Auch allen Teilchen, die nicht aus
Quarks bestehen, wird eine Baryonenzahl von 0 zugeordnet.
Für die Baryonen, die aus drei Quarks bestehen, ergibt sich eine Baryonenzahl von +1,
für die Baryonen, die aus drei Antiquarks bestehen, eine von –1.
3
Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass B nicht erhalten bleibt
Einen Überblick über die Quarks und Antiquarks mit ihren Namen sowie ihren
Eigenschaften des Spins, der elektrischen Ladung und der Baryonenzahl gibt folgende
Tabelle4:
Flavour
Quarks
Antiquarks
Spin /(h/2p)
Ladung / e
Baryonenzahl
(down) d
½
-1/3
+1/3
(up)
u
½
+2/3
+1/3
(strange) s
½
-1/3
+1/3
(charm) c
½
+2/3
+1/3
(bottom) b
½
-1/3
+1/3
(top)
½
+2/3
+1/3
d
-½
+1/3
-1/3
u
-½
-2/3
-1/3
s
-½
+1/3
-1/3
c
-½
-2/3
-1/3
b
-½
+1/3
-1/3
t
-½
-2/3
-1/3
t
Die zweite Gruppe der Elementarteilchen, die Leptonen, werden genauso wie die Quarks
in drei Generationen oder Familien unterteilt. In jeder Familie gibt es je ein Lepton mit
einer der bei den Leptonen vorkommenden elektrischen Ladungen von –1e oder 0e.
Weiter sind, abgesehen von der einen Sorte von Leptonen, den Neutrinos, die als fast
masselos gelten, die Leptonen ebenso wie die Quarks in aufsteigender Masse in die
Familien eingeteilt.
In jeder Familie gibt es also je ein massebehaftetes Lepton mit einem fast masselosen
Lepton, dem zugeordneten Neutrino.
In der ersten Familie befinden sich das Elektron e- sowie das zugehörige ElektronNeutrino e.
In der zweiten Familie befindet sich das Myon
In der dritten Familie findet man das Tauon
- sowie das zugehörige Myon-Neutrino .
 mit seinem zugehörigen Tau-Neutrino .
Den Leptonen kann man eine sogenannte Leptonenzahl von L=1 zuordnen, den
Antileptonen, die sich genauso wie die Antiquarks von den Quarks, von den Leptonen
4
[17], Seite 1435 (in Auszügen)
durch entgegengesetzte Ladungen unterscheiden, jedoch gleiche Massen wie die
Leptonen haben, wird dementsprechend eine Leptonenzahl von L=-1 zugeordnet. Auch
hier kann man einen Erhaltungssatz finden, der besagt, dass nur solche Reaktionen
zwischen Teilchen erlaubt sind, bei denen die Leptonenzahl vor und nach der Reaktion
erhalten bleibt5.
Experimente zeigen, daß sogar die Leptonenzahl jeder Familie erhalten bleibt. Dies ergibt
Leptonenzahlen für elektronenartige, myonenartige und tauonartige Leptonen. Diese
heißen dann
Le, L und L.6
Eine Übersicht über die Leptonen und Antileptonen sowie ihre Eigenschaften des Spins,
der elektrischen Ladung und der Leptonenzahlen gibt folgende Tabelle:
Teilchen
Leptonen
Anti-Leptonen
Spin/ (h/2)
Ladung / e
Leptonenzahl L
L
Le
L
e-
½
-1
1
1
0
0
e
½
0
1
1
0
0

½
-1
1
0
1
0

½
0
1
0
1
0

½
-1
1
0
0
1

½
0
1
0
0
1
e+
-½
1
-1
-1
0
0
e
-½
0
-1
-1
0
0

-½
1
-1
0
-1
0

-½
0
-1
0
-1
0

-½
1
-1
0
0
-1

-½
0
-1
0
0
-1
Die Leptonen unterliegen nicht der starken, jedoch der schwachen Wechselwirkung.
Die elektrisch geladenen Leptonen, also das Elektron, Myon und Tauon, unterliegen
zusätzlich noch der elektromagnetischen Wechselwirkung.
5
Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass auch L, genauso wie die
Baryonenzahl B, nicht erhalten bleibt
6
[3], Kapitel 7.4
Betrachtet man nun die Elementarteilchen, also die 6 Quarks und die 6 Leptonen,
zusammen, kann man die Einteilung in die Familien über die Massen und elektrischen
Ladungen in der folgenden Übersicht nachlesen 7:
Masse in
Leicht MeV/c²
Quarks
Leptonen
Masse in
Mittel GeV/c²
Masse in
Schwer
GeV/c²
Ladung/e
u
4
C
1,2
t
174
+2/3
d
7
S
0,15
b
4,2
-1/3
e-
0,5

0,106

1,78
-1
e
0?

0?

0?
0
Diese 12 Elementarteilchen sind oder waren alle in der Materie enthalten. Aufgebaut ist
die stabile Materie jedoch nur aus dem Up- und dem Down- Quark sowie dem Elektron.
Die Neutrinos sind überall enthalten, es gibt etwa 400 pro cm².
Als stabile Bausteine der Materie gelten die Elektronen und die Protonen, deren Zerfall
bisher noch nicht beobachtet wurde.
7
[18], Seite 1437
DIE FUNDAMENTALEN WECHSELWIRKUNGEN
Alle in
der Natur beobachtbaren
Wechselwirkungen
sind
auf vier fundamentale
Wechselwirkungen zurückgeführt:
-
die starke Wechselwirkung
-
die elektromagnetische Wechselwirkung
-
die schwache Wechselwirkung
-
die Gravitation
Für die Teilchenphysik von Interesse und damit im Standardmodell enthalten sind jedoch
nur die ersten drei Wechselwirkungen, da die Gravitation bei so geringen Massen, wie sie
die Elementarteilchen haben, im Vergleich zu den anderen drei Wechselwirkungen keine
nennenswerte Rolle spielt. So werden ab jetzt mit den fundamentalen Wechselwirkungen
die starke, elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung gemeint sein.
Den drei fundamentalen Wechselwirkungen haben folgende Dinge gemeinsam:
-
Der Ursprung jeder Art von Wechselwirkung liegt in den Teilchen, die eine
entsprechende „Ladung“ tragen;
-
Die Wechselwirkungen finden über den Austausch sogenannter Austauschteilchen
zwischen Teilchen entsprechender Ladung statt; bei der Entstehung und Vernichtung
der Austauschteilchen können sich die Eigenschaften der emittierenden oder
absorbierenden Teilchen ändern (z.B. die Ladung, wenn das Austauschteilchen selbst
Träger der jeweiligen Art von Ladung ist); die Austauschteilchen sind, je nachdem, zu
welcher Wechselwirkung sie gehören, mit einer sehr kurzen oder einer praktisch
unendlichen Reichweite ausgestattet
-
Sie sind alle drei verantwortlich für folgende Reaktionen: die Kraftwirkung, den Zerfall
und die Produktion von Teilchen;
-
Jede Wechselwirkung kann nur stattfinden, wenn alle erforderlichen Erhaltungssätze,
also der der Ladung, der Energie, des Impulses, des Drehimpulses, der Baryonenzahl
und der Leptonenzahl8, erfüllt sind
8
Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass sowohl die Baryonenzahl B
als auch Leptonenzahl L nicht erhalten bleiben
Bei Wechselwirkungen durch Austauschteilchen können folgende Prozesse stattfinden:
1.
Emission eines Austauschteilchens:
Hierbei sendet ein Teilchen x ein beliebiges Austauschteilchen A aus und verändert
sich dabei zu dem Teilchen x‘:
2.
x  x‘ + A
Absorption eines Austauschteilchens:
Ein Teilchen x fängt ein beliebiges Austauschteilchen A ein und verändert sich zum
Teilchen x‘:
x + A  x‘
3.
Produktion eines Austauschteilchens:
Ein Teilchen x und ein Antiteilchen y vernichten sich, und es entsteht ein passendes
Austauschteilchen A:
4.
x+yA
Vernichtung eines Austauschteilchens:
Ein beliebiges Austauschteilchen A wird vernichtet, und es entsteht ein Teilchen x
und ein Antiteilchen y:
Ax+y
9
Diese Prozesse werden in der Teilchenphysik für spezielle Ereignisse in FeynmanDiagrammen dargestellt.
Hierbei gibt es für jede der drei Wechselwirkungen eine eigene Darstellungsweise für die
entsprechenden
Austauschteilchen.
So
wird
das
Austauschteilchen
der
starken
Wechselwirkung durch einen gedrehten Pfeil, die Austauschteilchen der schwachen
Wechselwirkung
durch
einen
gestrichelten
Pfeil
und
das
Austauschteilchen
der
elektromagnetischen Wechselwirkung durch einen geschlängelten Pfeil dargestellt.
Gelesen werden die Feynmandiagramme meist in einer Zeitachse, die von links nach
rechts verläuft, d.h. der Anfang eines Prozesses steht links, das Ende rechts im
Diagramm.
9
[8], Seite 400/401
Im folgenden werden die drei für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen im
Einzelnen angeschaut.
Die starke Wechselwirkung, die eine Reichweite von 10 -15m hat, die stärkste aller
Wechselwirkungen. Sie ist zum einen für den Zusammenhalt der Quarks in den
Nukleonen, zum anderen für die Bindung der Nukleonen im Atomkern verantwortlich.
Die starke Wechselwirkung wird durch ein Modell beschrieben:
Die Ladung der starken Wechselwirkung ist die Farbladung, auch einfach nur Farbe
genannt.
Es gibt drei verschiedene Farben: rot, blau und grün. Träger dieser Farbladungen und
damit Quellen der starken Wechselwirkung sind die Quarks. Jedes Quark kann eine der
drei Farbladungen annehmen.
Die Antiquarks haben eigene Farbladungen: antirot, antiblau und antigrün. Diese nennt
man dann Antifarbladungen. Auch hier kann jedes Antiquark eine der drei Antifarben
annehmen.
Das Besondere an den Quarks als Träger der Farbladungen ist, dass sie nie alleine
beobachtet werden. Sie kommen immer in Zweierkombinationen, den Mesonen, oder
Dreierkombinationen, den Baryonen, vor. Die Mesonen und Baryonen werden in der
Gruppe der Hadronen zusammengefaßt.
Man nennt die Tatsache, daß man Quarks nicht alleine beobachten kann, QuarkConfinement10. (Anmerkung: Sie ist dafür verantwortlich, dass man die Quarkmassen
nicht genau sondern nur ungefähr bestimmen kann.)
Untersucht man die starke Kraft, so stellt man eine Ähnlichkeit zum elektromagnetischen
Kraftgesetz fest. Das Kraftgesetz der starken Kraft lautet: F  s/r² + k
. Man
11
beobachtet also, dass die Energie W =  F dr, die nötig wäre, um zwei Quarks zu trennen,
immer größer wird, je weiter man die Quarks voneinander entfernt.
Dies kann man sich durch eine Gummischnur verständlich machen. Bewegen sich die
Quarks auseinander, spannt sich die Schnur und treibt die Quarks wieder zusammen.
Sind sie sehr nahe beieinander, wirkt zwischen ihnen eine nahezu konstante Kraft.
Kommt es jedoch dazu, dass sich die Quark doch einmal zu weit auseinander bewegen,
z.B. wenn sie durch Beschuss mit anderen Teilchen zu viel Energie erhalten, so reißt die
Gummischnur. An den Enden bleiben jedoch keine freien Quarks mit einer „halben
Gummischnur“ zurück, sondern es bilden sich an den freien Enden neue Quarks. Dies
kann man sich so vorstellen:
10
[18], Seite 1437
11
s = Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung
Hat man ein Meson aus einem blauen und einem antiblauen Antiquark, und bewegen sich
diese zu weit auseinander, so bildet sich in ihrer Mitte ein Quark-Antiquark-Paar mit den
Farben blau und antiblau, die mit den beiden anderen, getrennten Quarks neue
Quarkpaare bilden. Man hat also auf einmal zwei Mesonen. Die Energie für die
Quarkbildung wird von außen aufgenommen, z.B. bei der Kollision eines Protons mit
einem Elektron in einem Teilchenbeschleuniger aus den Bewegungsenergien der
Stoßpartner.
Die Gummischnüre veranschaulichen den Austausch von Gluonen.
Dieses Kraftgesetz ist der Grund, warum die Quarks nie alleine vorkommen. Dies führt
wiederum dazu, dass bei Quarkkombinationen nach außen immer Farbneutralität
herrscht.
Bei Untersuchungen der Feinstruktur von Elementarteilchen fand man heraus, dass es
nur Kombinationen aus zwei oder drei Quarks gibt.
Diese Tatsache ist die Ursache dafür, dass die Farbladungen nach den drei Grundfarben
der Farbenlehre benannt sind. So kann man sich leicht merken, dass eine Kombination
oder „Vermischung“ von rot, blau und grün, aber auch eine von antirot, antiblau und
antigrün weiß ergibt, wie es bei den Baryonen bzw. Antibaryonen der Fall ist.
Farbneutralität gilt auch dann, wenn man eine Farbe und die Antifarbe mischt, z.B. rot
und antirot. Dies ist bei Mesonen der Fall.
Man sollte sich aber immer vor Augen halten, daß es sich bei den Farben nicht um
wirkliche Farben handelt.
Die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung sind die elektrisch neutralen,
masselosen Gluonen g (englisch glue: Leim). Sie halten die Quarks zusammen, in dem
sie ständig zwischen ihnen hin- und herspringen. Über den ständigen Austausch von
Gluonen kann man sich auch modellhaft die Stärke der starken Wechselwirkung erklären.
Die Gluonen sind selber Träger von Farbladung, und zwar vereinigen sie immer eine
Farbe und eine Antifarbe in sich. So sorgen sie dafür, dass zum Beispiel die Quarks in
den Nukleonen ständig ihre Farbe wechseln. Dies geschieht folgendermaßen:
Man stelle sich vor, man hat ein rotes und ein blaues Quark. Nun sendet das rote Quark
ein Gluon aus, was die Farbe rot sowie die Antifarbe antiblau trägt. Damit trägt das Gluon
die bisherige rote Farbe des roten Quarks mit sich, nimmt aber gleichzeitig antiblau mit,
so dass das bisher rote Quark blau werden muss. Das ist sozusagen die Farbe, die ihm
das Gluon zurück lässt, indem es antiblau mitnimmt. Dieses Gluon wandert nun zu dem
blauen Quark, „vernichtet“ mit seinem antiblau das blau des Quarks und läßt es rot
werden. Im Endeffekt hat das rote Quark nach dem Gluonaustausch die Farbe blau, das
blaue Quark die Farbe rot.
Dieser Farbwechsel vollzieht sich immer wieder in sehr schneller Abfolge und sorgt so
dafür, dass die Quarks im Nukleon zusammen halten.
Die starke Wechselwirkung ist auch für den Zusammenhalt der Nukleonen im Atomkern
verantwortlich.
Dies
geschieht
nach
dem
gleichen
Prinzip,
nach
dem
sich
Wasserstoffatome zu Molekülen binden.
Das komplizierte Zusammenspiel der Quarks und Gluonen ist auch dafür verantwortlich,
dass man beide nicht alleine beobachten kann. Nebenher findet auch zwischen den
Gluonen, die ja selber Farbladungen tragen, eine Wechselwirkung durch Gluonen statt, so
dass Zweier- oder Dreier-Quarkkombinationen nach außen abgeschlossen wirken und
eine sehr starke Kraftwirkung in ihnen herrscht.
Die
Lehre
über
die
starke
Wechselwirkung
stammt
aus
der
QCD,
die
Quantenchromodynamik. Sie lehnt sich an die QED, die Quantenelektrodynamik, an.
Die elektromagnetische Wechselwirkung mit ihrer praktisch endlose Reichweite ist
diejenige der drei Wechselwirkungen, die man auch in der im Vergleich zur den
Elementarteilchen makroskopischen Welt spüren kann. Sie wirkt auf alle elektrisch
geladenen Teilchen.
Die Ladung der elektromagnetischen Wechselwirkung ist die elektrische Ladung. Es gibt
eine Art mit positivem oder negativem Vorzeichen. Träger dieser Ladungen, z.B.
Elektronen, können, im Gegensatz zu den Quarks als Trägern der starken Ladung,
durchaus alleine beobachtet werden.
Unter den Elementarteilchen hat die elektromagnetische Wechselwirkung auf die Quarks
und auf die eine Hälfte der Leptonen, daß Elektron, Myon und Tauon sowie deren
Antiteilchen,
Einfluß,
während
die
elektrisch
neutralen
Neutrinos
keine
elektromagnetischen Kräfte erfahren.
Die Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung sind die masselosen,
elektrisch neutralen Photonen . Sie werden zwischen zwei elektrisch geladenen Teilchen
ausgetauscht und erzeugen so die Wechselwirkung.
Auch hier kann man sich, wie bei der starken Wechselwirkung, die Stärke dieser Kraft
anschaulich über die Häufigkeit des Photonenaustausches erklären.
Im Vergleich zum Gluonenaustausch der starken Wechselwirkung findet ein seltener
Photonenaustausch zwischen den Trägern der elektrischen Ladung statt. Fliegen z.B. zwei
Elektronen aneinander vorbei, so wechselwirken diese miteinander, d.h. sie werden
gestreut. Dies geschieht über den Austausch virtueller Photonen. Diese Reaktion
bezeichnet man als Kraftwirkung.
Die elektromagnetische Wechselwirkung ist, genauso wie die anderen Wechselwirkungen,
auch für die Produktion und den Zerfall von Teilchen verantwortlich. Für alle Reaktionen
müssen immer die erforderlichen Erhaltungssätze erfüllt sein.
Die schwache Wechselwirkung, die unter anderem für die für uns lebenswichtige
Kernfusion im Innern der Sonne verantwortlich ist, ist, abgesehen von der Gravitation, in
der
Stärke
ihrer
Wirkung
auf
die
Elementarteilchen
die
schwächste
der
Wechselwirkungen. Sie ist in der makroskopischen Welt nicht wahrnehmbar, jedoch für
eine ganze Reihe von Reaktionen verantwortlich.
Eine auf die schwache Wechselwirkung zurückführbare Reaktion, die man in der
makroskopischen Welt beobachten kann, ist der radioaktive Beta-Zerfall.
Die Ladung der schwachen Wechselwirkung ist die schwache Ladung. Träger der
schwachen Ladung sind alle Elementarteilchen, also sowohl Quarks als auch Leptonen12.
Die schwache Ladung ist jedoch eine Eigenschaft der Teilchen, die bei beobachtbaren
Teilchen nicht definiert ist.
Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind die Weakonen 13 (von englisch
weak: schwach). Sie werden wegen ihrer großen Masse zwischen den Trägern der
schwachen Ladung nur sehr selten ausgetauscht, was eine wiederum eine anschauliche
Erklärung für die „Schwäche“ der schwachen Wechselwirkung darstellt.
Die Austauschteilchen heißen W+, W- und Z0, wobei die ersten beiden eine elektrische
Ladung von +1e bzw. –1e haben und somit als einzige aller Austauschteilchen Träger
elektrischer Ladung sind. Dagegen ist das Z 0 elektrisch neutral. Man bezeichnet sie als
Vektorbosonen, da sie einen ganzzahligen Spin haben.
Bei den W- und Z-Bosonen handelt es sich um sehr schwere Teilchen, die auf Grund der
bei Teilchenreaktionen geforderten Energieerhaltung eigentlich nicht existieren dürften.
Sie können jedoch auf Grund der Unschärferelation kurzzeitig als virutelle Teilchen
existieren.
Die W-Bosonen haben eine ungefähre Masse von 80 GeV/c², das Z-Boson eine von ca. 91
GeV/c².
Die gleichen Massen des W+ und des W- kommen daher, dass das W- das Antiteilchen des
W+ ist.
Auf Grund ihrer hohen Massen haben die Weakonen eine Reichweite, die etwa einem
Tausendstel
des
Protonendurchmessers
entspricht.
Die
Prozesse
der
schwachen
Wechselwirkung finden jedoch in verhältnismäßig großen Zeiträumen statt.
Die elektrisch geladenen W können nur an bestimmten Prozessen teilnehmen. Auf Grund
ihrer elektrischen Ladung ändert sich bei den an der Wechselwirkung teilnehmenden
Teilchen die elektrische Ladung. So nimmt ein W+ einem Teilchen, von dem es
abgestrahlt wird, die Ladung von 1e. Dies gilt auf Grund der Ladungserhaltung.
12
Eigentlich ist nur der linkshändige Anteil der Elementarteilchen Träger der schwachen
Ladung
13
physikalische Fachsprache: intermediäre Vektorbosonen
Vernichtet sich das W+ wieder, so müssen die Folgeprodukte in ihrer Summe eine
elektrische Ladung von 1e haben.
Das
Z0
kann
man
elektromagnetischen
häufig
nicht
vom
Wechselwirkung,
dem
Photon,
dem
unterscheiden,
Austauschteilchen
da
beide
der
ähnliche
quantenmechanische Eigenschaften haben. Daher hat man eine Kombination beider
Wechselwirkungen, die elektroschwache Wechselwirkung, entwickelt
Die
elektroschwache
Wechselwirkung
findet
über
den
Austausch
von
vier
Austauschteilchen statt:
-
das elektrisch neutrale Photon 
-
das elektrisch neutrale Weakon Z0
-
das elektrisch negative Weakon W-
-
das elektrisch positive Weakon W+
In der elektroschwachen Theorie muß es jedoch neben den Austauschteilchen der
schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung noch ein weiteres, schweres
Teilchen geben, das Higgs-Teilchen. Der damit zusammenhängende Higgs-Mechanismus
soll nach dieser Theorie verantwortlich sein für die Masse der Teilchen.
Die beiden elektrisch neutralen Austauschteilchen unterscheiden sich nur durch ihre
Masse; ihre quantenmechanischen Eigenschaften sind gleich. Daher und aus einem
zweiten Grund kommt es in der Natur an manchen Stellen zur Vermischung der
schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung. Der zweite Grund für die
Vermischung ist der, daß die schwache Ladung von Teilchen häufig im Zusammenhang
mit der elektrischen Ladung auftritt.
Aufgrund der Vermischung der beiden Wechselwirkungen gibt es Reaktionen zwischen
elektrisch geladenen Teilchen, an denen sowohl Photon als auch Z 0 teilnehmen können.
Z.B. kann bei sehr hohen Energien die Myonen-Paarerzeugung durch ein Elektron und ein
Positron mit ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit über ein Z 0 als auch über ein Photon
ablaufen. Es gibt aber auch Vorgänge, bei denen beide Austauschteilchen möglich sind,
aber eines der beiden wesentlich öfter zum Einsatz kommt. Dies ist abhängig von der bei
der Reaktion zur Verfügung stehenden Energie. Reaktionen mit kleinen Energien, z.B.
Prozesse in der Atomhülle oder dem Atomkern, bevorzugen das Photon. Bei Reaktionen
mit der Energie von 91 GeV, welche der Masseenergie des Z 0 entspricht, ist das Photon
gegenüber dem Z0 als Austauschteilchen jedoch zu vernachlässigen.
Es
gibt
Reaktionen,
bei
denen
das
Austauschteilchen
längere
Strecken
mit
Lichtgeschwindigkeit zurücklegt (elektromagnetische Wellen). Hier kommt nur das
Photon als Austauschteilchen in Frage.
Bei Reaktionen, bei denen nicht ausschließlich elektrisch geladene Teilchen teilnehmen,
wie z.B. die Neutrino-Streuung am Elektron, kommt als Austauschteilchen dagegen nur
das Z0 in Frage. Das Z0 ist also Austauschteilchen bei an Reaktionen teilnehmenden
Teilchen, die die schwache Ladung tragen.
Die elektroschwache Wechselwirkung ist für die Teilchenphysik deshalb von so großer
Bedeutung, da sie darauf hindeutet, daß es in der Zukunft eventuell möglich sein könnte,
alle in der Natur auftretenden Wechselwirkungen zu einer einzigen, alles beschreibenden
Theorie zusammenzufassen.
DIE MESSMETHODEN IN DER TEILCHENPHYSIK
In der Teilchenphysik gibt es Teilchenbeschleuniger, mit denen man Untersuchungen
vornehmen
kann.
An
diesen
Teilchenbeschleunigern
werden
zwei
Untersuchungsmethoden betrieben:
1. die Untersuchung von Strukturen existierender Teilchen
2. die Erzeugung und anschließende Untersuchung neuer Teilchen
Für beide Bereiche braucht man hohe Teilchenenergien.
Für die Strukturuntersuchungen muß also die Teilchenenergie größer werden, wenn die
Dimension der zu untersuchenden Struktur kleiner wird. Versucht man Strukturen der
linearen Dimension d aufzulösen, muß die reduzierte Wellenlänge /2 genauso groß wie
oder kleiner als d sein: d  (/2). Dabei ist  die De-Broglie-Wellenlänge:  = h/p. Die
Beziehung d  (/2) führt dazu, dass für den Impuls des Teilchens p  h/2d gelten
muß, was wiederum eine gewisse Energie des Teilchens bedeutet.
14
Für die Erzeugung und anschließende Untersuchung neuer Teilchen braucht man genug
Energie, um diese in Masse umwandeln zu können.
In den Teilchenbeschleunigern werden die Teilchen sehr stark beschleunigt, daher wird
eine relativistische Betrachtung der Teilchenenergien nötig.
Betrachtet
man
ein
beschleunigtes
Teilchen
als
Massepunkt,
so
hat
es
eine
Ruheenergie:
E0 = m0c².
Hierbei ist m0 die Ruhemasse des Teilchens.
Beschleunigt man dieses Teilchen auf eine sehr hohe Geschwindigkeit v nahe der
Lichtgeschwindigkeit c, so erhält es eine relativistische kinetische Energie:
E kin 
14
[3], Kapitel 2.1
m0 c ²
v
1  ( )²
c
 m0 c²
Die relativistische Gesamtenergie eines mit hoher Geschwindigkeit v fliegenden
Teilchens bildet sich aus der Summe der kinetischen und der Ruheenergie:
m0 c ²
E  E kin  m 0 c ² 
v
1  ( )²
c
 mc²
Hierbei ist m die relativistische Masse:
m = m0 (1 – (v/c)²)-1/2
Man sieht also, daß sich die Energie eine ruhenden Massepunktes von m 0c² auf mc²
erhöht, wenn man ihn auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt
hat. Genau dies geschieht in den Teilchenbeschleunigern mit den Untersuchungsteilchen.
Die in ein Teilchen im Beschleuniger investierte Energie tritt nicht nur als erhöhte
Geschwindigkeit, sondern auch als Massezunahme des Teilchens auf. Dies liegt daran,
daß für alle Teilchen die Lichtgeschwindigkeit eine obere, nicht erreichbare Grenze der
von ihnen erreichbaren Geschwindigkeit darstellt.
Läßt man die Geschwindigkeit v immer näher an die Lichtgeschwindigkeit heran wachsen,
erhöht
sich
die
Masse
des
Teilchens
immer
weiter,
Beschleunigungsmöglichkeit des Teilchens begrenzt wird.
so
daß
wiederum
die
15
Die Masseenergie der im Beschleuniger auf hohe Geschwindigkeiten gebrachten Teilchen
kann bei Teilchenkollisionen in die Produktion neuer Teilchen investiert werden, die man
dann untersuchen kann.
Welche Art von Experiment stattfindet, hängt letztlich von den beschleunigten Teilchen,
deren Energie im Teilchenstrahl sowie von dem Objekt ab, was untersucht werden soll.
In allen Beschleunigeranlagen werden elektrisch geladene Teilchen beschleunigt. Dies
liegt an ihrer Fähigkeit, durch elektrische Felder beschleunigt und durch magnetische
Felder abgelenkt werden zu können. Die Teilchen werden in Teilchenpaketen (englisch
bunches)
in
die
Beschleuniger
eingebracht,
um
eine
möglichst
hohe
Rate
an
Experimentierergebnissen zu erzielen.
In den Beschleunigern werden Teilchenstrahlen mit Teilchenenergien zwischen einigen
Megaelektronenvolt
15
[17], Kapitel 34.10
und
einigen
hundert
Gigaelektronenvolt
erzeugt.
Man
kann
Intensitäten von bis zu 1016 Teilchen/Sekunde erreichen, und die Teilchenstrahlen können
auf Flächen von wenigen Quadratmillimetern konzentriert werden.
Grob
gesehen
kann
man
zwischen
Linearbeschleunigern
16
und
Ringbeschleunigern
unterscheiden.
Bei Linearbeschleunigern, auch „Linear Accelerator“ oder kurz „LINAC“ genannt, werden,
wie der Name schon sagt, Teilchenpakete auf geraden Strecken beschleunigt. Dies
geschieht durch ein Hochfrequenzfeld, d.h. die elektrisch geladenen Teilchen werden
mittels eines hochfrequenten Wechselfeldes beschleunigt. Die Beschleunigungsstrecke
steht hierbei nur einmalig zur Verfügung. Das hochfrequente Wechselfeld ist auch der
Grund dafür, warum die Teilchen in Teilchenpaketen im Linearbeschleuniger laufen. Der
Teilchenstrom ist im Takt der Hochfrequenz in entsprechend passende Pakete unterteilt
und nicht kontinuierlich.
Die einzelnen Teilchenpakete müssen entlang ihrer Flugrichtung fokussiert werden, damit
sie in den Beschleunigungsstrecken nicht zu weit auseinander streuen. Daher werden
zwischen den Beschleunigungsabschnitten Fokussierungen vorgenommen, meist mit Hilfe
von Quadrupolmagneten.
Weiter
werden
die
Teilchenpakete
in
zusammengehalten, so daß die Teilchen
ihrer
Länge
möglichst
durch
das
gleichmäßige
Wechselfeld
Geschwindigkeit
erhalten. Dies geschieht dadurch, daß zu schnell fliegende Teilchen im Wechselfeld
abgebremst
werden,
während
zu
langsam
Teilchen
fliegende
eine
stärkere
Beschleunigung erfahren. So kann man erreichen, daß sich alle Teilchen mit etwa der
gleichen Geschwindigkeit bewegen.
Es gibt unterschiedlich aufgebaute Linearbeschleuniger für die verschiedenen elektrisch
geladenen Teilchen, die in ihnen beschleunigt werden. Meist werden Protonen oder
schwere Ionen, aber auch Elektronen als Probeteilchen beschleunigt. Dabei haben
Elektronen einen besonderen Status, da sie sich auf Grund ihrer verhältnismäßig
geringen Ruhemasse von me = 0,511 MeV/c² sehr schnell auf Geschwindigkeiten nahe
der
Lichtgeschwindigkeit
beschleunigen
lassen.
So
beträgt
der
Unterschied
zur
Lichtgeschwindigkeit bei einer kinetischen Energie von 2 MeV nur noch ca. 2,1%. Daher
wird für diese Teilchen ein anderer Beschleunigertyp verwendet als für die schwereren
geladenen Teilchen. Der Elektronen-Linearbeschleuniger, der mit einer Höchstenergie von
52 GeV
„Stanford
für die Elektronen der zur Zeit stärkste seiner Art ist, ist der 3 km lange
Linear
Linearbeschleuniger
Accelerator“
mit
(kurz:
wesentlich
SLAC).
geringeren
Es
gibt
Energien.
aber
So
auch
werden
Elektronensolche
mit
Endenergien zwischen 30 – 50 MeV in der Medizin zur Krebsbehandlung bei Tumoren
16
[3], Seite 10
eingesetzt. Manche werden als Vorbeschleuniger für Elektronensynchrotrons eingesetzt.
Sie haben Endenergien von ca. 100 MeV.
Bei
Ringbeschleunigern werden die Teilchenpakete auf annähernden Kreisbahnen
beschleunigt oder auch nur in Bewegung gehalten.
Im zweiten Fall spricht man von Speicherringen, da den Teilchen nur die durch z.B.
Synchrotronstrahlung verloren gegangene Energie zugeführt wird, ohne sie weiter zu
beschleunigen.
So
kann
man
die
Teilchen
über
mehrere
Stunden
in
der
Beschleunigeranlage speichern und zu einer Vielzahl von Experimenten nutzen.
Die Ringbeschleuniger sind so aufgebaut, daß es Beschleunigungsbereiche gibt, in denen
die
Teilchenpakete
linear
in
einem
Hochfrequenzfeld
beschleunigt
werden,
und
Ablenkbereiche, in denen die Pakete durch Ablenkmagnete auf Grund der Lorentzkraft
auf eine annähernde Kreisbahn gebracht werden. Dabei muß die Stärke der Magnetfelder
in den Ablenkmagneten genau auf die Geschwindigkeit bzw. den relativistischen Impuls
der Teilchen abgestimmt sein, damit sie nicht „aus der Bahn geworfen werden“. Da sich
auf den Beschleunigungsstrecken die Energie der Teilchen immer weiter erhöht, müssen
Hochfrequenz- und Magnetfelder genau aufeinander abgestimmt sein.
In „magnetischen Fokussierlinsen“ werden die Pakete aus elektrisch geladenen Teilchen
im Strahlengang gefestigt. Dies geschieht im allgemeinen durch Quardupole. Bei höheren
Teilchenenergien verwendet man zusätzlich
Sextupolmagneten zur Stabilisierung des
Teilchenstrahls.
Speicherringe sind ähnlich wie Ringbeschleuniger aufgebaut. Der größte Speicherring der
Welt befindet sich im CERN bei Genf. Er liegt ca. 100 m unter der Erdoberfläche, halb auf
schweizerischem, halb auf französischen Gelände, und hat einen Umfang von 27 km. Bis
zum Ende des Jahres 2000 wurden dort im LEP-Experiment Elektronen gegen Positronen
beschleunigt.
In beiden Beschleunigerarten, also Linear- und Ringbeschleuniger, muß ein
Ultrahochvakuum herrschen, damit die Teilchen nicht fortwährend ihre Energie an
umgebende Gasmoleküle abgeben, aus dem Teilchenstrahl ausbrechen und so nicht für
gezielte Teilchenkollisionen zur Verfügung stehen können.
In den Linear- oder Ringbeschleunigern können zwei Arten von Experimenten
vorgenommen werden: das „Fixed-Target-Experiment“ und das „Colliding-BeamExperiment“.
Beim Fixed-Target-Experiment werden die im Beschleuniger auf hohe Energien
gebrachten Teilchenpakete auf eine ruhende Zielscheibe (engl. target) geschossen. Dabei
untersucht man entweder die Strukturen der Teilchen des Targets, oder man erzeugt
durch eine Vielzahl von Reaktionen neue Teilchen, wobei diese neuen Teilchen durch die
Umwandlung der Energien der Teilchen aus dem Teilchenstrahl in Masse entstehen.
Beim Colliding-Beam-Experiment werden Teilchenpakete entgegengesetzt beschleunigt
und auf hohe Energien und unter anderem an gezielt ausgewählten Punkten zur Kollision
gebracht. Auch
hierbei
kann
man z.B. die Strukturen
der Teilchen
des einen
Teilchenstrahls durch die Teilchen des anderen Teilchenstrahls untersuchen. Man kann
aber auch die erzielbaren, sehr hohen Energien im Schwerpunktssystem beider
Teilchenstrahlen nutzen, um neue Teilchen zu erzeugen, die man auf ihre Eigenschaften
und ihr Verhalten untersucht.
TEILCHENPHYSIK IN DER SCHULE
Die Teilchenphysik hat bisher nur einen geringen Einzug in die Schulen gehalten.
Dieser beschränkte sich zudem bisher nur auf den Unterricht in der Sekundarstufe II. In
diesem Bereich wurden unter anderem im Rahmen von Staatsexamensarbeiten
interaktive Lernmaterialien erstellt17.
Das Thema Teilchenphysik war jedoch bisher auch in der Sekundarstufe II nie ein
verbindlicher, sondern immer ein optionaler Fachbereich. Daher gibt es zu diesem Thema
bisher nur wenige didaktisch aufbereitete Lehr- und Lernmaterialien.
Für die Sekundarstufe I, in der das Thema Teilchenphysik bisher im Lehrplan überhaupt
nicht vorgesehen war, gibt es bisher noch keine in der Schule einsetzbaren
Unterrichtsmaterialien.
17
Zum Beispiel unter folgenden Internetadressen:

http://iphlehramt.physik.uni-mainz.de/lehrsystem/
Ein „Lehr- und Lernsystem zur Teilchenphysik“, erstellt an der Universität Mainz

