Lernziel: Der Übungsleiter kennt krankheitsbedingte Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems, diagnostische Verfahren sowie therapeutische Maßnahmen und kann ihre Auswirkungen auf das Bewegungsangebot einordnen bzw. berücksichtigen. III.6.1 Altersbedingte Veränderungen und Auswirkungen auf die Gestaltung des Sportangebotes bezüglich - Herz-Kreislauf - Blut - Atmung - Muskulatur und Muskelstoffwechsel - Bewegungsapparat (Sehnen, Bänder, Knochen) - Sinnesorgane - ZNS (siehe “Handbuch der Herzgruppenbetreuung“ Kap. 17, S. 312 und „Materialien Herzsport“ I.1.8 und I.3.4) Grundlagen – Info Allgemeine Alterungsprozesse In der Regel nimmt die Fähigkeit des Körpers, sich Veränderungen anzupassen, mit den Lebensjahren ab. So machen Temperaturveränderungen älteren Menschen mehr zu schaffen, weil sich ihre Körperwärme nicht mehr so gut reguliert. Sie verfügen über weniger Energiereserven und die Stoffwechselaktivität ist vermindert. Auch der Wassergehalt des Körpers nimmt ab. Das Bindegewebe, das am Aufbau aller Organe beteiligt ist, wird steifer und unelastischer. Äußerlich macht die Haut diesen Prozess durch vermehrte „Fältchen“ sichtbar. In vielen Organen werden spezialisierte Zellen – beispielsweise „kontraktile“ Muskelzellen – zum Teil durch Bindegewebe oder Fett ersetzt. Die Ursachen für diese Veränderungen liegen in den Zellen, den Bausteinen des Körpers, die im Alter weniger effektiv arbeiten. Genetische Einflüsse und Umweltfaktoren bestimmen gemeinsam das Bild des alternden Körpers. Da das Erbgut lediglich einen bestimmten Rahmen vorgibt, kann das Bild von Individuum zu Individuum stark variieren. Und die Gerontologen bestätigen die alte Binsenweisheit: „Man altert, wie man Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 1 von 21 lebt.“ Psychischer Stress, körperliche Trägheit einerseits, körperliche Überbelastung andererseits, falsche Ernährung, Alkohol- oder Nikotinmissbrauch und andere äußere Faktoren können nicht nur krankmachen, sondern auch den Alterungsprozess beschleunigen. Die nachfolgend beschriebenen biologischen Veränderungen im Alter bei Mann und Frau repräsentieren nur einen Ausschnitt der – keineswegs komplett erforschten – komplexen körperlichen Veränderungen. Sie sind jedoch im Rahmen des Sports von großer Bedeutung. Wasserbestand des Körpers Das Wasser ist ein bedeutender Baustein des menschlichen Körpers – es macht etwa 60% der Körpermasse aus. Das Altern geht mit einer Verringerung des Wassergehaltes des Körpers einher. Alte Menschen wirken oftmals „verdorrt“. Das Alternsphänomen der Austrocknung betrifft sichtbar die Haut; sie erscheint welk und faltig – der Elastizitätsverlust ist offensichtlich. Aber nicht nur das (Körper-)Äußere ist hiervon betroffen, alle inneren Organe (das Blut, die Gelenkstrukturen, die Muskulatur) bis hin zu den einzelnen Zellen unterliegen den Auswirkungen dieses Wasserverlustes: Elastizitätsverlust, Verfestigung, Schrumpfung. Hinzu kommt, dass die Durstschwelle bei älteren Menschen heraufgesetzt ist, sie verspüren seltener Durst - ihre Durstwahrnehmung ist herabgesetzt - und trinken infolgedessen im Regelfall zu wenig. Die Fähigkeit zum Schwitzen ist herabgesetzt. Das ungenügende Wasserbindungsvermögen des älteren Organismus führt nachvollziehbar zu vielfältigen negativen Folgeerscheinungen. Körperliche Aktivität schiebt gewissermaßen das Wasser im Körper herum. Bei Untätigkeit bleibt das Wasser buchstäblich auf Halde liegen, und die Zellen ersticken im eigenen Saft. „Fließendes Wasser ist klar, stehendes Wasser fault“, heißt es. Es liegt nahe, dass das nicht oder nur sehr langsam ausgetauschte Körperwasser die Alternsprozesse fördert. Hingegen führt angemessene sportliche Betätigung dazu, dass sich die Kapillaren öffnen und der Organismus durchgespült wird. Eine solche Anregung bewirkt einen Flüssigkeitsaustausch sowie eine Umwälzung und Erneuerung des Wasserbestandes und das bedeutet Entschlackung. Hier gilt: „Alles, was sich erneuert, altert nicht so schnell.“ Regelmäßiges Sporttreiben erhöht den Wassergehalt des Körpers. Untersuchungen tschechischer Sportwissenschaftler erbrachten folgende quantitativen Werte für das Wasser als Körperbestandteil: - untrainierte 25-jährige Personen: 62% - untrainierte 45-jährige Personen: 56% - untrainierte 65-jährige Personen: 53% Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 2 von 21 - 70-jährige Läufer: 63%! Regelmäßiges Sporttreiben senkt die Durstschwelle. Dennoch sollten ältere Sporttreibende immer wieder aufgefordert werden, reichlich zu trinken! Blut Bedingt durch den alternsbedingten Flüssigkeitsverlust kommt es zu einem Rückgang des Blutvolumens. Damit verbunden ist vielfach eine Eindickung des Blutes. Als Konsequenz ist eine Steigerung der Viskosität des Blutes festzustellen, die „Klebrigkeit“ des Blutes nimmt zu. Hierdurch verschlechtert sich die Fließeigenschaft der Kreislaufflüssigkeit, was die Pumpleistung des Herzens erschwert. Die blutbildenden Organe – vor allem das blutbildende Knochenmark – werden mit dem Alter weitgehend zurückgebildet und durch Fettmark ersetzt. Es ist daher sehr erstaunlich, dass altersbedingte physiologische Veränderungen im Blutbild nicht vorkommen. Die Blutbestandteile sind gegenüber jüngeren Menschen nahezu unverändert. Haare Die Haare „ergrauen“, da Farbstoff produzierende Zellen der Haarwurzeln schlechter arbeiten und sich in der Hornsubstanz Luft einlagert. Die Hornschuppen werden kleiner, die Haare