KONZEPTION UND ERSTELLUNG VON INTERAKTIVEN MULTIMEDIALEN LEHRMATERIAL ÜBER ATOM-, KERN- UND TEILCHENPHYSIK FÜR DIE SEKUNDARSTUFE I Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I + II dem Staatlichen Prüfungsamt Köln vorgelegt von Dagmar Schmitz Berichterstatter: Prof. Dr. Michael Kobel Bonn 2001 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis ........................................................................... 2 Einleitung ...................................................................................... 3 Das Standardmodell der Teilchenphysik............................................. 6 Die Elementarteilchen ..................................................................... 7 Die fundamentalen Wechselwirkungen ............................................ 12 Die Messmethoden in der Teilchenphysik ......................................... 20 Teilchenphysik in der Schule .......................................................... 25 Physik in der Sekundarstufe I ........................................................ 26 Teilchenphysik in der Sekundarstufe I ............................................. 28 Literatur ...................................................................................... 31 Anhang A: Ein Unterrichtsentwurf sowie eine Projektwochenplanung zur Teilchenphysik in der Sekundarstufe I................................ Anhang B: Ein Unterrichtsversuch in der Sekundarstufe I .................... Anhang C: Das Websystem........................................ ..................... EINLEITUNG Teilchenphysik ist ein Teilgebiet der Physik, das bisher kaum Einzug in den Schulunterricht genommen hat. Zwar ist es in Nordrhein-Westfalen als optionales Thema für die gymnasiale Oberstufe vorgesehen, in der Sekundarstufe I jedoch gar nicht. Somit bleibt die Teilchenphysik ein Teilgebiet der Physik, über das Schüler im Laufe ihrer Schulzeit nichts erfahren. Dies ist ein wenig befriedigender Zustand, da es sich bei der Teilchenphysik um ein Thema der modernen Physik handelt, das weitreichende Erkenntnisse über aktuelle wissenschaftliche Fragen geliefert hat und immer noch liefert. Der Kernphysik, die historisch gesehen vor der Teilchenphysik steht, ist in NordrheinWestfalen eine Unterrichtseinheit am Ende der 10.Klasse zugeordnet. Hierbei werden vor allem Schwerpunkte zum Thema Radioaktivität und Kernenergie gesetzt. Die Teilchenphysik kann „wegen ihres zu hohen Anspruchs keine Berücksichtigung finden; selbst wenn angemessene Elementarisierungen möglich wären, fehlte doch die erforderliche Unterrichtszeit.“ 1, wie man in den Richtlinien für Physik an Gymnasien für Sekundarstufe I aus dem Jahr 1993 lesen kann. Diese Tatsache, die zusammentrifft mit dem meist geringen Wissen der Fachlehrer zum Thema Teilchenphysik, ausgelöst durch ein Randgebietsdasein in Lehramtsstudium, und dem raschen Weiterschreiten der Erkenntnisse der modernen Forschung, welches eine fortlaufende Weiterbildung der Lehrer zur Folge haben müßte, führte dazu, daß die Teilchenphysik in den letzten Jahrzehnten keinen Einzug in den Schulunterricht halten konnte. Erschwerend kommt noch hinzu, daß der Themenbereich einen sehr hohen Komplexitätsgrad hat und wenig Möglichkeiten für experimentelles Lernen im Physikunterricht bietet. Darin ist auch der Grund zu sehen, daß die Teilchenphysik bisher nur für die Sekundarstufe II als geeignet angesehen wurde. In der heutigen Zeit ist jedoch eine erschreckende Tendenz des Desinteresses der Schüler an Physik zu verzeichnen. Dies hat zur Folge, daß diejenigen Schüler, die am Gymnasium oder an der Gesamtschule die allgemeine Hochschulreife anstreben, Physik nicht mehr als Unterrichtsfach der Sekundarstufe II wählen. Damit verschwindet die letzte Möglichkeit für Schüler, jemals etwas über diesen Bereich der modernen Physik als aktuelles Forschungsgebiet zu erfahren. Diese Tatsache hatte in der Vergangenheit eine Entwicklung in Gang gesetzt, die dazu führte, daß Physik ein Randthema der Gesellschaft mit einem „verstaubten Beigeschmack“ wurde. Dieser „verstaubte Beigeschmack“ könnte dadurch verschwinden, daß die Schüler am Ende der Sekundarstufe I Einblicke und damit auch Ausblicke auf die Physik als moderne Wissenschaft erhalten würden. Die Teilchenphysik ist ein Bereich dieser modernen 1 [12], Seite 37 Wissenschaft. Den Bezug des Schülers zu dieser Wissenschaft herzustellen und damit ein Interesse an Physik als wichtigem Bestandteil unserer Gesellschaft zu erreichen, sollte gerade in der Sekundarstufe I Aufgabe des Physikunterrichts sein. Bei dem Thema Teilchenphysik gilt es jedoch zunächst, zwei wichtige Voraussetzungen zu schaffen: Da es bisher nur wenige Materialien zur Teilchenphysik in der Schule gibt, und diese zumeist auch nur für die Sekundarstufe II geeignet sind, müssen erst einmal für die Sekundarstufe I aufbereitete Materialien erstellt werden. Dies soll in dieser Arbeit in Form eines interaktiven Lehr- und Lernsystems geschehen. Hierbei gibt es neben Simulations- und Experimentiermöglichkeiten für den Schüler noch den Vorteil, daß mit dem Einsatz des modernen Mediums Computer dem Schüler der Unterrichtsstoff in einer Form präsentiert wird, die ihm schon aus seinem Alltag bekannt sein dürfte und wegen seiner andauernden Aktualität das Einstiegsinteresse steigern wird. Da den Fachlehrern aus oben genannten Gründen eine ausreichende Vorbildung zum Thema Teilchenphysik zumeist fehlt, sollte es ihnen erleichtert werden, dieses Thema in ihren Unterricht zu integrieren, ohne sich zuvor langwierig und vor allem sehr mühevoll darüber informieren zu müssen. Auf diesem Weg kann man erreichen, daß die Physiklehrer Bereitschaft zeigen, Teilchenphysik als Thema der Sekundarstufe I in ihren Unterricht aufzunehmen. Daher umfaßt der zweite Teil dieser Arbeit umfassende Informationsmaterialien für Lehrer, Arbeitsmaterialien für Schüler sowie einen konkreten Unterrichtsentwurf zum Thema Teilchenphysik in der Sekundarstufe I. In diesem Unterrichtsentwurf wird auch auf die Atomphysik als Grundlagenthema und die Kernphysik mit dem Unterthema Strahlung als wichtigen Aspekt der heutigen Zeit eingegangen. Mit diesen zwei Grundvoraussetzungen ist der Anfang geschaffen, Teilchenphysik als Thema für die Sekundarstufe I aufzunehmen. Die Argumente gegen dieses Thema, wie sie in den Richtlinien für Nordrhein-Westfalen stehen, sind somit entkräftet. Der zu hohe Anspruch ist durch eine altersgemäße Anpassung des Unterrichtsstoffes aufgehoben. Der Unterrichtszeitmangel kann dadurch vermindert werden, daß man die Kernphysik als thematisch der Teilchenphysik zugeordnet betrachten kann, sie daher in verkürzter Form integrieren kann. In der gesamten Arbeit sowie den Anhängen fließen eine Vielzahl von verwendeter Literatur aus Büchern, Schulbüchern, Webseiten und anderen Informationsquellen ein. Dabei sind die schriftlichen Quellen im Literaturverzeichnis aufgeführt, werden jedoch in der Arbeit meist nur an den Stellen schriftlicher Zitate hervorgehoben. Einige der verwendeten Graphiken entstammen aufgeführten Quellen, andere sind selber entworfen. denen im Literaturverzeichnis In dem Abschnitt „Teilchenphysik in der Schule“ sowie seinen Unterkapiteln stammen die verwendeten Informationen hauptsächlich aus den Richtlinien und Lehrplänen des Landes Nordrhein—Westfalen für Physik und Chemie in der Sekundarstufe I. DAS STANDARDMODELL DER TEILCHENPHYSIK Historisch gesehen gehört die Teilchenphysik zur modernen Physik. Modern bedeutet hier, daß sie in den 30er Jahre des 20.Jahrhunderts ihre Anfänge nahm und auch heute noch ein weites und aktuelles Forschungsgebiet der Physik ist. Die Teilchenphysik beschäftigt sich mit dem Aufbau der Materie aus Elementarteilchen, also der Erforschung der kleinsten Strukturen, und der zwischen den Elementarteilchen herrschenden Wechselwirkungen, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum materiellen Aufbau, der Entstehung und dem Werdegang der Erde und des Universums zu gewinnen. Das übergeordnete Ziel ist die Beschreibung aller physikalischer ihnen herrschenden Phänomene durch eine einzige Theorie. Die Theorie, die Wechselwirkungen, die d.h. Elementarteilchen die starke, die und die zwischen elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung, beschreibt, ist das Standardmodell der Teilchenphysik. Die Gravitation, die als vierte fundamentale Wechselwirkung bezeichnet wird, gehört nicht mit zur Theorie des Standardmodells, da sie einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Elementarteilchen hat und daher in der Teilchenphysik keine nennenswerte Rolle spielt. Das Standardmodell ist experimentell bestätigt und kann daher trotz mancher bisher offen bleibender Fragen als korrekte Beschreibung der Welt der kleinsten Teilchen angesehen werden. Das Standardmodell folgt einem einfachen Prinzip: Alle Elementarteilchen sind Teilchen mit halbzahligem Spin, zählen also zu den Fermionen und gehorchen dem Pauli-Prinzip; alle Austauschteilchen der Wechselwirkungen sind Bosonen, d.h. sie haben einen ganzzahligen Spin und können in beliebiger Zahl emittiert und absorbiert werden. DIE ELEMENTARTEILCHEN Die Elementarteilchen, die in die Gruppe der Quarks und die der Leptonen unterteilt werden, kann man ihrerseits in drei Generationen oder Familien einsortieren. Beide Gruppen zählen zu den Fermionen, d.h. sie haben einen halbzahligen Spin und gehorchen dem Pauli-Prinzip. Den Elementarteilchen, die unter anderem am Aufbau der stabilen Materie beteiligt sind, sind jeweils sogenannte Antiteilchen zugeordnet. Man hat also eine weitere Aufteilung in die Gruppe der Teilchen und die der Antiteilchen. Die Gruppe der Antiteilchen ist im Prinzip genauso wie die der Teilchen aufgebaut, d.h. es gibt Antiquarks und Antileptonen, die sich in je drei Familien oder Generationen aufteilen. Die Antiteilchen unterscheiden sich von den Teilchen in allen ihnen zugeordneten Ladungen, nur ihre Massen sind paarweise gleich. Vorhergesagt wurde die Existenz von Antiteilchen in den 20er Jahren des 20.Jahrhunderts von Paul A. M. Dirac. Er interpretierte die negative Lösung der Teilchenenergien relativistischer Teilchen, E 2 ( pc)2 (mc2 )2 als „Löcher“, also fehlende Teilchen in den ansonsten vollständig besetzten negativen Energiezuständen. Diese fehlenden Teilchen bezeichnete er als Antiteilchen. Mit Hilfe der Quantenmechanik gelang die Interpretation, die besagt, daß man ein Antiteilchen mit negativer Energie als ein Teilchen betrachten kann, das sich mit positiver Energie zeitlich rückwärts bewegt.2 Die Quarks, die ihren Namen von ihrem Erfinder, Murray Gell-Mann, nach einem Zitat aus Finnegans Wake von James Joyce verliehen bekamen, treten immer in Verbindungen von zwei oder drei Quarks auf. Die Zweierverbindungen, bestehend aus einem Quark und einem Antiquark, nennt man Mesonen. Die Dreierverbindungen von Quarks bezeichnet man als Baryonen. Die Baryonen und Mesonen, also alle Verbindungen aus den nie alleine vorkommenden Quarks, bezeichnet man als Hadronen. 2 [3], Kapitel 7.5 Die Hadronen unterliegen allen für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen, also der starken, der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung, da sie bzw. die Quarks, aus denen sie aufgebaut sind, Träger aller drei Ladungsarten sind. Die Quarks besitzen eine Farbladung, die Ladung der starken Wechselwirkung. Diese ist über den Austausch von Gluoenen, den Austauschteilchen der starken Wechselwirkung, dafür verantwortlich, dass die Quarks immer nur in Verbindungen von zwei oder drei Quarks vorkommen. Weiter besitzen die Quarks eine elektrische Ladung, die sich in Drittelladungen der Elementarladung e zeigt. Nach außen bleibt jedoch durch die Tatsache des Quarkconfinements die Aussage bestehen, daß in der Natur nur ganzzahlige Vielfache der Elementarladung auftreten. Die Quarks sind auch Träger der schwachen Ladung, die alle Elementarteilchen besitzen. Die Quarks unterteilen sich, wie weiter oben schon erwähnt, in drei Generationen oder Familien. In jeder Familie kommt je ein Quark mit einer der beiden möglichen Drittelladungen vor. Zudem steigt die abgeschätzte Masse der Quarks von der ersten bis zur dritten Generation an. Das die Massen der Quarks nur abgeschätzt werden können liegt daran, daß sie auf Grund der starken Wechselwirkung nie alleine vorkommen. Jedem Quark wird eine sogenannte Baryonenzahl von 1/3 zugeordnet, jedem Antiquark eine Baryonenzahl von –1/3. Diese Baryonenzahl ist über den „Erhaltungssatz der Baryonenzahl“ ein Kriterium, nach dem man erklären kann, warum manche Reaktionen, an denen die Quarks beteiligt sind, stattfinden, andere jedoch nicht. Dies wird dann über den Erhalt der Baryonenzahl aller an der Reaktion beteiligten Teilchen vor und nach der Reaktion erklärt3. Die Baryonenzahl der Quarks ergibt für Mesonen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen, einen Gesamtbaryonenzahl von 0, d.h. alle Teilchen aus Quarks, die keine Baryonen sind, haben diese Baryonenzahl. Auch allen Teilchen, die nicht aus Quarks bestehen, wird eine Baryonenzahl von 0 zugeordnet. Für die Baryonen, die aus drei Quarks bestehen, ergibt sich eine Baryonenzahl von +1, für die Baryonen, die aus drei Antiquarks bestehen, eine von –1. 3 Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass B nicht erhalten bleibt Einen Überblick über die Quarks und Antiquarks mit ihren Namen sowie ihren Eigenschaften des Spins, der elektrischen Ladung und der Baryonenzahl gibt folgende Tabelle4: Flavour Quarks Antiquarks Spin /(h/2p) Ladung / e Baryonenzahl (down) d ½ -1/3 +1/3 (up) u ½ +2/3 +1/3 (strange) s ½ -1/3 +1/3 (charm) c ½ +2/3 +1/3 (bottom) b ½ -1/3 +1/3 (top) ½ +2/3 +1/3 d -½ +1/3 -1/3 u -½ -2/3 -1/3 s -½ +1/3 -1/3 c -½ -2/3 -1/3 b -½ +1/3 -1/3 t -½ -2/3 -1/3 t Die zweite Gruppe der Elementarteilchen, die Leptonen, werden genauso wie die Quarks in drei Generationen oder Familien unterteilt. In jeder Familie gibt es je ein Lepton mit einer der bei den Leptonen vorkommenden elektrischen Ladungen von –1e oder 0e. Weiter sind, abgesehen von der einen Sorte von Leptonen, den Neutrinos, die als fast masselos gelten, die Leptonen ebenso wie die Quarks in aufsteigender Masse in die Familien eingeteilt. In jeder Familie gibt es also je ein massebehaftetes Lepton mit einem fast masselosen Lepton, dem zugeordneten Neutrino. In der ersten Familie befinden sich das Elektron e- sowie das zugehörige ElektronNeutrino e. In der zweiten Familie befindet sich das Myon In der dritten Familie findet man das Tauon - sowie das zugehörige Myon-Neutrino . mit seinem zugehörigen Tau-Neutrino . Den Leptonen kann man eine sogenannte Leptonenzahl von L=1 zuordnen, den Antileptonen, die sich genauso wie die Antiquarks von den Quarks, von den Leptonen 4 [17], Seite 1435 (in Auszügen) durch entgegengesetzte Ladungen unterscheiden, jedoch gleiche Massen wie die Leptonen haben, wird dementsprechend eine Leptonenzahl von L=-1 zugeordnet. Auch hier kann man einen Erhaltungssatz finden, der besagt, dass nur solche Reaktionen zwischen Teilchen erlaubt sind, bei denen die Leptonenzahl vor und nach der Reaktion erhalten bleibt5. Experimente zeigen, daß sogar die Leptonenzahl jeder Familie erhalten bleibt. Dies ergibt Leptonenzahlen für elektronenartige, myonenartige und tauonartige Leptonen. Diese heißen dann Le, L und L.6 Eine Übersicht über die Leptonen und Antileptonen sowie ihre Eigenschaften des Spins, der elektrischen Ladung und der Leptonenzahlen gibt folgende Tabelle: Teilchen Leptonen Anti-Leptonen Spin/ (h/2) Ladung / e Leptonenzahl L L Le L e- ½ -1 1 1 0 0 e ½ 0 1 1 0 0 ½ -1 1 0 1 0 ½ 0 1 0 1 0 ½ -1 1 0 0 1 ½ 0 1 0 0 1 e+ -½ 1 -1 -1 0 0 e -½ 0 -1 -1 0 0 -½ 1 -1 0 -1 0 -½ 0 -1 0 -1 0 -½ 1 -1 0 0 -1 -½ 0 -1 0 0 -1 Die Leptonen unterliegen nicht der starken, jedoch der schwachen Wechselwirkung. Die elektrisch geladenen Leptonen, also das Elektron, Myon und Tauon, unterliegen zusätzlich noch der elektromagnetischen Wechselwirkung. 5 Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass auch L, genauso wie die Baryonenzahl B, nicht erhalten bleibt 6 [3], Kapitel 7.4 Betrachtet man nun die Elementarteilchen, also die 6 Quarks und die 6 Leptonen, zusammen, kann man die Einteilung in die Familien über die Massen und elektrischen Ladungen in der folgenden Übersicht nachlesen 7: Masse in Leicht MeV/c² Quarks Leptonen Masse in Mittel GeV/c² Masse in Schwer GeV/c² Ladung/e u 4 C 1,2 t 174 +2/3 d 7 S 0,15 b 4,2 -1/3 e- 0,5 0,106 1,78 -1 e 0? 0? 0? 0 Diese 12 Elementarteilchen sind oder waren alle in der Materie enthalten. Aufgebaut ist die stabile Materie jedoch nur aus dem Up- und dem Down- Quark sowie dem Elektron. Die Neutrinos sind überall enthalten, es gibt etwa 400 pro cm². Als stabile Bausteine der Materie gelten die Elektronen und die Protonen, deren Zerfall bisher noch nicht beobachtet wurde. 7 [18], Seite 1437 DIE FUNDAMENTALEN WECHSELWIRKUNGEN Alle in der Natur beobachtbaren Wechselwirkungen sind auf vier fundamentale Wechselwirkungen zurückgeführt: - die starke Wechselwirkung - die elektromagnetische Wechselwirkung - die schwache Wechselwirkung - die Gravitation Für die Teilchenphysik von Interesse und damit im Standardmodell enthalten sind jedoch nur die ersten drei Wechselwirkungen, da die Gravitation bei so geringen Massen, wie sie die Elementarteilchen haben, im Vergleich zu den anderen drei Wechselwirkungen keine nennenswerte Rolle spielt. So werden ab jetzt mit den fundamentalen Wechselwirkungen die starke, elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung gemeint sein. Den drei fundamentalen Wechselwirkungen haben folgende Dinge gemeinsam: - Der Ursprung jeder Art von Wechselwirkung liegt in den Teilchen, die eine entsprechende „Ladung“ tragen; - Die Wechselwirkungen finden über den Austausch sogenannter Austauschteilchen zwischen Teilchen entsprechender Ladung statt; bei der Entstehung und Vernichtung der Austauschteilchen können sich die Eigenschaften der emittierenden oder absorbierenden Teilchen ändern (z.B. die Ladung, wenn das Austauschteilchen selbst Träger der jeweiligen Art von Ladung ist); die Austauschteilchen sind, je nachdem, zu welcher Wechselwirkung sie gehören, mit einer sehr kurzen oder einer praktisch unendlichen Reichweite ausgestattet - Sie sind alle drei verantwortlich für folgende Reaktionen: die Kraftwirkung, den Zerfall und die Produktion von Teilchen; - Jede Wechselwirkung kann nur stattfinden, wenn alle erforderlichen Erhaltungssätze, also der der Ladung, der Energie, des Impulses, des Drehimpulses, der Baryonenzahl und der Leptonenzahl8, erfüllt sind 8 Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass sowohl die Baryonenzahl B als auch Leptonenzahl L nicht erhalten bleiben Bei Wechselwirkungen durch Austauschteilchen können folgende Prozesse stattfinden: 1. Emission eines Austauschteilchens: Hierbei sendet ein Teilchen x ein beliebiges Austauschteilchen A aus und verändert sich dabei zu dem Teilchen x‘: 2. x x‘ + A Absorption eines Austauschteilchens: Ein Teilchen x fängt ein beliebiges Austauschteilchen A ein und verändert sich zum Teilchen x‘: x + A x‘ 3. Produktion eines Austauschteilchens: Ein Teilchen x und ein Antiteilchen y vernichten sich, und es entsteht ein passendes Austauschteilchen A: 4. x+yA Vernichtung eines Austauschteilchens: Ein beliebiges Austauschteilchen A wird vernichtet, und es entsteht ein Teilchen x und ein Antiteilchen y: Ax+y 9 Diese Prozesse werden in der Teilchenphysik für spezielle Ereignisse in FeynmanDiagrammen dargestellt. Hierbei gibt es für jede der drei Wechselwirkungen eine eigene Darstellungsweise für die entsprechenden Austauschteilchen. So wird das Austauschteilchen der starken Wechselwirkung durch einen gedrehten Pfeil, die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung durch einen gestrichelten Pfeil und das Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung durch einen geschlängelten Pfeil dargestellt. Gelesen werden die Feynmandiagramme meist in einer Zeitachse, die von links nach rechts verläuft, d.h. der Anfang eines Prozesses steht links, das Ende rechts im Diagramm. 9 [8], Seite 400/401 Im folgenden werden die drei für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen im Einzelnen angeschaut. Die starke Wechselwirkung, die eine Reichweite von 10 -15m hat, die stärkste aller Wechselwirkungen. Sie ist zum einen für den Zusammenhalt der Quarks in den Nukleonen, zum anderen für die Bindung der Nukleonen im Atomkern verantwortlich. Die starke Wechselwirkung wird durch ein Modell beschrieben: Die Ladung der starken Wechselwirkung ist die Farbladung, auch einfach nur Farbe genannt. Es gibt drei verschiedene Farben: rot, blau und grün. Träger dieser Farbladungen und damit Quellen der starken Wechselwirkung sind die Quarks. Jedes Quark kann eine der drei Farbladungen annehmen. Die Antiquarks haben eigene Farbladungen: antirot, antiblau und antigrün. Diese nennt man dann Antifarbladungen. Auch hier kann jedes Antiquark eine der drei Antifarben annehmen. Das Besondere an den Quarks als Träger der Farbladungen ist, dass sie nie alleine beobachtet werden. Sie kommen immer in Zweierkombinationen, den Mesonen, oder Dreierkombinationen, den Baryonen, vor. Die Mesonen und Baryonen werden in der Gruppe der Hadronen zusammengefaßt. Man nennt die Tatsache, daß man Quarks nicht alleine beobachten kann, QuarkConfinement10. (Anmerkung: Sie ist dafür verantwortlich, dass man die Quarkmassen nicht genau sondern nur ungefähr bestimmen kann.) Untersucht man die starke Kraft, so stellt man eine Ähnlichkeit zum elektromagnetischen Kraftgesetz fest. Das Kraftgesetz der starken Kraft lautet: F s/r² + k . Man 11 beobachtet also, dass die Energie W = F dr, die nötig wäre, um zwei Quarks zu trennen, immer größer wird, je weiter man die Quarks voneinander entfernt. Dies kann man sich durch eine Gummischnur verständlich machen. Bewegen sich die Quarks auseinander, spannt sich die Schnur und treibt die Quarks wieder zusammen. Sind sie sehr nahe beieinander, wirkt zwischen ihnen eine nahezu konstante Kraft. Kommt es jedoch dazu, dass sich die Quark doch einmal zu weit auseinander bewegen, z.B. wenn sie durch Beschuss mit anderen Teilchen zu viel Energie erhalten, so reißt die Gummischnur. An den Enden bleiben jedoch keine freien Quarks mit einer „halben Gummischnur“ zurück, sondern es bilden sich an den freien Enden neue Quarks. Dies kann man sich so vorstellen: 10 [18], Seite 1437 11 s = Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung Hat man ein Meson aus einem blauen und einem antiblauen Antiquark, und bewegen sich diese zu weit auseinander, so bildet sich in ihrer Mitte ein Quark-Antiquark-Paar mit den Farben blau und antiblau, die mit den beiden anderen, getrennten Quarks neue Quarkpaare bilden. Man hat also auf einmal zwei Mesonen. Die Energie für die Quarkbildung wird von außen aufgenommen, z.B. bei der Kollision eines Protons mit einem Elektron in einem Teilchenbeschleuniger aus den Bewegungsenergien der Stoßpartner. Die Gummischnüre veranschaulichen den Austausch von Gluonen. Dieses Kraftgesetz ist der Grund, warum die Quarks nie alleine vorkommen. Dies führt wiederum dazu, dass bei Quarkkombinationen nach außen immer Farbneutralität herrscht. Bei Untersuchungen der Feinstruktur von Elementarteilchen fand man heraus, dass es nur Kombinationen aus zwei oder drei Quarks gibt. Diese Tatsache ist die Ursache dafür, dass die Farbladungen nach den drei Grundfarben der Farbenlehre benannt sind. So kann man sich leicht merken, dass eine Kombination oder „Vermischung“ von rot, blau und grün, aber auch eine von antirot, antiblau und antigrün weiß ergibt, wie es bei den Baryonen bzw. Antibaryonen der Fall ist. Farbneutralität gilt auch dann, wenn man eine Farbe und die Antifarbe mischt, z.B. rot und antirot. Dies ist bei Mesonen der Fall. Man sollte sich aber immer vor Augen halten, daß es sich bei den Farben nicht um wirkliche Farben handelt. Die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung sind die elektrisch neutralen, masselosen Gluonen g (englisch glue: Leim). Sie halten die Quarks zusammen, in dem sie ständig zwischen ihnen hin- und herspringen. Über den ständigen Austausch von Gluonen kann man sich auch modellhaft die Stärke der starken Wechselwirkung erklären. Die Gluonen sind selber Träger von Farbladung, und zwar vereinigen sie immer eine Farbe und eine Antifarbe in sich. So sorgen sie dafür, dass zum Beispiel die Quarks in den Nukleonen ständig ihre Farbe wechseln. Dies geschieht folgendermaßen: Man stelle sich vor, man hat ein rotes und ein blaues Quark. Nun sendet das rote Quark ein Gluon aus, was die Farbe rot sowie die Antifarbe antiblau trägt. Damit trägt das Gluon die bisherige rote Farbe des roten Quarks mit sich, nimmt aber gleichzeitig antiblau mit, so dass das bisher rote Quark blau werden muss. Das ist sozusagen die Farbe, die ihm das Gluon zurück lässt, indem es antiblau mitnimmt. Dieses Gluon wandert nun zu dem blauen Quark, „vernichtet“ mit seinem antiblau das blau des Quarks und läßt es rot werden. Im Endeffekt hat das rote Quark nach dem Gluonaustausch die Farbe blau, das blaue Quark die Farbe rot. Dieser Farbwechsel vollzieht sich immer wieder in sehr schneller Abfolge und sorgt so dafür, dass die Quarks im Nukleon zusammen halten. Die starke Wechselwirkung ist auch für den Zusammenhalt der Nukleonen im Atomkern verantwortlich. Dies geschieht nach dem gleichen Prinzip, nach dem sich Wasserstoffatome zu Molekülen binden. Das komplizierte Zusammenspiel der Quarks und Gluonen ist auch dafür verantwortlich, dass man beide nicht alleine beobachten kann. Nebenher findet auch zwischen den Gluonen, die ja selber Farbladungen tragen, eine Wechselwirkung durch Gluonen statt, so dass Zweier- oder Dreier-Quarkkombinationen nach außen abgeschlossen wirken und eine sehr starke Kraftwirkung in ihnen herrscht. Die Lehre über die starke Wechselwirkung stammt aus der QCD, die Quantenchromodynamik. Sie lehnt sich an die QED, die Quantenelektrodynamik, an. Die elektromagnetische Wechselwirkung mit ihrer praktisch endlose Reichweite ist diejenige der drei Wechselwirkungen, die man auch in der im Vergleich zur den Elementarteilchen makroskopischen Welt spüren kann. Sie wirkt auf alle elektrisch geladenen Teilchen. Die Ladung der elektromagnetischen Wechselwirkung ist die elektrische Ladung. Es gibt eine Art mit positivem oder negativem Vorzeichen. Träger dieser Ladungen, z.B. Elektronen, können, im Gegensatz zu den Quarks als Trägern der starken Ladung, durchaus alleine beobachtet werden. Unter den Elementarteilchen hat die elektromagnetische Wechselwirkung auf die Quarks und auf die eine Hälfte der Leptonen, daß Elektron, Myon und Tauon sowie deren Antiteilchen, Einfluß, während die elektrisch neutralen Neutrinos keine elektromagnetischen Kräfte erfahren. Die Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung sind die masselosen, elektrisch neutralen Photonen . Sie werden zwischen zwei elektrisch geladenen Teilchen ausgetauscht und erzeugen so die Wechselwirkung. Auch hier kann man sich, wie bei der starken Wechselwirkung, die Stärke dieser Kraft anschaulich über die Häufigkeit des Photonenaustausches erklären. Im Vergleich zum Gluonenaustausch der starken Wechselwirkung findet ein seltener Photonenaustausch zwischen den Trägern der elektrischen Ladung statt. Fliegen z.B. zwei Elektronen aneinander vorbei, so wechselwirken diese miteinander, d.h. sie werden gestreut. Dies geschieht über den Austausch virtueller Photonen. Diese Reaktion bezeichnet man als Kraftwirkung. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist, genauso wie die anderen Wechselwirkungen, auch für die Produktion und den Zerfall von Teilchen verantwortlich. Für alle Reaktionen müssen immer die erforderlichen Erhaltungssätze erfüllt sein. Die schwache Wechselwirkung, die unter anderem für die für uns lebenswichtige Kernfusion im Innern der Sonne verantwortlich ist, ist, abgesehen von der Gravitation, in der Stärke ihrer Wirkung auf die Elementarteilchen die schwächste der Wechselwirkungen. Sie ist in der makroskopischen Welt nicht wahrnehmbar, jedoch für eine ganze Reihe von Reaktionen verantwortlich. Eine auf die schwache Wechselwirkung zurückführbare Reaktion, die man in der makroskopischen Welt beobachten kann, ist der radioaktive Beta-Zerfall. Die Ladung der schwachen Wechselwirkung ist die schwache Ladung. Träger der schwachen Ladung sind alle Elementarteilchen, also sowohl Quarks als auch Leptonen12. Die schwache Ladung ist jedoch eine Eigenschaft der Teilchen, die bei beobachtbaren Teilchen nicht definiert ist. Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind die Weakonen 13 (von englisch weak: schwach). Sie werden wegen ihrer großen Masse zwischen den Trägern der schwachen Ladung nur sehr selten ausgetauscht, was eine wiederum eine anschauliche Erklärung für die „Schwäche“ der schwachen Wechselwirkung darstellt. Die Austauschteilchen heißen W+, W- und Z0, wobei die ersten beiden eine elektrische Ladung von +1e bzw. –1e haben und somit als einzige aller Austauschteilchen Träger elektrischer Ladung sind. Dagegen ist das Z 0 elektrisch neutral. Man bezeichnet sie als Vektorbosonen, da sie einen ganzzahligen Spin haben. Bei den W- und Z-Bosonen handelt es sich um sehr schwere Teilchen, die auf Grund der bei Teilchenreaktionen geforderten Energieerhaltung eigentlich nicht existieren dürften. Sie können jedoch auf Grund der Unschärferelation kurzzeitig als virutelle Teilchen existieren. Die W-Bosonen haben eine ungefähre Masse von 80 GeV/c², das Z-Boson eine von ca. 91 GeV/c². Die gleichen Massen des W+ und des W- kommen daher, dass das W- das Antiteilchen des W+ ist. Auf Grund ihrer hohen Massen haben die Weakonen eine Reichweite, die etwa einem Tausendstel des Protonendurchmessers entspricht. Die Prozesse der schwachen Wechselwirkung finden jedoch in verhältnismäßig großen Zeiträumen statt. Die elektrisch geladenen W können nur an bestimmten Prozessen teilnehmen. Auf Grund ihrer elektrischen Ladung ändert sich bei den an der Wechselwirkung teilnehmenden Teilchen die elektrische Ladung. So nimmt ein W+ einem Teilchen, von dem es abgestrahlt wird, die Ladung von 1e. Dies gilt auf Grund der Ladungserhaltung. 12 Eigentlich ist nur der linkshändige Anteil der Elementarteilchen Träger der schwachen Ladung 13 physikalische Fachsprache: intermediäre Vektorbosonen Vernichtet sich das W+ wieder, so müssen die Folgeprodukte in ihrer Summe eine elektrische Ladung von 1e haben. Das Z0 kann man elektromagnetischen häufig nicht vom Wechselwirkung, dem Photon, dem unterscheiden, Austauschteilchen da beide der ähnliche quantenmechanische Eigenschaften haben. Daher hat man eine Kombination beider Wechselwirkungen, die elektroschwache Wechselwirkung, entwickelt Die elektroschwache Wechselwirkung findet über den Austausch von vier Austauschteilchen statt: - das elektrisch neutrale Photon - das elektrisch neutrale Weakon Z0 - das elektrisch negative Weakon W- - das elektrisch positive Weakon W+ In der elektroschwachen Theorie muß es jedoch neben den Austauschteilchen der schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung noch ein weiteres, schweres Teilchen geben, das Higgs-Teilchen. Der damit zusammenhängende Higgs-Mechanismus soll nach dieser Theorie verantwortlich sein für die Masse der Teilchen. Die beiden elektrisch neutralen Austauschteilchen unterscheiden sich nur durch ihre Masse; ihre quantenmechanischen Eigenschaften sind gleich. Daher und aus einem zweiten Grund kommt es in der Natur an manchen Stellen zur Vermischung der schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung. Der zweite Grund für die Vermischung ist der, daß die schwache Ladung von Teilchen häufig im Zusammenhang mit der elektrischen Ladung auftritt. Aufgrund der Vermischung der beiden Wechselwirkungen gibt es Reaktionen zwischen elektrisch geladenen Teilchen, an denen sowohl Photon als auch Z 0 teilnehmen können. Z.B. kann bei sehr hohen Energien die Myonen-Paarerzeugung durch ein Elektron und ein Positron mit ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit über ein Z 0 als auch über ein Photon ablaufen. Es gibt aber auch Vorgänge, bei denen beide Austauschteilchen möglich sind, aber eines der beiden wesentlich öfter zum Einsatz kommt. Dies ist abhängig von der bei der Reaktion zur Verfügung stehenden Energie. Reaktionen mit kleinen Energien, z.B. Prozesse in der Atomhülle oder dem Atomkern, bevorzugen das Photon. Bei Reaktionen mit der Energie von 91 GeV, welche der Masseenergie des Z 0 entspricht, ist das Photon gegenüber dem Z0 als Austauschteilchen jedoch zu vernachlässigen. Es gibt Reaktionen, bei denen das Austauschteilchen längere Strecken mit Lichtgeschwindigkeit zurücklegt (elektromagnetische Wellen). Hier kommt nur das Photon als Austauschteilchen in Frage. Bei Reaktionen, bei denen nicht ausschließlich elektrisch geladene Teilchen teilnehmen, wie z.B. die Neutrino-Streuung am Elektron, kommt als Austauschteilchen dagegen nur das Z0 in Frage. Das Z0 ist also Austauschteilchen bei an Reaktionen teilnehmenden Teilchen, die die schwache Ladung tragen. Die elektroschwache Wechselwirkung ist für die Teilchenphysik deshalb von so großer Bedeutung, da sie darauf hindeutet, daß es in der Zukunft eventuell möglich sein könnte, alle in der Natur auftretenden Wechselwirkungen zu einer einzigen, alles beschreibenden Theorie zusammenzufassen. DIE MESSMETHODEN IN DER TEILCHENPHYSIK In der Teilchenphysik gibt es Teilchenbeschleuniger, mit denen man Untersuchungen vornehmen kann. An diesen Teilchenbeschleunigern werden zwei Untersuchungsmethoden betrieben: 1. die Untersuchung von Strukturen existierender Teilchen 2. die Erzeugung und anschließende Untersuchung neuer Teilchen Für beide Bereiche braucht man hohe Teilchenenergien. Für die Strukturuntersuchungen muß also die Teilchenenergie größer werden, wenn die Dimension der zu untersuchenden Struktur kleiner wird. Versucht man Strukturen der linearen Dimension d aufzulösen, muß die reduzierte Wellenlänge /2 genauso groß wie oder kleiner als d sein: d (/2). Dabei ist die De-Broglie-Wellenlänge: = h/p. Die Beziehung d (/2) führt dazu, dass für den Impuls des Teilchens p h/2d gelten muß, was wiederum eine gewisse Energie des Teilchens bedeutet. 