¨Ubungen zur Theoretischen Physik IIA – SS 2004

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Übungen zur Theoretischen Physik IIA – SS 2004
H. Kroha, A. Wißkirchen
Physikalisches Institut der Uni Bonn
http://www.th.physik.uni-bonn.de/tp2
Anwesenheitsübungen VII
11. Juni
A7.1 Drehimpulsalgebra
In der Vorlesung wurden Symmetrietransformationen besprochen und auch das Konzept von Liegruppe und Liealgebra eingeführt. Wir möchten noch einmal die relevanten Begriffe definieren und am Beispiel der Drehgruppe illustrieren.
In der Mathematik wird eine reelle Liealgebra A wie folgt definiert:
1. A ist ein reeller Vektorraum.
2. Es gibt eine schiefe (d.h. [a, b] = −[b, a]) bilineare Abbildung [., .] : A × A → A.
3. Für alle a, b, c ∈ A erfüllt dieses Lieprodukt die Jacobiidentität
[a, [b, c]] + [b, [c, a]] + [c, [a, b]] = 0.
(1) Sei A = R3 und [., .] das Vektorprodukt ×. Offensichtlich ist das Vektorprodukt
~a × ~b bilinear (d.h. jeweils linear in ~a und in ~b ) und schief. Zeige auch die
Gültigkeit der Jacobiidentität, womit A eine Liealgebra ist.
Nun möchte man einer solchen Liealgebra A lineare Operatoren auf einem komplexen
Vektorraum V zuordnen, diese linearen Abbildungen bilden selbst einen Vektorraum
L(V ). Da wir es also mit zwei linearen Objekten A und L(V ) zu tun haben, soll diese
Zuordnung D : A → L(V ) selbst eine lineare Abbildung sein, d.h.
D(a + b) = D(a) + D(b),
D(λa) = λD(a),
a, b ∈ A, λ ∈ C.
Man hat aber noch mehr Struktur als die Linearität, denn die Zuordnung D soll
auch noch mit dem Lieprodukt [., .] verträglich sein, d.h. dieses auf den Kommutator von Operatoren abbilden, denn der Kommutator erfüllt dieselben algebraischen
Eigenschaften wie das Lieprodukt (insbesondere die Jacobiidentität). Das bedeutet:
D(a)D(b) − D(b)D(a) =:
[D(a), D(b)]
{z
}
|
Kommutator in L(V )
= D([a, b]),
|{z}
a, b ∈ A.
in A
Eine Abbildung D mit diesen Eigenschaften heißt Darstellung von A in V .
(2) Betrachte die Drehimpulsoperatoren Lk und setze für ~a ∈ R3
3
D(~a ) =
1 X k
1
~
a Lk =: ~a · L.
ih̄
ih̄
k=1
Zeige, daß D eine Darstellung der Algebra A = ( R3 , ×) auf dem Raum der
quadratintegrierbaren Funktionen L2 ( R3 ) ist. Offensichtlich ist D(~a ) linear in ~a,
zu zeigen ist, daß D(~a × ~b ) = [D(~a), D(~b )].
Analog zur obigen Konstruktion möchte man nun auch den Elementen einer Gruppe
G (nicht notwendigerweise lineare) Abbildungen auf einem Vektorraum V zuordnen,
diese Abbildungen auf V bilden die Gruppe Aut(V ). Diesmal haben wir es mit den
zwei Gruppen G und Aut(V ) zu tun, will man also die Struktur von G auf Aut(V )
übertragen, muß die Abbildung D : G → Aut(V ) ein Gruppenhomomorphismus sein:
D(gh) = D(g)D(h), D(1lG ) = 1lV , D(g −1 ) = (D(g))−1 ,
g, h ∈ G.
Hat D : G → Aut(V ) diese Eigenschaften, so heißt D Darstellung von G in V . Ist
zusätzlich D(g) für alle g ∈ G unitär, so heißt D unitäre Darstellung.
(3) Zeige, daß eine unitäre Darstellung von SO(3) auf L2 ( R3 ) gegeben ist durch
(D(R)ψ)(~r ) = ψ(R−1~r ),
R ∈ SO(3).
Übrigens ist (Dt (R)ψ)(~r ) = ψ(~r ) auch eine unitäre (aber triviale) Darstellung.
(4) Zeige, daß R = e~a×. eine Drehung um ~a mit Winkel |~a| beschreibt. Nutze, daß das
Vektorprodukt mit ~a als Wirkung einer schiefen Matrix aufgefaßt werden kann.
Die Exponentialfunktion bildet demnach die Liealgebra ( R3 , ×) auf SO(3) ab.
(5) Zeige, daß die Darstellungen D der Drehgruppe und D der Drehimpulsalgebra A
über die Exponentialfunktion verknüpft sind, wie auch in (4) die Elemente:
i
~
(eD(a) ψ)(~r ) = (e− h̄ ~a·L ψ)(~r ) = ψ(R−1~r ) = (Dψ)(~r ).
