BRITTA BEIER (Matrikelnr.:20012638) Koordinationstraining als Unfallverhütung Seminararbeit im Rahmen des Seminars: „Gesundheitserziehung im Schulsport“ Seminarleitung: Dr. Helga Adolph Universität Gesamthochschule Kassel SS 2001 Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS ......................................................................... 3 0. VORWORT ........................................................................... 4 1. EINLEITUNG ........................................................................ 4 2. UNFÄLLE UND UNFALLURSACHEN IM KINDESALTER ................... 4 2.1 Charakteristika des Unfallgeschehens ............................................. 5 2.2 Unfallursachen ................................................................................ 5 2.2.1 Technische Ursachen ......................................................................................... 5 2.2.2 Motorische Ursachen .......................................................................................... 6 2.3 Zusammenfassung .......................................................................... 6 3. BEWEGUNGSKOORDINATION .................................................. 7 3.1 Annäherung ..................................................................................... 7 3.2 Bedeutung ....................................................................................... 8 4. VERBESSERUNG KOORDINATIVER FÄHIGKEITEN ........................ 8 4.1 Inhalte des Koordinationstrainings ................................................... 9 4.2 Methoden ........................................................................................ 4 4.2.1 Grundsätze .......................................................................................................... 4 4.2.2 Grundformel ........................................................................................................ 5 4.2.3 Übungsbeispiele ................................................................................................. 4 4.2.4 Geräteaufbau ....................................................................................................... 7 4.3 Differenzierungsaspekte .................................................................. 7 4.3.1 Alter ..................................................................................................................... 8 4.3.2 Disziplin .............................................................................................................. 8 4.4 Zusammenfassung .......................................................................... 9 5. RESÜMEE ........................................................................... 9 6. LITERATURVERZEICHNIS ...................................................... 10 KOORDINATIONSTRAINING ALS UNFALLVERHÜTUNG .............................. 11 Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 0. 4 Vorwort Obwohl es lange Zeit in Anspruch nahm, sich in die Materie einzufinden, bin ich nun völlig begeistert von den vielfältigen Möglichkeiten dieses wichtige Thema im Unterricht umzusetzen. Für mich ist es selbstverständlich gewesen, Treppen zu ste igen, von einer Mauer zu springen oder bei grüner Ampel zügig über die Straße zu gehen. Dass das ein langer Prozess der Übung war, ist mir erst währen der Bearbeitung des Referates deutlich geworden. Auch das die Koordinationsfähigkeit wesentlich zu unserer alltäglichen Sicherheit beiträgt wurde mir erst jetzt bewußt. Meiner Meinung nach sollte, besonders im Hinblick auf die Sicherheit, schon im Kindergarten eine umfangreiche Koordinationsschulung durchgeführt werden, die im Laufe der Schulzeit weitergeführt und möglicherweise (in Einzelfällen) spezialisiert wird. Nach anfänglichen Bedenken, dieses Thema zu bearbeiten, kann ich jetzt sagen, dass ich mit Eifer und Freude „bei der Sache gewesen bin“ und mich weiterhin mit dem Koordinationstraining und zugehörigen Themen auseinandersetzen werde. 1. Einleitung Die natürlichen Bewegungsmöglichkeiten der Kinder werden gegenwärtig – besonders in den Städten- immer geringer. Das führt dazu, dass Computer- und Videospiele mehr und mehr zu den favorisierten Freizeitbeschäftigungen zählen und die tägliche Bewegungszeit der Kinder minimieren. Der Mangel an motorischer Aktivität bedingt Bewegungsdefizite sowie Wahrnehmungsstörungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen. Genannt seien hier nur Haltungs-, Muskel- und Herz-KreislaufSchwächen. In beinahe allen Lebensbereichen wirken sich diese Mängel negativ auf die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen aus (KÖNEMANN , 1998). Um den Alltag unfallfrei zu bewältigen, müssen grundlegende Bewegungen sicher beherrscht werden. „Bewegungsförderung stellt somit ein wirksames Mittel zur Unfallverhütung dar“ (KUNZ, 1993). Koordinative Fähigkeiten ermöglichen zudem sichere Bewegungsabläufe. In dieser Seminararbeit widme ich mich dem Thema der Unfallverhütung –und damit der Erhaltung der Gesundheit- in Zusammenhang mit der Verbesserung der Koordination. 2. Unfälle und Unfallursachen im Kindesalter Unfälle bei Kindern und Jugendlichen sind ein aktuelles Thema und deuten auf fehlende Bewegungssicherheit und motorische Mängel hin. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 2.1 5 Charakteristika des Unfallgeschehens Torsten KUNZ gliedert das Unfallgeschehen nach Alter und Geschlecht der Kinder, Zeitpunkt, Art und Gewichtigkeit des Unfalls, Verletzungen, Unfallort und Tätigkeit vor dem Unfall. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die „Unfallbelastung“ mit höherem Alter, durch die größerer Bewegungserfahrung, abnimmt und Jungen durch ihre meist lebendigere und aggressivere Bewegung doppelt so häufig in Unfälle involviert sind wie Mädchen, da sie die Bewegungen „auf Grund zu geringer motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht sicher beherrschen“ (KUNZ, 1993). Die Unfälle ereignen sich besonders beim Spiel und während der Fortbewegung am frühen Vor- und Nachmittag. Als Gründe dafür führt KUNZ (1993) u.a. den niedrigen Blutzuckergehalt und die daraus resultierende Konzentrationsschwäche an. Außerdem haben die Kinder am Nachmittag –nach den Hausaufgaben oder im Kindergarten- Zeit zum spielen (KUNZ, 1993). Die Tatsache, dass sich unzählige Unfälle beim Spielen ereignen (Ihre Unfallschw ere liegt über der von Arbeitnehmern!), macht es wenig verwunderlich, dass es sich bei Stürzen um die häufigste Art der Unfälle handelt. Stürze aus der Höhe, auf einer Eb ene oder an Gegenstände sowie der Zusammenprall mit Gegenständen werden unterschieden. Hinzu kommen Unfälle durch Stoßen, Schlagen, Zusammenprallen, Schneiden, Stechen und Einklemmen. Heiße Substanzen, Strom, Tiere, Ersticken, Ertrinken, Gifte und Säuren machen nur einen geringen Teil der Unfälle aus. Der große Anteil der Kopfverletzungen hängt mit der Fülle der Stürze zusammen. Dies läßt sich durch die Körperform der Kleinkinder (überproportionalgroßer Kopf) und deren nicht vorhandener Reaktionsschnelligkeit, um Stürze abzufangen, erklären. Desweiteren sind offene Wunden, Frakturen, Quetschungen, Zerrungen und Prellungen bei Kinderverletzungen von großer Bedeutung (KUNZ, 1993). Auch wenn es sich im Allgemeinen bei Kindern nur um „Bagatellverletzungen“ handelt, muß u.U. mit einer langen Genesungszeit gerechnet werden. Bemerkenswert ist, dass nach KUNZ 8% der Unfälle zu irreversiblen Schäden führen und dass technische Fehler und Nichteinhaltung der Aufsichtspflicht nur in geringem Maße zu Unfällen führen (KUNZ, 1993). 2.2 Unfallursachen 2.2.1 Technische Ursachen Technische Mängel, wie z.B. defekte Spielgeräte, bilden nur einen geringen Anteil der Unfallursachen. Denn die regelmäßige Wartung leistet einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit von Spielgeräten und Spielplätzen. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 6 2.2.2 Motorische Ursachen Motorische Defizite haben im Gegensatz zu den technischen Mängeln einen gewichtigeren Einfluß auf das Auftreten und Ausmaß der Unfälle. Die eingangs schon genannten Bewegungsdefizite, die durch geringe Bewegungsaktivität verursacht werden, und mangelnde bis fehlende koordinative Fähigkeiten sind wesentliche Gründe für das Mißglücken grundlegender alltäglicher Bewegungen (KUNZ, 1993): Schwaches Gleichgewicht wird als Hauptursache für Stürze von Geräten und Fahrzeugen angesehen. Ungenügende Kraft in Armen und Händen und unzureichende Geschicklichkeit sind Ursachen für Stürze von Klettergerüsten. Durch wenig Kraft in den Beinen und mangelnde Gewandtheit kann die Landung nach dem Sprung von einem Gerät zu Verletzungen führen. Die nur schwach ausgebildete Abfangreaktion, Körperkoordination und Kraft der Arme bahnt Kopfverletzungen bei Stürzen von Geräten an. Ist die Fertigkeit Gehen ungenügend ausgebildet, kann es leicht zu Stürzen in der Ebene kommen. Abwesende Reaktionsschnelligkeit und zu geringe Gewandtheit begünstigen das Zusammenstoßen bei Laufspielen und sind Ursachen von ausbleibenden Ausweichbewegungen sowohl beim Rennen als auch vor fliegenden Gegenständen. Kindern fehlt häufig Kraft und Reaktion, um sich vor Klemmungen und Quetschungen zu schützen, indem sie z.B. die zufallende Tür aufhalten oder die Finger schnell aus der Gefahrenzone ziehen. Mangelnde Konzentration und Ausdauer führt zu schneller Ermüdung und fehlender Konzentration. Torsten KUNZ führt in seinem Buch „Weniger Unfälle durch Bewegung“ desweiteren zwei wissenschaftlich geprüfte Tatsachen an (KUNZ, 1993): 1. Es existiert ein Zusammenhang zwischen „Unfallhäufigkeit“ und „motorischen Defiziten“. 2. Es ist ein Zusammenhang zwischen „Anzahl der Sportunfälle“ und „motorischen Fähigkeiten“ bekannt. 2.3 Zusammenfassung Es ist zu sehen, dass der Mangel an Bewegungsmöglichkeiten schwerwiegende Folgen, wie unzureichend ausgebildete Fähigkeiten und Fertigkeiten, hat. Somit können Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 7 immer weniger Kinder die alltäglichen und altersgemäßen Bewegungen und Handlungen sicher durchführen. Es kommt zu Unfällen, welchen präventiv gegengesteuert werden muß. Dazu könnte man nach KOSEL (1998) die äußeren Bedingungen so verändern, dass es nur noch selten zu Unfällen kommen kann (z.B. Airbag, Fahrradhelm, Leitplanken, Ampeln, ...), man könnte verbindliche Regeln aufstellen, um gefährliche Situationen zu vermeiden (z.B. Verkehrsregeln, ...) oder man könnte jedem Individuum Fähigkeiten, wie Orientierung, Reaktion, Wahrnehmung, ..., lehren. Das Letztere scheint am plausibelsten zu sein, denn es klingt utopisch, unsere Umwelt absolut gefahrensicher machen zu wollen. Es liegt also am Menschen selbst, sich in jeder beliebigen Situation zurechtzufinden und richtige, der Situation angemessene Entscheidungen zu treffen. KOSEL (1998) hält die „Bewegungssicherheit“ und die damit verbundene „Koordinationsfähigkeit“ für entscheidende Faktoren der Unfallverhütung. Ziel m uß es somit sein, schon den Kleinsten die motorischen Fähigkeiten, wie Kraft, Ausdauer, Reaktion, Schnelligkeit, Geschicklichkeit und Gleichgewicht, sowie motorische Fertigkeiten, wie Springen, Fortbewegen, Werfen, anzueignen und sie dadurch dazu bringen, „altersgemäße Bewegungen unfallfrei auszuführen“.(KUNZ, 1993, S. 21) 3. Bewegungskoordination 3.1 Annäherung In der Literatur läßt sich keine Einheitliche „Koordination“ und „Bewegungskoordination“ finden. Bestimmung der Begriffe Die Definition der Koordination aus dem Sportwissenschaftlichen Lexikon (MECHLING in R ÖTHIG , 1983, S. 166): „Koordination bezieht sich auf die physiol. Perspektive bei der Betrachtung der Bewegungskoordination. Sie ist definiert als „das Zusammenwirken von Zentralnervensystem und Skelettmuskulatur innerhalb eines gezielten Bewegungsablaufes.