14 Für die Erzeugung und anschließende Untersuchung neuer Teilchen braucht man genug Energie, um diese in Masse umwandeln zu können. In den Teilchenbeschleunigern werden die Teilchen sehr stark beschleunigt, daher wird eine relativistische Betrachtung der Teilchenenergien nötig. Betrachtet man ein beschleunigtes Teilchen als Massepunkt, so hat es eine Ruheenergie: E0 = m0c². Hierbei ist m0 die Ruhemasse des Teilchens. Beschleunigt man dieses Teilchen auf eine sehr hohe Geschwindigkeit v nahe der Lichtgeschwindigkeit c, so erhält es eine relativistische kinetische Energie: E kin 14 [3], Kapitel 2.1 m0 c ² v 1 ( )² c m0 c² Die relativistische Gesamtenergie eines mit hoher Geschwindigkeit v fliegenden Teilchens bildet sich aus der Summe der kinetischen und der Ruheenergie: m0 c ² E E kin m 0 c ² v 1 ( )² c mc² Hierbei ist m die relativistische Masse: m = m0 (1 – (v/c)²)-1/2 Man sieht also, daß sich die Energie eine ruhenden Massepunktes von m 0c² auf mc² erhöht, wenn man ihn auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt hat. Genau dies geschieht in den Teilchenbeschleunigern mit den Untersuchungsteilchen. Die in ein Teilchen im Beschleuniger investierte Energie tritt nicht nur als erhöhte Geschwindigkeit, sondern auch als Massezunahme des Teilchens auf. Dies liegt daran, daß für alle Teilchen die Lichtgeschwindigkeit eine obere, nicht erreichbare Grenze der von ihnen erreichbaren Geschwindigkeit darstellt. Läßt man die Geschwindigkeit v immer näher an die Lichtgeschwindigkeit heran wachsen, erhöht sich die Masse des Teilchens immer weiter, Beschleunigungsmöglichkeit des Teilchens begrenzt wird. so daß wiederum die 15 Die Masseenergie der im Beschleuniger auf hohe Geschwindigkeiten gebrachten Teilchen kann bei Teilchenkollisionen in die Produktion neuer Teilchen investiert werden, die man dann untersuchen kann. Welche Art von Experiment stattfindet, hängt letztlich von den beschleunigten Teilchen, deren Energie im Teilchenstrahl sowie von dem Objekt ab, was untersucht werden soll. In allen Beschleunigeranlagen werden elektrisch geladene Teilchen beschleunigt. Dies liegt an ihrer Fähigkeit, durch elektrische Felder beschleunigt und durch magnetische Felder abgelenkt werden zu können. Die Teilchen werden in Teilchenpaketen (englisch bunches) in die Beschleuniger eingebracht, um eine möglichst hohe Rate an Experimentierergebnissen zu erzielen. In den Beschleunigern werden Teilchenstrahlen mit Teilchenenergien zwischen einigen Megaelektronenvolt 15 [17], Kapitel 34.10 und einigen hundert Gigaelektronenvolt erzeugt. Man kann Intensitäten von bis zu 1016 Teilchen/Sekunde erreichen, und die Teilchenstrahlen können auf Flächen von wenigen Quadratmillimetern konzentriert werden. Grob gesehen kann man zwischen Linearbeschleunigern 16 und Ringbeschleunigern unterscheiden. Bei Linearbeschleunigern, auch „Linear Accelerator“ oder kurz „LINAC“ genannt, werden, wie der Name schon sagt, Teilchenpakete auf geraden Strecken beschleunigt. Dies geschieht durch ein Hochfrequenzfeld, d.h. die elektrisch geladenen Teilchen werden mittels eines hochfrequenten Wechselfeldes beschleunigt. Die Beschleunigungsstrecke steht hierbei nur einmalig zur Verfügung. Das hochfrequente Wechselfeld ist auch der Grund dafür, warum die Teilchen in Teilchenpaketen im Linearbeschleuniger laufen. Der Teilchenstrom ist im Takt der Hochfrequenz in entsprechend passende Pakete unterteilt und nicht kontinuierlich. Die einzelnen Teilchenpakete müssen entlang ihrer Flugrichtung fokussiert werden, damit sie in den Beschleunigungsstrecken nicht zu weit auseinander streuen. Daher werden zwischen den Beschleunigungsabschnitten Fokussierungen vorgenommen, meist mit Hilfe von Quadrupolmagneten. Weiter werden die Teilchenpakete in zusammengehalten, so daß die Teilchen ihrer Länge möglichst durch das gleichmäßige Wechselfeld Geschwindigkeit erhalten. Dies geschieht dadurch, daß zu schnell fliegende Teilchen im Wechselfeld abgebremst werden, während zu langsam Teilchen fliegende eine stärkere Beschleunigung erfahren. So kann man erreichen, daß sich alle Teilchen mit etwa der gleichen Geschwindigkeit bewegen. Es gibt unterschiedlich aufgebaute Linearbeschleuniger für die verschiedenen elektrisch geladenen Teilchen, die in ihnen beschleunigt werden. Meist werden Protonen oder schwere Ionen, aber auch Elektronen als Probeteilchen beschleunigt. Dabei haben Elektronen einen besonderen Status, da sie sich auf Grund ihrer verhältnismäßig geringen Ruhemasse von me = 0,511 MeV/c² sehr schnell auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen lassen. So beträgt der Unterschied zur Lichtgeschwindigkeit bei einer kinetischen Energie von 2 MeV nur noch ca. 2,1%. Daher wird für diese Teilchen ein anderer Beschleunigertyp verwendet als für die schwereren geladenen Teilchen. Der Elektronen-Linearbeschleuniger, der mit einer Höchstenergie von 52 GeV „Stanford für die Elektronen der zur Zeit stärkste seiner Art ist, ist der 3 km lange Linear Linearbeschleuniger Accelerator“ mit (kurz: wesentlich SLAC). geringeren Es gibt Energien. aber So auch werden Elektronensolche mit Endenergien zwischen 30 – 50 MeV in der Medizin zur Krebsbehandlung bei Tumoren 16 [3], Seite 10 eingesetzt. Manche werden als Vorbeschleuniger für Elektronensynchrotrons eingesetzt. Sie haben Endenergien von ca. 100 MeV. Bei Ringbeschleunigern werden die Teilchenpakete auf annähernden Kreisbahnen beschleunigt oder auch nur in Bewegung gehalten. Im zweiten Fall spricht man von Speicherringen, da den Teilchen nur die durch z.B. Synchrotronstrahlung verloren gegangene Energie zugeführt wird, ohne sie weiter zu beschleunigen. So kann man die Teilchen über mehrere Stunden in der Beschleunigeranlage speichern und zu einer Vielzahl von Experimenten nutzen. Die Ringbeschleuniger sind so aufgebaut, daß es Beschleunigungsbereiche gibt, in denen die Teilchenpakete linear in einem Hochfrequenzfeld beschleunigt werden, und Ablenkbereiche, in denen die Pakete durch Ablenkmagnete auf Grund der Lorentzkraft auf eine annähernde Kreisbahn gebracht werden. Dabei muß die Stärke der Magnetfelder in den Ablenkmagneten genau auf die Geschwindigkeit bzw. den relativistischen Impuls der Teilchen abgestimmt sein, damit sie nicht „aus der Bahn geworfen werden“. Da sich auf den Beschleunigungsstrecken die Energie der Teilchen immer weiter erhöht, müssen Hochfrequenz- und Magnetfelder genau aufeinander abgestimmt sein. In „magnetischen Fokussierlinsen“ werden die Pakete aus elektrisch geladenen Teilchen im Strahlengang gefestigt. Dies geschieht im allgemeinen durch Quardupole. Bei höheren Teilchenenergien verwendet man zusätzlich Sextupolmagneten zur Stabilisierung des Teilchenstrahls. Speicherringe sind ähnlich wie Ringbeschleuniger aufgebaut. Der größte Speicherring der Welt befindet sich im CERN bei Genf. Er liegt ca. 100 m unter der Erdoberfläche, halb auf schweizerischem, halb auf französischen Gelände, und hat einen Umfang von 27 km. Bis zum Ende des Jahres 2000 wurden dort im LEP-Experiment Elektronen gegen Positronen beschleunigt. In beiden Beschleunigerarten, also Linear- und Ringbeschleuniger, muß ein Ultrahochvakuum herrschen, damit die Teilchen nicht fortwährend ihre Energie an umgebende Gasmoleküle abgeben, aus dem Teilchenstrahl ausbrechen und so nicht für gezielte Teilchenkollisionen zur Verfügung stehen können. In den Linear- oder Ringbeschleunigern können zwei Arten von Experimenten vorgenommen werden: das „Fixed-Target-Experiment“ und das „Colliding-BeamExperiment“. Beim Fixed-Target-Experiment werden die im Beschleuniger auf hohe Energien gebrachten Teilchenpakete auf eine ruhende Zielscheibe (engl. target) geschossen. Dabei untersucht man entweder die Strukturen der Teilchen des Targets, oder man erzeugt durch eine Vielzahl von Reaktionen neue Teilchen, wobei diese neuen Teilchen durch die Umwandlung der Energien der Teilchen aus dem Teilchenstrahl in Masse entstehen. Beim Colliding-Beam-Experiment werden Teilchenpakete entgegengesetzt beschleunigt und auf hohe Energien und unter anderem an gezielt ausgewählten Punkten zur Kollision gebracht. Auch hierbei kann man z.B. die Strukturen der Teilchen des einen Teilchenstrahls durch die Teilchen des anderen Teilchenstrahls untersuchen. Man kann aber auch die erzielbaren, sehr hohen Energien im Schwerpunktssystem beider Teilchenstrahlen nutzen, um neue Teilchen zu erzeugen, die man auf ihre Eigenschaften und ihr Verhalten untersucht. TEILCHENPHYSIK IN DER SCHULE Die Teilchenphysik hat bisher nur einen geringen Einzug in die Schulen gehalten. Dieser beschränkte sich zudem bisher nur auf den Unterricht in der Sekundarstufe II. In diesem Bereich wurden unter anderem im Rahmen von Staatsexamensarbeiten interaktive Lernmaterialien erstellt17. Das Thema Teilchenphysik war jedoch bisher auch in der Sekundarstufe II nie ein verbindlicher, sondern immer ein optionaler Fachbereich. Daher gibt es zu diesem Thema bisher nur wenige didaktisch aufbereitete Lehr- und Lernmaterialien. Für die Sekundarstufe I, in der das Thema Teilchenphysik bisher im Lehrplan überhaupt nicht vorgesehen war, gibt es bisher noch keine in der Schule einsetzbaren Unterrichtsmaterialien. 17 Zum Beispiel unter folgenden Internetadressen: http://iphlehramt.physik.uni-mainz.de/lehrsystem/ Ein „Lehr- und Lernsystem zur Teilchenphysik“, erstellt an der Universität Mainz http://www.grundlagen-der-teilchenphysik.de/ Grundlagen der Teilchenphysik PHYSIK IN DER SEKUNDARSTUFE I In den Richtlinien und Lehrplänen des Landes Nordrhein-Westfalen sind für die Sekundarstufe I in Physik im Moment folgende Themen für die einzelnen Jahrgangsstufen vorgesehen: - Jahrgangsstufe 6: 1. „Temperatur und Energie“ aus dem Bereich Wärmelehre 2. „Elektrischer Strom“ aus dem Bereich Elektrizitätslehre 3. „Das Licht“ aus dem Bereich Optik 4. „Speicherung, Transport und Entwertung von Energie“ aus den Bereichen Wärmelehre, Elektrizitätslehre und Optik - Jahrgangsstufe 8: 1. „Elektrizität“ aus dem Bereich Elektrizitätslehre 2. „Strahlenoptik“ aus dem Bereich Optik - Jahrgangsstufe 9/10: 1. „Die Kraft; Der Druck; Energie, Arbeit, Leistung“ aus dem Bereich Mechanik 2. „Schall; Schwingungen und Wellen“ aus dem Bereich Akustik 3. „Innere Energie“ aus dem Bereich Wärmelehre 4. „Elektrische Energie“ aus dem Bereich Elektrizitätslehre 5. „Radioaktivität und Kernenergie“ aus dem Bereich Kernphysik Die einzelnen Bereiche des Faches Physik, also Mechanik, Akustik, Wärmelehre, Elektrizitätslehre, Optik und Kernphysik, gelten als historische gewachsene Teildisziplinen. Dabei wird in den Richtlinien erwähnt, daß „[w]eitere Bereiche wie z.B. Festkörperphysik, Elementarteilchenphysik und Relativitätstheorie [...] wegen ihres zu hohen Anspruchs keine Berücksichtigung finden“ 18 können. Die Aufgaben und Ziele des Physikunterrichts sind die Vermittlung von Kenntnissen über Naturvorgänge, um bei den Schülern ein verbessertes Verständnis für die natürliche und technische Umwelt zu erzeugen. Weiter soll der Physikunterricht in die spezifischen Arbeitsweisen und Methoden der Physik einweisen und den Schülern beibringen, wie man Experimente entwickelt, durchführt und auswertet. Den Schülern sollen im Physikunterricht physikalische Begriffe und Vorstellungen vermittelt werden, was meist ein langwieriger Prozeß ist, da die Schüler zu vielen Bereichen der Physik aus dem Alltagsleben eine von der physikalischen Sichtweise stark abweichende Vorstellung mitbringen. Diese Aufgabe des Physikunterrichts eignet sich gut zum Aufbau kognitiver Fähigkeiten der Schüler, da sie naturwissenschaftliche Denkweisen und Begriffsschemata erlernen, die sie in ihrem alltäglichen Leben anwenden können. 18 [12], Seite 37 Ein Ziel des Physikunterrichts ist das Erreichen der Urteils- und Handlungsfähigkeit der Schüler in Bezug auf die Auswirkungen physikalischer und technischer Anwendungen sowie die Entwicklung eines Verantwortungsgefühls für diese Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Im Physikunterricht sollen neben fachspezifischen auch fächerübergreifende Themen behandelt werden, um einen umfassenderen Überblick über die Physik als Bereich des gesellschaftlichen Lebens zu verschaffen. TEILCHENPHYSIK IN DER SEKUNDARSTUFE I Um in der Sekundarstufe I das Thema Teilchenphysik zu behandeln, muß erst einmal eine Motivation zu seiner Behandlung aufgebracht werden. Diese kann man darin sehen, daß im Lehrplan für das Land Nordrhein-Westfalen nur historisch gewachsenen Themen vorgesehen sind, die jedoch wenig mit der modernen Physik zu tun haben. Den Schülern wird dadurch der Eindruck von der Physik als einer toten, schon abgeschlossenen Wissenschaft vermittelt. Dies könnte einer der Gründe sein, warum die Zahl der Schüler, die für die Sekundarstufe II Physik als Unterrichtsfach wählen, in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen ist, was sich mittlerweile auch auf die Studienanfängerzahlen des Faches Physik auswirkt. Im Bereich der Sekundarstufe I schafft es der Physikunterricht scheinbar nicht mehr, Schüler für Physik zu begeistern, und auf späterem Wege sind sie kaum noch zu erreichen. Dies spricht dafür, den Physikunterricht näher an die modernen Physik mit ihren Forschungsbereichen und den neuesten Ergebnissen heranzubringen. Durch die Behandlung aktueller und neuer Themen und Forschungsergebnisse kann bei den Schülern wieder das Interesse für die Physik geweckt werden, da sie einen Eindruck von der modernen Physik als lebendige Wissenschaft erhalten. Diese These wird durch die Ergebnisse der Umfrage bestärkt, die in dem in Anhang B beschriebenen Probeunterricht gemacht wurde. Dort antworteten 14 von 16 Schülern auf die Frage, ob sie gerne mehr „moderne Physik“ im Unterricht behandeln würden, mit ja, während nur zwei Schüler sagten, es sei ihnen egal (s. Anhang B, Frage 22, sowie Auswertung der Befragung). Ein Bereich der modernen Wissenschaft ist die Teilchenphysik mit ihren Ergebnissen zum Aufbau der Materie, zu den Anfängen des Universums und dem Verständnis vom Aufbau der Welt über das Standardmodell mit seinem Nutzen, aber auch seinen Grenzen als Modellvorstellung. Bei den Schülern der 10. Klasse ist aus dem früheren Physik- und Chemieunterricht schon eine recht konkrete Vorstellung vom atomaren Aufbau der Materie vorhanden. So wird im Chemieunterricht in der 7. Klasse erstmals im Zusammenhang mit den Übergängen zwischen den einzelnen Aggregatzuständen die Vorstellung vom Aufbau der Materie aus Teilchen vermittelt. Diese Teilchen sind jedoch nur „Kügelchen“ ohne sonstige Eigenschaften. In der 8.Klasse wird der Aufbau der Materie aus Atomen erstmals eingeführt. Dies geschieht im Rahmen der Elektrizitätslehre. Hier werden elektrische Ladungen und damit auch elektrische Ströme erläutert. Dabei wird die Elektronenvorstellung und die stufengerechte Kenntnis über den atomaren Aufbau der Materie erklärt. Die Atome sind aus Elektronen mit negativer elektrischer Ladung und Atomkernen mit positiver elektrischer Ladung aufgebaut. Diese Vorstellung wird in der 9. Klasse im Chemieunterricht wieder aufgegriffen, um darüber den Atomaufbau und das Periodensystem einzuführen. Als Atommodell wird das Kern-Hülle-Modell erläutert. Hier wird eine Vorstellung von Elementarteilchen im Aufbau der Materie vermittelt. Es handelt sich jedoch um den Aufbau der Materie aus den Elementarteilchen Elektron und Proton sowie Neutron. Auch der Molekülbegriff ist unter anderem am Beispiel des Wassers (H2O) aus dem Chemieunterricht bekannt. Die Schüler haben außerdem eine Vorstellung von Wechselwirkungen, die sich jedoch auf die vielfältigen, behandelten Kraftwirkungen bezieht. Diese Kräfte haben ihren Ursprung in Magneten, mechanischen Geräten, Menschen oder der Erde. Sie wirken immer zwischen zwei Wechselwirkungspartnern, es wird also in der 9. Klasse im Physikunterricht schon auf den Wechselwirkungsaspekt eingegangen. Die möglichen Wirkungen von Kräften sind zu diesem Zeitpunkt für die Schüler Bewegungsänderungen oder Verformungen, also makroskopisch beobachtbare Wirkungen. Weiter haben die Schüler die Vorstellung, dass Kräfte eine Richtung, einen Betrag und einen Angriffspunkt haben, sich durch Pfeile darstellen lassen, und dass sich die Kraftwirkung zweier Kräfte durch ein Kräfteparallelogramm in seinem Betrag und seiner Richtung bestimmen läßt. Auf diesen Grundlagen kann man die Teilchenphysik in sehr vereinfachter Form zum Thema der Sekundarstufe I machen und so den Schülern einen Einblick in die modernen Physik gewähren. Als Anhänge A, B und C findet man ein Websystem, in welchem im Bezug auf den Kenntnisstand der Schüler der 10.Klasse eines Gymnasiums die Teilchenphysik zum Teil interaktiv erarbeitet wird, weiter ein Unterrichtskonzept, welches in ersten Ansätzen die Realisierung einer Unterrichtseinheit zum Thema Teilchenphysik beschreibt, sowie eine kurze Beschreibung eines 9-stündigen Probeunterrichts in einer 10.Klasse mit Umfragebögen sowie einer teilweisen Auswertung der Umfrageergebnisse. Damit sind ein erster konzeptioneller Entwurf sowie erforderliche Unterrichtsmaterialien für das Thema Teilchenphysik in der 10. Klasse erstellt worden, die auch schon in einem ersten Unterrichtsversuch getestet wurden. Das Ergebnis des Unterrichts zeigt, dass die ersten Schritte zu einem thematisch anders orientiertem Physikunterricht, wie sie in dieser Arbeit unternommen wurden, den richtigen Weg zu einem moderneren Physikunterricht in der Sekundarstufe I zeigen könnten. LITERATUR [1] BADER,F./ DORN,F.: Physik, Sekundarstufe I. Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover 1993. [2] BREDTHAUER,W./ KLAR,G./ LICHTFELDT,M./ REIMERS,J./ SCHMITDT,M./ WESSELS,P.: Impulse Physik 1 für die Mittelstufe der Gymnasien. Ernst Klett Schulbuch GmbH, Stuttgart, 1993. [3] FRAUENFELDER,H./HENLEY,E.M.: Teilchen und Kerne – Die Welt der subatomaren Physik. R.Oldenbourg Verlag, München; Wien: Oldenbourg: 1999. [4] GREHN,J.(Hg.): Metzler Physik. Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover, 1992. [5] HILSCHER, H.: Elementare Teilchenphysik. Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 1996. [6] HINTERBERGER, F.: Physik der Teilchenbeschleuniger und Ionenoptik. SpringerVerlag, Berlin/ Heidelberg/ New York, 1997. [7] HÖFLING,O.: Physik, Band II, Teil 3, Quanten und Atome. Ferd. Dümmers Verlag, Bonn, 1986. [8] HÖFLING, O./ WALOSCHEK, P.: Die Welt der kleinsten Teilchen – Vorstoß zur Struktur der Materie. Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 1984. [9] HUND, F.: Geschichte der physikalischen Begriffe; Teil 1: Die Entstehung des mechanischen Weltbildes. Bibliographisches Institut AG, Mannheim, 1978. [10] IHNE,W./ LOTTERMOSER,J./ ZÖLLNER,W. (Hrsg.): Einführung in die Physik, Sekundarstufe I, Ausgabe E. Verlag Moritz Diesterweg GmbH & Co., Frankfurt a. M., 1994. [11] KULTUSMINISTERIUM DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN: Richtlinien und Lehrpläne Chemie, Gymnasium, Sekundarstufe I. Verlagsgesellschaft Ritterbach mbH, Frechen, 1999. [12] KULTUSMINISTERIUM DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN: Richtlinien und Lehrpläne Physik, Gymnasium, Sekundarstufe I. Verlagsgesellschaft Ritterbach mbH, Frechen, 1993. [13] LOCQUENEUX, R.: Kurze Geschichte der Physik. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1989. [14] MORNEBURG,H. (Hrsg.): Bildgebende Systeme für die medizinische Diagnostik. Publicis MDC Verlag, München, 1995. [15] LOHRMANN,E.: Hochenergiephysik. Teubner Verlag, Stuttgart, 1981. [16] NACHTMANN, O.: Elementarteilchenphysik; Phänomene und Konzepte. Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig, 1986. [17] ROLLNIK,H.: Teilchenphysik II; Innere Symmetrien der Teilchen. Bibliographisches Institut AG, Mannheim, 1971. [18] TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. [19] WALOSCHEK,P.: Besuch im Teilchenzoo; Vom Kristall zum Quark. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbeck bei Hamburg, 1996. [20] WICK, G.L.: Elementarteilchen; An den Grenzen der Hochenergiephysik. Physik Verlag GmbH, Weinheim, 1974. Verwendete Weblinks: http://hepwww.ph.man.ac.uk/%7Eevents/home.html: “Identifying Interesting Particle Physics Events at LEP” http://www.desy.de/html/arbeiten/www1.html Diese und andere Seiten des Deutschen Elektronen Synchrotron DESY http://press.web.cern.ch/Press/Photos/ Eine Fotopage des CERN bei Genf http://www.semghs.bl.bw.schule.de/arbsem/uplanhi/uplanhi.htm Seiten zur Hilfe der Unterrichtsgestaltung http://www.aip.org/history/einstein/quantum2.htm Seiten zum Thema „Kosmologie“ http://www.desy.de/pr-info/Kworkquark/ Ein interaktives Lernprogramm zum Thema „Teilchenphysik“, erstellt vom DESY http://iphlehramt.physik.uni-mainz.de/lehrsystem/ Ein „Lehr- und Lernsystem zur Teilchenphysik“, erstellt an der Universität Mainz http://www.grundlagen-der-teilchenphysik.de/ Grundlagen der Teilchenphysik http://welcome.cern.ch/welcome/gateway.html Die Webseiten des CERN ANHANG A: EIN UNTERRICHTSENTWURF SOWIE EINE PROJEKTWOCHENPLANUNG ZUR TEILCHENPHYSIK IN DER SEKUNDARSTUFE I UNTERRICHTSEINHEIT TEILCHENPHYSIK FÜR DIE JAHRGANGSSTUFE 10 Lernziel: Verständnis der Teilchenphysik als Bereich der Grundlagenforschung INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis ........................................................................... 35 Unterrichtseinheit Teilchenphysik für die Jahrgangsstufe 10 ................. 38 Themeneinteilungen:....................................................................... 38 Grobübersicht: ............................................................................... 39 Didaktische Analyse: ....................................................................... 40 Detailübersicht: .............................................................................. 45 1 Themeneinführung: Bezüge der Teilchenphysik zur Lebenswirklichkeit der Schüler herstellen ............................ 45 1.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 45 1.2 Sachanalyse: ................................................................... 45 1.3 Themenlernziele .............................................................. 50 2 Strukturen: ..................................................................... 52 2.1 Untersuchungsmethoden der Teilchenphysik bzw. Möglichkeiten zur Strukturuntersuchung ................................................. 52 2.1.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 52 2.1.2 Sachanalyse: ................................................................... 53 2.2 Betrachtung von Teilchenspuren auf Blasenkammer- und Detektorbildern ................................................................ 58 2.2.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 58 2.2.2 Sachanalyse: ................................................................... 58 2.3 Themenlernziele .............................................................. 59 3 Materieaufbau: ................................................................ 62 3.1 Wege zur Erkenntnis über den Materieaufbau sowie Aufbau der Materie in einzelnen Stufen (vom Molekül zu den Elementarteilchen) ........................................................... 62 3.1.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 62 3.1.2 Sachanalyse: ................................................................... 62 3.1.3 Umsetzungsmöglichkeit in der Schule: ................................ 69 3.2 Themenlernziele: ............................................................. 73 4 Radioaktivität: ................................................................. 77 4.1 Die drei Strahlungsarten, ihre Eigenschaften, die Nachweis- und Unterscheidungsmöglichkeiten sowie ihre Entstehung ........... 77 4.1.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 77 4.1.2 Sachanalyse: ................................................................... 77 4.2 Strahlenschutz & Strahlenwirkung: Strahlenwirkungen (genetische und somatische Schäden), Strahlenschutzmaßnahmen, Einsatzmöglichkeiten ionisierender Strahlung in der Medizin ................................................... 86 4.2.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 86 4.2.2 Sachanalyse: ................................................................... 88 4.3 Kernenergie: Kernkraftwerke, Kernspaltung, Kettenreaktion, Kernreaktoren, Nutzen und Risiken von Kernkraftwerken ...... 94 4.3.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: ...................................... 94 4.3.2 Sachanalyse: ................................................................... 94 4.4 Themenlernziele: ........................................................... 100 5 Wechselwirkungen: die vier fundamentalen Wechselwirkungen, ihre Austauschteilchen und Wirkungsbereiche, die drei Folgen der Wechselwirkungen: Kraft, Produktion, Zerfall (Interpretation von Blasenkammer- und Detektorbildern; ................................................................................... 103 5.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 103 5.2 Sachanalyse: ................................................................. 103 5.3 Themenlernziele: ........................................................... 114 6 Standardmodell: ............................................................ 115 6.1 Inhalte des Modells : ...................................................... 115 6.1.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 115 6.1.2 Sachanalyse: ................................................................. 116 6.2 Nutzen und Grenzen des Modells: .................................... 117 6.2.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 117 6.2.2 Sachanalyse: ................................................................. 118 6.3 Themenlernziele: ........................................................... 119 7 Anwendung: Kosmologie: ............................................... 120 7.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 120 7.2 Sachanalyse: ................................................................. 120 7.3 Themenlernziele: ........................................................... 122 8 Historie: historische Entwicklung von der Antike zur modernen Teilchenphysik ............................................................... 124 8.1 Stellung in der Unterrichtseinheit: .................................... 124 8.2 Sachanalyse: ................................................................. 124 8.3 Themenlernziele: ........................................................... 131 Der Grobentwurf für das Konzept einer Projektwoche zur Teilchenphysik in der Jahrgangsstufe 10 .................................................... 132 Anhang: Folienvorlagen zum Einsatz im Unterricht UNTERRICHTSEINHEIT TEILCHENPHYSIK FÜR DIE JAHRGANGSSTUFE 10 Lernziel: Verständnis der Teilchenphysik als Bereich der Grundlagenforschung THEMENEINTEILUNGEN: Die Unterrichtseinheit besteht aus mehreren Bereichen, die sich zum Teil wiederholen. Eingangs wird eine Grobübersicht über die Einteilung der Einheit in die einzelnen Themenbereiche vorgenommen. In der didaktischen Analyse wird zum einen eine Bestandsaufnahme vorgenommen, welche Vorkenntnisse man in der Unterrichtseinheit zu den einzelnen Themen bei den Schülern voraussetzen können sollte, zum anderen wird erläutert, welche Lernziele in den einzelnen Themenbereichen angestrebt werden. Im dritten Teil wird eine Detailübersicht der in der Grobübersicht eingeteilten Themen gegeben. Dabei unterteilen sich die einzelnen übergeordneten Themengebiete teilweise in Unterthemen, zu denen jeweils eine Motivation zur Stellung in der Unterrichtseinheit vorgenommen wird, gefolgt von einer Sachanalyse, die zur Einführung der Lehrkraft in das jeweilige Thema dienen soll. Am Ende jedes übergeordneten Themenabschnitts sind dessen Lernziele für den Schüler unter dem Abschnitt Themenlernziele zusammengefaßt. GROBÜBERSICHT: 1. Themeneinführung: Bezüge der Teilchenphysik zur Lebenswirklichkeit der Schüler herstellen 2. Strukturen: - Untersuchungsmethoden der Teilchenphysik bzw. Möglichkeiten zur Strukturuntersuchung - Betrachtung von Teilchenspuren auf Blasenkammer- und Detektorbildern 3. Materieaufbau: - Wege zur Erkenntnis über den Materieaufbau - Aufbau der Materie in einzelnen Stufen (vom Molekül zu den Elementarteilchen) 4. Radioaktivität: - Die drei Strahlungsarten, ihre Eigenschaften, die Nachweis- und Unterscheidungsmöglichkeiten sowie ihre Entstehung - Strahlenschutz & Strahlenwirkung: Strahlenwirkungen (genetische und somatische Schäden), Strahlenschutzmaßnahmen, Einsatzmöglichkeiten ionisierender Strahlung in der Medizin - Kernenergie: Kernkraftwerke, Kernspaltung, Kettenreaktion, Kernreaktoren, Nutzen und Risiken von Kernkraftwerken 5. Wechselwirkungen: die vier fundamentalen Wechselwirkungen, ihre Austauschteilchen und Wirkungsbereiche, die drei Folgen der Wechselwirkungen: Kraft, Produktion, Zerfall (Interpretation von Detektorbildern; 6. Standardmodell: - Inhalte des Modells - Nutzen und Grenzen des Modells 7. Anwendung: Kosmologie 8. Historie: historische Entwicklung von der Antike zur modernen Teilchenphysik DIDAKTISCHE ANALYSE: Vorkenntnisse der Schüler: Die Schüler stehen am Anfang der Unterrichtsreihe zum Thema des Materieaufbaus auf dem Wissensstand, der ihnen teilweise im Physik-, teilweise im Chemieunterricht vermittelt wurde. So wird im Chemieunterricht in der 7.Klasse erstmals im Zusammenhang mit den Übergängen zwischen den einzelnen Aggregatzuständen die Vorstellung vom Aufbau der Materie aus Teilchen vermittelt. Diese Teilchen sind jedoch nur „Kügelchen“ ohne sonstige Eigenschaften. In der 8.Klasse wird der Aufbau der Materie aus Atomen erstmals eingeführt. Dies geschieht im Rahmen der Elektrizitätslehre. Hier werden elektrische Ladungen und damit auch elektrische Ströme erläutert. Dabei wird die Elektronenvorstellung und die stufengerechte Kenntnis über den atomaren Aufbau der Materie erklärt. Dabei sind die Atome aus Elektronen mit negativer elektrischer Ladung und Atomkernen mit positiver elektrischer Ladung aufgebaut. Diese Vorstellung wird in der 9.Klasse im Chemieunterricht wieder aufgegriffen, um darüber den Atomaufbau und das Periodensystem einzuführen. Als Atommodell wird das Kern-Hülle-Modell erläutert. Hier wird eine Vorstellung von Elementarteilchen im Aufbau der Materie vermittelt. Es handelt sich jedoch um den Aufbau der Materie aus den Elementarteilchen Elektron und Proton sowie Neutron. Auch der Molekülbegriff ist unter anderem am Beispiel des Wassers H2O aus dem Chemieunterricht bekannt. Das Thema Wechselwirkung ist den Schülern nur unter anderem Namen, nämlich unter vielfältigsten Kraftwirkungen, bekannt. Diese Kräfte haben ihren Ursprung in Magneten, mechanischen Geräten, Menschen, der Erde oder sonstigen Dingen. Sie wirken immer zwischen zwei Wechselwirkungspartnern, es wird also in der 9.Klasse im Physikunterricht schon auf den Wechselwirkungsaspekt eingegangen. Die möglichen Wirkungen von Kräften sind zu diesem Zeitpunkt für die Schüler Bewegungsänderungen oder Verformungen, also makroskopisch beobachtbare Wirkungen. Weiter haben die Schüler die Vorstellung, das Kräfte eine Richtung, einen Betrag und einen Angriffspunkt haben, sich durch Pfeile darstellen lassen, und das sich die Kraftwirkung zweier Kräfte durch ein Kräfteparallelogramm in seinem Betrag und seiner Richtung bestimmen läßt. Zum Thema Radioaktivität wird die Vorkenntnis der meisten Schüler sich vermutlich auf öffentliche Medien beschränken, wenn überhaupt Kenntnisse zu diesem Thema vorhanden sind. Über den Aufbau der Atomkerne sowie die dort stattfindenden Reaktionen werden die Schüler aus dem Schulunterricht noch keine Kenntnisse mitbringen. Zum Thema der Strukturuntersuchungen kann man nur die strahlenoptische Vorkenntnis aus dem Physikunterricht der 8.Klasse voraussetzen. Dort wird Licht in Form von Lichtstrahlen mit geradliniger Ausbreitungsrichtung behandelt, eine Vorstellung, die aus dem Physikunterricht der 6.Klasse aufgegriffen wird. Optische Geräte zur Strukturuntersuchung wie Lupe und Lichtmikroskop werden durch ihren Aufbau und ihre vergrößernde Wirkung mit Linsen eingeführt. Die Vorstellung von Licht als aus Teilchen aufgebaut oder gar die von Licht als Welle ist noch in keiner Weise vorhanden. Die für die Dimensionsvorstellung wichtige Einführung der Potenzschreibweise wird im Mathematikunterricht meist in der 10.Klasse eingeführt, kann also schon als bekannt vorausgesetzt werden. Die Vorstellung von den Größen, d.h. ob etwas sehr klein oder sehr groß ist, muß jedoch erst aufgebaut werden. Das Leitthema der Sekundarstufe ist der Energiebegriff. Dieser wird ab der 6.Klasse systematisch aufgebaut. Für die Unterrichtseinheit relevante Energieformen, die als schon bekannt vorausgesetzt werden können, sind die der potentiellen Energie (Lageenergie), die der kinetischen Energie (Bewegungsenergie) und die der elektrischen Energie. Während die potentielle Energie als Produkt aus Gewichtskraft und Höhe eingeführt wird, wird die kinetische Energie nur phänomenologisch erklärt. Die elektrische Energie ist den Schülern als Produkt aus der Ladung und einer angelegten Spannung, in der die Ladung beschleunigt wird, bekannt. Weiter wissen die Schüler, daß verschiedene Energieformen ineinander umgewandelt werden können. Ziele der Unterrichtseinheit: 1. In dieser Unterrichtseinheit soll die Vorstellung vom Aufbau der Materie, die die Schüler zu diesem Zeitpunkt haben, in komplexere Strukturen erweitert werden. Sie sollen den Weg vom Aufbau der Materie in seiner baukastenartigen Anlegung nachvollziehen, von den Molekülen als größte Struktur bis hin zum Begriff der Quarks und Leptonen als Fundamentalteilchen. Dies dient dazu, daß die Schüler zu einem Zeitpunkt, an dem sie eventuell letztmals mit naturwissenschaftlichen Phänomenen in Berührung kommen, den bisherigen Weg zum Verständnis vom Aufbau der Materie bis zum heutigen Stand der Wissenschaft zu Ende gehen. Damit wird dieser Bereich, der bis dahin fächerübergreifend im Chemie- und Physikunterricht stufenweise motiviert und aufgebaut wurde, zu einem Abschluß gebracht. Den Schülern wird durch einen aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Aufbau der Materie und die Einführung der damit verbundenen Fachbegriffe ermöglicht, sich selbständig in öffentlichen oder fachlichen Medien weiterzubilden und die Entwicklungen in der weiteren Forschung in begrenztem Rahmen nachvollziehen zu können. 