Schließlich heißt eine Darstellung D irreduzibel, falls es keine echten invarianten Teilräume gibt, formal gesprochen: ist V 0 ⊂ V ein unter D invarianter Teilraum, d.h.
D(a)V 0 ⊂ V 0 für alle a ∈ A, so ist V 0 = 0 oder V 0 = V . Entsprechendes gilt für D.
A7.2 Kugelflächenfunktionen als Drehimpulseigenfunktionen
In der Vorlesung wurden die Drehimpulsoperatoren, ihre Algebra und ihre Eigenfunktionen eingeführt, wobei einer übersichtlichen und kompakten Darstellung zuliebe auf
längerwierige technische Rechnungen verzichtet. Daher diese Aufgabe.
In TP I wurden die Kugelflächenfunktionen Y`m als Eigenfunktionen des Laplaceoperators auf S 2 eingeführt, d.h. ∆Y`m (ϑ, ϕ) = −λY`m (ϑ, ϕ) mit λ = `(` + 1). Die Y`m
sind homogene Polynome in sin ϑ und cos ϑ vom Grad `, multipliziert mit e imϕ . Es
∗
gilt Y`m
= (−1)m Y`,−m und unter der Parität hat man Y`m (−~er ) = (−1)` Y`m (~er ).
~ 2 und Lz angeben?
(1) Warum kann man nur simultane Eigenfunktionen zu L
∂
(2) Zeige Lz = h̄i ∂ϕ
und berechne Lz Y`m . Warum mußte m ganzzahlig sein?
2
~ 2 = −h̄ (r2 ∆ − (~r · ∇)
~ 2 − ~r · ∇)
~ und folgere daraus
(3) Zeige L
∆=
1 ~2
1 ∂2
r − 2 2L
.
2
r ∂r
h̄ r
~ 2 Y`m ? Warum ist ` ≥ |m|? Welche Werte darf ` annehmen?
(4) Was folgt aus (3) für L
h̄
∂
∂
∂
∂
(5) Zeige Lx = i (− sin ϕ ∂ϑ
− cos ϕ cot ϑ ∂ϕ
) und Ly = h̄i (cos ϕ ∂ϑ
− sin ϕ cot ϑ ∂ϕ
).
(6) Zeige, daß der Operator L± := Lx ± iLy das höchste bzw. tiefste Y annihiliert:
L± Y`,±` = 0. Verwende dazu die explizite Form Y`,±` ∼ r1` (x±iy)` ∼ sin` ϑ e±i`ϕ .
(7) Zeige, daß L± innerhalb der Y`m mit festem ` als L± Y`m ∼ Y`,m±1 wirkt. Daher
nennt man die L± auch Leiteroperatoren.
(8) Stelle die stationäre freie Schrödingergleichung in Kugelkoordinaten mit dem Separationsansatz ψ(~r ) = R`m (r)Y`m (ϑ, ϕ) auf. Was rechtfertigt diesen Ansatz?
Welche Gleichung folgt für R`m (r) und warum hängt R`m nicht von m ab? Daher kann man kurz R` (r) schreiben.
(9) Diese Lösung R` für das freie Teilchen heißt sphärische Besselfunktion. Löse die
Gleichung für den Fall ` = 0. Gib R` (r) für kleine r explizit an.
Hausaufgaben VII
Abgabe am 16. Juni
H7.1 Eichtransformation
Betrachte ein Teilchen der Ladung q im elektromagnetischen Feld. Die nun folgende
Rechnung ist so grundlegend, daß die Vorlesung noch einmal wiederholt werden soll.
(1) Zeige, daß die Schrödingergleichung lautet:
Ã
1
2m
µ
q~
h̄ ~
∇ − A(~
r, t)
i
c
¶2
!
+ q Φ(~r, t) ψ(~r, t) = ih̄
∂
ψ(~r, t).
∂t
(2) ψ(~r, t) löse diese Schrödingergleichung. Zeige, daß nach einer Eichtransformation
~ 0 (~r, t) = A(~
~ r, t) + ∇Θ(~
~ r, t),
A
Φ0 (~r, t) = Φ(~r, t) −
1 ∂
Θ(~r, t)
c ∂t
der elektromagnetischen Potentiale die Schrödingergleichung von
iq
ψ 0 (~r, t) = e h̄c Θ(~r,t) ψ(~r, t)
gelöst wird, d.h. ψ wird mit einer orts- und zeitabhängigen, durch die Eichfunktion Θ der Potentiale gegebenen Phase multipliziert. Diskutiere das Ergebnis.
H7.2 Irreduzible Darstellungen der Drehimpulsalgebra
Man kann die Drehimpulsalgebra auch ganz abstrakt betrachten, unabhängig von der
Wahl einer speziellen Darstellung. Dabei erhält man, daß der Drehimpulseigenwert
` ganz- oder halbzahlig sein darf. Für ganzzahliges ` kann die Darstellung durch
Kugelflächenfunktionen beschrieben werden, was schließlich in (9) geschieht. Um die
halbzahligen Werte werden wir uns später kümmern.