dünner. Die Haare wachsen langsamer und weniger dicht, was bei Männern durch nachlassende Produktion von Geschlechtshormonen oft zu Kahlköpfigkeit führen kann. Immunsystem Das Immunsystem reagiert im Alter schwächer – vor allem weil bestimmte Abwehrzellen, die T-Lymphozyten, im Alter weniger effektiv arbeiten. Für die Entwicklung der T-Zellen, die auch für die Krebsabwehr zuständig sind, spielt der Thymus, die Wachstumsdrüse, eine wichtige Rolle. Bereits in der Pubertät bildet sich das Organ zurück und verfettet. Die Abwehrkapazität vermindert sich entsprechend. Angriffe des Immunsystems auf körpereigenes Gewebe nehmen zu. Haut Die Haut wird dünn und faltig. Sie verliert an Elastizität, da das Netzwerk elastischer Fasern, die junges Hautgewebe wie Gummibänder durchziehen, kollabiert. Die (kollagenen) Stützfasern – sie machen die Haut reißfest – ballen sich zu unregelmäßigen, leicht brechenden Bündeln zusammen. UV-Strahlen des Sonnenlichts beschleunigen diesen Prozess erheblich. Die zwischen den Fasern liegenden Zellen des Bindegewebes, die Fibroblasten, sind weniger zahlreich und unregelmäßiger geformt. Das Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 3 von 21 Fett unter der Haut bildet nur noch ein dünnes Schutzpolster, die Verzahnung der Hautschichten flacht ab. Da die Talgdrüsen weniger Sekret erzeugen, wird die Haut trockener. Auch die Schweißdrüsen sind im Alter weniger aktiv. Und weil der Sonnenschutz-Farbstoff Melanin ungleichmäßig produziert wird, erscheinen „Altersflecke“. Der Tastsinn lässt nach, das Gewebe ist schlechter durchblutet und Wunden heilen langsamer. Dennoch ist die Haut in ihren Funktionen Schutz und Atmung nur wenig eingeschränkt. Verdauungsorgane Die Verdauungsorgane arbeiten im Alter weniger effektiv: Die Muskeln, die den Nahrungsbrei durch den Verdauungskanal bewegen, werden träger; die Säfte in Magen und Darm bereiten die Nahrung langsamer auf; die Bestandteile der Nahrung werden schlechter durch die Darmwand resorbiert. Obwohl der Körper diese Veränderungen wirkungsvoll kompensieren kann, müssen besonders ältere Menschen auf ausgewogene Ernährung achten, da sie empfindlicher auf Nahrungsmängel reagieren. Eng in Verbindung mit den Verdauungsorganen stehen Stoffwechsel und Körpergewicht. Stoffwechsel Da der Stoffwechsel hauptsächlich in der Muskulatur stattfindet, sich die Muskelmasse aber mit dem Alter verringert, wird auch der Energieverbrauch im Alter geringer. Der Grundumsatz, der Energieverbrauch in Ruhe, geht von etwa 1.600 kcal bei 40-Jährigen auf etwa 1.400 bei 80-Jährigen zurück. Bei Frauen ist der Grundumsatz ein wenig geringer. Aber nicht nur der Grundumsatz nimmt ab. Auch der Energieverbrauch bei körperlicher Aktivität ist beim 65jährigen etwa 200 kcal/h niedriger als beim 45-jährigen und bei diesem wiederum etwa 200 kcal/h geringer als beim 25-jährigen. Der Energiebedarf verringert sich vom 25. Lebensjahr an etwa um 10 kcal pro Lebensjahr bei vergleichbarem Verhalten. Zudem neigen Ältere dazu, das Ausmaß ihrer Aktivität zu überschätzen und ihre Kalorienzufuhr zu unterschätzen. Es kommt im Alter deswegen oft zu einer überhöhten Energiezufuhr. Durch sportliche Betätigung kann der Stoffwechsel jedoch erhöht und damit der Nahrungsbedarf auf dem gewohnten Niveau gehalten werden. Körperliche Aktivität beeinflusst altersbedingte Veränderungen im Stoffwechselgeschehen günstig und kann daher als Hilfe bei der Regulierung der Stoffwechselprozesse im Alter betrachtet werden. Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 4 von 21 Körpergewicht Das Körpergewicht zeigt im Altersverlauf der meisten Menschen in den Industrieländern eine „steigende Entwicklung“. Obwohl sich die reine Körpermasse (nach Abzug des Fetts) im Altersverlauf reduziert (vor allem durch die Rückbildung der Muskulatur und aufgrund des Wasserverlustes), nimmt dagegen der Anteil des Körperfetts an der Gesamtmasse im mittleren Alter stärker zu und wächst bis ins hohe Alter an – mit den bekannten Risiken für die Gesundheit. Dieser ansteigende Fettanteil ist bei älteren Menschen vor allem im viszeralen Bereich (in den Eingeweiden) eingelagert. Zahlreiche sportwissenschaftliche Untersuchungen belegen: Ausdauertraining führt in Abhängigkeit von Umfang und Intensität bei Männern und Frauen gleichermaßen zum Abbau von Körperfett. Der Laie überschätzt allerdings oft die Höhe des Energieverbrauchs bei sportlicher Betätigung. Beispiel: für 10 km Laufen, 13 km Wandern oder 35 km Rad fahren werden 700-800 kcal umgesetzt – das sind weniger als 100 g Fett! Erhebliches Übergewicht kann durch sportliche Betätigung nur dann verringert werden, wenn gleichzeitig die Nahrungszufuhr herabgesetzt wird. Nieren Die Leistung der Nieren wird bei vielen Älteren geringer. So werden beispielsweise Körperabbauprodukte und Medikamente langsamer aus dem Blut filtriert, der Säuregehalt des Blutplasmas reguliert sich verzögert. Die alternde Niere benötigt mehr Flüssigkeit, um eine bestimmte Substanzmenge auszuscheiden. Alterungsvorgänge des Herz-Kreislauf-Systems und der Atmung Veränderungen an den Gefäßen Mit Abschluss des Körperlängenwachstums ist im Wesentlichen auch das Wachstum der Gefäßwand beendet. Die Verdickung der Gefäßwand nach dem 20. Lebensjahr erfolgt hauptsächlich durch bindegewebige Verbreiterungen der Gefäßinnenwand (Intima) und vermehrte Einlagerungen der Grundsubstanzen in der mittleren Gefäßschicht (Media). Die mittlere Wanddicke der Gefäße nimmt vom 20. bis 