2. Aus diesem Grund wird in dieser Unterrichtseinheit der Begriff des Standardmodells der Teilchenphysik eingeführt. Zum einen kann der Aufbau der Materie eingebracht werden, zum anderen wird den Schülern eine einfache Vorstellung von der Welt mit den in ihr beobachtbaren Wechselwirkungen vermittelt. Dabei sollte versucht werden, den Schülern die Einfachheit des Standardmodells, aber auch seine Aufgabe als Modell zur Beschreibung beobachtbarer physikalischer Phänomene im Mikrokosmos zu beschreiben. Durch die Einführung dieses Themas wird den Schülern ermöglicht, den Materieaufbau aus den Elementarteilchen nicht als eine isolierte Wissenschaft anzusehen, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen diesen Materiebausteinen zu verstehen. Damit wird den Schülern der ganze Blick auf einen aktuellen Forschungsbereich der modernen Physik geöffnet. Zudem kann den Schülern auch auf Grund ihres bisherigen Wissensstandes nahegebracht werden, daß die Forschung immer einfachere und trotzdem themenumfassendere Modelle entwickelt, die bisher unzusammenhängend oder schwer erklärbare Phänomene elementar und übersichtlich zu erklären vermögen. In diesem Zusammenhang sollte jedoch nicht nur auf den Nutzen, sondern auch die Grenzen von Modellen in der Physik eingegangen werden. Damit kann man die Schüler über die wissenschaftliche Praxis der Modellentwicklung aufklären, ihnen aber auch aufzeigen, daß alle Modelle von Menschen geschaffen und zur Beschreibung von vielen physikalischen Phänomenen mit wenigen Grundregeln dienen. Auf diesem Wege könnte erreicht werden, daß den Schülern der Blick auf die Physik als Wissenschaft von Menschenhand mit allen Irrwegen und Fehlern geöffnet oder erweitert werden. 3. Um den Schülern einen Einblick in die Wege der modernen Physik und ihrer Forschungsmöglichkeiten zu vermitteln, wird der schon vorhandene Begriff des Lichtmikroskops zur Untersuchung von Strukturen aufgegriffen und bis zur Strukturuntersuchung von Materie mit Teilchenbeschleunigern erweitert. Dabei wird die bis dahin ausreichende Vorstellung von Licht als Lichtstrahl aufgegriffen und zur Teilchenvorstellung, d.h. daß Licht aus Photonen besteht, erweitert. Dadurch lernen die Schüler am Beispiel von Licht, daß es für verschiedene Betrachtungsweisen unterschiedlicher Phänomene wechselnde Modellvorstellungen gibt, die zur Erklärung von beobachtbaren Ereignissen herangezogen werden können. So reichte es für die Strahlenoptik aus, sich Licht als Strahl vorzustellen. Dies war aber eine Strukturuntersuchung modellhafte kleinerer Vorstellung. Strukturen zum Nun wird besseren für die weitere Verständnis die Modellvorstellung von Licht als Teilchen herangezogen. Auch an dieser Stelle können die Schüler also den Nutzen und die Einsatzmöglichkeit, aber auch die Grenzen von Modellen in der Physik kennenlernen. Hierbei wird vor allem klar, daß man im Falle von Licht nicht von „richtigen“ und „falschen“ Modellen sprechen kann. In diesem Fall ist die „Teilchenvorstellung“ aus der „Strahlvorstellung“ logisch über die Vorstellung eines Wasserstrahls, der aus vielen Wassertropfen, also Teilchen, besteht, ersichtlich. 4. Ein weiteres großes Thema der Unterrichtseinheit ist die Radioaktivität, die im Rahmen der Kernphysik eingeführt wird. Dieses Thema ist den Schülern vermutlich schon aus diversen Medien bekannt, daher bedarf es im Rahmen der Sekundarstufe I einer flächendeckenden Aufklärung. Da für viele Schüler der Physikunterricht nach der 10.Klasse endet, ist es wichtig, sie noch über die Themen Kernreaktionen, Kernkraft und daraus gewonnene Kernenergie, über Strahlenschutz und medizinische Einsatzmöglichkeiten ionisierender Strahlung aufzuklären. Der Aufklärungsbedarf ist um so mehr gegeben, da in den Medien häufig ein sehr negatives und damit angsteinflößendes Bild vom Thema Kernkraft verbreitet wird. Die Schüler sollen nach Behandlung dieses Themas fähig sein zur kritischen Auseinandersetzung und eigenen Meinungsbildung. Damit wird ihnen die Möglichkeit gegeben, nicht nur auf die Aussagen der Medien angewiesen zu sein, sondern diese kritisch zu beleuchten und somit eigenverantwortlicher Energienutzung im Rahmen von Kernenergie umzugehen. mit Themen wie Damit steht das Thema Radioaktivität stellvertretend für Unterrichtsthemen, die unmittelbar, aber auch zukünftig für die Lebenswirklichkeit der Schüler und späteren Mitgliedern der Gesellschaft wichtig sind und somit für die Gesellschaft notwendige, an sie gebundene Bildungsinhalte vermitteln. 5. Als weiterer neuer Lerninhalt der Unterrichtseinheit wird der Begriff der Massenenergie eingeführt. Er hat für den Energiebegriff als Leitmotiv für den Unterricht in der Sekundarstufe I eine relevante Bedeutung. Die Schüler lernen neben einer bekannten, für die Teilchenphysik relevanten Vorstellung einen Zusammenhang zu der bekannten Einsteinschen Formel E =mc² kennen. Hier wird also der Energiebegriff der Schüler erweitert sowie noch einmal die Möglichkeit der Umwandlung verschiedener Energieformen erläutert. DETAILÜBERSICHT: 1 THEMENEINFÜHRUNG: BEZÜGE DER TEILCHENPHYSIK ZUR LEBENSWIRKLICHKEIT DER SCHÜLER HERSTELLEN 1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Am Anfang der Unterrichtseinheit sollen die Schüler einen ersten Überblick über drei mögliche Problemstellungen zum Thema Teilchenphysik erhalten. Die Stunde soll als Einstieg und Motivation für die Auseinandersetzung mit dem neuen Unterrichtsthema dienen. 1.2 SACHANALYSE: Zu dem Thema Teilchenphysik hat man mehrere Einstiegsmöglichkeiten. Drei mögliche Themen sind die Strahlenbelastung bzw. Strahlung im allgemeinen und die Medizin als alltagsbezogene Themen sowie der Urknall als fundamentale Fragestellung. Alle drei Themen sollten einen Eindruck von den Möglichkeiten und Erkenntnissen bieten, die man im Rahmen der Unterrichtseinheit Teilchenphysik gewinnen kann. a.) Strahlung: Behandelte Strahlungsarten: 1.) Höhenstrahlung 2.) Radioaktive Strahlung 3.) Licht- und Röntgenstrahlung Zu: 1.) Höhenstrahlung: Die Höhenstrahlung bietet sich an, da dort aus der Primärstrahlung, hauptsächlich aus Protonen bestehend, eine Sekundärstrahlung aus vielen Teilchen entsteht, die man zu den Elementarteilchen zählen kann oder die zumindest aus ihnen zusammengesetzt sind. Als erste Sekundärteilchen entstehen meist aus dem Zusammenstoß eines Protons aus dem All mit einem Atom der Erdatmosphäre, bei dem das Proton mit einem Nukleon reagiert, über die starke Wechselwirkung Pionen. Es gibt also die Reaktionsgleichungen: p + p p + p + 0 p + p p + n + + p + p p + p + + + Ein Beispiel für die Reaktion auf der Quarkebene ist im folgenden angegeben: Die geladenen Pionen, und -, zerfallen über die schwache Wechselwirkung in Myonen und Neutrinos: Die Zerfälle auf der Quark-Ebene sind in folgenden Abbildungen zu sehen: Die Myonen, die bei den Zerfällen der geladenen Pionen entstehen, erreichen meist die Erde, daher kann man auf der Erdoberfläche auch sehr viele von ihnen messen. Sie zerfallen nach einer Zeit von 10-6 Sekunden über die schwache Wechselwirkung. Dabei zerfallen sie entweder in ein Positron oder ein Elektron und jeweils zwei Neutrinos. Als Beispiel ist in folgender Abbildung der Myonenzerfall dargestellt: Die elektrisch neutralen und so gut wie gar nicht reagierenden Neutrinos kann man jedoch bisher nur sehr schwer nachweisen. In den letzten Jahren ist dies jedoch in Japan mit sehr großen unterirdischen Detektoren gelungen, diese Neutrinos zu messen, und man konnte aus diesen Messungen Hinweise auf eine endliche Neutrinomasse erhalten. Das neutrale Pion zerfällt in zwei Photonen: 2 Kommt eines der Photonen in die Nähe eines Sauerstoffatoms oder anderer Objekte aus der Atmosphäre, so kann über Paarbildung ein Elektron-Positron-Paar erzeugt werden. Der Zerfall des neutralen Pions ist also verantwortlich für einen Schauer aus Positronen und Elektronen, die ihren Ursprung in der Höhenstrahlung haben und die Erdoberfläche erreichen. Zu: 2.) radioaktive Strahlung: Die radioaktive Strahlung war bisher im Lehrplan für die 10. Klasse als einziger Beitrag zur modernen Physik vorgesehen. Sie sollte auch wegen ihrer starken Medienpräsenz und dem bei den Schülern für dieses Thema bestehenden Interesses ein Teil der Unterrichtseinheit sein. Da es sich bei der radioaktiven Strahlung um Teilchenstrahlung handelt, paßt sie thematisch sehr gut in die Unterrichtsreihe. Die radioaktive Strahlung unterteilt man in und Strahlung. Um welche Art von Teilchen es sich bei den verschiedenen Strahlungsarten handelt, soll in diesem Zusammenhang noch nicht geklärt werden. Es sollten jedoch schon Begriffe wie Durchdringungsvermögen, Reichweite und elektrische Ladung erläutert sowie zu den einzelnen Strahlungsarten konkret genannt werden. Zu: 3.) Licht- und Röntgenstrahlung: Als Einführungsthema kann man in dem Bereich Strahlung die Licht- und Röntgenstrahlung als Teilchenstrahlung einführen. In diesem Zusammenhang muß jedoch die bis dahin bestehende Vorstellung der Schüler zur geometrischen Strahlenoptik modifiziert werden. Die Teilcheneigenschaft von Licht ist eine vollkommen neue und daher intensiv zu erklärende Neuheit für die Schüler, die jedoch erst später erklärt werden soll. Die Lichtstrahlung kann, genauso wie die Röntgenstrahlung als Strahlung aus Lichtteilchen, den sogenannten Photonen beschrieben werden. Dabei wird zwischen sichtbarem Licht als Teilchenstrahlung aus Photonen mittlerer Energie und Röntgenstrahlung als solche mit Photonen hoher Energie unterschieden, ohne auf die Welleneigenschaft einzugehen. Photonen werden als Teilchen eingeführt, ohne ihre Eigenschaften an dieser Stelle weiter zu erläutern. Dies soll erst im Laufe der weiteren Unterrichtseinheit geschehen. b.) Medizin: Aus dem Bereich der Medizin lassen sich zum einen die Anwendungen zur Behandlung von Krebs, zum anderen die Anwendungen zu Vorsorgeuntersuchungen für Krebs thematisieren. 1.) Krebsbehandlung: Hier kann man die Schwerionentherapie mit Kohlenstoffionen vorstellen. Bei dieser Therapie, die seit 1998 an der GSI, der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt, durchgeführt und erforscht wird, ist eine besonders hohe Effizienz in der Krebsbehandlung von Gehirn- oder Rückenmarkstumoren erzielbar. Die Ionen werden nach genauer Lokalisierung des Tumors mit genau der Energie ausgestattet, die sie benötigen, um möglichst ihre gesamte Energie im Tumor abzugeben. Dadurch wird nur der Bereich in Einschußrichtung der Ionen vor dem Tumor leicht belastet, gesundes Gewebe neben oder hinter dem Tumor erhält jedoch so gut wie keine Energiedosen. Damit ist diese Therapieform eine neue Anwendung des medizinischen Einsatzes von Teilchenstrahlung. 2.) Krebsvorsorge: Eine Methode zur medizinischen Anwendung in der Krebsvorsorge ist die Tomographie (Schichtaufnahmeverfahren). Ein Beispiel Tomography), hierfür ein ist der Verfahren SPECT zur (Single Photon Emission Computer Einzelphotonenemissionstomographie. Es handelt sich im Gegensatz zur Schwerionen-Therapie um ein Verfahren zur Diagnose, nicht zur Behandlung von Krebs. Dabei wird dem Patienten ein radioaktives Material verabreicht, entweder durch Einspritzen in den Blutkreislauf, oder durch Einatmen von mit radioaktiven Substanzen vermischten Gasen für Aufnahmen der Lunge. Von diesem geht dann eine Strahlung aus Gammateilchen aus, die gemessen werden können, und mit Hilfe eines Computers kann man dann dreidimensionale Bilder einzelner Körperregionen erstellen. Dazu kreist die Meßapparatur um den Menschen herum und macht aus allen möglichen Richtungen "Aufnahmen". Mit Hilfe des SPECT kann man z.B. das Herz oder Gehirn aufnehmen, den regionalen Blutfluß oder Stoffwechsel, aber auch Organfunktionen können untersucht werden.19 c.) Urknall: Der Urknall ist als fundamentale Frage nach dem Ursprung unseres Universums ein Punkt, der die Schüler interessieren wird. Genauso wie bei den Themen Strahlung und Medizin soll jedoch auch hier nur auf das WIE des Urknalls eingegangen werden. Man weiß heute in etwa, was ab 10-13 Sekunden nach dem Urknall geschah. Das ist die Situation, wie sie an großen Teilchenbeschleunigern simuliert werden kann. Weiter weiß man, daß das Universum 10 – 15 Milliarden Jahr alt ist und expandiert, was man an der Rotverschiebung von Galaxien in Abhängigkeit von ihrer Entfernung bei astronomischen Beobachtungen herausbekommen hat. Das wiederum führte die Wissenschaftler zu dem Schluß, daß sich das Universum zum Zeitpunkt des Urknalls auf einem begrenzten, sehr engen Raum befunden haben muß. Zu dieser Zeit gab es nur Energie, aus der sich dann bei der Expansion des Universums die heute bekannten Elementarteilchen bildeten. Dies war ab 10-35 Sekunden nach dem Urknall durch die Umwandlung von Energie in Materie möglich. Neben den heute bekannten Elementarteilchen hat es aber eventuell noch weitere Teilchen gegeben, die man bisher jedoch noch nicht gefunden hat. 19 Näheres siehe: MORNEBURG,H. (Hrsg.): Bildgebende Systeme für die medizinische Diagnostik. Publicis MDC Verlag, München, 1995., Seite 485 ff Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt vermutlich elektromagnetische, starke und schwache Kraft gleich groß. Diese vereinte Urkraft trennte sich möglicherweise etwa zu diesem Zeitpunkt in die verschiedenen fundamentalen Wechselwirkungen. Irgendwann zwischen 10-35 – 10-12 Sekunden entstand sich das für das heutige Aussehen des Universums wichtige Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie. Mit der Zeit entstanden immer komplexere Teilchenstrukturen, es bildeten sich Nukleonen, dann Atomkerne, gefolgt von den ersten Molekülen. Diese Entwicklung ging mit einer stetigen Expansion des Universums einher. 1.3 THEMENLERNZIELE Lernvoraussetzungen: Die Schüler müssen für den Beginn der Unterrichtseinheit keine Lernvoraussetzungen mitbringen. Zusätzliche Lernmaterialien: - Folie zur Entwicklung des Universums vom Urknall bis zur heutigen Zeit, wie sie nach dem heutigen Stand der Wissenschaft gesehen wird Themenlernziel: Die Schüler sollten am Ende dieses Themenabschnitts in groben Zügen wissen, was man heute über die Themen Urknall, Strahlung und Medizin weiß. Zum Thema Strahlung sollte man den Schülern ersichtlich machen, daß die Forscher die unerwartet unter anderem in der Höhenstrahlung auftauchenden Teilchen in eine Systematik bringen wollten, und das dies eine der Motivationen für weitere Forschungen war. Man kann den Schülern zur Erläuterung der Höhenstrahlung die relevanten Teilchen namentlich nennen, Primärstrahlung oder ohne die di Reaktionsgleichungen Eigenschaften der zur Teilchen Entstehung oder ihre aus Stellung der im Standardmodell einzuführen. An dieser Stelle ist die Einführung der Teilcheneigenschaft von Licht nötig, welche man als „neue“ Modellvorstellung von Licht einführen kann. In diesem Rahmen ist es sinnvoll, auf die Bedeutung des Begriffs „Modell“ im Bereich der Physik einzugehen. Dabei sollte den Schülern nahe gebracht werden, daß Modelle in der Physik entwickelt werden, um Naturgegebenheiten sinnvoll erklären zu können, und daß Modelle Grenzen haben können, die zeigen, wenn sie eventuell nicht anwendbar sind. Hierbei stellen offene Fragen Grenzen der Anwendbarkeit dar. Weiter sollten die Schüler zu diesem Thema die folgenden Eigenschaften der radioaktiven Strahlungsarten kennenlernen: aus welchen Teilchen die Strahlungen bestehen, d.h. welche elektrische Ladung, Masse, Reichweite in Luft und welches Durchdringungsvermögen bzw. Abschirmungsmöglichkeiten (Papier, Blei,...) sie haben. Im Folgenden eine kurze Auflistung: - - Strahlung besteht aus schweren, elektrisch positiv geladenen Teilchen, die in Luft eine Reichweite von einigen Zentimetern haben und schon von einem Platt Papier absorbiert werden. - - Strahlung besteht aus recht leichten, elektrisch negativ oder positiv geladenen Teilchen mit einer Reichweite von einigen Metern in Luft sowie einem Durchdringungsvermögen von einigen Zentimeter dicken Bleiplatten. - - Strahlung besteht aus masselosen, elektrisch neutralen Teilchen mit einer praktisch endlosen Reichweite in Luft und einem sehr hohen Durchdringungsvermögen. Bei den Gamma-Teilchen handelt es sich um Lichtteilchen, die sogenannten Photonen. In dem Zusammenhang mit der radioaktiven Strahlung müssen auch die Begriffe des Durchdringungsvermögens sowie der Reichweite von Strahlung erläutert werden. Als Reichweite oder mittlere Reichweite bezeichnet man die Strecke, nach die Intensität einer Strahlung um den Wert 1/e, bzw. auf 36,8% des anfänglichen Intensität abgefallen ist. Wie groß die Reichweite ist, hängt von dem Material ab, das durchdrungen wird. So kann man über sie auch eine Aussage über die Eindringtiefe in z.B. menschliches Gewebe ableiten, was für medizinische Zwecke oder aus Strahlenschutzgründen wichtig sein kann. Zum Thema Medizin sollten die Schüler über die Möglichkeiten von Teilchenstrahlung in der Medizin, speziell in der Krebsvorsorge und –therapie, Bescheid wissen. Dazu kann man die im Websystem angeführten Beispiele heranziehen, aber auch andere Behandlungsmethoden erarbeiten. Zum Thema Urknall ist es wichtig, daß die Schüler sich darüber bewußt werden, daß der Urknall der Anfang des Universums war, daß man heute weiß, daß das Universum punktförmig begann und sich immer weiter ausdehnt, welches Alter das Universum hat, und das es eine zeitliche Grenze gibt, bis zu der Wissenschaftler bisher das Universum erforscht haben. Den Schülern sollte im Zusammenhang mit der Teilchenphysik in diesem einführenden Teil der Unterrichtseinheit ebenfalls die Bedeutung des Urknalls als Ausgangspunkt einer Vielzahl von Teilchen nahe gebracht werden. Weiter sollte motiviert werden, daß es eine Modellvorstellung gibt, die die Situation des heutigen Wissensstandes recht gut erklärt, und das dieses Modell „Standardmodell der Teilchenphysik“ genannt wird. Dabei sollte erwähnt werden, daß es sich um ein Modell zur Erklärung des Aufbaus des Universums handelt, welches noch Fragen offen läßt. Diese und andere offene Fragen versucht man aber über das Standardmodell und andere Theorien hin zu einer „Theory of Everything“, kurz TOE, zu entwickeln. An dieser Stelle sollte jedoch noch nicht genauer auf Begriffe wie Materie, Antimaterie, einzelne Elementarteilchen, auf Größenordnungen und Struktur der Materie, auf die Entstehung der Materie, dem Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie sowie der Kräfte und auf das Standardmodell mit seiner Aussage eingegangen werden. Ob die drei Themen den Schülern wahlweise zum Ausarbeiten in kleinen Gruppen am PC im Websystem und eventuell anderen zusätzlichen Materialien wird, oder ob mit der ganzen Klasse nur eines der Themen ausführlich erarbeitet wird, hängt von der für die gesamte Unterrichtseinheit zur Verfügung stehenden Zeit, aber auch vom Arbeits- und Lernverhalten der Schüler ab. Man sollte in beiden Fällen aber darauf achten, daß alle Fragen der Schüler gesammelt werden, damit man sie an späterer Stelle im Unterricht wieder aufgreifen kann. Um die Motivation für die Unterrichtseinheit zu steigern, sollte aber an dieser Stelle keine der Fragen beantwortet und auf keine der Aussagen der Schüler eingegangen werden. Dadurch ermutigt man die Schüler zu mehr Beteiligung, da keine der Beiträge als „richtig“ oder „falsch“ gewertet wird, sondern jeder gleichberechtigt behandelt wird. 2 2.1 STRUKTUREN: UNTERSUCHUNGSMETHODEN DER TEILCHENPHYSIK BZW. MÖGLICHKEITEN ZUR STRUKTURUNTERSUCHUNG 2.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Bevor auf den Materieaufbau eingegangen wird, sollte den Schülern als erstes klar werden, wie die Untersuchungen in der Teilchenphysik möglich sind. Erst danach macht es Sinn, erste Blasenkammer- oder Detektorbilder zu zeigen, um den Schülern einen Eindruck zu vermitteln, wie die Untersuchungsergebnisse der Teilchenphysik in graphischer Darstellung aussehen. Damit stellt dieser Teil der Unterrichtseinheit den ersten Schritt in die Welt der kleinsten Teilchen dar. 2.1.2 SACHANALYSE: Zu Beginn dieses Teils sollte der Begriff des Elementarteilchens als eines Teilchens mit keiner inneren Struktur eingeführt werden. Unter einer inneren Struktur versteht man bei einem Teilchen, daß es aus kleineren Teilchen zusammengesetzt ist und sich bei Untersuchungen nicht als eine unteilbare Einheit erweist. Damit ist die wichtige begriffliche Unterscheidung zwischen Teilchen und Elementarteilchen aufgezeigt. Nun sollte den Schülern die Möglichkeit gegeben werden, die ihnen bekannten Geräte zur Untersuchung kleiner Teilchen zu nennen. Bei diesen wird es sich vermutlich in Bezug auf die geometrische Optik aus der Jahrgangsstufe 9 um die Lupe und das Mikroskop handeln. Nach der neuen Erkenntnis, daß Licht aus Photonen besteht, kann man nun mit den Schülern das Prinzip der Abbildung durch Licht aus Photonen herausarbeiten. Dazu wählt man am Besten das Auge und einen Gegenstand, den das Auge ansieht. Man kann den Schülern nun erklären, daß die Photonen wie kleine Bälle agieren, die auf den Gegenstand treffen und von diesem dann zum Auge reflektiert werden. Je nachdem, wie die Photonen das Auge erreichen, kann mit Hilfe des Gehirns ein Bild von dem Gegenstand aufgebaut werden. Auf die gleiche Weise funktioniert auch die Lupe und das Mikroskop, nur das dort die Richtung der Photonen noch durch Linsen verändert wird, um kleinere Gegenstände besser darzustellen. Wichtig ist es, den Schülern die Vorstellung von den „Wurfgeschossen“ zur Untersuchung von Gegenständen nahe zu bringen, wobei ihnen die Möglichkeit gegeben werden sollte, diese Gemeinsamkeit von Auge, Lupe und Mikroskop selber heraus zu finden. Im nächsten Schritt muß motiviert werden, daß man zur Untersuchung extrem kleiner Strukturen nicht nur kleine, sondern hochenergetische kleine Wurfgeschosse zur Strukturuntersuchung verwenden muß. Dabei kann man höherenergetischen Teilchen die Eigenschaften kleinerer Wurfgeschosse zusprechen und umgeht so die Einführung der Welleneigenschaften von Licht- und Materiestrahlung. An dieser Stelle kann nun das Elektronenmikroskop zur Untersuchung solcher Strukturen eingeführt werden, die mit dem normalen Lichtmikroskop nicht mehr auflösbar sind. Es sollte den Schülern das Prinzip erklärt werden, daß kleinere Wurfgeschosse die Möglichkeit ergeben, kleinere Strukturen zu untersuchen. Dazu bietet sich die Animation im Websystem an. Die Frage, warum hochenergetische Elektronen und keine hochenergetischen Photonen zur Untersuchung kleinerer Strukturen genutzt werden, kann man den Schülern leicht durch die elektrischen Fähigkeiten der Elektronen erklären. Den Schülern sollte bekannt sein, daß sich Elektronen von Magnetfeldern ablenken und von elektrischen Feldern beschleunigen lassen. Damit kann man erklären, daß sich Elektronenstrahlen leichter bündeln und so feine Strukturen gezielter abtasten lassen. Mit Photonen hätte man in dem selben Fall den Effekt, als würde man mit einem Elefantenfuß versuchen, Blindenschrift zu entziffern. Nachdem die Schüler den Zusammenhang zwischen höherer Teilchenenergie und damit verbundenem höherem Auflösungsvermögen begriffen haben, ist es leicht, den Teilchenbeschleuniger als „Mikroskop der Elementarteilchen“ einzuführen. Teilchenbeschleuniger: Nun ist es noch wichtig, die verschiedenen Arten von Teilchenbeschleunigern einzuführen. In allen Beschleunigeranlagen werden elektrisch geladene Teilchen als Untersuchungsobjekte verwendet. Dies liegt an ihrer Eigenschaft, durch elektrische Felder beschleunigt und durch magnetische Felder abgelenkt werden zu können. Die Teilchen werden in Teilchenpaketen (engl. bunches) in die Beschleuniger eingebracht, um eine möglichst hohe Rate an Experimentierergebnissen zu erzielen. In den Beschleunigern werden zwei verschiedene Untersuchungsrichtungen angestrebt: - Strukturuntersuchungen zur Erforschung des Aufbaus der Materie - Erzeugung und Untersuchung von Teilchen, die nicht in der Natur vorkommen, aber z.B. im Anfang des Universums existiert haben. Welche Art von Untersuchung stattfindet, hängt letztlich von den Untersuchungsteilchen, deren Energie im Teilchenstrahl sowie von dem Objekt ab, was untersucht werden soll. Mit beiden Arten von Untersuchungen versucht man den Aufbau und die Entwicklung des Universums und alle dort herrschenden physikalischen Phänomene zu erklären. Grob gesehen kann man zwischen Linearbeschleunigern und Ringbeschleunigern unterscheiden. Bei Linearbeschleunigern, auch „Linear Accelerator“ oder kurz „LINAC“ genannt, werden, wie der Name schon sagt, Teilchenpakete auf geraden Strecken beschleunigt. Dies geschieht durch ein Hochfrequenzfeld, d.h. die elektrisch geladenen Teilchen werden mittels eines hochfrequenten Wechselfeldes beschleunigt. Die Beschleunigungsstrecke steht hierbei nur einmalig zur Verfügung. Das hochfrequente Wechselfeld ist auch der Grund dafür, warum die Teilchen in Teilchenpaketen im Linearbeschleuniger laufen. Der Teilchenstrom ist im Takt der Hochfrequenz in entsprechend passende Pakete unterteilt und nicht kontinuierlich. Die einzelnen Teilchenpakete müssen entlang ihrer Flugrichtung fokussiert werden, damit sie in den Beschleunigungsstrecken nicht zu weit auseinander streuen. Daher werden zwischen den Beschleunigungsabschnitten Fokussierungen vorgenommen, meist mit Hilfe von Quadrupolmagneten. Weiter werden die Teilchenpakete in zusammengehalten, so daß die Teilchen ihrer Länge möglichst durch das gleichmäßige Wechselfeld Geschwindigkeit erhalten. Dies geschieht dadurch, daß zu schnell fliegende Teilchen im Wechselfeld abgebremst werden, während zu langsam fliegende Teilchen eine stärkere Beschleunigung erfahren. So kann man erreichen, daß sich alle Teilchen um eine mittlere Geschwindigkeit herum bewegen. Es gibt unterschiedlich aufgebaute Linearbeschleuniger für die verschiedenen elektrisch geladenen Teilchen, die in ihnen beschleunigt werden können. Für medizinische Anwendungen werden Protonen oder schwere Ionen beschleunigt, sonst werden meist Elektronen als Probeteilchen verwendet. Die Elektronen haben einen besonderen Status, da sie sich auf Grund ihrer verhältnismäßig geringen Ruhemasse von me = 0,511 MeV/c² sehr schnell auf nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen lassen. So beträgt der Unterschied zur Lichtgeschwindigkeit bei einer kinetischen Energie von 2 MeV nur noch ca. 2,1%. Daher wird für diese Teilchen ein anderer Beschleunigertyp verwendet als für die schwereren geladenen Teilchen. Der Elektronen-Linearbeschleuniger, der mit einer Höchstenergie von 52 GeV für die Elektronen der zur Zeit stärkste seiner Art ist, ist der 2 Meilen lange „Stanford Linear Collider“ (SLC) am „Stanford Linear Accelerator Center“ (kurz: SLAC). Es gibt aber auch Elektronen-Linearbeschleuniger mit wesentlich geringeren Energien. So werden solche mit Endenergien zwischen 30 – 50 MeV in der Medizin zur Krebsbehandlung bei Tumoren eingesetzt. Manche werden als Vorbeschleuniger für Elektronensynchrotrons eingesetzt werden. Sie haben Endenergien von ca. 100 MeV. Auf diese Art der Elektronen-Beschleuniger wird später noch einmal eingegangen werden. Beim Ringbeschleuniger werden die Teilchenpakete auf annähernden Kreisbahnen beschleunigt oder auch nur gespeichert werden. Im zweiten Fall spricht man daher auch von Speicherringen, da den Teilchen nur die durch z.B. Synchrotronstrahlung verloren gegangene Energie zugeführt wird, ohne sie weiter zu beschleunigen. So kann man die Teilchen über mehrere Stunden in der Beschleunigeranlage speichern und zu einer Vielzahl von Experimenten nutzen. Die Ringbeschleuniger sind so aufgebaut, daß es Beschleunigungsbereiche gibt, in denen die Teilchenpakete linear in einem Hochfrequenzfeld beschleunigt werden, und Ablenkbereiche, in denen die Pakete durch Ablenkmagnete auf Grund der Lorentzkraft annähernd auf eine Kreisbahn gebracht werden. Dabei muß die Stärke der Magnetfelder in den Ablenkmagneten genau auf die Geschwindigkeit bzw. den relativistischen Impuls der Teilchen abgestimmt sein, damit sie nicht „aus der Bahn geworfen werden“. Da sich aber auf den Beschleunigungsstrecken die Energie der Teilchen immer weiter erhöht, müssen Hochfrequenz- und Magnetfelder genau aufeinander abgestimmt sein. Hier spricht man von einem „Synchrotron“. In „magnetischen Fokussierlinsen“ werden die Pakete aus elektrisch geladenen Teilchen im Strahlengang gebündelt. Dies geschieht im allgemeinen durch Quadrupole. Bei höheren Teilchenenergien verwendet man zusätzlich Sextupolmagneten zur Stabilisierung des Teilchenstrahls sowie zur „Energiefokussierung“. . Speicherringe sind ähnlich wie Ringbeschleuniger aufgebaut. Der größte Speicherring der Welt befindet sich im CERN bei Genf. Der dort stehende Speicherring liegt ca. 100 m unter der Erdoberfläche, halb auf schweizerischen, halb auf französischen Gelände, und hat einen Umfang von 27 km. Bis zum Ende des Jahres 2000 wurden dort Elektronen gegen Positronen beschleunigt. In beiden Beschleunigerarten, Ultrahochvakuum herrschen, also damit Lineardie und Teilchen Ringbeschleuniger, nicht ständig ihre muß Energie ein an Gasmoleküle abgeben, aus dem Teilchenstrahl ausbrechen und so nicht für gezielte Teilchenkollisionen genutzt werden können. In den Linear- oder Ringbeschleunigern können zwei Arten von Experimenten vorgenommen werden: das „Fixed-Target-Experiment“ und das „Colliding-BeamExperiment“. Beim Fixed-Target-Experiment werden die im Beschleuniger auf hohe Energien gebrachten Teilchenpakete auf eine ruhende Zielscheibe (engl. target) geschossen. Dabei untersucht man entweder die Strukturen der Teilchen des Targets, oder man erzeugt durch eine Vielzahl von Reaktionen neue Teilchen, wobei diese neuen Teilchen durch die Umwandlung der Energien der Teilchen aus dem Teilchenstrahl in Masse entstehen. Beim Colliding-Beam-Experiment werden Teilchenpakete entgegengesetzt beschleunigt, auf hohe Energien und an gezielt ausgewählten Punkten zur Kollision gebracht. Auch hierbei kann man z.B. die Strukturen der Teilchen des einen Teilchenstrahls durch die Teilchen des anderen Teilchenstrahls untersuchen. Man kann aber auch durch die erzielbaren, sehr hohen Energien im Schwerpunktssystem diese Energien beider Teilchenstrahlen nutzen, um neue Teilchen zu erzeugen, die man dann auf ihre Eigenschaften und ihr Verhalten untersuchen kann. Es gibt vielfältige Kombinationsmöglichkeiten aus den oben genannten Unterscheidungen: a.) Fixed-Taget-Experimente bei Linearbeschleunigern: Hier wird eine Sorte von Teilchen, z.B. Elektronen, auf einer linearen Strecke beschleunigt und auf ein Target geschossen. Es findet mit jedem Teilchenpaket nur eine Kollisionsmöglichkeit statt. (Beispiele: seltene Kaonzerfälle am Fermilab, historisch: Struktur des Protons am SLAC) b.) Colliding-Beam-Experimente mit einem Linearbeschleuniger: Hier werden in einem Linearbeschleuniger das ständige Umpolen der elektrischen Felder der Beschleunigungsstrecken ausgenutzt, um dort Teilchen- und AntiteilchenPakete zu beschleunigen. Z.B. kann man hier Elektronen und Positronen auf einer gemeinsamen Strecke beschleunigen, um die beiden Teilchenstrahlen an einer Stelle durch Magnetfelder zu trennen und an einem anderen Punkt zur Kollision zu bringen. Dabei kann wiederum jedes Teilchenpaket nur einmalig genutzt werden. (Beispiel: SLC (Stanford Linear Collider) am SLAC) c.) Colliding-Beam-Experimente mit zwei Linearbeschleunigern: Man kann zwei Linearbeschleuniger so aufbauen, daß sich die Teilchenstrahlen beider Beschleuniger an einem Punkt treffen und zur Kollision kommen. Wieder findet nur eine Kollision pro Teilchenpaket statt. (Beispiel: TESLA als Projekt am DESY) d.) Fixed-Target-Experimente in Speicherringen: Die Teilchenpakete zirkulieren im Speicherring, und an fest vorgegebenen Stellen treffen sie auf Targets, einige der Teilchen reagieren mit dem Target, der Großteil passiert es jedoch und fliegt auf das nächste Target zu. (Beispiele: HERA-B und HERMES am Hera Ring bei DESY, LHC-B am LHC bei CERN) e.) Colliding-Beam-Experimente in Speicherringen mit Teilchenstrahlen aus Teilchen und Antiteilchen: Bei dieser Kombination nutzt man die entgegengesetzte elektrische Ladung und die gleiche Masse von Teilchen und Antiteilchen aus. Dies führt dazu, daß sie in den Beschleunigungsstrecken in den elektrischen Feldern entgegengesetzt beschleunigt und in den Ablenkbereichen der Magnetfelder entgegengesetzte Ablenkung erfahren. Damit kann man beide Teilchenstrahlen in einer Beschleunigungsröhre zirkulieren lassen und an Orten der Kollision in Detektoren Untersuchungen vornehmen. Diese Art von Experimentieranlage gab es z.B. am CERN in Genf mit dem LEP (Large Electron Positron Collider),in dem bis zum Ende des Jahres 2000 Elektronen und Positronen beschleunigt und zur Kollision gebracht wurden. Ein weiteres Beispiel ist das Proton- Antiproton- Experiment Tevatron am Fermilab. f.) Colliding-Beam-Experimente in Speicherringen mit Teilchenstrahlen aus Teilchen mit unterschiedlicher Masse und entgegengesetzter elektrischer Ladung oder gleicher Masse und gleicher elektrischer Ladung: In beiden Fällen braucht man zwei Röhren, da entweder auf Grund unterschiedlicher Masse oder auf Grund gleicher elektrischer Ladung ein Experiment in einer Röhre nicht möglich wäre. Jeder Teilchenstrahl wird in einer separaten Röhre beschleunigt, und an manchen Stellen werden die Röhren gekreuzt und dort die Teilchen dann zur Kollision gebracht. (Beispiel für den ersten Fall: Elektron- Proton am HERA; Beispiel für den zweiten Fall: Proton- Proton am LHC) 2.2 BETRACHTUNG VON TEILCHENSPUREN AUF BLASENKAMMER- UND DETEKTORBILDERN 2.2.