http://www.grundlagen-der-teilchenphysik.de/
Grundlagen der Teilchenphysik
PHYSIK IN DER SEKUNDARSTUFE I
In den Richtlinien und Lehrplänen des Landes Nordrhein-Westfalen sind für die
Sekundarstufe I in Physik im Moment folgende Themen für die einzelnen Jahrgangsstufen
vorgesehen:
-
Jahrgangsstufe 6:
1. „Temperatur und Energie“ aus dem Bereich Wärmelehre
2. „Elektrischer Strom“ aus dem Bereich Elektrizitätslehre
3. „Das Licht“ aus dem Bereich Optik
4. „Speicherung, Transport und Entwertung von Energie“ aus den Bereichen
Wärmelehre, Elektrizitätslehre und Optik
-
Jahrgangsstufe 8:
1. „Elektrizität“ aus dem Bereich Elektrizitätslehre
2. „Strahlenoptik“ aus dem Bereich Optik
-
Jahrgangsstufe 9/10:
1. „Die Kraft; Der Druck; Energie, Arbeit, Leistung“ aus dem Bereich Mechanik
2. „Schall; Schwingungen und Wellen“ aus dem Bereich Akustik
3. „Innere Energie“ aus dem Bereich Wärmelehre
4. „Elektrische Energie“ aus dem Bereich Elektrizitätslehre
5. „Radioaktivität und Kernenergie“ aus dem Bereich Kernphysik
Die einzelnen Bereiche des Faches Physik, also Mechanik, Akustik, Wärmelehre,
Elektrizitätslehre,
Optik
und
Kernphysik,
gelten
als
historische
gewachsene
Teildisziplinen. Dabei wird in den Richtlinien erwähnt, daß „[w]eitere Bereiche wie z.B.
Festkörperphysik, Elementarteilchenphysik und Relativitätstheorie [...] wegen ihres zu
hohen Anspruchs keine Berücksichtigung finden“
18
können.
Die Aufgaben und Ziele des Physikunterrichts sind die Vermittlung von Kenntnissen über
Naturvorgänge, um bei den Schülern ein verbessertes Verständnis für die natürliche und
technische Umwelt zu erzeugen. Weiter soll der Physikunterricht in die spezifischen
Arbeitsweisen und Methoden der Physik einweisen und den Schülern beibringen, wie man
Experimente entwickelt, durchführt und auswertet.
Den Schülern sollen im Physikunterricht physikalische Begriffe und Vorstellungen
vermittelt werden, was meist ein langwieriger Prozeß ist, da die Schüler zu vielen
Bereichen der Physik aus dem Alltagsleben eine von der physikalischen Sichtweise stark
abweichende Vorstellung mitbringen. Diese Aufgabe des Physikunterrichts eignet sich gut
zum
Aufbau
kognitiver
Fähigkeiten
der
Schüler,
da
sie
naturwissenschaftliche
Denkweisen und Begriffsschemata erlernen, die sie in ihrem alltäglichen Leben anwenden
können.
18
[12], Seite 37
Ein Ziel des Physikunterrichts ist das Erreichen der Urteils- und Handlungsfähigkeit der
Schüler in Bezug auf die Auswirkungen physikalischer und technischer Anwendungen
sowie die Entwicklung eines Verantwortungsgefühls für diese Auswirkungen auf Natur
und Umwelt.
Im Physikunterricht sollen neben fachspezifischen auch fächerübergreifende Themen
behandelt werden, um einen umfassenderen Überblick über die Physik als Bereich des
gesellschaftlichen Lebens zu verschaffen.
TEILCHENPHYSIK IN DER SEKUNDARSTUFE I
Um in der Sekundarstufe I das Thema Teilchenphysik zu behandeln, muß erst einmal
eine Motivation zu seiner Behandlung aufgebracht werden.
Diese kann man darin sehen, daß im Lehrplan für das Land Nordrhein-Westfalen nur
historisch gewachsenen Themen vorgesehen sind, die jedoch wenig mit der modernen
Physik zu tun haben. Den Schülern wird dadurch der Eindruck von der Physik als einer
toten, schon abgeschlossenen Wissenschaft vermittelt. Dies könnte einer der Gründe
sein, warum die Zahl der Schüler, die für die Sekundarstufe II Physik als Unterrichtsfach
wählen, in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen ist, was sich mittlerweile auch
auf die Studienanfängerzahlen des Faches Physik auswirkt.
Im Bereich der Sekundarstufe I schafft es der Physikunterricht scheinbar nicht mehr,
Schüler für Physik zu begeistern, und auf späterem Wege sind sie kaum noch zu
erreichen.
Dies spricht dafür, den Physikunterricht näher an die modernen Physik mit ihren
Forschungsbereichen und den neuesten Ergebnissen heranzubringen. Durch die
Behandlung aktueller und neuer Themen und Forschungsergebnisse kann bei den
Schülern wieder das Interesse für die Physik geweckt werden, da sie einen Eindruck von
der modernen Physik als lebendige Wissenschaft erhalten.
Diese These wird durch die Ergebnisse der Umfrage bestärkt, die in dem in Anhang B
beschriebenen Probeunterricht gemacht wurde. Dort antworteten 14 von 16 Schülern auf
die Frage, ob sie gerne mehr „moderne Physik“ im Unterricht behandeln würden, mit ja,
während nur zwei Schüler sagten, es sei ihnen egal (s. Anhang B, Frage 22, sowie
Auswertung der Befragung).
Ein Bereich der modernen Wissenschaft ist die Teilchenphysik mit ihren Ergebnissen zum
Aufbau der Materie, zu den Anfängen des Universums und dem Verständnis vom Aufbau
der Welt über das Standardmodell mit seinem Nutzen, aber auch seinen Grenzen als
Modellvorstellung.
Bei den Schülern der 10. Klasse ist aus dem früheren Physik- und Chemieunterricht
schon eine recht konkrete Vorstellung vom atomaren Aufbau der Materie vorhanden.
So wird im Chemieunterricht in der 7. Klasse erstmals im Zusammenhang mit den
Übergängen zwischen den einzelnen Aggregatzuständen die Vorstellung vom Aufbau der
Materie aus Teilchen vermittelt. Diese Teilchen sind jedoch nur „Kügelchen“ ohne
sonstige Eigenschaften.
In der 8.Klasse wird der Aufbau der Materie aus Atomen erstmals eingeführt. Dies
geschieht im Rahmen der Elektrizitätslehre. Hier werden elektrische Ladungen und damit
auch elektrische Ströme erläutert. Dabei wird die Elektronenvorstellung und die
stufengerechte Kenntnis über den atomaren Aufbau der Materie erklärt. Die Atome sind
aus Elektronen mit negativer elektrischer Ladung und Atomkernen mit positiver
elektrischer Ladung aufgebaut.
Diese Vorstellung wird in der 9. Klasse im Chemieunterricht wieder aufgegriffen, um
darüber den Atomaufbau und das Periodensystem einzuführen. Als Atommodell wird das
Kern-Hülle-Modell erläutert. Hier wird eine Vorstellung von Elementarteilchen im Aufbau
der Materie vermittelt. Es handelt sich jedoch um den Aufbau der Materie aus den
Elementarteilchen Elektron und Proton sowie Neutron. Auch der Molekülbegriff ist unter
anderem am Beispiel des Wassers (H2O) aus dem Chemieunterricht bekannt.
Die Schüler haben außerdem eine Vorstellung von Wechselwirkungen, die sich jedoch auf
die vielfältigen, behandelten Kraftwirkungen bezieht. Diese Kräfte haben ihren Ursprung
in Magneten, mechanischen Geräten, Menschen oder der Erde. Sie wirken immer
zwischen
zwei
Wechselwirkungspartnern,
es
wird
also
in
der
9.
Klasse
im
Physikunterricht schon auf den Wechselwirkungsaspekt eingegangen.
Die möglichen Wirkungen von Kräften sind zu diesem Zeitpunkt für die Schüler
Bewegungsänderungen
oder
Verformungen,
also
makroskopisch
beobachtbare
Wirkungen.
Weiter haben die Schüler die Vorstellung, dass Kräfte eine Richtung, einen Betrag und
einen Angriffspunkt haben, sich durch Pfeile darstellen lassen, und dass sich die
Kraftwirkung zweier Kräfte durch ein Kräfteparallelogramm in seinem Betrag und seiner
Richtung bestimmen läßt.
Auf diesen Grundlagen kann man die Teilchenphysik in sehr vereinfachter Form zum
Thema der Sekundarstufe I machen und so den Schülern einen Einblick in die modernen
Physik gewähren.
Als Anhänge A, B und C findet man ein Websystem, in welchem im Bezug auf den
Kenntnisstand der Schüler der 10.Klasse eines Gymnasiums die Teilchenphysik zum Teil
interaktiv erarbeitet wird, weiter ein Unterrichtskonzept, welches in ersten Ansätzen die
Realisierung einer Unterrichtseinheit zum Thema Teilchenphysik beschreibt, sowie eine
kurze
Beschreibung
eines
9-stündigen
Probeunterrichts
in
einer
10.Klasse
mit
Umfragebögen sowie einer teilweisen Auswertung der Umfrageergebnisse.
Damit sind ein erster konzeptioneller Entwurf sowie erforderliche Unterrichtsmaterialien
für das Thema Teilchenphysik in der 10. Klasse erstellt worden, die auch schon in einem
ersten Unterrichtsversuch getestet wurden.
Das Ergebnis des Unterrichts zeigt, dass die ersten Schritte zu einem thematisch anders
orientiertem Physikunterricht, wie sie in dieser Arbeit unternommen wurden, den
richtigen Weg zu einem moderneren Physikunterricht in der Sekundarstufe I zeigen
könnten.
LITERATUR
[1]
BADER,F./ DORN,F.: Physik, Sekundarstufe I. Schroedel Schulbuchverlag GmbH,
Hannover 1993.
[2]
BREDTHAUER,W./
KLAR,G./
LICHTFELDT,M./
REIMERS,J./
SCHMITDT,M./
WESSELS,P.: Impulse Physik 1 für die Mittelstufe der Gymnasien. Ernst Klett
Schulbuch GmbH, Stuttgart, 1993.
[3]
FRAUENFELDER,H./HENLEY,E.M.: Teilchen und Kerne – Die Welt der subatomaren
Physik. R.Oldenbourg Verlag, München; Wien: Oldenbourg: 1999.
[4]
GREHN,J.(Hg.): Metzler Physik. Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover,
1992.
[5]
HILSCHER,
H.:
Elementare
Teilchenphysik.
Friedr.
Vieweg
&
Sohn
Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 1996.
[6]
HINTERBERGER, F.: Physik der Teilchenbeschleuniger und Ionenoptik. SpringerVerlag, Berlin/ Heidelberg/ New York, 1997.
[7]
HÖFLING,O.: Physik, Band II, Teil 3, Quanten und Atome. Ferd. Dümmers Verlag,
Bonn, 1986.
[8]
HÖFLING, O./ WALOSCHEK, P.: Die Welt der kleinsten Teilchen – Vorstoß zur
Struktur der Materie. Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 1984.
[9]
HUND, F.: Geschichte der physikalischen Begriffe; Teil 1: Die Entstehung des
mechanischen Weltbildes. Bibliographisches Institut AG, Mannheim, 1978.
[10]
IHNE,W./ LOTTERMOSER,J./ ZÖLLNER,W. (Hrsg.): Einführung in die Physik,
Sekundarstufe I, Ausgabe E. Verlag Moritz Diesterweg GmbH & Co., Frankfurt a.
M., 1994.
[11]
KULTUSMINISTERIUM DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN: Richtlinien und
Lehrpläne Chemie, Gymnasium, Sekundarstufe I. Verlagsgesellschaft Ritterbach
mbH, Frechen, 1999.
[12]
KULTUSMINISTERIUM DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN: Richtlinien und
Lehrpläne Physik, Gymnasium, Sekundarstufe I. Verlagsgesellschaft Ritterbach
mbH, Frechen, 1993.
[13]
LOCQUENEUX, R.: Kurze Geschichte der Physik. Vandenhoeck & Ruprecht,
Göttingen, 1989.
[14]
MORNEBURG,H. (Hrsg.): Bildgebende Systeme für die medizinische Diagnostik.
Publicis MDC Verlag, München, 1995.
[15]
LOHRMANN,E.: Hochenergiephysik. Teubner Verlag, Stuttgart, 1981.
[16]
NACHTMANN, O.: Elementarteilchenphysik; Phänomene und Konzepte. Friedr.
Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig, 1986.
[17]
ROLLNIK,H.:
Teilchenphysik
II;
Innere
Symmetrien
der
Teilchen.
Bibliographisches Institut AG, Mannheim, 1971.
[18]
TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/
Oxford, 1995.
[19]
WALOSCHEK,P.: Besuch im Teilchenzoo; Vom Kristall zum Quark. Rowohlt
Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbeck bei Hamburg, 1996.
[20]
WICK, G.L.: Elementarteilchen; An den Grenzen der Hochenergiephysik. Physik
Verlag GmbH, Weinheim, 1974.
Verwendete Weblinks:

http://hepwww.ph.man.ac.uk/%7Eevents/home.html:
“Identifying Interesting Particle Physics Events at LEP”

http://www.desy.de/html/arbeiten/www1.html
Diese und andere Seiten des Deutschen Elektronen Synchrotron DESY

http://press.web.cern.ch/Press/Photos/
Eine Fotopage des CERN bei Genf

http://www.semghs.bl.bw.schule.de/arbsem/uplanhi/uplanhi.htm
Seiten zur Hilfe der Unterrichtsgestaltung

http://www.aip.org/history/einstein/quantum2.htm
Seiten zum Thema „Kosmologie“

http://www.desy.de/pr-info/Kworkquark/
Ein interaktives Lernprogramm zum Thema „Teilchenphysik“, erstellt vom DESY

http://iphlehramt.physik.uni-mainz.de/lehrsystem/
Ein „Lehr- und Lernsystem zur Teilchenphysik“, erstellt an der Universität Mainz

http://www.grundlagen-der-teilchenphysik.de/
Grundlagen der Teilchenphysik

http://welcome.cern.ch/welcome/gateway.html
Die Webseiten des CERN
ANHANG A:
EIN UNTERRICHTSENTWURF SOWIE EINE
PROJEKTWOCHENPLANUNG ZUR TEILCHENPHYSIK IN DER
SEKUNDARSTUFE I
UNTERRICHTSEINHEIT
TEILCHENPHYSIK FÜR DIE
JAHRGANGSSTUFE 10
Lernziel:
Verständnis der Teilchenphysik als Bereich der Grundlagenforschung
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis ........................................................................... 35
Unterrichtseinheit Teilchenphysik für die Jahrgangsstufe 10 ................. 38
Themeneinteilungen:....................................................................... 38
Grobübersicht: ............................................................................... 39
Didaktische Analyse: ....................................................................... 40
Detailübersicht: .............................................................................. 45
1
Themeneinführung: Bezüge der Teilchenphysik zur
Lebenswirklichkeit der Schüler herstellen ............................ 45
1.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 45
1.2
Sachanalyse: ................................................................... 45
1.3
Themenlernziele .............................................................. 50
2
Strukturen: ..................................................................... 52
2.1
Untersuchungsmethoden der Teilchenphysik bzw. Möglichkeiten
zur Strukturuntersuchung ................................................. 52
2.1.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 52
2.1.2
Sachanalyse: ................................................................... 53
2.2
Betrachtung von Teilchenspuren auf Blasenkammer- und
Detektorbildern ................................................................ 58
2.2.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 58
2.2.2
Sachanalyse: ................................................................... 58
2.3
Themenlernziele .............................................................. 59
3
Materieaufbau: ................................................................ 62
3.1
Wege zur Erkenntnis über den Materieaufbau sowie Aufbau der
Materie in einzelnen Stufen (vom Molekül zu den
Elementarteilchen) ........................................................... 62
3.1.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 62
3.1.2
Sachanalyse: ................................................................... 62
3.1.3
Umsetzungsmöglichkeit in der Schule: ................................ 69
3.2
Themenlernziele: ............................................................. 73
4
Radioaktivität: ................................................................. 77
4.1
Die drei Strahlungsarten, ihre Eigenschaften, die Nachweis- und
Unterscheidungsmöglichkeiten sowie ihre Entstehung ........... 77
4.1.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 77
4.1.2
Sachanalyse: ................................................................... 77
4.2
Strahlenschutz & Strahlenwirkung: Strahlenwirkungen
(genetische und somatische Schäden),
Strahlenschutzmaßnahmen, Einsatzmöglichkeiten ionisierender
Strahlung in der Medizin ................................................... 86
4.2.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 86
4.2.2
Sachanalyse: ................................................................... 88
4.3
Kernenergie: Kernkraftwerke, Kernspaltung, Kettenreaktion,
Kernreaktoren, Nutzen und Risiken von Kernkraftwerken ...... 94
4.3.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 94
4.3.2
Sachanalyse: ................................................................... 94
4.4
Themenlernziele: ........................................................... 100
5
Wechselwirkungen: die vier fundamentalen Wechselwirkungen,
ihre Austauschteilchen und Wirkungsbereiche, die drei Folgen
der Wechselwirkungen: Kraft, Produktion, Zerfall
(Interpretation von Blasenkammer- und Detektorbildern;
................................................................................... 103
5.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 103
5.2
Sachanalyse: ................................................................. 103
5.3
Themenlernziele: ........................................................... 114
6
Standardmodell: ............................................................ 115
6.1
Inhalte des Modells : ...................................................... 115
6.1.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 115
6.1.2
Sachanalyse: ................................................................. 116
6.2
Nutzen und Grenzen des Modells: .................................... 117
6.2.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 117
6.2.2
Sachanalyse: ................................................................. 118
6.3
Themenlernziele: ........................................................... 119
7
Anwendung: Kosmologie: ............................................... 120
7.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 120
7.2
Sachanalyse: ................................................................. 120
7.3
Themenlernziele: ........................................................... 122
8
Historie: historische Entwicklung von der Antike zur modernen
Teilchenphysik ............................................................... 124
8.1
Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 124
8.2
Sachanalyse: ................................................................. 124
8.3
Themenlernziele: ........................................................... 131
Der Grobentwurf für das Konzept einer Projektwoche zur Teilchenphysik in
der Jahrgangsstufe 10 .................................................... 132
Anhang: Folienvorlagen zum Einsatz im Unterricht
UNTERRICHTSEINHEIT TEILCHENPHYSIK FÜR DIE
JAHRGANGSSTUFE 10
Lernziel: Verständnis der Teilchenphysik als Bereich der Grundlagenforschung
THEMENEINTEILUNGEN:
Die Unterrichtseinheit besteht aus mehreren Bereichen, die sich zum Teil wiederholen.
Eingangs wird eine Grobübersicht über die Einteilung der Einheit in die einzelnen
Themenbereiche vorgenommen.
In der didaktischen Analyse wird zum einen eine Bestandsaufnahme vorgenommen,
welche Vorkenntnisse man in der Unterrichtseinheit zu den einzelnen Themen bei den
Schülern voraussetzen können sollte, zum anderen wird erläutert, welche Lernziele in
den einzelnen Themenbereichen angestrebt werden.
Im dritten Teil wird eine Detailübersicht der in der Grobübersicht eingeteilten Themen
gegeben. Dabei unterteilen sich die einzelnen übergeordneten Themengebiete teilweise in
Unterthemen, zu denen jeweils eine Motivation zur Stellung in der Unterrichtseinheit
vorgenommen wird, gefolgt von einer Sachanalyse, die zur Einführung der Lehrkraft in
das jeweilige Thema dienen soll. Am Ende jedes übergeordneten Themenabschnitts sind
dessen Lernziele für den Schüler unter dem Abschnitt Themenlernziele zusammengefaßt.
GROBÜBERSICHT:
1. Themeneinführung: Bezüge der Teilchenphysik zur Lebenswirklichkeit der Schüler
herstellen
2. Strukturen:
-
Untersuchungsmethoden der Teilchenphysik bzw. Möglichkeiten zur
Strukturuntersuchung
-
Betrachtung von Teilchenspuren auf Blasenkammer- und Detektorbildern
3. Materieaufbau:
-
Wege zur Erkenntnis über den Materieaufbau
-
Aufbau der Materie in einzelnen Stufen (vom Molekül zu den Elementarteilchen)
4. Radioaktivität:
-
Die drei Strahlungsarten, ihre Eigenschaften, die Nachweis- und
Unterscheidungsmöglichkeiten sowie ihre Entstehung
-
Strahlenschutz & Strahlenwirkung: Strahlenwirkungen (genetische und
somatische Schäden), Strahlenschutzmaßnahmen, Einsatzmöglichkeiten
ionisierender Strahlung in der Medizin
-
Kernenergie: Kernkraftwerke, Kernspaltung, Kettenreaktion, Kernreaktoren,
Nutzen und Risiken von Kernkraftwerken
5.
Wechselwirkungen: die vier fundamentalen Wechselwirkungen, ihre Austauschteilchen
und Wirkungsbereiche, die drei Folgen der Wechselwirkungen: Kraft, Produktion,
Zerfall (Interpretation von Detektorbildern;
6. Standardmodell:
-
Inhalte des Modells
-
Nutzen und Grenzen des Modells
7. Anwendung: Kosmologie
8. Historie: historische Entwicklung von der Antike zur modernen Teilchenphysik
DIDAKTISCHE ANALYSE:
Vorkenntnisse der Schüler:
Die Schüler stehen am Anfang der Unterrichtsreihe zum Thema des Materieaufbaus auf
dem Wissensstand, der ihnen teilweise im Physik-, teilweise im Chemieunterricht
vermittelt wurde.
So wird im Chemieunterricht in der 7.Klasse erstmals im Zusammenhang mit den
Übergängen zwischen den einzelnen Aggregatzuständen die Vorstellung vom Aufbau der
Materie aus Teilchen vermittelt. Diese Teilchen sind jedoch nur „Kügelchen“ ohne
sonstige Eigenschaften.
In der 8.Klasse wird der Aufbau der Materie aus Atomen erstmals eingeführt. Dies
geschieht im Rahmen der Elektrizitätslehre. Hier werden elektrische Ladungen und damit
auch elektrische Ströme erläutert. Dabei wird die Elektronenvorstellung und die
stufengerechte Kenntnis über den atomaren Aufbau der Materie erklärt. Dabei sind die
Atome aus Elektronen mit negativer elektrischer Ladung und Atomkernen mit positiver
elektrischer Ladung aufgebaut.
Diese Vorstellung wird in der 9.Klasse im Chemieunterricht wieder aufgegriffen, um
darüber den Atomaufbau und das Periodensystem einzuführen. Als Atommodell wird das
Kern-Hülle-Modell erläutert. Hier wird eine Vorstellung von Elementarteilchen im Aufbau
der Materie vermittelt. Es handelt sich jedoch um den Aufbau der Materie aus den
Elementarteilchen Elektron und Proton sowie Neutron. Auch der Molekülbegriff ist unter
anderem am Beispiel des Wassers H2O aus dem Chemieunterricht bekannt.
Das Thema Wechselwirkung ist den Schülern nur unter anderem Namen, nämlich unter
vielfältigsten Kraftwirkungen, bekannt. Diese Kräfte haben ihren Ursprung in Magneten,
mechanischen Geräten, Menschen, der Erde oder sonstigen Dingen. Sie wirken immer
zwischen zwei Wechselwirkungspartnern, es wird also in der 9.Klasse im Physikunterricht
schon auf den Wechselwirkungsaspekt eingegangen. Die möglichen Wirkungen von
Kräften
sind
zu
diesem
Zeitpunkt
für
die
Schüler
Bewegungsänderungen
oder
Verformungen, also makroskopisch beobachtbare Wirkungen. Weiter haben die Schüler
die Vorstellung, das Kräfte eine Richtung, einen Betrag und einen Angriffspunkt haben,
sich durch Pfeile darstellen lassen, und das sich die Kraftwirkung zweier Kräfte durch ein
Kräfteparallelogramm in seinem Betrag und seiner Richtung bestimmen läßt.
Zum Thema Radioaktivität wird die Vorkenntnis der meisten Schüler sich vermutlich auf
öffentliche
Medien
beschränken,
wenn
überhaupt
Kenntnisse
zu
diesem
Thema
vorhanden sind. Über den Aufbau der Atomkerne sowie die dort stattfindenden
Reaktionen werden die Schüler aus dem Schulunterricht noch keine Kenntnisse
mitbringen.
Zum
Thema
der
Strukturuntersuchungen
kann
man
nur
die
strahlenoptische
Vorkenntnis aus dem Physikunterricht der 8.Klasse voraussetzen. Dort wird Licht in Form
von Lichtstrahlen mit geradliniger Ausbreitungsrichtung behandelt, eine Vorstellung, die
aus
dem
Physikunterricht
der
6.Klasse
aufgegriffen
wird.
Optische
Geräte
zur
Strukturuntersuchung wie Lupe und Lichtmikroskop werden durch ihren Aufbau und ihre
vergrößernde Wirkung mit Linsen eingeführt. Die Vorstellung von Licht als aus Teilchen
aufgebaut oder gar die von Licht als Welle ist noch in keiner Weise vorhanden.
Die für die Dimensionsvorstellung wichtige Einführung der Potenzschreibweise wird im
Mathematikunterricht meist
in der 10.Klasse eingeführt, kann also schon als bekannt
vorausgesetzt werden. Die Vorstellung von den Größen, d.h. ob etwas sehr klein oder
sehr groß ist, muß jedoch erst aufgebaut werden.
Das Leitthema der Sekundarstufe ist der Energiebegriff. Dieser wird ab der 6.Klasse
systematisch aufgebaut. Für die Unterrichtseinheit relevante Energieformen, die als
schon bekannt vorausgesetzt werden können,
sind die der potentiellen Energie
(Lageenergie), die der kinetischen Energie (Bewegungsenergie) und die der elektrischen
Energie. Während die potentielle Energie als Produkt aus Gewichtskraft und Höhe
eingeführt wird, wird die kinetische Energie nur phänomenologisch erklärt. Die
elektrische Energie ist den Schülern als Produkt aus der Ladung und einer angelegten
Spannung, in der die Ladung beschleunigt wird, bekannt. Weiter wissen die Schüler, daß
verschiedene Energieformen ineinander umgewandelt werden können.
Ziele der Unterrichtseinheit:
1. In dieser Unterrichtseinheit soll die Vorstellung vom Aufbau der Materie, die die
Schüler zu diesem Zeitpunkt haben, in komplexere Strukturen erweitert werden. Sie
sollen den Weg vom Aufbau der Materie in seiner baukastenartigen Anlegung
nachvollziehen, von den Molekülen als größte Struktur bis hin zum Begriff der Quarks
und Leptonen als Fundamentalteilchen. Dies dient dazu, daß die Schüler zu einem
Zeitpunkt, an dem sie eventuell letztmals mit naturwissenschaftlichen Phänomenen
in Berührung kommen, den bisherigen Weg zum Verständnis vom Aufbau der Materie
bis zum heutigen Stand der Wissenschaft zu Ende gehen. Damit wird dieser Bereich,
der bis dahin fächerübergreifend im Chemie- und Physikunterricht stufenweise
motiviert und aufgebaut wurde, zu einem Abschluß gebracht. Den Schülern wird
durch einen aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Aufbau der Materie und
die Einführung der damit verbundenen Fachbegriffe ermöglicht, sich selbständig in
öffentlichen oder fachlichen Medien weiterzubilden und die Entwicklungen in der
weiteren Forschung in begrenztem Rahmen nachvollziehen zu können.
2. Aus diesem Grund wird in dieser Unterrichtseinheit der Begriff des Standardmodells
der Teilchenphysik eingeführt. Zum einen kann der Aufbau der Materie eingebracht
werden, zum anderen wird den Schülern eine einfache Vorstellung von der Welt mit
den in ihr beobachtbaren Wechselwirkungen vermittelt. Dabei sollte versucht
werden, den Schülern die Einfachheit des Standardmodells, aber auch seine Aufgabe
als
Modell
zur
Beschreibung
beobachtbarer
physikalischer
Phänomene
im
Mikrokosmos zu beschreiben.
Durch
die
Einführung
dieses
Themas
wird
den
Schülern
ermöglicht,
den
Materieaufbau aus den Elementarteilchen nicht als eine isolierte Wissenschaft
anzusehen, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen diesen Materiebausteinen
zu verstehen. Damit wird den Schülern der ganze Blick auf einen aktuellen
Forschungsbereich der modernen Physik geöffnet. Zudem kann den Schülern auch
auf Grund ihres bisherigen Wissensstandes nahegebracht werden, daß die Forschung
immer einfachere und trotzdem themenumfassendere Modelle entwickelt, die bisher
unzusammenhängend
oder
schwer
erklärbare
Phänomene
elementar
und
übersichtlich zu erklären vermögen.
In diesem Zusammenhang sollte jedoch nicht nur auf den Nutzen, sondern auch die
Grenzen von Modellen in der Physik eingegangen werden. Damit kann man die
Schüler über die wissenschaftliche Praxis der Modellentwicklung aufklären, ihnen
aber
auch
aufzeigen,
daß
alle
Modelle
von
Menschen
geschaffen
und
zur
Beschreibung von vielen physikalischen Phänomenen mit wenigen Grundregeln
dienen. Auf diesem Wege könnte erreicht werden, daß den Schülern der Blick auf die
Physik als Wissenschaft von Menschenhand mit allen Irrwegen und Fehlern geöffnet
oder erweitert werden.
3.
Um den Schülern einen Einblick in die Wege der modernen Physik und ihrer
Forschungsmöglichkeiten zu vermitteln, wird der schon vorhandene Begriff des
Lichtmikroskops zur Untersuchung von Strukturen aufgegriffen und bis zur
Strukturuntersuchung von Materie mit Teilchenbeschleunigern erweitert. Dabei wird
die bis dahin ausreichende Vorstellung von Licht als Lichtstrahl aufgegriffen und zur
Teilchenvorstellung, d.h. daß Licht aus Photonen besteht, erweitert.
Dadurch lernen die Schüler am Beispiel von Licht, daß es für verschiedene
Betrachtungsweisen unterschiedlicher Phänomene wechselnde Modellvorstellungen
gibt, die zur Erklärung von beobachtbaren Ereignissen herangezogen werden
können. So reichte es für die Strahlenoptik aus, sich Licht als Strahl vorzustellen.
Dies
war
aber
eine
Strukturuntersuchung
modellhafte
kleinerer
Vorstellung.
Strukturen
zum
Nun
wird
besseren
für
die
weitere
Verständnis
die
Modellvorstellung von Licht als Teilchen herangezogen. Auch an dieser Stelle können
die Schüler also den Nutzen und die Einsatzmöglichkeit, aber auch die Grenzen von
Modellen in der Physik kennenlernen. Hierbei wird vor allem klar, daß man im Falle
von Licht nicht von „richtigen“ und „falschen“ Modellen sprechen kann. In diesem Fall
ist die „Teilchenvorstellung“ aus der „Strahlvorstellung“ logisch über die Vorstellung
eines
Wasserstrahls,
der
aus
vielen
Wassertropfen,
also
Teilchen,
besteht,
ersichtlich.
4.
Ein weiteres großes Thema der Unterrichtseinheit ist die Radioaktivität, die im
Rahmen der Kernphysik eingeführt wird.
Dieses Thema ist den Schülern vermutlich schon aus diversen Medien bekannt, daher
bedarf es im Rahmen der Sekundarstufe I einer flächendeckenden Aufklärung. Da für
viele Schüler der Physikunterricht nach der 10.Klasse endet, ist es wichtig, sie noch
über die Themen Kernreaktionen, Kernkraft und daraus gewonnene Kernenergie,
über Strahlenschutz und medizinische Einsatzmöglichkeiten ionisierender Strahlung
aufzuklären. Der Aufklärungsbedarf ist um so mehr gegeben, da in den Medien
häufig ein sehr negatives und damit angsteinflößendes Bild vom Thema Kernkraft
verbreitet wird.
Die Schüler sollen nach Behandlung dieses Themas fähig sein zur kritischen
Auseinandersetzung und eigenen Meinungsbildung. Damit wird ihnen die Möglichkeit
gegeben, nicht nur auf die Aussagen der Medien angewiesen zu sein, sondern diese
kritisch
zu
beleuchten
und
somit
eigenverantwortlicher
Energienutzung im Rahmen von Kernenergie umzugehen.
mit
Themen
wie
Damit steht das Thema Radioaktivität stellvertretend für Unterrichtsthemen, die
unmittelbar, aber auch zukünftig für die Lebenswirklichkeit der Schüler und späteren
Mitgliedern der Gesellschaft wichtig sind und somit für die Gesellschaft notwendige,
an sie gebundene Bildungsinhalte vermitteln.
5.
Als
weiterer
neuer
Lerninhalt
der
Unterrichtseinheit
wird
der
Begriff
der
Massenenergie eingeführt. Er hat für den Energiebegriff als Leitmotiv für den
Unterricht in der Sekundarstufe I eine relevante Bedeutung. Die Schüler lernen
neben
einer bekannten, für die Teilchenphysik relevanten
Vorstellung
einen
Zusammenhang zu der bekannten Einsteinschen Formel E =mc² kennen. Hier wird
also der Energiebegriff der Schüler erweitert sowie noch einmal die Möglichkeit der
Umwandlung verschiedener Energieformen erläutert.
DETAILÜBERSICHT:
1
THEMENEINFÜHRUNG: BEZÜGE DER TEILCHENPHYSIK ZUR
LEBENSWIRKLICHKEIT DER SCHÜLER HERSTELLEN
1.1
STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Am Anfang der Unterrichtseinheit sollen die Schüler einen ersten Überblick über drei
mögliche Problemstellungen zum Thema Teilchenphysik erhalten. Die Stunde soll als
Einstieg und Motivation für die Auseinandersetzung mit dem neuen Unterrichtsthema
dienen.
1.2
SACHANALYSE:
Zu dem Thema Teilchenphysik hat man mehrere Einstiegsmöglichkeiten. Drei mögliche
Themen sind die Strahlenbelastung bzw. Strahlung im allgemeinen und die Medizin
als alltagsbezogene Themen sowie der Urknall als fundamentale Fragestellung. Alle drei
Themen sollten einen Eindruck von den Möglichkeiten und Erkenntnissen bieten, die man
im Rahmen der Unterrichtseinheit Teilchenphysik gewinnen kann.
a.) Strahlung:
Behandelte Strahlungsarten:
1.) Höhenstrahlung
2.) Radioaktive Strahlung
3.) Licht- und Röntgenstrahlung
Zu: 1.) Höhenstrahlung:
Die Höhenstrahlung bietet sich an, da dort aus der Primärstrahlung, hauptsächlich aus
Protonen bestehend, eine Sekundärstrahlung aus vielen Teilchen entsteht, die man zu
den Elementarteilchen zählen kann oder die zumindest aus ihnen zusammengesetzt sind.
Als erste Sekundärteilchen entstehen meist aus dem Zusammenstoß eines Protons aus
dem All mit einem Atom der Erdatmosphäre, bei dem das Proton mit einem Nukleon
reagiert, über die starke Wechselwirkung Pionen. Es gibt also die Reaktionsgleichungen:
p + p  p + p + 0
p + p  p + n + +
p + p  p + p + + + Ein Beispiel für die Reaktion auf der Quarkebene ist im folgenden angegeben:
Die geladenen Pionen, und -, zerfallen über die schwache Wechselwirkung in Myonen
und Neutrinos:


Die Zerfälle auf der Quark-Ebene sind in folgenden Abbildungen zu sehen:
Die Myonen, die bei den Zerfällen der geladenen Pionen entstehen, erreichen meist die
Erde, daher kann man auf der Erdoberfläche auch sehr viele von ihnen messen. Sie
zerfallen nach einer Zeit von 10-6 Sekunden über die schwache Wechselwirkung. Dabei
zerfallen sie entweder in ein Positron oder ein Elektron und jeweils zwei Neutrinos.
Als Beispiel ist in folgender Abbildung der Myonenzerfall dargestellt:
Die elektrisch neutralen und so gut wie gar nicht reagierenden Neutrinos kann man
jedoch bisher nur sehr schwer nachweisen. In den letzten Jahren ist dies jedoch in Japan
mit sehr großen unterirdischen Detektoren gelungen, diese Neutrinos zu messen, und
man konnte aus diesen Messungen Hinweise auf eine endliche Neutrinomasse erhalten.
Das neutrale Pion zerfällt in zwei Photonen:
2
Kommt eines der Photonen in die Nähe eines Sauerstoffatoms oder anderer Objekte aus
der Atmosphäre, so kann über Paarbildung ein Elektron-Positron-Paar erzeugt werden.
Der Zerfall des neutralen Pions ist also verantwortlich für einen Schauer aus Positronen
und Elektronen, die ihren Ursprung in der Höhenstrahlung haben und die Erdoberfläche
erreichen.
Zu: 2.) radioaktive Strahlung:
Die radioaktive Strahlung war bisher im Lehrplan für die 10. Klasse als einziger Beitrag
zur modernen Physik vorgesehen. Sie sollte auch wegen ihrer starken Medienpräsenz und
dem bei
den Schülern für dieses Thema
bestehenden
Interesses
ein Teil
der
Unterrichtseinheit sein. Da es sich bei der radioaktiven Strahlung um Teilchenstrahlung
handelt, paßt sie thematisch sehr gut in die Unterrichtsreihe.
Die radioaktive Strahlung unterteilt man in und Strahlung. Um welche Art von
Teilchen es sich bei den verschiedenen Strahlungsarten handelt, soll in diesem
Zusammenhang noch nicht geklärt werden. Es sollten jedoch schon Begriffe wie
Durchdringungsvermögen, Reichweite und elektrische Ladung erläutert sowie zu den
einzelnen Strahlungsarten konkret genannt werden.
Zu: 3.) Licht- und Röntgenstrahlung:
Als
Einführungsthema
kann
man
in
dem
Bereich
Strahlung
die
Licht-
und
Röntgenstrahlung als Teilchenstrahlung einführen. In diesem Zusammenhang muß
jedoch die bis dahin bestehende Vorstellung der Schüler zur geometrischen Strahlenoptik
modifiziert werden. Die Teilcheneigenschaft von Licht ist eine vollkommen neue und
daher intensiv zu erklärende Neuheit für die Schüler, die jedoch erst später erklärt
werden soll.
Die
Lichtstrahlung
kann,
genauso
wie
die
Röntgenstrahlung
als
Strahlung
aus
Lichtteilchen, den sogenannten Photonen beschrieben werden. Dabei wird zwischen
sichtbarem
Licht
als
Teilchenstrahlung
aus
Photonen
mittlerer
Energie
und
Röntgenstrahlung als solche mit Photonen hoher Energie unterschieden, ohne auf die
Welleneigenschaft einzugehen. Photonen werden als Teilchen eingeführt, ohne ihre
Eigenschaften an dieser Stelle weiter zu erläutern. Dies soll erst im Laufe der weiteren
Unterrichtseinheit geschehen.
b.) Medizin:
Aus dem Bereich der Medizin lassen sich zum einen die Anwendungen zur Behandlung
von Krebs, zum anderen die Anwendungen zu Vorsorgeuntersuchungen für Krebs
thematisieren.
1.)
Krebsbehandlung:
Hier kann man die Schwerionentherapie mit Kohlenstoffionen vorstellen. Bei
dieser
Therapie,
die
seit
1998
an
der
GSI,
der
Gesellschaft
für
Schwerionenforschung in Darmstadt, durchgeführt und erforscht wird, ist eine
besonders
hohe
Effizienz
in
der
Krebsbehandlung
von
Gehirn-
oder
Rückenmarkstumoren erzielbar. Die Ionen werden nach genauer Lokalisierung
des Tumors mit genau der Energie ausgestattet, die sie benötigen, um möglichst
ihre gesamte Energie im Tumor abzugeben. Dadurch wird nur der Bereich in
Einschußrichtung der Ionen vor dem Tumor leicht belastet, gesundes Gewebe
neben oder hinter dem Tumor erhält jedoch so gut wie keine Energiedosen.
Damit ist diese Therapieform eine neue Anwendung des medizinischen Einsatzes
von Teilchenstrahlung.
2.)
Krebsvorsorge:
Eine Methode zur medizinischen Anwendung in der Krebsvorsorge ist die
Tomographie (Schichtaufnahmeverfahren).
Ein
Beispiel
Tomography),
hierfür
ein
ist
der
Verfahren
SPECT
zur
(Single
Photon
Emission
Computer
Einzelphotonenemissionstomographie.
Es
handelt sich im Gegensatz zur Schwerionen-Therapie um ein Verfahren zur
Diagnose, nicht zur Behandlung von Krebs. Dabei wird dem Patienten ein
radioaktives
Material
verabreicht,
entweder
durch
Einspritzen
in
den
Blutkreislauf, oder durch Einatmen von mit radioaktiven Substanzen vermischten
Gasen für Aufnahmen der Lunge. Von diesem geht dann eine Strahlung aus
Gammateilchen aus, die gemessen werden können, und mit Hilfe eines
Computers kann man dann dreidimensionale Bilder einzelner Körperregionen
erstellen. Dazu kreist die Meßapparatur um den Menschen herum und macht aus
allen möglichen Richtungen "Aufnahmen".
Mit Hilfe des SPECT kann man z.B. das Herz oder Gehirn aufnehmen, den
regionalen Blutfluß oder Stoffwechsel, aber auch Organfunktionen können
untersucht werden.19
c.) Urknall:
Der Urknall ist als fundamentale Frage nach dem Ursprung unseres Universums ein
Punkt, der die Schüler interessieren wird. Genauso wie bei den Themen Strahlung und
Medizin soll jedoch auch hier nur auf das WIE des Urknalls eingegangen werden.
Man weiß heute in etwa, was ab 10-13 Sekunden nach dem Urknall geschah. Das ist die
Situation, wie sie an großen Teilchenbeschleunigern simuliert werden kann. Weiter weiß
man, daß das Universum 10 – 15 Milliarden Jahr alt ist und expandiert, was man an der
Rotverschiebung von Galaxien in Abhängigkeit von ihrer Entfernung bei astronomischen
Beobachtungen herausbekommen hat. Das wiederum führte die Wissenschaftler zu dem
Schluß, daß sich das Universum zum Zeitpunkt des Urknalls auf einem begrenzten, sehr
engen Raum befunden haben muß. Zu dieser Zeit gab es nur Energie, aus der sich dann
bei der Expansion des Universums die heute bekannten Elementarteilchen bildeten. Dies
war ab 10-35 Sekunden nach dem Urknall durch die Umwandlung von Energie in Materie
möglich. Neben den heute bekannten Elementarteilchen hat es aber eventuell noch
weitere Teilchen gegeben, die man bisher jedoch noch nicht gefunden hat.
19
Näheres siehe:
MORNEBURG,H. (Hrsg.): Bildgebende Systeme für die medizinische Diagnostik. Publicis MDC
Verlag, München, 1995., Seite 485 ff
Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt vermutlich elektromagnetische, starke und
schwache Kraft gleich groß. Diese vereinte Urkraft trennte sich möglicherweise etwa zu
diesem Zeitpunkt in die verschiedenen fundamentalen Wechselwirkungen.
Irgendwann zwischen 10-35 – 10-12 Sekunden entstand sich das für das heutige Aussehen
des Universums wichtige Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie. Mit der Zeit
entstanden immer komplexere Teilchenstrukturen, es bildeten sich Nukleonen, dann
Atomkerne, gefolgt von den ersten Molekülen. Diese Entwicklung ging mit einer stetigen
Expansion des Universums einher.
1.3
THEMENLERNZIELE
Lernvoraussetzungen:
Die Schüler müssen für den Beginn der Unterrichtseinheit keine Lernvoraussetzungen
mitbringen.
Zusätzliche Lernmaterialien:
-
Folie zur Entwicklung des Universums vom Urknall bis zur heutigen Zeit, wie sie
nach dem heutigen Stand der Wissenschaft gesehen wird
Themenlernziel:
Die Schüler sollten am Ende dieses Themenabschnitts in groben Zügen wissen, was man
heute über die Themen Urknall, Strahlung und Medizin weiß.
Zum Thema Strahlung sollte man den Schülern ersichtlich machen, daß die Forscher die
unerwartet unter anderem in der Höhenstrahlung auftauchenden Teilchen in eine
Systematik bringen wollten, und das dies eine der Motivationen für weitere Forschungen
war.
Man kann den Schülern zur Erläuterung der Höhenstrahlung die relevanten Teilchen
namentlich
nennen,
Primärstrahlung
oder
ohne
die
di
Reaktionsgleichungen
Eigenschaften
der
zur
Teilchen
Entstehung
oder
ihre
aus
Stellung
der
im
Standardmodell einzuführen.
An dieser Stelle ist die Einführung der Teilcheneigenschaft von Licht nötig, welche man
als „neue“ Modellvorstellung von Licht einführen kann. In diesem Rahmen ist es sinnvoll,
auf die Bedeutung des Begriffs „Modell“ im Bereich der Physik einzugehen. Dabei sollte
den Schülern nahe gebracht werden, daß Modelle in der Physik entwickelt werden, um
Naturgegebenheiten sinnvoll erklären zu können, und daß Modelle Grenzen haben
können, die zeigen, wenn sie eventuell nicht anwendbar sind. Hierbei stellen offene
Fragen Grenzen der Anwendbarkeit dar.
Weiter sollten die Schüler zu diesem Thema die folgenden Eigenschaften der radioaktiven
Strahlungsarten kennenlernen: aus welchen Teilchen die Strahlungen bestehen, d.h.
welche
elektrische
Ladung,
Masse,
Reichweite
in
Luft
und
welches
Durchdringungsvermögen bzw. Abschirmungsmöglichkeiten (Papier, Blei,...) sie haben.
Im Folgenden eine kurze Auflistung:
-
- Strahlung besteht aus schweren, elektrisch positiv geladenen Teilchen, die in Luft
eine Reichweite von einigen Zentimetern haben und schon von einem Platt Papier
absorbiert werden.
-
- Strahlung besteht aus recht leichten, elektrisch negativ oder positiv geladenen
Teilchen
mit
einer
Reichweite
von
einigen
Metern
in
Luft
sowie
einem
Durchdringungsvermögen von einigen Zentimeter dicken Bleiplatten.
-
- Strahlung besteht aus masselosen, elektrisch neutralen Teilchen mit einer praktisch
endlosen Reichweite in Luft und einem sehr hohen Durchdringungsvermögen. Bei den
Gamma-Teilchen handelt es sich um Lichtteilchen, die sogenannten Photonen.
In dem Zusammenhang mit der radioaktiven Strahlung müssen auch die Begriffe des
Durchdringungsvermögens sowie der Reichweite von Strahlung erläutert werden.
Als Reichweite oder mittlere Reichweite bezeichnet man die Strecke, nach die
Intensität einer Strahlung um den Wert 1/e, bzw. auf 36,8% des anfänglichen Intensität
abgefallen ist. Wie groß die Reichweite ist, hängt von dem Material ab, das durchdrungen
wird. So kann man über sie auch eine Aussage über die Eindringtiefe in z.B. menschliches
Gewebe ableiten, was für medizinische Zwecke oder aus Strahlenschutzgründen wichtig
sein kann.
Zum Thema Medizin sollten die Schüler über die Möglichkeiten von Teilchenstrahlung in
der Medizin, speziell in der Krebsvorsorge und –therapie, Bescheid wissen. Dazu kann
man
die
im
Websystem
angeführten
Beispiele
heranziehen,
aber
auch
andere
Behandlungsmethoden erarbeiten.
Zum Thema Urknall ist es wichtig, daß die Schüler sich darüber bewußt werden, daß der
Urknall der Anfang des Universums war, daß man heute weiß, daß das Universum
punktförmig begann und sich immer weiter ausdehnt, welches Alter das Universum hat,
und das es eine zeitliche Grenze gibt, bis zu der Wissenschaftler bisher das Universum
erforscht haben. Den Schülern sollte im Zusammenhang mit der Teilchenphysik in
diesem einführenden Teil der Unterrichtseinheit ebenfalls die Bedeutung des Urknalls als
Ausgangspunkt einer Vielzahl von Teilchen nahe gebracht werden. Weiter sollte motiviert
werden,
daß
es
eine
Modellvorstellung
gibt,
die
die
Situation
des
heutigen
Wissensstandes
recht
gut
erklärt,
und
das
dieses
Modell
„Standardmodell
der
Teilchenphysik“ genannt wird. Dabei sollte erwähnt werden, daß es sich um ein Modell
zur Erklärung des Aufbaus des Universums handelt, welches noch Fragen offen läßt.
Diese und andere offene Fragen versucht man aber über das Standardmodell und andere
Theorien hin zu einer „Theory of Everything“, kurz TOE, zu entwickeln.
An dieser Stelle sollte jedoch noch nicht genauer auf Begriffe wie Materie, Antimaterie,
einzelne Elementarteilchen, auf Größenordnungen und Struktur der Materie, auf die
Entstehung der Materie, dem Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie sowie
der Kräfte und auf das Standardmodell mit seiner Aussage eingegangen werden.
Ob die drei Themen den Schülern wahlweise zum Ausarbeiten in kleinen Gruppen am PC
im Websystem und eventuell anderen zusätzlichen Materialien wird, oder ob mit der
ganzen Klasse nur eines der Themen ausführlich erarbeitet wird, hängt von der für die
gesamte Unterrichtseinheit zur Verfügung stehenden Zeit, aber auch vom Arbeits- und
Lernverhalten der Schüler ab.
Man sollte in beiden Fällen aber darauf achten, daß alle Fragen der Schüler gesammelt
werden, damit man sie an späterer Stelle im Unterricht wieder aufgreifen kann. Um die
Motivation für die Unterrichtseinheit zu steigern, sollte aber an dieser Stelle keine der
Fragen beantwortet und auf keine der Aussagen der Schüler eingegangen werden.
Dadurch ermutigt man die Schüler zu mehr Beteiligung, da keine der Beiträge als
„richtig“ oder „falsch“ gewertet wird, sondern jeder gleichberechtigt behandelt wird.
2
2.1
STRUKTUREN:
UNTERSUCHUNGSMETHODEN DER TEILCHENPHYSIK BZW.
MÖGLICHKEITEN ZUR STRUKTURUNTERSUCHUNG
2.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Bevor auf den Materieaufbau eingegangen wird, sollte den Schülern als erstes klar
werden, wie die Untersuchungen in der Teilchenphysik möglich sind. Erst danach macht
es Sinn, erste Blasenkammer- oder Detektorbilder zu zeigen, um den Schülern einen
Eindruck
zu
vermitteln,
wie
die
Untersuchungsergebnisse
der
Teilchenphysik
in
graphischer Darstellung aussehen.
Damit stellt dieser Teil der Unterrichtseinheit den ersten Schritt in die Welt der kleinsten
Teilchen dar.
2.1.2 SACHANALYSE:
Zu Beginn dieses Teils sollte der Begriff des Elementarteilchens als eines Teilchens mit
keiner inneren Struktur eingeführt werden. Unter einer inneren Struktur versteht man bei
einem Teilchen, daß es aus kleineren Teilchen zusammengesetzt ist und sich bei
Untersuchungen nicht als eine unteilbare Einheit erweist. Damit ist die wichtige
begriffliche Unterscheidung zwischen Teilchen und Elementarteilchen aufgezeigt.
Nun sollte den Schülern die Möglichkeit gegeben werden, die ihnen bekannten Geräte zur
Untersuchung kleiner Teilchen zu nennen. Bei diesen wird es sich vermutlich in Bezug auf
die geometrische Optik aus der Jahrgangsstufe 9 um die Lupe und das Mikroskop
handeln.
Nach der neuen Erkenntnis, daß Licht aus Photonen besteht, kann man nun mit den
Schülern das Prinzip der Abbildung durch Licht aus Photonen herausarbeiten. Dazu
wählt man am Besten das Auge und einen Gegenstand, den das Auge ansieht. Man kann
den Schülern nun erklären, daß die Photonen wie kleine Bälle agieren, die auf den
Gegenstand treffen und von diesem dann zum Auge reflektiert werden. Je nachdem, wie
die Photonen das Auge erreichen, kann mit Hilfe des Gehirns ein Bild von dem
Gegenstand aufgebaut werden. Auf die gleiche Weise funktioniert auch die Lupe und das
Mikroskop, nur das dort die Richtung der Photonen noch durch Linsen verändert wird, um
kleinere Gegenstände besser darzustellen.
Wichtig ist es, den Schülern die Vorstellung von den „Wurfgeschossen“ zur Untersuchung
von Gegenständen nahe zu bringen, wobei ihnen die Möglichkeit gegeben werden sollte,
diese Gemeinsamkeit von Auge, Lupe und Mikroskop selber heraus zu finden.
Im nächsten Schritt muß motiviert werden, daß man zur Untersuchung extrem kleiner
Strukturen nicht nur kleine, sondern hochenergetische kleine Wurfgeschosse zur
Strukturuntersuchung verwenden muß. Dabei kann man höherenergetischen Teilchen die
Eigenschaften kleinerer Wurfgeschosse zusprechen und umgeht so die Einführung der
Welleneigenschaften von Licht- und Materiestrahlung.
An dieser Stelle kann nun das Elektronenmikroskop zur Untersuchung solcher
Strukturen eingeführt werden, die mit dem normalen Lichtmikroskop nicht mehr
auflösbar sind.
Es sollte den Schülern das Prinzip erklärt werden, daß kleinere Wurfgeschosse die
Möglichkeit ergeben, kleinere Strukturen zu untersuchen. Dazu bietet sich die Animation
im Websystem an.
Die Frage, warum hochenergetische Elektronen und keine hochenergetischen Photonen
zur Untersuchung kleinerer Strukturen genutzt werden, kann man den Schülern leicht
durch die elektrischen Fähigkeiten der Elektronen erklären. Den Schülern sollte bekannt
sein, daß sich Elektronen von Magnetfeldern ablenken und von elektrischen Feldern
beschleunigen lassen. Damit kann man erklären, daß sich Elektronenstrahlen leichter
bündeln und so feine Strukturen gezielter abtasten lassen. Mit Photonen hätte man in
dem selben Fall den Effekt, als würde man mit einem Elefantenfuß versuchen,
Blindenschrift zu entziffern.
Nachdem die Schüler den Zusammenhang zwischen höherer Teilchenenergie und damit
verbundenem
höherem
Auflösungsvermögen
begriffen
haben,
ist
es
leicht,
den
Teilchenbeschleuniger als „Mikroskop der Elementarteilchen“ einzuführen.
Teilchenbeschleuniger:
Nun
ist
es
noch
wichtig,
die
verschiedenen
Arten
von
Teilchenbeschleunigern
einzuführen.
In
allen
Beschleunigeranlagen
werden
elektrisch
geladene
Teilchen
als
Untersuchungsobjekte verwendet. Dies liegt an ihrer Eigenschaft, durch elektrische
Felder beschleunigt und durch magnetische Felder abgelenkt werden zu können. Die
Teilchen werden in Teilchenpaketen (engl. bunches) in die Beschleuniger eingebracht, um
eine möglichst hohe Rate an Experimentierergebnissen zu erzielen.
In den Beschleunigern werden zwei verschiedene Untersuchungsrichtungen angestrebt:
-
Strukturuntersuchungen zur Erforschung des Aufbaus der Materie
-
Erzeugung und Untersuchung von Teilchen, die nicht in der Natur vorkommen, aber
z.B. im Anfang des Universums existiert haben.
Welche Art von Untersuchung stattfindet, hängt letztlich von den Untersuchungsteilchen,
deren Energie im Teilchenstrahl sowie von dem Objekt ab, was untersucht werden soll.
Mit beiden Arten von Untersuchungen versucht man den Aufbau und die Entwicklung des
Universums und alle dort herrschenden physikalischen Phänomene zu erklären.
Grob
gesehen
kann
man
zwischen
Linearbeschleunigern
und
Ringbeschleunigern
unterscheiden.
Bei Linearbeschleunigern, auch „Linear Accelerator“ oder kurz „LINAC“ genannt,
werden, wie der Name schon sagt, Teilchenpakete auf geraden Strecken beschleunigt.
Dies geschieht durch ein Hochfrequenzfeld, d.h. die elektrisch geladenen Teilchen werden
mittels eines hochfrequenten Wechselfeldes beschleunigt. Die Beschleunigungsstrecke
steht hierbei nur einmalig zur Verfügung. Das hochfrequente Wechselfeld ist auch der
Grund dafür, warum die Teilchen in Teilchenpaketen im Linearbeschleuniger laufen. Der
Teilchenstrom ist im Takt der Hochfrequenz in entsprechend passende Pakete unterteilt
und nicht kontinuierlich.
Die einzelnen Teilchenpakete müssen entlang ihrer Flugrichtung fokussiert werden, damit
sie in den Beschleunigungsstrecken nicht zu weit auseinander streuen. Daher werden
zwischen den Beschleunigungsabschnitten Fokussierungen vorgenommen, meist mit Hilfe
von Quadrupolmagneten.
Weiter
werden
die
Teilchenpakete
in
zusammengehalten, so daß die Teilchen
ihrer
Länge
möglichst
durch
das
gleichmäßige
Wechselfeld
Geschwindigkeit
erhalten. Dies geschieht dadurch, daß zu schnell fliegende Teilchen im Wechselfeld
abgebremst
werden,
während
zu
langsam
fliegende
Teilchen
eine
stärkere
Beschleunigung erfahren. So kann man erreichen, daß sich alle Teilchen um eine mittlere
Geschwindigkeit herum bewegen.
Es gibt unterschiedlich aufgebaute Linearbeschleuniger für die verschiedenen elektrisch
geladenen Teilchen, die in ihnen beschleunigt werden können. Für medizinische
Anwendungen werden Protonen oder schwere Ionen beschleunigt, sonst werden meist
Elektronen als Probeteilchen verwendet.
Die
Elektronen
haben
einen
besonderen
Status,
da
sie
sich
auf
Grund
ihrer
verhältnismäßig geringen Ruhemasse von me = 0,511 MeV/c² sehr schnell auf nahe der
Lichtgeschwindigkeit
beschleunigen
lassen.
So
beträgt
der
Unterschied
zur
Lichtgeschwindigkeit bei einer kinetischen Energie von 2 MeV nur noch ca. 2,1%. Daher
wird für diese Teilchen ein anderer Beschleunigertyp verwendet als für die schwereren
geladenen Teilchen. Der Elektronen-Linearbeschleuniger, der mit einer Höchstenergie von
52 GeV
für die Elektronen der zur Zeit stärkste seiner Art ist, ist der 2 Meilen lange
„Stanford Linear Collider“ (SLC) am „Stanford Linear Accelerator Center“ (kurz: SLAC).
Es gibt aber auch Elektronen-Linearbeschleuniger mit wesentlich geringeren Energien. So
werden
solche
mit
Endenergien
zwischen
30
–
50
MeV
in
der
Medizin
zur
Krebsbehandlung bei Tumoren eingesetzt. Manche werden als Vorbeschleuniger für
Elektronensynchrotrons eingesetzt werden. Sie haben Endenergien von ca. 100 MeV. Auf
diese Art der Elektronen-Beschleuniger wird später noch einmal eingegangen werden.
Beim Ringbeschleuniger werden die Teilchenpakete auf annähernden Kreisbahnen
beschleunigt oder auch nur gespeichert werden. Im zweiten Fall spricht man daher auch
von Speicherringen, da den Teilchen nur die durch z.B. Synchrotronstrahlung verloren
gegangene Energie zugeführt wird, ohne sie weiter zu beschleunigen. So kann man die
Teilchen über mehrere Stunden in der Beschleunigeranlage speichern und zu einer
Vielzahl von Experimenten nutzen.
Die Ringbeschleuniger sind so aufgebaut, daß es Beschleunigungsbereiche gibt, in denen
die
Teilchenpakete
linear
in
einem
Hochfrequenzfeld
beschleunigt
werden,
und
Ablenkbereiche, in denen die Pakete durch Ablenkmagnete auf Grund der Lorentzkraft
annähernd auf eine Kreisbahn gebracht werden. Dabei muß die Stärke der Magnetfelder
in den Ablenkmagneten genau auf die Geschwindigkeit bzw. den relativistischen Impuls
der Teilchen abgestimmt sein, damit sie nicht „aus der Bahn geworfen werden“. Da sich
aber auf den Beschleunigungsstrecken die Energie der Teilchen immer weiter erhöht,
müssen Hochfrequenz- und Magnetfelder genau aufeinander abgestimmt sein. Hier
spricht man von einem „Synchrotron“.
In „magnetischen Fokussierlinsen“ werden die Pakete aus elektrisch geladenen Teilchen
im Strahlengang gebündelt. Dies geschieht im allgemeinen durch Quadrupole. Bei
höheren
Teilchenenergien
verwendet
man
zusätzlich
Sextupolmagneten
zur
Stabilisierung des Teilchenstrahls sowie zur „Energiefokussierung“. .
Speicherringe sind ähnlich wie Ringbeschleuniger aufgebaut. Der größte Speicherring der
Welt befindet sich im CERN bei Genf. Der dort stehende Speicherring liegt ca. 100 m
unter der Erdoberfläche, halb auf schweizerischen, halb auf französischen Gelände, und
hat einen Umfang von 27 km. Bis zum Ende des Jahres 2000 wurden dort Elektronen
gegen Positronen beschleunigt.
In
beiden
Beschleunigerarten,
Ultrahochvakuum
herrschen,
also
damit
Lineardie
und
Teilchen
Ringbeschleuniger,
nicht
ständig
ihre
muß
Energie
ein
an
Gasmoleküle abgeben, aus dem Teilchenstrahl ausbrechen und so nicht für gezielte
Teilchenkollisionen genutzt werden können.
In
den
Linear-
oder
Ringbeschleunigern
können
zwei
Arten
von
Experimenten
vorgenommen werden: das „Fixed-Target-Experiment“ und das „Colliding-BeamExperiment“.
Beim
Fixed-Target-Experiment
werden
die
im
Beschleuniger
auf
hohe
Energien
gebrachten Teilchenpakete auf eine ruhende Zielscheibe (engl. target) geschossen. Dabei
untersucht man entweder die Strukturen der Teilchen des Targets, oder man erzeugt
durch eine Vielzahl von Reaktionen neue Teilchen, wobei diese neuen Teilchen durch die
Umwandlung der Energien der Teilchen aus dem Teilchenstrahl in Masse entstehen.
Beim Colliding-Beam-Experiment werden Teilchenpakete entgegengesetzt beschleunigt,
auf hohe Energien und an gezielt ausgewählten Punkten zur Kollision gebracht. Auch
hierbei kann man z.B. die Strukturen der Teilchen des einen Teilchenstrahls durch die
Teilchen des anderen Teilchenstrahls untersuchen. Man kann aber auch durch die
erzielbaren, sehr hohen Energien im Schwerpunktssystem diese Energien beider
Teilchenstrahlen nutzen, um neue Teilchen zu erzeugen, die man dann auf ihre
Eigenschaften und ihr Verhalten untersuchen kann.
Es gibt vielfältige Kombinationsmöglichkeiten aus den oben genannten
Unterscheidungen:
a.) Fixed-Taget-Experimente bei Linearbeschleunigern:
Hier wird eine Sorte von Teilchen, z.B. Elektronen, auf einer linearen Strecke
beschleunigt und auf ein Target geschossen. Es findet mit jedem Teilchenpaket nur
eine Kollisionsmöglichkeit statt.
(Beispiele: seltene Kaonzerfälle am
Fermilab, historisch: Struktur des Protons am
SLAC)
b.) Colliding-Beam-Experimente mit einem Linearbeschleuniger:
Hier werden in einem Linearbeschleuniger das ständige Umpolen der elektrischen
Felder der Beschleunigungsstrecken ausgenutzt, um dort Teilchen- und AntiteilchenPakete zu beschleunigen. Z.B. kann man hier Elektronen und Positronen auf einer
gemeinsamen Strecke beschleunigen, um die beiden Teilchenstrahlen an einer Stelle
durch Magnetfelder zu trennen und an einem anderen Punkt zur Kollision zu bringen.
Dabei kann wiederum jedes Teilchenpaket nur einmalig genutzt werden.
(Beispiel: SLC (Stanford Linear Collider) am SLAC)
c.) Colliding-Beam-Experimente mit zwei Linearbeschleunigern:
Man kann zwei Linearbeschleuniger so aufbauen, daß sich die Teilchenstrahlen beider
Beschleuniger an einem Punkt treffen und zur Kollision kommen. Wieder findet nur
eine Kollision pro Teilchenpaket statt.
(Beispiel: TESLA als Projekt am DESY)
d.) Fixed-Target-Experimente in Speicherringen:
Die Teilchenpakete zirkulieren im Speicherring, und an fest vorgegebenen Stellen
treffen sie auf Targets, einige der Teilchen reagieren mit dem Target, der Großteil
passiert es jedoch und fliegt auf das nächste Target zu.
(Beispiele: HERA-B und HERMES am Hera Ring bei DESY, LHC-B am LHC bei CERN)
e.) Colliding-Beam-Experimente in Speicherringen mit Teilchenstrahlen aus
Teilchen und Antiteilchen:
Bei dieser Kombination nutzt man die entgegengesetzte elektrische Ladung und die
gleiche Masse von Teilchen und Antiteilchen aus. Dies führt dazu, daß sie in den
Beschleunigungsstrecken in den elektrischen Feldern entgegengesetzt beschleunigt
und in den Ablenkbereichen der Magnetfelder entgegengesetzte Ablenkung erfahren.
Damit kann man beide Teilchenstrahlen in einer Beschleunigungsröhre zirkulieren
lassen und an Orten der Kollision in Detektoren Untersuchungen vornehmen. Diese
Art von Experimentieranlage gab es z.B. am CERN in Genf mit dem LEP (Large
Electron Positron Collider),in dem bis zum Ende des Jahres 2000 Elektronen und
Positronen beschleunigt und zur Kollision gebracht wurden. Ein weiteres Beispiel ist
das Proton- Antiproton- Experiment Tevatron am Fermilab.
f.) Colliding-Beam-Experimente in Speicherringen mit Teilchenstrahlen aus
Teilchen mit unterschiedlicher Masse und entgegengesetzter elektrischer
Ladung oder gleicher Masse und gleicher elektrischer Ladung:
In beiden Fällen braucht man zwei Röhren, da entweder auf Grund unterschiedlicher
Masse oder auf Grund gleicher elektrischer Ladung ein Experiment in einer Röhre
nicht möglich wäre. Jeder Teilchenstrahl wird in einer separaten Röhre beschleunigt,
und an manchen Stellen werden die Röhren gekreuzt und dort die Teilchen dann zur
Kollision gebracht.
(Beispiel für den ersten Fall: Elektron- Proton am HERA;
Beispiel für den zweiten Fall: Proton- Proton am LHC)
2.2
BETRACHTUNG VON TEILCHENSPUREN AUF BLASENKAMMER- UND
DETEKTORBILDERN
2.2.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Nachdem
den
Schülern
nun
die
Hintergründe
und
Möglichkeiten
zur
Strukturuntersuchung sowie zur Erzeugung und Untersuchung neuer Teilchen bekannt
sind, kann man an dieser Stelle als erste Einführung Blasenkammerbilder vorführen, auf
denen den Schülern Teilchenspuren gezeigt werden, ohne näher auf die Teilchen selber
einzugehen.
Um
den
Bereich
der
modernen
Physik
nicht
zu
vernachlässigen,
sollten
auch
Detektorbilder als Computerauswertungsmöglichkeit gezeigt werden, wiederum ohne auf
die Teilchen, deren Spuren man sieht, näher einzugehen.
2.2.2 SACHANALYSE:
Nähere Informationen zu den Blasenkammer- und Detektorbildern kann man im Kapitel 5
im Zusammenhang mit den Wechselwirkungen nachlesen.
2.3
THEMENLERNZIELE
Lernvoraussetzungen:
Den Schülern muß vor dieser Unterrichtseinheit das Mikroskop mit seinem Strahlengang
bekannt sein, um den Übergang vom Lichtstrahl zum Lichtteilchen vollziehen zu können.
Weiter sollte den Schülern mindestens bekannt sein, daß elektrisch gleichnamig
geladenen Teilchen gegenseitig abstoßen, ungleichnamig geladene Teilchen abstoßen.
Den Schülern sollten die Begriffe der Kathode und Anode kennen.
Für das Elektronenmikroskop müssen die Schüler wissen, daß magnetische Felder zur
Fokussierung elektrisch geladener Teilchenströme geeignet sind, z.B. von der im
Unterricht
behandelten
Braunschen
Röhre
oder
dem
Fernseher.
In
diesem
Zusammenhang wird auch die Kenntnis der „Linke-Hand-Regel“ für die Ablenkung von
Elektronen in magnetischen Feldern vorausgesetzt.
Neben der ablenkenden Eigenschaft der Magnetfelder sollte für die Einführung des
Teilchenbeschleunigers auch die beschleunigende Wirkung von elektrischen Feldern
bekannt sein. Hier würde aber genauso wie für den Photoeffekt auch die Kenntnis über
das Verhalten von Ladungen untereinander reichen.
Den Schülern sollten Energiebegriffe wie Bewegungsenergie oder elektrische Energie
bekannt sein.
Zusätzliche Lernmaterialien:
-
Folien zum Lichtmikroskop
-
Folie zum Vergleich von Lichtmikroskop und Elektronenmikroskop
-
Folien zu Bildern aus dem Elektronenmikroskop
Themenlernziel:
Die Schüler sollten den Begriff des Elementarteilchens richtig verwenden können.
Weiter sollte der Übergang zwischen der Strahlenvorstellung von Licht aus der
geometrischen Optik zur Teilchenvorstellung von Licht als weitere Modellvorstellung des
Lichts besonders gut erarbeitet werden, da die Schüler erstmals mit diesem Phänomen
der Quantisierung des Lichtes konfrontiert werden. Man sollte die Teilcheneigenschaft
jedoch nur als Tatsache einführen und sie über den Vergleich zum „Wasserstrahl aus
Wassertropfen“ motivieren.
Den Schülern sollte der Begriff der inneren Struktur eines Objekts verständlich werden.
Hier kann man zur Veranschaulichung den Aufbau des menschlichen Körpers aus Zellen
heranziehen, da diese Eigenschaft den Schülern aus dem Biologieunterricht bekannt sein
dürfte. In diesem Rahmen kann man dann auch motivieren, daß eine Struktur immer
bedeutet, daß es kleinere, abgeschlossene Bausteine eines vermeintlichen Bausteins gibt.
Weiter sollte den Schülern klar werden, daß man für die Strukturuntersuchungen kleiner
Strukturen immer Probeteilchen verwenden sollte, die kleiner sind als die Strukturen des
Zielobjekts. Dies kann man schön an der Simulation des „Bären in der Höhle“ auf der
Seite
„Strukturen“
des
Websystems
veranschaulichen,
wo
die
Probeteilchen
unterschiedlich große Bälle, das Zielobjekt der Bär in der Höhle und die Strukturen die
Körperformen des Bären sind.
Daß man, wenn es keine kleineren Probeobjekte mehr gibt, was bei punktförmigen
Probeteilchen wie Elektronen oder Photonen ersichtlich sein sollte, höherenergetische
Teilchen nehmen sollte, kann man den Schülern an folgendem Beispiel erklären:
Läuft man recht langsam durch einen fahrenden und daher wackelnden Zug und versucht
man durch eine Türe zu gehen, kann es schon mal passieren, daß man die Tür nicht
sofort oder nur mit Mühe trifft. Durch das eigene Schwanken, verursacht durch den Zug,
„verwischt“ die Genauigkeit, mit der man die Türe treffen kann. Man hat zu wenig
Energie, um die Türe zu treffen.
Läuft man jedoch mit hoher Geschwindigkeit, also auch hoher Energie, durch den Zug,
trifft man die Türe besser. Die Treffgenauigkeit hat durch die höhere Energie
zugenommen.
Über dieses Beispiel kann man abhängig von der Klassenstruktur und wieder der
Zeitspanne, die man für diese Thematik zur Verfügung hat, die Ortsunschärfe bzw. das
Auflösungsvermögen von Licht erklären und den Schülern in diesem Zusammenhang klar
machen, daß Lichtmikroskope auf Grund dieses Phänomens nur bis zu 1600-fach
vergrößern können.
Man kann den Schülern, wenn man das Vorwissen und die Fähigkeiten für geeignet
betrachtet,
eventuell die Ortsunschärfe über die Formel r = h/mv für v<<c nahe
bringen. Dies ist jedoch nicht für den weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit nötig!
Nun werden Elektronenmikroskope ins Spiel gebracht, und den Schülern sollte klar
werden, daß man aus Fokussierungsgründen hochenergetische Elektronen und keine
hochenergetischen Photonen verwendet, da es für z.B. Röntgenstrahlung als Beispiel für
hochenergetisches Licht keine Linsen gibt.
Weiter sollten die Schüler das ungefähre Prinzip des Elektronenmikroskops, möglichst im
Vergleich zum schon bekannten Lichtmikroskop, verstanden haben.
Die Schüler sollten wissen, daß man für die Untersuchung von sehr kleinen Strukturen
Teilchenbeschleuniger benutzt, in denen geladene Probeteilchen von elektrischen Feldern
beschleunigt und von Magnetfeldern fokussiert und abgelenkt werden. In diesem
Zusammenhang bietet sich die Simulation auf der Seite „Beschleuniger“ des Websystems
an, auf der die Schüler durch das Umpolen der Batterien selber ein Teilchen „auf
Lichtgeschwindigkeit beschleunigen“ können. Durch die Vorstellung von hintereinander
geschalteten Batterien kann man die Art der Teilchenbeschleunigung am anschaulichsten
darstellen, und durch die Simulation den Schülern einprägsam machen.
An dieser Stelle sollten die Schüler auch auf der selben Websystemseite mit der Einheit
Elektronenvolt eV vertraut gemacht werden. Dies ist für den späteren Materieaufbau
wichtig, wenn man die Masse von Teilchen angibt.
Eventuell kann man den Schülern noch einen groben Überblick über die verschiedenen
Beschleunigerarten geben, vor allem dann, wenn man eine Exkursion zu einem
Teilchenbeschleuniger geplant hat. In diesem Fall sollten die Schüler auch über an den
verschiedenen Beschleunigerarten möglichen Experimente informiert werden sowie die
für die Beschleuniger wichtigen Fachbegriffe einigermaßen sicher verwenden können.
Den Schülern sollte bekannt sein, daß ein Teilchenbeschleuniger in der Teilchenphysik
zwei wichtige Aufgaben übernimmt: die Untersuchung von vorhandener Teilchen und
deren Strukturen sowie die Erzeugung neuer Teilchen und deren Untersuchung.
3
3.1
MATERIEAUFBAU:
WEGE ZUR ERKENNTNIS ÜBER DEN MATERIEAUFBAU SOWIE
AUFBAU DER MATERIE IN EINZELNEN STUFEN (VOM MOLEKÜL ZU
DEN ELEMENTARTEILCHEN)
3.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Nun sollen die Schüler einen ersten systematischen Einblick in die Elementarteilchen
erhalten, um die es ja in dieser Unterrichtseinheit geht. Dazu wird der Materieaufbau
herangezogen. Damit behandelt man einen begrenzten Bereich des Standardmodells,
nämlich die 1.Generation von Elementarteilchen. Dieser Bereich für die Schüler am
eingängigsten, da er die vermutlich schon aus dem Chemieunterricht bekannte
Vorstellung von Molekülen und Atomen aufgreift, um von da aus den Weg in die Welt der
kleinsten Teilchen zu gehen. Damit wird mit diesem Teil der Unterrichtseinheit der erste
Schritt zur Erklärung des Universums gemacht, bevor im übernächsten Teil auf die vier
fundamentalen Wechselwirkungen eingegangen wird.
3.1.2 SACHANALYSE:
Bevor man den Aufbau der Materie erarbeitet, sollte der wissenschaftliche Hintergrund
erläutert werden, der zur Entdeckung des Materieaufbaus geführt haben.
Dazu bietet sich die Entdeckung des Pions in der den Schülern unter Umständen schon
bekannten
Höhenstrahlung
an.
Als
das
Pion
entdeckt
wurde
und
in
den
Teilchenbeschleunigern weiter untersucht werden sollte, fand man eine Unmenge an
neuen Teilchen, was den sogenannten Teilchenzoo begründete. Man verstand nicht,
woher all diese Teilchen kamen und welcher Ordnung sie genügten.
Bei dem Versuch, eine Ordnung zu finden, gelangte man zu der Vermutung, daß das
Proton nicht punktförmig sei. Das vorher schon auf theoretischem Wege eingeführte
Quarkmodell lieferte hier die Antwort, daß das Proton eine innere Struktur besitzen
muß. Diese stellte sich auch für die Teilchen des Teilchenzoos heraus.
Das Quarkmodell, zusammen mit den Leptonen und dreien der vier fundamentalen
Wechselwirkungen entstand das Standardmodell, welches eine Ordnung in den
Teilchenzoo brachte. Von da an wußte man, daß alle neu entdeckten Teilchen und ihr
Verhalten
mit
12
Teilchen,
deren
Antiteilchen
sowie
den
drei
fundamentalen
Wechselwirkungen mit ihren Austauschteilchen erklärt werden können.
Die Existenz der Antiteilchen waren in den 20er Jahren des 20.Jahrhunderts von Dirac
vorausgesagt worden und in den 30er Jahren durch die Entdeckung des Positrons durch
Anderson bestätigt worden.
Die Materie besteht aus Teilchen, die bestimmte Massen und Ladungen haben. Es gibt
jedoch auch Antimaterie, die aus Antiteilchen besteht, deren Masse der der jeweiligen
Teilchen
entspricht,
die
jedoch
umgekehrte
Ladungen
besitzen.
Dabei
ist
die
Begriffsgebung für Materie und Antimaterie willkürlich, man bezeichnet die Teilchen, aus
denen sich unsere Welt zusammensetzt, als Materie.
Ein Teil der Materie ist aus Quarks zusammengesetzt. Der Name Quark wurde von einem
der Entwickler des Quark-Modells, M.Gell-Mann, aufgebracht und ist aus einem Zitat aus
Finnegans Wake von James Joyce entnommen.
Alle Teilchen, die aus Quarks zusammengesetzt sind, werden als Hadronen bezeichnet.
Sie unterliegen allen für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen, die weiter
unten beschrieben werden: der starken, der elektromagnetischen und der schwachen
Wechselwirkung.
Man unterteilt die Hadronen in zwei Gruppen: die Baryonen und die Mesonen.
Die Baryonen sind Kombinationen aus drei Quarks, die Mesonen solche aus zwei Quarks.
In der Theorie des Standardmodells gibt es sechs verschiedene Sorten (Flavours) von
Quarks:
a) d (Down-Quark)
b) u (Up-Quark)
c) s (Strange-Quark)
d) c (Charm-Quark)
e) b (Bottom-Quark)
f)
t (Top-Quark)
Diese Quarks werden in drei Familien unterteilt: Das d und das u gehören zur ersten
Familie, das s und das c zur zweiten, und das b und das t zu dritten Familie.
All
diese
Quarks
haben
keine
ganzzahligen
elektrischen
Ladungen,
sondern
Drittelladungen der Elementarladung e. So haben das d, s und b eine elektrische Ladung
von –1/3e, das u, c und t eine von +2/3e.
Alle Quarks haben einen halbzahligen Eigendrehimpuls, den Spin ½. Damit zählen die
Quarks zu den Fermionen. Im Gegensatz dazu werden Teilchen mit ganzzahligem Spin
Bosonen genannt.
Durch
den halbzahligen Spin der Quarks ergibt sich als Charakteristikum für die
Baryonen als Dreierkombination von Quarks ein halbzahliger, für die Mesonen als
Zweierkombination von Quarks ein ganzzahliger Spin.
Jedem Quark wird eine sogenannte Baryonenzahl20 von 1/3 zugeordnet. Diese
Baryonenzahl ist unter anderem ausschlaggebend dafür, welche Teilchenreaktionen
stattfinden können und welche nicht. Passend zur Baryonenzahl
gibt es einen
Erhaltungssatz, der besagt, daß bei allen Reaktionen, die durch die fundamentalen
Wechselwirkungen hervorgerufen werden, die Baryonenzahl der Teilchen vor und nach
der Reaktion erhalten bleiben muß. Näheres dazu weiter unten.
Zu den sechs Quarks gibt es die entsprechenden Antiteilchen, die Antiquarks. Sie haben
umgedrehte Eigenschaften wie die Quarks. Ihre Ladung ist jeweils entgegengesetzt, ihre
Baryonenzahl ist –1/3, nur ihr Spin ist ebenfalls ½.
Eine Übersicht über die Quarks und ihre Antiquarks gibt folgende Tabelle 21:
Flavour
Quarks
Antiquarks
Spin /(h/2)
Ladung / e
Baryonenzahl
d (down)
½
-1/3
+1/3
u (up)
½
+2/3
+1/3
s (strange)
½
-1/3
+1/3
c (charm)
½
+2/3
+1/3
b (bottom)
½
-1/3
+1/3
t (top)
½
+2/3
+1/3
d
-½
+1/3
-1/3
u
-½
-2/3
-1/3
s
-½
+1/3
-1/3
c
-½
-2/3
-1/3
b
-½
+1/3
-1/3
t
-½
-2/3
-1/3
Aus den Quarks und den Antiquarks lassen sich verschiedenste Kombinationen bilden.
Die Baryonen setzen sich aus drei Quarks, die Antibaryonen aus drei Antiquarks
zusammen. Daraus erhält man für die Baryonen eine Baryonenzahl von +1, für die
Antibaryonen eine von –1. Diese Baryonenzahlen müssen in möglichen Reaktionen bei
den Reaktionspartnern vor und nach einer Reaktion immer erhalten bleiben.
Die Mesonen setzen sich immer aus einem Quark und einem Antiquark zusammen, was
zu einer Baryonenzahl von 0 führt. Diese Baryonenzahl haben alle Teilchen, die keine
Baryonen sind!
20
Die Rolle der Baryonenzahl ist bis heute unverstanden, man stellt nur fest, daß sie
erhalten ist. Sie ist eine Folge des Standardmodells.
21
Teilweise entnommen: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH,
Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1435
Aus allen möglichen Kombinationen der Quarks setzen sich alle Teilchen zusammen, die
in der Mitte des 20.Jahrhunderts als Teilchenzoo für Aufregung sorgten. Somit hat man
eine einfach und schlichte Systematik in das anfängliche Durcheinander gebracht. 22
Für den Aufbau der Materie, der in der Unterrichtseinheit besprochen werden soll, sind
jedoch nicht alle Quarks verantwortlich. Im wesentlichen sind nur das Up- und das DownQuark daran beteiligt. Aus ihnen setzen sich die Nukleonen wie folgt zusammen:
-
Proton: 2 Up-Quarks + 1 Down-Quark (uud)
-
Neutron: 1 Up-Quark + 2 Down-Quark
(udd)
Aus der Ladung der Nukleonen kann man leicht die elektrischen Ladungen der Quarks
ableiten.
Aus den Quarks kann man also die Bausteine für die Atomkerne zusammensetzen. Zum
Aufbau der Materie fehlt jedoch noch eine weitere Gruppe von Elementarteilchen:
Die Leptonen.
Man unterteilt die sechs verschiedenen Leptonen genauso wie die Quarks in drei
Familien.
Zu der ersten Familie gehört das für den Aufbau der Materie elementar wichtige Elektron,
aber
auch
das
für
Energie-
und
Impulserhalt
beim
radioaktiven
Beta-Zerfall
verantwortliche Elektron-Neutrino.
Zu der zweiten Familie gehört das unter anderem in der Höhenstrahlung vorkommende
Myon, das man als „schweren Bruder“ des Elektron bezeichnen kann, sowie das
zugehörigen Myon-Neutrino.
In die dritte Familie gehört das wesentlich schwerere, ebenfalls mit einer elektrischen
Ladung von –1e versehene Tauon sowie das zugehörige Tauon-Neutrino.
Zu jedem Lepton gibt es ein zugehöriges Antiteilchen, die Anti-Leptonen. Hierbei ist das
Positron als das Antiteilchen des Elektrons das wohl bekannteste.
Die Leptonen haben alle einen Spin von ½, damit zählen auch sie zu den Fermionen.
Den Leptonen wird eine Leptonenzahl
23
L = 1 zugeordnet, den Anti-Leptonen die von L
= -1. Diese ist für einen weiteren Erhaltungssatz der Teilchenphysik verantwortlich. Man
beobachtete nämlich, daß manche
Reaktionen nicht stattfinden, und führte die
Leptonenzahl als eine Größe ein, die vor und nach einer Reaktion erhalten bleiben muß.
Genauer muß sogar die Leptonenzahl für jede Familie erhalten bleiben. Dies ergibt
Leptonenzahlen für elektronenartige, myonenartige und tauonartige Leptonen. Diese
heißen dann Le, L und L.
22
Näheres dazu z.B. in: Frauenfelder/Henley: Teilchen und Kerne – Die Welt der
subatomaren Physik. R.Oldenbourg Verlag, München; Wien: Oldenbourg, 1999.
23
Die Leptonenzahl ist ebenso wie die Baryonenzahl bisher nicht verstanden, man stellt
ebenfalls fest, daß sie erhalten bleibt. Sie ist ebenfalls eine Folge des Standardmodells.
Eine Übersicht über die Eigenschaften der Leptonen und Anti-Leptonen gibt folgende
Tabelle:
Teilchen
Leptonen
Anti-Leptonen
Spin/ (h/2)
Ladung / e
Leptonenzahl L
L
Le
L
e-
½
-1
1
1
0
0
e
½
0
1
1
0
0