Sei V ein endlichdimensionaler komplexer Vektorraum mit Skalarprodukt h., .i. Sei
D eine irreduzible Darstellung der Drehimpulsalgebra in V mit D(~a )+ = −D(~a ) für
alle ~a ∈ R3 , d.h. D ist antihermitesch. Sei ~ei die Standardbasis in R3 . Setze
Jz = iD(~ez ),
J± = iD(~ex ) ∓ D(~ey ),
J~ 2 = −D(~ex )2 − D(~ey )2 − D(~ez )2 .
Die Begriffe im vorigen Absatz sollen nicht abschrecken. Man kann sich ruhig die
1
~ vorstellen, womit dann gilt:
~a · L
explizite Form D(~a ) = ih̄
1
1
1
Jz = Lz , J± = (Lx ± iLy ), J~ 2 = 2 (L2x + L2y + L2z )
h̄
h̄
h̄
und gleich mit den schon bekannten Vertauschungsrelationen der Lk rechnen.
Daß D irreduzibel ist, bedeutet, daß wir uns auf einen Raum beschränken, in dem alle
Vektoren Eigenzustände von J~ 2 zu immer dem gleichen (unten als α bezeichneten)
Eigenwert sind. Wie sich zeigt, sind diese beiden Bedingungen äquivalent.
(1) Zeige, daß die folgenden Kommutatorrelationen gelten:
[Jz , J± ] = ±J± , [J− , J+ ] = −2Jz , [J~ 2 , Jz ] = [J~ 2 , J± ] = 0, J~ 2 = J+ J− +Jz2 −Jz .
(2) Folgere aus der Irreduzibilität von D: es gibt ein nichtnegatives, reelles α, so daß
für alle v ∈ V gilt: J~ 2 v = α v. Wann ist α > 0 und wann α = 0 ?
Wenn man sich das ganze wie oben beschrieben weniger abstrakt vorstellt und einen
Eigenraum von J~ 2 mit Eigenwert α zugrundelegt, entfällt diese Überlegung natürlich.
Daß α ≥ 0 sein muß und wann α = 0 ist, kann man jedoch trotzdem fragen.
(3) Beweise, daß die Eigenwerte von Jz reell sind. Zeige: ist λ0 der größte Eigenwert
von Jz mit zugehörigen Eigenvektor ψλ0 , so gilt J+ ψλ0 = 0. Zeige λ0 (λ0 +1) = α.
(4) Setze ψn = (J− )n ψλ0 und zeige Jz ψn = (λ0 − n)ψn .
(5) Zeige: es gibt ein k mit ψk+1 = J− ψk = 0 und ψn 6= 0 für n ≤ k. Folgere k = 2λ0 .
(6) Zeige:
J+ J− ψn = (λ0 (λ0 + 1) − (λ0 − n)(λ0 − n − 1))ψn .
Folgere daraus, daß die Anwendung der Operatoren J± , Jz nicht aus dem durch
die {ψn }n=0,...,k aufgespannten Raum herausführt. Folgere ferner aus (4), daß
die ψn orthogonal sind.
(7) Begründe nun mit der Irreduzibilität von D, daß die Vektoren {ψn }n=0,...,k sogar
eine (orthogonale) Basis von V bilden.
Setzt man statt Irreduzibilität voraus, daß der Raum aus den Zuständen besteht, die
den gleichen Eigenwert unter J~ 2 haben, so hat man nun einen (2λ0 +1)-dimensionalen
Raum, der von den (orthogonalen) ψn aufgespannt wird. Aus diesem Raum führt
die Anwendung der Drehimpulsoperatoren nicht hinaus und es werden auch nach
Konstruktion alle Zustände durchfahren, da ψn = (J− )n ψλ0 . Daher kann es in diesem
Raum keine echten invarianten Teilräume geben, womit die so konstruierte Darstellung
irreduzibel ist. Zu zeigen ist nun noch, daß es nicht noch weitere Eigenfunktionen
außer den hier konstruierten gibt, dies kann man ähnlich wie beim harmonischen
Oszillator begründen (H5.4.1). Man muß dann noch zeigen, daß es nur einen Zustand
mit maximalem (oder minimalem) Jz -Eigenwert gibt, dies entspricht der Tatsache, daß
beim harmonischen Oszillator der Grundzustand, auf dem alles aufbaut, eindeutig ist.
(8) Verwende nun die üblichen Indizes. Setze dazu λ0 = `, d.h. k = 2`, und definiere
ψ`−m
für m = (−`, −` + 1, . . . , `) die Vektoren am = ||ψ
. Zeige Jz am = mam sowie
`−m ||
p
ham , J− am+1 i = hJ+ am , am+1 i = ` (` + 1) − m(m + 1).
Inwieweit ist damit die Normierung der ψn festgelegt?
1
~ daß am = Y`m .
(9) Zeige (mit A7.2) für ` ∈ N und die Wahl D(~a ) = ih̄
~a · L,
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