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Nachdem den Schülern nun die Hintergründe und Möglichkeiten zur Strukturuntersuchung sowie zur Erzeugung und Untersuchung neuer Teilchen bekannt sind, kann man an dieser Stelle als erste Einführung Blasenkammerbilder vorführen, auf denen den Schülern Teilchenspuren gezeigt werden, ohne näher auf die Teilchen selber einzugehen. Um den Bereich der modernen Physik nicht zu vernachlässigen, sollten auch Detektorbilder als Computerauswertungsmöglichkeit gezeigt werden, wiederum ohne auf die Teilchen, deren Spuren man sieht, näher einzugehen. 2.2.2 SACHANALYSE: Nähere Informationen zu den Blasenkammer- und Detektorbildern kann man im Kapitel 5 im Zusammenhang mit den Wechselwirkungen nachlesen. 2.3 THEMENLERNZIELE Lernvoraussetzungen: Den Schülern muß vor dieser Unterrichtseinheit das Mikroskop mit seinem Strahlengang bekannt sein, um den Übergang vom Lichtstrahl zum Lichtteilchen vollziehen zu können. Weiter sollte den Schülern mindestens bekannt sein, daß elektrisch gleichnamig geladenen Teilchen gegenseitig abstoßen, ungleichnamig geladene Teilchen abstoßen. Den Schülern sollten die Begriffe der Kathode und Anode kennen. Für das Elektronenmikroskop müssen die Schüler wissen, daß magnetische Felder zur Fokussierung elektrisch geladener Teilchenströme geeignet sind, z.B. von der im Unterricht behandelten Braunschen Röhre oder dem Fernseher. In diesem Zusammenhang wird auch die Kenntnis der „Linke-Hand-Regel“ für die Ablenkung von Elektronen in magnetischen Feldern vorausgesetzt. Neben der ablenkenden Eigenschaft der Magnetfelder sollte für die Einführung des Teilchenbeschleunigers auch die beschleunigende Wirkung von elektrischen Feldern bekannt sein. Hier würde aber genauso wie für den Photoeffekt auch die Kenntnis über das Verhalten von Ladungen untereinander reichen. Den Schülern sollten Energiebegriffe wie Bewegungsenergie oder elektrische Energie bekannt sein. Zusätzliche Lernmaterialien: - Folien zum Lichtmikroskop - Folie zum Vergleich von Lichtmikroskop und Elektronenmikroskop - Folien zu Bildern aus dem Elektronenmikroskop Themenlernziel: Die Schüler sollten den Begriff des Elementarteilchens richtig verwenden können. Weiter sollte der Übergang zwischen der Strahlenvorstellung von Licht aus der geometrischen Optik zur Teilchenvorstellung von Licht als weitere Modellvorstellung des Lichts besonders gut erarbeitet werden, da die Schüler erstmals mit diesem Phänomen der Quantisierung des Lichtes konfrontiert werden. Man sollte die Teilcheneigenschaft jedoch nur als Tatsache einführen und sie über den Vergleich zum „Wasserstrahl aus Wassertropfen“ motivieren. Den Schülern sollte der Begriff der inneren Struktur eines Objekts verständlich werden. Hier kann man zur Veranschaulichung den Aufbau des menschlichen Körpers aus Zellen heranziehen, da diese Eigenschaft den Schülern aus dem Biologieunterricht bekannt sein dürfte. In diesem Rahmen kann man dann auch motivieren, daß eine Struktur immer bedeutet, daß es kleinere, abgeschlossene Bausteine eines vermeintlichen Bausteins gibt. Weiter sollte den Schülern klar werden, daß man für die Strukturuntersuchungen kleiner Strukturen immer Probeteilchen verwenden sollte, die kleiner sind als die Strukturen des Zielobjekts. Dies kann man schön an der Simulation des „Bären in der Höhle“ auf der Seite „Strukturen“ des Websystems veranschaulichen, wo die Probeteilchen unterschiedlich große Bälle, das Zielobjekt der Bär in der Höhle und die Strukturen die Körperformen des Bären sind. Daß man, wenn es keine kleineren Probeobjekte mehr gibt, was bei punktförmigen Probeteilchen wie Elektronen oder Photonen ersichtlich sein sollte, höherenergetische Teilchen nehmen sollte, kann man den Schülern an folgendem Beispiel erklären: Läuft man recht langsam durch einen fahrenden und daher wackelnden Zug und versucht man durch eine Türe zu gehen, kann es schon mal passieren, daß man die Tür nicht sofort oder nur mit Mühe trifft. Durch das eigene Schwanken, verursacht durch den Zug, „verwischt“ die Genauigkeit, mit der man die Türe treffen kann. Man hat zu wenig Energie, um die Türe zu treffen. Läuft man jedoch mit hoher Geschwindigkeit, also auch hoher Energie, durch den Zug, trifft man die Türe besser. Die Treffgenauigkeit hat durch die höhere Energie zugenommen. Über dieses Beispiel kann man abhängig von der Klassenstruktur und wieder der Zeitspanne, die man für diese Thematik zur Verfügung hat, die Ortsunschärfe bzw. das Auflösungsvermögen von Licht erklären und den Schülern in diesem Zusammenhang klar machen, daß Lichtmikroskope auf Grund dieses Phänomens nur bis zu 1600-fach vergrößern können. Man kann den Schülern, wenn man das Vorwissen und die Fähigkeiten für geeignet betrachtet, eventuell die Ortsunschärfe über die Formel r = h/mv für v<<c nahe bringen. Dies ist jedoch nicht für den weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit nötig! Nun werden Elektronenmikroskope ins Spiel gebracht, und den Schülern sollte klar werden, daß man aus Fokussierungsgründen hochenergetische Elektronen und keine hochenergetischen Photonen verwendet, da es für z.B. Röntgenstrahlung als Beispiel für hochenergetisches Licht keine Linsen gibt. Weiter sollten die Schüler das ungefähre Prinzip des Elektronenmikroskops, möglichst im Vergleich zum schon bekannten Lichtmikroskop, verstanden haben. Die Schüler sollten wissen, daß man für die Untersuchung von sehr kleinen Strukturen Teilchenbeschleuniger benutzt, in denen geladene Probeteilchen von elektrischen Feldern beschleunigt und von Magnetfeldern fokussiert und abgelenkt werden. In diesem Zusammenhang bietet sich die Simulation auf der Seite „Beschleuniger“ des Websystems an, auf der die Schüler durch das Umpolen der Batterien selber ein Teilchen „auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen“ können. Durch die Vorstellung von hintereinander geschalteten Batterien kann man die Art der Teilchenbeschleunigung am anschaulichsten darstellen, und durch die Simulation den Schülern einprägsam machen. An dieser Stelle sollten die Schüler auch auf der selben Websystemseite mit der Einheit Elektronenvolt eV vertraut gemacht werden. Dies ist für den späteren Materieaufbau wichtig, wenn man die Masse von Teilchen angibt. Eventuell kann man den Schülern noch einen groben Überblick über die verschiedenen Beschleunigerarten geben, vor allem dann, wenn man eine Exkursion zu einem Teilchenbeschleuniger geplant hat. In diesem Fall sollten die Schüler auch über an den verschiedenen Beschleunigerarten möglichen Experimente informiert werden sowie die für die Beschleuniger wichtigen Fachbegriffe einigermaßen sicher verwenden können. Den Schülern sollte bekannt sein, daß ein Teilchenbeschleuniger in der Teilchenphysik zwei wichtige Aufgaben übernimmt: die Untersuchung von vorhandener Teilchen und deren Strukturen sowie die Erzeugung neuer Teilchen und deren Untersuchung. 3 3.1 MATERIEAUFBAU: WEGE ZUR ERKENNTNIS ÜBER DEN MATERIEAUFBAU SOWIE AUFBAU DER MATERIE IN EINZELNEN STUFEN (VOM MOLEKÜL ZU DEN ELEMENTARTEILCHEN) 3.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Nun sollen die Schüler einen ersten systematischen Einblick in die Elementarteilchen erhalten, um die es ja in dieser Unterrichtseinheit geht. Dazu wird der Materieaufbau herangezogen. Damit behandelt man einen begrenzten Bereich des Standardmodells, nämlich die 1.Generation von Elementarteilchen. Dieser Bereich für die Schüler am eingängigsten, da er die vermutlich schon aus dem Chemieunterricht bekannte Vorstellung von Molekülen und Atomen aufgreift, um von da aus den Weg in die Welt der kleinsten Teilchen zu gehen. Damit wird mit diesem Teil der Unterrichtseinheit der erste Schritt zur Erklärung des Universums gemacht, bevor im übernächsten Teil auf die vier fundamentalen Wechselwirkungen eingegangen wird. 3.1.2 SACHANALYSE: Bevor man den Aufbau der Materie erarbeitet, sollte der wissenschaftliche Hintergrund erläutert werden, der zur Entdeckung des Materieaufbaus geführt haben. Dazu bietet sich die Entdeckung des Pions in der den Schülern unter Umständen schon bekannten Höhenstrahlung an. Als das Pion entdeckt wurde und in den Teilchenbeschleunigern weiter untersucht werden sollte, fand man eine Unmenge an neuen Teilchen, was den sogenannten Teilchenzoo begründete. Man verstand nicht, woher all diese Teilchen kamen und welcher Ordnung sie genügten. Bei dem Versuch, eine Ordnung zu finden, gelangte man zu der Vermutung, daß das Proton nicht punktförmig sei. Das vorher schon auf theoretischem Wege eingeführte Quarkmodell lieferte hier die Antwort, daß das Proton eine innere Struktur besitzen muß. Diese stellte sich auch für die Teilchen des Teilchenzoos heraus. Das Quarkmodell, zusammen mit den Leptonen und dreien der vier fundamentalen Wechselwirkungen entstand das Standardmodell, welches eine Ordnung in den Teilchenzoo brachte. Von da an wußte man, daß alle neu entdeckten Teilchen und ihr Verhalten mit 12 Teilchen, deren Antiteilchen sowie den drei fundamentalen Wechselwirkungen mit ihren Austauschteilchen erklärt werden können. Die Existenz der Antiteilchen waren in den 20er Jahren des 20.Jahrhunderts von Dirac vorausgesagt worden und in den 30er Jahren durch die Entdeckung des Positrons durch Anderson bestätigt worden. Die Materie besteht aus Teilchen, die bestimmte Massen und Ladungen haben. Es gibt jedoch auch Antimaterie, die aus Antiteilchen besteht, deren Masse der der jeweiligen Teilchen entspricht, die jedoch umgekehrte Ladungen besitzen. Dabei ist die Begriffsgebung für Materie und Antimaterie willkürlich, man bezeichnet die Teilchen, aus denen sich unsere Welt zusammensetzt, als Materie. Ein Teil der Materie ist aus Quarks zusammengesetzt. Der Name Quark wurde von einem der Entwickler des Quark-Modells, M.Gell-Mann, aufgebracht und ist aus einem Zitat aus Finnegans Wake von James Joyce entnommen. Alle Teilchen, die aus Quarks zusammengesetzt sind, werden als Hadronen bezeichnet. Sie unterliegen allen für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen, die weiter unten beschrieben werden: der starken, der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung. Man unterteilt die Hadronen in zwei Gruppen: die Baryonen und die Mesonen. Die Baryonen sind Kombinationen aus drei Quarks, die Mesonen solche aus zwei Quarks. In der Theorie des Standardmodells gibt es sechs verschiedene Sorten (Flavours) von Quarks: a) d (Down-Quark) b) u (Up-Quark) c) s (Strange-Quark) d) c (Charm-Quark) e) b (Bottom-Quark) f) t (Top-Quark) Diese Quarks werden in drei Familien unterteilt: Das d und das u gehören zur ersten Familie, das s und das c zur zweiten, und das b und das t zu dritten Familie. All diese Quarks haben keine ganzzahligen elektrischen Ladungen, sondern Drittelladungen der Elementarladung e. So haben das d, s und b eine elektrische Ladung von –1/3e, das u, c und t eine von +2/3e. Alle Quarks haben einen halbzahligen Eigendrehimpuls, den Spin ½. Damit zählen die Quarks zu den Fermionen. Im Gegensatz dazu werden Teilchen mit ganzzahligem Spin Bosonen genannt. Durch den halbzahligen Spin der Quarks ergibt sich als Charakteristikum für die Baryonen als Dreierkombination von Quarks ein halbzahliger, für die Mesonen als Zweierkombination von Quarks ein ganzzahliger Spin. Jedem Quark wird eine sogenannte Baryonenzahl20 von 1/3 zugeordnet. Diese Baryonenzahl ist unter anderem ausschlaggebend dafür, welche Teilchenreaktionen stattfinden können und welche nicht. Passend zur Baryonenzahl gibt es einen Erhaltungssatz, der besagt, daß bei allen Reaktionen, die durch die fundamentalen Wechselwirkungen hervorgerufen werden, die Baryonenzahl der Teilchen vor und nach der Reaktion erhalten bleiben muß. Näheres dazu weiter unten. Zu den sechs Quarks gibt es die entsprechenden Antiteilchen, die Antiquarks. Sie haben umgedrehte Eigenschaften wie die Quarks. Ihre Ladung ist jeweils entgegengesetzt, ihre Baryonenzahl ist –1/3, nur ihr Spin ist ebenfalls ½. Eine Übersicht über die Quarks und ihre Antiquarks gibt folgende Tabelle 21: Flavour Quarks Antiquarks Spin /(h/2) Ladung / e Baryonenzahl d (down) ½ -1/3 +1/3 u (up) ½ +2/3 +1/3 s (strange) ½ -1/3 +1/3 c (charm) ½ +2/3 +1/3 b (bottom) ½ -1/3 +1/3 t (top) ½ +2/3 +1/3 d -½ +1/3 -1/3 u -½ -2/3 -1/3 s -½ +1/3 -1/3 c -½ -2/3 -1/3 b -½ +1/3 -1/3 t -½ -2/3 -1/3 Aus den Quarks und den Antiquarks lassen sich verschiedenste Kombinationen bilden. Die Baryonen setzen sich aus drei Quarks, die Antibaryonen aus drei Antiquarks zusammen. Daraus erhält man für die Baryonen eine Baryonenzahl von +1, für die Antibaryonen eine von –1. Diese Baryonenzahlen müssen in möglichen Reaktionen bei den Reaktionspartnern vor und nach einer Reaktion immer erhalten bleiben. Die Mesonen setzen sich immer aus einem Quark und einem Antiquark zusammen, was zu einer Baryonenzahl von 0 führt. Diese Baryonenzahl haben alle Teilchen, die keine Baryonen sind! 20 Die Rolle der Baryonenzahl ist bis heute unverstanden, man stellt nur fest, daß sie erhalten ist. Sie ist eine Folge des Standardmodells. 21 Teilweise entnommen: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1435 Aus allen möglichen Kombinationen der Quarks setzen sich alle Teilchen zusammen, die in der Mitte des 20.Jahrhunderts als Teilchenzoo für Aufregung sorgten. Somit hat man eine einfach und schlichte Systematik in das anfängliche Durcheinander gebracht. 22 Für den Aufbau der Materie, der in der Unterrichtseinheit besprochen werden soll, sind jedoch nicht alle Quarks verantwortlich. Im wesentlichen sind nur das Up- und das DownQuark daran beteiligt. Aus ihnen setzen sich die Nukleonen wie folgt zusammen: - Proton: 2 Up-Quarks + 1 Down-Quark (uud) - Neutron: 1 Up-Quark + 2 Down-Quark (udd) Aus der Ladung der Nukleonen kann man leicht die elektrischen Ladungen der Quarks ableiten. Aus den Quarks kann man also die Bausteine für die Atomkerne zusammensetzen. Zum Aufbau der Materie fehlt jedoch noch eine weitere Gruppe von Elementarteilchen: Die Leptonen. Man unterteilt die sechs verschiedenen Leptonen genauso wie die Quarks in drei Familien. Zu der ersten Familie gehört das für den Aufbau der Materie elementar wichtige Elektron, aber auch das für Energie- und Impulserhalt beim radioaktiven Beta-Zerfall verantwortliche Elektron-Neutrino. Zu der zweiten Familie gehört das unter anderem in der Höhenstrahlung vorkommende Myon, das man als „schweren Bruder“ des Elektron bezeichnen kann, sowie das zugehörigen Myon-Neutrino. In die dritte Familie gehört das wesentlich schwerere, ebenfalls mit einer elektrischen Ladung von –1e versehene Tauon sowie das zugehörige Tauon-Neutrino. Zu jedem Lepton gibt es ein zugehöriges Antiteilchen, die Anti-Leptonen. Hierbei ist das Positron als das Antiteilchen des Elektrons das wohl bekannteste. Die Leptonen haben alle einen Spin von ½, damit zählen auch sie zu den Fermionen. Den Leptonen wird eine Leptonenzahl 23 L = 1 zugeordnet, den Anti-Leptonen die von L = -1. Diese ist für einen weiteren Erhaltungssatz der Teilchenphysik verantwortlich. Man beobachtete nämlich, daß manche Reaktionen nicht stattfinden, und führte die Leptonenzahl als eine Größe ein, die vor und nach einer Reaktion erhalten bleiben muß. Genauer muß sogar die Leptonenzahl für jede Familie erhalten bleiben. Dies ergibt Leptonenzahlen für elektronenartige, myonenartige und tauonartige Leptonen. Diese heißen dann Le, L und L. 22 Näheres dazu z.B. in: Frauenfelder/Henley: Teilchen und Kerne – Die Welt der subatomaren Physik. R.Oldenbourg Verlag, München; Wien: Oldenbourg, 1999. 23 Die Leptonenzahl ist ebenso wie die Baryonenzahl bisher nicht verstanden, man stellt ebenfalls fest, daß sie erhalten bleibt. Sie ist ebenfalls eine Folge des Standardmodells. Eine Übersicht über die Eigenschaften der Leptonen und Anti-Leptonen gibt folgende Tabelle: Teilchen Leptonen Anti-Leptonen Spin/ (h/2) Ladung / e Leptonenzahl L L Le L e- ½ -1 1 1 0 0 e ½ 0 1 1 0 0 ½ -1 1 0 1 0 ½ 0 1 0 1 0 ½ -1 1 0 0 1 ½ 0 1 0 0 1 e+ -½ 1 -1 -1 0 0 Anti-e -½ 0 -1 -1 0 0 -½ 1 -1 0 -1 0 Anti -½ 0 -1 0 -1 0 -½ 1 -1 0 0 -1 Anti -½ 0 -1 0 0 -1 Die Leptonen unterliegen nicht der starken, jedoch alle der schwachen Wechselwirkung. Die elektrisch geladenen Leptonen unterliegen zusätzlich noch der elektromagnetischen Wechselwirkung. Betrachtet man nun die Einteilung der Quarks und Leptonen in die jeweiligen Familien, so erkennt man, daß sich eine Familie nur durch ihre schwache Ladung unterscheidet. Zudem kommt in jeder Familie je ein Vertreter der jeweiligen elektrischen Ladung vor, d.h. bei den Quarks je ein Quark mit Ladung +2/3e und –1/3e, bei den Leptonen mit –1e und 0e. In folgender Tabelle sind die Massen- und elektrischen Ladungsangaben für die Teilchen aufgelistet24: Masse in leicht GeV/c² Quarks Leptonen Masse in Mittel GeV/c² Masse in Schwer GeV/c² Ladung/e u 0,004 c 1,2 t 174 +2/3 d 0,007 s 0,15 b 4,2 -1/3 e 0,0005 0,106 1,78 -1 e 2*10-9 <2*10-2 0 < < 2*10-4 Die Massenangaben für die Quarks sind nur grobe Abschätzungen, da man aus dem Grund, daß man Quarks nicht allein beobachten kann, diese nicht exakt bestimmen sondern nur abschätzen kann. Die Massen für die Neutrinos sind nur obere Grenzen. Die 6 Quarks und die 6 Leptonen sowie ihre Antiteilchen bezeichnet man als fundamentale, nicht weiter teilbare Elementarteilchen. Aus ihnen setzt sich die gesamte Materie zusammen. Für den Unterricht in der Sekundarstufe ist jedoch hauptsächlich die erste Familie, die Gruppe der leichten Teilchen, interessant, da sie in der uns umgebenden stabilen Materie vorkommen. Die aus dem Up- und dem Down-Quark aufgebauten Nukleonen und das Elektron bilden zusammen Atome, alle auf der Erde vorkommenden chemischen Elemente bilden. Die Atome verbinden sich wiederum zu Molekülen, die einen weiteren Aufbau der Welt ermöglichen. So ist eine für das Leben auf der Erde unverzichtbare molekulare Verbindung die des Wasserstoff und des Sauerstoffs zu Wasser, H 2O. Die Neutrinos sind nicht aktiv am Aufbau der Materie beteiligt, sie sind jedoch überall antreffbar, es gibt ca. 400 von ihnen pro Kubikzentimeter. Masseenergie: An dieser Stelle kann man durch die Kenntnis von Teilchen und Antiteilchen die wichtige Masseenergie einführen. 24 Teilweise entnommen: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1437 In Teilchenbeschleunigern werden die Teilchen sehr stark beschleunigt, daher wird eine relativistische Betrachtung der Energie der Teilchen nötig, die man jedoch im Unterricht vollständig umgehen kann. Betrachtet man ein beschleunigtes Teilchen als Massepunkt, so hat es eine Ruheenergie: E0 = m0c². Hierbei ist m0 die Ruhemasse des Teilchens. Die Gesamtenergie eines Teilchens ist: E ges Ekin E0 mc² Hierbei ist m die relativistische Masse: m = m0 (1 – (v/c)²)-1/2 Man sieht also, daß sich die Energie eine ruhenden Massepunktes von m0c² auf mc² erhöht, wenn man ihn beschleunigt hat. Genau dies geschieht in den Teilchenbeschleunigern mit den Untersuchungsteilchen. Man sieht also, daß die in ein Teilchen im Beschleuniger investierte Energie nicht nur als erhöhte Geschwindigkeit, sondern auch als Massezunahme des Teilchens auftritt. Dies liegt daran, daß für alle Teilchen die Lichtgeschwindigkeit eine obere, nicht erreichbare Grenze der ihnen möglichen Geschwindigkeit darstellt. Läßt man die Geschwindigkeit v immer näher an die Lichtgeschwindigkeit heranwachsen, erhöht sich die Masse des Teilchens immer mehr, so daß wiederum die Beschleunigungsmöglichkeit des Teilchens begrenzt wird. Diesen neuen Aspekt kann man den Schülern durch ein einfaches Experiment zur Energieerhaltung nahe bringen. Dazu ist es sinnvoll, die neue Einheit Elektronenvolt eV als die Energie einzuführen, die ein Elektron, daß die Elementarladung 1e hat, erhält, wenn es in einem elektrischen Feld der Spannung 1 Volt beschleunigt wird. Nun kann man sich folgenden Versuchsaufbau vorstellen: Ein Elektron und ein Positron (den Schülern als positiv geladenes Elektron vorzustellen) werden jeweils in vorgegebenen, gleich starken elektrischen Feldern beschleunigt und zum Zusammenstoß gebracht. Dabei entstehen zum Beispiel ein Proton und ein Antiproton. Diese bringe man durch zwei elektrische Felder zum Stillstand. An Hand der angelegten Spannung der Abbremsfelder, die man experimentell bestimmen kann, kann man auf die Energie der Protonen schließen. Wenn man nun vorgibt, daß sowohl Elektron als auch Positron vor ihrem Zusammenstoß die gleiche Energie von 1500 MeV hatten, und auf Grund der Impulserhaltung davon ausgehen kann, daß das entstehende Proton und Antiproton beide die gleiche Energie erhalten, reicht es aus, nur noch z.B. die Energieerhaltung zwischen dem Elektron und dem Proton zu betrachten. Das Elektron habe also in einem elektrischen Feld die Energie E = eU = 1500 MeV erhalten, d.h. man hat ein elektrisches Feld der Spannung 1500V als Beschleunigungsfeld. Mißt man nun die Spannung, die man an das Bremsfeld für das Proton anlegen muß, so kommt heraus, daß das Proton eine Energie von 562,2 MeV hatte. Nun kann man den Schülern die Frage stellen, wo denn die restliche Energie geblieben ist. Das Ergebnis lautet, daß sie in Form von Masseenergie m pc² = 938,3 MeV gespeichert ist. Diese Masseenergie entspricht der oben eingeführten Ruheenergie. Da aber ja nicht nur das Proton, sondern auch das Elektron eine Massen- bzw. Ruheenergie gehabt haben muß, und dies auch aus der Energieerhaltung abzuleiten ist, folgt, daß das Elektron eine Masseenergie von mec² = 0,5 MeV hatte. An einer späteren Stelle der Unterrichtseinheit, wenn diese Teilchen eingeführt werden, kann man auch noch + p die Pionenerzeugung in der Höhenstrahlung als Beispiel heranziehen: p E0kin + 938 MeV + 938 MeV p + n + + 938 MeV + 939 MeV + 139 MeV + (E0kin – 140 MeV) Man erkennt hier also, daß man nur die Formel: E ges Ekin E0 mc² braucht, also keine relativistische Betrachtung vornehmen muß. 3.1.3 UMSETZUNGSMÖGLICHKEIT IN DER SCHULE: Am Anfang wird der den Schülern aus dem Chemieunterricht bekannte Molekülbegriff aufgegriffen und der Aufbau von Molekülen aus Atomen erläutert. Danach wird geklärt, in wie weit den Schülern der Aufbau aus Atomen bekannt ist. Eventuell bietet sich der historische Irrweg an, daß man nach der Entdeckung der Ladungen innerhalb von Atomen davon ausging, daß die Ladungen in dem Atom wie Rosinen in einem Brötchen verteilt seien. Nun kann man an Hand des Rutherfordschen Streuversuchs erklären, wie man Genaueres über den Aufbau der Atome herausfand. Rutherfordscher Streuversuch: Rutherford beschoß eine sehr dünne Goldfolie mit -Teilchen, also Heliumkernen, und fand heraus, daß ein recht hoher Anteil der -Teilchen die Folie ungehindert passierte, manche jedoch reflektiert und manche sogar im 180°-Winkel zurückgeworfen wurden. Daraus schloß er, daß sich die Atome größtenteils aus leerem Raum mit einem massiven Punkt, dem Kern, zusammensetzen. Dies bestätigte sich in weiteren Versuchen. Heute weiß man, wie die Atome aufgebaut sind. Sie haben eine Größe in der Größenordnung von 10-10m. Weiter bestehen sie aus einem Atomkern, der mit einem Durchmesser in der Größenordnung von 10-14 m sehr viel weniger als 1% des Atomvolumens ausmacht, jedoch mehr als 99,9% der Atommasse in sich vereinigt, und der Atomhülle, in der die Elektronen enthalten sind. Im Rahmen der Sekundarstufe I ist es sinnvoll, in diesem Rahmen das Bohrsche Atommodell mit seinen Schalen als strahlungsfreie Elektronenbahnen einzuführen. Atomkerne sind aus den Protonen, die die positive elektrische Ladung des Atomkerns ausmachen, und aus den elektrisch neutralen Neutronen aufgebaut. Diese nennt man wegen ihrer Eigenschaft als Bausteine des Atomkerns (lat. nukleus) auch Nukleonen. Als nächstes wird auf die innere Struktur der Nukleonen eingegangen. Es sollte den Schülern erklärt bzw. in Erinnerung gerufen werden, daß in Teilchenbeschleunigern eine innere Struktur von bis dahin als elementar, d.h. als unteilbar angesehenen Teilchen entdeckt wurde. Auf diesem Weg fand man auch heraus, daß die Nukleonen ebenfalls eine innere Struktur besitzen, also aus noch kleineren Bausteinen aufgebaut sein mußten. Im Laufe der Jahre entwickelte man das Quarkmodell und fand damit heraus, daß auch die Nukleonen aus Quarks aufgebaut sind. Genauer sind sie aus zwei Arten von Quarks mit unterschiedlichen Eigenschaften aufgebaut: a) Das Up-Quark (kurz: u) mit der elektrischen Ladung +2/3e b) Das Down-Quark (kurz: d) mit der elektrischen Ladung –1/3e Diese Quarks haben als Drittelladungen der Elementarladung und bilden in folgenden Dreierkombinationen die Nukleonen: Proton: Neutron: 2 Up-Quarks + 1 Down-Quark 1 Up-Quark + 2 Down-Quarks (uud) (udd) Darüber kann man durch Lösung des folgenden Gleichungssystems die Ladungen der Quarks von den Schülern bestimmen lassen: Proton: +2/3e +2/3e –1/3e = 1e Neutron: +2/3e –1/3e –1/3e = 0 Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, daß man die Quarks nicht alleine beobachten kann, da sie immer in Paaren oder Dreierkombinationen auftreten. Warum dies so ist, kann man über die starke Kraft erklären, die erst später eingeführt wird. Da man sowohl bei den Elektronen der Atomhülle als auch bei den Quarks bisher keine innere Struktur erkennen konnte und es auch theoretisch sehr schwierig ist, sie aus noch kleineren Bausteinen zusammenzusetzen, hat man nun sehr wahrscheinlich die elementaren Bausteine der Materie gefunden. Nun ist es noch wichtig, die Antimaterie einzuführen. Sie setzt sich aus Antiteilchen zusammen. Diese Antiteilchen haben die gleichen Eigenschaften wie die Teilchen, nur ihre Ladungen, z.B. die elektrische Ladung, haben entgegengesetzte Vorzeichen. So gibt es z.B. zum Up-Quark mit der elektrischen Ladung +2/3e ein Anti-Up-Quark mit der elektrischen Ladung –2/3e. Analog gibt es ein Anti-Down-Quark mit der elektrischen Ladung von +1/3e. Aus diesen Anti-Quarks kann man Anti-Protonen und Anti-Neutronen zusammensetzen: Anti-Proton: (u,u,d) mit der elektrischen Ladung –1e Anti-Neutron: (u,d,d ) mit der elektrischen Ladung 0e Das Antiteilchen des Elektron-Neutrinos ist das Anti-Elektron-Neutrino. Wichtig ist hierbei die Schreibweise: Antiteilchen werden als Symbol des Teilchens mit einem Querstrich darüber geschrieben. Ein recht bekanntes Antiteilchen ist das des Elektrons: das sogenannte Positron. Es hat die elektrische Ladung von +1e und kommt z.B. bei der Paarbildung oder –vernichtung vor. Es hat wegen seiner großen Bedeutung auch ein eigenes Symbol erhalten: e+. Aus Anti-Proton, Anti-Neutron und Positron kann man die Antimaterie zusammensetzen, was in Laboratorien auch schon geschehen ist. Jedoch kann diese Antimaterie und auch die Antiteilchen in der Natur nicht lange existieren, da sie sich sofort mit der in der Umgebung vorkommenden Materie vernichten und zu Energie zerstrahlen würden. Unser Universum könnte aber genauso gut aus Antimaterie bestehen, für uns würden sich keine Unterschiede ergeben. Warum es heute ein Universum aus Materie gibt, und ob es irgendwo im All noch Ansammlungen von Antimaterie gibt, ist heute noch nicht geklärt. Da man heute davon ausgeht, daß es im Anfang des Universums ein Gleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie gegeben hat, muß dieses irgendwann „verschwunden“ und ein kleiner Materieüberschuß entstanden sein. Dieser entging der MaterieAntimaterie-Vernichtung und bildet unser heutiges Univerum. In diesem Zusammenhang man nun durch die Kenntnis von Teilchen und Antiteilchen die Masseenergie als Voraussetzung für die Erzeugung neuer Teilchen einführen, in dem man eine Energiebilanz, wie in der Sachanalyse zur Masseenergie beschrieben, vornimmt. Im Zusammenhang mit der Masseenergie sollten die Schüler wissen, daß es eine neue Energieform gibt, und das eine Energieumwandlung zwischen dieser Energieform und den schon bekannten Energieformen wie Bewegungsenergie und elektrischer Energie möglich ist. Weiter sollte den Schülern an dieser Stelle bewußt sein, daß sich die Gesamtenergie eines Elementarteilchens immer aus seiner Bewegungsenergie und seiner Masseenergie zusammensetzt, und daß alle Teilchen eine charakteristische Masseenergie haben. Es könnte sinnvoll sein, den Schülern das Aussehen von Blasenkammer- und Detektorbildern mit den Teilchenspuren darauf zu zeigen, um ihnen einen ersten Eindruck vom Aussehen dessen zu vermitteln, woraus die Teilchenphysik unter anderem ihre Erkenntnisse gezogen hat. Man kann diese Einführung jedoch auch erst nach dem Vorstellen der Materieaufbauteilchen machen, wenn die Schüler auch die Möglichkeit erhalten, selber Teilchenspuren zu identifizieren. Nimmt man nun noch aus Energiegründen, die erst im Zusammenhang mit dem radioaktiven -Zerfall offensichtlich werden, das Elektron-Neutrino als praktisch masseloses, elektrisch neutrales Teilchen hinzu, so hat man die 1.Teilchengeneration des Standardmodells zusammen. Man kann das Neutrino durch den Betazerfall mit folgender Energiebilanz motivieren: Emn Emp Ebp Eme Ebe Gleichheit herrscht, wenn das Neutrino keine Energie aufnimmt, sonst kann man auf die Existenz des Neutrinos schließen, und über die Ladungserhaltung auch auf seine elektrisch neutrale Ladung. 