½
-1
1
0
1
0

½
0
1
0
1
0

½
-1
1
0
0
1

½
0
1
0
0
1
e+
-½
1
-1
-1
0
0
Anti-e
-½
0
-1
-1
0
0

-½
1
-1
0
-1
0
Anti
-½
0
-1
0
-1
0

-½
1
-1
0
0
-1
Anti
-½
0
-1
0
0
-1
Die Leptonen unterliegen nicht der starken, jedoch alle der schwachen Wechselwirkung.
Die elektrisch geladenen Leptonen unterliegen zusätzlich noch der elektromagnetischen
Wechselwirkung.
Betrachtet man nun die Einteilung der Quarks und Leptonen in die jeweiligen Familien, so
erkennt man, daß sich eine Familie nur durch ihre schwache Ladung unterscheidet.
Zudem kommt in jeder Familie je ein Vertreter der jeweiligen elektrischen Ladung vor,
d.h. bei den Quarks je ein Quark mit Ladung +2/3e und –1/3e, bei den Leptonen mit –1e
und 0e.
In folgender Tabelle sind die Massen- und elektrischen Ladungsangaben für die Teilchen
aufgelistet24:
Masse in
leicht GeV/c²
Quarks
Leptonen
Masse in
Mittel GeV/c²
Masse in
Schwer
GeV/c²
Ladung/e
u
0,004
c
1,2
t
174
+2/3
d
0,007
s
0,15
b
4,2
-1/3
e
0,0005

0,106

1,78
-1
e
2*10-9


<2*10-2
0
<
<
2*10-4
Die Massenangaben für die Quarks sind nur grobe Abschätzungen, da man aus dem
Grund, daß man Quarks nicht allein beobachten kann, diese nicht exakt bestimmen
sondern nur abschätzen kann.
Die Massen für die Neutrinos sind nur obere Grenzen.
Die 6 Quarks und die 6 Leptonen sowie ihre Antiteilchen bezeichnet man als
fundamentale, nicht weiter teilbare Elementarteilchen. Aus ihnen setzt sich die gesamte
Materie zusammen.
Für den Unterricht in der Sekundarstufe ist jedoch hauptsächlich die erste Familie, die
Gruppe der leichten Teilchen, interessant, da sie in der uns umgebenden stabilen Materie
vorkommen.
Die aus dem Up- und dem Down-Quark aufgebauten Nukleonen und das Elektron bilden
zusammen Atome, alle auf der Erde vorkommenden chemischen Elemente bilden. Die
Atome verbinden sich wiederum zu Molekülen, die einen weiteren Aufbau der Welt
ermöglichen. So ist eine für das Leben auf der Erde unverzichtbare molekulare
Verbindung die des Wasserstoff und des Sauerstoffs zu Wasser, H 2O.
Die Neutrinos sind nicht aktiv am Aufbau der Materie beteiligt, sie sind jedoch überall
antreffbar, es gibt ca. 400 von ihnen pro Kubikzentimeter.
Masseenergie:
An dieser Stelle kann man durch die Kenntnis von Teilchen und Antiteilchen die wichtige
Masseenergie einführen.
24
Teilweise entnommen: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH,
Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1437
In Teilchenbeschleunigern werden die Teilchen sehr stark beschleunigt, daher wird eine
relativistische Betrachtung der Energie der Teilchen nötig, die man jedoch im Unterricht
vollständig umgehen kann.
Betrachtet
man
ein
beschleunigtes
Teilchen
als
Massepunkt,
so
hat
es
eine
Ruheenergie:
E0 = m0c².
Hierbei ist m0 die Ruhemasse des Teilchens.
Die Gesamtenergie eines Teilchens ist:
E ges  Ekin  E0  mc²
Hierbei ist m die relativistische Masse:
m = m0 (1 – (v/c)²)-1/2
Man sieht also, daß sich die Energie eine ruhenden Massepunktes von m0c² auf mc²
erhöht,
wenn
man
ihn
beschleunigt
hat.
Genau
dies
geschieht
in
den
Teilchenbeschleunigern mit den Untersuchungsteilchen.
Man sieht also, daß die in ein Teilchen im Beschleuniger investierte Energie nicht nur als
erhöhte Geschwindigkeit, sondern auch als Massezunahme des Teilchens auftritt. Dies
liegt daran, daß für alle Teilchen die Lichtgeschwindigkeit eine obere, nicht erreichbare
Grenze der ihnen möglichen Geschwindigkeit darstellt. Läßt man die Geschwindigkeit v
immer näher an die Lichtgeschwindigkeit heranwachsen, erhöht sich die Masse des
Teilchens immer mehr, so daß wiederum die Beschleunigungsmöglichkeit des Teilchens
begrenzt wird.
Diesen neuen Aspekt kann man den Schülern durch ein einfaches Experiment zur
Energieerhaltung nahe bringen.
Dazu ist es sinnvoll, die neue Einheit Elektronenvolt eV als die Energie einzuführen, die
ein Elektron, daß die Elementarladung 1e hat, erhält, wenn es in einem elektrischen Feld
der Spannung 1 Volt beschleunigt wird.
Nun kann man sich folgenden Versuchsaufbau vorstellen:
Ein Elektron und ein Positron (den Schülern als positiv geladenes Elektron vorzustellen)
werden jeweils in vorgegebenen, gleich starken elektrischen Feldern beschleunigt und
zum Zusammenstoß gebracht. Dabei entstehen zum Beispiel ein Proton und ein
Antiproton. Diese bringe man durch zwei elektrische Felder zum Stillstand. An Hand der
angelegten Spannung der Abbremsfelder, die man experimentell bestimmen kann, kann
man auf die Energie der Protonen schließen.
Wenn man nun vorgibt, daß sowohl Elektron als auch Positron vor ihrem Zusammenstoß
die gleiche Energie von 1500 MeV hatten, und auf Grund der Impulserhaltung davon
ausgehen kann, daß das entstehende Proton und Antiproton beide die gleiche Energie
erhalten, reicht es aus, nur noch z.B. die Energieerhaltung zwischen dem Elektron und
dem Proton zu betrachten.
Das Elektron habe also in einem elektrischen Feld die Energie E = eU = 1500 MeV
erhalten,
d.h.
man
hat
ein
elektrisches
Feld
der
Spannung
1500V
als
Beschleunigungsfeld. Mißt man nun die Spannung, die man an das Bremsfeld für das
Proton anlegen muß, so kommt heraus, daß das Proton eine Energie von 562,2 MeV
hatte. Nun kann man den Schülern die Frage stellen, wo denn die restliche Energie
geblieben ist. Das Ergebnis lautet, daß sie in Form von Masseenergie m pc² = 938,3 MeV
gespeichert ist. Diese Masseenergie entspricht der oben eingeführten Ruheenergie. Da
aber ja nicht nur das Proton, sondern auch das Elektron eine Massen- bzw. Ruheenergie
gehabt haben muß, und dies auch aus der Energieerhaltung abzuleiten ist, folgt, daß das
Elektron eine Masseenergie von mec² = 0,5 MeV hatte.
An einer späteren Stelle der Unterrichtseinheit, wenn diese Teilchen eingeführt werden,
kann
man
auch
noch
+
p
die
Pionenerzeugung
in
der
Höhenstrahlung
als
Beispiel
heranziehen:
p
E0kin + 938 MeV + 938 MeV


p
+
n
+
+
938 MeV + 939 MeV + 139 MeV + (E0kin – 140 MeV)
Man erkennt hier also, daß man nur die Formel:
E ges  Ekin  E0  mc²
braucht, also keine relativistische Betrachtung vornehmen muß.
3.1.3 UMSETZUNGSMÖGLICHKEIT IN DER SCHULE:
Am Anfang wird der den Schülern aus dem Chemieunterricht bekannte Molekülbegriff
aufgegriffen und der Aufbau von Molekülen aus Atomen erläutert.
Danach wird geklärt, in wie weit den Schülern der Aufbau aus Atomen bekannt ist.
Eventuell bietet sich der historische Irrweg an, daß man nach der Entdeckung der
Ladungen innerhalb von Atomen davon ausging, daß die Ladungen in dem Atom wie
Rosinen in einem Brötchen verteilt seien.
Nun kann man an Hand des Rutherfordschen Streuversuchs erklären, wie man
Genaueres über den Aufbau der Atome herausfand.
Rutherfordscher Streuversuch:
Rutherford beschoß eine sehr dünne Goldfolie mit -Teilchen, also Heliumkernen, und
fand heraus, daß ein recht hoher Anteil der -Teilchen die Folie ungehindert passierte,
manche jedoch reflektiert und manche sogar im 180°-Winkel zurückgeworfen wurden.
Daraus schloß er, daß sich die Atome größtenteils aus leerem Raum mit einem massiven
Punkt, dem Kern, zusammensetzen. Dies bestätigte sich in weiteren Versuchen.
Heute weiß man, wie die Atome aufgebaut sind.
Sie haben eine Größe in der Größenordnung von 10-10m.
Weiter bestehen sie aus einem Atomkern, der mit einem Durchmesser in der
Größenordnung von 10-14 m sehr viel weniger als 1% des Atomvolumens ausmacht,
jedoch mehr als 99,9% der Atommasse in sich vereinigt, und der Atomhülle, in der die
Elektronen enthalten sind.
Im Rahmen der Sekundarstufe I ist es sinnvoll, in diesem Rahmen das Bohrsche
Atommodell mit seinen Schalen als strahlungsfreie Elektronenbahnen einzuführen.
Atomkerne sind aus den Protonen, die die positive elektrische Ladung des Atomkerns
ausmachen, und aus den elektrisch neutralen Neutronen aufgebaut. Diese nennt man
wegen ihrer Eigenschaft als Bausteine des Atomkerns (lat. nukleus) auch Nukleonen.
Als nächstes wird auf die innere Struktur der Nukleonen eingegangen.
Es
sollte
den
Schülern
erklärt
bzw.
in
Erinnerung
gerufen
werden,
daß
in
Teilchenbeschleunigern eine innere Struktur von bis dahin als elementar, d.h. als
unteilbar angesehenen Teilchen entdeckt wurde. Auf diesem Weg fand man auch heraus,
daß die Nukleonen ebenfalls eine innere Struktur besitzen, also aus noch kleineren
Bausteinen aufgebaut sein mußten.
Im Laufe der Jahre entwickelte man das Quarkmodell und fand damit heraus, daß auch
die Nukleonen aus Quarks aufgebaut sind. Genauer sind sie aus zwei Arten von Quarks
mit unterschiedlichen Eigenschaften aufgebaut:
a) Das Up-Quark (kurz: u) mit der elektrischen Ladung +2/3e
b) Das Down-Quark (kurz: d) mit der elektrischen Ladung –1/3e
Diese Quarks haben als Drittelladungen der Elementarladung und bilden in folgenden
Dreierkombinationen die Nukleonen:
Proton:
Neutron:
2 Up-Quarks + 1 Down-Quark
1 Up-Quark + 2 Down-Quarks
(uud)
(udd)
Darüber kann man durch Lösung des folgenden Gleichungssystems die Ladungen der
Quarks von den Schülern bestimmen lassen:
Proton: +2/3e +2/3e –1/3e = 1e
Neutron: +2/3e –1/3e –1/3e = 0
Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, daß man die Quarks nicht alleine beobachten
kann, da sie immer in Paaren oder Dreierkombinationen auftreten. Warum dies so ist,
kann man über die starke Kraft erklären, die erst später eingeführt wird.
Da man sowohl bei den Elektronen der Atomhülle als auch bei den Quarks bisher keine
innere Struktur erkennen konnte und es auch theoretisch sehr schwierig ist, sie aus noch
kleineren
Bausteinen
zusammenzusetzen,
hat
man
nun
sehr
wahrscheinlich
die
elementaren Bausteine der Materie gefunden.
Nun ist es noch wichtig, die Antimaterie einzuführen. Sie setzt sich aus Antiteilchen
zusammen. Diese Antiteilchen haben die gleichen Eigenschaften wie die Teilchen, nur
ihre Ladungen, z.B. die elektrische Ladung, haben entgegengesetzte Vorzeichen. So gibt
es z.B. zum Up-Quark mit der elektrischen Ladung +2/3e ein Anti-Up-Quark mit der
elektrischen Ladung –2/3e. Analog gibt es ein Anti-Down-Quark mit der elektrischen
Ladung von +1/3e.
Aus diesen Anti-Quarks kann man Anti-Protonen und Anti-Neutronen zusammensetzen:
Anti-Proton: (u,u,d) mit der elektrischen Ladung –1e
Anti-Neutron: (u,d,d ) mit der elektrischen Ladung 0e
Das Antiteilchen des Elektron-Neutrinos ist das Anti-Elektron-Neutrino.
Wichtig ist hierbei die Schreibweise: Antiteilchen werden als Symbol des Teilchens mit
einem Querstrich darüber geschrieben.
Ein recht bekanntes Antiteilchen ist das des Elektrons: das sogenannte Positron. Es hat
die elektrische Ladung von +1e und kommt z.B. bei der Paarbildung oder –vernichtung
vor. Es hat wegen seiner großen Bedeutung auch ein eigenes Symbol erhalten: e+.
Aus Anti-Proton, Anti-Neutron und Positron kann man die Antimaterie zusammensetzen,
was in Laboratorien auch schon geschehen ist. Jedoch kann diese Antimaterie und auch
die Antiteilchen in der Natur nicht lange existieren, da sie sich sofort mit der in der
Umgebung vorkommenden Materie vernichten und zu Energie zerstrahlen würden.
Unser Universum könnte aber genauso gut aus Antimaterie bestehen, für uns würden
sich keine Unterschiede ergeben.
Warum es heute ein Universum aus Materie gibt, und ob es irgendwo im All noch
Ansammlungen von Antimaterie gibt, ist heute noch nicht geklärt.
Da man heute davon ausgeht, daß es im Anfang des Universums ein Gleichgewicht
zwischen Materie und Antimaterie gegeben hat, muß dieses irgendwann „verschwunden“
und ein kleiner Materieüberschuß entstanden sein. Dieser entging der MaterieAntimaterie-Vernichtung und bildet unser heutiges Univerum.
In diesem Zusammenhang man nun durch die Kenntnis von Teilchen und Antiteilchen die
Masseenergie als Voraussetzung für die Erzeugung neuer Teilchen einführen, in dem man
eine Energiebilanz, wie in der Sachanalyse zur Masseenergie beschrieben, vornimmt.
Im Zusammenhang mit der Masseenergie sollten die Schüler wissen, daß es eine neue
Energieform gibt, und das eine Energieumwandlung zwischen dieser Energieform und den
schon bekannten Energieformen wie Bewegungsenergie und elektrischer Energie möglich
ist.
Weiter sollte den Schülern an dieser Stelle bewußt sein, daß sich die Gesamtenergie
eines Elementarteilchens immer aus seiner Bewegungsenergie und seiner Masseenergie
zusammensetzt, und daß alle Teilchen eine charakteristische Masseenergie haben.
Es
könnte
sinnvoll
sein,
den
Schülern
das
Aussehen
von
Blasenkammer-
und
Detektorbildern mit den Teilchenspuren darauf zu zeigen, um ihnen einen ersten
Eindruck vom Aussehen dessen zu vermitteln, woraus die Teilchenphysik unter anderem
ihre Erkenntnisse gezogen hat.
Man
kann
diese
Einführung
jedoch
auch
erst
nach
dem
Vorstellen
der
Materieaufbauteilchen machen, wenn die Schüler auch die Möglichkeit erhalten, selber
Teilchenspuren zu identifizieren.
Nimmt man nun noch aus Energiegründen, die erst im Zusammenhang mit dem
radioaktiven
-Zerfall
offensichtlich
werden,
das
Elektron-Neutrino
als
praktisch
masseloses, elektrisch neutrales Teilchen hinzu, so hat man die 1.Teilchengeneration des
Standardmodells zusammen. Man kann das Neutrino durch den Betazerfall mit folgender
Energiebilanz motivieren:
Emn  Emp  Ebp  Eme  Ebe
Gleichheit herrscht, wenn das Neutrino keine Energie aufnimmt, sonst kann man auf die
Existenz des Neutrinos schließen, und über die Ladungserhaltung auch auf seine
elektrisch neutrale Ladung.
3.2
THEMENLERNZIELE:
Lernvoraussetzungen:
Den
Schülern
sollte
aus
dem
Chemie-
und
früheren
Physikunterricht
die
Teilchenvorstellung vom Aufbau der Materie bekannt sein. Sie sollten schon einmal
gehört haben, daß es Moleküle gibt, die sich aus Atomen zusammensetzen, und daß sich
die Atome ihrerseits aus einem Atomkern und Elektronen bilden.
Weiter sollten die Schüler den Begriff der elektrischen Ladung kennen, der für die
Einführung der Antimaterie als Unterscheidungskriterium für diese zur Materie von
Wichtigkeit ist.
Zusätzliche Lernmaterialien:
-
Folien mit Bildern Elektronenmikroskopaufnahmen
-
Folie zur Veranschaulichung der Quarkstruktur im ZEUS-Detektor, der bei HERA am
DESY in Hamburg an einer Hadron-Elektron-Ring-Anlage steht (Folie 11)
Themenlernziel:
Als erstes sollte man den Schülern erläutern, daß die Untersuchungen zum Aufbau der
Materie durch die Neugierde der Menschen begonnen wurde, und zu dem heutigen
Wissensstand durch die endliche Ausdehnung des Protons und dessen weiterer
Erforschung kam.
Die Schüler sollten nacheinander die einzelnen Stufen des Materieaufbaus mit seinen
Größendimensionen kennenlernen. Es sollten einzelne Schritte vom Molekül bis hin zu
den Quarks, Elektronen und Neutrinos vollzogen werden. Dies kann man z.B. über die
einzelnen Entwicklungsschritte, die historisch gemacht wurden, oder aber auch über die
bei dem Thema „Strukturen“ eingeführten Geräte zur Strukturuntersuchung behandeln.
Für die Schüler ist es hierbei nur wichtig, aus der Quarkfamilie das Up- und das DownQuark als Bausteine der stabilen Materie sowie aus der Familie der Leptonen nur die
erste Generation, also das Elektron und das Elektron-Neutrino, ebenfalls wieder als
Bausteine der stabilen Materie kennenzulernen.
Den Schülern sollten die Eigenschaften der Masse bzw. der elektrischen Ladung der
Teilchen bekannt sein sowie die Herleitung der elektrischen Ladungen der Quarks aus
denen der Nukleonen, deren Bausteine sie sind.
Für die Einführung der Atome mit ihrer Dimension der Größe kann man das
Elektronenmikroskop mit möglichen Bildern von atomaren Strukturen nutzen.
Für die Auflösung der atomaren Strukuren zu Atomkern und Atomhülle mit seinen
Größenverteilung kann man den Rutherfordschen Streuversuch heranziehen. Hierbei
kann man zur Verdeutlichung entweder den Versuch selber vorführen, oder die
Simulation aus dem Websystem vorstellen.
Weiter sollte man den Schülern erklären, daß es zwar die elektrisch negativ geladenen
Elektronen in der Atomhülle und den elektrisch positiv geladenen Atomkern gibt, daß das
Atom aber nach außen elektrisch neutral ist. An dieser Stelle sollte man erwähnen, daß
dies eine Tatsache ist, die den Physikern nicht klar ist, da sie nicht selbstverständlich ist.
Die Schüler sollen lernen, daß der Atomkern nicht der kleinste Baustein im Innern der
Atome darstellt, sondern selber eine innere Struktur besitzt. Zur Entdeckung des Aufbaus
der Atomkerne aus positiv geladenen Protonen und elektrisch neutralen Neutronen kann
man die historischen Fakten nennen. Diese sind im Websystem oder in Kapitel 8
nachzulesen.
Für die Einführung der Quarkstruktur der Nukleonen kann man das im Websystem
vorgestellte Detektorbild zur Quarkstruktur und die mit der Entdeckung der Quarks
verbundenen Teilchenbeschleuniger erwähnen.
Wenn man an dieser Stelle oder schon früher beim Thema „Strukturen“ die Masseenergie
eingeführt hat, kann man über den radioaktiven Betazerfall die Existenz von Neutrinos
motivieren, um das vierte in der Materie enthaltene Elementarteilchen einzuführen.
Weiter ist es sinnvoll, wenn die Schüler den Begriff der Antimaterie mit konkreten
Inhalten füllen können. Es sollten ihnen die Antiteilchen der vier Grundbausteine als
Teilchen
mit
gleicher
Masse,
jedoch
entgegengesetzten
Ladungen
sowie
deren
Schreibweise bekannt sein. Es ist jedoch am sinnvollsten, nur die elektrische Ladung, die
den Schülern schon bekannt sein sollte, als entgegengesetzte Ladung und damit als
Unterscheidungsmöglichkeit von Materie und Antimaterie heranzuziehen. Dies gilt im
besonderen Maße, da die Schüler an dieser Stelle auch noch keine anderen Ladungen
kennen. Wichtig ist hierbei die Schreibweise: Antiteilchen werden im allgemeinen als
Symbol des Teilchens mit einem Querstrich darüber geschrieben. Eine Ausnahme bildet
das Positron e+.
Der Aufbau der Umwelt aus Materie sollte den Schülern über das Argument nahegebracht
werden, daß sich zwar manchmal auf natürlichem Wege Antiteilchen bilden, daß diese
jedoch immer recht schnell mit irgendeinem passenden Teilchen der Umgebung reagieren
und daher nicht lange „leben“. In diesem Zusammenhang kann man auch noch einmal
das für das Aussehen der heutigen Welt so wichtige, bisher jedoch nicht verstandene
Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im frühen Universum eingehen.
Wenn die Unterrichtszeit es zuläßt, und es für die Schüler sinnvoll ist, kann man auch
noch genauer auf die anderen Teilchen des Standardmodells, deren Eigenschaften und
die Einteilung in die drei Generationen eingehen. Man kann in diesem Zusammenhang
auch die Einteilung der Quarks in Verbindungen zu Baryonen oder Mesonen, die sich
dann wiederum zum Begriff der Hadronen vereinigen, einführen sowie erwähnen, daß
man Quarks nie alleine beobachten kann, wobei der Grund dafür erst später im Rahmen
der Wechselwirkungen ersichtlich wird.
Den Schülern sollten am Ende dieses Themenabschnitts folgende Punkte bekannt sein:
-
Die historischen Gründe für die Strukturuntersuchungen, die zur Erkenntnis über den
Aufbau der Materie führten
-
Die Aufbaukette des Aufbaus der Materie: Molekül  Atom  Atomhülle (Elektronen)
& Atomkern (Nukleonen)
-
Der Aufbau des Atomkerns aus Protonen und Neutronen sowie die elektrischen
Ladungen der Nukleonen
-
Der Aufbau der Nukleonen aus Up- und Down-Quark sowie die elekrischen Ladungen
der beiden Quarkarten
-
Die
Eigenschaft
der
Quarks,
nie
alleine
sondern
immer
in
Zweier-
oder
Dreierkombinationen aufzutreten
-
Die Existenz des praktisch masselosen, elektrisch neutralen Elektron-Neutrinos
kennen
-
Den Aufbau des Universums aus den Elementarteilchen Elektronen, Up- und DownQuark sowie Elektron-Neutrino kennen
-
Das Wissen, daß es zu jedem Elementarteilchen ein Antiteilchen gibt, das sich von
dem Teilchen nur durch die umgedrehte elektrische Ladung unterscheidet, und daß
man aus diesen Antiteilchen Antiatomkerne und Antiatome erzeugen kann, die sich
jedoch mit der vorhandenen Materie durch Freisetzung von Energie sofort wieder
vernichtet und daher in unserer normalen Umwelt nicht vorkommt
4 RADIOAKTIVITÄT:
4.1
DIE DREI STRAHLUNGSARTEN, IHRE EIGENSCHAFTEN, DIE
NACHWEIS- UND UNTERSCHEIDUNGSMÖGLICHKEITEN SOWIE IHRE
ENTSTEHUNG
4.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Nachdem der Aufbau der Materie geklärt ist, soll nun auf ein Thema eingegangen
werden, das sowohl in der Teilchenphysik als Teilchenstrahlung als auch in der
Kernphysik als Folge von Kernumwandlungen anzusiedeln ist. Mit der Radioaktivität geht
man auf ein medienwirksames und für die Allgemeinbildung der Schüler wichtiges Thema
ein, ohne die radioaktiven Prozesse im Standardmodell zu erklären. Darauf soll erst im
Rahmen der Wechselwirkungen in Teil 5 eingegangen werden. Hier erfahren die Schüler
jedoch schon die Grundlagen, die dann in diesem Bereich nur noch einmal aufgegriffen
werden müssen.
4.1.2 SACHANALYSE:
Unter Radioaktivität versteht man den Zerfall instabiler Kerne in leichtere, eventuell
ebenfalls instabile Kerne unter Aussendung von Strahlung. Unter Strahlung versteht man
in
diesem
Zusammenhang
Helium-Kerne,
Elektronen
und
Positronen
sowie
elektromagnetische Strahlung. Instabile Kerne, die unter Aussendung einer dieser
Strahlungsarten zerfallen, nennt man radioaktiv.
Man unterteilt die Strahlung in drei verschiedene radioaktive Strahlungsarten, die durch
drei jeweilige Zerfälle der Kerne von Atomen hervorgerufen werden:
-
-Strahlung, die aus dem Alpha-Zerfall entsteht
-
-Strahlung, die aus dem Beta-Zerfall entsteht
-
-Strahlung, die aus dem Gamma-Zerfall entsteht
Diese Einteilung nahm man vor, bevor bekannt war, daß die Teilchen der -Strahlung
aus 4He-Kernen, die -Teilchen der -Strahlung aus Elektronen oder Positronen, und die Teilchen der -Strahlung aus energiereichen Photonen besteht.
Der radioaktive Zerfall ist ein rein statistischer Prozeß. Dies sieht man daran, daß die
Radioaktivität einer Substanz exponentiell abnimmt. Die Anzahl N radioaktiver Kerne in
einer Substanz nach einer Zeit t kann man, wenn die Anfangszahl N 0 der radioaktiven
Kern zum Zeitpunkt t=0 bekannt war, über folgende Formel berechnen:
N = N0e-t
Hierbei ist die sogenannte Zerfallskonstante. Ihr Kehrwert gibt die mittlere Lebensdauer
an: 
Nach Ablauf der mittleren Lebensdauer ist die Anzahl der radioaktiven Kerne auf 37%
ihrer ursprünglichen Anzahl gefallen.
Ein weiterer wichtiger Wert ist die Halbwertszeit t 1/2. Sie gibt an, nach welcher Zeit die
Anzahl der radioaktiven Kerne auf die Hälfte ihres Anfangswertes gesunken ist. Sie kann
man aus der Formel für die Anzahl der radioaktiven Kerne berechnen, wenn man N =
N0/2 und t = t1/2 setzt.
Daraus erhält man für die Halbwertszeit:
t1/2 = ln2  

(Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer
Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1399)
Die Halbwertszeit radioaktiver Stoffe ist sehr unterschiedlich. Sie kann von Bruchteilen
von Sekunden bis zu 1016 Jahre betragen.
Die SI-Einheit des radioaktiven Zerfalls ist Becquerel Bq:
1 Bq = 1 Zerfall/ Sekunde.
Der Alpha-Zerfall
Beim Alpha-Zerfall werden aus instabilen, sehr schweren Atomkernen Helium-Kerne oder
-Teilchen mit Energien zwischen 4 und 7 MeV ausgesendet. Diese Alpha-Teilchen
bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Bei dem Zerfall verringert sich die
Massenzahl des Ursprungskerns um 4, seine Kernladungszahl um 2:
A
Z
X  ZA42Y  24 
Der Alpha-Zerfall findet nur bei sehr schweren Kernen statt. Bei Kernen mit einer
Massenzahl
kleiner
als
210
bzw.
Kernladungszahlen
kleiner
als
84
kann
aus
energetischen Gründen kein Alpha-Zerfall mehr stattfinden. Dies liegt daran, daß die
Masse des Kerns mindestens genauso groß wie die Summe der Massen seiner
Zerfallsprodukte sein muß. Die Massendifferenz steht den Alpah-Teilchen als kinetische
Energie zur Verfügung.
Daß diese Massendifferenz nur bei sehr schweren Kernen zustande kommt, hat folgenden
Grund:
Bei leichten bis mittelschweren Kernen wird bei der Bildung der Atomkerne eine recht
hohe Bindungsenergie beim Zusammenfügen der Nukleonen frei. Ebenfalls eine hohe
Energie wird bei der Bildung von Alpha-Teilchen aus zwei Protonen und zwei Neutronen
frei. Um diese vier Nukleonen jedoch aus dem Kern herauszulösen, muß erst mal die
Bindungsenergie aufgewendet werden, mit der diese an den Ursprungskern gebunden
sind. Diese ist bei leichten bis mittelschweren Kernen jedoch so groß, daß die
freiwerdende Energie bei der Bildung des Alpha-Teilchens nicht ausreicht, dieses aus dem
Kern
zu
befördern.
Bei
schweren
Kernen
nimmt
die
freiwerdende
mittlere
Bindungsenergie für jedes neue Nukleonen jedoch so weit ab, daß sie geringer wird als
die Bindungsenergie bei Helium-Kernen. Daher muß für die Freisetzung der vier
Nukleonen aus dem Ursprungskern weniger Energie aufgewendet werden, als bei der
Bildung des Alpha-Teilchens frei wird. Diese Energie steht dem Alpha-Teilchen dann als
kinetische Energie zur Verfügung.
Ein Beispiel ist der Alpha-Zerfall des Thorium 232 in Radium 228:
232
Die Masse des
232
Th 
Ra + 4He.
228
Th beträgt 232,038124u, die des
Ra beträgt 228,031139u, und die
228
Masse des He beträgt 4,002603u. Damit haben die Folgeprodukte zusammen eine Masse
4
von 232,033769u, was eine Massendifferenz von 0,004355u zum Ursprungskern
ausmacht. Dies entspricht einer Ruhemassendifferenz von ungefähr 4,08 MeV, die fast
komplett dem Alpha-Teilchen als kinetische Energie zur Verfügung steht.
Die Alpha-Strahlung hat in Luft eine Reichweite von wenigen Zentimetern, wird jedoch
schon von einem Blatt Papier vollständig absorbiert, hat also ein sehr geringes
Durchdringungsvermögen.
Beta-Zerfall
Die einfachste Form des Beta-Zerfalls ist die eines freien Neutrons in ein Proton und ein
Elektron sowie ein Antineutrino. Das Elektron wird hier Beta-Teilchen genannt. Dabei hat
das Neutron eine Lebensdauer von ca. 15 Minuten. Bei diesem Prozeß wird eine Energie
von 0,782MeV frei.
Beim Beta-Zerfall innerhalb eines Kerns verändert sich im Gegensatz zum Alpha-Zerfall
dessen Massenzahl A nicht, während sich beim -- Zerfall die Kernladungszahl Z um +1
verändert. Der Beta- -Zerfall tritt bei solchen Kernen auf, die zu viele Neutronen haben,
um stabil zu sein. Die Reaktionsgleichung für diesen radioaktiven Zerfall lautet:
A
Z
X  Z A1Y  10e 00 e
Würde sich die beim Zerfall frei werdende Energie gleichmäßig auf den Tochterkern sowie
das Elektron verteilen, hätte das Elektron über die Energie- und Impulserhaltung eine
festgelegte Energie. In Experimenten beobachtet man jedoch eine kontinuierliche
Energieverteilung der Elektronen von 0 bis zur maximal verfügbaren Energie.
(Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH,
Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1400)
Um diese Verletzung der Energieerhaltung auszuräumen, postulierte 1930 Wolfgang Pauli
die Existenz eines sogenannten Neutrinos, das bei dem Beta-Zerfall mit emittiert wird
und Träger der fehlenden Energie ist. Da das Elektron auch die maximal verfügbare
Energie, die beim Zerfall frei gesetzt wird, erhalten kann, wurde dem Neutrino zunächst
eine Ruhemasse von 0 zugeschrieben 25. Wegen der Ladungserhaltung muß es elektrisch
neutral sein. 1956 gelang dann der experimentelle Nachweis des Neutrinos, so daß man
den Beta-Zerfall folgendermaßen darstellt:
1
0
0
n11p  10e0 e
Heute weiß man, daß es drei verschiedene Arten von Neutrinos gibt:
das Elektron-Neutrino e (zum Elektron gehörend) sowie das dazu gehörende Anti-
-
Elektron-Neutrino
das Myon-Neutrino  (zum Myon, dem „schweren“ Elektron, gehörend) sowie das
-
Anti-Myon-Neutrino
das Tau-Neutrino  (zum Tau gehörend) sowie das Anti-Tau-Neutrino
-
Ein wichtiger -- Zerfall ist der des
C, der zur Altersbestimmung organischer Stoffe
14
verwendet wird:
0
C147N  10e0 e
14
6
Die chemischen Eigenschaften des
14
C unterscheiden sich nicht von denen des
C wird in den höheren Schichten der Erdatmosphäre durch den Beschuß des
14
C. Das
12
C mit
12
Teilchen der Höhenstrahlung erzeugt und von lebenden Organismen genauso wie das
stabile
C aufgenommen. Es herrscht ein Gleichgewicht zwischen dem
12
Stirbt der Organismus, wird kein weiteres
Zerfall des
C ein Ungleichgewicht zum
14
C und dem
14
C.
12
C mehr aufgenommen. Es entsteht durch den
14
C.
12
Man weiß, daß die Halbwertszeit beim  -Zerfall des
C 5730 Jahre beträgt. Daraus läßt
14
-
sich dann das Alter des toten Organismus (bzw. wie lange er tot ist) berechnen.
Weitere Beispiele für --Zerfälle sind:
-
Strontium 90 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 28 Jahren unter Freisetzung von
maximal 0,55MeV in das stabile Yttrium 90:
90
38
25
0
0
Sr90
39Y  1e 0 e
Seit 1998 gibt es Anzeichen, daß Neutrinos eine endliche, wenn auch sehr kleine Masse
haben.
-
Blei 214 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 26,8 Minuten in das seinerseits ebenfalls
über --Zerfall innerhalb von 19,8 Minuten zerfallende Wismut 214:
214
82
0
0
Pb214
83 Bi  1e 0 e
Eine weitere Form des Beta-Zerfalls ist der +- Zerfall, bei dem ein Proton in ein Neutron
und ein Positron sowie ein Neutrino umgewandelt wird. Diese Form des Beta-Zerfalls tritt
bei Atomkernen auf, die zu wenige Neutronen bzw. einen Protonenüberschuß haben, um
stabil zu sein. Bei dieser Form des Beta-Zerfalls wird die Kernladungszahl Z folglich um 1 erniedrigt, während die Massenzahl A gleich bleibt. Die Reaktionsgleichung für diesen
radioaktiven Zerfall lautet:
A
Z
X  Z A1Y  10e 00 e
Auch hier verteilt sich die freiwerdende Energie von 0 bis zur Maximalenergie gleichmäßig
auf die Beta-Teilchen, also gibt es auch bei dieser Form des Beta-Zerfalls ein Neutrino,
was für die Energie- und Impulserhaltung verantwortlich ist:
1
1
p01n  10e 00 e
Beispiele für den +- Zerfall sind folgende:
-
Natrium 22 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 2,6 Jahren unter Freisetzung der
Maximalenergie von 0,55 MeV in Neon 22:
22
11
-
22
Na10
Ne 10e  00 e
Stickstoff 13 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 10 Minuten unter Freisetzung der
Maximalenergie von 1,2 MeV in Kohlenstoff 13:
13
7
N 136C  10e  00 e
Bei beiden Arten des Beta-Zerfalls werden sowohl die Elektronen als auch die Positronen
als auch die Neutrinos erst beim Zerfall erzeugt und sind nicht schon vorher im Kern
vorhanden.
Die
Reichweite
von
Beta-Strahlung
ist
in
Luft
einige
Meter,
und
ihr
Durchdringungsvermögen ist wesentlich höher als das der Alpha-Strahlung. Sie ist erst
nach einer Aluminiumschicht von bis zu 4 mm vollkommen absorbiert.
Gamma-Zerfall
Der radioaktive Gamma-Zerfall findet bei angeregten Atomkernen statt, die unter
Aussendung eines Photons, also eines
Gamma-Teilchens, in ihren Grundzustand oder
einen Zustand geringerer Energie übergehen. Im Gegensatz zum Alpha- oder Beta-Zerfall
behält der Kern bei dieser Art des Zerfalls seine Massenzahl A und Kernladungszahl Z bei.
Die Unterschiede der Energieniveaus im Kern liegen in den Größenordnungen von 1 MeV,
so daß die Gamma-Strahlung in der Regel eine Wellenlänge in der Größe von 1 pm
haben:

hc 0,001240 MeVnm

 1,24 pm
E
1MeV
Der Gamma-Zerfall ist eine Begleiterscheinung der anderen beiden Zerfallsarten,
vollzieht sich aber meist sehr schnell. Dabei ist ein Kern über den Alpha- oder BetaZerfall in einen angeregten Tochterkern übergegangen, der unter Aussendung von
Gamma-Strahlung
in
seinen
Grundzustand
übergeht.
Die
mittlere
Lebensdauer
angeregter Kerne ist sehr kurz. Es gibt aber auch sogenannte metastabile Zustände des
Kerns eines Gamma-Strahlers, wo die mittlere Lebensdauer mehrere Stunden beträgt.
Die Reichweite von Gamma-Strahlung ist praktisch endlos, sie verliert nur auf ihrem Weg
Intensität. Ihr Durchdringungsvermögen ist recht hoch. Sie wird auch von dickeren
Aluminiumschichten kaum merklich geschwächt.
Nachweis- und Unterscheidungsmöglichkeiten der verschiedenen
Strahlungsarten
Geiger-Müller-Zählrohr
Das wohl bekannteste Nachweisgerät ist das Geiger-Müller-Zählrohr. Dieses besteht aus
einem zylindrischen, mit Edelgas bei vermindertem Druck gefüllten Rohr, in dem axial ein
dünner Draht isoliert aufgespannt ist. Der Zylindermantel dient als Kathode, der Draht
als Anode, und zwischen beiden liegt eine Spannung von einigen hundert Volt an. Die
Höhe der Spannung ist entscheidend für das Verhalten des Zählrohrs beim Einfallen
ionisierender Strahlung.
Im Verhalten des Zählrohrs gibt es fünf verschiedene Bereiche, die von der angelegten
Spannung und der von den ionisierenden Teilchen, z.B. Elektronen, erzeugte Ladung
abhängen.
Ladung
Der Bereich I heißt Rekombinationsbereich. In diesem Bereich gelangen auf Grund
von Rekombinationen nicht alle erzeugten Ionen zu den Elektroden. Die Anzahl der die
Elektroden erreichenden Ionen steigt proportional zur Spannung.
Im Bereich II, dem Sättigungsbereich, gelangen alle von den ionisierenden Teilchen
erzeugten Ionen zu den Elektroden. Hier hat man einen sogenannten Sättigungsstrom
erreicht, der für steigende Spannung konstant bleibt.
Im Proportionalitätsbereich, dem Bereich III, werden auf Grund von Stoßionisation
neue Ladungen erzeugt, deren Anzahl in gleichem Maße ansteigt, in dem die angelegte
Spannung
steigt.
Man
hat
hier
ein
proportionales
Wachstum
der
Ladungen
in
Abhängigkeit von der angelegten Spannung. Die Stoßionisation findet durch die bei der
Primärionisation erzeugten Elektronen statt, die bei großer Spannung in der Nähe der
Anode so stark beschleunigt werden, daß sie weitere Gasmoleküle ionisieren können.
Damit die für diese Ionisationen verantwortlichen Elektronen sich nicht an elektrisch
neutrale Teilchen anlagern, verwendet man Edelgase als Füllgase für die Zählrohre. Die
primär erzeugte Ladung ist abhängig von der Energie der ionisierenden Strahlung, und
die durch die sekundäre Ionisation erzeugte Ladung ist wiederum abhängig von der
primär erzeugten Ladung. Dies bedeutet, daß man über ein im Proportionalitätsbereich
betriebenes Zählrohr die Energie ionisierender Strahlung messen kann.
Im Bereich IV, dem Auslösebereich, kann ein Zählrohr im eigentlichen Sinne verwendet
werden. Es registriert die Anzahl der einfallenden Strahlungsteilchen, unabhängig von
ihrer Energie. In diesem Bereich ist die Ladung unabhängig von den primär erzeugten
Ionen, d.h.
sie ist
konstant. Die primär
erzeugten
Elektronen
erzeugen
durch
Stoßionisation weiterhin Sekundärionen. Weiter regen sie Ionen zur Aussendung von
Photonen an, die ihrerseits wieder Elektronen auslösen. Dies geschieht über den
Photoeffekt. Über diesen Weg breitet sich eine an einer Stelle begonnene Entladung
schnell über den gesamten Draht aus. In diesem Bereich sind alle Entladungen gleich,
unabhängig von der Energie des Strahlungsteilchens. Daher werden nur die Teilchen,
nicht ihre Energie gemessen. Das Zählvermögen des Zählrohrs wird durch die
sogenannte Totzeit eingeschränkt. Diese beträgt ca. 10-4 Sekunden. Sie entsteht durch
die Trägheit der positiven Ionen. Während die leicht beweglichen Elektronen schnell zur
Anode wandern, können sich die positiven Ionen nicht so schnell zur Kathode bewegen
und bilden so eine positive Ladungswolke um den Draht. Dadurch wird das bestehende
elektrische Feld geschwächt, und es können keine weiteren Stoßionisationen mehr
stattfinden. Dies bedeutet weiter, daß in der Zeit, die die positiven Ionen für ihren Weg
zur Kathode brauchen, keine weiteren ionisierenden Teilchen mehr nachgewiesen werden
können.
Wird das Zählrohr mit noch höherer Spannung als im Auslösebereich betrieben, also im
Bereich V, so findet eine dauerhafte Entladung des Zählrohrs statt, und es wird zerstört.
Reichweite und Absorption der Strahlungsarten
Zum
Nachweis der
Reichweite von
Alpha-Strahlung
kann
man eine Wilsonsche
Nebelkammer verwenden. Diese enthält mit Wasser- oder Alkoholdampf gesättigte Luft.
Des weiteren werden durch ein elektrisches Feld alle Ionen, die als Ionisationskeime
dienen könnten, entfernt. Bringt man nun ein radioaktives Präparat wie z.B. Radium in
die Kammer und erniedrigt durch adiabatische Expansion plötzlich die Temperatur in der
Nebelkammer, so sieht man vor dem dunklen Kammerboden ein Bündel gerader Spuren
der Länge 4 – 7 cm, die vom Präparat ausgehen. Die vom Radium ausgehenden AlphaTeilchen bilden entlang ihres Weges Ionen und verlieren so Energie, die in Form von
kinetischer Energie vorlag. Hält man nun ein Blatt Papier vor das Präparat und wiederholt
man den Versuch, sieht man, daß die Alpha-Strahlung abgeschirmt wurde.
Um die Reichweite und Absorption der anderen beiden Strahlungsarten nachzuweisen,
bringt man ein Zählrohr in einem Abstand von dem Radiumpräparat an, in dem keine
Alpha-Strahlung mehr nachgewiesen werden kann. Bringt man nun nacheinander dünne
Aluminiumplatten zwischen Präparat und Zählrohr, stellt man fest, daß die vom Zählrohr
gemessenen Impulsraten bis zu einer Aluminiumdicke von 3 mm stetig abnehmen,
danach nahezu konstant bleiben. Damit hat man erkannt, daß die Beta-Strahlung schon
von 3 mm dickem Aluminium absorbiert wird, während die Gamma-Strahlung bei dicker
werdenden
Aluminiumschichten
schwächer wird.
zwar
exponentiell
abnimmt,
aber
recht
langsam
Ladung radioaktiver Strahlung
Eine weitere Eigenschaft der radioaktiven Strahlungsarten, ihre elektrische Ladung, kann
man mit Hilfe eines Magnetfeldes bestimmen. Mißt man mit einem Zählrohr die
Impulsraten eines in einem Kollimatorrohr befindlichen radioaktiven Präparates ohne
Magnetfeld, hat man die größte Intensität in Richtung des Kollimatorrohres. Mißt man
nun
mit
eingeschalteten
Magnetfeld,
so
beobachtet
man
ein
abgelenktes
Intensiätsmaximum. Daraus kann man über die Lorentz-Kraft F = QvB auf die negative
Ladung der Elektronen, also der Teilchen der Beta-Strahlung, sowie auf die elektrisch
neutrale
Eigenschaft
der
Gamma-Strahlung
schließen,
da
sie
vom
Magnetfeld
unbeeinflußt bleibt. Das Maximum der Intensität, daß durch die Beta-Teilchen entsteht,
ist im Vergleich zu dem ohne Magnetfeld verbreitert, wodurch man über die Formel r =
(mv)/eB für den Radius der Ablenkbahn geladener Teilchen im Magnetfeld auf die
verschiedenen Geschwindigkeiten der Teilchen und damit auf ihre verschiedenen
kinetischen Energien schließen kann. Damit kann man die Existenz des Neutrinos
erklären, das für die Energieerhaltung verantwortlich ist. In diesem Versuchsaufbau
werden keine Alpha-Teilchen nachgewiesen, da ihre Reichweite nicht groß genug ist, um
vom Zählrohr nachgewiesen zu werden.
Die zweifach positive Ladung der Alpha-Teilchen kann man ebenfalls durch Magnetfelder
über die Lorentz-Kraft nachweisen.
4.2
STRAHLENSCHUTZ & STRAHLENWIRKUNG: STRAHLENWIRKUNGEN
(GENETISCHE UND SOMATISCHE SCHÄDEN),
STRAHLENSCHUTZMAßNAHMEN, EINSATZMÖGLICHKEITEN
IONISIERENDER STRAHLUNG IN DER MEDIZIN
4.2.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Nachdem die Schüler nun die verschiedenen radioaktiven Strahlungsarten kennen, sollte
nun der Bezug zu ihrem Leben aufgebaut werden. Dabei ist es wichtig, auf über die in
den
Medien
hervorgehobenen
Strahlenschäden
und
die
Schutzmöglichkeiten
vor
Strahlenschäden einzugehen. So wird den Schülern ein sachlicher Umgang mit dem
Thema Radioaktivität ermöglicht.
In diesem Zusammenhang kann man auch auf die Nutzung radioaktiver Strahlung in der
Medizin eingehen. Somit wird den Schülern an dieser Stelle nicht nur die schädigende,
sondern auch die medizinisch nutzbare Wirkung radioaktiver Strahlung nahegebracht.
Diesen Themenbereich vor der Behandlung von Kernkraftwerken zu bringen, ist deshalb
sinnvoll, weil die Schüler sich nach dem Abbau emotional gesteuerter Ängste auf die
Energieerzeugung konzentrieren und die verschiedenen Prozesse sachlicher betrachten
können.
4.2.2 SACHANALYSE:
Die biologische Wirkung ionisierender, also radioaktiver Strahlung sowie Neutronen- und
Röntgen-Strahlung,
wird
durch
die
Folge
von
Ionisationen
und
Anregung
von
Biomolekülen sowie die Radikalenbildung (Dissoziation) bestimmt. Diese findet durch
Elektronen statt, die über Compton- und Photoeffekt aus Photonen entstehen.
stark
Wechselwirkung:
elektromagnetisch
Kernreaktion
Ionisation
Comptoneffekt
Photoeffekt

---
----
X
X
 /e-
---
X
---
---

X
X
---
---
n
X
---
---
---
Prozeß:
Den größten Beitrag zur Energieaufnahme und damit zur biologischen Strahlenwirkung
haben die Comptonelektronen, die durch den Comptoneffekt entstehen. Schon wenige
Ionisationen an besonders kritischen Stellen innerhalb der Zellen können für diese
folgenschwere Schäden bis hin zur Teilungsunfähigkeit hervorrufen. Auf ihrem Weg durch
Gewebe machen die Elektronen ca. 10000 Ionisationen pro cm.
Die wichtigsten Absorber in der Medizin sind die Zellen menschlichen Gewebes mit einer
Ordnungszahl bis zu 8.
Die wichtigsten Absorber im Strahlenschutz sind Elemente mit Ordnungszahlen zwischen
74 und 92 (z.B. Wolfram, Blei, Uran).
Die Wirkung ionisierender Strahlung wird durch die Energie ausgedrückt, die ein
bestrahlter Körper absorbiert. Diese Größe nennt man
Energiedosis D = dE/dm.
Dabei bezeichnet dE die mittlere Energie, die auf das Volumenelement dV mit der Masse
dm = dV übertragen wird. Hierbei ist  die Dichte des bestrahlten Materials.
Die SI-Einheit der Energiedosis ist Gray: 1Gy = 1 J/kg.
Die Energiedosis ist jedoch nicht allein ausschlaggebend für die biologische Wirkung
ionisierender Strahlung. Auch die Wirksamkeit ist wichtig. So ionisieren Alpha-Teilchen
wesentlich wirksamer, da sie auf Grund ihrer langsamen Geschwindigkeit die Ionisationen
in sehr viel kleineren Abständen erzeugen als die wesentlich schnelleren Beta-Teilchen.
Daher unterscheidet man zwischen locker ionisierender Strahlung (Photonen (auf
indirektem Weg durch sekundäre Elektronen), Beta-Teilchen aus dem radioaktiven
Zerfall, Elektronen) und dicht ionisierender Strahlung (Alpha-Teilchen, Protonen). Ein
Teilchen der dicht ionisierende Strahlung kann seine gesamte Energie oft schon an eine
einzige menschliche Zelle abgeben, da es nur eine sehr geringe Reichweite hat.
Aus diesem Grund ist die
Äquivalentdosis H = qD
eingeführt worden. Hierbei ist D die Energiedosis, und q ist ein Qualitätsfaktor für die
ionisierende Strahlung. Er wird auch RBW-Faktor (für relative biologische Wirksamkeit)
genannt
und
wurde
für
Zwecke
des
Strahlenschutzes
eingeführt.
Er
gibt
die
unterschiedliche biologische Wirksamkeit der verschiedenen Strahlungsarten an. Für
Photonen und Elektronen beträgt er 1, für Neutronen um 10 und für Alpha-Teilchen liegt
er in der Größenordnung von 20.
Die SI-Einheit der Äquivalentdosis ist Sievert: 1Sv = 1 J/kg.
Als Ganzkörperdosis bezeichnet man den Mittelwert der Äquivalentdosen von Kopf,
Rumpf, Oberarmen und Oberschenkeln bei einer homogenen Ganzkörperexposition
(s.u.).
Als eine Teilkörperdosis bezeichnet man die Äquivalentdosis, die über das Volumen
eine Organs, eines Teilorgans oder die Fläche einer strahlenexponierten Haut gemittelt
wurde.
Strahlenschutz:
Unter Strahlenschutz versteht man alle Voraussetzungen und Maßnahmen, die dem
Schutz des Menschen vor der Wirkung ionisierender Strahlung dienen.
Nicht enthalten ist hierbei der Schutz vor nichtionisierender Strahlung, z.B. UVStrahlung.
Der Strahlenschutz bezieht sich zum einen auf Einzelpersonen, bei denen somatische
Schäden vermieden werden sollen, zum anderen auf den Strahlenschutz der gesamten
Bevölkerung, bei der somatische sowie genetische Schäden vermieden werden sollen.
Die Strahlenschutzverordnung enthält im wesentlichen:
-
Überwachungsvorschriften (z.B. Umgangsgenehmigungen, Transportvorschriften für
radioaktive Stoffe, Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen usw.)
-
Schutzvorschriften
(z.B.
Strahlenschutzgrundsätze,
Strahlenschutzbereiche
und
Dosisgrenzwerte, Anwendungen radioaktiver Stoffe in der Medizin usw.)
Unter einer Strahlenexposition (veraltet: Strahlenbelastung) versteht man jeden
Vorgang, bei der eine Person eine Körperdosis erhält.
Die natürliche Strahlenexposition entstammt der natürlichen Umgebung des Menschen.
Die zivilisatorische Strahlenexposition kommt von der durch den Menschen künstlich
erzeugten Strahlung.
Weiter unterscheidet man zwischen interner (durch Inhalation oder durch Aufnahme von
Lebensmitteln und Wasser) und externer (z.B. kosmische oder terrestische Strahlung)
Strahlenexposition.
Eine weitere Unterscheidung in der Strahlenexposition wird im Bereich der Teil- und
Ganzkörperexposition vorgenommen.
Der veraltete Begriff der Strahlenbelastung ist heute aus psychologischen Gründen nicht
mehr erwünscht. Außerdem ist er irreführend, da nicht jede Strahlenexposition
gleichwertig ist mit einer tatsächlichen Schadensbelastung des bestrahlten Individuums.
Strahlenschäden und Einsatzmöglichkeiten in der Medizin:
Als Strahlenschäden bezeichnet man die Gesamtheit aller krankhaften Reaktionen des
menschlichen
Körpers
sowie
genetische
Veränderungen
nach
der
Einwirkung
ionisierender Strahlung.
Die Schäden können sofort oder nach einiger Zeit auftreten, daher unterscheidet man
zwischen
Früh-
Definitionen:
und
Spätschäden.
Dabei
gelten
im
Strahlenschutz
folgende
Als Frühwirkungen bzw. –schäden bezeichnet man solche Wirkungen, die innerhalb eines
Jahres auftreten.
Als Spätwirkungen bzw. –schäden bezeichnet man die somatischen Schäden, die erst
nach Jahresfrist erkennbar sind, unabhängig vom Auftreten eventueller Frühwirkungen.
Bei Spätschäden handelt es sich meistens um die Umbildung, Funktionsverlust und Zerfall
von
Gewebe,
um
Gewebestrukturveränderungen
(Bindegewebswucherungen,
Verengungen, Verhärtungen) sowie um den Gewebetod.
Man unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Strahlenwirkungen:
1.
Stochastische Strahlenwirkung („zufällige“ Strahlenschäden):
„Stochastische
Strahlenwirkungen
sind
solche,
bei
denen
die
Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Strahleneffekt, nicht aber dessen Schweregrad
von der Energiedosis abhängt.“ (Definition laut ICRP (International Commission on
Radiological Protection))
Sie führen zu Veränderungen einzelner Körper- oder Keimzellen (sogenannte
Mutationen), die genetische Schäden oder Krebsinduktion zur Folge haben können.
Die folgenden Erbschäden können dominant (d.h. unmittelbar beim betroffenen
Individuum) oder rezessiv (d.h. eventuell erst nach einigen Generationen bzw.
hunderten von Jahren) auftreten. Mögliche Schäden sind: Mongoloismus, Sterilität,
Immunschwächen, Mißbildungen. Zu den stochastischen Schäden zählen laut des
ICRP auch embryonale Entwicklungsanomalien (z.B. Entwicklungsstörungen des
zentralen Nervensystems). Damit gehören die genetischen Wirkungen zu den
stochastischen
Strahlenwirkungen.
Man
beobachtete
an
den
Opfern
der
Atombombenwürfe in Hiroshima und Nagasaki, das sich durch Äquivalentdosen von 1
–
2
Sv
die
Wahrscheinlichkeit
für
eine
Tumorbildung
gegenüber
einer
Nichtbestrahlung verdoppelt. Man geht davon aus, daß Ähnliches auch für genetische
Erbschäden gilt. Weiter hat man jedoch auch beobachtet, daß geringe Dosen mit
einer entsprechend geringeren Wahrscheinlichkeit die Bildung von Krebstumoren
begünstigen.
Die Wahrscheinlichkeit für einen Strahlenschaden unterliegt, wie der Name schon
andeutet, den Gesetzen der Statistik. Das bedeutet, das selbst bei kleinen Dosen
Schäden
auftreten
Schwellendosis gibt.
können,
und
das
es
für
stochastische
Schäden
keine
2.
Nichtstochastische (deterministische) Strahlenwirkung:
„Nichtstochastische Strahlenwirkungen sind solche, bei denen der Schweregrad des
Strahlenschadens eine Funktion der Dosis ist. Bei vielen nichtstochastischen
Wirkungen besteht eine Dosisschwelle, unterhalb derer keine Symptome auftreten.“
(Definition laut ICRP)
Die nichtstochastische Strahlenwirkung tritt nur direkt beim bestrahlten Individuum
auf. Sie können sofort oder nach einer bestimmten Latenzzeit zum Tod führen, d.h.
die Strahlenkrankheit und der Strahlentod gehören zu den nichtstochastischen
Strahlenwirkungen. Alles in allem bezeichnet man die somatischen Wirkungen als zu
den
deterministischen
Strahlenschäden
gehörend.
Über
diese
akuten
Strahlenschäden weiß man, daß eine Dosis unter 0,25 Sv im allgemeinen keine
akuten Schäden hervorruft. Dosen von über 1 Sv beeinträchtigen dagegen z.B. die
blutbildenden Organe, und solche über 5 Sv führen normalerweise innerhalb
kürzester Zeit zum Strahlentod
Wie die obige Definition aussagt, hängt das Ausmaß des Strahlenschadens von der
Strahlendosis ab. D.h. es existiert eine Schwellendosis, die von der Strahungsart, der
biologischen Wirksamkeit und einer Reihe anderer Parameter abhängt.
Nichtstochastische Strahlenwirkungen an erkranktem Gewebe sind in der Medizin das
Ziel der therapeutischen Anwendung ionisierender Strahlung.
Der
zeitliche
Verlauf
der
Strahlenwirkung
in
einer
menschlichen
Zelle
sieht
folgendermaßen aus:
1.
physikalische Phase:
Diese Phase umfaßt eine Zeitspanne von 10 -16 – 10-13 Sekunden nach einer
Bestrahlung, was der ungefähren Transferzeit der Strahlungsquanten durch die
entsprechenden bestrahlten Strukturen entspricht. In dieser Zeit kommt es zu
primären Wechselwirkungen der Strahlungsquanten mit den Atomen oder Molekülen
des bestrahlten Organismus, in der Regel verbunden mit einer lokalen, teilweisen
Strahlenenergieabsorption. Das Ergebnis sind ionisierte oder angeregte Atome bzw.
Moleküle, was wiederum die Radikalenbildung zur Folge hat. Man spricht hier von
direkter Strahlenwirkung.
2.
physikalisch-chemische Phase:
Diese Phase umfaßt 10-13 – 10-2 Sekunden nach einer Bestrahlung, was der
Zeitspanne des thermodynamischen Ausgleichs entspricht. Dieser Ausgleich läuft
entweder
durch
intramolekulare
Absorptionsenergie
innerhalb
eines
Energiewanderung
Biomoleküls,
(Weitergabe
Energieleitung)
oder
der
durch
intermolekulare Energieweitergabe (Ausgleich zwischen verschiedenen Molekülen,
z.B. durch Stöße). Der intermolekulare Energieausgleich findet vor allem durch
Ausbildung und Diffusion von Wasserradikalen statt, die wiederum mit Biomolekülen
wechselwirken und dort Radikale bilden.
In dieser Phase finden molekulare Veränderungen der in der Zelle vorhandenen
Biomoleküle statt. Man spricht hier von der indirekten Strahlenwirkung.
3.
biologische Phase:
Diese Phase umfaßt die große Zeitspanne von 10 -2 Sekunden bis zu Jahren nach
einer Bestrahlung. Bis der thermodynamische Ausgleich vollkommen vollzogen ist,
wird
die
intramolekulare
Energieleitung
und
die
Diffusion
von
Bioradikalen
fortgesetzt. Dadurch kommt es zur Beeinflussung des Zellstoffwechsels und zur
Modifikationen der Erbsubstanz der Zellen. Weiter entstehen submikroskopische oder
sichtbare Schäden an den Zellen und ihren Organellen. Als Schäden können
auftreten:
-
Kern- und Zellmembranzerstörung
-
Chromosomenbrüche
-
Ringchromosomenbildung
-
Unsichtbare Veränderungen wie Mutationen der Erbsubstanz
Manchmal werden die Schäden vom Körper selbständig repariert. Ist dies nicht der
Fall, können nicht reparierte Schäden folgende Reaktionen haben:
-
Erzeugung von Mutationen (Erbgutveränderungen)
-
Chromosomenabberation (sichtbare Chromosomenveränderungen)
-
Zellteilungshemmungen (Mitosehemmungen)
-
Stoffwechselveränderungen in der Zelle
-
Zerstörung oder Veränderung von Membranen oder Zellorganellen
-
Zelltod
Manchmal
ist
der
menschliche
Organismus
in
der
Lage,
durch
eigenen
Reparaturmechanismen Strahlenschäden zu beheben. Die Fähigkeit dazu hängt unter
anderem ab von der Zellzyklusphase, dem Energiegehalt in der Zelle und der
Konzentration der Reparaturenzyme im Zellplasma. Diese möglichen Reparaturen setzen
unmittelbar nach Entstehung des Strahlenschadens ein und können nach wenigen
Minuten oder Stunden beendet sein. Manche Reparaturmechanismen setzen aber auch
erst nach einmaliger Zellteilung ein. Dies ist für medizinische Zwecke von Bedeutung, da
schnell
wachsendes
Gewebe
wie
das
von
Tumoren
damit
eine
erhöhte
Strahlenempfindlichkeit aufweist.
Besonders fatal sind jedoch solche Strahlenschäden, die die Teile der DNS betreffen, die
die Reparaturmechanismen auslösen sollen.
4.3
KERNENERGIE: KERNKRAFTWERKE, KERNSPALTUNG,
KETTENREAKTION, KERNREAKTOREN, NUTZEN UND RISIKEN VON
KERNKRAFTWERKEN
4.3.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Als Abschluß der Einheit Radioaktivität soll nun noch die energetische Nutzung der
Kernreaktionen als Anwendung von Radioaktivität eingeführt werden. Dieser Bereich ist
zum einen für die Aufklärung der Schüler über eine umstrittene Energiequelle, zum
anderen im Rahmen des Energiebegriffs, der eine zentrale Rolle in der Sekundarstufe I
spielt, von Bedeutung. Damit wird der Themenbereich Radioaktivität abgerundet und
abgeschlossen.
4.3.2 SACHANALYSE:
Kernspaltung:
Bei der Kernspaltung, auch Kernfission genannt, zerfällt ein Kern mit einer Massenzahl A
 200 durch eine Reaktion mit einem anderen Teilchen, z.B. einem Neutron, in zwei
mittelschwere Kerne, anstatt nur einzelne Nukleonen oder Alpha-Teilchen auszusenden.
Da schwere Kerne jedoch im Mittel mehr Neutronen besitzen als mittelschwere Kerne,
was bedeutet, daß der Ursprungskern mehr Neutronen besessen hat, als die beiden
Zerfallskerne zusammen binden, entstehen bei der Spaltung freie Neutronen. Diese
wiederum haben genug kinetische Energie, um neue Kernspaltungen hervorzurufen.
Damit wird eine sogenannte Kettenreaktion hervorgerufen.
Ein Element, bei dem die Kernspaltung durch langsame, sogenannte thermische
Neutronen (Neutronen mit einer thermischen Energie von kBT, die der Raumtemperatur
entspricht,
wobei kB die Boltzmannkonstante und T die absolute Temperatur ist; für
Raumtemperatur ist kBT ungefähr 1/40 eV) geschieht, und bei dem die Kernspaltung 1938
von den Chemikern Hahn und Strassmann erstmals beobachtet wurde, ist das Uranisotop
235
92U.
Bei der Spaltung dieses Kerns entstehen neben den Kernbruchstücken im Mittel
2,5 Neutronen. Es entstehen alle möglichen Kernbruchstücke, aber am häufigsten kommt
ein Massenverhältnis von 2:3 vor.
(Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag
GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1407)
Die Spaltung des Uran 235 läuft im Einzelnen folgendermaßen ab: Fängt der Urankern
ein Neutron ein, so wird durch die Einbindung des Nukleons eine Bindungsenergie von
6,5 MeV frei. Es bildet sich also ein angeregter Zwischenzustand, daß Uranisotop U 236.
Dieser Kern hat für die Kernspaltung eine Schwellenenergie von 5,3 MeV. Dies bedeutet,
daß die durch das Neutron frei
werdende
Bindungsenergie ausreicht, um eine
Kernspaltung herbei zu führen, was auch in 85% der Fälle geschieht. In den restlichen
15% zerfällt der angeregte Zustand des U 236 unter Emission von -Strahlung. Für die
Kernspaltung ist es also ausreichend, thermische Neutronen zur Verfügung zu haben, da
die Neutronen keine zusätzliche Energie in Form von kinetischer Energie mitbringen
müssen.
Bei der Spaltung und der Umwandlung der primären Spaltprodukte entstehen angeregte
Kerne, so daß die Kernspaltung von intensiver Gamma-Strahlung begleitet wird.
Hier nun eine mögliche Zerfallsreihe für das Uran 235:
1
0
n
140
55
U  236
92 U
235
92