70. Lebensjahr um fast 50 % zu. Auch das elastische Gewebe selbst verändert sich. In der mittleren Gefäßschicht verschwinden die elastischen Elemente fast völlig und werden durch kollagenes Bindegewebe ersetzt. Diese Veränderungen sind in den Hauptgefäßen am deutlichsten. Dabei ist die Bindegewebsvermehrung in den elastischen Gefäßen stärker Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 5 von 21 ausgeprägt als in den muskulären Gefäßen. Die Altersveränderungen an den Gefäßen gehen fließend über zur Arteriosklerose. Es muss jedoch festgestellt werden, dass die Altersveränderung mit dem Wandumbau und Erweiterung der Gefäßlichtung – auch Physiosklerose genannt – etwas anderes darstellt als die krankhafte, herdförmige Arteriosklerose (siehe „Materialien Herzsport“ III.3.1). Blutdruck Auch die Aorta verliert an Elastizität. Dadurch wird die Windkesselfunktion eingeschränkt. Das Herz muss also gegen einen erhöhten Widerstand arbeiten und reagiert mit einem erhöhten Blutdruck, was wiederum das Herz- und Gefäßsystem belastet und in vielen Organen zu krankhaften Veränderungen führen kann. Ältere Menschen neigen eher zu einem höheren Blutdruck als jüngere Menschen. In den Venen sinkt der Blutdruck. Es bilden sich Stauungen im venösen Blutkreislauf in Form von Krampfadern. Körperliche Aktivität fördert den Wechsel von Anspannung und Entspannung der Muskulatur und damit den ungehinderten Rückfluss des venösen Blutes. Veränderungen am Herzen In der Regel werden mit zunehmendem Alter die Herzklappen starrer. Die Vorhöfe sowie die großen Ostien und die angrenzende Ventrikelmuskulatur werden etwas größer. Die Herzgefäße verlieren an Elastizität und die Herzmuskulatur an Kontraktionskraft. Sie dürfte das eigentliche Phänomen des Alterns mit der allgemeinen Abnahme der Anpassungsfähigkeit des Herzens sein. So nehmen Schlagvolumen und Herzminutenvolumen (HMV = Herzfrequenz x Schlagvolumen) nach dem 30. Lebensjahr infolge der zunehmenden Druckarbeit des linken und rechten Herzens ab. Lebensalter (Jahre) Max. Herzschlagfrequenz (min) 18 – 30 202 – 190 Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 6 von 21 31 – 40 189 – 180 41 – 50 179 – 170 51 – 60 169 – 160 61 – 70 159 – 150 Da auch die Herzkranzgefäße von sklerotischen Veränderungen betroffen sind, wird der Herzmuskel trotz Mehrarbeit mit weniger Sauerstoff versorgt. Es reagiert mit dem Absterben einzelner Elemente, die für die Kontraktion des Herzens verantwortlich sind. Diese Elemente werden durch Fettanlagerungen ersetzt. Unter körperlicher Belastung kann deshalb bei Älteren das erforderliche größere Herzminutenvolumen vorwiegend durch einen Anstieg der Pulsfrequenz und weniger durch ein vergrößertes Schlagvolumen erreicht werden. Die hierzu notwendige Pulsfrequenzregulation ist jedoch im höheren Alter nur im beschränkten Ausmaß möglich. Durch die abnehmende Anzahl von Muskelfasern kommt es zu einem Absinken der maximalen Herzfrequenz, während Ruhe- und Leistungspuls normalerweise unverändert bleiben. Erwähnt werden sollte noch, dass es eine reine Altersatrophie (Abnahme der Herzgröße) nicht gibt. Folge der Ablagerungsprozesse ist eine deutliche Herzgewichtszunahme. Atmung Die Lunge des älteren Menschen ist gekennzeichnet durch eine Erweiterung der Lungenbläschen und die Abnahme ihrer Zahl. Zusätzlich kommt es im Alter zu einer Dehnung und Verschmelzung der Lungenbläschen (Alveolen), dem so genannten Altersemphysem. Dies ist an sich keine Krankheit, solange nicht zusätzliche Einflüsse – wie die verschiedenen Atemwegserkrankungen – wirksam werden. Die elastischen Eigenschaften des Lungengewebes verschlechtern sich. Auch Veränderungen des Haltungs- und Bewegungsapparates beeinflussen die Atmung im Alter. Die Rippenknorpel verlieren durch Verkalkung ihre Elastizität, ihre Gelenke erleiden beim älteren Menschen degenerative Veränderungen mit einer daraus resultierenden schrägeren Stellung der Rippen. Degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule führen zusammen mit der zunehmenden Schwächung der Rückenmuskulatur zu einer sich mehr und mehr entwickelnden Kyphose (stärkere Ausprägung im Brustwirbelabschnitt). Es entsteht so das Bild des sogenannten Altersthorax. Diese fassartige Erweiterung des knöchernen Brustkorbes und seine Erstarrung bleiben natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Atmung. Die Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 7 von 21 Lunge verharrt immer in einer erhöhten Mittellage. Die Abnahme der Zwerchfellmasse sowie die Atemmuskulatur erschwert zusätzlich die Aufnahme des Sauerstoffs. Durch die geringere Sauerstoffaufnahme nimmt die Zahl der Atemzüge pro Minute bei gleicher Belastung zu. Dabei werden die einzelnen Atemzüge oberflächlicher und die Neigung zur Flachatmung ist gegeben. Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 8 von 21 20 Jahre 40 Jahre 60 Jahre und darüber Veränderungen des Atemraumes in Abhängigkeit vom Alter aufgrund der Ausprägung des Altersthorax Anteil der Restluft (Residualvolumen) in der Lunge Lebensalter (Jahre) Residualvolumen (% der Totalkapazität) 15 – 25 19,3 25 – 35 20,8 35 – 45 23,5 45 – 55 25,5 55 – 65 30,8 Die oben beschriebenen Gegebenheiten bedingen, dass der ältere Mensch weniger gut ausatmet. Es bleibt immer mehr Luft in den Lungen zurück. Eine gezielte Atemgymnastik gewinnt an Bedeutung. NACKAMURA beschreibt eine Alterung der Atemfunktion bei Männern im Lebensalter von ca. 40-50 Jahren, bei Frauen bereits mit 30-40 Jahren. Der Rückgang der Atemfunktion tritt scheinbar gleichzeitig mit den ersten Alterungserscheinungen im Muskelgewebe zusammen. Nach Untersuchungen aus Japan haben Männer im Alter von 60 Jahren eine schwächere Atemfunktion als ein 9 jähriges Kind. Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 9 von 21 Alterungsvorgänge am Haltungs- und Bewegungsapparat: Minderung der Flexibilität: Muskulatur, Sehnen, Bänder, Knochen, Gelenke Der Haltungs- und Bewegungsapparat setzt sich aus den aktiven und passiven Anteilen zusammen. Zum passiven Teil gehören: Knochen, Gelenke, die Knochen und Gelenke zusammenhaltenden Bänder, Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben) und Sehnen. Der aktive Teil umfasst die Muskeln. Muskeln Die Muskulatur als aktiver Teil des Haltungs- und Bewegungsapparates erfährt im Alter wesentliche Veränderungen: Es tritt Muskelschwund (Atrophie) ein (ca. 30 - 40/50 % vom 20. bis 70. Lebensjahr) und eine Einlagerung von minderwertigem Bindegewebe, vergleichbar mit dem Narbengewebe. Gleichzeitig verliert die Muskulatur wichtige Mineralien (Kalium, Calcium) und vor allem Wasser. Dies führt zu Elastizitätsverlust. Der Muskel wird damit anfälliger für Zerrungen und Risse (Gefahr bei schnellen oder schnellkräftigen Bewegungen). Zudem ist die Durchblutung (Vaskularisation) eingeschränkt. Da das Verhältnis zwischen Muskelmasse und übrigem Körpergewicht ungünstiger wird, muss im Alter ein relativ größerer Teil der Muskelkraft für die Einflüsse der Schwerkraft auf die Bewegungen verwendet werden, so dass für die eigentlichen Zielsetzungen der Muskelbewegungen weniger Kräfte zur Verfügung stehen. Das ist - neben der allgemeinen Reduktion der Muskelmasse im Alter - mit ein Grund, weshalb die Tätigkeiten der oberen Extremitäten im Alter eine stärkere Abnahme der Kraft zeigen. Der Einfluss der Schwerkraft muss hier viel stärker kompensiert werden als bei den unteren Extremitäten. Es kommt dabei nicht von ungefähr, dass bei älteren Menschen das Gehen und Wandern eine bevorzugte Tätigkeit ist. Auch die Muskelmasse nimmt mit dem Alter ab, wobei der Verlust an Muskelfasern nicht rückgängig zu machen ist. Deswegen ist der Alterungsprozess auch mit einer Herabsetzung der Muskelkraft verbunden. Die Abnahme der Muskelkraft scheint die schnelleren Fasern stärker zu betreffen als die langsameren, so dass die Kraftschnelligkeit eher abnimmt als die Kraftausdauer. Das Nachlassen der Muskelkraft beginnt in der Mitte des 3. Lebensjahrzehnts und wird im 7. Lebensjahrzehnt besonders deutlich. Bei einem 25-Jährigen mit einem Körpergewicht von 70 kg und einer durchschnittlichen Muskelmasse von 25 - 30 kg reduziert sich die Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 10 von 21 Muskelmasse bis zum 60. Lebensjahr um etwa 20 %, bis zum 75. um etwa 30 %. Manche Autoren sportwissenschaftlicher Untersuchungen schätzen den Schwund der Muskelmasse vom 20. bis zum 70. Lebensjahr auf 40 %. Einige meinen sogar, der 70-Jährige verfüge nur noch über 40 % des maximalen Muskelgewichts (also Verlust von 60 % der Muskelkraft).Auch hier scheint es letztendlich unmöglich zu sein, zwischen Folgen des Alternsprozesses und der körperlichen Inaktivität zu unterscheiden. Diese Entwicklung geht bei Männern wohl auch mit einem mit dem Alter sinkenden Testosteronspiegel einher, denn die Produktion dieses stärksten männlichen Sexualhormons fällt von 6,6 mg täglich beim Jugendlichen auf 4 mg täglich im höheren Alter. Die Abnahme der Muskelkraft verläuft jedoch nicht für alle Muskeln gleich. Am deutlichsten ist sie bei den Beugemuskeln des Unterarms und den Muskeln, die den Körper aufrichten (vgl. Tabelle aus MEUSEL). Im Alter bilden sich die Muskeln zurück; die Zahl der Muskelfasern nimmt ab, ihr Querschnitt, d.h. die einzelne Muskelfaser wird dünner. Muskeln verkürzen sich und die kontraktilen Elemente werden zum Teil durch Bindegewebe oder durch Fett ersetzt. Bis zum Alter von 80 Jahren kann sich die Muskelmasse um ungefähr 50 % reduzieren (ohne sportliche Aktivität), der Fettanteil erhöht sich entsprechend. Die Muskelkraft nimmt bis zum 65. Lebensjahr um 20 - 40% ab. Frühzeitiges, regelmäßiges Training kann ein Gutteil des Verlustes an Leistungsfähigkeit wettmachen. Wirkungen von Sport und Bewegung (siehe Materialien Herzsport I.1.8 und I.3.4) Bei körperlicher Betätigung werden die Muskeln verstärkt durchblutet: gegenüber dem Ruhewert steigt die Durchblutung um das 20fache. Dabei ist allerdings rhythmische Belastung, d.h. dynamische Bewegungsarbeit, erforderlich. Isometrische Belastung kann sich hemmend auf den Muskelstoffwechsel auswirken. Auch der für die Leistungsfähigkeit der Muskulatur wichtige Spannungszustand – der Muskeltonus – erhöht sich durch Training und steigert das Gefühl der Vitalität. Die Trainierbarkeit der Muskulatur bleibt zwar im Alter erhalten, zeigt aber einige Abweichungen von der Trainierbarkeit des jugendlichen Muskels. Die Kräftigung der Muskulatur ist nicht nur für die Verringerung des Verletzungsrisikos und die Erhöhung des Muskeltonus von Bedeutung. In der Muskulatur findet ein Großteil unseres Energieverbrauchs statt. Selbst in Ruhe verbraucht die Muskulatur Energie. Da sich zugeführte Energie, die nicht verbraucht wird, als Fett ablagert, kann die Erhaltung ausreichender Muskulatur im Alter einen Beitrag zur Einschränkung des Körperfetts leisten. Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 11 von 21 Schließlich kann die Erhaltung eines merklichen Muskelprofils ästhetische Bedürfnisse nicht nur bei Jüngeren befriedigen. Knochen Die Alternsveränderungen des Knochens gehen mit einer Verdünnung und oft sogar einer Auflösung der Knochenbälkchen einher, der Knochen wird spröder. Dies zeigt sich in einer erhöhten Bruchanfälligkeit, wobei gewisse Knochen und Knochenstellen besonders gefährdet sind. Am häufigsten finden im Alter Knochenbrüche in den Wirbeln, in den Rippen und am Oberschenkelhals statt. Oft genügen nur geringe äußere Einwirkungen auf diese Knochenpartien, um einen Bruch zu veranlassen, etwa ein Stolpern, ein heftiges Absitzen auf das Gesäß oder ein Anstoßen mit dem Brustkorb. Ungefähr 13 aller Stürze auf den Boden führen im Alter zu einem Knochenbruch. Bei einem entsprechenden Unfall können selbstverständlich auch andere Knochen brechen. Stützt man einen Sturz nach vorne mit der Hand ab, kann auch im Alter ein Bruch der Speiche (Radiusfraktur) auftreten. Am Knochen sind ebenfalls Alternsveränderungen erkennbar. Es kommt zu einer Verminderung und Umstrukturierung der Knochenmasse ohne Änderung der chemischen Zusammensetzung. Etwa ab dem 40. Lebensjahr weist der Knochen einen Masseverlust von ca. 1% pro Jahr auf. Diese Tatsache führt dazu, dass die Bruch- und Schlagfestigkeit des menschlichen Knochens vom 18. bis zum 70. Lebensjahr um ca. 50 % herabgesetzt wird. Dies bedeutet eine erhebliche Gefahr bei Stürzen im Alltag und im Sport. Der Stoffwechsel im Knochen verlangsamt sich. Durch mangelnde körperliche Belastung nimmt die Zahl der Knochenbälkchen ab, die für die Stabilität des Knochens entscheidend ist. Es kommt zu einer Rückbildung des Knochens (Osteoporose). Die Knochen werden im Alter poröser und instabiler. Mit etwa 40 Jahren beginnt ein langsamer Abbau des Knochengewebes. Wirbel, Hände, Hüfte und Beine sind besonders betroffen. Der Prozess schreitet bei Frauen schneller voran. Ursache ist die in den Wechseljahren geringer werdende Östrogen-Produktion. Die Körpergröße nimmt ab, die Haltung wird gekrümmter. Brüche heilen jedoch auch meist in hohem Alter noch aus, da die trägen Knochenzellen dann reaktiviert werden. Bewegungsmangel verstärkt den Abbau, körperliches Training stimuliert das Knochenwachstum. Die schützende Knorpelschicht auf den Gelenkknochen nützt sich mit den Jahren ab. Sie verliert an Elastizität, wird dünner und rissig – ein Prozess der bereits im Alter von 20 bis 30 Jahren unmerklich beginnt. Wirkungen von Sport und Bewegung (siehe Materialien Herzsport I.1.8 und I.3.4) Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 12 von 21 Zahlreiche Studien zeigen, Aktive weisen einen höheren Mineralgehalt des Knochens auf als weniger Aktive. Deswegen haben Sportler eine höhere Knochendichte als Nichtsportler. In Längsschnittstudien wurde wiederholt nachgewiesen, dass kräftigende Übungen den Mineralgehalt des Knochens erhöhen. Durch sportliche Aktivität wird der Aufbau der Knochensubstanz und die Knochen(bälkchen)struktur positiv beeinflusst und damit die Zugfestigkeit des Knochens verbessert. Der Knochen wird „fester“ und die Bruchgefahr sinkt. Die Bewegungssicherheit wird gefördert und damit die Mobilität im Alltag. Gelenke Die Gelenke sind die Verbindung zweier Knochen, den sogenannten Gelenkpartnern, die in der Regel mit einer hyalinen Knorpelschicht überzogen sind. Zwischen diesen beiden Gelenkpartnern befindet sich der Gelenkspalt, in dem sich die Gelenkflüssigkeit befindet. Umgeben wird das Gelenk von der Gelenkkapsel, zusammengehalten werden die beiden Knochen durch Bänder. Die Alternsveränderungen der Gelenke sind von drei Faktoren abhängig: Der Druck, der besonders an den unteren Extremitäten auf den Gelenken lastet, kann mit den Jahren zu einer Degeneration mit starker Schädigung des Knorpels führen, insbesondere in der Hüfte und im Knie. Ferner sind die die Gelenke verbindenden Bänder starken Zugspannungen unterworfen, die sich besonders an den Verankerungen am Knochen auswirken und zu Reiz- und abnormen Knochenbildungen an den Bänderansatzstellen führen können. Zudem werden die Bänder unelastischer. Drittens macht sich im Alter die reduzierte Vaskularisation auch in Gelenknähe bemerkbar, die zur Atrophie und ungenügender Heilungsreaktion bei Schädigungen führen kann. Diese als Degeneration aufgefassten Veränderungen werden an den Gelenken als Arthrose und an der Wirbelsäule als Spondylose bezeichnet. Die Spondylosen sind vor allem an der Hals- und Lendenwirbelsäule ausgeprägt, weil diese die beweglichsten Teile der Wirbelsäule sind und stetigen Dreh- und Beugebewegungen ausgesetzt sind. Die dadurch häufig erzeugten Schmerzen entweder im Nacken und Arm oder auch in der Lendengegend sowie als Ischias, sind oft sehr schwer zu beeinflussen. Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 13 von 21 Hinsichtlich der Gelenke sind besonders Knie- und Hüftgelenk gefährdet. Es handelt sich hierbei aber um physiologische altersmäßig bedingte Abbauvorgänge. Im Gegensatz dazu sind aber ebenfalls echt krankhafte Prozesse wie die Arthrose bei den Gelenken und die Spondylose bei der Wirbelsäule festzustellen, die bei intensiver körperlicher Belastung etwa der Kniegelenke beim Laufen erheblich fortschreiten. An den Gelenken werden Altersveränderungen für den älteren Menschen besonders deutlich spürbar. Durch Druck und Verschleiß, wozu auch Sport durch Überlastungen und Fehlbelastungen beitragen kann, kommt es zur Degeneration mit Schädigung des Gelenkknorpels. Die verringerte Durchblutung führt zu Rückbildungsprozessen und mangelnder Heilung bei Schädigungen. Zudem nimmt die Synovialflüssigkeit, die das Gelenk ernährt und die Beweglichkeit mit Gleitsubstanz sichert, ab. Der Knorpel verliert an Flüssigkeit. Die Bänder und Sehnen werden ebenfalls spröder und die gelenkstabilisierende Muskulatur verliert an Elastizität. Veränderungen im Gelenk können zu schmerzhaften Prozessen führen, die sich auf die umgebende Muskulatur ausdehnen. Durch Verletzungen, Entzündungen, Fehl- und Überbeanspruchung kommt es zur Arthrose. Zudem reduziert sich in den meisten Gelenken die Beweglichkeit im Altersverlauf. Bänder und Gelenkkapsel Bänder (Ligamente) und Gelenkkapseln werden infolge des Alterns des Bindegewebes unelastischer und weniger dehnbar. Die Reißfestigkeit nimmt ab. Kleine Risse sind häufig und benötigen wegen der geringen Durchblutung dieser Gewebe oft eine lange Heilungszeit. Wirkungen von Sport und Bewegung (siehe Materialien Herzsport I.1.8 und I.3.4) Es hat sich gezeigt, dass bei einer kontinuierlich durchgeführten altersgerechten Gymnastik Beschwerden weniger ausgeprägt sind, auch wenn die Wirbelsäulenveränderungen einen gleich hohen Grad aufweisen wie bei einem Nichtgymnastiktreibenden, der aber viel mehr Schmerzen hat. Bewegung erhält nicht nur die Gelenkigkeit im Sinne der Schwingungsweite in den Gelenken. Da der Stoffwechsel in den Gelenken (Versorgung des Gelenkknorpels) über die Osmose gefördert wird, unterstützt jede Bewegung auch die Stoffwechselprozesse im Gelenk im Sinne einer „Pumpe“. Die Ernährungsbedingungen in den Gelenkknorpeln lassen sich durch Bewegung verbessern, das Auftreten degenerativer Prozesse verzögern. Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 14 von 21 Durch wohldosierte Bewegung werden die Kapselwände animiert, neue Gelenkflüssigkeit zu bilden. Bei körperliche Betätigung werden die Gelenke verstärkt durchblutet: gegenüber dem Ruhewert ist auch hier eine 20-fach gesteigerte Durchblutung festzustellen. Dabei ist allerdings rhythmische Belastung, d.h. dynamische Bewegungsarbeit erforderlich. Förderung bzw. Steigerung der Durchblutung der Gelenkkapseln. Verletzungen des gesamten Gelenkapparates werden vorgebeugt. Sehnen / Sehnenansätze Ähnlich wie Bänder und Gelenkkapseln verhalten sich die Sehnenansätze der Muskeln im Knochen. Sie sind an sich äußerst zweckmäßig angelegt. Beim Jugendlichen enthalten sie einen Einstrahlungsbereich, der zuerst aus Bindegewebe, dann aus Bindegewebe mit hyalinem Knorpel besteht und erst dann im Knochen festhaftet. Es besteht somit eine Zone mit abgestufter Federung, die vor Rissen schützt und hohe Belastungen auffangen kann. Im Alter geht diese Anordnung leider verloren. Es kommt zu Degenerationserscheinungen mit Verkalkungen und Knochenspornen, so dass die Insertionsstelle peripherwärts verlagert wird und keine abgestufte Federung mehr aufweist. Der bindegewebige Teil der Sehnen geht direkt in den Knochen über. Schon bei ruckartigen, schnellen Muskelbewegungen kann es leicht zu Rissen mit schmerzhaften Reaktionen kommen. Wirkungen von Sport und Bewegung (siehe Materialien Herzsport I.1.8 und I.3.4) Als Folge sportlichen Trainings kann eine deutliche Vergrößerung (Hypertrophie) der Sehnenfibrillen und eine signifikante Zunahme der Zugfestigkeit der Sehnenbündel registriert werden. Durch sportliche Aktivität kann die Geschmeidigkeit der Sehnen und Sehnenansätze erhalten und z.T. verbessert werden. Zwischenwirbelscheiben / Bandscheiben Schon ab dem 20. Lebensjahr sind die besten Jahre der Bandscheiben vorbei. Die Bandscheiben binden nicht mehr soviel Wasser und damit verliert die Wirbelsäule an Elastizität. Im Alter werden die Zwischenwirbelscheiben dann durch Flüssigkeitsverlust immer spröder und verlieren ihre „Stoßdämpferfunktion“, Erschütterungen werden nicht mehr so gut Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 15 von 21 abgefedert und Druckbelastungen weniger effektiv abgedämpft, was mit einer vermehrten Belastung der gesamten Wirbelsäule verbunden ist. Zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr verliert vor allem die Gallertmasse an Festigkeit und Höhe und die Haltebänder zwischen den Wirbeln werden dadurch gelockert. Es kann zu einer Fehlstellung, Verlagerung oder Verschiebung von Wirbelsäulen-Segmenten kommen. Wirkungen von Sport und Bewegung (siehe Materialien Herzsport I.1.8 und I.3.4) Durch maßvolle Bewegung wird durch regelmäßige Be- und Entlastung der Pumpmechanismus gefördert und damit die Versorgung der Bandscheiben sichergestellt. Durch gezielte Gymnastik (Dehnung und Kräftigung) wird die Balance der Haltungsmuskulatur gefördert und die Wirbelsäule stabilisiert. Ein kräftiger Bewegungsapparat und eine dehnfähige Muskulatur helfen, den altersbedingten Elastizitätsverlust des Bandscheibengewebes auszugleichen. Alterungsvorgänge des Zentralen Nervensystems: Koordinative Veränderungen Ohne gezieltes Training nimmt die Koordinationsfähigkeit ab dem 4. bis 5. Lebensjahrzehnt kontinuierlich, zunächst allmählich, dann stärker ab. Die Bewegungen älterer Menschen werden dabei langsamer und mit geringerem Kraftaufwand durchgeführt und sind durch eine niedrigere Genauigkeit und Sicherheit gekennzeichnet. Inwieweit diese Veränderungen auf physiologische Gründe, mangelnde Förderung oder psychische bzw. soziale Gesichtspunkte zurückzuführen sind, kann wegen der komplexen Abhängigkeit der Koordinationsleistungen nicht eindeutig