3.2 THEMENLERNZIELE: Lernvoraussetzungen: Den Schülern sollte aus dem Chemie- und früheren Physikunterricht die Teilchenvorstellung vom Aufbau der Materie bekannt sein. Sie sollten schon einmal gehört haben, daß es Moleküle gibt, die sich aus Atomen zusammensetzen, und daß sich die Atome ihrerseits aus einem Atomkern und Elektronen bilden. Weiter sollten die Schüler den Begriff der elektrischen Ladung kennen, der für die Einführung der Antimaterie als Unterscheidungskriterium für diese zur Materie von Wichtigkeit ist. Zusätzliche Lernmaterialien: - Folien mit Bildern Elektronenmikroskopaufnahmen - Folie zur Veranschaulichung der Quarkstruktur im ZEUS-Detektor, der bei HERA am DESY in Hamburg an einer Hadron-Elektron-Ring-Anlage steht (Folie 11) Themenlernziel: Als erstes sollte man den Schülern erläutern, daß die Untersuchungen zum Aufbau der Materie durch die Neugierde der Menschen begonnen wurde, und zu dem heutigen Wissensstand durch die endliche Ausdehnung des Protons und dessen weiterer Erforschung kam. Die Schüler sollten nacheinander die einzelnen Stufen des Materieaufbaus mit seinen Größendimensionen kennenlernen. Es sollten einzelne Schritte vom Molekül bis hin zu den Quarks, Elektronen und Neutrinos vollzogen werden. Dies kann man z.B. über die einzelnen Entwicklungsschritte, die historisch gemacht wurden, oder aber auch über die bei dem Thema „Strukturen“ eingeführten Geräte zur Strukturuntersuchung behandeln. Für die Schüler ist es hierbei nur wichtig, aus der Quarkfamilie das Up- und das DownQuark als Bausteine der stabilen Materie sowie aus der Familie der Leptonen nur die erste Generation, also das Elektron und das Elektron-Neutrino, ebenfalls wieder als Bausteine der stabilen Materie kennenzulernen. Den Schülern sollten die Eigenschaften der Masse bzw. der elektrischen Ladung der Teilchen bekannt sein sowie die Herleitung der elektrischen Ladungen der Quarks aus denen der Nukleonen, deren Bausteine sie sind. Für die Einführung der Atome mit ihrer Dimension der Größe kann man das Elektronenmikroskop mit möglichen Bildern von atomaren Strukturen nutzen. Für die Auflösung der atomaren Strukuren zu Atomkern und Atomhülle mit seinen Größenverteilung kann man den Rutherfordschen Streuversuch heranziehen. Hierbei kann man zur Verdeutlichung entweder den Versuch selber vorführen, oder die Simulation aus dem Websystem vorstellen. Weiter sollte man den Schülern erklären, daß es zwar die elektrisch negativ geladenen Elektronen in der Atomhülle und den elektrisch positiv geladenen Atomkern gibt, daß das Atom aber nach außen elektrisch neutral ist. An dieser Stelle sollte man erwähnen, daß dies eine Tatsache ist, die den Physikern nicht klar ist, da sie nicht selbstverständlich ist. Die Schüler sollen lernen, daß der Atomkern nicht der kleinste Baustein im Innern der Atome darstellt, sondern selber eine innere Struktur besitzt. Zur Entdeckung des Aufbaus der Atomkerne aus positiv geladenen Protonen und elektrisch neutralen Neutronen kann man die historischen Fakten nennen. Diese sind im Websystem oder in Kapitel 8 nachzulesen. Für die Einführung der Quarkstruktur der Nukleonen kann man das im Websystem vorgestellte Detektorbild zur Quarkstruktur und die mit der Entdeckung der Quarks verbundenen Teilchenbeschleuniger erwähnen. Wenn man an dieser Stelle oder schon früher beim Thema „Strukturen“ die Masseenergie eingeführt hat, kann man über den radioaktiven Betazerfall die Existenz von Neutrinos motivieren, um das vierte in der Materie enthaltene Elementarteilchen einzuführen. Weiter ist es sinnvoll, wenn die Schüler den Begriff der Antimaterie mit konkreten Inhalten füllen können. Es sollten ihnen die Antiteilchen der vier Grundbausteine als Teilchen mit gleicher Masse, jedoch entgegengesetzten Ladungen sowie deren Schreibweise bekannt sein. Es ist jedoch am sinnvollsten, nur die elektrische Ladung, die den Schülern schon bekannt sein sollte, als entgegengesetzte Ladung und damit als Unterscheidungsmöglichkeit von Materie und Antimaterie heranzuziehen. Dies gilt im besonderen Maße, da die Schüler an dieser Stelle auch noch keine anderen Ladungen kennen. Wichtig ist hierbei die Schreibweise: Antiteilchen werden im allgemeinen als Symbol des Teilchens mit einem Querstrich darüber geschrieben. Eine Ausnahme bildet das Positron e+. Der Aufbau der Umwelt aus Materie sollte den Schülern über das Argument nahegebracht werden, daß sich zwar manchmal auf natürlichem Wege Antiteilchen bilden, daß diese jedoch immer recht schnell mit irgendeinem passenden Teilchen der Umgebung reagieren und daher nicht lange „leben“. In diesem Zusammenhang kann man auch noch einmal das für das Aussehen der heutigen Welt so wichtige, bisher jedoch nicht verstandene Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im frühen Universum eingehen. Wenn die Unterrichtszeit es zuläßt, und es für die Schüler sinnvoll ist, kann man auch noch genauer auf die anderen Teilchen des Standardmodells, deren Eigenschaften und die Einteilung in die drei Generationen eingehen. Man kann in diesem Zusammenhang auch die Einteilung der Quarks in Verbindungen zu Baryonen oder Mesonen, die sich dann wiederum zum Begriff der Hadronen vereinigen, einführen sowie erwähnen, daß man Quarks nie alleine beobachten kann, wobei der Grund dafür erst später im Rahmen der Wechselwirkungen ersichtlich wird. Den Schülern sollten am Ende dieses Themenabschnitts folgende Punkte bekannt sein: - Die historischen Gründe für die Strukturuntersuchungen, die zur Erkenntnis über den Aufbau der Materie führten - Die Aufbaukette des Aufbaus der Materie: Molekül Atom Atomhülle (Elektronen) & Atomkern (Nukleonen) - Der Aufbau des Atomkerns aus Protonen und Neutronen sowie die elektrischen Ladungen der Nukleonen - Der Aufbau der Nukleonen aus Up- und Down-Quark sowie die elekrischen Ladungen der beiden Quarkarten - Die Eigenschaft der Quarks, nie alleine sondern immer in Zweier- oder Dreierkombinationen aufzutreten - Die Existenz des praktisch masselosen, elektrisch neutralen Elektron-Neutrinos kennen - Den Aufbau des Universums aus den Elementarteilchen Elektronen, Up- und DownQuark sowie Elektron-Neutrino kennen - Das Wissen, daß es zu jedem Elementarteilchen ein Antiteilchen gibt, das sich von dem Teilchen nur durch die umgedrehte elektrische Ladung unterscheidet, und daß man aus diesen Antiteilchen Antiatomkerne und Antiatome erzeugen kann, die sich jedoch mit der vorhandenen Materie durch Freisetzung von Energie sofort wieder vernichtet und daher in unserer normalen Umwelt nicht vorkommt 4 RADIOAKTIVITÄT: 4.1 DIE DREI STRAHLUNGSARTEN, IHRE EIGENSCHAFTEN, DIE NACHWEIS- UND UNTERSCHEIDUNGSMÖGLICHKEITEN SOWIE IHRE ENTSTEHUNG 4.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Nachdem der Aufbau der Materie geklärt ist, soll nun auf ein Thema eingegangen werden, das sowohl in der Teilchenphysik als Teilchenstrahlung als auch in der Kernphysik als Folge von Kernumwandlungen anzusiedeln ist. Mit der Radioaktivität geht man auf ein medienwirksames und für die Allgemeinbildung der Schüler wichtiges Thema ein, ohne die radioaktiven Prozesse im Standardmodell zu erklären. Darauf soll erst im Rahmen der Wechselwirkungen in Teil 5 eingegangen werden. Hier erfahren die Schüler jedoch schon die Grundlagen, die dann in diesem Bereich nur noch einmal aufgegriffen werden müssen. 4.1.2 SACHANALYSE: Unter Radioaktivität versteht man den Zerfall instabiler Kerne in leichtere, eventuell ebenfalls instabile Kerne unter Aussendung von Strahlung. Unter Strahlung versteht man in diesem Zusammenhang Helium-Kerne, Elektronen und Positronen sowie elektromagnetische Strahlung. Instabile Kerne, die unter Aussendung einer dieser Strahlungsarten zerfallen, nennt man radioaktiv. Man unterteilt die Strahlung in drei verschiedene radioaktive Strahlungsarten, die durch drei jeweilige Zerfälle der Kerne von Atomen hervorgerufen werden: - -Strahlung, die aus dem Alpha-Zerfall entsteht - -Strahlung, die aus dem Beta-Zerfall entsteht - -Strahlung, die aus dem Gamma-Zerfall entsteht Diese Einteilung nahm man vor, bevor bekannt war, daß die Teilchen der -Strahlung aus 4He-Kernen, die -Teilchen der -Strahlung aus Elektronen oder Positronen, und die Teilchen der -Strahlung aus energiereichen Photonen besteht. Der radioaktive Zerfall ist ein rein statistischer Prozeß. Dies sieht man daran, daß die Radioaktivität einer Substanz exponentiell abnimmt. Die Anzahl N radioaktiver Kerne in einer Substanz nach einer Zeit t kann man, wenn die Anfangszahl N 0 der radioaktiven Kern zum Zeitpunkt t=0 bekannt war, über folgende Formel berechnen: N = N0e-t Hierbei ist die sogenannte Zerfallskonstante. Ihr Kehrwert gibt die mittlere Lebensdauer an: Nach Ablauf der mittleren Lebensdauer ist die Anzahl der radioaktiven Kerne auf 37% ihrer ursprünglichen Anzahl gefallen. Ein weiterer wichtiger Wert ist die Halbwertszeit t 1/2. Sie gibt an, nach welcher Zeit die Anzahl der radioaktiven Kerne auf die Hälfte ihres Anfangswertes gesunken ist. Sie kann man aus der Formel für die Anzahl der radioaktiven Kerne berechnen, wenn man N = N0/2 und t = t1/2 setzt. Daraus erhält man für die Halbwertszeit: t1/2 = ln2 (Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1399) Die Halbwertszeit radioaktiver Stoffe ist sehr unterschiedlich. Sie kann von Bruchteilen von Sekunden bis zu 1016 Jahre betragen. Die SI-Einheit des radioaktiven Zerfalls ist Becquerel Bq: 1 Bq = 1 Zerfall/ Sekunde. Der Alpha-Zerfall Beim Alpha-Zerfall werden aus instabilen, sehr schweren Atomkernen Helium-Kerne oder -Teilchen mit Energien zwischen 4 und 7 MeV ausgesendet. Diese Alpha-Teilchen bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Bei dem Zerfall verringert sich die Massenzahl des Ursprungskerns um 4, seine Kernladungszahl um 2: A Z X ZA42Y 24 Der Alpha-Zerfall findet nur bei sehr schweren Kernen statt. Bei Kernen mit einer Massenzahl kleiner als 210 bzw. Kernladungszahlen kleiner als 84 kann aus energetischen Gründen kein Alpha-Zerfall mehr stattfinden. Dies liegt daran, daß die Masse des Kerns mindestens genauso groß wie die Summe der Massen seiner Zerfallsprodukte sein muß. Die Massendifferenz steht den Alpah-Teilchen als kinetische Energie zur Verfügung. Daß diese Massendifferenz nur bei sehr schweren Kernen zustande kommt, hat folgenden Grund: Bei leichten bis mittelschweren Kernen wird bei der Bildung der Atomkerne eine recht hohe Bindungsenergie beim Zusammenfügen der Nukleonen frei. Ebenfalls eine hohe Energie wird bei der Bildung von Alpha-Teilchen aus zwei Protonen und zwei Neutronen frei. Um diese vier Nukleonen jedoch aus dem Kern herauszulösen, muß erst mal die Bindungsenergie aufgewendet werden, mit der diese an den Ursprungskern gebunden sind. Diese ist bei leichten bis mittelschweren Kernen jedoch so groß, daß die freiwerdende Energie bei der Bildung des Alpha-Teilchens nicht ausreicht, dieses aus dem Kern zu befördern. Bei schweren Kernen nimmt die freiwerdende mittlere Bindungsenergie für jedes neue Nukleonen jedoch so weit ab, daß sie geringer wird als die Bindungsenergie bei Helium-Kernen. Daher muß für die Freisetzung der vier Nukleonen aus dem Ursprungskern weniger Energie aufgewendet werden, als bei der Bildung des Alpha-Teilchens frei wird. Diese Energie steht dem Alpha-Teilchen dann als kinetische Energie zur Verfügung. Ein Beispiel ist der Alpha-Zerfall des Thorium 232 in Radium 228: 232 Die Masse des 232 Th Ra + 4He. 228 Th beträgt 232,038124u, die des Ra beträgt 228,031139u, und die 228 Masse des He beträgt 4,002603u. Damit haben die Folgeprodukte zusammen eine Masse 4 von 232,033769u, was eine Massendifferenz von 0,004355u zum Ursprungskern ausmacht. Dies entspricht einer Ruhemassendifferenz von ungefähr 4,08 MeV, die fast komplett dem Alpha-Teilchen als kinetische Energie zur Verfügung steht. Die Alpha-Strahlung hat in Luft eine Reichweite von wenigen Zentimetern, wird jedoch schon von einem Blatt Papier vollständig absorbiert, hat also ein sehr geringes Durchdringungsvermögen. Beta-Zerfall Die einfachste Form des Beta-Zerfalls ist die eines freien Neutrons in ein Proton und ein Elektron sowie ein Antineutrino. Das Elektron wird hier Beta-Teilchen genannt. Dabei hat das Neutron eine Lebensdauer von ca. 15 Minuten. Bei diesem Prozeß wird eine Energie von 0,782MeV frei. Beim Beta-Zerfall innerhalb eines Kerns verändert sich im Gegensatz zum Alpha-Zerfall dessen Massenzahl A nicht, während sich beim -- Zerfall die Kernladungszahl Z um +1 verändert. Der Beta- -Zerfall tritt bei solchen Kernen auf, die zu viele Neutronen haben, um stabil zu sein. Die Reaktionsgleichung für diesen radioaktiven Zerfall lautet: A Z X Z A1Y 10e 00 e Würde sich die beim Zerfall frei werdende Energie gleichmäßig auf den Tochterkern sowie das Elektron verteilen, hätte das Elektron über die Energie- und Impulserhaltung eine festgelegte Energie. In Experimenten beobachtet man jedoch eine kontinuierliche Energieverteilung der Elektronen von 0 bis zur maximal verfügbaren Energie. (Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1400) Um diese Verletzung der Energieerhaltung auszuräumen, postulierte 1930 Wolfgang Pauli die Existenz eines sogenannten Neutrinos, das bei dem Beta-Zerfall mit emittiert wird und Träger der fehlenden Energie ist. Da das Elektron auch die maximal verfügbare Energie, die beim Zerfall frei gesetzt wird, erhalten kann, wurde dem Neutrino zunächst eine Ruhemasse von 0 zugeschrieben 25. Wegen der Ladungserhaltung muß es elektrisch neutral sein. 1956 gelang dann der experimentelle Nachweis des Neutrinos, so daß man den Beta-Zerfall folgendermaßen darstellt: 1 0 0 n11p 10e0 e Heute weiß man, daß es drei verschiedene Arten von Neutrinos gibt: das Elektron-Neutrino e (zum Elektron gehörend) sowie das dazu gehörende Anti- - Elektron-Neutrino das Myon-Neutrino (zum Myon, dem „schweren“ Elektron, gehörend) sowie das - Anti-Myon-Neutrino das Tau-Neutrino (zum Tau gehörend) sowie das Anti-Tau-Neutrino - Ein wichtiger -- Zerfall ist der des C, der zur Altersbestimmung organischer Stoffe 14 verwendet wird: 0 C147N 10e0 e 14 6 Die chemischen Eigenschaften des 14 C unterscheiden sich nicht von denen des C wird in den höheren Schichten der Erdatmosphäre durch den Beschuß des 14 C. Das 12 C mit 12 Teilchen der Höhenstrahlung erzeugt und von lebenden Organismen genauso wie das stabile C aufgenommen. Es herrscht ein Gleichgewicht zwischen dem 12 Stirbt der Organismus, wird kein weiteres Zerfall des C ein Ungleichgewicht zum 14 C und dem 14 C. 12 C mehr aufgenommen. Es entsteht durch den 14 C. 12 Man weiß, daß die Halbwertszeit beim -Zerfall des C 5730 Jahre beträgt. Daraus läßt 14 - sich dann das Alter des toten Organismus (bzw. wie lange er tot ist) berechnen. Weitere Beispiele für --Zerfälle sind: - Strontium 90 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 28 Jahren unter Freisetzung von maximal 0,55MeV in das stabile Yttrium 90: 90 38 25 0 0 Sr90 39Y 1e 0 e Seit 1998 gibt es Anzeichen, daß Neutrinos eine endliche, wenn auch sehr kleine Masse haben. - Blei 214 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 26,8 Minuten in das seinerseits ebenfalls über --Zerfall innerhalb von 19,8 Minuten zerfallende Wismut 214: 214 82 0 0 Pb214 83 Bi 1e 0 e Eine weitere Form des Beta-Zerfalls ist der +- Zerfall, bei dem ein Proton in ein Neutron und ein Positron sowie ein Neutrino umgewandelt wird. Diese Form des Beta-Zerfalls tritt bei Atomkernen auf, die zu wenige Neutronen bzw. einen Protonenüberschuß haben, um stabil zu sein. Bei dieser Form des Beta-Zerfalls wird die Kernladungszahl Z folglich um 1 erniedrigt, während die Massenzahl A gleich bleibt. Die Reaktionsgleichung für diesen radioaktiven Zerfall lautet: A Z X Z A1Y 10e 00 e Auch hier verteilt sich die freiwerdende Energie von 0 bis zur Maximalenergie gleichmäßig auf die Beta-Teilchen, also gibt es auch bei dieser Form des Beta-Zerfalls ein Neutrino, was für die Energie- und Impulserhaltung verantwortlich ist: 1 1 p01n 10e 00 e Beispiele für den +- Zerfall sind folgende: - Natrium 22 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 2,6 Jahren unter Freisetzung der Maximalenergie von 0,55 MeV in Neon 22: 22 11 - 22 Na10 Ne 10e 00 e Stickstoff 13 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 10 Minuten unter Freisetzung der Maximalenergie von 1,2 MeV in Kohlenstoff 13: 13 7 N 136C 10e 00 e Bei beiden Arten des Beta-Zerfalls werden sowohl die Elektronen als auch die Positronen als auch die Neutrinos erst beim Zerfall erzeugt und sind nicht schon vorher im Kern vorhanden. Die Reichweite von Beta-Strahlung ist in Luft einige Meter, und ihr Durchdringungsvermögen ist wesentlich höher als das der Alpha-Strahlung. Sie ist erst nach einer Aluminiumschicht von bis zu 4 mm vollkommen absorbiert. Gamma-Zerfall Der radioaktive Gamma-Zerfall findet bei angeregten Atomkernen statt, die unter Aussendung eines Photons, also eines Gamma-Teilchens, in ihren Grundzustand oder einen Zustand geringerer Energie übergehen. Im Gegensatz zum Alpha- oder Beta-Zerfall behält der Kern bei dieser Art des Zerfalls seine Massenzahl A und Kernladungszahl Z bei. Die Unterschiede der Energieniveaus im Kern liegen in den Größenordnungen von 1 MeV, so daß die Gamma-Strahlung in der Regel eine Wellenlänge in der Größe von 1 pm haben: hc 0,001240 MeVnm 1,24 pm E 1MeV Der Gamma-Zerfall ist eine Begleiterscheinung der anderen beiden Zerfallsarten, vollzieht sich aber meist sehr schnell. Dabei ist ein Kern über den Alpha- oder BetaZerfall in einen angeregten Tochterkern übergegangen, der unter Aussendung von Gamma-Strahlung in seinen Grundzustand übergeht. Die mittlere Lebensdauer angeregter Kerne ist sehr kurz. Es gibt aber auch sogenannte metastabile Zustände des Kerns eines Gamma-Strahlers, wo die mittlere Lebensdauer mehrere Stunden beträgt. Die Reichweite von Gamma-Strahlung ist praktisch endlos, sie verliert nur auf ihrem Weg Intensität. Ihr Durchdringungsvermögen ist recht hoch. Sie wird auch von dickeren Aluminiumschichten kaum merklich geschwächt. Nachweis- und Unterscheidungsmöglichkeiten der verschiedenen Strahlungsarten Geiger-Müller-Zählrohr Das wohl bekannteste Nachweisgerät ist das Geiger-Müller-Zählrohr. Dieses besteht aus einem zylindrischen, mit Edelgas bei vermindertem Druck gefüllten Rohr, in dem axial ein dünner Draht isoliert aufgespannt ist. Der Zylindermantel dient als Kathode, der Draht als Anode, und zwischen beiden liegt eine Spannung von einigen hundert Volt an. Die Höhe der Spannung ist entscheidend für das Verhalten des Zählrohrs beim Einfallen ionisierender Strahlung. Im Verhalten des Zählrohrs gibt es fünf verschiedene Bereiche, die von der angelegten Spannung und der von den ionisierenden Teilchen, z.B. Elektronen, erzeugte Ladung abhängen. Ladung Der Bereich I heißt Rekombinationsbereich. In diesem Bereich gelangen auf Grund von Rekombinationen nicht alle erzeugten Ionen zu den Elektroden. Die Anzahl der die Elektroden erreichenden Ionen steigt proportional zur Spannung. Im Bereich II, dem Sättigungsbereich, gelangen alle von den ionisierenden Teilchen erzeugten Ionen zu den Elektroden. Hier hat man einen sogenannten Sättigungsstrom erreicht, der für steigende Spannung konstant bleibt. Im Proportionalitätsbereich, dem Bereich III, werden auf Grund von Stoßionisation neue Ladungen erzeugt, deren Anzahl in gleichem Maße ansteigt, in dem die angelegte Spannung steigt. Man hat hier ein proportionales Wachstum der Ladungen in Abhängigkeit von der angelegten Spannung. Die Stoßionisation findet durch die bei der Primärionisation erzeugten Elektronen statt, die bei großer Spannung in der Nähe der Anode so stark beschleunigt werden, daß sie weitere Gasmoleküle ionisieren können. Damit die für diese Ionisationen verantwortlichen Elektronen sich nicht an elektrisch neutrale Teilchen anlagern, verwendet man Edelgase als Füllgase für die Zählrohre. Die primär erzeugte Ladung ist abhängig von der Energie der ionisierenden Strahlung, und die durch die sekundäre Ionisation erzeugte Ladung ist wiederum abhängig von der primär erzeugten Ladung. Dies bedeutet, daß man über ein im Proportionalitätsbereich betriebenes Zählrohr die Energie ionisierender Strahlung messen kann. Im Bereich IV, dem Auslösebereich, kann ein Zählrohr im eigentlichen Sinne verwendet werden. Es registriert die Anzahl der einfallenden Strahlungsteilchen, unabhängig von ihrer Energie. In diesem Bereich ist die Ladung unabhängig von den primär erzeugten Ionen, d.h. sie ist konstant. Die primär erzeugten Elektronen erzeugen durch Stoßionisation weiterhin Sekundärionen. Weiter regen sie Ionen zur Aussendung von Photonen an, die ihrerseits wieder Elektronen auslösen. Dies geschieht über den Photoeffekt. Über diesen Weg breitet sich eine an einer Stelle begonnene Entladung schnell über den gesamten Draht aus. In diesem Bereich sind alle Entladungen gleich, unabhängig von der Energie des Strahlungsteilchens. Daher werden nur die Teilchen, nicht ihre Energie gemessen. Das Zählvermögen des Zählrohrs wird durch die sogenannte Totzeit eingeschränkt. Diese beträgt ca. 10-4 Sekunden. Sie entsteht durch die Trägheit der positiven Ionen. Während die leicht beweglichen Elektronen schnell zur Anode wandern, können sich die positiven Ionen nicht so schnell zur Kathode bewegen und bilden so eine positive Ladungswolke um den Draht. Dadurch wird das bestehende elektrische Feld geschwächt, und es können keine weiteren Stoßionisationen mehr stattfinden. Dies bedeutet weiter, daß in der Zeit, die die positiven Ionen für ihren Weg zur Kathode brauchen, keine weiteren ionisierenden Teilchen mehr nachgewiesen werden können. Wird das Zählrohr mit noch höherer Spannung als im Auslösebereich betrieben, also im Bereich V, so findet eine dauerhafte Entladung des Zählrohrs statt, und es wird zerstört. Reichweite und Absorption der Strahlungsarten Zum Nachweis der Reichweite von Alpha-Strahlung kann man eine Wilsonsche Nebelkammer verwenden. Diese enthält mit Wasser- oder Alkoholdampf gesättigte Luft. Des weiteren werden durch ein elektrisches Feld alle Ionen, die als Ionisationskeime dienen könnten, entfernt. Bringt man nun ein radioaktives Präparat wie z.B. Radium in die Kammer und erniedrigt durch adiabatische Expansion plötzlich die Temperatur in der Nebelkammer, so sieht man vor dem dunklen Kammerboden ein Bündel gerader Spuren der Länge 4 – 7 cm, die vom Präparat ausgehen. Die vom Radium ausgehenden AlphaTeilchen bilden entlang ihres Weges Ionen und verlieren so Energie, die in Form von kinetischer Energie vorlag. Hält man nun ein Blatt Papier vor das Präparat und wiederholt man den Versuch, sieht man, daß die Alpha-Strahlung abgeschirmt wurde. Um die Reichweite und Absorption der anderen beiden Strahlungsarten nachzuweisen, bringt man ein Zählrohr in einem Abstand von dem Radiumpräparat an, in dem keine Alpha-Strahlung mehr nachgewiesen werden kann. Bringt man nun nacheinander dünne Aluminiumplatten zwischen Präparat und Zählrohr, stellt man fest, daß die vom Zählrohr gemessenen Impulsraten bis zu einer Aluminiumdicke von 3 mm stetig abnehmen, danach nahezu konstant bleiben. Damit hat man erkannt, daß die Beta-Strahlung schon von 3 mm dickem Aluminium absorbiert wird, während die Gamma-Strahlung bei dicker werdenden Aluminiumschichten schwächer wird. zwar exponentiell abnimmt, aber recht langsam Ladung radioaktiver Strahlung Eine weitere Eigenschaft der radioaktiven Strahlungsarten, ihre elektrische Ladung, kann man mit Hilfe eines Magnetfeldes bestimmen. Mißt man mit einem Zählrohr die Impulsraten eines in einem Kollimatorrohr befindlichen radioaktiven Präparates ohne Magnetfeld, hat man die größte Intensität in Richtung des Kollimatorrohres. Mißt man nun mit eingeschalteten Magnetfeld, so beobachtet man ein abgelenktes Intensiätsmaximum. Daraus kann man über die Lorentz-Kraft F = QvB auf die negative Ladung der Elektronen, also der Teilchen der Beta-Strahlung, sowie auf die elektrisch neutrale Eigenschaft der Gamma-Strahlung schließen, da sie vom Magnetfeld unbeeinflußt bleibt. Das Maximum der Intensität, daß durch die Beta-Teilchen entsteht, ist im Vergleich zu dem ohne Magnetfeld verbreitert, wodurch man über die Formel r = (mv)/eB für den Radius der Ablenkbahn geladener Teilchen im Magnetfeld auf die verschiedenen Geschwindigkeiten der Teilchen und damit auf ihre verschiedenen kinetischen Energien schließen kann. Damit kann man die Existenz des Neutrinos erklären, das für die Energieerhaltung verantwortlich ist. In diesem Versuchsaufbau werden keine Alpha-Teilchen nachgewiesen, da ihre Reichweite nicht groß genug ist, um vom Zählrohr nachgewiesen zu werden. Die zweifach positive Ladung der Alpha-Teilchen kann man ebenfalls durch Magnetfelder über die Lorentz-Kraft nachweisen. 4.2 STRAHLENSCHUTZ & STRAHLENWIRKUNG: STRAHLENWIRKUNGEN (GENETISCHE UND SOMATISCHE SCHÄDEN), STRAHLENSCHUTZMAßNAHMEN, EINSATZMÖGLICHKEITEN IONISIERENDER STRAHLUNG IN DER MEDIZIN 4.2.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Nachdem die Schüler nun die verschiedenen radioaktiven Strahlungsarten kennen, sollte nun der Bezug zu ihrem Leben aufgebaut werden. Dabei ist es wichtig, auf über die in den Medien hervorgehobenen Strahlenschäden und die Schutzmöglichkeiten vor Strahlenschäden einzugehen. So wird den Schülern ein sachlicher Umgang mit dem Thema Radioaktivität ermöglicht. In diesem Zusammenhang kann man auch auf die Nutzung radioaktiver Strahlung in der Medizin eingehen. Somit wird den Schülern an dieser Stelle nicht nur die schädigende, sondern auch die medizinisch nutzbare Wirkung radioaktiver Strahlung nahegebracht. Diesen Themenbereich vor der Behandlung von Kernkraftwerken zu bringen, ist deshalb sinnvoll, weil die Schüler sich nach dem Abbau emotional gesteuerter Ängste auf die Energieerzeugung konzentrieren und die verschiedenen Prozesse sachlicher betrachten können. 4.2.2 SACHANALYSE: Die biologische Wirkung ionisierender, also radioaktiver Strahlung sowie Neutronen- und Röntgen-Strahlung, wird durch die Folge von Ionisationen und Anregung von Biomolekülen sowie die Radikalenbildung (Dissoziation) bestimmt. Diese findet durch Elektronen statt, die über Compton- und Photoeffekt aus Photonen entstehen. stark Wechselwirkung: elektromagnetisch Kernreaktion Ionisation Comptoneffekt Photoeffekt --- ---- X X /e- --- X --- --- X X --- --- n X --- --- --- Prozeß: Den größten Beitrag zur Energieaufnahme und damit zur biologischen Strahlenwirkung haben die Comptonelektronen, die durch den Comptoneffekt entstehen. Schon wenige Ionisationen an besonders kritischen Stellen innerhalb der Zellen können für diese folgenschwere Schäden bis hin zur Teilungsunfähigkeit hervorrufen. Auf ihrem Weg durch Gewebe machen die Elektronen ca. 10000 Ionisationen pro cm. Die wichtigsten Absorber in der Medizin sind die Zellen menschlichen Gewebes mit einer Ordnungszahl bis zu 8. Die wichtigsten Absorber im Strahlenschutz sind Elemente mit Ordnungszahlen zwischen 74 und 92 (z.B. Wolfram, Blei, Uran). Die Wirkung ionisierender Strahlung wird durch die Energie ausgedrückt, die ein bestrahlter Körper absorbiert. Diese Größe nennt man Energiedosis D = dE/dm. Dabei bezeichnet dE die mittlere Energie, die auf das Volumenelement dV mit der Masse dm = dV übertragen wird. Hierbei ist die Dichte des bestrahlten Materials. Die SI-Einheit der Energiedosis ist Gray: 1Gy = 1 J/kg. Die Energiedosis ist jedoch nicht allein ausschlaggebend für die biologische Wirkung ionisierender Strahlung. Auch die Wirksamkeit ist wichtig. So ionisieren Alpha-Teilchen wesentlich wirksamer, da sie auf Grund ihrer langsamen Geschwindigkeit die Ionisationen in sehr viel kleineren Abständen erzeugen als die wesentlich schnelleren Beta-Teilchen. Daher unterscheidet man zwischen locker ionisierender Strahlung (Photonen (auf indirektem Weg durch sekundäre Elektronen), Beta-Teilchen aus dem radioaktiven Zerfall, Elektronen) und dicht ionisierender Strahlung (Alpha-Teilchen, Protonen). Ein Teilchen der dicht ionisierende Strahlung kann seine gesamte Energie oft schon an eine einzige menschliche Zelle abgeben, da es nur eine sehr geringe Reichweite hat. Aus diesem Grund ist die Äquivalentdosis H = qD eingeführt worden. Hierbei ist D die Energiedosis, und q ist ein Qualitätsfaktor für die ionisierende Strahlung. Er wird auch RBW-Faktor (für relative biologische Wirksamkeit) genannt und wurde für Zwecke des Strahlenschutzes eingeführt. Er gibt die unterschiedliche biologische Wirksamkeit der verschiedenen Strahlungsarten an. Für Photonen und Elektronen beträgt er 1, für Neutronen um 10 und für Alpha-Teilchen liegt er in der Größenordnung von 20. Die SI-Einheit der Äquivalentdosis ist Sievert: 1Sv = 1 J/kg. Als Ganzkörperdosis bezeichnet man den Mittelwert der Äquivalentdosen von Kopf, Rumpf, Oberarmen und Oberschenkeln bei einer homogenen Ganzkörperexposition (s.u.). Als eine Teilkörperdosis bezeichnet man die Äquivalentdosis, die über das Volumen eine Organs, eines Teilorgans oder die Fläche einer strahlenexponierten Haut gemittelt wurde. Strahlenschutz: Unter Strahlenschutz versteht man alle Voraussetzungen und Maßnahmen, die dem Schutz des Menschen vor der Wirkung ionisierender Strahlung dienen. Nicht enthalten ist hierbei der Schutz vor nichtionisierender Strahlung, z.B. UVStrahlung. Der Strahlenschutz bezieht sich zum einen auf Einzelpersonen, bei denen somatische Schäden vermieden werden sollen, zum anderen auf den Strahlenschutz der gesamten Bevölkerung, bei der somatische sowie genetische Schäden vermieden werden sollen. Die Strahlenschutzverordnung enthält im wesentlichen: - Überwachungsvorschriften (z.B. Umgangsgenehmigungen, Transportvorschriften für radioaktive Stoffe, Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen usw.) - Schutzvorschriften (z.B. Strahlenschutzgrundsätze, Strahlenschutzbereiche und Dosisgrenzwerte, Anwendungen radioaktiver Stoffe in der Medizin usw.) Unter einer Strahlenexposition (veraltet: Strahlenbelastung) versteht man jeden Vorgang, bei der eine Person eine Körperdosis erhält. Die natürliche Strahlenexposition entstammt der natürlichen Umgebung des Menschen. Die zivilisatorische Strahlenexposition kommt von der durch den Menschen künstlich erzeugten Strahlung. Weiter unterscheidet man zwischen interner (durch Inhalation oder durch Aufnahme von Lebensmitteln und Wasser) und externer (z.B. kosmische oder terrestische Strahlung) Strahlenexposition. Eine weitere Unterscheidung in der Strahlenexposition wird im Bereich der Teil- und Ganzkörperexposition vorgenommen. Der veraltete Begriff der Strahlenbelastung ist heute aus psychologischen Gründen nicht mehr erwünscht. Außerdem ist er irreführend, da nicht jede Strahlenexposition gleichwertig ist mit einer tatsächlichen Schadensbelastung des bestrahlten Individuums. Strahlenschäden und Einsatzmöglichkeiten in der Medizin: Als Strahlenschäden bezeichnet man die Gesamtheit aller krankhaften Reaktionen des menschlichen Körpers sowie genetische Veränderungen nach der Einwirkung ionisierender Strahlung. Die Schäden können sofort oder nach einiger Zeit auftreten, daher unterscheidet man zwischen Früh- Definitionen: und Spätschäden. Dabei gelten im Strahlenschutz folgende Als Frühwirkungen bzw. –schäden bezeichnet man solche Wirkungen, die innerhalb eines Jahres auftreten. Als Spätwirkungen bzw. –schäden bezeichnet man die somatischen Schäden, die erst nach Jahresfrist erkennbar sind, unabhängig vom Auftreten eventueller Frühwirkungen. Bei Spätschäden handelt es sich meistens um die Umbildung, Funktionsverlust und Zerfall von Gewebe, um Gewebestrukturveränderungen (Bindegewebswucherungen, Verengungen, Verhärtungen) sowie um den Gewebetod. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Strahlenwirkungen: 1. Stochastische Strahlenwirkung („zufällige“ Strahlenschäden): „Stochastische Strahlenwirkungen sind solche, bei denen die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Strahleneffekt, nicht aber dessen Schweregrad von der Energiedosis abhängt.“ (Definition laut ICRP (International Commission on Radiological Protection)) Sie führen zu Veränderungen einzelner Körper- oder Keimzellen (sogenannte Mutationen), die genetische Schäden oder Krebsinduktion zur Folge haben können. Die folgenden Erbschäden können dominant (d.h. unmittelbar beim betroffenen Individuum) oder rezessiv (d.h. eventuell erst nach einigen Generationen bzw. hunderten von Jahren) auftreten. Mögliche Schäden sind: Mongoloismus, Sterilität, Immunschwächen, Mißbildungen. Zu den stochastischen Schäden zählen laut des ICRP auch embryonale Entwicklungsanomalien (z.B. Entwicklungsstörungen des zentralen Nervensystems). Damit gehören die genetischen Wirkungen zu den stochastischen Strahlenwirkungen. Man beobachtete an den Opfern der Atombombenwürfe in Hiroshima und Nagasaki, das sich durch Äquivalentdosen von 1 – 2 Sv die Wahrscheinlichkeit für eine Tumorbildung gegenüber einer Nichtbestrahlung verdoppelt. Man geht davon aus, daß Ähnliches auch für genetische Erbschäden gilt. Weiter hat man jedoch auch beobachtet, daß geringe Dosen mit einer entsprechend geringeren Wahrscheinlichkeit die Bildung von Krebstumoren begünstigen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Strahlenschaden unterliegt, wie der Name schon andeutet, den Gesetzen der Statistik. Das bedeutet, das selbst bei kleinen Dosen Schäden auftreten Schwellendosis gibt. können, und das es für stochastische Schäden keine 2. Nichtstochastische (deterministische) Strahlenwirkung: „Nichtstochastische Strahlenwirkungen sind solche, bei denen der Schweregrad des Strahlenschadens eine Funktion der Dosis ist. Bei vielen nichtstochastischen Wirkungen besteht eine Dosisschwelle, unterhalb derer keine Symptome auftreten.“ (Definition laut ICRP) Die nichtstochastische Strahlenwirkung tritt nur direkt beim bestrahlten Individuum auf. Sie können sofort oder nach einer bestimmten Latenzzeit zum Tod führen, d.h. die Strahlenkrankheit und der Strahlentod gehören zu den nichtstochastischen Strahlenwirkungen. Alles in allem bezeichnet man die somatischen Wirkungen als zu den deterministischen Strahlenschäden gehörend. Über diese akuten Strahlenschäden weiß man, daß eine Dosis unter 0,25 Sv im allgemeinen keine akuten Schäden hervorruft. Dosen von über 1 Sv beeinträchtigen dagegen z.B. die blutbildenden Organe, und solche über 5 Sv führen normalerweise innerhalb kürzester Zeit zum Strahlentod Wie die obige Definition aussagt, hängt das Ausmaß des Strahlenschadens von der Strahlendosis ab. D.h. es existiert eine Schwellendosis, die von der Strahungsart, der biologischen Wirksamkeit und einer Reihe anderer Parameter abhängt. Nichtstochastische Strahlenwirkungen an erkranktem Gewebe sind in der Medizin das Ziel der therapeutischen Anwendung ionisierender Strahlung. Der zeitliche Verlauf der Strahlenwirkung in einer menschlichen Zelle sieht folgendermaßen aus: 1. physikalische Phase: Diese Phase umfaßt eine Zeitspanne von 10 -16 – 10-13 Sekunden nach einer Bestrahlung, was der ungefähren Transferzeit der Strahlungsquanten durch die entsprechenden bestrahlten Strukturen entspricht. In dieser Zeit kommt es zu primären Wechselwirkungen der Strahlungsquanten mit den Atomen oder Molekülen des bestrahlten Organismus, in der Regel verbunden mit einer lokalen, teilweisen Strahlenenergieabsorption. Das Ergebnis sind ionisierte oder angeregte Atome bzw. Moleküle, was wiederum die Radikalenbildung zur Folge hat. Man spricht hier von direkter Strahlenwirkung. 2. physikalisch-chemische Phase: Diese Phase umfaßt 10-13 – 10-2 Sekunden nach einer Bestrahlung, was der Zeitspanne des thermodynamischen Ausgleichs entspricht. Dieser Ausgleich läuft entweder durch intramolekulare Absorptionsenergie innerhalb eines Energiewanderung Biomoleküls, (Weitergabe Energieleitung) oder der durch intermolekulare Energieweitergabe (Ausgleich zwischen verschiedenen Molekülen, z.B. durch Stöße). Der intermolekulare Energieausgleich findet vor allem durch Ausbildung und Diffusion von Wasserradikalen statt, die wiederum mit Biomolekülen wechselwirken und dort Radikale bilden. In dieser Phase finden molekulare Veränderungen der in der Zelle vorhandenen Biomoleküle statt. Man spricht hier von der indirekten Strahlenwirkung. 