140
140
Cs140
53 Ba  57 La 58 Ce


94
37
1
0



94
Rb  Sr Y  40
Zr
94
38
94
39
n
Die Endprodukte dieses Reaktionsbeispiels sind die stabilen Nuklide Ce 140 und Zirkon
94.
Häufig treten bei der Kernspaltung auch sogenannte verzögerte Neutronen auf. Diese
entstehen nicht bei der Spaltung selber, sondern im weiteren Zerfall der Spaltprodukte.
Damit treten diese verzögerten Neutronen im Vergleich zu den prompten Neutronen,
die direkt beim Spaltprozeß entstehen, mit einer Verzögerung von ca. 14 Sekunden auf.
Die verzögerten Neutronen machen einen Anteil von 0,65% aller bei der Spaltung
erzeugten Neutronen aus.
Eine Kernspaltung ist eine sogenannte exotherme Reaktion, d.h. es wird Energie in Form
von kinetischer Energie der Reaktionsprodukte frei. Diese Energie entsteht durch die
Umwandlung von Masse in Energie, was bedeutet, daß Masseenergie in kinetische
Energie umgewandelt wird.
Kernkraftwerke:
In Kernkraftwerken wird, wie der Name schon sagt, aus Atomkernen durch die oben
beschriebene Kernspaltung Energie gewonnen. Hierbei werden sehr große Mengen von
Energie freigesetzt. Dies kann man sich an einem einfachen Rechenexempel vor Augen
führen:
Ein Kern der Massenzahl A  200 hat eine um etwa ein MeV niedrigere Bindungsenergie
pro Nukleon als Kerne der Massenzahl A  100. Bei der Spaltung eines Kerns der
Massenzahl A  200 in zwei Kerne der Massenzahlen A  100 wird demnach eine Energie
von ungefähr 200 MeV freigesetzt.
(Quelle:
TIPLER,P.A.: Physik.
Spektrum Akademischer Verlag GmbH,
Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1394)
Im Vergleich dazu wird bei einer typischen Verbrennungsreaktion pro Sauerstoffmolekül
eine Energie von ca. 4 eV frei, woran man erkennen kann, wieviel mehr Energie aus der
Kernkraft gewonnen werden kann.
Der Prozeß der Energiegewinnung findet in sogenannten Kernreaktoren statt.
Kernreaktoren:
Um eine Kettenreaktion bei der Kernspaltung des Uran 235 in Gang zu bekommen,
müssen die bei einer Spaltung entstehenden Neutronen von weiteren
U-Kernen
235
eingefangen werden. Um die Kettenreaktion, die bei der Kernspaltung des U 235 durch
diese frei werdenden Neutronen in Gang kommt, kontrollierbar zu halten, muß die Anzahl
der
zu
neuen
Reaktionen
beitragenden
Neutronen
stabil
gehalten
werden.
Zur
Beschreibung dieser beiden Eigenschaften wurde ein sogenannter Vermehrungsfaktor
k eingeführt, der die Anzahl der Neutronen angibt, die pro Kernspaltung entstehen und
weitere Kernspaltungen bewirken. Wie oben schon erwähnt, werden bei der Kernspaltung
des U 235 im Mittel 2,5 Neutronen frei, was für diesen Spaltprozeß einen maximalen
Vermehrungsfaktor k von 2,5 ergibt. Meist ist der Vermehrungsfaktor aber wesentlich
kleiner, da die Neutronen in nicht spaltbares Material entkommen können oder von
anderen,
nicht
spaltbaren
Kernen
eingefangen
werden.
Möglichst
hohe
Vermehrungsfaktoren versucht man bei Atombomben und anderen Kernwaffen zu
erreichen, wo wenige Neutronen so eine lawinenartige Kettenreaktion auslösen können.
Solch eine Lawine ist jedoch bei Kernkraftwerken nicht erwünscht, daher versucht man
den Vermehrungsfaktor möglichst nahe bei 1 zu halten, da bei einem solchen
Vermehrungsfaktor die Kettenreaktion selbsterhaltend ist. Sinkt er jedoch wesentlich
unter 1, bricht die Kettenreaktion sehr schnell ab bzw. kommt gar nicht erst zustande.
In Reaktoren werden sogenannte Moderatoren verwendet. Bei diesen handelt es sich
entweder um schweres Wasser (D2O), was man bei natürlichem Uran verwendet, oder
um Wasser (H2O), was man bei angereichertem Uran verwendet. Diese Moderatoren
dienen dazu, die bei Kernspaltungen entstehenden Neutronen so weit abzubremsen, daß
sie die für die Kernspaltung benötigte thermische Energie besitzen. Die bei der
Kernspaltung freigesetzten Neutronen besitzen eine Energie in der Größenordnung von 1
MeV. Bei dieser Energie ist der Wirkungsquerschnitt für die Kernspaltung des
U jedoch
235
wesentlich geringer als für thermische Neutronen. Daher müssen die Neutronen zur
Aufrechterhaltung der Kettenreaktion auf niedrigere Energien gebracht werden. Bei
Energien über 1MeV verlieren die Neutronen sehr rasch durch inelastische Streuung an
den
U-Kernen, die 99,3% des natürlichen Urans ausmachen, Energie. Bei Energien
238
unter 1MeV ist der hauptsächliche Bremsprozeß die elastische Streuung an Kernen.
Hierbei ist der Energieübertrag maximal, wenn die Masse der streuenden Kerne in der
Größenordnung der Neutronenmasse liegt. Daher wird Wasser als Moderator verwendet,
da es wünschenswert ist, die Neutronen möglichst schnell auf thermische Energien herab
zu
senken.
Dies
geschieht
durch
elastische
Stöße
mit
den
Kernen
des
Moderatormaterials, und die Stöße finden so lange statt, bis sich die Neutronen im
thermischen Gleichgewicht mit dem Moderator befinden.
Bei natürlichem Uran verwendet man deswegen schweres Wasser, da der Wasserstoff
des
gewöhnlichen
Wassers
einen
sehr
hohen
Wirkungsquerschnitt
für
den
Neutroneneinfang hat. Aus diesem Grund würde hier mit gewöhnlichem Wasser der
Vermehrungsfaktor k kaum auf ungefähr 1 zu halten sein.
Benutzt man gewöhnliches Wasser als Moderator, so verwendet man angereichertes
Uran, in dem der Anteil des spaltbaren U 235 von 0,7% in natürlichem Uran auf 1 – 4 %
angehoben wird. Damit kann man den Vermehrungsfaktor auf ungefähr 1 halten.
Für einen sicheren Betrieb eines Reaktors ist es notwendig, den Vermehrungsfaktor k
möglichst stabil zu halten.
Dies kann zum einen über den selbstregulierenden Effekt des Moderators Wasser erreicht
werden: Steigt der Vermehrungsfaktor k über 1 an, so finden vermehrt Reaktionen im
Reaktor statt, was eine Temperaturerhöhung im Reaktor zur Folge hat. Damit steigt auch
die Temperatur des Wassers, was eine geringere Dichte und damit eine geringere
Moderationsfähigkeit erhält. Dadurch fällt der Vermehrungsfaktor k wieder ab.
Eine weitere Möglichkeit zur Stabilisierung des Vermehrungsfaktors k ist die mechanische
Regulierung über Kontrollstäbe aus Material mit hohem Wirkungsquerschnitt für den
Neutroneneinfang, z.B. aus Cadmium. Diese befinden sich beim Hochfahren im Reaktor.
Nach dem Hochfahren des Reaktors zieht man sie langsam aus dem Reaktor heraus, so
daß
mehr
Neutronen
für
die
Kernspaltung
zur
Verfügung
stehen.
Steigt
der
Vermehrungsfaktor bedenklich über 1, werden die Kontrollstäbe wieder in den Reaktor
gelassen, und k kann wieder sinken. Dies ist jedoch nur durch die Existenz der oben
erwähnten verzögerten Neutronen möglich, da die Neutronen für den Abbremsvorgang
auf thermische Energie nur einige Millisekunden brauchen und der Reaktor damit längst
geschmolzen wäre, bevor die Kontrollstäbe herabgesenkt wären.
Nutzen und Risiken von Kernkraftwerken:
(Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford,
1995. Seite 1409)
Schaut man sich den Aufbau eines Kernreaktors am Beispiel eines Druckwasserreaktors
an, so sieht man leicht einige mögliche Risiken. In einem solchen Reaktor gibt es einen
Primär- und einen Sekundärwasserkreislauf. Im Primärwasserkreislauf wird Wasser, das
gleichzeitig als Moderator dient und unter so hohem Druck steht, daß es nicht sieden
kann, im Reaktorkern durch Kernspaltungen auf hohe Temperaturen gebracht. Durch
eine Pumpe wird es in einen Wärmetauscher gebracht, wo es das Wasser des
Sekundärkreislaufs durch Energieabgabe erwärmt. Dabei entsteht im Sekundärkreislauf
Wasserdampf, der durch eine Turbine geht und diese antreibt, so daß Strom erzeugt
wird. Danach wird der Dampf des Sekundärkreislaufs von einem dritten, ebenfalls
getrennten System mit Fluß- oder Seewasser abgekühlt. Dieser abgekühlte Dampf kann
dann als Wasser wiederum durch den Primärkreislauf erwärmt werden. Der Bereich des
Primärkreislaufs sowie der Wärmetauscher als Verbindung zum Sekundärkreislauf sind
zur
Außenwelt
durch
eine
Stahlummantelung
mit
einer
darüber
befindlichen
Betonummantelung abgeschirmt.
Eine der größten Ängste in der Bevölkerung ist die, daß der Reaktor wie eine Bombe
explodieren könnte. Dies ist aber unmöglich, da sich in den Reaktoren selbst in
angereichertem Uran nur maximal 4% spaltbares Material befindet, während in
Kernwaffen der Anteil des U 235 ca. 90% ausmacht.
Ein Problem stellt dagegen die sogenannte Kernschmelze dar. Darunter versteht man das
Schmelzen des Brennstoffkerns, wenn es durch Ausfall des Kühlsystems zur übergroßen
Hitzeentwicklung kommt. Dabei kann der Reaktor durch die Ummantelung in das Erdreich
absinken, was die schlimmste Folge wäre.
Ein großes Problem stellt weiter die Lagerung langlebiger radioaktiver Abfälle dar. Für
dieses Problem gibt es bisher noch keine befriedigende Lösung. Im Moment verfolgt man
in Deutschland die Strategie, radioaktive Abfälle in Salzstöcken, also Salzablagerungen,
die vor ca. 100 Millionen Jahren entstanden und seither unverändert geblieben sind, zu
lagern. Hier geht man davon aus, daß keine radioaktiven Stoffe in den Wasserkreislauf
gelangen können, und zudem hat Salz eine gute Wärmeleitfähigkeit, was wichtig ist,
damit die radioaktiven Abfälle nicht überhitzt werden. Bedenken bestehen nur wegen
möglicher tektonischer Veränderungen der Erde, was Wassereinbrüche und damit
möglicherweise die Freisetzung radioaktiver Elemente zur Folge haben könnte.
Eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung radioaktiver Abfälle ist die, bei der langlebige
radioaktive Abfallprodukte in kurzlebige Radioisotope oder stabile Nuklide umgewandelt
werden. Dies geschieht z.B. durch einen Protonen-Linearbeschleuniger, bei dem
Protonenstrahlen von einer Strahlleistung im Megawattbereich in Neutronen konvertiert
werden, die ihrerseits spaltbare und langlebige radioaktive Abfallprodukte in kurzlebige
Radioisotope oder stabile Nuklide transmutieren. Daher nennt man diese Maßnahme auch
Transmutation.
26
4.4
THEMENLERNZIELE:
Lernvoraussetzungen:
Die Schüler sollten wissen, wie bewegte geladene Teilchen in Magnetfeldern abgelenkt
werden, und das elektrisch positive und negative geladene Teilchen unterschiedliche
Ablenkrichtungen erfahren. Die Kraftwirkungen auf das geladene Teilchen im Magnetfeld
kann wieder über die Linke-Hand-Regel für elektrisch negativ geladene Teilchen
beschrieben werden.
26
Nähere Informationen kann man z.B. unter folgender Internetadresse finden:
http://www.pnl.gov/atw/
Zusätzliche Lernmaterialien:
-
Folie zur Ablenkung verschiedener radioaktiver Strahlung in einem Magnetfeld (Folie
7)
-
Folie zur Reichweite radioaktiver Strahlungen (Folie 8)
-
Folie zur biologischen Strahlenwirkung (Folie 9)
-
Folie zu den „Maßnahmen des Strahlenschutzes“ (Folie 10)
Themenlernziel:
Die Schüler sollten in dieser Themeneinheit zum einen lernen, das es drei radioaktive
Strahlungsarten
gibt,
zum
andern
sollten
sie
die
grundlegenden
Prinzipien
des
Strahlenschutzes und der Strahlentherapie sowie ein Grundwissen über Kernkraftwerke
erlangen.
Zu den drei Strahlungsarten ist es wichtig, daß die Schüler die Nachweis- und
Unterscheidungsmöglichkeiten, die Eigenschaften sowie die Entstehung der Strahlungen
kennen. Dabei sollte Wert auf die Reaktionen und Veränderungen in Atomkernen bei
radioaktiven Zerfällen, die Reichweite in Luft sowie das Durchdringungsvermögen bzw.
die Abschirmmöglichkeiten der Strahlungsarten gelegt werden.
Da den Schülern der Begriff der Antimaterie bekannt ist, kann hier auch der radioaktiven
+-Zerfall einführt werden.
Zu diesem Zeitpunkt kann der radioaktive Beta-Zerfall als Folge der schwachen
Wechselwirkung noch nicht eingeführt werden, da diese den Schülern noch nicht bekannt
ist. Dies wird im Rahmen der Wechselwirkungen noch nachgeholt. Dort kann man dann
auch erst erläutern, daß neben der schwachen Wechselwirkung als Ursache für den BetaZerfall
die starke
Wechselwirkung
für den
Alpha-Zerfall, die elektromagnetische
Wechselwirkung für den Gamma-Zerfall verantwortlich ist.
Als Nachweismöglichkeit kann man das Geiger-Müllerzählrohr erklären oder es nur als
Nachweisgerät ohne Erklärung der Funktionsweise vorstellen. Auch hier kommt es wieder
darauf an, welche Möglichkeiten in der Klasse gegeben sind.
Der Begriff der Halbwertszeit für radioaktive Strahler sollte den Schülern ein Begriff
werden.
Als Hilfe für die Erklärungen zu den einzelnen Strahlungsarten sowie für manche
graphischen
Darstellungsmöglichkeiten
kann
man
die
Webseiten
zum
Thema
„Strahlungen- Anwendungen“ heranziehen.
Die Schüler sollten zum Thema Strahlenwirkung zwischen direkten, somatischen Schäden
und indirekten, genetischen Schäden durch radioaktive Strahlung unterscheiden können
sowie einige Schädigungen zu jeder Schädigungsart benennen können. Dazu kann man
die Folie 9 verwenden.
Weiter ist es wichtig, daß das Eingangsthema „Medizin“ aufgegriffen wird, und an Hand
radioaktiver Strahlung in der Medizin der medizinische Einsatz von Teilchen und
Teilchenstrahlungen erarbeitet wird.
Weiter sollten die Schüler die wichtigsten Maßnahmen zum Strahlenschutz kennen bzw.
von ihnen gehört haben. Dazu kann man Folie 10 als Folie oder als Kopiervorlage für die
Schüler verwenden.
Zum Thema Kernkraftwerke sollten die Schüler wissen, was ein Kernkraftwerk ist und wie
man dort Energie erzeugt, wie Kernreaktoren arbeiten, was eine Kernspaltung ist. Weiter
sollten die Schüler mit dem Nutzen und den Risiken des Einsatzes von Kernkraftwerken
zur Energiegewinnung vertraut sein.
5
WECHSELWIRKUNGEN: DIE VIER FUNDAMENTALEN
WECHSELWIRKUNGEN, IHRE AUSTAUSCHTEILCHEN UND
WIRKUNGSBEREICHE, DIE DREI FOLGEN DER
WECHSELWIRKUNGEN: KRAFT, PRODUKTION, ZERFALL
(INTERPRETATION VON BLASENKAMMER- UND
DETEKTORBILDERN;
5.1
STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Nun wird wieder das Thema Teilchenphysik aufgegriffen und der zweite Teil des
Standardmodells,
die
fundamentalen
Wechselwirkungen,
eingeführt.
Die
drei
Auswirkungen der Wechselwirkungen, die Kraft, die Produktion und der Zerfall, können
exemplarisch
an
Zusammenhang
einer
wird
der
ein
vier
Thema
Wechselwirkungen
der
erklärt
Einführungsstunde,
die
werden.
In
Strahlung,
dem
wieder
aufgegriffen, da man hier zum Beispiel die Entstehung der Höhenstrahlung sehr gut
beschreiben kann. Zudem besteht hier nun die Möglichkeit, den radioaktiven AlphaZerfall über die starke, den radioaktiven Beta-Zerfall über die schwache und den
radioaktiven Gamma-Zerfall über die elektromagnetische Wechselwirkung, zu erklären.
Damit wird noch einmal die vorher behandelte Radioaktivität aufgegriffen.
Nach der Einführung der Wechselwirkungen ist es sinnvoll, noch einmal Detektorbilder zu
betrachten,
um
dort
an
Hand
der
Teilchenspuren
das
bisherige
Wissen
über
Teilchenphysik aufzugreifen, bevor in der nächsten Einheit auf das Standardmodell im
Gesamten eingegangen wird.
5.2
SACHANALYSE:
Es gibt letztendlich vier fundamentale Wechselwirkungen, auf die sich alle in der Natur
beobachtbaren Kräfte zurückführen lassen:
-
die starke Wechselwirkung
-
die elektromagnetische Wechselwirkung
-
die schwache Wechselwirkung
-
die Gravitation
Für die Teilchenphysik von Interesse sind jedoch nur die ersten drei Wechselwirkungen,
da die Gravitation bei so geringen Massen, wie sie die Teilchen haben, im Vergleich zu
den anderen drei Wechselwirkungen keine nennenswerte Rolle spielt. Daher kann man
die Gravitation im Folgenden vernachlässigen. So werden ab jetzt mit den fundamentalen
Wechselwirkungen die starke, elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung
gemeint sein.
Den drei fundamentalen Wechselwirkungen haben folgende Dinge gemeinsam:
-
Der Ursprung jeder Art von Wechselwirkung liegt in den Teilchen, die eine
entsprechende „Ladung“ tragen;
-
Die Wechselwirkungen finden über den Austausch sogenannter Austauschteilchen
zwischen Teilchen entsprechender Ladung statt; bei der Entstehung und Vernichtung
der Austauschteilchen können sich die Eigenschaften der emittierenden oder
absorbierenden Teilchen ändern (z.B. die Ladung, wenn das Austauschteilchen selbst
Träger der jeweiligen Art von Ladung ist)
-
Sie sind alle drei verantwortlich für folgende Reaktionen: die Kraftwirkung, den Zerfall
und die Produktion von Teilchen;
-
Jede Wechselwirkung kann nur stattfinden, wenn alle erforderlichen Erhaltungssätze
erfüllt sind
Die Wechselwirkungsprozesse der Austauschteilchen:
1.
Emission eines Austauschteilchens:
Hierbei sendet ein Teilchen x ein beliebiges Austauschteilchen A aus und verändert
sich dabei zu dem Teilchen x‘:
2.
x  x‘ + A
Absorption eines Austauschteilchens:
Ein Teilchen x fängt ein beliebiges Austauschteilchen A ein und verändert sich zum
Teilchen x‘:
x + A  x‘
3.
Produktion eines Austauschteilchens:
Ein Teilchen x und ein Antiteilchen y vernichten sich, und es entsteht ein passendes
Austauschteilchen A:
4.
x+yA
Vernichtung eines Austauschteilchens:
Ein beliebiges Austauschteilchen A wird vernichtet, und es entsteht ein Teilchen x
und ein Antiteilchen y:
Ax+y
In der Physik werden diese recht einfachen Darstellungen durch die Feynman-Diagramme
dargestellt. Diese halten für jedes Austauschteilchen eine spezielle Darstellungsweise
bereit, so daß sie erst weiter unten erläutert werden.
Erhaltungssätze:
Für jede Wechselwirkung müssen die jeweils wichtigen Erhaltungssätze gelten. Diese
wurden zum Teil formuliert, wenn es Reaktionen gab, die theoretisch möglich gewesen
wären, jedoch nicht beobachtet wurden. Daraus ergaben sich folgende Erhaltungssätze:
-
Ladungserhaltungssatz (folgt aus der Eichsymmetrie):
Die Summen aller Ladungen vor und nach einer Reaktion müssen stets
übereinstimmen.
-
Energieerhaltungssatz (folgt aus der zeitlichen Symmetrie):
Die Summe der Energien aller Teilchen vor und die aller nach einer Reaktion müssen
erhalten bleiben. (Bei den Energien handelt es sich in der Teilchenphysik im
allgemeinen um die kinetischen Energien und die Masseenergien der Teilchen.)
-
Impulserhaltungssatz (folgt aus der Translationssymmetrie):
Der Gesamtimpuls vor und nach einer Reaktion muß erhalten bleiben.
-
Drehimpulserhaltungssatz (folgt aus der Rotationssymmetrie):
Der Gesamtdrehimpuls aller Teilchen vor einer Reaktion muß der gleiche sein wie
danach.
-
Baryonenzahlerhaltungssatz (empirisch)27:
Hierbei handelt es sich um einen Erhaltungssatz der Teilchenphysik. Dabei wird allen
Baryonen die Baryonenzahl B = +1, den Antibaryonen B = -1, und allen anderen
Teilchen die Baryonenzahl B = 0 zugeordnet.
Dabei sagt dieser Erhaltungssatz, daß die Baryonenzahl vor und nach einer Reaktion
immer erhalten bleiben muß.
-
Leptonenzahlerhaltungssatz (empirisch)28:
Auch dieser Erhaltungssatz hat in der Teilchenphysik eine Bedeutung. Er besagt, daß
die Leptonenzahl vor und nach einer Reaktion immer erhalten bleiben muß.
Man ordnet den Leptonen die Leptonenzahl L = +1, den Antileptonen L = -1, und
allen anderen Teilchen die Leptonenzahl L = 0 zu. Diese Einteilung kann noch
verfeinert werden, da man zwischen den Leptonen der einzelnen Generationen
unterscheiden kann. Man unterscheidet zwischen elektronenartigen, myonenartigen
und tauonartigen Leptonen. Jeder einzelnen Gruppe weißt man eine eigenen
Leptonenzahl zu:
Für das Elektron und das Elektron-Neutrino gibt es die Leptonenzahl Le = +1, für ihre
Antiteilchen Le = -1, und für alle anderen Teilchen gilt Le = 0. Analoges gilt auch für
die entsprechenden Leptonenzahlen L und L.
27
Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass B nicht erhalten bleibt
28
Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass auch L nicht erhalten bleibt
Die Starke Wechselwirkung:
Die starke Wechselwirkung, die eine Reichweite von 10 -15m hat, ist die stärkste aller
Wechselwirkungen. Sie ist zum einen für den Zusammenhalt der Quarks in den
Nukleonen, zum anderen für die Bindung der Nukleonen im Atomkern verantwortlich.
Die starke Wechselwirkung wird durch folgendes Modell beschrieben:
Die Ladung der starken Wechselwirkung ist die Farbladung, auch einfach nur Farbe
genannt. Es gibt drei verschiedene Farben: rot, blau und grün. Träger dieser
Farbladungen und damit Quellen der starken Wechselwirkung sind die Quarks. Jedes
Quark kann genau eine Farbladung annehmen.
Die Antiquarks haben eigene Farbladungen: antirot, antiblau und antigrün. Diese nennt
man dann Antifarbladungen.
Das Besondere an den Quarks als Träger der Farbladungen ist, daß sie nie alleine
beobachtet werden. Sie kommen immer in Zweierkombinationen, den Mesonen, oder
Dreierkombinationen, den Baryonen, vor. Die Mesonen und Baryonen werden in der
Gruppe der Hadronen zusammengefaßt.
Man nennt die Tatsache, daß man Quarks nicht alleine beobachten kann, QuarkConfinement. (Anmerkung: Sie ist dafür verantwortlich, daß man die Quarkmassen nicht
genau sondern nur ungefähr bestimmen kann.)
Untersucht man die starke Kraft, so stellt man eine Ähnlichkeit zum elektromagnetischen
Kraftgesetz fest. Das Kraftgesetz der starken Kraft lautet: F  s/r² + k
29
. Man
beobachtet also, dass die Energie W =  F dr, die nötig wäre, um zwei Quarks zu trennen,
immer größer wird, je weiter man die Quarks voneinander entfernt.
Dies kann man sich durch eine Gummischnur verständlich machen. Bewegen sich die
Quarks auseinander, spannt sich die Schnur und treibt die Quarks wieder zusammen.
Sind sie sehr nahe beieinander, wirkt zwischen ihnen eine nahezu konstante Kraft.
Kommt es jedoch dazu, dass sich die Quark doch einmal zu weit auseinander bewegen,
z.B. wenn sie durch Beschuss mit anderen Teilchen zu viel Energie erhalten, so reißt die
Gummischnur. An den Enden bleiben jedoch keine freien Quarks mit einer „halben
Gummischnur“ zurück, sondern es bilden sich an den freien Enden neue Quarks. Dies
kann man sich so vorstellen:
Hat man ein Meson aus einem blauen und einem antiblauen Antiquark, und bewegen sich
diese zu weit auseinander, so bildet sich in ihrer Mitte ein Quark-Antiquark-Paar mit den
Farben blau und antiblau, die mit den beiden anderen, getrennten Quarks neue
Quarkpaare bilden. Man hat also auf einmal zwei Mesonen. Die Energie für die
Quarkbildung wird von außen aufgenommen, z.B. bei der Kollision eines Protons mit
29
s = Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung
einem Elektron in einem Teilchenbeschleuniger aus den Bewegungsenergien der
Stoßpartner.
Die Gummischnüre veranschaulichen den Austausch von Gluonen.
Dieses Kraftgesetz ist der Grund, warum die Quarks nie alleine vorkommen. Dies führt
wiederum dazu, dass bei Quarkkombinationen nach außen immer Farbneutralität
herrscht.
Bei Untersuchungen der Feinstruktur von Elementarteilchen fand man heraus, dass es
nur Kombinationen aus zwei oder drei Quarks gibt.
Diese Tatsache ist die Ursache dafür, dass die Farbladungen nach den drei Grundfarben
der Farbenlehre benannt sind. So kann man sich leicht merken, dass eine Kombination
oder „Vermischung“ von rot, blau und grün, aber auch eine von antirot, antiblau und
antigrün weiß ergibt, wie es bei den Baryonen bzw. Antibaryonen der Fall ist.
Farbneutralität gilt auch dann, wenn man eine Farbe und die Antifarbe mischt, z.B. rot
und antirot. Dies ist bei Mesonen der Fall.
Man sollte sich aber immer vor Augen halten, dass es sich bei den Farben nicht um
wirkliche Farben handelt.
Die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung sind die elektrisch neutralen,
masselosen Gluonen g (engl. glue: Leim). Sie halten die Quarks zusammen, in dem sie
ständig zwischen ihnen hin- und herspringen. Über den ständigen Austausch von Gluonen
kann man sich auch modellhaft die Stärke der starken Wechselwirkung erklären. Die
Gluonen sind selber Träger von Farbladung, und zwar vereinigen sie immer eine Farbe
und eine Antifarbe in sich. So sorgen sie dafür, dass zum Beispiel die Quarks in den
Nukleonen ständig ihre Farbe wechseln. Dies geschieht folgendermaßen:
Man stelle sich vor, man hat ein rotes und ein blaues Quark. Nun sendet das rote Quark
ein Gluon aus, was die Farbe rot sowie die Antifarbe antiblau trägt. Damit trägt das Gluon
die bisherige rote Farbe des roten Quarks mit sich, nimmt aber gleichzeitig antiblau mit,
so dass das bisher rote Quark blau werden muss. Das ist sozusagen die Farbe, die ihm
das Gluon zurück lässt, indem es antiblau mitnimmt. Dieses Gluon wandert nun zu dem
blauen Quark, „vernichtet“ mit seinem antiblau das blau des Quarks und lässt es rot
werden. Im Endeffekt hat das rote Quark nach dem Gluonaustausch die Farbe blau, das
blaue Quark die Farbe rot.
Dieser Farbwechsel vollzieht sich immer wieder in sehr schneller Abfolge und sorgt so
dafür, dass die Quarks im Nukleon zusammen halten.
Die starke Wechselwirkung ist auch für den Zusammenhalt der Nukleonen im Atomkern
verantwortlich.
Dies
geschieht
nach
dem
gleichen
Prinzip,
nach
dem
sich
Wasserstoffatome zu Molekülen binden.
Das komplizierte Zusammenspiel der Quarks und Gluonen ist auch dafür verantwortlich,
dass man beide nicht alleine beobachten kann. Nebenher findet auch zwischen den
Gluonen, die ja selber Farbladungen tragen, eine Wechselwirkung durch Gluonen statt, so
dass Zweier- oder Dreier-Quarkkombinationen nach außen abgeschlossen wirken und
eine sehr starke Kraftwirkung in ihnen herrscht.
Die
Lehre
über
die
starke
Wechselwirkung
stammt
aus
der
QCD,
die
Quantenchromodynamik. Sie lehnt sich an die QED, die Quantenelektrodynamik, an.
Neben der Kraftwirkung der starken Wechselwirkung ist diese auch für die Produktion
und für Zerfälle von Teilchen verantwortlich. Hier ein Beispiel aus der Höhenstrahlung:
Die elektromagnetische Wechselwirkung:
Die elektromagnetische Wechselwirkung ist diejenige der drei Wechselwirkungen, die wir
auch in unserem Alltag spüren können. Sie hat eine unendliche Reichweite und wirkt
zwischen allen elektrisch geladenen Teilchen.
Die Ladung der elektromagnetischen Wechselwirkung ist die elektrische Ladung. Es gibt
eine Art, mit positivem oder negativem Vorzeichen. Träger dieser Ladungen, z.B.
Elektronen, können, im Gegensatz zu den Trägern der starken Ladung, durchaus alleine
beobachtet werden.
Die Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung sind die masselosen,
elektrisch neutralen Photonen . Sie werden zwischen zwei elektrisch geladenen Teilchen
ausgetauscht und erzeugen so die Wechselwirkung. Auch hier kann man, wie bei der
starken
Wechselwirkung,
Photonenaustausches
Photonenaustausch
sich
die
Stärke
veranschaulichen.
statt.
Fliegen
z.B.
dieser
Es
zwei
findet
Kraft
ein
Elektronen
über
die
Häufigkeit
vergleichsweise
aneinander
des
seltener
vorbei,
so
wechselwirken sie miteinander, d.h. sie werden gestreut. Dies geschieht über den
Austausch
virtueller
Photonen
*30.
Diese
Reaktion
bezeichnet
man
dann
als
Kraftwirkung.
Die elektromagnetische Wechselwirkung ist aber auch für die Produktion und den Zerfall
von Teilchen verantwortlich. Eine mögliche Reaktion ist die folgende:
e+ + e-  * + + -
Die schwache Wechselwirkung:
Bei der schwachen Wechselwirkung handelt es sich um eine Wechselwirkung, die wir in
unserer makroskopischen Welt nicht bemerken, die jedoch für eine Reihe von
Reaktionen, vor allem Zerfällen, u.a. dem radioaktiven Beta-Zerfall, verantwortlich ist.
Die Ladung der schwachen Wechselwirkung ist die schwache Ladung. Träger der
schwachen Ladung sind alle Elementarteilchen, also sowohl die Quarks als auch die
Leptonen31. Die schwache Ladung ist jedoch eine Eigenschaft der Teilchen, die bei
beobachtbaren Teilchen nicht definiert ist.
Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind die Weakonen 32. Sie werden
zwischen den Trägern der schwachen Ladung nur sehr selten ausgetauscht, was eine
modellhafte Erklärung für die „Schwäche“ der schwachen Wechselwirkung darstellt. Sie
heißen W+, W- und Z0, wobei die ersten beiden eine elektrische Ladung von +1e bzw. –1e
haben und somit die einzigen Austauschteilchen mit elektrischer Ladung sind. Dagegen
ist das Z0 elektrisch neutral. Man bezeichnet sie als Vektorbosonen, da sie einen
ganzzahligen Spin haben. Bei W- und Z-Bosonen handelt es sich um sehr schwere
Teilchen, die auf Grund der Energieerhaltung eigentlich nicht existieren könnten. Sie
können jedoch auf Grund der Unschärferelation kurzzeitig als virutelle Teilchen
existieren. Die W-Bosonen haben eine ungefähre Masse von 80 GeV/c², das Z-Boson eine
von ca. 91 GeV/c². Daß das W+ und das W- die gleichen Massen haben liegt daran, daß
das W- das Antiteilchen des W+ ist. Auf Grund ihrer hohen Massen haben die Weakonen
eine Reichweite, die etwa einem Tausendstel des Protonendurchmessers entspricht. Die
30
virtuelle Photonen sind solche, bei denen die Ruhemasse ungleich Null ist, d.h. E² -
p²c²  0
31
eigentlich sind nur die linkshändigen Anteile der Elementarteichen Träger der
schwachen Ladung. Näheres dazu siehe: z.B. GROTZ,K./ KLAPDOR,H.V.: Die schwache
Wechselwirkung in Kern-, Teilchen und Astrophysik. Teubner, Stuttgart: 1989.
32
von englisch weak: schwach; in der physikalischen Fachsprache: „intermediäre
Vektorbosonen"
Prozesse der schwachen Wechselwirkung finden deshalb in verhältnismäßig großen
Zeiträumen statt.
Die elektrisch geladenen W können nur an bestimmten Prozessen teilnehmen. Auf Grund
ihrer
elektrischen
Ladung
ändert
sich
auch
bei
den
an
der
Wechselwirkung
teilnehmenden Teilchen die elektrische Ladung. So nimmt ein W + einem Teilchen, von
dem es abgestrahlt wird, die Ladung von 1e. Dies gilt auf Grund der Ladungserhaltung.
Vernichtet sich das W+ wieder, so müssen die Folgeprodukte in ihrer Summe eine
elektrische Ladung von 1e haben.
Die schwache Wechselwirkung ist unter anderem für die für uns lebenswichtige
Kernfusion im Innern der Sonne verantwortlich.
Das
Z0
kann
man
häufig
elektromagnetischen
nicht
vom
dem
Wechselwirkung,
Photon,
dem
unterscheiden,
Austauschteilchen
da
beide
der
ähnliche
quantenmechanische Eigenschaften haben. Man fand das Z 0 jedoch eher zufällig,
nachdem man eine neue Theorie entwickelt hatte, die dieses Z 0 voraussagte. Diese neue
Theorie
war
die
Vereinigung
der
elektromagnetischen
und
der
schwachen
Wechselwirkung, die sogenannte elektroschwache Wechselwirkung.
Die elektroschwache Wechselwirkung:
Die elektroschwache Wechselwirkung wurde entwickelt, weil man eine Theorie finden
wollte, die die elektromagnetische und schwache Wechselwirkung kommutativ werden
ließe, d.h. in der es egal wäre, ob erst eine elektromagnetische und dann eine schwache
Wechselwirkung stattfinden würde oder umgekehrt. Diese Theorie sagte das neutrale
Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung, das Z 0, voraus.
Die
elektroschwache
Wechselwirkung
findet
über
den
Austausch
von
vier
Austauschteilchen statt:
-
das elektrisch neutrale Photon 
-
das elektrisch neutrale Weakon Z0
-
das elektrisch negative Weakon W-
-
das elektrisch positive Weakon W+
In der elektroschwachen Theorie muß es jedoch noch ein weiteres, schweres Teilchen
geben, das Higgs-Teilchen. Der damit zusammenhängende Higgs-Mechanismus soll nach
der Theorie verantwortlich sein für die Masse der Teilchen.
Die elektroschwache Wechselwirkung ist für die Teilchenphysik deshalb von so großer
Bedeutung, da sie darauf hindeutet, daß es in der Zukunft eventuell möglich sein könnte,
alle in der Natur auftretenden Wechselwirkungen zu einer einzigen, alles beschreibenden
zusammenzufassen.
Die beiden elektrisch neutralen Austauschteilchen unterscheiden sich nur durch ihre
Masse, ihre quantenmechanischen Eigenschaften sind gleich. Daher und aus einem
zweiten Grund kommt es in der Natur an manchen Stellen zur Vermischung der
schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung. Der zweite Grund für die
Vermischung ist die, daß die schwache Ladung von Teilchen häufig im Zusammenhang
mit der elektrischen Ladung auftritt.
Daher gibt es auch Reaktionen zwischen elektrisch geladenen Teilchen, an denen beide
Wechselwirkungen teilnehmen können. Z.B. kann bei sehr hohen Energien die MyonenPaar-Erzeugung
durch
ein
Elektron
und
ein
Positron
mit
ungefähr
gleicher
Wahrscheinlichkeit über ein Z0 oder ein Photon ablaufen. Es gibt aber auch Vorgänge, bei
denen beide Austauschteilchen möglich sind, aber eines der beiden wesentlich öfter zum
Einsatz kommt. Dies ist abhängig von der bei der Reaktion zur Verfügung stehenden
Energie. Reaktionen mit kleinen Energien, z.B. Prozesse in der Atomhülle oder dem
Atomkern, bevorzugen das Photon. Dieses ist jedoch bei der Energie von 91 GeV, welche
der Massenenergie des Z0 entspricht, gegenüber dem Z0 zu vernachlässigen.
Es gibt aber auch Reaktionen, bei denen das Austauschteilchen längere Strecken mit
Lichtgeschwindigkeit zurücklegt. Hier kommt nur das Photon als Austauschteilchen in
Frage.
Bei Reaktionen, bei denen nicht nur geladene Teilchen teilnehmen, wie z.B. die NeutrinoStreuung am Elektron, kommt als Austauschteilchen dagegen nur das Z 0 in Frage. Das Z0