“ Dabei wird zwischen intramuskulärer und intermuskulärer K. unterschieden. Die intramuskuläre K. bezieht sich auf das Zusammenwirken von Nerv und Muskel, die intermuskuläre K. auf das Zusammenwirken von verschiedenen (z.B. agonischen und antagonischen) Muskeln.“ (HOLLMANN , 1980, S. 143). Auch die Bewegungskoordination wurde von Mechling definiert und ist im Sportwissenschaftlichen Lexikon (R ÖTHIG , 1983, S. ) nachzulesen: „Unter B. wird die zeitliche, räumliche und kraftmäßige Steuerung einer Einzelbewegung oder komplexer Bewegungsvollzüge verstanden, die entsprechend sensorisch vermittelter äußerer Vorgaben oder Ziele zustande kommt.“ D.h., dass ohne ein vorgegebenes Ziel keine Bewegungskoordination zustande kommen kann, da sie das Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 8 Erfüllen einer bestimmten Aufgabenstellung anstrebt. Man kann die Bewegungskoordination auch als ein Gefüge verstehen, in dem die Bewegung und ihre inneren Ursachen, wie Orientierung, Planung, Steuerung und Kontrolle, zur Erfü llung einer Aufgabe, zusammengesetzt wurden (NEUMAIER , 1999, S. 13). Bewegungskoordination unterscheidet sich von der Koordination in dem Punkt, dass sie sich nicht hauptsächlich auf den „physiologisch-motorischen“ Bewegungsablauf konzentriert, sondern auf die Qualität der „wahrnehmungsgebundenen Informationsaufnahme und –verarbeitung“ (R ÖTHIG , 1983)). 3.2 Bedeutung Wer sich bewegt, kann sich nicht vor der Bewältigung koordinativer Aufgaben schützen (NEUMAIER , 1999). Bewegungsstörungen werden jedoch durch gute Bewegungskoordination verringert. Dies führt dazu, dass in einigen Lebensbereichen (Alltag, Freizeit, Arbeit,...) eine größere Sicherheit vorherrscht und die Unfallhäufigkeit reduziert wird. Somit steigt das Selbstvertrauen und die Freude an der Bewegung, soziale Probleme werden verringert und Ängste (weitgehend) abgebaut (KUNZ, 1993) 4. Verbesserung koordinativer Fähigkeiten Wie auch in der Schule, kommt es im Sport darauf an, Grundlagen zu schaffen, um eine spätere Spezialisierung vorzubereiten. Eine gut gefächerte „Grundlagenausbildung“ ermöglicht es demnach die vielfältigen Seiten des Sports kennenzulernen. Dabei spielt das Stichwort „allgemeine, sportartübergreifende Koordinationsschulung“ eine entscheidende Rolle (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998). Die Definition für „koordinative Fähigkeiten“ der BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN (1998) lautet: „Die koordinativen Fähigkeiten bilden [..] die zentrale Basis für das, was man als motorische Intelligenz, Lernfähigkeit, Begabung oder Talent bezeichnet.“ Man kann mit Sicherheit sagen, dass es von Vorteil ist, die allgemeinen koordinativen Fähigkeiten so früh wie möglich zu schulen. Denn besonders im Kindesalter können Informationen aus der Umwelt rasch aufgenommen und umgesetzt werden. Mit welchen Themen sich ein Koordinationstraining beschäftigen sollte, wird in folgendem Abschnitt angesprochen. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 4.1 9 Inhalte des Koordinationstrainings Eindeutig ist es, dass das Ziel eines Koordinationstrainings die Verbesserung koordinativer Fähigkeiten ist. Über die genauen Inhalte kann jedoch niemand eine verbindliche Auskunft geben. Worüber man nicht diskutiert, ist die Beschreibung der koordinativen Fähigkeiten. Den BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN (1998) zufolge werden „die koordinativen Fähigkeiten [..] als generelle, bewegungs- und sportartübergreifende Leistungsvoraussetzungen angesehen, die das Niveau wesentlicher Vorgänge bei der Steuerung und Regelung menschlicher Willkürbewegungen charakterisieren.“ Ein Streitpunkt besteht nun darin, wie man die unterschiedlichen Anforderungen, die koordinative Fähigkeit ausmachen, in Zusammenhang bringt. Dieser Uneinigkeit folgen mannigfache „Anforderungsklassen“. Die nachstehende Tabelle (den BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN (1998, S.88) entnommen) zeigt nur wenige Begriffe die zu den koordinativen Fähigkeiten zählen. Tabelle 1 könnte um ein Vielfaches erweitert werden. Dabei wird deutlich, dass e ine eindeutige Systematisierung kaum möglich ist und deshalb auch in der Literatur unterschiedliche Einteilungen zu finden sind. Beispielsweise wird nach beobach tbaren und nicht beobachtbaren und komplexen und sportartspezifischen Fähigkeiten unterschieden (KOSEL,1998, S.10). Adaptiosfähigkeit Kopplungsfähigkeit Anpassungsvermögen Motorische Lernfähigkeit Antizipationsfähigkeit Motorische Speicherungsfähigkeit Auge-Hand-Koordination Motorische Vorstellungsfähigkeit Balancefähigkeit Muskelentspannungsfähigkeit Beweglichkeit Orientierungsvermögen Bewegungsphantasie Präzision Dynamische Flexibilität Raumgefühl Elastizität Reaktionsvermögen Geschicklichkeit Regelungsfähigkeit Gewandtheit Regulationsfähigkeit Gleichgewichtsvermögen Rhytmisierungsfähigkeit KinästhetischeDifferenzierungsfähigkeit Steuerungsvermögen Kombinationsvermögen Umstellungsfähigkeit Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung Wendigkeit 4 Zeitgefühl Tab.1: Zur Begriffsvielfalt im Bereich der koordinativen Fähigkeiten (* Diese Tabelle wurde den Bielefelder Sportpädagogen (1998, S.88) entnommen.) Da es aber nur schwer möglich ist, diese Menge an koordinativen Fähigkeiten separat zu schulen, stellte man diese koordinativen Anforderungsklassen nebenbeinander, um sie durch eine –oben bereits erwähnte- gut gefächerte Grundlagenausbildung zu vermitteln. Das folgende Modell strukturiert die allgemeinen koordinativen Anforderungen (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.89f / Neumaier, 1999, S.113). 