3. biologische Phase: Diese Phase umfaßt die große Zeitspanne von 10 -2 Sekunden bis zu Jahren nach einer Bestrahlung. Bis der thermodynamische Ausgleich vollkommen vollzogen ist, wird die intramolekulare Energieleitung und die Diffusion von Bioradikalen fortgesetzt. Dadurch kommt es zur Beeinflussung des Zellstoffwechsels und zur Modifikationen der Erbsubstanz der Zellen. Weiter entstehen submikroskopische oder sichtbare Schäden an den Zellen und ihren Organellen. Als Schäden können auftreten: - Kern- und Zellmembranzerstörung - Chromosomenbrüche - Ringchromosomenbildung - Unsichtbare Veränderungen wie Mutationen der Erbsubstanz Manchmal werden die Schäden vom Körper selbständig repariert. Ist dies nicht der Fall, können nicht reparierte Schäden folgende Reaktionen haben: - Erzeugung von Mutationen (Erbgutveränderungen) - Chromosomenabberation (sichtbare Chromosomenveränderungen) - Zellteilungshemmungen (Mitosehemmungen) - Stoffwechselveränderungen in der Zelle - Zerstörung oder Veränderung von Membranen oder Zellorganellen - Zelltod Manchmal ist der menschliche Organismus in der Lage, durch eigenen Reparaturmechanismen Strahlenschäden zu beheben. Die Fähigkeit dazu hängt unter anderem ab von der Zellzyklusphase, dem Energiegehalt in der Zelle und der Konzentration der Reparaturenzyme im Zellplasma. Diese möglichen Reparaturen setzen unmittelbar nach Entstehung des Strahlenschadens ein und können nach wenigen Minuten oder Stunden beendet sein. Manche Reparaturmechanismen setzen aber auch erst nach einmaliger Zellteilung ein. Dies ist für medizinische Zwecke von Bedeutung, da schnell wachsendes Gewebe wie das von Tumoren damit eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit aufweist. Besonders fatal sind jedoch solche Strahlenschäden, die die Teile der DNS betreffen, die die Reparaturmechanismen auslösen sollen. 4.3 KERNENERGIE: KERNKRAFTWERKE, KERNSPALTUNG, KETTENREAKTION, KERNREAKTOREN, NUTZEN UND RISIKEN VON KERNKRAFTWERKEN 4.3.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Als Abschluß der Einheit Radioaktivität soll nun noch die energetische Nutzung der Kernreaktionen als Anwendung von Radioaktivität eingeführt werden. Dieser Bereich ist zum einen für die Aufklärung der Schüler über eine umstrittene Energiequelle, zum anderen im Rahmen des Energiebegriffs, der eine zentrale Rolle in der Sekundarstufe I spielt, von Bedeutung. Damit wird der Themenbereich Radioaktivität abgerundet und abgeschlossen. 4.3.2 SACHANALYSE: Kernspaltung: Bei der Kernspaltung, auch Kernfission genannt, zerfällt ein Kern mit einer Massenzahl A 200 durch eine Reaktion mit einem anderen Teilchen, z.B. einem Neutron, in zwei mittelschwere Kerne, anstatt nur einzelne Nukleonen oder Alpha-Teilchen auszusenden. Da schwere Kerne jedoch im Mittel mehr Neutronen besitzen als mittelschwere Kerne, was bedeutet, daß der Ursprungskern mehr Neutronen besessen hat, als die beiden Zerfallskerne zusammen binden, entstehen bei der Spaltung freie Neutronen. Diese wiederum haben genug kinetische Energie, um neue Kernspaltungen hervorzurufen. Damit wird eine sogenannte Kettenreaktion hervorgerufen. Ein Element, bei dem die Kernspaltung durch langsame, sogenannte thermische Neutronen (Neutronen mit einer thermischen Energie von kBT, die der Raumtemperatur entspricht, wobei kB die Boltzmannkonstante und T die absolute Temperatur ist; für Raumtemperatur ist kBT ungefähr 1/40 eV) geschieht, und bei dem die Kernspaltung 1938 von den Chemikern Hahn und Strassmann erstmals beobachtet wurde, ist das Uranisotop 235 92U. Bei der Spaltung dieses Kerns entstehen neben den Kernbruchstücken im Mittel 2,5 Neutronen. Es entstehen alle möglichen Kernbruchstücke, aber am häufigsten kommt ein Massenverhältnis von 2:3 vor. (Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1407) Die Spaltung des Uran 235 läuft im Einzelnen folgendermaßen ab: Fängt der Urankern ein Neutron ein, so wird durch die Einbindung des Nukleons eine Bindungsenergie von 6,5 MeV frei. Es bildet sich also ein angeregter Zwischenzustand, daß Uranisotop U 236. Dieser Kern hat für die Kernspaltung eine Schwellenenergie von 5,3 MeV. Dies bedeutet, daß die durch das Neutron frei werdende Bindungsenergie ausreicht, um eine Kernspaltung herbei zu führen, was auch in 85% der Fälle geschieht. In den restlichen 15% zerfällt der angeregte Zustand des U 236 unter Emission von -Strahlung. Für die Kernspaltung ist es also ausreichend, thermische Neutronen zur Verfügung zu haben, da die Neutronen keine zusätzliche Energie in Form von kinetischer Energie mitbringen müssen. Bei der Spaltung und der Umwandlung der primären Spaltprodukte entstehen angeregte Kerne, so daß die Kernspaltung von intensiver Gamma-Strahlung begleitet wird. Hier nun eine mögliche Zerfallsreihe für das Uran 235: 1 0 n 140 55 U 236 92 U 235 92 140 140 Cs140 53 Ba 57 La 58 Ce 94 37 1 0 94 Rb Sr Y 40 Zr 94 38 94 39 n Die Endprodukte dieses Reaktionsbeispiels sind die stabilen Nuklide Ce 140 und Zirkon 94. Häufig treten bei der Kernspaltung auch sogenannte verzögerte Neutronen auf. Diese entstehen nicht bei der Spaltung selber, sondern im weiteren Zerfall der Spaltprodukte. Damit treten diese verzögerten Neutronen im Vergleich zu den prompten Neutronen, die direkt beim Spaltprozeß entstehen, mit einer Verzögerung von ca. 14 Sekunden auf. Die verzögerten Neutronen machen einen Anteil von 0,65% aller bei der Spaltung erzeugten Neutronen aus. Eine Kernspaltung ist eine sogenannte exotherme Reaktion, d.h. es wird Energie in Form von kinetischer Energie der Reaktionsprodukte frei. Diese Energie entsteht durch die Umwandlung von Masse in Energie, was bedeutet, daß Masseenergie in kinetische Energie umgewandelt wird. Kernkraftwerke: In Kernkraftwerken wird, wie der Name schon sagt, aus Atomkernen durch die oben beschriebene Kernspaltung Energie gewonnen. Hierbei werden sehr große Mengen von Energie freigesetzt. Dies kann man sich an einem einfachen Rechenexempel vor Augen führen: Ein Kern der Massenzahl A 200 hat eine um etwa ein MeV niedrigere Bindungsenergie pro Nukleon als Kerne der Massenzahl A 100. Bei der Spaltung eines Kerns der Massenzahl A 200 in zwei Kerne der Massenzahlen A 100 wird demnach eine Energie von ungefähr 200 MeV freigesetzt. (Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1394) Im Vergleich dazu wird bei einer typischen Verbrennungsreaktion pro Sauerstoffmolekül eine Energie von ca. 4 eV frei, woran man erkennen kann, wieviel mehr Energie aus der Kernkraft gewonnen werden kann. Der Prozeß der Energiegewinnung findet in sogenannten Kernreaktoren statt. Kernreaktoren: Um eine Kettenreaktion bei der Kernspaltung des Uran 235 in Gang zu bekommen, müssen die bei einer Spaltung entstehenden Neutronen von weiteren U-Kernen 235 eingefangen werden. Um die Kettenreaktion, die bei der Kernspaltung des U 235 durch diese frei werdenden Neutronen in Gang kommt, kontrollierbar zu halten, muß die Anzahl der zu neuen Reaktionen beitragenden Neutronen stabil gehalten werden. Zur Beschreibung dieser beiden Eigenschaften wurde ein sogenannter Vermehrungsfaktor k eingeführt, der die Anzahl der Neutronen angibt, die pro Kernspaltung entstehen und weitere Kernspaltungen bewirken. Wie oben schon erwähnt, werden bei der Kernspaltung des U 235 im Mittel 2,5 Neutronen frei, was für diesen Spaltprozeß einen maximalen Vermehrungsfaktor k von 2,5 ergibt. Meist ist der Vermehrungsfaktor aber wesentlich kleiner, da die Neutronen in nicht spaltbares Material entkommen können oder von anderen, nicht spaltbaren Kernen eingefangen werden. Möglichst hohe Vermehrungsfaktoren versucht man bei Atombomben und anderen Kernwaffen zu erreichen, wo wenige Neutronen so eine lawinenartige Kettenreaktion auslösen können. Solch eine Lawine ist jedoch bei Kernkraftwerken nicht erwünscht, daher versucht man den Vermehrungsfaktor möglichst nahe bei 1 zu halten, da bei einem solchen Vermehrungsfaktor die Kettenreaktion selbsterhaltend ist. Sinkt er jedoch wesentlich unter 1, bricht die Kettenreaktion sehr schnell ab bzw. kommt gar nicht erst zustande. In Reaktoren werden sogenannte Moderatoren verwendet. Bei diesen handelt es sich entweder um schweres Wasser (D2O), was man bei natürlichem Uran verwendet, oder um Wasser (H2O), was man bei angereichertem Uran verwendet. Diese Moderatoren dienen dazu, die bei Kernspaltungen entstehenden Neutronen so weit abzubremsen, daß sie die für die Kernspaltung benötigte thermische Energie besitzen. Die bei der Kernspaltung freigesetzten Neutronen besitzen eine Energie in der Größenordnung von 1 MeV. Bei dieser Energie ist der Wirkungsquerschnitt für die Kernspaltung des U jedoch 235 wesentlich geringer als für thermische Neutronen. Daher müssen die Neutronen zur Aufrechterhaltung der Kettenreaktion auf niedrigere Energien gebracht werden. Bei Energien über 1MeV verlieren die Neutronen sehr rasch durch inelastische Streuung an den U-Kernen, die 99,3% des natürlichen Urans ausmachen, Energie. Bei Energien 238 unter 1MeV ist der hauptsächliche Bremsprozeß die elastische Streuung an Kernen. Hierbei ist der Energieübertrag maximal, wenn die Masse der streuenden Kerne in der Größenordnung der Neutronenmasse liegt. Daher wird Wasser als Moderator verwendet, da es wünschenswert ist, die Neutronen möglichst schnell auf thermische Energien herab zu senken. Dies geschieht durch elastische Stöße mit den Kernen des Moderatormaterials, und die Stöße finden so lange statt, bis sich die Neutronen im thermischen Gleichgewicht mit dem Moderator befinden. Bei natürlichem Uran verwendet man deswegen schweres Wasser, da der Wasserstoff des gewöhnlichen Wassers einen sehr hohen Wirkungsquerschnitt für den Neutroneneinfang hat. Aus diesem Grund würde hier mit gewöhnlichem Wasser der Vermehrungsfaktor k kaum auf ungefähr 1 zu halten sein. Benutzt man gewöhnliches Wasser als Moderator, so verwendet man angereichertes Uran, in dem der Anteil des spaltbaren U 235 von 0,7% in natürlichem Uran auf 1 – 4 % angehoben wird. Damit kann man den Vermehrungsfaktor auf ungefähr 1 halten. Für einen sicheren Betrieb eines Reaktors ist es notwendig, den Vermehrungsfaktor k möglichst stabil zu halten. Dies kann zum einen über den selbstregulierenden Effekt des Moderators Wasser erreicht werden: Steigt der Vermehrungsfaktor k über 1 an, so finden vermehrt Reaktionen im Reaktor statt, was eine Temperaturerhöhung im Reaktor zur Folge hat. Damit steigt auch die Temperatur des Wassers, was eine geringere Dichte und damit eine geringere Moderationsfähigkeit erhält. Dadurch fällt der Vermehrungsfaktor k wieder ab. Eine weitere Möglichkeit zur Stabilisierung des Vermehrungsfaktors k ist die mechanische Regulierung über Kontrollstäbe aus Material mit hohem Wirkungsquerschnitt für den Neutroneneinfang, z.B. aus Cadmium. Diese befinden sich beim Hochfahren im Reaktor. Nach dem Hochfahren des Reaktors zieht man sie langsam aus dem Reaktor heraus, so daß mehr Neutronen für die Kernspaltung zur Verfügung stehen. Steigt der Vermehrungsfaktor bedenklich über 1, werden die Kontrollstäbe wieder in den Reaktor gelassen, und k kann wieder sinken. Dies ist jedoch nur durch die Existenz der oben erwähnten verzögerten Neutronen möglich, da die Neutronen für den Abbremsvorgang auf thermische Energie nur einige Millisekunden brauchen und der Reaktor damit längst geschmolzen wäre, bevor die Kontrollstäbe herabgesenkt wären. Nutzen und Risiken von Kernkraftwerken: (Quelle: TIPLER,P.A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/ Berlin/ Oxford, 1995. Seite 1409) Schaut man sich den Aufbau eines Kernreaktors am Beispiel eines Druckwasserreaktors an, so sieht man leicht einige mögliche Risiken. In einem solchen Reaktor gibt es einen Primär- und einen Sekundärwasserkreislauf. Im Primärwasserkreislauf wird Wasser, das gleichzeitig als Moderator dient und unter so hohem Druck steht, daß es nicht sieden kann, im Reaktorkern durch Kernspaltungen auf hohe Temperaturen gebracht. Durch eine Pumpe wird es in einen Wärmetauscher gebracht, wo es das Wasser des Sekundärkreislaufs durch Energieabgabe erwärmt. Dabei entsteht im Sekundärkreislauf Wasserdampf, der durch eine Turbine geht und diese antreibt, so daß Strom erzeugt wird. Danach wird der Dampf des Sekundärkreislaufs von einem dritten, ebenfalls getrennten System mit Fluß- oder Seewasser abgekühlt. Dieser abgekühlte Dampf kann dann als Wasser wiederum durch den Primärkreislauf erwärmt werden. Der Bereich des Primärkreislaufs sowie der Wärmetauscher als Verbindung zum Sekundärkreislauf sind zur Außenwelt durch eine Stahlummantelung mit einer darüber befindlichen Betonummantelung abgeschirmt. Eine der größten Ängste in der Bevölkerung ist die, daß der Reaktor wie eine Bombe explodieren könnte. Dies ist aber unmöglich, da sich in den Reaktoren selbst in angereichertem Uran nur maximal 4% spaltbares Material befindet, während in Kernwaffen der Anteil des U 235 ca. 90% ausmacht. Ein Problem stellt dagegen die sogenannte Kernschmelze dar. Darunter versteht man das Schmelzen des Brennstoffkerns, wenn es durch Ausfall des Kühlsystems zur übergroßen Hitzeentwicklung kommt. Dabei kann der Reaktor durch die Ummantelung in das Erdreich absinken, was die schlimmste Folge wäre. Ein großes Problem stellt weiter die Lagerung langlebiger radioaktiver Abfälle dar. Für dieses Problem gibt es bisher noch keine befriedigende Lösung. Im Moment verfolgt man in Deutschland die Strategie, radioaktive Abfälle in Salzstöcken, also Salzablagerungen, die vor ca. 100 Millionen Jahren entstanden und seither unverändert geblieben sind, zu lagern. Hier geht man davon aus, daß keine radioaktiven Stoffe in den Wasserkreislauf gelangen können, und zudem hat Salz eine gute Wärmeleitfähigkeit, was wichtig ist, damit die radioaktiven Abfälle nicht überhitzt werden. Bedenken bestehen nur wegen möglicher tektonischer Veränderungen der Erde, was Wassereinbrüche und damit möglicherweise die Freisetzung radioaktiver Elemente zur Folge haben könnte. Eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung radioaktiver Abfälle ist die, bei der langlebige radioaktive Abfallprodukte in kurzlebige Radioisotope oder stabile Nuklide umgewandelt werden. Dies geschieht z.B. durch einen Protonen-Linearbeschleuniger, bei dem Protonenstrahlen von einer Strahlleistung im Megawattbereich in Neutronen konvertiert werden, die ihrerseits spaltbare und langlebige radioaktive Abfallprodukte in kurzlebige Radioisotope oder stabile Nuklide transmutieren. Daher nennt man diese Maßnahme auch Transmutation. 26 4.4 THEMENLERNZIELE: Lernvoraussetzungen: Die Schüler sollten wissen, wie bewegte geladene Teilchen in Magnetfeldern abgelenkt werden, und das elektrisch positive und negative geladene Teilchen unterschiedliche Ablenkrichtungen erfahren. Die Kraftwirkungen auf das geladene Teilchen im Magnetfeld kann wieder über die Linke-Hand-Regel für elektrisch negativ geladene Teilchen beschrieben werden. 26 Nähere Informationen kann man z.B. unter folgender Internetadresse finden: http://www.pnl.gov/atw/ Zusätzliche Lernmaterialien: - Folie zur Ablenkung verschiedener radioaktiver Strahlung in einem Magnetfeld (Folie 7) - Folie zur Reichweite radioaktiver Strahlungen (Folie 8) - Folie zur biologischen Strahlenwirkung (Folie 9) - Folie zu den „Maßnahmen des Strahlenschutzes“ (Folie 10) Themenlernziel: Die Schüler sollten in dieser Themeneinheit zum einen lernen, das es drei radioaktive Strahlungsarten gibt, zum andern sollten sie die grundlegenden Prinzipien des Strahlenschutzes und der Strahlentherapie sowie ein Grundwissen über Kernkraftwerke erlangen. Zu den drei Strahlungsarten ist es wichtig, daß die Schüler die Nachweis- und Unterscheidungsmöglichkeiten, die Eigenschaften sowie die Entstehung der Strahlungen kennen. Dabei sollte Wert auf die Reaktionen und Veränderungen in Atomkernen bei radioaktiven Zerfällen, die Reichweite in Luft sowie das Durchdringungsvermögen bzw. die Abschirmmöglichkeiten der Strahlungsarten gelegt werden. Da den Schülern der Begriff der Antimaterie bekannt ist, kann hier auch der radioaktiven +-Zerfall einführt werden. Zu diesem Zeitpunkt kann der radioaktive Beta-Zerfall als Folge der schwachen Wechselwirkung noch nicht eingeführt werden, da diese den Schülern noch nicht bekannt ist. Dies wird im Rahmen der Wechselwirkungen noch nachgeholt. Dort kann man dann auch erst erläutern, daß neben der schwachen Wechselwirkung als Ursache für den BetaZerfall die starke Wechselwirkung für den Alpha-Zerfall, die elektromagnetische Wechselwirkung für den Gamma-Zerfall verantwortlich ist. Als Nachweismöglichkeit kann man das Geiger-Müllerzählrohr erklären oder es nur als Nachweisgerät ohne Erklärung der Funktionsweise vorstellen. Auch hier kommt es wieder darauf an, welche Möglichkeiten in der Klasse gegeben sind. Der Begriff der Halbwertszeit für radioaktive Strahler sollte den Schülern ein Begriff werden. Als Hilfe für die Erklärungen zu den einzelnen Strahlungsarten sowie für manche graphischen Darstellungsmöglichkeiten kann man die Webseiten zum Thema „Strahlungen- Anwendungen“ heranziehen. Die Schüler sollten zum Thema Strahlenwirkung zwischen direkten, somatischen Schäden und indirekten, genetischen Schäden durch radioaktive Strahlung unterscheiden können sowie einige Schädigungen zu jeder Schädigungsart benennen können. Dazu kann man die Folie 9 verwenden. Weiter ist es wichtig, daß das Eingangsthema „Medizin“ aufgegriffen wird, und an Hand radioaktiver Strahlung in der Medizin der medizinische Einsatz von Teilchen und Teilchenstrahlungen erarbeitet wird. Weiter sollten die Schüler die wichtigsten Maßnahmen zum Strahlenschutz kennen bzw. von ihnen gehört haben. Dazu kann man Folie 10 als Folie oder als Kopiervorlage für die Schüler verwenden. Zum Thema Kernkraftwerke sollten die Schüler wissen, was ein Kernkraftwerk ist und wie man dort Energie erzeugt, wie Kernreaktoren arbeiten, was eine Kernspaltung ist. Weiter sollten die Schüler mit dem Nutzen und den Risiken des Einsatzes von Kernkraftwerken zur Energiegewinnung vertraut sein. 5 WECHSELWIRKUNGEN: DIE VIER FUNDAMENTALEN WECHSELWIRKUNGEN, IHRE AUSTAUSCHTEILCHEN UND WIRKUNGSBEREICHE, DIE DREI FOLGEN DER WECHSELWIRKUNGEN: KRAFT, PRODUKTION, ZERFALL (INTERPRETATION VON BLASENKAMMER- UND DETEKTORBILDERN; 5.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Nun wird wieder das Thema Teilchenphysik aufgegriffen und der zweite Teil des Standardmodells, die fundamentalen Wechselwirkungen, eingeführt. Die drei Auswirkungen der Wechselwirkungen, die Kraft, die Produktion und der Zerfall, können exemplarisch an Zusammenhang einer wird der ein vier Thema Wechselwirkungen der erklärt Einführungsstunde, die werden. In Strahlung, dem wieder aufgegriffen, da man hier zum Beispiel die Entstehung der Höhenstrahlung sehr gut beschreiben kann. Zudem besteht hier nun die Möglichkeit, den radioaktiven AlphaZerfall über die starke, den radioaktiven Beta-Zerfall über die schwache und den radioaktiven Gamma-Zerfall über die elektromagnetische Wechselwirkung, zu erklären. Damit wird noch einmal die vorher behandelte Radioaktivität aufgegriffen. Nach der Einführung der Wechselwirkungen ist es sinnvoll, noch einmal Detektorbilder zu betrachten, um dort an Hand der Teilchenspuren das bisherige Wissen über Teilchenphysik aufzugreifen, bevor in der nächsten Einheit auf das Standardmodell im Gesamten eingegangen wird. 5.2 SACHANALYSE: Es gibt letztendlich vier fundamentale Wechselwirkungen, auf die sich alle in der Natur beobachtbaren Kräfte zurückführen lassen: - die starke Wechselwirkung - die elektromagnetische Wechselwirkung - die schwache Wechselwirkung - die Gravitation Für die Teilchenphysik von Interesse sind jedoch nur die ersten drei Wechselwirkungen, da die Gravitation bei so geringen Massen, wie sie die Teilchen haben, im Vergleich zu den anderen drei Wechselwirkungen keine nennenswerte Rolle spielt. Daher kann man die Gravitation im Folgenden vernachlässigen. So werden ab jetzt mit den fundamentalen Wechselwirkungen die starke, elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung gemeint sein. Den drei fundamentalen Wechselwirkungen haben folgende Dinge gemeinsam: - Der Ursprung jeder Art von Wechselwirkung liegt in den Teilchen, die eine entsprechende „Ladung“ tragen; - Die Wechselwirkungen finden über den Austausch sogenannter Austauschteilchen zwischen Teilchen entsprechender Ladung statt; bei der Entstehung und Vernichtung der Austauschteilchen können sich die Eigenschaften der emittierenden oder absorbierenden Teilchen ändern (z.B. die Ladung, wenn das Austauschteilchen selbst Träger der jeweiligen Art von Ladung ist) - Sie sind alle drei verantwortlich für folgende Reaktionen: die Kraftwirkung, den Zerfall und die Produktion von Teilchen; - Jede Wechselwirkung kann nur stattfinden, wenn alle erforderlichen Erhaltungssätze erfüllt sind Die Wechselwirkungsprozesse der Austauschteilchen: 1. Emission eines Austauschteilchens: Hierbei sendet ein Teilchen x ein beliebiges Austauschteilchen A aus und verändert sich dabei zu dem Teilchen x‘: 2. x x‘ + A Absorption eines Austauschteilchens: Ein Teilchen x fängt ein beliebiges Austauschteilchen A ein und verändert sich zum Teilchen x‘: x + A x‘ 3. Produktion eines Austauschteilchens: Ein Teilchen x und ein Antiteilchen y vernichten sich, und es entsteht ein passendes Austauschteilchen A: 4. x+yA Vernichtung eines Austauschteilchens: Ein beliebiges Austauschteilchen A wird vernichtet, und es entsteht ein Teilchen x und ein Antiteilchen y: Ax+y In der Physik werden diese recht einfachen Darstellungen durch die Feynman-Diagramme dargestellt. Diese halten für jedes Austauschteilchen eine spezielle Darstellungsweise bereit, so daß sie erst weiter unten erläutert werden. Erhaltungssätze: Für jede Wechselwirkung müssen die jeweils wichtigen Erhaltungssätze gelten. Diese wurden zum Teil formuliert, wenn es Reaktionen gab, die theoretisch möglich gewesen wären, jedoch nicht beobachtet wurden. Daraus ergaben sich folgende Erhaltungssätze: - Ladungserhaltungssatz (folgt aus der Eichsymmetrie): Die Summen aller Ladungen vor und nach einer Reaktion müssen stets übereinstimmen. - Energieerhaltungssatz (folgt aus der zeitlichen Symmetrie): Die Summe der Energien aller Teilchen vor und die aller nach einer Reaktion müssen erhalten bleiben. (Bei den Energien handelt es sich in der Teilchenphysik im allgemeinen um die kinetischen Energien und die Masseenergien der Teilchen.) - Impulserhaltungssatz (folgt aus der Translationssymmetrie): Der Gesamtimpuls vor und nach einer Reaktion muß erhalten bleiben. - Drehimpulserhaltungssatz (folgt aus der Rotationssymmetrie): Der Gesamtdrehimpuls aller Teilchen vor einer Reaktion muß der gleiche sein wie danach. - Baryonenzahlerhaltungssatz (empirisch)27: Hierbei handelt es sich um einen Erhaltungssatz der Teilchenphysik. Dabei wird allen Baryonen die Baryonenzahl B = +1, den Antibaryonen B = -1, und allen anderen Teilchen die Baryonenzahl B = 0 zugeordnet. Dabei sagt dieser Erhaltungssatz, daß die Baryonenzahl vor und nach einer Reaktion immer erhalten bleiben muß. - Leptonenzahlerhaltungssatz (empirisch)28: Auch dieser Erhaltungssatz hat in der Teilchenphysik eine Bedeutung. Er besagt, daß die Leptonenzahl vor und nach einer Reaktion immer erhalten bleiben muß. Man ordnet den Leptonen die Leptonenzahl L = +1, den Antileptonen L = -1, und allen anderen Teilchen die Leptonenzahl L = 0 zu. Diese Einteilung kann noch verfeinert werden, da man zwischen den Leptonen der einzelnen Generationen unterscheiden kann. Man unterscheidet zwischen elektronenartigen, myonenartigen und tauonartigen Leptonen. Jeder einzelnen Gruppe weißt man eine eigenen Leptonenzahl zu: Für das Elektron und das Elektron-Neutrino gibt es die Leptonenzahl Le = +1, für ihre Antiteilchen Le = -1, und für alle anderen Teilchen gilt Le = 0. Analoges gilt auch für die entsprechenden Leptonenzahlen L und L. 27 Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass B nicht erhalten bleibt 28 Die derzeitige Theorie des Standardmodells erwartet, dass auch L nicht erhalten bleibt Die Starke Wechselwirkung: Die starke Wechselwirkung, die eine Reichweite von 10 -15m hat, ist die stärkste aller Wechselwirkungen. Sie ist zum einen für den Zusammenhalt der Quarks in den Nukleonen, zum anderen für die Bindung der Nukleonen im Atomkern verantwortlich. Die starke Wechselwirkung wird durch folgendes Modell beschrieben: Die Ladung der starken Wechselwirkung ist die Farbladung, auch einfach nur Farbe genannt. Es gibt drei verschiedene Farben: rot, blau und grün. Träger dieser Farbladungen und damit Quellen der starken Wechselwirkung sind die Quarks. Jedes Quark kann genau eine Farbladung annehmen. Die Antiquarks haben eigene Farbladungen: antirot, antiblau und antigrün. Diese nennt man dann Antifarbladungen. Das Besondere an den Quarks als Träger der Farbladungen ist, daß sie nie alleine beobachtet werden. Sie kommen immer in Zweierkombinationen, den Mesonen, oder Dreierkombinationen, den Baryonen, vor. Die Mesonen und Baryonen werden in der Gruppe der Hadronen zusammengefaßt. Man nennt die Tatsache, daß man Quarks nicht alleine beobachten kann, QuarkConfinement. (Anmerkung: Sie ist dafür verantwortlich, daß man die Quarkmassen nicht genau sondern nur ungefähr bestimmen kann.) Untersucht man die starke Kraft, so stellt man eine Ähnlichkeit zum elektromagnetischen Kraftgesetz fest. Das Kraftgesetz der starken Kraft lautet: F s/r² + k 29 . Man beobachtet also, dass die Energie W = F dr, die nötig wäre, um zwei Quarks zu trennen, immer größer wird, je weiter man die Quarks voneinander entfernt. Dies kann man sich durch eine Gummischnur verständlich machen. Bewegen sich die Quarks auseinander, spannt sich die Schnur und treibt die Quarks wieder zusammen. Sind sie sehr nahe beieinander, wirkt zwischen ihnen eine nahezu konstante Kraft. Kommt es jedoch dazu, dass sich die Quark doch einmal zu weit auseinander bewegen, z.B. wenn sie durch Beschuss mit anderen Teilchen zu viel Energie erhalten, so reißt die Gummischnur. An den Enden bleiben jedoch keine freien Quarks mit einer „halben Gummischnur“ zurück, sondern es bilden sich an den freien Enden neue Quarks. Dies kann man sich so vorstellen: Hat man ein Meson aus einem blauen und einem antiblauen Antiquark, und bewegen sich diese zu weit auseinander, so bildet sich in ihrer Mitte ein Quark-Antiquark-Paar mit den Farben blau und antiblau, die mit den beiden anderen, getrennten Quarks neue Quarkpaare bilden. Man hat also auf einmal zwei Mesonen. Die Energie für die Quarkbildung wird von außen aufgenommen, z.B. bei der Kollision eines Protons mit 29 s = Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung einem Elektron in einem Teilchenbeschleuniger aus den Bewegungsenergien der Stoßpartner. Die Gummischnüre veranschaulichen den Austausch von Gluonen. Dieses Kraftgesetz ist der Grund, warum die Quarks nie alleine vorkommen. Dies führt wiederum dazu, dass bei Quarkkombinationen nach außen immer Farbneutralität herrscht. Bei Untersuchungen der Feinstruktur von Elementarteilchen fand man heraus, dass es nur Kombinationen aus zwei oder drei Quarks gibt. Diese Tatsache ist die Ursache dafür, dass die Farbladungen nach den drei Grundfarben der Farbenlehre benannt sind. So kann man sich leicht merken, dass eine Kombination oder „Vermischung“ von rot, blau und grün, aber auch eine von antirot, antiblau und antigrün weiß ergibt, wie es bei den Baryonen bzw. Antibaryonen der Fall ist. Farbneutralität gilt auch dann, wenn man eine Farbe und die Antifarbe mischt, z.B. rot und antirot. Dies ist bei Mesonen der Fall. Man sollte sich aber immer vor Augen halten, dass es sich bei den Farben nicht um wirkliche Farben handelt. Die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung sind die elektrisch neutralen, masselosen Gluonen g (engl. glue: Leim). Sie halten die Quarks zusammen, in dem sie ständig zwischen ihnen hin- und herspringen. Über den ständigen Austausch von Gluonen kann man sich auch modellhaft die Stärke der starken Wechselwirkung erklären. Die Gluonen sind selber Träger von Farbladung, und zwar vereinigen sie immer eine Farbe und eine Antifarbe in sich. So sorgen sie dafür, dass zum Beispiel die Quarks in den Nukleonen ständig ihre Farbe wechseln. Dies geschieht folgendermaßen: Man stelle sich vor, man hat ein rotes und ein blaues Quark. Nun sendet das rote Quark ein Gluon aus, was die Farbe rot sowie die Antifarbe antiblau trägt. Damit trägt das Gluon die bisherige rote Farbe des roten Quarks mit sich, nimmt aber gleichzeitig antiblau mit, so dass das bisher rote Quark blau werden muss. Das ist sozusagen die Farbe, die ihm das Gluon zurück lässt, indem es antiblau mitnimmt. Dieses Gluon wandert nun zu dem blauen Quark, „vernichtet“ mit seinem antiblau das blau des Quarks und lässt es rot werden. Im Endeffekt hat das rote Quark nach dem Gluonaustausch die Farbe blau, das blaue Quark die Farbe rot. Dieser Farbwechsel vollzieht sich immer wieder in sehr schneller Abfolge und sorgt so dafür, dass die Quarks im Nukleon zusammen halten. Die starke Wechselwirkung ist auch für den Zusammenhalt der Nukleonen im Atomkern verantwortlich. Dies geschieht nach dem gleichen Prinzip, nach dem sich Wasserstoffatome zu Molekülen binden. Das komplizierte Zusammenspiel der Quarks und Gluonen ist auch dafür verantwortlich, dass man beide nicht alleine beobachten kann. Nebenher findet auch zwischen den Gluonen, die ja selber Farbladungen tragen, eine Wechselwirkung durch Gluonen statt, so dass Zweier- oder Dreier-Quarkkombinationen nach außen abgeschlossen wirken und eine sehr starke Kraftwirkung in ihnen herrscht. Die Lehre über die starke Wechselwirkung stammt aus der QCD, die Quantenchromodynamik. Sie lehnt sich an die QED, die Quantenelektrodynamik, an. Neben der Kraftwirkung der starken Wechselwirkung ist diese auch für die Produktion und für Zerfälle von Teilchen verantwortlich. Hier ein Beispiel aus der Höhenstrahlung: Die elektromagnetische Wechselwirkung: Die elektromagnetische Wechselwirkung ist diejenige der drei Wechselwirkungen, die wir auch in unserem Alltag spüren können. Sie hat eine unendliche Reichweite und wirkt zwischen allen elektrisch geladenen Teilchen. Die Ladung der elektromagnetischen Wechselwirkung ist die elektrische Ladung. Es gibt eine Art, mit positivem oder negativem Vorzeichen. Träger dieser Ladungen, z.B. Elektronen, können, im Gegensatz zu den Trägern der starken Ladung, durchaus alleine beobachtet werden. Die Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung sind die masselosen, elektrisch neutralen Photonen . Sie werden zwischen zwei elektrisch geladenen Teilchen ausgetauscht und erzeugen so die Wechselwirkung. Auch hier kann man, wie bei der starken Wechselwirkung, Photonenaustausches Photonenaustausch sich die Stärke veranschaulichen. statt. Fliegen z.B. dieser Es zwei findet Kraft ein Elektronen über die Häufigkeit vergleichsweise aneinander des seltener vorbei, so wechselwirken sie miteinander, d.h. sie werden gestreut. Dies geschieht über den Austausch virtueller Photonen *30. Diese Reaktion bezeichnet man dann als Kraftwirkung. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist aber auch für die Produktion und den Zerfall von Teilchen verantwortlich. Eine mögliche Reaktion ist die folgende: e+ + e- * + + - Die schwache Wechselwirkung: Bei der schwachen Wechselwirkung handelt es sich um eine Wechselwirkung, die wir in unserer makroskopischen Welt nicht bemerken, die jedoch für eine Reihe von Reaktionen, vor allem Zerfällen, u.a. dem radioaktiven Beta-Zerfall, verantwortlich ist. Die Ladung der schwachen Wechselwirkung ist die schwache Ladung. Träger der schwachen Ladung sind alle Elementarteilchen, also sowohl die Quarks als auch die Leptonen31. Die schwache Ladung ist jedoch eine Eigenschaft der Teilchen, die bei beobachtbaren Teilchen nicht definiert ist. Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind die Weakonen 32. Sie werden zwischen den Trägern der schwachen Ladung nur sehr selten ausgetauscht, was eine modellhafte Erklärung für die „Schwäche“ der schwachen Wechselwirkung darstellt. Sie heißen W+, W- und Z0, wobei die ersten beiden eine elektrische Ladung von +1e bzw. –1e haben und somit die einzigen Austauschteilchen mit elektrischer Ladung sind. Dagegen ist das Z0 elektrisch neutral. Man bezeichnet sie als Vektorbosonen, da sie einen ganzzahligen Spin haben. Bei W- und Z-Bosonen handelt es sich um sehr schwere Teilchen, die auf Grund der Energieerhaltung eigentlich nicht existieren könnten. Sie können jedoch auf Grund der Unschärferelation kurzzeitig als virutelle Teilchen existieren. Die W-Bosonen haben eine ungefähre Masse von 80 GeV/c², das Z-Boson eine von ca. 91 GeV/c². Daß das W+ und das W- die gleichen Massen haben liegt daran, daß das W- das Antiteilchen des W+ ist. Auf Grund ihrer hohen Massen haben die Weakonen eine Reichweite, die etwa einem Tausendstel des Protonendurchmessers entspricht. Die 30 virtuelle Photonen sind solche, bei denen die Ruhemasse ungleich Null ist, d.h. E² - p²c² 0 31 eigentlich sind nur die linkshändigen Anteile der Elementarteichen Träger der schwachen Ladung. Näheres dazu siehe: z.B. GROTZ,K./ KLAPDOR,H.V.: Die schwache Wechselwirkung in Kern-, Teilchen und Astrophysik. Teubner, Stuttgart: 1989. 