ist also Austauschteilchen bei an Reaktionen teilnehmenden Teilchen, die die schwache
Ladung tragen.
Die Feynman-Diagramme:
Die Feynman-Diagramme dienen in der Teilchenphysik dazu, alle auf Grund der
Erhaltungssätze möglichen komplizierten Prozesse in einfacher, verständlicher Weise
darzustellen.
Es
gibt
einen
allgemeingültigen
Formalismus,
um
Teilchen
und
Austauschteilchen darzustellen. Gelesen werden die Abbildungen meistens in einer
Zeitachse von links nach rechts, d.h. der Anfang eines Prozesses steht links, das Ende
rechts im Diagramm. In manchen Abbildungen geht die Zeitachse aber auch von unten
nach oben.
Die Teilchen werden in den Feynman-Diagramme durch Pfeile mit der jeweiligen
Beschriftung dargestellt.
Photonen stellt man durch einen geschlängelten Pfeil dar.
Die Weakonen werden durch einen gestrichelten Pfeil dargestellt.
Die Gluonen stellt man durch einen gedrehten Pfeil dar.
Hier sind einige Beispiele für Feynman-Diagramme:
Die Interpretation von Blasenkammerbildern
Die
1952
von
D.Glaser
entwickelte
Blasenkammer
ist
eine
Vorrichtung
zum
Sichtbarmachen geladener Teilchen. Dabei wird die Ionisation ausgenutzt. Es handelt sich
bei der Blasenkammer um einen Vorläufer der heutigen modernen Detektoren. Mit ihr
konnten einige Eigenschaften der Teilchen untersucht werden.
Die Blasenkammer ist mit einer fast siedenden Flüssigkeit, meist Wasserstoff, gefüllt. Der
Wasserstoff hat eine Temperatur von ca. 25 K, und es herrscht ein Druck von 5-20 bar.
In die Kammer wird aus einem Teilchenbeschleuniger ein Strahl geladener Teilchen
eingeschossen. Die Teilchen aus dem Strahl kollidieren mit den Wasserstoffatomen, d.h.
mit den Elektronen oder den Atomkernen. Das bedeutet, daß der Wasserstoff als Target
dient. Entlang der Spur der geladenen Strahlteilchen bilden sich durch Stöße Ionen.
Nun wird durch eine plötzliche Expansion der Kammer die Flüssigkeit zum Sieden
gebracht. Dies geschieht zuerst an den Ionen, die sich durch den Teilchenstrahl gebildet
haben. An den Ionen bilden sich Blasen, die man fotografieren kann, so daß man die
Teilchenspuren sieht. Das Fotografieren geschieht durch eine Kamera und Blitzlicht.
Fotografiert man gleichzeitig mit vielen Kameras aus verschiedenen Richtungen, kann
man ein dreidimensionales Bild erstellen.
Um nun geladene Teilchen in ihrer Ladung, d.h. elektrisch positiv oder negativ,
unterscheiden zu können sowie ihren Impuls bzw. ihre Geschwindigkeit bestimmen zu
können, wird durch Magnetspulen in der Kammer ein starkes homogenes Magnetfeld mit
der Stärke von ungefähr 2 Tesla angelegt. Dadurch bewegen sich die elektrisch
geladenen
Teilchen
in
der
Kammer
auf
kreisförmigen
Bahnen.
Aus
dem
Krümmungsradius der Bahnen kann man dann den Impuls der Teilchen ableiten, aus der
Krümmungsrichtung die elektrische Ladung.
Wichtig ist, daß ungeladenen Teilchen gar keine Spuren in der Blasenkammer
hinterlassen und nur indirekt nachgewiesen werden können, wenn sie z.B. in zwei
geladenen Teilchen zerfallen.
Die Bilder aus Blasenkammern enthalten viele Details von Reaktionen und dienen daher
einer präzisen Analyse. Auf der anderen Seite hat die Blasenkammer den Nachteil, daß
sie recht langsam arbeitet. Dies liegt daran, daß die Flüssigkeit erst zum Kochen
gebracht werden muß, erst dann kann man fotografieren, danach muß sie wieder knapp
unter den Siedepunkt abgekühlt werden. Dieser Prozeß dauert einigen Sekunden, was
bedeutet, daß auch nur alle paar Sekunden eine Aufnahme gemacht werden kann.
Ein Beispiel für eine Blasenkammer ist „Gargamelle“, die im CERN bei Genf/Schweiz
genutzt wurde. Bei ihr handelte es sich um eine zwei Meter lange Kammer, an die ein
Magnetfeld von 1,78 Tesla angelegt war. Als Teilchenstrahl wurden beschleunigte,
negativ geladenen Kaonen
(u, s) verwendet. Bei den stattfindenden Reaktionen entstanden neue Teilchen, die auf
den Photos genau untersucht werden konnten.
Die Interpretation von Detektorbildern
Eine
modernere
Möglichkeit
für
Untersuchungen
in
der
Teilchenphysik
bieten
Detektorbilder. Für die Interpretation gibt es vier verschiedene Bereiche, die wichtig sind.
Der erste ist der Bereich, in dem ein Magnetfeld anliegt und so durch ihre Ablenkung der
Impuls, die Ruhemasse33 und das Vorzeichen der elektrischen Ladung elektrisch
geladener Teilchen bestimmt werden kann. Dies geschieht an Hand von Spuren, die alle
elektrisch geladenen Teilchen in diesem Bereich des Detektors hinterlassen. Daher
bezeichnet man diesen Bereich auch als Spurdetektor. In ihm sollte die Energieabgabe
der Teilchen an das Detektormaterial möglichst gering sein. Der Nachweis ungeladener
Teilchen geschieht im Spurdetektor über den indirekten Weg, da diese Teilchen hier keine
Spuren hinterlassen und nur nachweisbar werden, wenn sie in zwei geladene Teilchen
zerfallen. Dies geschieht meist in einem der beiden Kalorimeter, wo zum Beispiel die
Paarerzeugung
aus
Photonen
stattfindet.
Entstehen
bei
einer
Teilchenkollision
hochenergetische Elektronen und Positronen, hinterlassen diese im Spurdetektor fast
gerade Spuren.
Der zweite Bereich ist das elektromagnetische Kalorimeter. Dieses besteht beim OPALDetektor, der am LEP in Genf im Einsatz war, aus Bleiglas. In diesem Material mit sehr
hoher Dichte geben die Elektronen und Positronen ihre gesamte Energie an das
Absorbermaterial ab. Dies geschieht durch elektromagnetische Schauer. Dadurch kann
die Energie der Elektronen und Positronen nachgewiesen werden.
Im dritten Bereich befindet sich das hadronische Kalorimeter. Dieses besteht aus Eisen,
was ebenso wie das Bleiglas im elektromagnetischen Kalorimeter eine sehr hohe Dichte
hat und sehr gut dazu geeignet ist, die gesamte Energie der Hadronen zu absorbieren.
Auf diese Art werden die Energien von Teilchenjets, die aus Quark-Antiquark-Paaren in
der Teilchenkollision entstanden sind, nachgewiesen. Die Energiemessung geschieht hier
durch Energieabgabe bei Stößen mit dem Detektormaterial, insbesondere durch starke
Wechselwirkungen mit den Atomkernen des Detektormaterials.
33
die Ruhemasse kann nur mit zusätzlichen Informationen wie der Flugzeit, des
Energieverlustes usw. bestimmt werden
Im vierten Bereich, der Myonen-Kammer, werden nur noch Myonen registriert, die vorher
wegen ihrer 200 mal größeren Masse als die des Elektrons oder Positrons keine
elektromagnetischen Schauer erzeugen, und keine starke Wechselwirkung erfahren.
In den verschiedenen Bereichen des Detektors kann man so verschiedenste Arten von
Teilchen nachweisen.
5.3
THEMENLERNZIELE:
Lernvoraussetzungen:
Den Schülern sollten der Energie- und der Ladungserhaltungssatz ein Begriff sein.
Zusätzliche Lernmaterialien:
-
Folie zu den drei Wechselwirkungen mit den Teilchen des Materieaufbaus, auf die sie
wirken (Folie 12)
-
Themenlernziel:
Die Schüler sollten in diesem Teil der Unterrichtseinheit lernen, das es vier fundamentale
Wechselwirkungen gibt, von denen drei für die Teilchenphysik relevant sind. Weiter
sollten
die
Schüler
über
die
Eigenschaften
dieser
drei
Wechselwirkungen,
d.h.
Kraftwirkung, Produktion und Zerfall von Teilchen, Bescheid wissen. Hier könnte es
hilfreich sein, wenn man diese drei Eigenschaften der Wechselwirkungen an einer
Wechselwirkung, z.B. der elektromagnetischen, konkret erläutert. Weiter sollten sie die
Austauschteilchen
Elementarteilchen
der
sie
Wechselwirkungen
wirken
und
damit
benennen
die
können,
Ladungen
der
auf
welche
entsprechenden
Wechselwirkungen benennen können. Dazu kann man Folie 12 verwenden.
In diesem Zusammenhang kann man auch noch einmal auf die Eigenschaft der
Antiteilchen eingehen, daß diese in allen Ladungsarten ein entgegengesetztes Vorzeichen
wie ihre entsprechenden Teilchen haben.
Im Zusammenhang mit der schwachen Wechselwirkung kann man nun auf den
radioaktiven
Beta-Zerfall
als
Folge
der
schwachen
Wechselwirkung
sowie
den
radioaktiven Alpah- bzw. den radioaktiven Gamma-Zerfall als Folge der starken bzw. der
elektromagnetischen Wechselwirkung eingehen.
Auch kann man nun nach Einführung der starken Wechselwirkung erläutern, warum
Quarks nur in Zweier- oder Dreierkombinationen auftreten, was beim Materieaufbau noch
nicht möglich war.
Man kann als Beispiele, die den Schülern bekannt und die für die Wechselwirkung von
Bedeutung sind, die Ladungserhaltung und Energieerhaltung für alle Prozesse der
Wechselwirkungen als Voraussetzung angeben. Das es auch noch andere Erhaltungssätze
gibt, die Reaktionen zwischen Teilchen ermöglichen oder unmöglich machen, kann
erwähnt werden, ohne näher darauf einzugehen.
Die einzelnen Wechselwirkungen mit ihren Eigenschaften kann man die Schüler
selbständig am Websystem erarbeiten lassen.
Ob man die Feynman-Diagramme als elegante Darstellungsmöglichkeit für Prozesse der
Wechselwirkungen mit den einzelnen Darstellungsmöglichkeiten für die verschiedenen
Wechselwirkungen einführt, hängt von der noch vorhandenen Unterrichtszeit und dem
Ermessen des Lehrers ab.
An dieser Stelle bietet es sich nun auch an, den Schülern am Websystem die Möglichkeit
zu geben, sich selber im Erkennen und Interpretieren von Teilchenspuren in
Blasenkammer- und Detektoraufnahmen zu üben, um eine konkrete Vorstellung von den
Elementarteilchen sowie den zwischen ihnen wirkenden Wechselwirkungen zu erlangen.
6 STANDARDMODELL:
6.1
INHALTE DES MODELLS :
6.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Um nicht nur einen begrenzten Überblick über die Teilchenphysik zu geben, sondern auch
das Standardmodell als Modell der Teilchenphysik einführen zu können, müssen noch die
fehlenden zwei Generationen/Familien eingeführt werden.
Danach sollte das Modell als Ganzes zusammenfassend dargestellt werden, um den
Schülern die Voraussetzung zu geben, kritisch mit diesem für sie neuen Modell umgehen
zu können. Dies soll im nächsten Teil geschehen.
6.1.2 SACHANALYSE:
Das Standardmodell ist ein Modell der Teilchenphysik, welches die Elementarteilchen und
ihre
Wechselwirkungen,
die
starke,
die
elektromagnetische
und
die
schwache
Wechselwirkung, beschreibt. Dieses Modell ist experimentell bestätigt und kann daher
trotz mancher bisher unbeantworteter Fragen als korrekte Beschreibung der Welt der
Teilchen angesehen werden.
Das Standardmodell hat ein einfaches Prinzip: alle Urteilchen sind Teilchen mit dem Spin
½ und
gehorchen
dem
Pauli-Prinzip,
und
alle Austauschteilchen
haben
einen
ganzzahligen Spin, was bedeutet, daß sie in beliebiger Zahl emittiert und absorbiert
werden können.
Die Elementarteilchen werden in 3 Familien oder Generationen unterteilt.
Diese Einteilung findet zum einen über die Ladungen statt. Bei den Urteilchen findet man
immer zwei Ladungen vor. Die Quarks haben die elektrischen Ladungen + 2/3e und –1/3e,
die Leptonen die Ladungen –1e und 0e. In jeder Familie sind je zwei Quarks und
Leptonen mit den beiden elektrischen Ladungen vertreten.
Zum anderen findet auch eine Einteilung in die Familien über die Massen der Teilchen
statt. In der ersten Familie befinden sich die leichtesten Quarks und Leptonen, in der
zweiten die mittelschweren, und in der dritten Familien die schwersten Quarks und
Leptonen.
Die Urteilchen setzten sich aus den 6 Quarks und den 6 Leptonen sowie deren
Antiteilchen zusammen. Die Urteilchen bilden die Grundbausteine der Materie. Ihre
Eigenschaften wie Ladung, Masse und anderes kann man unter Kapitel 3 zum
Materieaufbau nachlesen.
Die Austauschteilchen im Standardmodell sind das Gluon g der starken Wechselwirkung,
das Photon  der elektromagnetischen Wechselwirkung sowie die Weakonen W +, W- und
Z0 der schwachen Wechselwirkung.
Über die Eigenschaften der Austauschteilchen sowie über die Wechselwirkungen kann
man in Kapitel 5 zu den Wechselwirkungen Näheres erfahren.
Reaktionen der Elementarteilchen im Standardmodell:
Eine mögliche Reaktion ist die, bei der sich ein Elementarteilchen einer Familie in ein
Elementarteilchen derselben Familie umwandelt. Diese Umwandlung findet jedoch nur
zwischen Quarks untereinander oder zwischen den Leptonen statt. Dies liegt an der
elektrischen Ladung der Teilchen, die sich bei so einer Reaktion verändern muß. Für
solche Reaktionen sind dann ebenfalls die geladenen Austauschteilchen der schwachen
Wechselwirkung,
das
W+
und
W- ,
verantwortlich.
Da
diese
nur
ganzzahlige
Elementarladungen transportieren, Leptonen ganzzahlige Ladungen, Quarks jedoch
Drittelladungen tragen, kann ein Übergang zwischen Leptonen und Quarks nicht
stattfinden. Diese Tatsache ist experimentell bestätigt.
Eine weitere mögliche Reaktion ist die Umwandlung von einem Teilchen einer Familie in
ein Teilchen einer anderen Familie. Diese findet, wie experimentell beobachtet wurde, nur
über die geladenen Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung, das W + und W-,
statt. Dabei ist mit sehr viel kleinerer Wahrscheinlichkeit auch ein Zerfall der instabilen
schweren Teilchen der 2. und 3. Familie in die stabilen leichteren Teilchen der 1. Familie,
die auch die Bausteine unserer Materie darstellen, zu beobachten.
Eine mögliche Reaktion ist die der starken Wechselwirkung, bei der über Gluonen ein
Farbwechsel geschieht. Diese Reaktion kommt jedoch nur unter den Trägern der starken
Ladung, also den Quarks, vor.
Weiter können als Reaktionen noch Streuprozesse beobachtet werden, bei denen
ungeladene Austauschteilchen, also das Z0 der schwachen Wechselwirkung oder das
Photon der elektromagnetischen Wechselwirkung, von einem Teilchen emittiert oder
absorbiert werden. Dabei ändert sich lediglich die Energie eines Teilchens, jedoch nicht
das Teilchen selber.
Es finden auch Reaktionen statt, in denen aus Austauschteilchen Teilchenpaare entstehen
oder sich Teilchenpaare in Austauschteilchen vernichten. Diese Reaktionen nennt man
Paarerzeugung oder Paarvernichtung. Da die Ladungserhaltung gelten muß, kann die
Summe der elektrischen Ladungen der Elementarteilchen entweder 0 sein, dann entsteht
oder vernichtet sich ein ungeladenes Austauschteilchen, also ein Photon, ein Z 0 oder ein
Gluon,
oder
der
Betrag
der
Summe
der
elektrischen
Ladungen
des
Elementarteilchenpaares ist 1, dann entsteht oder vernichtet sich ein entsprechend
elektrisch
geladenes
Austauschteilchen,
also
ein
W+
oder
W-
der
schwachen
Wechselwirkung. Diese Bedingung führt dazu, daß sich nur Paare aus Materieteilchen und
Antimaterieteilchen bilden oder vernichten. Zudem wurden experimentell bisher nur
Paarbildungen oder Paarvernichtungen von Teilchen derselben Familie beobachtet.
Eine weitere Reaktion, die stattfinden kann, ist die Umwandlung eines Teilchens in ein
Antiteilchen, zum Beispiel die eines Kaons in ein Antikanon: (s, d)  (s, d).
6.2
NUTZEN UND GRENZEN DES MODELLS:
6.2.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Für die Schüler ist es wichtig, daß sie erkennen, das es sich bei dem Standardmodell,
genauso wie bei allen anderen Modellen, um ein Hilfsmittel der Physik handelt,
Gegebenheiten der Natur in Gesetzen vereinheitlichend darzustellen. Das diese Modelle in
der Physik jedoch nur Hilfsmittel sind und nur so lange gelten, bis sich unvereinbare
Wiedersprüche ergeben, wird den Schülern bisher vermutlich nicht bewußt sein. Daher
soll dieses Faktum an Hand des Standardmodells aufgegriffen und mit den Schülern
diskutiert werden.
6.2.2 SACHANALYSE:
Das Standardmodell ist, wie schon weiter oben geschrieben, ein Modell zur Beschreibung
der Elementarteilchen und ihrer Austauschteilchen. Mit ihm lassen sich eine große Menge
an Phänomenen vorhersagen, die dann experimentell bestätigt wurden, und es wurden
experimentelle Ergebnisse gefunden, die sich in das Standardmodell einfügten und es
somit bestätigten. Somit bietet dieses Modell eine Vielzahl an Möglichkeiten und bringt so
seinen Nutzen.
Jedoch bleiben bei dem Standardmodell manche Fragen unbeantwortet, so daß man
davon ausgehen muß, daß das Standardmodell nicht die endgültige Theorie ist, sondern
daß es eine noch einfachere, umfassendere Theorie geben muß, die die offenen Fragen
beantworten kann. Diese Theorie wird „Theory of Everything“, kurz TOE, genannt.
Was sind die offenen Fragen, die das Standardmodell bisher nicht beantworten
konnte?
Das Standardmodell der Teilchenphysik hat, wenn die Neutrinomasse Null ist, 18 freie,
experimentell zu bestimmende Parameter, ansonsten mehr als 25. Unter anderem
gehören die Massen der Elementarteilchen dazu.
Warum die Elementarteilchen ihre Massen haben, ist bisher nicht beantwortet.
Im Standardmodell wird der sogenannte Higgs-Mechanismus für die Massen der Teilchen
verantwortlich gemacht. Das Standardmodell sagt voraus, daß alle massebehafteten
Teilchen in den ersten 10-14 Sekunden des Universums masselos waren. Bei niedrigeren
Energien, die nach 10-14 Sekunden im Universum herrschten, erhielten die Teilchen ihre
Masse über die Wechselwirkung mit einem Higgs-Teilchen. Sie absorbieren ein HiggsTeilchen und gewinnen so ihre Massen. Beschrieben wurde dieser Vorgang, der „Higgs-
Mechanismus“ genannt wird, von Peter Higgs, der eine spontane Symmetriebrechung 34
dafür verantwortlich macht.
Das Higgs-Teilchen soll eine Masse von 100 – 200 GeV/c² haben. Bisher wurde es jedoch
experimentell noch nicht nachgewiesen, so daß man auch noch nicht weiß, ob das HiggsTeilchen gibt, und wenn ja, ob es ein oder mehrere von ihnen gibt.
Eine weitere, bisher noch nicht geklärte Frage ist die, warum sich im frühen Universum
ein Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie ergab, was das Universum in
seiner
heutigen
Form
erst
ermöglichte.
Auf
dieses
Ungleichgewicht
sowie
die
Bevorzugung der Materie gegenüber der Antimaterie kann das Standardmodell noch
keine völlig befriedigenden Antworten geben.
Weitere Fragen, die noch geklärt werden müssen, sind die, warum es genau 3
Generationen von Elementarteilchen gibt, warum die elektrische Ladung des Proton (also
die Summe der elektrischen Ladungen der Quarks) der es Elektrons entspricht, und wie
die Werte der Massen zustande kommen.
6.3
THEMENLERNZIELE:
Lernvoraussetzungen:
Die Schüler sollten schon einige Modelle wie das des Atomaufbaus als Beispiele für solche
kennen, um an Hand des Standardmodells die Modellvorstellung in der Physik übertragen
zu können.
Zusätzliche Lernmaterialien:
-
Folien zur Übersicht des Standardmodells (Folien 13 + 14)
-
Folie zu den Ladungen der einzelnen Elementarteilchen des Standardmodells (Folie
15)
Themenlernziel:
Es sollte an dieser Stelle das Standardmodell mit den nun bekannten Elementarteilchen
und den vier Wechselwirkungen im Gesamten dargestellt und als sinnvolles Modell zur
34
Näheres dazu unter anderem in: FRAUENFELDER,H./HENLEY,E.M.: Teilchen und Kerne
– Die Welt der subatomaren Physik. R.Oldenbourg Verlag, München; Wien: Oldenbourg:
1999. Seite 396 ff
Beschreibung des heutigen Wissens zum Aufbau der Materie hervorgehoben werden.
Dafür bieten sich die Folien 13 + 14 als Gesamtübersicht an.
Falls dies im Themenbereich „Materieaufbau“ noch nicht geschehen sein sollte, müssen
an dieser Stelle die zweite und dritte Generation der Elementarteilchen eingeführt und
die Systematik der Einteilung der Elementarteilchen in einzelne Generationen nach Masse
und elektrischer Ladung erarbeitet werden.
Eventuell kann man die anderen Ladungsarten der Teilchen auf der Folie 15 kurz zeigen,
sollte dieses Thema jedoch nur bei ausgeprägtem Interesse der Schüler weiter vertiefen.
Es sollte jedoch hervorgehoben werden, daß es sich bei dem Standardmodell um ein
Modell handelt, welches bisherige Ergebnisse von Experimenten recht gut beschreibt,
welches aber auch offene Fragen zurückläßt, die man mit diesem Modell noch nicht
beantworten kann. Welche Fragen dies sind, kann man der Sachanalyse entnehmen und
den Schülern auch in dieser oder ähnlicher Form nahe bringen.
7
7.1
ANWENDUNG: KOSMOLOGIE:
STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
Um das dritte Thema des Einstiegteils ebenfalls wieder aufzugreifen und mit den in der
Unterrichtseinheit erworbenen Erkenntnissen zu hinterleuchten, soll an dieser Stelle noch
mal auf die fundamentale Frage des Urknalls und der Entstehung des Universums
eingegangen
werden.
Erst
hier
ist
es
möglich,
die
bis
heute
bekannten
Entwicklungsbereiche der Entstehungsgeschichte des Universums mit allen Teilchen und
den wirkenden Kräften auf der Basis eines nun vorhandenen Vorwissens zu vermitteln.
Damit wird ein letztes mal aufgezeigt, welchen Bezug die Teilchenphysik zu den Schülern
hat, bzw. welche Erkenntnisse sie bringen kann.
7.2
SACHANALYSE:
Man weiß heute, daß das Universum 10 - 15 Milliarden Jahre alt ist, immer noch
expandiert und sehr flach ist. Der Anfang der prinzipiell ohne Quantengravitation
beschreibbaren Zeit liegt bei 10-43 Sekunden nach dem Urknall.
Man vermutet, dass sich nach ca. 10-36 s eine Potentialveränderung des frühen
Universums vollzog, die dazu führte, daß eine große Menge an Energie frei wurde, die in
ein vielfaches (109-faches) der heute existierenden Materie umgewandelt wurde
(„Inflation“). Dabei dehnte sich das Universum mit Überlichtgeschwindigkeit aus. Was
jedoch davor geschah, liegt noch im Dunkeln.
Die Situation des sehr frühen Universums nach 10 -35 Sekunden konnte man bisher noch
nicht in Teilchenbeschleunigern simulieren, man hat jedoch genauere theoretische
Vorstellungen oder Vermutungen als von der Zeit davor. So geht man davon aus, daß es
neben den heute bekannten Elementarteilchen andere Teilchen gab, die bei der
abnehmenden Energie des Universums wieder verschwanden. Weiter geht man davon
aus, daß die elektromagnetische, die starke und die schwache Kraft gleich stark waren,
während die Gravitationskraft für die Wechselwirkungen einzelner Teilchen keinerlei
Bedeutung hatte. Weiter geht man davon aus, daß sich frühestens zu diesem Zeitpunkt
das bisher ungeklärte Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie ergab.
Die Situation, die 10-13 Sekunden nach dem Urknall herrschte, ist mit den Energien, wie
sie Teilchenbeschleuniger heute erzeugen können, schon simulierbar. Daher kennt man
die Teilchen, die zu diesem Zeitpunkt existierten. Es handelte sich um alle Teilchen, die
im heutigen Standardmodell
vertreten sind, d.h. die Elementarteilchen und die
Austauschteilchen
Wechselwirkungen.
der
vier
Zwischen
den
Elementarteilchen
bestanden jedoch noch keine Verbindungen, da die Energien zu hoch waren. Zu diesem
Zeitpunkt kamen die Quarks also noch alleine und nicht wie heute nur in Verbindungen
vor.
Eine Sekunde nach dem Urknall entstanden auf Grund der schon recht stark abgefallenen
Energie des Universums die ersten hadronischen Verbindungen, d.h. es bildeten sich
Baryonen und Mesonen. Damit war die erste Stufe im Materieaufbau, wie er heute
besteht, genommen. Die Materie bestand neben anderen Teilchen aus den Elektronen
und den Protonen und Neutronen, die jedoch untereinander keine Verbindungen
eingingen, da die Energie im Universum dafür noch zu hoch war.
Nach den ersten drei Minuten war das Universum so weit abgekühlt, daß sich die ersten
Atomkerne bilden konnten. Bei diesen handelte es sich um Wasserstoff-, Deuterium-,
Helium- und Lithiumkerne. Atomkerne anderer Elemente bildeten sich erst in den ersten
Sternen. Atome entstanden zu diesem Zeitpunkt des Universums noch nicht, da
hochenergetische Photonen die sich an die Atomkerne bindenden Elektronen sofort
wieder aus dem Atomverband herausschlugen.
Erst nach 105 Jahren hatte die Energie im Universum so weit abgenommen, daß sich
stabile Atomverbände bilden konnten, die nicht sofort wieder von hochenergetischen
Photonen zerschlagen wurden. So entstand nach außen elektrisch neutrale Materie.
109 Jahre nach dem Urknall bildeten sich durch die weitreichende Schwerkraft aus den
bestehenden Wasserstoff-, Helium- und Lithiumatomen die ersten Sterne. Im Innern
dieser Sterne bildeten sich dann durch Kernfusion schwerere Atome bis zum Eisen, die
bei den Explosionen dieser ersten Sterne freigesetzt wurden und so die Entstehung
organischer, lebensfähiger Verbindungen wie auf unserer Erde ermöglichten. Dabei
entstanden Atomkerne, die schwerer als Eisen waren, durch Supernovaexplosionen.
Heute, also nach ca. 1010 Jahren, gibt es im Universum Galaxien, Sterne mit und ohne
Planetensystemen und viele andere Himmelskörper wie Kometen und andere. Man
erkennt an der kosmischen Hintergrundstrahlung von ca. 2,74 °K das „Echo des
Urknalls“, und an der Rotverschiebung der Himmelskörper um uns herum, daß sich das
Universum immer weiter ausdehnt. Zudem weiß man nach neuesten Erkenntnissen, daß
das Universum flach ist. Man nimmt weiter an, dass es an allen Orten in alle Richtungen
homogen und isotrop ist.
Die weitere Entwicklung des Universums, d.h. ob es sich immer weiter ausdehnt, ob es
irgendwann in seiner Expansionsbewegung abgebremst und dann stabil bleiben oder ob
sich die Expansionsbewegung irgendwann in eine Kontraktionsbewegung umwandeln
wird, ist nach allem, was man heute weiß, vorhersagbar. Man geht davon aus, dass das
Universum immer weiter expandieren wird, und dass diese Expansion immer schneller
vorangehen wird.
7.3
THEMENLERNZIELE:
Lernvoraussetzungen:
Die erste Voraussetzung für dieses Thema ist die, daß die Schüler in der ersten
Themeneinheit das Thema Urknall bearbeitet haben. Den Schülern sollten in diesem Fall
die offenen Fragen zum Thema des Urknalls noch einmal vergegenwärtigt werden.
Themenlernziel:
Die Schüler sollten mit ihrem jetzigen Wissen über die Elementarteilchen und die
Wechselwirkungen das heutige Wissen über den Urknall und die Entwicklung bis zum
heutigen Universum kennen. Dabei dürfte es für die Schüler interessant sein zu wissen,
daß sie selber aus Materie bestehen, die schon in zwei oder drei Sternen war.
Am einfachsten kann man die Entwicklung des Universums an der Seite „UrknallAnwendungen“ des Websystems erarbeiten.
Es sollte jedoch individuell auf die in der Einführung gestellten, offenen und mit den
Webseiten noch nicht beantworteten Fragen der Schüler eingegangen werden.
8
HISTORIE: HISTORISCHE ENTWICKLUNG VON DER ANTIKE ZUR
MODERNEN TEILCHENPHYSIK
8.1
STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT:
An der letzten Stelle der Unterrichtseinheit soll noch auf die historische Entwicklung der
Teilchenphysik eingegangen werden. Dies ist unter Umständen für die Schüler von
Bedeutung, um zu sehen, wie Wissenschaft abläuft, daß der wissenschaftliche Alltag mit
Irrwegen
und
Fehlinterpretationen
verbunden
sein
kann,
und
das
Physik
eine
Wissenschaft ist, die nicht von Genies entdeckt sondern von Menschen erforscht und
entwickelt wurde und immer noch wird.
Damit wird am Thema Teilchenphysik eine Brücke zur gesamten Physik geschlagen, und
es
kann
versucht
werden,
den
Schülern
die
Vorstellung
von
der
Physik
als
unverständliche, für sie meist nicht nachvollziehbare Wissenschaft zu nehmen.
8.2
SACHANALYSE:
Antike:
In der Antike waren es die Griechen, die vornehmlich Physik im Rahmen der Philosophie
betrieben. Allerdings weicht diese damalige Wissenschaft von der heutigen Praxis stark
ab, da dort vornehmlich auf geistigem Weg versucht wurde, die Welt zu begreifen,
während heute der experimentelle Beweis zur Prüfung von Theorien und zur Sicherung
von Wissen herangezogen wird.
Bei den Griechen wurden die ersten Vorstellungen zur Teilchenphysik geprägt. Hier kam
das erste mal geschichtlich belegt die Vorstellung des Elementarteilchens („atomos“) als
unteilbarer Grundbaustein der Materie auf, aber auch die Erhaltung der Materie wurde
erstmals erwähnt.
Ungefähr 600 Jahre v.Chr. bezeichnete Thales von Milet, der auch mathematische
Überlegungen betrieb und nach dem der mathematische „Satz des Thales“ benannt ist,
das Wasser als das stoffliche Grundprinzip aller Dinge. Das Universum war in seiner
Vorstellung eine flüssige Masse, in der die seiner Meinung nach flache Welt in einer
halbkugelförmigen Luftblase schwamm. Der Himmel war durch die Wand der Luftblase
realisiert.
Ca. 70 Jahre später, um das Jahr 530 v.Chr., formulierte der sich ebenfalls mit
mathematischen Fragen beschäftigende Phythagoras die Vorstellung, daß die Erde und
alle Dinge auf ihr einem mathematischen Grundprinzip unterliegen würden. Er glaubte,
daß sich auch der Ursprung des Universums durch Zahlen, die für ihn eine mystische
Bedeutung hatten, erklären lassen würde. Er stellte im Gegensatz zu Thales von Milet die
Vermutung an, daß die Erde eine Kugel sei.
Um 500 v.Chr. kam in Italien die Vorstellung eines kontinuierlichen, homogenen,
endlichen und kugelförmigen Kosmos auf. Sie wurde entwickelt von dem Italiener
Parmenides und seinen Schülern, die sich von der wahrnehmbaren Welt ab- und der
reinen Vernunft zuwandten.
Etwa um die gleiche Zeit kam der Grieche Anaxagoras in seinen Überlegungen zu dem
Ergebnis, daß die Materieveränderungen auf verschiedene Arten von elementaren
Teilchen zurückzuführen sei, womit er sich in Richtung des Gesetzes von der Erhaltung
der Materie bewegte.
Ebenfalls um fast die gleiche Zeit, ca. 480 v.Chr., entwickelte der Grieche Empedokles
die Vorstellung vom Aufbau des Universums aus den vier Elementen Erde, Wasser, Luft
und Feuer. Durch die Trennung der Elemente seien die Sonne, Fixsterne, Planenten und
die lebenden Organismen in dieser Reihenfolge entstanden. Die Elemente ordneten sich
in seinem Weltbild in Sphären an, wobei die Erde die innerste Sphäre bildete, die dann
nacheinander von den Sphären aus Wasser, Luft und dann Feuer umgeben sei.
Im 5.Jahrhundert v.Chr. führten Demokrit und Leukipp die Lehre von den Atomen ein,
die sich in einem leeren Raum, dem Universum, befinden. Dabei wurden die Atome als
elementare Bausteine der Materie (griech. atomos, unteilbar) angesehen, die es schon
immer gab, die unvergänglich seinen und sich ständig zu neuen und anderen
geometrischen Figuren verbinden würden.
Im 4.Jahrhundert v.Chr. prägte der Grieche Aristoteles den Begriff der Physik als
Wissenschaft der wahrnehmbaren Eigenschaften sowie deren Veränderungen und
Bewegungen. Er prägte die Deduktion (lat. deductio, Hinführung) als Mittel der
Wissenschaft.
Ebenfalls im 4.Jahrhundert v.Chr. kam durch Aristarchus erstmals die Vorstellung eines
heliozentrischen Weltbildes auf, welche sich jedoch gegen die allgemein herrschende
Lehre des geozentrischen Weltbildes nicht durchsetzen konnte.
Um
100
v.Chr.
beschrieb
Ptolemäus
von
Alexandria
nach
Beobachtungen
der
Himmelskörper die Bewegung der Planeten durch ein mathematisches Modell.
Das 15. bis 18.Jahrhundert:
Im frühen Mittelalter wurden in der Physik keine nennenswerten oder gar für die
Teilchenphysik relevanten Entwicklungen gemacht.
Erst im 15.Jahrhundert kam durch das Aufbringen des heliozentrischen Weltbildes, in
dem sich die Planeten einschließlich der Erde auf Kreisbahnen um die Sonne bewegen,
durch Nikolaus Kopernikus wieder Bewegung in die physikalische Wissenschaft.
Im 16. und 17.Jahrhundert änderte sich dann durch Galileo Galilei die bis dahin
herrschende wissenschaftliche Methode des reinen Aufstellens von Hypothesen hin zur
wissenschaftlichen, experimentellen Belegung aufgestellter Theorien. So wurden erstmals
nicht nur theoretische Überlegungen als Erkenntnisgrundlage herangezogen, sondern es
wurde verlangt, die aufgestellten Theorien durch Experimente zu belegen und damit zu
beweisen.
Im 17.Jahrhundert stellte Johannes Kepler durch Beobachtungen und mathematische
Berechnungen erstmals die Theorie auf, daß sich die Planenten auf elliptischen Bahnen
bewegen, und nicht, wie bis dahin angenommen, auf idealisierten Kreisbahnen.
Im 18.Jahrhundert stellte Isaac Newton seine Gesetze zur Mechanik vor und formulierte
die Gravitation als fundamentale Eigenschaft von Materie. Damit war eine der vier
fundamentalen Wechselwirkungen gefunden.
19.Jahrhundert:
Im Jahr 1803 lieferte der Chemiker John Dalton den experimentellen Beweis für die
Existenz von Atomen. In seiner Zeit entsprachen die Atome den kleinsten, nicht mehr
durch chemische Methoden teilbaren Bausteinen der Materie.
Michael Faraday lieferte Anfang des Jahrhunderts den Beweis über den Zusammenhang
von Elektrizität und Magnetismus, worauf hin James Clerk Maxwell 1873 die Theorie des
Elektromagnetismus aufstellte. Diese wurde durch die Nachweis der elektromagnetischen
Wellen durch Hertz noch bestärkt. Maxwell stellt zusätzlich zu seiner Theorie des
Elektromagnetismus noch die Theorie der Moleküle auf.
1874 beschrieb George Johnstone Stoney eine Theorie über die Existenz von Elektronen.
Dieses wurden dann 1897 von J.J.Thomson entdeckt, womit eine neue Zeit anbrach, da
das Atom nun nicht mehr als kleinster Baustein der Materie galt sondern teilbar wurde.