1. Die dem „Koordinationsprozeß“ zugrundeliegenden Informationsquellen (im Besonderen die Sinnesorgane) sind im oberen Teil zu erkennen. Die efferenten Informationsanforderungen beziehen sich auf den Umfang der „einzubeziehenden Muskelgruppen“ und die afferenten Informationsanforderungen auf die Sinnesorgane. 2. Der untere Teil stellt die Druckbedingungen Koordinationsleistungen erbracht werden müssen dar, unter welchen Koordinative Anforderungen von Bewegungsaufgaben Informationsanforderungen: Efferente Informationsverarbeitung Feinmotorisch; großmotorisch afferente Informationsbearbeitung optisch; akustisch; taktil; kinästhetisch; vestib ulär Druckbedingungen: Präzisionsdruck Zeitdruck Kompläxitätsdruck Situationsdruck Belastungsdruck Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 4 Variabilitätsdruck Abb. 1 Koordinative Anforderungskategorien: Informationsanforderungen und Druckbedingungen (in: Neumaier,1999, S.113 / Bielefelder Sportpädagogen, 1998, S.90) Die sechs „motorisch-koordinativen Druckbedingungen“ haben die Bielefelder Sportpädagogen wie folgt definiert: Zeitdruck: Aufgabenstellungen, bei Geschwindigkeitsmaximierung ankommt. denen Präzisionsdruck: Aufgabenstellungen, Genauigkeit ankommt. bei Kompläxitätsdruck: Aufgabenstellungen, bei denen es auf eine Bewältigung vieler hintereinandergeschalteter Anforderungen ankommt. Organisationsdruck: Aufgabenstellungen, bei denen es auf eine Bewältigung vieler gleichzeitiger Anforderungen ankommt. Belastungsdruck: Aufgabenstellungen, bei denen es auf die Bewältigung von Anforderungen unter physisch-konditionellen Belastungsbedingungen ankommt. Variabilitätsdruck: Aufgabenstellungen, bei denen es auf die Bewältigung von Anforderungen unter wechselnden Umgebungs- / Situationsbedingungen ankommt. es denen auf es Zeitminimierung auf / höchstmögliche Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass mit diesem Modell ein breites Spektrum an koordinativen Aufgaben erstellt werden kann. 4.2 Methoden 4.2.1 Grundsätze Methodische Prinzipien sollten gewährleisten, dass die Schüler häufig an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geführt werden und dass sie lernen, sich der Situation angemessen zu verhalten. Wesentliche Grundsätze dafür sind: 1. Selbstbestimmung des Schwierigkeitsgrades: Die Aufgaben sollten so gestellt werden, dass die Schüler selbst entscheiden können, welchen Schwierigkeitsgrad sie zur Lösung verwenden. (z.B. verschieden hohe Kästen, Entfernungen variieren,...) 2. Bewegung für alle: Der Lehrer sollte unbedingt darauf achten, dass keine langen Wartezeiten vor Geräten entstehen. Bei Spielen ist es wenig sinnvoll, „ausgeschiedene“ Schüler auf die Bank zu setzen, denn in den meisten Fällen scheiden gerade die Schüler Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 5 aus, die Bewegung am nötigsten haben. Deshalb sollte entweder ohne „ausscheiden“ gespielt werden oder den „Ausgeschiedenen“ eine andere Bewegungsaufgabe gestellt werden. 3. Gewährleistung langer Übungsphasen: Da einmaliges Üben zu keinem Erfolg führt, sollte ausreichend Zeit zum gemeinsamen und auch selbstständigen Üben gewährleistet werden. 4. Hilfestellung: Der Lehrer und auch die Mitschüler sollten nur dann Hilfe leisten, wenn sie angemessen ist oder der Schüler es ausdrücklich verlangt, denn unerwünschte Hilfe kann Selbständigkeit verhindern. 5. Korrektur: Der Lehrer sollte auf das Gefühl der Kinder vertrauen. Oft merken sie, ob eine Bewegung richtig oder falsch ist. Dies fördert auch das „eigenständige Lern- und Entwicklungsvermögen“ der Schüler (vgl. KOSEL, 1998, S.83). 6. Gruppenarbeit: Gruppenarbeit sollte die Kinder zum Organisieren und Vereinbaren anhalten. 7. Individuelle Leistungsbewertung: Der Lehrer sollte die Fortschritte, Verbesserungen und auch Rückschritte der Kinder nur in Bezug auf ihr „Anfangsniveau“ bewerten. 8. Offenheit für Schülervorschläge: Der Lehrer sollte über Anregungen der Schüler dankbar sein, sie ernst nehmen und über sie nachdenken. Das bedeutet nicht, dass er alle Vorschläge, Anregungen und Wünsche auch umsetzen muß. 4.2.2 Grundformel Voraussetzung für das Koordinationstraining sind solide beherrschte motorische Fertigkeiten. Nur so kann man „unter vielfältigen efferenten und affere nten Anforderungen mit zusätzlichen Druckbedingungen üben lassen“ (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.92). Nach den BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN (1998) sind das z.B.: Armkreisen Gehen Köpfen Aufschwünge Gleiten Kriechen Fallen Hüpfen Laufen Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 4 Prellen Schlagen Stützen Rollen Schweben Umschwünge Schaukeln Schwingen Wälzen Schieben Springen Werfen Schießen Stoßen Ziehen Die nachstehende Formel sollte Grundlage jedes Koordinationstrainings sein. Das Alter der Trainierenden ist dabei nicht entscheidend, jedoch fruchtet das Training besonders im Kindesalter. Es ist also von Vorteil, so früh als möglich mit dem Üben koordinativer Fähigkeiten bzw. der Grundlagenausbildung zu beginnen. Grundformel: Koordinationsschulung = Einfache Fertigkeiten + Vielfalt + Druckbedingungen ( efferente, (Zeit-, Präzisions-, Kom- Afferente pläxitäts-, Organisations-, Anforderungen ) Belastungs-, Variabilitätsdruck) 4.2.3 Übungsbeispiele Die in 4.2.1 genannten elementaren motorischen Fertigkeiten können grundsätzlich in den Aufbau eines Koordinationstrainings einbezogen werden. Es ist sogar anzustreben, eine Vielzahl dieser Fertigkeiten im Rahmen einer Unterrichtsreihe durchführen zu lassen. In Bezug auf die Grundformel sollte dies unter einer große n Anzahl von Informations- und Druckbedingungen stattfinden (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.92). Grundsätzlich