32 von englisch weak: schwach; in der physikalischen Fachsprache: „intermediäre Vektorbosonen" Prozesse der schwachen Wechselwirkung finden deshalb in verhältnismäßig großen Zeiträumen statt. Die elektrisch geladenen W können nur an bestimmten Prozessen teilnehmen. Auf Grund ihrer elektrischen Ladung ändert sich auch bei den an der Wechselwirkung teilnehmenden Teilchen die elektrische Ladung. So nimmt ein W + einem Teilchen, von dem es abgestrahlt wird, die Ladung von 1e. Dies gilt auf Grund der Ladungserhaltung. Vernichtet sich das W+ wieder, so müssen die Folgeprodukte in ihrer Summe eine elektrische Ladung von 1e haben. Die schwache Wechselwirkung ist unter anderem für die für uns lebenswichtige Kernfusion im Innern der Sonne verantwortlich. Das Z0 kann man häufig elektromagnetischen nicht vom dem Wechselwirkung, Photon, dem unterscheiden, Austauschteilchen da beide der ähnliche quantenmechanische Eigenschaften haben. Man fand das Z 0 jedoch eher zufällig, nachdem man eine neue Theorie entwickelt hatte, die dieses Z 0 voraussagte. Diese neue Theorie war die Vereinigung der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung, die sogenannte elektroschwache Wechselwirkung. Die elektroschwache Wechselwirkung: Die elektroschwache Wechselwirkung wurde entwickelt, weil man eine Theorie finden wollte, die die elektromagnetische und schwache Wechselwirkung kommutativ werden ließe, d.h. in der es egal wäre, ob erst eine elektromagnetische und dann eine schwache Wechselwirkung stattfinden würde oder umgekehrt. Diese Theorie sagte das neutrale Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung, das Z 0, voraus. Die elektroschwache Wechselwirkung findet über den Austausch von vier Austauschteilchen statt: - das elektrisch neutrale Photon - das elektrisch neutrale Weakon Z0 - das elektrisch negative Weakon W- - das elektrisch positive Weakon W+ In der elektroschwachen Theorie muß es jedoch noch ein weiteres, schweres Teilchen geben, das Higgs-Teilchen. Der damit zusammenhängende Higgs-Mechanismus soll nach der Theorie verantwortlich sein für die Masse der Teilchen. Die elektroschwache Wechselwirkung ist für die Teilchenphysik deshalb von so großer Bedeutung, da sie darauf hindeutet, daß es in der Zukunft eventuell möglich sein könnte, alle in der Natur auftretenden Wechselwirkungen zu einer einzigen, alles beschreibenden zusammenzufassen. Die beiden elektrisch neutralen Austauschteilchen unterscheiden sich nur durch ihre Masse, ihre quantenmechanischen Eigenschaften sind gleich. Daher und aus einem zweiten Grund kommt es in der Natur an manchen Stellen zur Vermischung der schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung. Der zweite Grund für die Vermischung ist die, daß die schwache Ladung von Teilchen häufig im Zusammenhang mit der elektrischen Ladung auftritt. Daher gibt es auch Reaktionen zwischen elektrisch geladenen Teilchen, an denen beide Wechselwirkungen teilnehmen können. Z.B. kann bei sehr hohen Energien die MyonenPaar-Erzeugung durch ein Elektron und ein Positron mit ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit über ein Z0 oder ein Photon ablaufen. Es gibt aber auch Vorgänge, bei denen beide Austauschteilchen möglich sind, aber eines der beiden wesentlich öfter zum Einsatz kommt. Dies ist abhängig von der bei der Reaktion zur Verfügung stehenden Energie. Reaktionen mit kleinen Energien, z.B. Prozesse in der Atomhülle oder dem Atomkern, bevorzugen das Photon. Dieses ist jedoch bei der Energie von 91 GeV, welche der Massenenergie des Z0 entspricht, gegenüber dem Z0 zu vernachlässigen. Es gibt aber auch Reaktionen, bei denen das Austauschteilchen längere Strecken mit Lichtgeschwindigkeit zurücklegt. Hier kommt nur das Photon als Austauschteilchen in Frage. Bei Reaktionen, bei denen nicht nur geladene Teilchen teilnehmen, wie z.B. die NeutrinoStreuung am Elektron, kommt als Austauschteilchen dagegen nur das Z 0 in Frage. Das Z0 ist also Austauschteilchen bei an Reaktionen teilnehmenden Teilchen, die die schwache Ladung tragen. Die Feynman-Diagramme: Die Feynman-Diagramme dienen in der Teilchenphysik dazu, alle auf Grund der Erhaltungssätze möglichen komplizierten Prozesse in einfacher, verständlicher Weise darzustellen. Es gibt einen allgemeingültigen Formalismus, um Teilchen und Austauschteilchen darzustellen. Gelesen werden die Abbildungen meistens in einer Zeitachse von links nach rechts, d.h. der Anfang eines Prozesses steht links, das Ende rechts im Diagramm. In manchen Abbildungen geht die Zeitachse aber auch von unten nach oben. Die Teilchen werden in den Feynman-Diagramme durch Pfeile mit der jeweiligen Beschriftung dargestellt. Photonen stellt man durch einen geschlängelten Pfeil dar. Die Weakonen werden durch einen gestrichelten Pfeil dargestellt. Die Gluonen stellt man durch einen gedrehten Pfeil dar. Hier sind einige Beispiele für Feynman-Diagramme: Die Interpretation von Blasenkammerbildern Die 1952 von D.Glaser entwickelte Blasenkammer ist eine Vorrichtung zum Sichtbarmachen geladener Teilchen. Dabei wird die Ionisation ausgenutzt. Es handelt sich bei der Blasenkammer um einen Vorläufer der heutigen modernen Detektoren. Mit ihr konnten einige Eigenschaften der Teilchen untersucht werden. Die Blasenkammer ist mit einer fast siedenden Flüssigkeit, meist Wasserstoff, gefüllt. Der Wasserstoff hat eine Temperatur von ca. 25 K, und es herrscht ein Druck von 5-20 bar. In die Kammer wird aus einem Teilchenbeschleuniger ein Strahl geladener Teilchen eingeschossen. Die Teilchen aus dem Strahl kollidieren mit den Wasserstoffatomen, d.h. mit den Elektronen oder den Atomkernen. Das bedeutet, daß der Wasserstoff als Target dient. Entlang der Spur der geladenen Strahlteilchen bilden sich durch Stöße Ionen. Nun wird durch eine plötzliche Expansion der Kammer die Flüssigkeit zum Sieden gebracht. Dies geschieht zuerst an den Ionen, die sich durch den Teilchenstrahl gebildet haben. An den Ionen bilden sich Blasen, die man fotografieren kann, so daß man die Teilchenspuren sieht. Das Fotografieren geschieht durch eine Kamera und Blitzlicht. Fotografiert man gleichzeitig mit vielen Kameras aus verschiedenen Richtungen, kann man ein dreidimensionales Bild erstellen. Um nun geladene Teilchen in ihrer Ladung, d.h. elektrisch positiv oder negativ, unterscheiden zu können sowie ihren Impuls bzw. ihre Geschwindigkeit bestimmen zu können, wird durch Magnetspulen in der Kammer ein starkes homogenes Magnetfeld mit der Stärke von ungefähr 2 Tesla angelegt. Dadurch bewegen sich die elektrisch geladenen Teilchen in der Kammer auf kreisförmigen Bahnen. Aus dem Krümmungsradius der Bahnen kann man dann den Impuls der Teilchen ableiten, aus der Krümmungsrichtung die elektrische Ladung. Wichtig ist, daß ungeladenen Teilchen gar keine Spuren in der Blasenkammer hinterlassen und nur indirekt nachgewiesen werden können, wenn sie z.B. in zwei geladenen Teilchen zerfallen. Die Bilder aus Blasenkammern enthalten viele Details von Reaktionen und dienen daher einer präzisen Analyse. Auf der anderen Seite hat die Blasenkammer den Nachteil, daß sie recht langsam arbeitet. Dies liegt daran, daß die Flüssigkeit erst zum Kochen gebracht werden muß, erst dann kann man fotografieren, danach muß sie wieder knapp unter den Siedepunkt abgekühlt werden. Dieser Prozeß dauert einigen Sekunden, was bedeutet, daß auch nur alle paar Sekunden eine Aufnahme gemacht werden kann. Ein Beispiel für eine Blasenkammer ist „Gargamelle“, die im CERN bei Genf/Schweiz genutzt wurde. Bei ihr handelte es sich um eine zwei Meter lange Kammer, an die ein Magnetfeld von 1,78 Tesla angelegt war. Als Teilchenstrahl wurden beschleunigte, negativ geladenen Kaonen (u, s) verwendet. Bei den stattfindenden Reaktionen entstanden neue Teilchen, die auf den Photos genau untersucht werden konnten. Die Interpretation von Detektorbildern Eine modernere Möglichkeit für Untersuchungen in der Teilchenphysik bieten Detektorbilder. Für die Interpretation gibt es vier verschiedene Bereiche, die wichtig sind. Der erste ist der Bereich, in dem ein Magnetfeld anliegt und so durch ihre Ablenkung der Impuls, die Ruhemasse33 und das Vorzeichen der elektrischen Ladung elektrisch geladener Teilchen bestimmt werden kann. Dies geschieht an Hand von Spuren, die alle elektrisch geladenen Teilchen in diesem Bereich des Detektors hinterlassen. Daher bezeichnet man diesen Bereich auch als Spurdetektor. In ihm sollte die Energieabgabe der Teilchen an das Detektormaterial möglichst gering sein. Der Nachweis ungeladener Teilchen geschieht im Spurdetektor über den indirekten Weg, da diese Teilchen hier keine Spuren hinterlassen und nur nachweisbar werden, wenn sie in zwei geladene Teilchen zerfallen. Dies geschieht meist in einem der beiden Kalorimeter, wo zum Beispiel die Paarerzeugung aus Photonen stattfindet. Entstehen bei einer Teilchenkollision hochenergetische Elektronen und Positronen, hinterlassen diese im Spurdetektor fast gerade Spuren. Der zweite Bereich ist das elektromagnetische Kalorimeter. Dieses besteht beim OPALDetektor, der am LEP in Genf im Einsatz war, aus Bleiglas. In diesem Material mit sehr hoher Dichte geben die Elektronen und Positronen ihre gesamte Energie an das Absorbermaterial ab. Dies geschieht durch elektromagnetische Schauer. Dadurch kann die Energie der Elektronen und Positronen nachgewiesen werden. Im dritten Bereich befindet sich das hadronische Kalorimeter. Dieses besteht aus Eisen, was ebenso wie das Bleiglas im elektromagnetischen Kalorimeter eine sehr hohe Dichte hat und sehr gut dazu geeignet ist, die gesamte Energie der Hadronen zu absorbieren. Auf diese Art werden die Energien von Teilchenjets, die aus Quark-Antiquark-Paaren in der Teilchenkollision entstanden sind, nachgewiesen. Die Energiemessung geschieht hier durch Energieabgabe bei Stößen mit dem Detektormaterial, insbesondere durch starke Wechselwirkungen mit den Atomkernen des Detektormaterials. 33 die Ruhemasse kann nur mit zusätzlichen Informationen wie der Flugzeit, des Energieverlustes usw. bestimmt werden Im vierten Bereich, der Myonen-Kammer, werden nur noch Myonen registriert, die vorher wegen ihrer 200 mal größeren Masse als die des Elektrons oder Positrons keine elektromagnetischen Schauer erzeugen, und keine starke Wechselwirkung erfahren. In den verschiedenen Bereichen des Detektors kann man so verschiedenste Arten von Teilchen nachweisen. 5.3 THEMENLERNZIELE: Lernvoraussetzungen: Den Schülern sollten der Energie- und der Ladungserhaltungssatz ein Begriff sein. Zusätzliche Lernmaterialien: - Folie zu den drei Wechselwirkungen mit den Teilchen des Materieaufbaus, auf die sie wirken (Folie 12) - Themenlernziel: Die Schüler sollten in diesem Teil der Unterrichtseinheit lernen, das es vier fundamentale Wechselwirkungen gibt, von denen drei für die Teilchenphysik relevant sind. Weiter sollten die Schüler über die Eigenschaften dieser drei Wechselwirkungen, d.h. Kraftwirkung, Produktion und Zerfall von Teilchen, Bescheid wissen. Hier könnte es hilfreich sein, wenn man diese drei Eigenschaften der Wechselwirkungen an einer Wechselwirkung, z.B. der elektromagnetischen, konkret erläutert. Weiter sollten sie die Austauschteilchen Elementarteilchen der sie Wechselwirkungen wirken und damit benennen die können, Ladungen der auf welche entsprechenden Wechselwirkungen benennen können. Dazu kann man Folie 12 verwenden. In diesem Zusammenhang kann man auch noch einmal auf die Eigenschaft der Antiteilchen eingehen, daß diese in allen Ladungsarten ein entgegengesetztes Vorzeichen wie ihre entsprechenden Teilchen haben. Im Zusammenhang mit der schwachen Wechselwirkung kann man nun auf den radioaktiven Beta-Zerfall als Folge der schwachen Wechselwirkung sowie den radioaktiven Alpah- bzw. den radioaktiven Gamma-Zerfall als Folge der starken bzw. der elektromagnetischen Wechselwirkung eingehen. Auch kann man nun nach Einführung der starken Wechselwirkung erläutern, warum Quarks nur in Zweier- oder Dreierkombinationen auftreten, was beim Materieaufbau noch nicht möglich war. Man kann als Beispiele, die den Schülern bekannt und die für die Wechselwirkung von Bedeutung sind, die Ladungserhaltung und Energieerhaltung für alle Prozesse der Wechselwirkungen als Voraussetzung angeben. Das es auch noch andere Erhaltungssätze gibt, die Reaktionen zwischen Teilchen ermöglichen oder unmöglich machen, kann erwähnt werden, ohne näher darauf einzugehen. Die einzelnen Wechselwirkungen mit ihren Eigenschaften kann man die Schüler selbständig am Websystem erarbeiten lassen. Ob man die Feynman-Diagramme als elegante Darstellungsmöglichkeit für Prozesse der Wechselwirkungen mit den einzelnen Darstellungsmöglichkeiten für die verschiedenen Wechselwirkungen einführt, hängt von der noch vorhandenen Unterrichtszeit und dem Ermessen des Lehrers ab. An dieser Stelle bietet es sich nun auch an, den Schülern am Websystem die Möglichkeit zu geben, sich selber im Erkennen und Interpretieren von Teilchenspuren in Blasenkammer- und Detektoraufnahmen zu üben, um eine konkrete Vorstellung von den Elementarteilchen sowie den zwischen ihnen wirkenden Wechselwirkungen zu erlangen. 6 STANDARDMODELL: 6.1 INHALTE DES MODELLS : 6.1.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Um nicht nur einen begrenzten Überblick über die Teilchenphysik zu geben, sondern auch das Standardmodell als Modell der Teilchenphysik einführen zu können, müssen noch die fehlenden zwei Generationen/Familien eingeführt werden. Danach sollte das Modell als Ganzes zusammenfassend dargestellt werden, um den Schülern die Voraussetzung zu geben, kritisch mit diesem für sie neuen Modell umgehen zu können. Dies soll im nächsten Teil geschehen. 6.1.2 SACHANALYSE: Das Standardmodell ist ein Modell der Teilchenphysik, welches die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen, die starke, die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung, beschreibt. Dieses Modell ist experimentell bestätigt und kann daher trotz mancher bisher unbeantworteter Fragen als korrekte Beschreibung der Welt der Teilchen angesehen werden. Das Standardmodell hat ein einfaches Prinzip: alle Urteilchen sind Teilchen mit dem Spin ½ und gehorchen dem Pauli-Prinzip, und alle Austauschteilchen haben einen ganzzahligen Spin, was bedeutet, daß sie in beliebiger Zahl emittiert und absorbiert werden können. Die Elementarteilchen werden in 3 Familien oder Generationen unterteilt. Diese Einteilung findet zum einen über die Ladungen statt. Bei den Urteilchen findet man immer zwei Ladungen vor. Die Quarks haben die elektrischen Ladungen + 2/3e und –1/3e, die Leptonen die Ladungen –1e und 0e. In jeder Familie sind je zwei Quarks und Leptonen mit den beiden elektrischen Ladungen vertreten. Zum anderen findet auch eine Einteilung in die Familien über die Massen der Teilchen statt. In der ersten Familie befinden sich die leichtesten Quarks und Leptonen, in der zweiten die mittelschweren, und in der dritten Familien die schwersten Quarks und Leptonen. Die Urteilchen setzten sich aus den 6 Quarks und den 6 Leptonen sowie deren Antiteilchen zusammen. Die Urteilchen bilden die Grundbausteine der Materie. Ihre Eigenschaften wie Ladung, Masse und anderes kann man unter Kapitel 3 zum Materieaufbau nachlesen. Die Austauschteilchen im Standardmodell sind das Gluon g der starken Wechselwirkung, das Photon der elektromagnetischen Wechselwirkung sowie die Weakonen W +, W- und Z0 der schwachen Wechselwirkung. Über die Eigenschaften der Austauschteilchen sowie über die Wechselwirkungen kann man in Kapitel 5 zu den Wechselwirkungen Näheres erfahren. Reaktionen der Elementarteilchen im Standardmodell: Eine mögliche Reaktion ist die, bei der sich ein Elementarteilchen einer Familie in ein Elementarteilchen derselben Familie umwandelt. Diese Umwandlung findet jedoch nur zwischen Quarks untereinander oder zwischen den Leptonen statt. Dies liegt an der elektrischen Ladung der Teilchen, die sich bei so einer Reaktion verändern muß. Für solche Reaktionen sind dann ebenfalls die geladenen Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung, das W+ und W- , verantwortlich. Da diese nur ganzzahlige Elementarladungen transportieren, Leptonen ganzzahlige Ladungen, Quarks jedoch Drittelladungen tragen, kann ein Übergang zwischen Leptonen und Quarks nicht stattfinden. Diese Tatsache ist experimentell bestätigt. Eine weitere mögliche Reaktion ist die Umwandlung von einem Teilchen einer Familie in ein Teilchen einer anderen Familie. Diese findet, wie experimentell beobachtet wurde, nur über die geladenen Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung, das W + und W-, statt. Dabei ist mit sehr viel kleinerer Wahrscheinlichkeit auch ein Zerfall der instabilen schweren Teilchen der 2. und 3. Familie in die stabilen leichteren Teilchen der 1. Familie, die auch die Bausteine unserer Materie darstellen, zu beobachten. Eine mögliche Reaktion ist die der starken Wechselwirkung, bei der über Gluonen ein Farbwechsel geschieht. Diese Reaktion kommt jedoch nur unter den Trägern der starken Ladung, also den Quarks, vor. Weiter können als Reaktionen noch Streuprozesse beobachtet werden, bei denen ungeladene Austauschteilchen, also das Z0 der schwachen Wechselwirkung oder das Photon der elektromagnetischen Wechselwirkung, von einem Teilchen emittiert oder absorbiert werden. Dabei ändert sich lediglich die Energie eines Teilchens, jedoch nicht das Teilchen selber. Es finden auch Reaktionen statt, in denen aus Austauschteilchen Teilchenpaare entstehen oder sich Teilchenpaare in Austauschteilchen vernichten. Diese Reaktionen nennt man Paarerzeugung oder Paarvernichtung. Da die Ladungserhaltung gelten muß, kann die Summe der elektrischen Ladungen der Elementarteilchen entweder 0 sein, dann entsteht oder vernichtet sich ein ungeladenes Austauschteilchen, also ein Photon, ein Z 0 oder ein Gluon, oder der Betrag der Summe der elektrischen Ladungen des Elementarteilchenpaares ist 1, dann entsteht oder vernichtet sich ein entsprechend elektrisch geladenes Austauschteilchen, also ein W+ oder W- der schwachen Wechselwirkung. Diese Bedingung führt dazu, daß sich nur Paare aus Materieteilchen und Antimaterieteilchen bilden oder vernichten. Zudem wurden experimentell bisher nur Paarbildungen oder Paarvernichtungen von Teilchen derselben Familie beobachtet. Eine weitere Reaktion, die stattfinden kann, ist die Umwandlung eines Teilchens in ein Antiteilchen, zum Beispiel die eines Kaons in ein Antikanon: (s, d) (s, d). 6.2 NUTZEN UND GRENZEN DES MODELLS: 6.2.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Für die Schüler ist es wichtig, daß sie erkennen, das es sich bei dem Standardmodell, genauso wie bei allen anderen Modellen, um ein Hilfsmittel der Physik handelt, Gegebenheiten der Natur in Gesetzen vereinheitlichend darzustellen. Das diese Modelle in der Physik jedoch nur Hilfsmittel sind und nur so lange gelten, bis sich unvereinbare Wiedersprüche ergeben, wird den Schülern bisher vermutlich nicht bewußt sein. Daher soll dieses Faktum an Hand des Standardmodells aufgegriffen und mit den Schülern diskutiert werden. 6.2.2 SACHANALYSE: Das Standardmodell ist, wie schon weiter oben geschrieben, ein Modell zur Beschreibung der Elementarteilchen und ihrer Austauschteilchen. Mit ihm lassen sich eine große Menge an Phänomenen vorhersagen, die dann experimentell bestätigt wurden, und es wurden experimentelle Ergebnisse gefunden, die sich in das Standardmodell einfügten und es somit bestätigten. Somit bietet dieses Modell eine Vielzahl an Möglichkeiten und bringt so seinen Nutzen. Jedoch bleiben bei dem Standardmodell manche Fragen unbeantwortet, so daß man davon ausgehen muß, daß das Standardmodell nicht die endgültige Theorie ist, sondern daß es eine noch einfachere, umfassendere Theorie geben muß, die die offenen Fragen beantworten kann. Diese Theorie wird „Theory of Everything“, kurz TOE, genannt. Was sind die offenen Fragen, die das Standardmodell bisher nicht beantworten konnte? Das Standardmodell der Teilchenphysik hat, wenn die Neutrinomasse Null ist, 18 freie, experimentell zu bestimmende Parameter, ansonsten mehr als 25. Unter anderem gehören die Massen der Elementarteilchen dazu. Warum die Elementarteilchen ihre Massen haben, ist bisher nicht beantwortet. Im Standardmodell wird der sogenannte Higgs-Mechanismus für die Massen der Teilchen verantwortlich gemacht. Das Standardmodell sagt voraus, daß alle massebehafteten Teilchen in den ersten 10-14 Sekunden des Universums masselos waren. Bei niedrigeren Energien, die nach 10-14 Sekunden im Universum herrschten, erhielten die Teilchen ihre Masse über die Wechselwirkung mit einem Higgs-Teilchen. Sie absorbieren ein HiggsTeilchen und gewinnen so ihre Massen. Beschrieben wurde dieser Vorgang, der „Higgs- Mechanismus“ genannt wird, von Peter Higgs, der eine spontane Symmetriebrechung 34 dafür verantwortlich macht. Das Higgs-Teilchen soll eine Masse von 100 – 200 GeV/c² haben. Bisher wurde es jedoch experimentell noch nicht nachgewiesen, so daß man auch noch nicht weiß, ob das HiggsTeilchen gibt, und wenn ja, ob es ein oder mehrere von ihnen gibt. Eine weitere, bisher noch nicht geklärte Frage ist die, warum sich im frühen Universum ein Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie ergab, was das Universum in seiner heutigen Form erst ermöglichte. Auf dieses Ungleichgewicht sowie die Bevorzugung der Materie gegenüber der Antimaterie kann das Standardmodell noch keine völlig befriedigenden Antworten geben. Weitere Fragen, die noch geklärt werden müssen, sind die, warum es genau 3 Generationen von Elementarteilchen gibt, warum die elektrische Ladung des Proton (also die Summe der elektrischen Ladungen der Quarks) der es Elektrons entspricht, und wie die Werte der Massen zustande kommen. 6.3 THEMENLERNZIELE: Lernvoraussetzungen: Die Schüler sollten schon einige Modelle wie das des Atomaufbaus als Beispiele für solche kennen, um an Hand des Standardmodells die Modellvorstellung in der Physik übertragen zu können. Zusätzliche Lernmaterialien: - Folien zur Übersicht des Standardmodells (Folien 13 + 14) - Folie zu den Ladungen der einzelnen Elementarteilchen des Standardmodells (Folie 15) Themenlernziel: Es sollte an dieser Stelle das Standardmodell mit den nun bekannten Elementarteilchen und den vier Wechselwirkungen im Gesamten dargestellt und als sinnvolles Modell zur 34 Näheres dazu unter anderem in: FRAUENFELDER,H./HENLEY,E.M.: Teilchen und Kerne – Die Welt der subatomaren Physik. R.Oldenbourg Verlag, München; Wien: Oldenbourg: 1999. Seite 396 ff Beschreibung des heutigen Wissens zum Aufbau der Materie hervorgehoben werden. Dafür bieten sich die Folien 13 + 14 als Gesamtübersicht an. Falls dies im Themenbereich „Materieaufbau“ noch nicht geschehen sein sollte, müssen an dieser Stelle die zweite und dritte Generation der Elementarteilchen eingeführt und die Systematik der Einteilung der Elementarteilchen in einzelne Generationen nach Masse und elektrischer Ladung erarbeitet werden. Eventuell kann man die anderen Ladungsarten der Teilchen auf der Folie 15 kurz zeigen, sollte dieses Thema jedoch nur bei ausgeprägtem Interesse der Schüler weiter vertiefen. Es sollte jedoch hervorgehoben werden, daß es sich bei dem Standardmodell um ein Modell handelt, welches bisherige Ergebnisse von Experimenten recht gut beschreibt, welches aber auch offene Fragen zurückläßt, die man mit diesem Modell noch nicht beantworten kann. Welche Fragen dies sind, kann man der Sachanalyse entnehmen und den Schülern auch in dieser oder ähnlicher Form nahe bringen. 7 7.1 ANWENDUNG: KOSMOLOGIE: STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: Um das dritte Thema des Einstiegteils ebenfalls wieder aufzugreifen und mit den in der Unterrichtseinheit erworbenen Erkenntnissen zu hinterleuchten, soll an dieser Stelle noch mal auf die fundamentale Frage des Urknalls und der Entstehung des Universums eingegangen werden. Erst hier ist es möglich, die bis heute bekannten Entwicklungsbereiche der Entstehungsgeschichte des Universums mit allen Teilchen und den wirkenden Kräften auf der Basis eines nun vorhandenen Vorwissens zu vermitteln. Damit wird ein letztes mal aufgezeigt, welchen Bezug die Teilchenphysik zu den Schülern hat, bzw. welche Erkenntnisse sie bringen kann. 7.2 SACHANALYSE: Man weiß heute, daß das Universum 10 - 15 Milliarden Jahre alt ist, immer noch expandiert und sehr flach ist. Der Anfang der prinzipiell ohne Quantengravitation beschreibbaren Zeit liegt bei 10-43 Sekunden nach dem Urknall. Man vermutet, dass sich nach ca. 10-36 s eine Potentialveränderung des frühen Universums vollzog, die dazu führte, daß eine große Menge an Energie frei wurde, die in ein vielfaches (109-faches) der heute existierenden Materie umgewandelt wurde („Inflation“). Dabei dehnte sich das Universum mit Überlichtgeschwindigkeit aus. Was jedoch davor geschah, liegt noch im Dunkeln. Die Situation des sehr frühen Universums nach 10 -35 Sekunden konnte man bisher noch nicht in Teilchenbeschleunigern simulieren, man hat jedoch genauere theoretische Vorstellungen oder Vermutungen als von der Zeit davor. So geht man davon aus, daß es neben den heute bekannten Elementarteilchen andere Teilchen gab, die bei der abnehmenden Energie des Universums wieder verschwanden. Weiter geht man davon aus, daß die elektromagnetische, die starke und die schwache Kraft gleich stark waren, während die Gravitationskraft für die Wechselwirkungen einzelner Teilchen keinerlei Bedeutung hatte. Weiter geht man davon aus, daß sich frühestens zu diesem Zeitpunkt das bisher ungeklärte Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie ergab. Die Situation, die 10-13 Sekunden nach dem Urknall herrschte, ist mit den Energien, wie sie Teilchenbeschleuniger heute erzeugen können, schon simulierbar. Daher kennt man die Teilchen, die zu diesem Zeitpunkt existierten. Es handelte sich um alle Teilchen, die im heutigen Standardmodell vertreten sind, d.h. die Elementarteilchen und die Austauschteilchen Wechselwirkungen. der vier Zwischen den Elementarteilchen bestanden jedoch noch keine Verbindungen, da die Energien zu hoch waren. Zu diesem Zeitpunkt kamen die Quarks also noch alleine und nicht wie heute nur in Verbindungen vor. Eine Sekunde nach dem Urknall entstanden auf Grund der schon recht stark abgefallenen Energie des Universums die ersten hadronischen Verbindungen, d.h. es bildeten sich Baryonen und Mesonen. Damit war die erste Stufe im Materieaufbau, wie er heute besteht, genommen. Die Materie bestand neben anderen Teilchen aus den Elektronen und den Protonen und Neutronen, die jedoch untereinander keine Verbindungen eingingen, da die Energie im Universum dafür noch zu hoch war. Nach den ersten drei Minuten war das Universum so weit abgekühlt, daß sich die ersten Atomkerne bilden konnten. Bei diesen handelte es sich um Wasserstoff-, Deuterium-, Helium- und Lithiumkerne. Atomkerne anderer Elemente bildeten sich erst in den ersten Sternen. Atome entstanden zu diesem Zeitpunkt des Universums noch nicht, da hochenergetische Photonen die sich an die Atomkerne bindenden Elektronen sofort wieder aus dem Atomverband herausschlugen. Erst nach 105 Jahren hatte die Energie im Universum so weit abgenommen, daß sich stabile Atomverbände bilden konnten, die nicht sofort wieder von hochenergetischen Photonen zerschlagen wurden. So entstand nach außen elektrisch neutrale Materie. 109 Jahre nach dem Urknall bildeten sich durch die weitreichende Schwerkraft aus den bestehenden Wasserstoff-, Helium- und Lithiumatomen die ersten Sterne. Im Innern dieser Sterne bildeten sich dann durch Kernfusion schwerere Atome bis zum Eisen, die bei den Explosionen dieser ersten Sterne freigesetzt wurden und so die Entstehung organischer, lebensfähiger Verbindungen wie auf unserer Erde ermöglichten. Dabei entstanden Atomkerne, die schwerer als Eisen waren, durch Supernovaexplosionen. Heute, also nach ca. 1010 Jahren, gibt es im Universum Galaxien, Sterne mit und ohne Planetensystemen und viele andere Himmelskörper wie Kometen und andere. Man erkennt an der kosmischen Hintergrundstrahlung von ca. 2,74 °K das „Echo des Urknalls“, und an der Rotverschiebung der Himmelskörper um uns herum, daß sich das Universum immer weiter ausdehnt. Zudem weiß man nach neuesten Erkenntnissen, daß das Universum flach ist. Man nimmt weiter an, dass es an allen Orten in alle Richtungen homogen und isotrop ist. Die weitere Entwicklung des Universums, d.h. ob es sich immer weiter ausdehnt, ob es irgendwann in seiner Expansionsbewegung abgebremst und dann stabil bleiben oder ob sich die Expansionsbewegung irgendwann in eine Kontraktionsbewegung umwandeln wird, ist nach allem, was man heute weiß, vorhersagbar. Man geht davon aus, dass das Universum immer weiter expandieren wird, und dass diese Expansion immer schneller vorangehen wird. 7.3 THEMENLERNZIELE: Lernvoraussetzungen: Die erste Voraussetzung für dieses Thema ist die, daß die Schüler in der ersten Themeneinheit das Thema Urknall bearbeitet haben. Den Schülern sollten in diesem Fall die offenen Fragen zum Thema des Urknalls noch einmal vergegenwärtigt werden. Themenlernziel: Die Schüler sollten mit ihrem jetzigen Wissen über die Elementarteilchen und die Wechselwirkungen das heutige Wissen über den Urknall und die Entwicklung bis zum heutigen Universum kennen. Dabei dürfte es für die Schüler interessant sein zu wissen, daß sie selber aus Materie bestehen, die schon in zwei oder drei Sternen war. Am einfachsten kann man die Entwicklung des Universums an der Seite „UrknallAnwendungen“ des Websystems erarbeiten. Es sollte jedoch individuell auf die in der Einführung gestellten, offenen und mit den Webseiten noch nicht beantworteten Fragen der Schüler eingegangen werden. 8 HISTORIE: HISTORISCHE ENTWICKLUNG VON DER ANTIKE ZUR MODERNEN TEILCHENPHYSIK 8.1 STELLUNG IN DER UNTERRICHTSEINHEIT: An der letzten Stelle der Unterrichtseinheit soll noch auf die historische Entwicklung der Teilchenphysik eingegangen werden. Dies ist unter Umständen für die Schüler von Bedeutung, um zu sehen, wie Wissenschaft abläuft, daß der wissenschaftliche Alltag mit Irrwegen und Fehlinterpretationen verbunden sein kann, und das Physik eine Wissenschaft ist, die nicht von Genies entdeckt sondern von Menschen erforscht und entwickelt wurde und immer noch wird. Damit wird am Thema Teilchenphysik eine Brücke zur gesamten Physik geschlagen, und es kann versucht werden, den Schülern die Vorstellung von der Physik als unverständliche, für sie meist nicht nachvollziehbare Wissenschaft zu nehmen. 8.2 SACHANALYSE: Antike: In der Antike waren es die Griechen, die vornehmlich Physik im Rahmen der Philosophie betrieben. Allerdings weicht diese damalige Wissenschaft von der heutigen Praxis stark ab, da dort vornehmlich auf geistigem Weg versucht wurde, die Welt zu begreifen, während heute der experimentelle Beweis zur Prüfung von Theorien und zur Sicherung von Wissen herangezogen wird. Bei den Griechen wurden die ersten Vorstellungen zur Teilchenphysik geprägt. Hier kam das erste mal geschichtlich belegt die Vorstellung des Elementarteilchens („atomos“) als unteilbarer Grundbaustein der Materie auf, aber auch die Erhaltung der Materie wurde erstmals erwähnt. Ungefähr 600 Jahre v.Chr. bezeichnete Thales von Milet, der auch mathematische Überlegungen betrieb und nach dem der mathematische „Satz des Thales“ benannt ist, das Wasser als das stoffliche Grundprinzip aller Dinge. Das Universum war in seiner Vorstellung eine flüssige Masse, in der die seiner Meinung nach flache Welt in einer halbkugelförmigen Luftblase schwamm. Der Himmel war durch die Wand der Luftblase realisiert. Ca. 70 Jahre später, um das Jahr 530 v.Chr., formulierte der sich ebenfalls mit mathematischen Fragen beschäftigende Phythagoras die Vorstellung, daß die Erde und alle Dinge auf ihr einem mathematischen Grundprinzip unterliegen würden. Er glaubte, daß sich auch der Ursprung des Universums durch Zahlen, die für ihn eine mystische Bedeutung hatten, erklären lassen würde. Er stellte im Gegensatz zu Thales von Milet die Vermutung an, daß die Erde eine Kugel sei. Um 500 v.Chr. kam in Italien die Vorstellung eines kontinuierlichen, homogenen, endlichen und kugelförmigen Kosmos auf. Sie wurde entwickelt von dem Italiener Parmenides und seinen Schülern, die sich von der wahrnehmbaren Welt ab- und der reinen Vernunft zuwandten. Etwa um die gleiche Zeit kam der Grieche Anaxagoras in seinen Überlegungen zu dem Ergebnis, daß die Materieveränderungen auf verschiedene Arten von elementaren Teilchen zurückzuführen sei, womit er sich in Richtung des Gesetzes von der Erhaltung der Materie bewegte. Ebenfalls um fast die gleiche Zeit, ca. 480 v.Chr., entwickelte der Grieche Empedokles die Vorstellung vom Aufbau des Universums aus den vier Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer. Durch die Trennung der Elemente seien die Sonne, Fixsterne, Planenten und die lebenden Organismen in dieser Reihenfolge entstanden. Die Elemente ordneten sich in seinem Weltbild in Sphären an, wobei die Erde die innerste Sphäre bildete, die dann nacheinander von den Sphären aus Wasser, Luft und dann Feuer umgeben sei. Im 5.Jahrhundert v.Chr. führten Demokrit und Leukipp die Lehre von den Atomen ein, die sich in einem leeren Raum, dem Universum, befinden. Dabei wurden die Atome als elementare Bausteine der Materie (griech. atomos, unteilbar) angesehen, die es schon immer gab, die unvergänglich seinen und sich ständig zu neuen und anderen geometrischen Figuren verbinden würden. Im 4.Jahrhundert v.Chr. prägte der Grieche Aristoteles den Begriff der Physik als Wissenschaft der wahrnehmbaren Eigenschaften sowie deren Veränderungen und Bewegungen. Er prägte die Deduktion (lat. deductio, Hinführung) als Mittel der Wissenschaft. Ebenfalls im 4.Jahrhundert v.Chr. kam durch Aristarchus erstmals die Vorstellung eines heliozentrischen Weltbildes auf, welche sich jedoch gegen die allgemein herrschende Lehre des geozentrischen Weltbildes nicht durchsetzen konnte. Um 100 v.Chr. beschrieb Ptolemäus von Alexandria nach Beobachtungen der Himmelskörper die Bewegung der Planeten durch ein mathematisches Modell. Das 15. bis 18.Jahrhundert: Im frühen Mittelalter wurden in der Physik keine nennenswerten oder gar für die Teilchenphysik relevanten Entwicklungen gemacht. Erst im 15.Jahrhundert kam durch das Aufbringen des heliozentrischen Weltbildes, in dem sich die Planeten einschließlich der Erde auf Kreisbahnen um die Sonne bewegen, durch Nikolaus Kopernikus wieder Bewegung in die physikalische Wissenschaft. Im 16. und 17.Jahrhundert änderte sich dann durch Galileo Galilei die bis dahin herrschende wissenschaftliche Methode des reinen Aufstellens von Hypothesen hin zur wissenschaftlichen, experimentellen Belegung aufgestellter Theorien. So wurden erstmals nicht nur theoretische Überlegungen als Erkenntnisgrundlage herangezogen, sondern es wurde verlangt, die aufgestellten Theorien durch Experimente zu belegen und damit zu beweisen. Im 17.Jahrhundert stellte Johannes Kepler durch Beobachtungen und mathematische Berechnungen erstmals die Theorie auf, daß sich die Planenten auf elliptischen Bahnen bewegen, und nicht, wie bis dahin angenommen, auf idealisierten Kreisbahnen. Im 18.Jahrhundert stellte Isaac Newton seine Gesetze zur Mechanik vor und formulierte die Gravitation als fundamentale Eigenschaft von Materie. Damit war eine der vier fundamentalen Wechselwirkungen gefunden. 