Thomson hatte noch die Vorstellung eines Atoms als eine gleichmäßig positiv geladene
Kugel mit wie Rosinen in einem Brötchen verteilten Elektronen darin.
1896 entdeckte H.Becquerel bei der Untersuchung fluoreszierender Substanzen auf
Röntgenstrahlung die Radioaktivität. Er stellte bei der Untersuchung der Fluoreszenz
eines Uransalzes fest, dass dieses auch im Dunkeln leuchtet, und zudem ungewöhnlich
intensiv. Diese neuartige Eigenschaft wurde Radioaktivität genannt.
Im Jahr 1900 begründete Max Planck die Quantenmechanik durch die Vorstellung, daß
elektromagnetische Strahlung nur in Paketen, sogenannten Quanten, auftritt.
20.Jahrhundert:
1905 stellt Albert Einstein seine spezielle Relativitätstheorie vor. In ihr taucht über die
Formel E = mc² die Masse-Energie-Äquivalenz auf, die als Grundlage der modernen
Teilchenphysik diente.
Zudem entdeckte Einstein 1905 den Photoeffekt und damit die Photonen.
Im Jahr 1909 fand Ernest Rutherford durch seinen berühmten Streuversuch, bei dem er
Alpha-Teilchen auf eine dünne Goldfolie schoß, heraus, daß sich das Atom anderes
zusammensetzt, als Thomson es nach seiner Entdeckung der Elektronen angenommen
hatte. Nach Rutherford befindet sich im Innern des Atoms ein sehr kleiner, massiver und
elektrisch positiv geladener Kern.
1913 entwickelte Niels Bohr sein nach ihm benanntes Atommodell, bei dem sich die
Elektronen auf Schalen um den Atomkern herum bewegen. Damit gelang ihm erstmals
erfolgreich, die Quantenvorstellung auf den Aufbau der Atome anzuwenden.
1919 fand Ernest Rutherford erste Hinweise auf die Existens von Protonen, was auf eine
innere Struktur der Atomkerne hindeutete, die bis dahin als unteilbar angesehen worden
waren. Auf Grund dieser Entdeckung folgerten James Chadwick und E.S.Bieler 1921, daß
es eine extrem starke Kraft geben müßte, die die Atomkerne zusammenhält. Es dauerte
jedoch noch 11 Jahre, bis Chadwick 1932 das Neutron entdeckte und damit als Beginn
der Kernphysik die Mechanismen der Kernbindung und des Kernzerfalls Schwerpunkte
der Forschung wurden.
1924 machte Louis de Broglie den Vorschlag, daß auch Teilchen Welleneigenschaften
besitzen würden.
1925 führte Wolfgang Pauli das nach ihm benannte Pauli-Prinzip ein, nachdem es in
einem Atom nie zwei Elektronen mit identischen Quantenzahlen gibt.
1927 wurden Stoffe entdeckt, die Elektronen emittieren. Dies war die Entdeckung des
radioaktiven
Betazerfalls.
Da
man
wußte,
daß
Atome
und
Atomkerne
diskrete
Energiespektren besitzen, verstand man nicht, warum die emittierten Elektronen ein
kontinuierliches Energiespektrum besaßen. Dieses Problem löste sich erst, als 1930
Wolfgang Pauli die Einführung eines neuen Teilchens, dem Neutrino, vorschlug. Dieses
sollte beim Betazerfall zusammen mit dem Elektron emittiert werden und so die Energieund Impulserhaltung garantieren.
In dieser Zeit hatte sich die Quantenmechanik und die spezielle Relativitätstheorie
durchgesetzt, und es wurde angenommen, daß es drei fundamentale Teilchen gibt: das
Elektron, das Proton und die Photonen als Quanten der elektromagnetischen Strahlung.
1928 versuchte Paul Dirac das Elektron zu beschreiben, in dem er Quantenmechanik und
spezielle Relativitätstheorie verband. 1931 stellte er fest, dass seine neue Theorie
elektrisch positiv geladene Elektronen forderte, die noch nicht entdeckt, aber existent
sein müßten. Er nannte dieses elektrisch positiv geladene Elektron Positron. Damit war
das erste Antiteilchen eingeführt.
1932 entdeckt, wie schon erwähnt, James Chadwick das Neutron, womit es vier
fundamentale Teilchen gab: das Elektron, das Proton und Neutron sowie das Photon.
Im gleichen Jahr entdeckt Carl Anderson das Positron und bestätigte damit Diracs
Theorie.
1935 sagte der japanische Physiker Hideki Yukawa die Existens von Mesonen voraus. Er
hatte eine Theorie für die Wechselwirkungen innerhalb des Atomkerns durch den
Austausch sogenannter Pi-Mesonen aufgestellt. Dieses Pi-Meson wurde 1947 in der
kosmischen Höhenstrahlung entdeckt.
1937 wurde in der kosmischen Höhenstrahlung das Myon entdeckt, das man anfänglich
für das von Yukawa vorausgesagte Pi-Meson hielt, da es genau wie das vorhergesagte PiMesons eine um den Faktor 200 größere Masse als das Elektron besaß. Etwa 10 Jahre
nach der Entdeckung des Myons wurde dieses als erstes Teilchen der 2.Generation
erkannt. Man führte daher den Begriff der Leptonen („die Leichten“) für diese
vergleichsweise leichten Teilchen ein. Zur Gruppe der Leptonen gehörten zu diesem
Zeitpunkt das Elektron, das Neutrino und das Myon.
In den folgenden Jahren bis 1954 entdeckte man eine Reihe neuer Teilchen, die man alle
als Elementarteilchen ansah. Im Jahr 1954 wurden dann erstmals durch C.N.Yang und
Robert Mills die theoretischen Grundlagen des Standardmodells geschaffen. Bis 1961
versuchten die Wissenschaftler auf mathematischem Weg, die Vielzahl an neuen Teilchen
einzuordnen. Dies führte dann später zur Entwicklung des Quarkmodells.
In den Jahren 1953 bis 1957 kamen durch Streuexperimente von Elektronen an Protonen
erstmals Vermutungen über eine innere Struktur der Protonen auf. Auch das Neutron
wies solche Strukturen auf. Beide Teilchen wurden jedoch weiterhin als elementar
angesehen.
In den Jahren 1957 bis 1959 schlugen die Physiker Julian Schwinger, Sidney Bludman
und
Sheldon
Glashow
unabhängig
voneinander
schwere
geladene
Bosonen
als
Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung vor. Diese wurden dann 1983 in einer
Proton-Antiproton-Reaktion entdeckt.
Im Jahr 1962 bestätigte man auf experimentellem Weg, was vorher schon in der Theorie
angenommen worden war: es gibt ein zweites Neutrino, das dem Myon zugeordnet ist.
Damit umfaßte die Gruppe der Leptonen vier Teilchen, das Elektron mit dem
zugeordneten Elektron-Neutrino, und das Myon mit seinem zugeordneten Myon-Neutrino.
1964 schlugen die Physiker Murray Gell-Mann und George Zweig die Quarks als
Bausteine der Vielzahl an Mesonen und Baryonen, die man bisher als unübersichtlichen
und
komplizierten
Teilchenzoo
gefunden
hatte,
vor.
Sie
führten
in
diesem
Zusammenhang drei verschiedene Quarks ein: up, down, strange. Diese Quarks sollten
Fermionen mit Drittelladungen der Elementarladungen sein. Man vermutete nach der
Einführung diese Quarkmodells auf Grund der Anordnung der Leptonen, daß es noch ein
viertes Quark geben müßte, was charm genannt werden sollte. Da die Quarks jedoch nie
experimentell beobachtet werden konnten, nahm man ihre Einführung vorerst nur als
rein theoretische Überlegung zur Anordnung der Hadronen an.
1965 führten O.W.Greenberg, M.Y.Han und Y.Nambu die Farbladung als Eigenschaft der
Quarks ein. Sie machten die Aussage, daß alle Hadronen nach außen farbneutral wären
und sich die Quarks immer zu farbneutralen Kombinationen zusammenfügen würden.
1967 veröffentlichten Steven Weinberg und Abdus Salam unabhängig voneinander die
Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung als Vereinigung der elektromagnetischen
und der schwachen Wechselwirkung. Im Zusammenhang mit ihrer Theorie forderten sie
ein weiteres Austauschboson der schwachen Wechselwirkung, daß Z 0. Entdeckt wurde
dieses sowie die beiden anderen Austauschbosonen der schwachen Wechselwirkung, also
das W+ und W-, jedoch erst 1983 am CERN bei Genf. Dort wurden Protonen gegen
Antiprotonen beschleunigt. Die Theorie von Weinberg und Salam forderte außer dem
elektrisch neutralen Austauschboson Z0 der schwachen Wechselwirkung auch die Existenz
eines weiteren Bosons mit nicht vorhersagbarer Masse, des Higgs-Bosons. Dieses wurde
bisher noch nicht nachgewiesen.
1968 und 1969 wurden am Stanford Linear Accelerator (SLAC) bei Experimenten, bei
denen Elektronen an Protonen gestreut wurden, erstmals die Quarkstruktur des Protons
nachgewiesen. Sie wurden dadurch entdeckt, daß die Elektronen an harten „Patronen“
innerhalb der Protonen abzuprallen schienen.
1970 wurde die Bedeutung der Existenz eines vierten Quarks für die Theorie des
Standardmodells entdeckt, da dieses vierte Quark eine Theorie erlaubt, die eine durch die
Z0 vermittelte schwache Wechselwirkung zulassen würde, die flavourerhaltend ist, d.h.
die eine schwache Wechselwirkung ohne Änderung der elektrischen Ladung der
Wechselwirkungspartner ermöglicht.
1973 wurden in einem Neutrino-Experiment am CERN bei Genf neutrale schwache
Ströme entdeckt und diese Wechselwirkung auf den Austausch von elektrisch neutralen
Z0 zurückgeführt.
Im gleichen Jahr wurde die Quantenfeldtheorie für die starke Wechselwirkung, die
Quantenchromodynamik (QCD), formuliert. Sie lehnt sich an die Quantenelektrodynamik
(QED) an und ist eine Theorie über die Quarks und Gluonen.
1974 entdeckten Burton Richter und Samuel Ting unabhängig voneinander experimentell
ein neues Meson, das Charmonium, was aus einem Charm- und einem Anticharm-Quark
besteht. Damit war das theoretisch geforderte vierte Quark entdeckt.
1975 wurde in einem Speicherringexperiment am SLAC ein weiteres Lepton, das Tauon,
entdeckt. Damit war völlig unerwartet das erste Teilchen der dritten Generation entdeckt
worden.
1977 entdeckte Leon Lederman am Fermilab das Bottom-Quark, was die Entdeckung des
ersten Quarks der dritten Generation bedeutete. Die Theorie legte es nun nahe, ein
weiteres, sechstes Quark zu suchen. Dieses Quark wurde als Top-Quark eingeführt und
erst 1994 bei einer ungewöhnlich hohen Masse von 175 GeV/c² am Fermilab entdeckt.
1979 wurde am DESY in Hamburg der experimentelle Beweis für die Existenz der
Gluonen als Austauschteilchen der starken Wechselwirkung gebracht.
1983 wurden, wie schon weiter oben erwähnt, die Austauschteilchen der schwachen
Wechselwirkung, das W+, W- und Z0, am CERN bei Genf gefunden.
1989 waren sich die Wissenschaftler durch Experimente am CERN und SLAC sicher, daß
es nur drei Generationen von Elementarteilchen mit leichten Neutrinos gibt.
Durch
die
Entdeckung
des
Top-Quarks
1994
wurde
die
dritte
Generation
von
Elementarteilchen komplett. Damit hat man alle Elementarteilchen und auch alle
Austauschteilchen gefunden, die im Standardmodell vorausgesagt wurden. Das einzige
Teilchen, dass bisher noch nicht gefunden wurde, ist das Higgs-Teilchen.
8.3
THEMENLERNZIELE:
Lernvoraussetzungen:
Die Schüler brauchen keine speziellen Kenntnisse mitbringen, da es sich um ein
geschichtliches Thema handelt. Sie sollten nur den heutigen Stand des Wissens zur
Teilchenphysik sowie die groben Züge des Standardmodells beherrschen, um die
Entdeckungen und Erkenntnisse im Laufe der Geschichte einordnen zu können.
Themenlernziel:
Es kann sinnvoll sein, wenn die Schüler den groben Überblick zur historischen
Entwicklung, den die Schüler eventuell im Rahmen des Themas „Materieaufbau“
gewonnen haben, erweitern. Dabei sollten die Schüler ungefähr wissen, welche
Philosophen, die Physik betrieben, in der Antike welche Erkenntnisse hatten, wie diese
Entwicklung erst im 19.Jahrhundert weiter getrieben wurde und im 20.Jahrhundert mit
vielen Irrwegen die Erkenntnisse brachte, die man heute als Wissen zum Aufbau der
Materie und zur Entstehung der Welt bezeichnet.
Dabei können die Schüler die Erkenntnisse aus dem Websystem gewinnen, der Lehrer
hat jedoch die Möglichkeit, auch andere Medien und Fakten einzubringen.
DER GROBENTWURF FÜR DAS KONZEPT EINER PROJEKTWOCHE ZUR
TEILCHENPHYSIK IN DER JAHRGANGSSTUFE 10
Ein Beispiel für Lerninhalte sowie Aktionsmöglichkeiten innerhalb einer Projektwoche zur
Teilchenphysik in der Jahrgangsstufe 10
Hinweis:
Die hier nur kurz vorgestellten Themen sind an die entsprechenden Themen der
Unterrichtseinheit angelehnt, daher sind dort nähere Informationen zur Umsetzung sowie
zu Hintergrundinformationen zu den einzelnen Themen nachzulesen.
1.
2.
Einführung mit dem Thema „Urknall“ als fundamentale Frage der Menschheit
-
Offene Fragen sammeln
-
Bekanntes Wissen der Schüler zusammenstellen
Vorstellung der Möglichkeiten zur Strukturuntersuchung
-
Erklärung des Begriffs Struktur;
-
Einführung des Begriffs Elementarteilchen;
-
Motivation der Strukturuntersuchung von Zielobjekten durch Probeteilchen;
-
Verständnis für die Tatsache, daß Probeteilchen kleiner als Strukturen von
Zielobjekten sein müssen;
-
hochenergetische Teilchen zur Strukturuntersuchung kleinster Strukturen;
-
Teilchenbeschleuniger als Untersuchungsgeräte von Teilchenstrukturen hin zu
Elementarteilchen;
-
Aufgaben der Teilchenbeschleuniger zur Untersuchung von Teilchenstrukturen
sowie zur Erzeugung neuer Teilchen und deren Untersuchung;
Als mögliche Projekte zu diesem Thema bieten sich an:
-
Bau eines Teilchenbeschleunigermodells (s. Abb. nächste Seite);
-
Besuch eines Teilchenbeschleunigers, entweder das DESY in Hamburg, des
CERN in Genf, einen Teilchenbeschleuniger an einer nahegelegenen Universität
oder ein Forschungszentrum (z.B. in Jülich)
3.
Vorstellung des Materieaufbaus aus den Elementarteilchen, sowie die Einführung
der anderen Elementarteilchen der zweiten und dritten Generation
-
Vorstellung der vier Grundbausteine der Materie sowie deren Eigenschaften
(Masse, Ladung, etc.)
-
Erläuterungen des Materieaufbaus in den Zusammensetzungen der Teilchen in
den einzelnen Stufen
-
4.
Vorstellung der beiden anderen Teilchengenerationen
Vorstellung der vier Wechselwirkungen
-
Nennung der vier Wechselwirkungen sowie Hervorhebung der drei für die
Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen
-
Die Austauschteilchen der vier Wechselwirkungen
-
Die Eigenschaften der Wechselwirkungen, für Produktion, Zerfall und
Kraftwirkung verantwortlich zu sein
-
Die Reichweiten und sonstigen Eigenschaften der Wechselwirkungen
-
Die Ladungen der Wechselwirkungen, und die Nennung der Elementarteilchen,
die diese Ladungen tragen
5.
Erläuterung des Standardmodells
-
Zusammenfassende Darstellung der Elementarteilchen und ihrer Eigenschaften
wie elektrische Ladung und Masse
-
Darstellung der vier Wechselwirkungen mit ihren Austauschteilchen und
Eigenschaften wie Reichweite usw.
-
6.
Nutzen und Grenzen des Standardmodells
Beantwortung der offenen Fragen zum Urknall
-
Beantwortung der offenen Fragen zum Urknall nach Behandlung der Themen
der Projektwoche
-
Erläuterung des Wissensstandes der modernen Forschung zum Thema Urknall
-
Ausblick auf weitere Theorien und Vermutungen, die noch näher an den
Urknall heranreichen
ANHANG B:
EIN UNTERRICHTSVERSUCH IN DER SEKUNDARSTUFE I
Der Unterrichtsversuch, der den Titel „Einführung in die Teilchenphysik“ trug, fand vom
23.4. bis 21.5.2001 in der Klasse 10a des Gymnasium am Oelberg in Oberpleis, Stadt
Königswinter, statt. Die Klasse umfaßte 24 Schüler, der Unterricht wurde in je zwei
Einzelstunden pro Woche gehalten und umfaßte insgesamt 9 Unterrichtsstunden.
Das Physikschulbuch der Schüler, welches in dem Unterrichtsversuch zum Einsatz kam,
war:
BREDTHAUER,W./ KLAR,G./ LICHTFELDT,M./ REIMERS,J./ SCHMITDT,M./ WESSELS,P.:
Impulse Physik 1 für die Mittelstufe der Gymnasien. Ernst Klett Schulbuch GmbH,
Stuttgart, 1993.
Der Verlauf des Unterrichts war ursprünglich auf 6 Unterrichtsstunden ausgelegt und
folgendermaßen geplant:
1. Stunde: Einführungsstunde - Urknall
2. Stunde: Strukturen
3. Stunde: Materieaufbau I
4. Stunde: Materieaufbau II
5. Stunde: Wechselwirkungen
6. Stunde: Abschlußstunde
Auf Grund von an verschiedenen Stellen, u.a. bei dem Photoeffekt, auftretenden
Verständnisproblemen der Schüler wurde der Unterricht auf 9 Unterrichtsstunden
ausgedehnt, wobei der ursprünglich vorgesehene Unterrichtsinhalt beibehalten wurde.
Verlauf der einzelnen Stunden:
1. Stunde:
Der Unterricht der ersten Stunde begann mit der provokanten These:
„Einstein sagte 1917, daß das Universum schon immer so existierte, wie es jetzt ist, und
das es sich nicht verändert oder verändern wird.“
Dies führte zur Sammlung von den Schülern schon bekanntem Wissen zum Universum
und dem Thema Urknall, sowie zu den offenen Fragen der Schüler.
Die auf einer Folie zusammengestellten Ergebnisse sahen folgendermaßen aus:
Bekanntes Wissen
Offene Fragen
# es gab einen Urknall
# Was ist Materie?
# es gab irgendwann Materie,
# Was ist Antimaterie?
die sich zu Atomen, Planeten, Galaxien
# Welche Gesetze/ Kräfte
geformt hat
regulieren die Entwicklung
# das Universum dehnt sich aus
des Universums?
# es gibt Atome
# Woher stammt die Materie?
# Atome bestehen aus Protonen
#Wie sieht die Zukunft des
& Neutronen; um diese kreisen Elektronen
Universums aus?
2. Stunde:
In dieser Stunde wurde zu Anfang der Begriff der Struktur eines Teilchens als seine
Eigenschaft der Unterteilbarkeit in kleinere Teilchen eingeführt.
Danach wurde das Lichtmikroskop in seinem Aufbau und seiner Funktionsweise
wiederholt. Dabei wurde auf den Strahlengang des Lichts eingegangen, d.h. die
Vorstellung von Licht aus Lichtstrahlen erörtert.
Als
nächstes
wurde
an
Hand
des
Photoeffektes
versucht,
den
Schülern
die
Teilchenvorstellung von Licht zu erklären. Den Schülern wurde der Übergang von
Lichtstrahlen zu Lichtteilchen durch diesen Versuch jedoch nicht klar, so daß sie erst
einmal akzeptierten, daß Licht aus Teilchen bestehen könnte, ohne dies jedoch wirklich
verstanden zu haben.
Danach wurde erörtert, wie an Hand der Teilchenvorstellung von Licht die Funktionsweise
des Lichtmikroskops zu verstehen sei.
Nachdem
den
Schülern
Untersuchungsobjekten
die
mit
Arbeitsweise
Probeteilchen
des
zur
Mikroskops
Untersuchung
durch
der
Beschuß
von
Strukturen
der
Untersuchungsobjekte verständlich geworden war, wurde mit den Schülern erarbeitet,
daß man für die Untersuchung von Strukturen Probeteilchen braucht, die kleiner sind als
die zu untersuchenden Strukturen. An dieser Stelle wurde die Simulation „Bär in der
Höhle“ auf der Seite „Strukturen“ des Websystems gezeigt, um die gewonnene
Erkenntnis zu vertiefen.
Danach wurde den Schülern erläutert, daß man, wenn man keine kleineren Probeteilchen
mehr zur Verfügung hat, daß man dann kleine hochenergetische Probeteilchen nutzen
sollte. Dies wurde an Hand des gedanklichen Zugexperimentes verständlich gemacht,
welches in dem Themenziel der Unterrichtsplanung zum Thema Strukturen erläutert wird.
Es konnte noch kurz motiviert werden, daß man aus Fokussierungsgründen elektrisch
geladenen hochenergetische Teilchen wie Elektronen als Probeteilchen nutzt. Dies
geschah an Hand der Funktionsweise des Fernsehers, wie er im Physikschulbuch der
Schüler auf der Seite 113 dargestellt ist.
Auf den Teilchenbeschleuniger konnte in diese Stunde nicht mehr eingegangen werden.
3. Stunde:
In dieser Stunde, die nur mit 11 der 24 Schüler stattfand, wurde noch einmal der
Photoeffekt wiederholt. Dabei stellte sich heraus, daß die Schüler den Versuchsaufbau
verstanden
hatten,
jedoch
nicht
über
den
Versuch
den
Rückschluß
auf
die
Teilcheneigenschaft von Licht ziehen konnten. Man kann davon ausgehen, daß den
Schülern für diese für sie neue physikalische Vorstellungsweise des Lichts das fachliche
Vorwissen fehlt, welches bei der Einführung des Photoeffekts in der Sekundarstufe II den
Schülern schon zur Verfügung steht. Wenn man nicht die angemessene Unterrichtszeit
zur Verfügung hat, um den Photoeffekt sehr ausführlich und eventuell auch experimentell
zu behandeln, sollte man vermutlich die Teilchenvorstellung von Licht einführen, ohne sie
experimentell zu motivieren.
Nach der Feststellung, welches im Zusammenhang mit dem Photoeffekt die Probleme der
Schüler waren, wurden noch einmal ausführlich die Schritte der letzten Stunde von
kleinen Probeteilchen hin zu kleinen hochenergetischen Probeteilchen durchgeführt. Auch
die Tatsache, daß man geladene hochenergetische Probeteilchen verwendet, wurde
erörtert.
Danach wurde den Schülern das Prinzip der Beschleunigung elektrisch geladener Teilchen
in elektrischen Feldern erklärt. Der Begriff des elektrischen Feldes wurde jedoch
weitestgehend ausgeklammert und nur mit den Begriffen Anode und Kathode und dem
Begriff der Spannung gearbeitet. In diesem Zusammenhang wurde den Schülern die
Einheit Elektronenvolt als Einheit für die Energie eines beschleunigten Teilchens erläutert.
Für
beide
neuen
Themen
wurden
die
passenden
Simulationen
auf
der
Seite
„Beschleuniger“ des Websystems herangezogen.
Nachdem kurz der Begriff des Teilchenbeschleunigers als Apparatur zur Beschleunigung
der Teilchen auf die vorher erörterte Weise eingeführt wurde, hatten die Schüler die
Möglichkeit, die über die Seite „Beschleuniger“ des Websystems erreichbare Simulation
zur Beschleunigung eines elektrisch positiv geladenen Teilchens in einem Wechselfeld
auszuprobieren. Auf diese Weise wurde den Schülern das vorgestellte Prinzip der
Beschleunigung geladener Teilchen spielerisch nahegebracht, was bei den Schülern mit
viel Begeisterung aufgenommen wurde.
4. Stunde:
In dieser Stunde wurde nach einer kurzen Wiederholung der Erkenntnisse der letzten
Stunde der Aufbau der stabilen Materie in seinen einzelnen Stufen vom Molekül bis hin zu
den Quarks und dem Elektron erarbeitet. Dabei wurden den Schülern einige historische
Fakten zur Entdeckung der einzelnen Materiebausteine sowie deren Größenordnung
erläutert.
Als selbständige Aufgabe sollten die Schüler die elektrischen Ladungen des Up- und des
Down-Quarks aus einem Gleichungssystem, aufgestellt über die Zusammensetzung der
Nukleonen und das Wissen über deren elektrischer Ladung, errechnen:
2qu + 1qd = 1
1qu + 2qd = 0.
Diese Berechnung bereitete den Schülern wider Erwarten recht große Schwierigkeiten, so
daß die geplante Einführung des Positrons und damit der Antimaterie auf die nächste
Stunde verschoben werden mußte.
5. Stunde:
In dieser Stunde wurde die Antimaterie über die „Aufstellung einer quadratischen
Gleichung mit zwei Lösungen“ durch Dirac und die damit verbundene theoretische
Einführung des Antiteilchens sowie die von Anderson aufgenommene bekannte Abbildung
der Spur eines Positrons über die Linke-Hand-Regel für bewegte elektrisch geladene
Teilchen in Magnetfeldern eingeführt. An dieser Stelle wurde den Schülern der
Unterschied zwischen Materie und Antimaterie über die entgegengesetzte Ladungen
erläutert, ohne jedoch auf andere als die elektrische konkret aufmerksam zu machen.
Weiter wurde den Schülern mitgeteilt, daß sich unsere Welt genauso gut aus Antimaterie
zusammensetzen könnte und man nichts davon merken würde.
Als
zweiten
Teil
dieser
Stunde
wurde
der
Versuchsaufbau
zur
Einführung
der
Masseenergie erläutert, der ausführlich im Unterrichtskonzept sowie im Websystem
nachzulesen ist. Es handelt sich um den theoretischen Aufbau der Kollision eines
Elektrons und eines Positrons, bei der ein Proton und ein Antiproton entstehen.
6. Stunde:
In dieser Stunde wurde der Versuchsaufbau zur Einführung der Masseenergie noch
einmal wiederholt und die erforderlichen Berechnungen vorgenommen. Dabei konnte
man
feststellen,
daß
die
Vorstellung
von
Masseenergie
den
Schülern
sichtliche
Schwierigkeiten bereitete, was man an regen Fragen zum Verständnis erkennen konnte.
Der zweite Teil dieser Stunde, die Einführung des Elektron-Neutrinos, mußte wegen der
Verständnisschwierigkeiten auf die nächste Unterrichtsstunde verschoben werden.
7. Stunde:
Am Anfang dieser Stunde wurde an Hand des radioaktiven Beta-Zerfalls das ElektronNeutrino als letztes Teilchen, welches in stabiler Materie enthalten ist, eingeführt. Dies
geschah über die Energieerhaltung, die auch beim Beta-Zerfall gelten muß und den
Schülern schon bekannt war.
Im zweiten Teil der Stunde wurden die Schüler in drei Gruppen eingeteilt, wo sie nach
einer
kurzen
Einführung
zum
Thema
Wechselwirkungen
die
Einzelheiten
der
3
Wechselwirkungen des Standardmodells aus den zugehörigen Seiten des Websystems
erarbeiten sollten. Die Ergebnisse der Schüler sind auf den handschriftlich von den
Schülern selbst erstellten Folien nachzulesen.
8. Stunde:
In dieser Stunde wurden die Ergebnisse der Gruppenarbeit der letzten Stunde von den
Schülern mit Unterstützung seitens der Lehrkraft vorgetragen. Dabei wurde ersichtlich,
daß man für die einzelnen Wechselwirkungen mehr Zeit für Erklärungen und anschauliche
Beispiele
gebraucht
hätte,
da
manche
Tatsachen
bei
den
Schülern
große
Verständnisprobleme hervorriefen.
Es wurde am Ende ein Umfragebogen an die Schüler verteilt, dessen Ergebnis weiter
unten zu lesen ist.
9. Stunde:
In dieser Stunde wurde ein schriftlicher, in dieser Arbeit nicht enthaltener Test
durchgeführt, der zeigte, daß die Schüler im Großen und Ganzen durchschnittlich viel von
dem Unterrichtsstoff zur Teilchenphysik verstanden hatten.
Zum Schluß wurde noch eine kurze Erläuterung zu den Fragen der 1.Stunde
vorgenommen, bei der die Schüler noch einmal die Möglichkeit zur Beantwortung offener
Fragen hatte. Auf Seiten der Schüler kamen jedoch keine weiteren Fragen mehr auf.
Danach hatten die Schüler die Möglichkeit, in dem Informatikraum der Schule einzeln das
Websystem anzuschauen und ein wenig darin herumzustöbern.
Fragebogen zum Physikunterricht in der Teilchenphysik
1.
Alter:
_______ Jahre
2.
Geschlecht:
o weiblich
o männlich
3.
Was verstehst Du unter „Physik“?
9.
Hättest Du Dir für manche Themen mehr
Zeit für Fragen, Vertiefungen,
ausführlichere Erklärungen gewünscht?
o
o
ja
nein
10. Wenn ja: Zu welchen Themen?
4.
Wie würdest Du selber Deine
Physikkenntnisse/ Physikfähigkeiten
einschätzen?
o
o
o
o
o
5.
Sehr gut
Gut
Mittel
Eher schlecht
Sehr schlecht
Was gefällt Dir besonders gut/schlecht an
Physik bzw. am Physikunterricht?
11. Hättest Du gerne mehr praktische
Aufgaben/Versuche gehabt?
o
o
o
ja
nein
weiß nicht
12. Wie groß war Dein Interesse an der Physik
vor diesem Unterricht?
6.
Wie hat Dir der Unterricht zur
Teilchenphysik gefallen?
o
o
o
o
o
7.
Sehr groß
Groß
Mittel
Gering
Gar nicht vorhanden
13. Wie hat sich Dein Interesse zur Physik
verändert?
Lag dies an:
o
o
o
o
8.
sehr gut
gut
mittel
nicht so gut
überhaupt nicht gut
o
o
o
o
o
Am Thema
An der Art der
Unterrichtsdurchführung
An beidem
An..._______________
War der Stoffumfang angemessen?
o
o
o
o
o
viel zu wenig
zu wenig
genau richtig
zu viel
viel zu viel
Es ist:
o
o
o
o
o
Viel größer
größer
gleich geblieben
kleiner
viel kleiner
14. Hast Du Physik für die Sekundarstufe II
gewählt?
o
o
Ja
Nein
Test zur Teilchenphysik
1.
Welche Elementarteilchen findet man in stabiler Materie?
2.
Welche dieser Teilchen findet man nur in festen Bindungen?
3.
Auf wie viele fundamentale Wechselwirkungen kann man alle Kräfte in der Natur zurückführen?
4.
Wie heißen diese Wechselwirkungen, welche Elementarteilchen nehmen jeweils teil (welche Art von
Ladungen müssen sie haben), und wie heißen die jeweiligen Austauschteilchen?
5.
Was versteht man unter Materie, was unter Antimaterie?
6.
Was versteht man unter Strukturen?
7.
Welche Voraussetzungen müssen Probeteilchen mitbringen, damit man mit ihnen kleine Strukturen
untersuchen kann?
8.
Welche Energieformen hat Dein Mathelehrer Herr Ding, wenn er vom 1.Stockwerk ins Erdgeschoss
herunterläuft? Welche Energieform ist dabei wohl die größte?
Auswertung des Fragebogens:
Von den 24 Schülern der Klasse haben 16 Schüler einen Fragebogen abgegeben, 5
Mädchen und 11 Jungen. Die Schüler waren 15 (2Schüler), 16 (13 Schüler) und 17 (1
Schüler) Jahre alt.
Ich habe eine Auswertung der Fragebögen der Jungen und der Mädchen getrennt
vorgenommen und sie nach den Aspekten der Selbsteinschätzung der Physikkenntnisse
(Frage
4),
des
Interesses
an
Physik
vor
dem
Unterricht
(Frage
12),
der
Interessensänderung nach dem Unterricht (Frage 13), die Wahl von Physik in der
Sekundarstufe II mit dem Einfluß des Unterrichts (Fragen 14-16), die Frage zum mehr
moderner Physik im Unterricht (Frage 22) sowie dem Interesse an Schulvorträgen oder
ähnlichem durch Hochschulphysiker (Frage 23) ausgewertet.
Betrachtet man die Selbsteinschätzung der Physikfähigkeiten bzw. –kenntnisse der
Schüler (Frage 4), so ist ein deutlicher Unterschied zwischen Jungen und Mädchen zu
erkennen.
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Von den Mädchen schätzen sich vier auf „mittel“ und eine auf „eher schlecht“ ein,
wobei alle fünf vor dem Unterricht ein mittleres Interesse an Physik hatten. Vier
Schülerinnen hatten nach dem Unterricht größeres Interesse an Physik, eine hatte ein
unverändertes Interesse. Dieses Mädchen war die einzige der Befragten, die Physik in
der Oberstufe gewählt hat, jedoch genauso wie die anderen vier unbeeinflußt durch
den Unterricht.
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Die Jungen haben eine breitere Verteilung: ein Junge schätzt sich „sehr gut“, drei auf
„gut“, vier auf „mittel“ und drei auf „eher schlecht“. Von den ersten vier war vor dem
Unterricht ein sehr großes bis großes Interesse an Physik, bei den vier „Mittleren“ war
ein großes bis geringes Interesse, und bei den drei „eher Schlechten“ war ein
geringes bis gar nicht vorhandenes Interesse vorhanden. Von den „sehr guten“ bis
„mittleren“ Schülern hatten fünf nach dem Unterricht größeres, drei gleichgebliebenes
Interesse an Physik, bei den „eher schlechten“ Schülern hatte sich das geringe
Interesse nicht verändert.
Von den Jungen haben sechs Physik in der Oberstufe gewählt, von denen zwei positiv
durch den Unterricht beeinflußt wurden. Alle anderen Schüler waren in ihrer Wahl
vom Unterricht unbeeinflußt.
Zu der Frage, ob im Unterricht mehr „moderne“ Physik unterrichtet werden sollte, waren
sich Jungen und Mädchen einig: nur einem Jungen und einem Mädchen war dies egal,
alle anderen wollten mehr moderne Physik im Unterricht.
Auf die Frage, ob Hochschuldozenten an den Schulen vorbeikommen und z.B. Vorträge
halten oder Fragen beantworten sollten, waren sich die Schüler noch einiger: Bis auf
einen Jungen, der gar keine Angabe zu dieser Frage machte, beantworteten alle Schüler
diese Frage mit „ja“.
Zum einen bestätigt diese Umfrage die bestehende Meinung, daß im Bereich Physik ein
Unterschied zwischen Jungen und Mädchen besteht. Die Jungen schätzten
sich
tendenziell eher besser ein und haben entsprechend mehr Interesse an Physik,
einschließlich von über 50% Physikwahl für die Oberstufe, im Vergleich zu 20% bei den
Mädchen.
Man erkennt jedoch auch, daß das Interesse bei Jungen und Mädchen gleichermaßen
durch den Unterricht zur Teilchenphysik gestiegen ist. Jedoch hatte dies nur bei zwei
Jungen einen positiven Einfluß auf die Wahl von Physik in der Sekundarstufe II. Alle
anderen Schüler zeigten sich in ihrem Wahlverhalten für die Oberstufe gar nicht
beeinflußt. Dies legt im Zusammenhang mit der bei Jungen und Mädchen gleich starken
Nachfrage nach mehr „moderner“ Physik im Unterricht die Vermutung nahe, daß ein
schon
früher
thematisch
anders
orientierter
Unterricht
oder
eine
ausführlichere
Behandlung des Themas Teilchenphysik die Schüler eventuell stärker und nachhaltiger
beeinflußt hätte. Zudem sollte man noch gezielter versuchen, auch Mädchen eine
Perspektive für Physik in der Oberstufe zu vermitteln.
Alles in allem müssen jedoch noch weitere Unterrichtsversuche mit entsprechenden
Umfragen unternommen werden, um eine wirklich repräsentative Aussage machen zu
können.
Anhang C:
Das Websystem
Es handelt sich um ein Websystem, welches im Rahmen der 1.Staatsexamensarbeit
erstellt wurde und optimiert ist für folgende Browser: Netscape 4.7 und Internet-Explorer
5.0.
Dieses Websystem „Teilchenphysik für die 10.Klasse“ versucht, aufbauend auf die nach
den in den Lehrplänen in dieser Altersklasse vorgesehenen Kenntnissen in Mathematik,
Physik und Chemie, einen interaktiven Einstieg in die Teilchenphysik zu vermitteln.
Dabei soll das Websystem für autodidaktisches Lernen ebenso geeignet sein wie für den
begleitenden
Einsatz
einer
Unterrichtseinheit
zum
Thema
Teilchenphysik
in
der
Jahrgangsstufe 10.
In dem Websystem wurde besonderer Wert auf die immer wieder auftretenden
interaktiven Abfragemöglichkeiten zu dem erarbeiteten Wissen gelegt. Hiermit soll den
Schülern die Möglichkeit zur spielerischen Prüfung ihres Wissenstandes ermöglicht
werden.
Weiter wurde auf erklärende Simulationen sowie die Möglichkeit des selbständigen
Arbeitens geachtet, um die manchmal recht schwer verständlichen Sachverhalte zu
verdeutlichen und/ oder den Schülern einen Einblick in die „Praxis“ der Teilchenphysiker
zu vermitteln.
Wie sich in dem in Anhang B erläuterten Probeunterricht gezeigt hat, wird es jedoch noch
nötig sein, das Websystem nach verschiedenen Unterrichtsversuchen und den daraus
gewonnenen Erkenntnissen weiter zu modifizieren und zu verbessern, um eine optimal an
die Lebenswirklichkeit der Schüler einer 10.Klasse angepaßte Lernhilfe zu erhalten.
Start des Websystems auf der CD-Rom unter: „Neue WebSeiten/titelseite.htm“
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