gilt, dass das Koordinationstraining – wie jede andere sportliche Betätigung auch- vielseitig und mit viel Spaß verbunden sein sollte. Der Phantasie des Lehrers und der Schüler sind bei der Durchführung einer Stunde keine Grenzen gesetzt. Andreas KOSEL stellt in seinem Buch „Schulung der Bewegungskoordination“ (1998) eine breite Palette an Spielen, Einzel- und Partnerübungen, Parcours, Hindernisbahnen und Zirkel vor, die besonders gut für den Sportunterricht in der Grundschule geeignet sind. Er konzentriert sich im Wesentlichen auf fünf der in 4.1 genannten koordinativen Fähigkeiten: Orientierungsfähigkeit Reaktionsfähigkeit Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung Gleichgewichtsfähigkeit Rhythmusfähigkeit 4 Differenzierungsfähigkeit KOSEL (1998) spricht noch zwei weitere Fähigkeiten an, nämlich die Wahrnehmungsfähigkeit und die Konzentrationsfähigkeit. Konzentriert man sich in einer bestimmten Situation auf etwas ganz Anderes, so nimm t man die aktuelle Situation kaum wahr. Man „träumt vor sich hin“. Man kann in eine interessante Arbeit so vertieft sein, dass man seine Umgebung nur wage wahrnimmt. Das hat sowohl positive als auch negative Folgen. Mit Sicherheit versetzt man sich in ein Buch besser hinein, wenn man konzentriert liest. Ist man hingegen während des Autofahrens abgelenkt, also auf andere Dinge konzentriert, so ist die Wahrnehmung erheblich eingeschränkt und es kann zu schweren Unfällen kommen. Sport hilft auch diese Fähigkeiten zu schulen. Denn alle Sportarten verlangen, dass man mit „allen Sinnen bei der Sache“ ist und situationsgemäß handelt. KOSEL (1998) bietet zu jeder der oben aufgelisteten Fähigkeiten Spiele und Übu ngen an und unterbreitet Vorschläge zu komplexen Übungen: 4.2.3.1 Orientierungsfähigkeit Als Orientierungsfähigkeit wird die Fähigkeit verstanden, seinen Körper in Relation zum Bewegungsraum wahrzunehmen, die Bewegung bezüglich des gegebenen Raumes fehlerfrei auszuführen und die Orientierung im Raum, sowohl bei gewoll ten als auch bei ungewollten Bewegungen, nicht zu verlieren. NEUMAIER (1999) versteht die Orientierungsfähigkeit als „eine möglichst präzise Wahrnehmung des Bewegungsraumes in Relation zur eigenen Körperposition und zu den eigenen Körperaktivitäten“ (NEUMAIER , 1999, S.140). Die Orientierungsfähigkeit kann sehr gut im Zusammenhang mit dem Ballprellen geschult werden. Es erfordert eine große Orientierung, Spielfeldbegrenzungen einzuhalten, Hindernisse wahrzunehmen und Zusammenstöße zu vermeiden. Reaktionsfähigkeit wird in diesem Zusammenhang beim Richtungs- und Tempowechsel geübt und gleichzeitig wird beim Verbessern der Prellbewegung auch die Differenzierungsfähigkeit trainiert. Übungsbeispiele: Nr.3: Ballprellen mit Begrüßen Die Schüler sollen durcheinandergehen oder -laufen und dabei den Ball prellen. Begegnen sich zwei Schüler, so sollen sie sich begrüßen und dabei die Hände Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 4 schütteln, fünfmal gemeinsam den Ball prellen, Händeschütteln und die Bälle wechseln,... Nr.33: Diagonalrolle auf einer Mattenfläche Die Schüler nehmen an zwei Ecken der Mattenfläche Aufstellung. Es wird im Wechsel Rechts und Links gestartet. Aus dem Gehen oder Laufen führt jeder Schüler nacheinander zwei Diagonalrollen vorwärts aus und stellt sich jeweils bei der anderen Gruppe an. 4.2.3.2 Reaktionsfähigkeit Als Reaktionsfähigkeit wird die Fähigkeit verstanden, schnell und situationsbezogen auf unterschiedliche Reize (akustische, optische, ...) zu reagieren und motorische Aktionen schnell einzuleiten und auszuführen (Martin in C ETIN , 1991, S.20). KOSEL regt dazu an, die Reaktionsfähigkeit durch Lauf- und Fangspiele sowie Reaktionsspiele mit dem Ball zu schulen. Die Schüler sind also aufgeford ert, die ständig wechselnden Spielsituationen wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren. Dies geschieht u.a. durch Variation des Lauftempos und Beobachten der Mitspieler. Hierbei wir auch die Orientierungsfähigkeit verbessert. Übungsbeispiele Nr.50: Schattenlaufen Die Schüler laufen paarweise durch die Halle. Der Vordere versucht, durch Täuschung, Richtungsänderung und Tempowechsel es seinem „Schatten“ so schwer wie möglich zu machen, hinter ihm herzulaufen. Der vordere Läufer sollte seimen „Schatten“ immer wieder die Möglichkeit einräumen, zu ihm aufzuschließen. Der Lehrer gibt an, wann und wie oft die Schüler ihre Rollen wechseln. Nr.74: Prellen auf Kommando Die Schüler gehen oder laufen durcheinander und prellen dabei den Ball. Beim ersten Pfiff bleiben sie „wie vom Blitz getroffen“ stehen und halten den Ball fest. Erst nach zweimaligem Pfeifen darf weitergeprellt werden. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 4.2.3.3 5 Gleichgewichtsfähigkeit Unter Gleichgewichtsfähigkeit ist die Fähigkeit zu verstehen, die den gesamten Körper im Gleichgewichtszustand hält, sowohl vor, während als auch nach der Bewegung (C ETIN , 1991, S.20). Die Gleichgewichtsfähigkeit läßt sich nach KOSEL besonders gut auf labilen bzw. stabilen Unterlagen üben. Der Kreativität des Lehrers und auch der Schüler sind dabei keine Grenzen gesetzt. Durch das Üben und Ausprobieren werden Hemmungen reduziert und das Selbstvertrauen gesteigert. Der Wunsch nach höheren Anforderungen (Balancierstrecke erhöhen, mit Hindernissen versehen, mit Handgeräten oder geschlossenen Augen balancieren) wird schnell auftreten. Übungsbeispiele: Nr.93: zu: Gleichgewichtsübungen auf stabiler Unterlage Ballspielen zu zweit oder zu dritt auf einer Bank oder einer umgedrehten Bank. Nr.114: zu: Gleichgewichtsübungen auf labiler Unterlage Balancieren auf: - dem Medizinball / -dem Sportkreisel / -dem Wackelbrett 4.2.3.4 Rhythmusfähigkeit Rhythmusfähigkeit wird als diejenige Fähigkeit verstanden, „einen Bewegungsablauf jeweils in dem ihm eigenen Rhythmus auszuführen“ (KOSEL, 1998, S.10) und „den dynamischen Wechsel einer Bewegung zu erfassen und im Handlungsvollzug umzusetzen“ (C ETIN , 1991, S.20). KOSEL (1998) schlägt vor die Rhythmusfähigkeit mit Musik, Seilen, Hindernissen oder auch synchronen Bewegungsaufgaben zu fördern. Durch bessere Rhythmusfähigkeit kan u.a. der Anlaufrhythmus (Weitsprung, Hochsprung, Sprung auf einem Kasten oder über ein Pferd,...) verbessert werden. Übungsbeispiele: Nr.118: zu: Mit Seil und Seilchen Seilchenspringen und dabei den Sprungrhythmus variieren (schnell, langsam, auf der Stelle, im Laufen hinter jedem zweiten oder dritten Schritt das Seilchen überspringen, u.n.v.m.). Nr.132: zu: Laufen und Hüpfen über Hindernisse, allein, zu zweit, zu dritt – auch mit Handfassung Bänke als Hindernisse überlaufen. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 4.2.3.5 6 Differenzierungsfähigkeit Differenzierungsfähigkeit ist die Fähigkeit, „zeitliche, räumliche und dynamische“ Bewegungsbestandteile wahrzunehmen und zu spüren (C ETIN , 1991, S.20). Die Fähigkeit ermöglicht es, die Bewegung „sicher, ökonomisch und genau“ auszuführen und die Kraft richtig einzusetzen (KOSEL, 1998, S.10). Differenzierungsfähigkeit wird in fast allen Bereichen des Sports und des Alltags benötigt. Darum ist es schwierig, diese Fähigkeit isoliert zu üben. KOSEL (1998) regt die Schulung dieser wichtigen Fähigkeit durch Kunststücke mit dem Ball, Werfe n auf Ziele, Springen, Überspringen, Zielspringen, Schwingen und Schaukeln an Tauen, Ringen und Trapezen und Klettern und Hangeln am Barren und Reck an. Die Bewegungssicherheit, die durch die Schulung der Differenzierungsfähigkeit gelernt wird, „findet beim Klettern auf Bäumen oder Überwinden von Zäunen ihre praktische Anwendung“ (KOSEL, 1998, S.57). Übungsbeispiele: Nr.187: zu: Werfen auf Ziele Die Schüler sollen mit Gymnastik-, Schlagbällen oder Bohnensäckchen auf mit Bändern markierte Felder einer Gitterwand aus unterschiedlichen Entfernungen werfen. Nr. 227: „Kletterturm“ aus zwei unterschiedlich hohen Parallelbarren Bewegungsbeispiele: Balancieren in unterschiedlichen Höhen mit Absprung auf eine Niedersprungmatte, Aufschwünge mit unterstützendem Fußabstoß vom anderen Holm, Schwingen und Hangeln,.... 4.2.3.6 Kombination der Fünf Fähigkeiten KOSEL (1998) stellt eine Vielzahl von Gerätebahnen vor (S.75ff), um mit Hilfe von Gewandtheitsläufen möglichst alle grundlegenden Fähigkeiten zu schulen. Gerätebahnen bestehen aus unterschiedlichen oder gleichen Geräten, die mittels eines bestimmten Laufweges nacheinander überwunden werden sollen. Dies sollte nicht ausschließlich in Form eines Wettkampfes (Staffel) statt finden. Es ist auch möglich, dass jeder Schüler selbst bestimmt, wie oft er die Übung an einem Gerät durchführt und wann er zum nächsten Gerät wechselt. Kann der Schüler das Gerät nicht in vorgegebener Art und Weise überwinden, sollte es ihm freigestellt sein, wie er diese Hürde nimmt. Die fünf Fähigkeiten werden (je nach Gerätebahn) wie folgt verbessert: Differenzierungsfähigkeit: Sicherheit am Gerät gewinnen Reaktionsfähigkeit: Schneller Wechsel von Bewegungen Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 7 Orientierungsfähigkeit: Erkennen des Laufweges und Wahrnehmung der Mitschüler an den Geräten Rhytmusfähigkeit: Aufnahme des Bewegungsflusses Gleichgewichtsfähigkeit: Balance halten können 4.2.4 Geräteaufbau Da es kaum möglich ist, als einzelner Lehrer, Gerätebahnen in der kurzen Zeit einer Schulstunde auf- und abzubauen, benötigt er die Hilfe seiner Schüler. Schon die Erstklässler können mit den Aufbautechniken vertrautgemacht werden, so dass der Lehrer bald nur noch die Aufsichts- und Organisationsfunktion übernimmt. Man beachte Folgendes: A) Geräteauf- und -abbau erfordert viel Disziplin und angemessenes Verhalten der Schüler. Sie müssen sich mit den Geräten sicher bewegen, um Sicherheit zu gewährleisten. B) Zum Aufbau großer Geräte muß Schritt für Schritt hingeführt werden. Dies geschieht, indem die Schüler sich anfangs mit dem Transport von Kleingeräten vertraut machen und allmählich die großen Geräte bewegen dürfen. C) Regeln, die von den Schülern eingehalten werden müssen sind: a) Nicht im Geräteraum turnen! b) Erst nach dem Sichern der Geräte (durch den Lehrer) dürfen die Geräte benutzt werden! c) Während des Geräteabbaus wird nicht mehr geturnt! D) Eindeutige Anweisungen zum Geräteaufbau müssen gegeben und u.U. die Orte markiert werden, an welchen die Geräte aufgebaut werden sollen. E) Ziel ist das selbstständige Aufbauen der Geräte nach einem Plan des Lehrers (an die Tafel gezeichnet, mit Symbolen auf eine Matte gelegt, durch einen Handzettel). 4.3 Differenzierungsaspekte Da es eine Vielzahl an Differenzierungsaspekten gibt und in diesem Rahmen nicht alle behandelt werden können, werde ich in Anlehnung an die BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN (1998) einen kurzen Einblick in „das kalendarische Alter und die Disziplinorientierung“ geben. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 8 4.3.1 Alter Obwohl koordinative Fähigkeiten das ganze Leben lang geschult und verbessert werden können, gibt es in Bezug auf die Kindheit und das Jugendalter einige Merkmale: A) Frühes und spätes Schulkindalter: (Mädchen 7. bis 12. Lebensjahr; Jungen 7. bis 13. Lebensjahr) In diesem Alter sind die Kinder besonders aufnahmebereit. Es eignet sich hervorragend zur Schulung der Koordination und zum Lernen verschiedener Fertigkeiten. Die Kinder sind in der Lage, „großmotorische Aufgaben zu bewältigen“ und können gut mit Zeitdruck umgehen. Es fällt ihnen schwer, „feinmotorische Aufgaben“ zu lösen und Präzisionsdruck ausgesetzt zu sein. Trotzallem können auch diese Fähigkeiten geschult werden. Überbelastungen sollten dabei vermieden werden. Dies gilt auch im Bereich der „Variabilitäts - und Belastungsdruckaufgaben“. Denn sowohl die Reaktions- und die Antizipationsals auch die konditionellen Fähigkeiten sind kaum ausgeprägt. Außerdem sollten keine einseitigen Kraftbelastungen von den Kindern gefordert werden. B) Pubeszenz: (Mädchen bis 13. Lebensjahr; Jungen bis 15. Lebensjahr) In dieser Lebensphase finden „hormonelle und körperbauliche Umstellungen“ statt. Dies führt meist zum Stillstand der koordinativen Leistungsfähigkeit. Dieser Altersgruppe fallen besonders anspruchsvolle ganzkörperliche Bewegungsabläufe schwer. Im Gegensatz zum Schulkindalter ist eine Verbesserung der Kondition bedenkenlos möglich. C) Adoleszenz: (Mädchen bis 17.Lebensjahr; Jungen bis 19. Lebensjahr) Dies ist die Zeit, in der die koordinativen Fähigkeiten individuell gefestigt werden. Jeder entwickelt nun seinen eigenen koordinativen Stil. Im Sportunterricht und Training müssen keine Einschränkungen mehr gemacht werden. (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.96f) 4.3.2 Disziplin Wie in 4.3.1 beschrieben, sollte im Kindesalter ein allgemeines Koordinationstraining im Vordergrund stehen. Mit Beginn des Jugendalters kann eine zunehmende Spezialisierung stattfinden. Auch in der Schule kann das Lernen koordinativer Fähigkeiten an bestimmten Sportarten ausgerichtet sein. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 9 Den Unterschied von allgemeinem und speziellem Koordinationstraining kann man anhand der Grundregel (vgl. 4.2.2) festmachen: 1) Einfache Fertigkeiten: Sobald die elementaren motorischen Fertigkeiten sicher beherrscht werden, kann man sportartbezogene Techniken im Koordinationstraining schulen. 2) Vielfalt: Da jede Sportart besondere Anforderungen bezüglich der Informationsaufnahme und –verarbeitung hat, sollten diese unterschiedlichen Anforderungen im Koordinationstraining angesprochen werden. 3) Druckbedingungen: Jede Sportart hat sowohl individuelle „Informationsverarbeitungsprozesse“ als auch besondere Druckbedingungen, die im Koordinationstraining mit aufgenommen werden müssen. (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.97f) 4.4 Zusammenfassung Um eine Disziplin beherrschen zu können, muß man trainieren. Das funktioniert nur, wenn die Grundlagen der Bewegung sicher durchgeführt werden können. Mit Hi lfe des Koordinationstrainings können die in 4.2.3 genannten „Basisfähigkeiten“ eingeübt werden. Dieses „Sporttreibenlernen“ ist der wichtigste Inhalt des Sportunte rrichts im Kindergarten und in der Grundschule. Für eine „übergreifende Grundausbi ldung“ (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.101) ist es nie zu spät. Diese sollte nach dem Modell der „koordinativen Anforderungen von Bewegunsaufgaben“ (vgl. 4.1) stattfinden. Das Grundprinzip des Koordinationstrainings lautet: „Man nehme eine Palette von einfachen, stabil beherrschten motorischen Fertigkeiten, variiere die efferenten und afferenten Informationsverarbeitungsbedingungen und führe die Übungen unter (erschwerten) Druckbedingungen durch“ (BIELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN , 1998, S.101). Je nach Alter des Trainierenden und seiner sportlichen Neigung sollte der Inhalt des Koordinationstrainings ausgerichtet sein, denn die Wirkung des Trainings ist abhängig von Alter und Entwicklungsstand des Sportlers. Daraus folgt, dass die Koordinationsschulung bunt und facettenreich gestaltet werden sollte. 5. Resümee Unfälle im Kindesalter sind hauptsächlich auf motorische Defizite zurückzuführen. Deshalb sollten die koordinativen Fähigkeiten so früh wie möglich geschult werden. Eine ausgeprägte Bewegungskoordination minimiert das Unfallrisiko. Ein gut organisiertes Koordinationstraining und/oder Spiele zur Verbesserung der Koordination Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 10 leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, in Kindergarten, Schule und Verein, die Bewegungssicherheit zu erhöhen. Je nach Alter und bevorzugter Sportart der Trainierenden sollte man das Training differenzieren. 6. Literaturverzeichnis Bielefelder Sportpädagogen (1998, 3. Aufl.). Methoden im Sportunterricht: ein Lehrbuch in 14 Lektionen. Hofmann: Schorndorf. Bundesverband der Unfallkassen (Hrsg.) (1997). Turnen. In: Bundesverban d der Unfallkassen (Hrsg.). Sicherheit im Schulsport. München. Cetin, H. N. (1991). Koordinationsfähigkeit von Vorschulkindern: Untersuchungen zur Diagnostik und Trainierbarkeit koordinativen Verhaltens bei Sprungbew egungen. Academia-Verlag: Sankt Augustin. Grünzel, H. (1997). Wahrnehmen und Bewegen. In: Sicherheit im Schulsport, Schriftreihe des BAGUV zur Theorie und Praxis der Unfallverhütung und Sicherheitserziehung in Schulen und Kindergärten, Heft 8. München. Hollmann, W. / Hettinger, Th. (1980, 2. Aufl.). Sportmedizin. Arbeits- und Trainingsgrundlagen. Stuttgart. Könemann, W. (1998, 3. Aufl.). Vom Durcheinanderlaufen zum Miteinanderfahren. Ein Beitrag des Sports zur Verkehrserziehung. In: Bundesverband der Unfallka ssen (Hrsg.). Sicherheit im Schulsport. München. Kosel, A. (1998, 5. Aufl.). Schulung der Bewegungskoordination: Übungen und Spiele für den Sportunterricht in der Grundschule. Hofmann: Schorndorf. Kunz, T. (1993). Weniger Unfälle durch Bewegung: mit Bewegungsbeispielen gegen Unfälle und Gesundheitsschäden bei Kindergartenkindern. Hofmann: Schorndorf. Neumaier, A. (1999). Koordinatives Anforderungsprofil und Koordinationstraining: Grundlagen, Analyse, Methodik. Sport und Buch Strauss: Köln. Röthig, P. (Red.) (1983, 5. Aufl.). Sportwissenschaftliches Lexikon. Hofmann: Schorndorf. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 11 Seminar: Gesundheitserziehung im Schulsport SS 2001 Seminarleitung: Dr. Helga Adolph Referentin: Britta Beier 29.05.2001 Dienstag: 13.45 - 15.15 Uhr Koordinationstraining als Unfallverhütung Sicher beherrschte koordinative Fähigkeiten tragen weitgehend zu unfallfreien Bewegungsabläufen bei. Unfälle und Unfallursachen im Kindesalter (vgl. Kunz) Unfälle bei Kindern und Jugendlichen sind ein aktuelles Thema und deuten auf fehlende Bewegungssicherheit und motorische Mängel hin. Die häufigste Art der Unfälle sind Stürze. Daraus resultiert die große Anzahl der Kopfverletzungen. Selten sind technische Mängel Ursachen der Unfälle. Das Auftreten und Ausmaß der Unfälle hängt überwiegend von motorischen Defiziten ab: nicht vorhandenes Gleichgewicht, ungenügend Kraft, mangelnde Gewandtheit, schwache Abfangreaktion, ungenügende Beherrschung der motorischen Grundfertigkeiten, Reaktions -, Konzentrations- und Ausdauermangel. Kurz: Im Kindesalter fehlt weitgehend die Körperkoordination. Definitionen ( vgl.Sportwissenschaftliches Lexikon) „Koordination bezieht sich auf die physiologische Perspektive bei der Betrachtung der Bewegungskoordination. Sie ist definiert als „das Zusammenwirken von Zentralnervensystem und Skelettmuskulatur innerhalb eines gezielten Bewegungsablaufes“ (Hollman, 1980).“ (Mechling) „Unter Bewegungskoordination wird die zeitliche, räumliche und kraftmäßige Steuerung einer Einzelbewegung oder komplexer Bewegungsvollzüge verstanden, die entsprechend sensorisch vermittelter äußerer Vorgaben oder Ziele zust ande kommt.“ (Mechling) Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 12 Verbesserung koordinativer Fähigkeiten (vgl. Bielefelder Sportpädagogen) „Die koordinativen Fähigkeiten werden als generelle, bewegungs- und sportartübergreifende Leistungsvoraussetzung angesehen, die das Niveau wesentlicher Vorgänge bei der Steuerung und Regelung menschlicher Willkürbewegungen charakterisieren. Sie bilden die Basis für das, was man als motorische Intelligenz, Lernfähigkeit, Begabung oder Talent bezeichnet.“ Durch eine breite Grundlagenausbildung, in der eine Vielzahl koordinativer Fähigkeiten geschult werden, sollen die vielen Seiten des Sports kennengelernt und die eigene Bewegungssicherheit verbessert werden. Dazu dient folgendes Modell: Methodische Grundsätze (vgl. Bielefelder Sportpädagogen) Den Schwierigkeitsgrad der Übungen selbst bestimmen lassen. Dafür sorgen, dass alle in Bewegung sind. Lange Übungsphasen gewährleisten. Hilfestellung leisten (nur wenn es unbedingt nötig ist). Gruppenarbeit fördern. Die Leistung individuell bewerten. Für Schülervorschläge offen sein. Grundformel des Koordinationstrainings (vgl. u.a. Bielefelder Sportpädagogen) Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 13 Wesentliche koordinative Fähigkeiten (vgl. Kosel) „Orientierungsfähigkeit ist die Fähigkeit, bei gewollten und ungewollten Bewegungen die Orientierung im Raum nicht zu verlieren. Reaktionsfähigkeit ist die Fähigkeit, auf verschiedene Reize schnell zu reagieren. Gleichgewichtsfähigkeit ist die Fähigkeit, den Körper im Gleichgewicht zu halten bzw. das Gleichgewicht wieder herzustellen. Rhytmusfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Bewegungsablauf jeweils in dem ihm eigenen Rhythmus auszuführen. Differenzierungsfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Bewegungsablauf sicher, ökonomisch und genau durchzuführen, wobei die Dosierung des Krafteinsatzes eine wichtige Rolle spielt.“ Differenzierungsaspekte (vgl. Bielefelder Sportpädagogen) Wesentliche Aspekte, die beim Koordinationstraining beachtet werden müssen sind das Alter und Die Disziplinorientierung: ALTER: Im Schulkindalter herrscht eine große Aufnahmebereitschaft. Das Lernen verschiedener Fertigkeiten und die Schulung der Koordination bereitet kaum Probleme. Zu beachten ist allerdings, dass feinmotorische Aufgaben sowie Präzisions-, Variabilitäts- und Belastungsdruckaufgaben in diesem Alter schwer zu lösen sind und dass die Reaktions-, Antizipations- und die konditionellen Fähigkeiten kaum ausgeprägt sind. Mit großmotorischen Aufgabenstellungen und Zeitdruck können die Kinder dieser Altersgruppe gut umgehen. (allgemeines Koordinationstraining) In der Zeit der Pubeszenz finden „Hormonelle und körperbauliche Umstellungen“ statt. Meist kommt es zum Stillstand der koordinativen Leistungsfähigkeit. Anspruchsvolle ganzkörperliche Bewegungsabläufe fallen hier besonders schwer. In dieser Zeit bietet es sich an, die konditionellen Fähigkeiten zu schulen. Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 14 Eine individuelle Festigung der koordinativen Fähigkeiten findet in der Zeit der Adoleszenz statt. Das Koordinationstraining kann ohne Einschränkungen durchgeführt werden. (sportartspezifisches Koordinationstraining) DISZIPLIN: Das an Sportarten ausgerichtete Koordinationstraining sollte sich an der Grundformel orientieren: Einfache Fertigkeiten: Sobald die elementaren motorischen Fertigkeiten beherrscht werden, können sportartbezogene Techniken im Koordinationstraining geschult werden. Vielfalt: Die disziplinspezifischen Anforderungen bezüglich der Informationsaufnahme und –verarbeitung sollten im Koordinationstraining berücksichtigt werden. Druckbedingungen: Die individuellen Druckbedingungen jeder Sportart sollten im Koordinationstraining behandelt werden. Übungsbeispiele (vgl. Kosel) Britta Beier: Koordinationstraining als Unfallverhütung 15 Wichtigste Literatur Bielefelder Sportpädagogen (1998, 3.Aufl.). Methoden im Sportunterricht: ein Lehrbuch in 14 Lektionen. Hofmann: Schorndorf. Kosel, A. (1998, 5.Aufl.). Schulung der Bewegungskoordination: Übungen und Spiele für den Sportunterricht in der Grundschule. Hofmann: Schorndorf (5. Aufl.) Kunz, T. (1993). Weniger Unfälle durch Bewegung: mit Bewegungsbeispielen gegen Unfälle und Gesundheitsschäden bei Kindergartenkindern. Hofmann: Schorndorf.