19.Jahrhundert: Im Jahr 1803 lieferte der Chemiker John Dalton den experimentellen Beweis für die Existenz von Atomen. In seiner Zeit entsprachen die Atome den kleinsten, nicht mehr durch chemische Methoden teilbaren Bausteinen der Materie. Michael Faraday lieferte Anfang des Jahrhunderts den Beweis über den Zusammenhang von Elektrizität und Magnetismus, worauf hin James Clerk Maxwell 1873 die Theorie des Elektromagnetismus aufstellte. Diese wurde durch die Nachweis der elektromagnetischen Wellen durch Hertz noch bestärkt. Maxwell stellt zusätzlich zu seiner Theorie des Elektromagnetismus noch die Theorie der Moleküle auf. 1874 beschrieb George Johnstone Stoney eine Theorie über die Existenz von Elektronen. Dieses wurden dann 1897 von J.J.Thomson entdeckt, womit eine neue Zeit anbrach, da das Atom nun nicht mehr als kleinster Baustein der Materie galt sondern teilbar wurde. Thomson hatte noch die Vorstellung eines Atoms als eine gleichmäßig positiv geladene Kugel mit wie Rosinen in einem Brötchen verteilten Elektronen darin. 1896 entdeckte H.Becquerel bei der Untersuchung fluoreszierender Substanzen auf Röntgenstrahlung die Radioaktivität. Er stellte bei der Untersuchung der Fluoreszenz eines Uransalzes fest, dass dieses auch im Dunkeln leuchtet, und zudem ungewöhnlich intensiv. Diese neuartige Eigenschaft wurde Radioaktivität genannt. Im Jahr 1900 begründete Max Planck die Quantenmechanik durch die Vorstellung, daß elektromagnetische Strahlung nur in Paketen, sogenannten Quanten, auftritt. 20.Jahrhundert: 1905 stellt Albert Einstein seine spezielle Relativitätstheorie vor. In ihr taucht über die Formel E = mc² die Masse-Energie-Äquivalenz auf, die als Grundlage der modernen Teilchenphysik diente. Zudem entdeckte Einstein 1905 den Photoeffekt und damit die Photonen. Im Jahr 1909 fand Ernest Rutherford durch seinen berühmten Streuversuch, bei dem er Alpha-Teilchen auf eine dünne Goldfolie schoß, heraus, daß sich das Atom anderes zusammensetzt, als Thomson es nach seiner Entdeckung der Elektronen angenommen hatte. Nach Rutherford befindet sich im Innern des Atoms ein sehr kleiner, massiver und elektrisch positiv geladener Kern. 1913 entwickelte Niels Bohr sein nach ihm benanntes Atommodell, bei dem sich die Elektronen auf Schalen um den Atomkern herum bewegen. Damit gelang ihm erstmals erfolgreich, die Quantenvorstellung auf den Aufbau der Atome anzuwenden. 1919 fand Ernest Rutherford erste Hinweise auf die Existens von Protonen, was auf eine innere Struktur der Atomkerne hindeutete, die bis dahin als unteilbar angesehen worden waren. Auf Grund dieser Entdeckung folgerten James Chadwick und E.S.Bieler 1921, daß es eine extrem starke Kraft geben müßte, die die Atomkerne zusammenhält. Es dauerte jedoch noch 11 Jahre, bis Chadwick 1932 das Neutron entdeckte und damit als Beginn der Kernphysik die Mechanismen der Kernbindung und des Kernzerfalls Schwerpunkte der Forschung wurden. 1924 machte Louis de Broglie den Vorschlag, daß auch Teilchen Welleneigenschaften besitzen würden. 1925 führte Wolfgang Pauli das nach ihm benannte Pauli-Prinzip ein, nachdem es in einem Atom nie zwei Elektronen mit identischen Quantenzahlen gibt. 1927 wurden Stoffe entdeckt, die Elektronen emittieren. Dies war die Entdeckung des radioaktiven Betazerfalls. Da man wußte, daß Atome und Atomkerne diskrete Energiespektren besitzen, verstand man nicht, warum die emittierten Elektronen ein kontinuierliches Energiespektrum besaßen. Dieses Problem löste sich erst, als 1930 Wolfgang Pauli die Einführung eines neuen Teilchens, dem Neutrino, vorschlug. Dieses sollte beim Betazerfall zusammen mit dem Elektron emittiert werden und so die Energieund Impulserhaltung garantieren. In dieser Zeit hatte sich die Quantenmechanik und die spezielle Relativitätstheorie durchgesetzt, und es wurde angenommen, daß es drei fundamentale Teilchen gibt: das Elektron, das Proton und die Photonen als Quanten der elektromagnetischen Strahlung. 1928 versuchte Paul Dirac das Elektron zu beschreiben, in dem er Quantenmechanik und spezielle Relativitätstheorie verband. 1931 stellte er fest, dass seine neue Theorie elektrisch positiv geladene Elektronen forderte, die noch nicht entdeckt, aber existent sein müßten. Er nannte dieses elektrisch positiv geladene Elektron Positron. Damit war das erste Antiteilchen eingeführt. 1932 entdeckt, wie schon erwähnt, James Chadwick das Neutron, womit es vier fundamentale Teilchen gab: das Elektron, das Proton und Neutron sowie das Photon. Im gleichen Jahr entdeckt Carl Anderson das Positron und bestätigte damit Diracs Theorie. 1935 sagte der japanische Physiker Hideki Yukawa die Existens von Mesonen voraus. Er hatte eine Theorie für die Wechselwirkungen innerhalb des Atomkerns durch den Austausch sogenannter Pi-Mesonen aufgestellt. Dieses Pi-Meson wurde 1947 in der kosmischen Höhenstrahlung entdeckt. 1937 wurde in der kosmischen Höhenstrahlung das Myon entdeckt, das man anfänglich für das von Yukawa vorausgesagte Pi-Meson hielt, da es genau wie das vorhergesagte PiMesons eine um den Faktor 200 größere Masse als das Elektron besaß. Etwa 10 Jahre nach der Entdeckung des Myons wurde dieses als erstes Teilchen der 2.Generation erkannt. Man führte daher den Begriff der Leptonen („die Leichten“) für diese vergleichsweise leichten Teilchen ein. Zur Gruppe der Leptonen gehörten zu diesem Zeitpunkt das Elektron, das Neutrino und das Myon. In den folgenden Jahren bis 1954 entdeckte man eine Reihe neuer Teilchen, die man alle als Elementarteilchen ansah. Im Jahr 1954 wurden dann erstmals durch C.N.Yang und Robert Mills die theoretischen Grundlagen des Standardmodells geschaffen. Bis 1961 versuchten die Wissenschaftler auf mathematischem Weg, die Vielzahl an neuen Teilchen einzuordnen. Dies führte dann später zur Entwicklung des Quarkmodells. In den Jahren 1953 bis 1957 kamen durch Streuexperimente von Elektronen an Protonen erstmals Vermutungen über eine innere Struktur der Protonen auf. Auch das Neutron wies solche Strukturen auf. Beide Teilchen wurden jedoch weiterhin als elementar angesehen. In den Jahren 1957 bis 1959 schlugen die Physiker Julian Schwinger, Sidney Bludman und Sheldon Glashow unabhängig voneinander schwere geladene Bosonen als Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung vor. Diese wurden dann 1983 in einer Proton-Antiproton-Reaktion entdeckt. Im Jahr 1962 bestätigte man auf experimentellem Weg, was vorher schon in der Theorie angenommen worden war: es gibt ein zweites Neutrino, das dem Myon zugeordnet ist. Damit umfaßte die Gruppe der Leptonen vier Teilchen, das Elektron mit dem zugeordneten Elektron-Neutrino, und das Myon mit seinem zugeordneten Myon-Neutrino. 1964 schlugen die Physiker Murray Gell-Mann und George Zweig die Quarks als Bausteine der Vielzahl an Mesonen und Baryonen, die man bisher als unübersichtlichen und komplizierten Teilchenzoo gefunden hatte, vor. Sie führten in diesem Zusammenhang drei verschiedene Quarks ein: up, down, strange. Diese Quarks sollten Fermionen mit Drittelladungen der Elementarladungen sein. Man vermutete nach der Einführung diese Quarkmodells auf Grund der Anordnung der Leptonen, daß es noch ein viertes Quark geben müßte, was charm genannt werden sollte. Da die Quarks jedoch nie experimentell beobachtet werden konnten, nahm man ihre Einführung vorerst nur als rein theoretische Überlegung zur Anordnung der Hadronen an. 1965 führten O.W.Greenberg, M.Y.Han und Y.Nambu die Farbladung als Eigenschaft der Quarks ein. Sie machten die Aussage, daß alle Hadronen nach außen farbneutral wären und sich die Quarks immer zu farbneutralen Kombinationen zusammenfügen würden. 1967 veröffentlichten Steven Weinberg und Abdus Salam unabhängig voneinander die Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung als Vereinigung der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung. Im Zusammenhang mit ihrer Theorie forderten sie ein weiteres Austauschboson der schwachen Wechselwirkung, daß Z 0. Entdeckt wurde dieses sowie die beiden anderen Austauschbosonen der schwachen Wechselwirkung, also das W+ und W-, jedoch erst 1983 am CERN bei Genf. Dort wurden Protonen gegen Antiprotonen beschleunigt. Die Theorie von Weinberg und Salam forderte außer dem elektrisch neutralen Austauschboson Z0 der schwachen Wechselwirkung auch die Existenz eines weiteren Bosons mit nicht vorhersagbarer Masse, des Higgs-Bosons. Dieses wurde bisher noch nicht nachgewiesen. 1968 und 1969 wurden am Stanford Linear Accelerator (SLAC) bei Experimenten, bei denen Elektronen an Protonen gestreut wurden, erstmals die Quarkstruktur des Protons nachgewiesen. Sie wurden dadurch entdeckt, daß die Elektronen an harten „Patronen“ innerhalb der Protonen abzuprallen schienen. 1970 wurde die Bedeutung der Existenz eines vierten Quarks für die Theorie des Standardmodells entdeckt, da dieses vierte Quark eine Theorie erlaubt, die eine durch die Z0 vermittelte schwache Wechselwirkung zulassen würde, die flavourerhaltend ist, d.h. die eine schwache Wechselwirkung ohne Änderung der elektrischen Ladung der Wechselwirkungspartner ermöglicht. 1973 wurden in einem Neutrino-Experiment am CERN bei Genf neutrale schwache Ströme entdeckt und diese Wechselwirkung auf den Austausch von elektrisch neutralen Z0 zurückgeführt. Im gleichen Jahr wurde die Quantenfeldtheorie für die starke Wechselwirkung, die Quantenchromodynamik (QCD), formuliert. Sie lehnt sich an die Quantenelektrodynamik (QED) an und ist eine Theorie über die Quarks und Gluonen. 1974 entdeckten Burton Richter und Samuel Ting unabhängig voneinander experimentell ein neues Meson, das Charmonium, was aus einem Charm- und einem Anticharm-Quark besteht. Damit war das theoretisch geforderte vierte Quark entdeckt. 1975 wurde in einem Speicherringexperiment am SLAC ein weiteres Lepton, das Tauon, entdeckt. Damit war völlig unerwartet das erste Teilchen der dritten Generation entdeckt worden. 1977 entdeckte Leon Lederman am Fermilab das Bottom-Quark, was die Entdeckung des ersten Quarks der dritten Generation bedeutete. Die Theorie legte es nun nahe, ein weiteres, sechstes Quark zu suchen. Dieses Quark wurde als Top-Quark eingeführt und erst 1994 bei einer ungewöhnlich hohen Masse von 175 GeV/c² am Fermilab entdeckt. 1979 wurde am DESY in Hamburg der experimentelle Beweis für die Existenz der Gluonen als Austauschteilchen der starken Wechselwirkung gebracht. 1983 wurden, wie schon weiter oben erwähnt, die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung, das W+, W- und Z0, am CERN bei Genf gefunden. 1989 waren sich die Wissenschaftler durch Experimente am CERN und SLAC sicher, daß es nur drei Generationen von Elementarteilchen mit leichten Neutrinos gibt. Durch die Entdeckung des Top-Quarks 1994 wurde die dritte Generation von Elementarteilchen komplett. Damit hat man alle Elementarteilchen und auch alle Austauschteilchen gefunden, die im Standardmodell vorausgesagt wurden. Das einzige Teilchen, dass bisher noch nicht gefunden wurde, ist das Higgs-Teilchen. 8.3 THEMENLERNZIELE: Lernvoraussetzungen: Die Schüler brauchen keine speziellen Kenntnisse mitbringen, da es sich um ein geschichtliches Thema handelt. Sie sollten nur den heutigen Stand des Wissens zur Teilchenphysik sowie die groben Züge des Standardmodells beherrschen, um die Entdeckungen und Erkenntnisse im Laufe der Geschichte einordnen zu können. Themenlernziel: Es kann sinnvoll sein, wenn die Schüler den groben Überblick zur historischen Entwicklung, den die Schüler eventuell im Rahmen des Themas „Materieaufbau“ gewonnen haben, erweitern. Dabei sollten die Schüler ungefähr wissen, welche Philosophen, die Physik betrieben, in der Antike welche Erkenntnisse hatten, wie diese Entwicklung erst im 19.Jahrhundert weiter getrieben wurde und im 20.Jahrhundert mit vielen Irrwegen die Erkenntnisse brachte, die man heute als Wissen zum Aufbau der Materie und zur Entstehung der Welt bezeichnet. Dabei können die Schüler die Erkenntnisse aus dem Websystem gewinnen, der Lehrer hat jedoch die Möglichkeit, auch andere Medien und Fakten einzubringen. DER GROBENTWURF FÜR DAS KONZEPT EINER PROJEKTWOCHE ZUR TEILCHENPHYSIK IN DER JAHRGANGSSTUFE 10 Ein Beispiel für Lerninhalte sowie Aktionsmöglichkeiten innerhalb einer Projektwoche zur Teilchenphysik in der Jahrgangsstufe 10 Hinweis: Die hier nur kurz vorgestellten Themen sind an die entsprechenden Themen der Unterrichtseinheit angelehnt, daher sind dort nähere Informationen zur Umsetzung sowie zu Hintergrundinformationen zu den einzelnen Themen nachzulesen. 1. 2. Einführung mit dem Thema „Urknall“ als fundamentale Frage der Menschheit - Offene Fragen sammeln - Bekanntes Wissen der Schüler zusammenstellen Vorstellung der Möglichkeiten zur Strukturuntersuchung - Erklärung des Begriffs Struktur; - Einführung des Begriffs Elementarteilchen; - Motivation der Strukturuntersuchung von Zielobjekten durch Probeteilchen; - Verständnis für die Tatsache, daß Probeteilchen kleiner als Strukturen von Zielobjekten sein müssen; - hochenergetische Teilchen zur Strukturuntersuchung kleinster Strukturen; - Teilchenbeschleuniger als Untersuchungsgeräte von Teilchenstrukturen hin zu Elementarteilchen; - Aufgaben der Teilchenbeschleuniger zur Untersuchung von Teilchenstrukturen sowie zur Erzeugung neuer Teilchen und deren Untersuchung; Als mögliche Projekte zu diesem Thema bieten sich an: - Bau eines Teilchenbeschleunigermodells (s. Abb. nächste Seite); - Besuch eines Teilchenbeschleunigers, entweder das DESY in Hamburg, des CERN in Genf, einen Teilchenbeschleuniger an einer nahegelegenen Universität oder ein Forschungszentrum (z.B. in Jülich) 3. Vorstellung des Materieaufbaus aus den Elementarteilchen, sowie die Einführung der anderen Elementarteilchen der zweiten und dritten Generation - Vorstellung der vier Grundbausteine der Materie sowie deren Eigenschaften (Masse, Ladung, etc.) - Erläuterungen des Materieaufbaus in den Zusammensetzungen der Teilchen in den einzelnen Stufen - 4. Vorstellung der beiden anderen Teilchengenerationen Vorstellung der vier Wechselwirkungen - Nennung der vier Wechselwirkungen sowie Hervorhebung der drei für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen - Die Austauschteilchen der vier Wechselwirkungen - Die Eigenschaften der Wechselwirkungen, für Produktion, Zerfall und Kraftwirkung verantwortlich zu sein - Die Reichweiten und sonstigen Eigenschaften der Wechselwirkungen - Die Ladungen der Wechselwirkungen, und die Nennung der Elementarteilchen, die diese Ladungen tragen 5. Erläuterung des Standardmodells - Zusammenfassende Darstellung der Elementarteilchen und ihrer Eigenschaften wie elektrische Ladung und Masse - Darstellung der vier Wechselwirkungen mit ihren Austauschteilchen und Eigenschaften wie Reichweite usw. - 6. Nutzen und Grenzen des Standardmodells Beantwortung der offenen Fragen zum Urknall - Beantwortung der offenen Fragen zum Urknall nach Behandlung der Themen der Projektwoche - Erläuterung des Wissensstandes der modernen Forschung zum Thema Urknall - Ausblick auf weitere Theorien und Vermutungen, die noch näher an den Urknall heranreichen ANHANG B: EIN UNTERRICHTSVERSUCH IN DER SEKUNDARSTUFE I Der Unterrichtsversuch, der den Titel „Einführung in die Teilchenphysik“ trug, fand vom 23.4. bis 21.5.2001 in der Klasse 10a des Gymnasium am Oelberg in Oberpleis, Stadt Königswinter, statt. Die Klasse umfaßte 24 Schüler, der Unterricht wurde in je zwei Einzelstunden pro Woche gehalten und umfaßte insgesamt 9 Unterrichtsstunden. Das Physikschulbuch der Schüler, welches in dem Unterrichtsversuch zum Einsatz kam, war: BREDTHAUER,W./ KLAR,G./ LICHTFELDT,M./ REIMERS,J./ SCHMITDT,M./ WESSELS,P.: Impulse Physik 1 für die Mittelstufe der Gymnasien. Ernst Klett Schulbuch GmbH, Stuttgart, 1993. Der Verlauf des Unterrichts war ursprünglich auf 6 Unterrichtsstunden ausgelegt und folgendermaßen geplant: 1. Stunde: Einführungsstunde - Urknall 2. Stunde: Strukturen 3. Stunde: Materieaufbau I 4. Stunde: Materieaufbau II 5. Stunde: Wechselwirkungen 6. Stunde: Abschlußstunde Auf Grund von an verschiedenen Stellen, u.a. bei dem Photoeffekt, auftretenden Verständnisproblemen der Schüler wurde der Unterricht auf 9 Unterrichtsstunden ausgedehnt, wobei der ursprünglich vorgesehene Unterrichtsinhalt beibehalten wurde. Verlauf der einzelnen Stunden: 1. Stunde: Der Unterricht der ersten Stunde begann mit der provokanten These: „Einstein sagte 1917, daß das Universum schon immer so existierte, wie es jetzt ist, und das es sich nicht verändert oder verändern wird.“ Dies führte zur Sammlung von den Schülern schon bekanntem Wissen zum Universum und dem Thema Urknall, sowie zu den offenen Fragen der Schüler. Die auf einer Folie zusammengestellten Ergebnisse sahen folgendermaßen aus: Bekanntes Wissen Offene Fragen # es gab einen Urknall # Was ist Materie? # es gab irgendwann Materie, # Was ist Antimaterie? die sich zu Atomen, Planeten, Galaxien # Welche Gesetze/ Kräfte geformt hat regulieren die Entwicklung # das Universum dehnt sich aus des Universums? # es gibt Atome # Woher stammt die Materie? # Atome bestehen aus Protonen #Wie sieht die Zukunft des & Neutronen; um diese kreisen Elektronen Universums aus? 2. Stunde: In dieser Stunde wurde zu Anfang der Begriff der Struktur eines Teilchens als seine Eigenschaft der Unterteilbarkeit in kleinere Teilchen eingeführt. Danach wurde das Lichtmikroskop in seinem Aufbau und seiner Funktionsweise wiederholt. Dabei wurde auf den Strahlengang des Lichts eingegangen, d.h. die Vorstellung von Licht aus Lichtstrahlen erörtert. Als nächstes wurde an Hand des Photoeffektes versucht, den Schülern die Teilchenvorstellung von Licht zu erklären. Den Schülern wurde der Übergang von Lichtstrahlen zu Lichtteilchen durch diesen Versuch jedoch nicht klar, so daß sie erst einmal akzeptierten, daß Licht aus Teilchen bestehen könnte, ohne dies jedoch wirklich verstanden zu haben. Danach wurde erörtert, wie an Hand der Teilchenvorstellung von Licht die Funktionsweise des Lichtmikroskops zu verstehen sei. Nachdem den Schülern Untersuchungsobjekten die mit Arbeitsweise Probeteilchen des zur Mikroskops Untersuchung durch der Beschuß von Strukturen der Untersuchungsobjekte verständlich geworden war, wurde mit den Schülern erarbeitet, daß man für die Untersuchung von Strukturen Probeteilchen braucht, die kleiner sind als die zu untersuchenden Strukturen. An dieser Stelle wurde die Simulation „Bär in der Höhle“ auf der Seite „Strukturen“ des Websystems gezeigt, um die gewonnene Erkenntnis zu vertiefen. Danach wurde den Schülern erläutert, daß man, wenn man keine kleineren Probeteilchen mehr zur Verfügung hat, daß man dann kleine hochenergetische Probeteilchen nutzen sollte. Dies wurde an Hand des gedanklichen Zugexperimentes verständlich gemacht, welches in dem Themenziel der Unterrichtsplanung zum Thema Strukturen erläutert wird. Es konnte noch kurz motiviert werden, daß man aus Fokussierungsgründen elektrisch geladenen hochenergetische Teilchen wie Elektronen als Probeteilchen nutzt. Dies geschah an Hand der Funktionsweise des Fernsehers, wie er im Physikschulbuch der Schüler auf der Seite 113 dargestellt ist. Auf den Teilchenbeschleuniger konnte in diese Stunde nicht mehr eingegangen werden. 3. Stunde: In dieser Stunde, die nur mit 11 der 24 Schüler stattfand, wurde noch einmal der Photoeffekt wiederholt. Dabei stellte sich heraus, daß die Schüler den Versuchsaufbau verstanden hatten, jedoch nicht über den Versuch den Rückschluß auf die Teilcheneigenschaft von Licht ziehen konnten. Man kann davon ausgehen, daß den Schülern für diese für sie neue physikalische Vorstellungsweise des Lichts das fachliche Vorwissen fehlt, welches bei der Einführung des Photoeffekts in der Sekundarstufe II den Schülern schon zur Verfügung steht. Wenn man nicht die angemessene Unterrichtszeit zur Verfügung hat, um den Photoeffekt sehr ausführlich und eventuell auch experimentell zu behandeln, sollte man vermutlich die Teilchenvorstellung von Licht einführen, ohne sie experimentell zu motivieren. Nach der Feststellung, welches im Zusammenhang mit dem Photoeffekt die Probleme der Schüler waren, wurden noch einmal ausführlich die Schritte der letzten Stunde von kleinen Probeteilchen hin zu kleinen hochenergetischen Probeteilchen durchgeführt. Auch die Tatsache, daß man geladene hochenergetische Probeteilchen verwendet, wurde erörtert. Danach wurde den Schülern das Prinzip der Beschleunigung elektrisch geladener Teilchen in elektrischen Feldern erklärt. Der Begriff des elektrischen Feldes wurde jedoch weitestgehend ausgeklammert und nur mit den Begriffen Anode und Kathode und dem Begriff der Spannung gearbeitet. In diesem Zusammenhang wurde den Schülern die Einheit Elektronenvolt als Einheit für die Energie eines beschleunigten Teilchens erläutert. Für beide neuen Themen wurden die passenden Simulationen auf der Seite „Beschleuniger“ des Websystems herangezogen. Nachdem kurz der Begriff des Teilchenbeschleunigers als Apparatur zur Beschleunigung der Teilchen auf die vorher erörterte Weise eingeführt wurde, hatten die Schüler die Möglichkeit, die über die Seite „Beschleuniger“ des Websystems erreichbare Simulation zur Beschleunigung eines elektrisch positiv geladenen Teilchens in einem Wechselfeld auszuprobieren. Auf diese Weise wurde den Schülern das vorgestellte Prinzip der Beschleunigung geladener Teilchen spielerisch nahegebracht, was bei den Schülern mit viel Begeisterung aufgenommen wurde. 4. Stunde: In dieser Stunde wurde nach einer kurzen Wiederholung der Erkenntnisse der letzten Stunde der Aufbau der stabilen Materie in seinen einzelnen Stufen vom Molekül bis hin zu den Quarks und dem Elektron erarbeitet. Dabei wurden den Schülern einige historische Fakten zur Entdeckung der einzelnen Materiebausteine sowie deren Größenordnung erläutert. Als selbständige Aufgabe sollten die Schüler die elektrischen Ladungen des Up- und des Down-Quarks aus einem Gleichungssystem, aufgestellt über die Zusammensetzung der Nukleonen und das Wissen über deren elektrischer Ladung, errechnen: 2qu + 1qd = 1 1qu + 2qd = 0. Diese Berechnung bereitete den Schülern wider Erwarten recht große Schwierigkeiten, so daß die geplante Einführung des Positrons und damit der Antimaterie auf die nächste Stunde verschoben werden mußte. 5. Stunde: In dieser Stunde wurde die Antimaterie über die „Aufstellung einer quadratischen Gleichung mit zwei Lösungen“ durch Dirac und die damit verbundene theoretische Einführung des Antiteilchens sowie die von Anderson aufgenommene bekannte Abbildung der Spur eines Positrons über die Linke-Hand-Regel für bewegte elektrisch geladene Teilchen in Magnetfeldern eingeführt. An dieser Stelle wurde den Schülern der Unterschied zwischen Materie und Antimaterie über die entgegengesetzte Ladungen erläutert, ohne jedoch auf andere als die elektrische konkret aufmerksam zu machen. Weiter wurde den Schülern mitgeteilt, daß sich unsere Welt genauso gut aus Antimaterie zusammensetzen könnte und man nichts davon merken würde. Als zweiten Teil dieser Stunde wurde der Versuchsaufbau zur Einführung der Masseenergie erläutert, der ausführlich im Unterrichtskonzept sowie im Websystem nachzulesen ist. Es handelt sich um den theoretischen Aufbau der Kollision eines Elektrons und eines Positrons, bei der ein Proton und ein Antiproton entstehen. 6. Stunde: In dieser Stunde wurde der Versuchsaufbau zur Einführung der Masseenergie noch einmal wiederholt und die erforderlichen Berechnungen vorgenommen. Dabei konnte man feststellen, daß die Vorstellung von Masseenergie den Schülern sichtliche Schwierigkeiten bereitete, was man an regen Fragen zum Verständnis erkennen konnte. Der zweite Teil dieser Stunde, die Einführung des Elektron-Neutrinos, mußte wegen der Verständnisschwierigkeiten auf die nächste Unterrichtsstunde verschoben werden. 7. Stunde: Am Anfang dieser Stunde wurde an Hand des radioaktiven Beta-Zerfalls das ElektronNeutrino als letztes Teilchen, welches in stabiler Materie enthalten ist, eingeführt. Dies geschah über die Energieerhaltung, die auch beim Beta-Zerfall gelten muß und den Schülern schon bekannt war. Im zweiten Teil der Stunde wurden die Schüler in drei Gruppen eingeteilt, wo sie nach einer kurzen Einführung zum Thema Wechselwirkungen die Einzelheiten der 3 Wechselwirkungen des Standardmodells aus den zugehörigen Seiten des Websystems erarbeiten sollten. Die Ergebnisse der Schüler sind auf den handschriftlich von den Schülern selbst erstellten Folien nachzulesen. 8. Stunde: In dieser Stunde wurden die Ergebnisse der Gruppenarbeit der letzten Stunde von den Schülern mit Unterstützung seitens der Lehrkraft vorgetragen. Dabei wurde ersichtlich, daß man für die einzelnen Wechselwirkungen mehr Zeit für Erklärungen und anschauliche Beispiele gebraucht hätte, da manche Tatsachen bei den Schülern große Verständnisprobleme hervorriefen. Es wurde am Ende ein Umfragebogen an die Schüler verteilt, dessen Ergebnis weiter unten zu lesen ist. 9. Stunde: In dieser Stunde wurde ein schriftlicher, in dieser Arbeit nicht enthaltener Test durchgeführt, der zeigte, daß die Schüler im Großen und Ganzen durchschnittlich viel von dem Unterrichtsstoff zur Teilchenphysik verstanden hatten. Zum Schluß wurde noch eine kurze Erläuterung zu den Fragen der 1.Stunde vorgenommen, bei der die Schüler noch einmal die Möglichkeit zur Beantwortung offener Fragen hatte. Auf Seiten der Schüler kamen jedoch keine weiteren Fragen mehr auf. Danach hatten die Schüler die Möglichkeit, in dem Informatikraum der Schule einzeln das Websystem anzuschauen und ein wenig darin herumzustöbern. Fragebogen zum Physikunterricht in der Teilchenphysik 1. Alter: _______ Jahre 2. Geschlecht: o weiblich o männlich 3. Was verstehst Du unter „Physik“? 9. Hättest Du Dir für manche Themen mehr Zeit für Fragen, Vertiefungen, ausführlichere Erklärungen gewünscht? o o ja nein 10. Wenn ja: Zu welchen Themen? 4. Wie würdest Du selber Deine Physikkenntnisse/ Physikfähigkeiten einschätzen? o o o o o 5. Sehr gut Gut Mittel Eher schlecht Sehr schlecht Was gefällt Dir besonders gut/schlecht an Physik bzw. am Physikunterricht? 11. Hättest Du gerne mehr praktische Aufgaben/Versuche gehabt? o o o ja nein weiß nicht 12. Wie groß war Dein Interesse an der Physik vor diesem Unterricht? 6. Wie hat Dir der Unterricht zur Teilchenphysik gefallen? o o o o o 7. Sehr groß Groß Mittel Gering Gar nicht vorhanden 13. Wie hat sich Dein Interesse zur Physik verändert? Lag dies an: o o o o 8. sehr gut gut mittel nicht so gut überhaupt nicht gut o o o o o Am Thema An der Art der Unterrichtsdurchführung An beidem An..._______________ War der Stoffumfang angemessen? o o o o o viel zu wenig zu wenig genau richtig zu viel viel zu viel Es ist: o o o o o Viel größer größer gleich geblieben kleiner viel kleiner 14. Hast Du Physik für die Sekundarstufe II gewählt? o o Ja Nein Test zur Teilchenphysik 1. Welche Elementarteilchen findet man in stabiler Materie? 2. Welche dieser Teilchen findet man nur in festen Bindungen? 3. Auf wie viele fundamentale Wechselwirkungen kann man alle Kräfte in der Natur zurückführen? 4. Wie heißen diese Wechselwirkungen, welche Elementarteilchen nehmen jeweils teil (welche Art von Ladungen müssen sie haben), und wie heißen die jeweiligen Austauschteilchen? 5. Was versteht man unter Materie, was unter Antimaterie? 6. Was versteht man unter Strukturen? 7. Welche Voraussetzungen müssen Probeteilchen mitbringen, damit man mit ihnen kleine Strukturen untersuchen kann? 8. Welche Energieformen hat Dein Mathelehrer Herr Ding, wenn er vom 1.Stockwerk ins Erdgeschoss herunterläuft? Welche Energieform ist dabei wohl die größte? Auswertung des Fragebogens: Von den 24 Schülern der Klasse haben 16 Schüler einen Fragebogen abgegeben, 5 Mädchen und 11 Jungen. Die Schüler waren 15 (2Schüler), 16 (13 Schüler) und 17 (1 Schüler) Jahre alt. Ich habe eine Auswertung der Fragebögen der Jungen und der Mädchen getrennt vorgenommen und sie nach den Aspekten der Selbsteinschätzung der Physikkenntnisse (Frage 4), des Interesses an Physik vor dem Unterricht (Frage 12), der Interessensänderung nach dem Unterricht (Frage 13), die Wahl von Physik in der Sekundarstufe II mit dem Einfluß des Unterrichts (Fragen 14-16), die Frage zum mehr moderner Physik im Unterricht (Frage 22) sowie dem Interesse an Schulvorträgen oder ähnlichem durch Hochschulphysiker (Frage 23) ausgewertet. Betrachtet man die Selbsteinschätzung der Physikfähigkeiten bzw. –kenntnisse der Schüler (Frage 4), so ist ein deutlicher Unterschied zwischen Jungen und Mädchen zu erkennen. - Von den Mädchen schätzen sich vier auf „mittel“ und eine auf „eher schlecht“ ein, wobei alle fünf vor dem Unterricht ein mittleres Interesse an Physik hatten. Vier Schülerinnen hatten nach dem Unterricht größeres Interesse an Physik, eine hatte ein unverändertes Interesse. Dieses Mädchen war die einzige der Befragten, die Physik in der Oberstufe gewählt hat, jedoch genauso wie die anderen vier unbeeinflußt durch den Unterricht. - Die Jungen haben eine breitere Verteilung: ein Junge schätzt sich „sehr gut“, drei auf „gut“, vier auf „mittel“ und drei auf „eher schlecht“. Von den ersten vier war vor dem Unterricht ein sehr großes bis großes Interesse an Physik, bei den vier „Mittleren“ war ein großes bis geringes Interesse, und bei den drei „eher Schlechten“ war ein geringes bis gar nicht vorhandenes Interesse vorhanden. Von den „sehr guten“ bis „mittleren“ Schülern hatten fünf nach dem Unterricht größeres, drei gleichgebliebenes Interesse an Physik, bei den „eher schlechten“ Schülern hatte sich das geringe Interesse nicht verändert. Von den Jungen haben sechs Physik in der Oberstufe gewählt, von denen zwei positiv durch den Unterricht beeinflußt wurden. Alle anderen Schüler waren in ihrer Wahl vom Unterricht unbeeinflußt. Zu der Frage, ob im Unterricht mehr „moderne“ Physik unterrichtet werden sollte, waren sich Jungen und Mädchen einig: nur einem Jungen und einem Mädchen war dies egal, alle anderen wollten mehr moderne Physik im Unterricht. Auf die Frage, ob Hochschuldozenten an den Schulen vorbeikommen und z.B. Vorträge halten oder Fragen beantworten sollten, waren sich die Schüler noch einiger: Bis auf einen Jungen, der gar keine Angabe zu dieser Frage machte, beantworteten alle Schüler diese Frage mit „ja“. Zum einen bestätigt diese Umfrage die bestehende Meinung, daß im Bereich Physik ein Unterschied zwischen Jungen und Mädchen besteht. Die Jungen schätzten sich tendenziell eher besser ein und haben entsprechend mehr Interesse an Physik, einschließlich von über 50% Physikwahl für die Oberstufe, im Vergleich zu 20% bei den Mädchen. Man erkennt jedoch auch, daß das Interesse bei Jungen und Mädchen gleichermaßen durch den Unterricht zur Teilchenphysik gestiegen ist. Jedoch hatte dies nur bei zwei Jungen einen positiven Einfluß auf die Wahl von Physik in der Sekundarstufe II. Alle anderen Schüler zeigten sich in ihrem Wahlverhalten für die Oberstufe gar nicht beeinflußt. Dies legt im Zusammenhang mit der bei Jungen und Mädchen gleich starken Nachfrage nach mehr „moderner“ Physik im Unterricht die Vermutung nahe, daß ein schon früher thematisch anders orientierter Unterricht oder eine ausführlichere Behandlung des Themas Teilchenphysik die Schüler eventuell stärker und nachhaltiger beeinflußt hätte. Zudem sollte man noch gezielter versuchen, auch Mädchen eine Perspektive für Physik in der Oberstufe zu vermitteln. Alles in allem müssen jedoch noch weitere Unterrichtsversuche mit entsprechenden Umfragen unternommen werden, um eine wirklich repräsentative Aussage machen zu können. Anhang C: Das Websystem Es handelt sich um ein Websystem, welches im Rahmen der 1.Staatsexamensarbeit erstellt wurde und optimiert ist für folgende Browser: Netscape 4.7 und Internet-Explorer 5.0. Dieses Websystem „Teilchenphysik für die 10.Klasse“ versucht, aufbauend auf die nach den in den Lehrplänen in dieser Altersklasse vorgesehenen Kenntnissen in Mathematik, Physik und Chemie, einen interaktiven Einstieg in die Teilchenphysik zu vermitteln. Dabei soll das Websystem für autodidaktisches Lernen ebenso geeignet sein wie für den begleitenden Einsatz einer Unterrichtseinheit zum Thema Teilchenphysik in der Jahrgangsstufe 10. In dem Websystem wurde besonderer Wert auf die immer wieder auftretenden interaktiven Abfragemöglichkeiten zu dem erarbeiteten Wissen gelegt. Hiermit soll den Schülern die Möglichkeit zur spielerischen Prüfung ihres Wissenstandes ermöglicht werden. Weiter wurde auf erklärende Simulationen sowie die Möglichkeit des selbständigen Arbeitens geachtet, um die manchmal recht schwer verständlichen Sachverhalte zu verdeutlichen und/ oder den Schülern einen Einblick in die „Praxis“ der Teilchenphysiker zu vermitteln. Wie sich in dem in Anhang B erläuterten Probeunterricht gezeigt hat, wird es jedoch noch nötig sein, das Websystem nach verschiedenen Unterrichtsversuchen und den daraus gewonnenen Erkenntnissen weiter zu modifizieren und zu verbessern, um eine optimal an die Lebenswirklichkeit der Schüler einer 10.Klasse angepaßte Lernhilfe zu erhalten. Start des Websystems auf der CD-Rom unter: „Neue WebSeiten/titelseite.htm“