geklärt werden. Als Ursachen für das Nachlassen der Koordinationsfähigkeit werden verschiedene physiologische Gründe angeführt: - nachlassende Nervenleitgeschwindigkeit, - Rückbildung der Schaltstellen von Nerven, - Verringerung der Übertragungssubstanz von Nervenimpulsen, - Dendritenreduktion Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 16 von 21 Zudem sind Veränderungen in der Muskulatur, in den Gelenken und in den maßgeblich beteiligten Sinnen mitverantwortlich für das Nachlassen der Koordinationsfähigkeit im Alter. Inwieweit jedoch diese Veränderungen im Alter ihren Niederschlag finden hängt eindeutig vom Trainingszustand und von sozialen bzw. geistigen Einflussfaktoren ab. So ist bekannt, dass z.B. Musiker wie Arthur Rubinstein, Andre Segovia oder Wladimir Horowetz oder Artisten und Akrobaten bis ins hohe Alter erstaunliche Koordinationsleistungen vollbringen können. Auch im Textilgewerbe und im Handwerk weiß man von Fähigkeiten zu berichten, wie Männer und Frauen ihre geschicklichen Fertigkeiten mit geringen Einbußen erhalten können. Teilweise konnten die oben genannten Personen ihre Fähigkeiten bewahren, indem sie ihre Fertigkeiten neu kombinierten, umstellten sowie ohne Zeitdruck handelten. Der Rückzug aus dem Arbeitsleben ohne ausgleichende andere Tätigkeiten führt jedoch auf die Dauer zu einer raschen Abnahme gewohnter Handlungsabläufe. Kommt noch ein durch Krankheit oder aus psychischen Gründen bedingter Bewegungsmangel hinzu, können Alltagsbewegungen wie Ankleiden, Treppensteigen oder Gleichgewichtsreaktionen bei unsicherem Stand immer schwieriger und weniger befriedigend ausgeführt werden. Alterungsvorgänge des Gehirns Koordination ist nicht allein von körperlichen Tätigkeiten abhängig, sondern auch von der geistigen Aktivität und somit von möglichen Veränderungen der Gehirnleistung. Ging man früher davon aus, dass im Alter die geistigen Leistungen allgemein nachlassen, zeigen heute Forschungsergebnisse, dass weniger das chronologische Alter als vielmehr der Gesundheitszustand, der Bildungsstand sowie die Anregung der Umgebung die „geistigen Kräfte“ beeinflussen. Einschränkungen zeigen sich vor allem da, wo sich der Gesundheitszustand verschlechtert und Hör- und Sehfähigkeit eingeschränkt sind. Bei Anregung der geistigen Fähigkeiten kann im Alternsverlauf eher noch eine Steigerung der intellektuellen Fähigkeiten beobachtet werden (etwa bei Politikern, Schriftstellern oder Künstlern). Bei der Intelligenz unterscheidet man die flüssige Intelligenz von der kristallinen Intelligenz. Die flüssige Intelligenz meint die Fähigkeit, neuartige Probleme zu bewältigen. Sie hängt von der Geschwindigkeit ab, Informationen zu verarbeiten. Während diese Intelligenz aufgrund von Veränderungen in den Nervenzellen bereits ab dem dritten Lebensjahrzehnt nachlässt, wird die Fähigkeit der kristallinen Intelligenz, vertraute Probleme zu bewältigen und dabei auf allgemeines Wissen und Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 17 von 21 Sprachverständnis zurückzugreifen, erhalten und durch Training sogar gesteigert. Man kann also davon ausgehen, dass Alternsvorgänge im Gehirn und damit die Koordinationsfähigkeit in hohem Maße von Training abhängig sind. Ein weiterer Aspekt für die Gehirnleistungsfähigkeit stellt die Lern- und Gedächtnisfähigkeit dar. Körperliche Aktivität scheint über eine bessere Blutversorgung des Gehirns auch Gedächtnisfunktionen positiv zu beeinflussen. Damit ist auch ein Zusammenhang zum Bewegungslernen und zum Abrufen erworbener Bewegungshandlungen gegeben, welche die Koordinationsleistungen fördern können. Abschließend sei noch der Hinweis gegeben, dass die Abnahme von Gehirnzellen für die Leistungsfähigkeit kein Problem darstellt, da nur ein geringer Anteil überhaupt genutzt werden kann. Bedeutender ist die Abnahme der Nervenfortsätze (Dendriten), wobei wiederum die körperliche und geistige Aktivität einen positiven Einfluss nehmen können. Alterungsvorgänge der Sinne Die Sinne vermitteln uns ständig Informationen über Veränderungen der Umwelt und veranlassen uns, entsprechend darauf zu reagieren. Mit zunehmenden Alter verringert sich jedoch die Leistungsfähigkeit dieser Organe. Das Ohr kann vor allem höhere Töne weniger wahrnehmen. Es scheint aber auch weniger Informationen an sein Zentrum im Gehirn zu schicken. Wichtigste Ursache ist wahrscheinlich der Verlust an Hörzellen im Innenohr. Sie registrieren normalerweise die Schallwellen und vermitteln sie über Nervenzellen an das Gehirn. Etwa ein Viertel der älteren Menschen – Männer mehr als Frauen – sind von einer deutlichen Hörschwäche, der sog. „Altersschwerhörigkeit“, betroffen – häufig eine Folge von Lärmbelastung, Krankheiten oder Medikamenten. Das Gleichgewichtsorgan im Ohr verliert mit zunehmenden Alter seine Wahrnehmungsempfindlichkeit. Dieser Vorgang wird jedoch unverhältnismäßig stark von Gewohnheiten beeinflusst. Die Tendenz, als Erwachsener Schwingungen, Drehungen und ungewöhnliche Haltungen und Körperverlagerungen im Raum zu vermeiden, führt zusammen mit nachlassendem Gefühl für Körperstellungen dazu, dass sich die Reaktionszeit verlängert. Die Gefahr, zu spät auf Signale angemessen zu reagieren, erhöht sich (Straßenverkehr, Stürze), zumal wenn dies mit einer Beeinträchtigung der Sehleistung verbunden ist. Das Auge verliert zunehmend das Vermögen zur Scharfeinstellung – ein Prozess, der meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr als „Alterskurzsichtigkeit“ bemerkbar wird: Die Augenlinse wird unelastischer und damit nimmt die Fähigkeit ab, nahe Objekte scharf zu sehen: die Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 18 von 21 Linse wächst kontinuierlich, ohne altes Gewebe abzustoßen. Schicht um Schicht – wie die Jahresringe eines Baumes – verdickt sie sich schließlich zu einem starren Gebilde und legt an Gewicht zu. Die Linsenfasern verändern ihre Struktur und färben sich gelblich. Die Linse wird dadurch undurchdringlicher. Auch die Anpassung an plötzliche Hell-DunkelWechsel ist erschwert, da die Pupillen langsamer reagieren. Sie können sich im Dunkeln nicht mehr so weit öffnen. Wie durch einen Filter fällt nun weniger Licht auf die Sinneszellen der Netzhaut. Die Tiefenwahrnehmung und das Gesichtsfeld (Peripheres Sehen) sind ebenfalls eingeschränkt. Im Auge ist eine Herabsetzung des Stoffwechsels, eine geringere Empfindlichkeit für Umwelteinflüsse und eine Verminderung der Beweglichkeit zu verzeichnen. Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass Alterungsprozess und Folgen von Bewegungsmangel eine Reihe gemeinsamer Merkmale aufweisen (SKINNER 1987). Folgen von Bewegungsmangel können aber durch sportliches Training meist ausgeglichen oder teilweise sogar überkompensiert werden. Die Leistungsminderung etwa im Bereich der Ausdauer beim alten Menschen bedeutet also nicht, dass ein Ausdauertraining hier ohne Erfolg wäre. Durch ein Ausdauertrainingsprogramm, wie es auch jüngeren Personen empfohlen werden kann, lässt sich der altersbedingte Verlust der VO2max (maximalen Sauerstoffaufnahme) von 10% pro Dekade auf 5% senken ! Mäßig dosierte Ausdauerbelastungen führen auch beim alten Menschen zu einer signifikanten Verbesserung der Leistungsfähigkeit des HerzLungen-Systems um bis zu 38%. Folgen von Bewegungsmangel können aber durch sportliches Training meist ausgeglichen oder teilweise sogar überkompensiert werden. So konnte bei älteren herzgesunden Männern im Alter von 60 bis 82 Jahren durch ein 3-5-maliges Ausdauertraining in Form von Walking oder Radfahren nach 6 Monaten ein Abfall der Ruheherzfrequenz, eine Zunahme der primär erniedrigten Herzfrequenzvariabilität sowie eine signifikante Steigerung der maximalen Herzfrequenzrate unter Belastung nachgewiesen werden (BEERE et al 1999). Auch spätere Änderungen im Lebensstil können fassbar positive Erfolge im Verlauf chronisch-degenerativer Erkrankungen bewirken So wurde als eine weitere Analyse der Havard-Alumni-Studie festgestellt, dass selbst im 80. Lebensjahr Bewegungs- und Sportaktivitäten die Lebenserwartung statistisch um 2 Jahre verlängern können (PFAFFENBERGER et al 1990). Selbst relativ geringe körperliche Aktivität wie Spazieren gehen ist in hohem Alter gesundheitlich präventiv wirksam. So hatten über einen Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 19 von 21 Beobachtungszeitraum von 4 Jahren 71 bis 93 Jahre alte, gesunde Männer (n= 2678), wenn sie weniger als 0,25 Meilen pro Tag zurücklegten ein 2fach höheres KHK-Erkrankungsrisiko als diejenigen, die mehr als 1,5 Meilen/Tag zurückgelegt hatten (AMY et al 1999). Didaktisch-methodische Überlegungen zur Erarbeitung - Gruppenarbeit: Erarbeitung der altersbedingten Veränderungen anhand des Arbeitsauftrags III.6.1 M 02 - Vortrag anhand der Power Point Präsentation III.6.1 M 01 - Die Erarbeitung dieses Themas sollte unbedingt im Zusammenhang mit „Materialien Herzsport“ I.1.8 und I.3.4 erfolgen. Lehrmaterialien: Power Point Präsentation III.6.1 M 01: Altersbedingte Veränderungen Folie 01III.6.1 M 01: Altersgemäße Veränderungen Folie 02III.6.1 M 01: Alterungsprozesse Folie 03III.6.1 M 01: Sport und Alter / Alterungsprozess Folie 04III.6.1 M 01: Theorien des Alterns Folie 05III.6.1 M 01: Alterungsprozess und Lebensbedingungen Folie 06III.6.1 M 01: Allgemeine körperliche Alterungsprozesse Folie 07III.6.1 M 01: Alterungsprozesse im Überblick Folie 08III.6.1 M 01: Alterungsprozesse Herz-Kreislauf-System Folie 09III.6.1 M 01: HF und Alter Folie 10III.6.1 M 01: SV und HMV im Alter Folie 11III.6.1 M 01: Residualvolumen und Alter Folie 12III.6.1 M 01: Lungenfunktion und Alter Folie 13III.6.1 M 01: Alterungsvorgänge – Skelettmuskulatur Folie 14III.6.1 M 01: Alterungsvorgänge „Gelenk“ Folie 15III.6.1 M 01: Alterungsvorgänge „Knochen“ Folie 16III.6.1 M 01: Alterungsprozesse – Stoffwechsel Folie 17III.6.1 M 01: Sporttreiben erhöht den Wassergehalt Folie 18III.6.1 M 01: Alterungsvorgänge – Nervensystem Folie 19III.6.1 M 01: Alter und Sport Folie 20III.6.1 M 01: Sport und Alter – Prävention Gruppenarbeit III.6.1 M 02: Altersgemäße Veränderungen Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 20 von 21 Teilnehmermaterialien III.6.1 TN: Überblick über Organveränderungen beim Altern Literatur - Baumann, H./Leye M. (Hrsg.): Bewegung und Sport mit älteren Menschen, wie – was – warum? Meyer & Meyer Verlag, Aachen 1997 - Brusis, O.A. et al.: Handbuch der Herzgruppenbetreuung, Spitta Verlag, Balingen, 2002 - Hollmann, W., TH. Hettinger: Sportmedizin – Grundlagen für Arbeit, Training und Präventivmedizin. Schattauer Verlag, Stuttgart – New York 2000 - Höltke, Volker: Trainingswissenschaftliche Aspekte beim Sport mit Arthrose - Kirchner/Rohm/Wittemann (Hrsg.): Seniorensport, Theorie und Praxis. Meyer & Meyer Verlag, Aachen 1998 - Kirchner / Rohm / Wittemann: Seniorensport, Theorie und Praxis, Meyer & Meyer,Aachen, 1998 - LSB NRW: Materialien SdÄ, IB Gesundheit: Alterungsprozesse, HerzKreislauf-System, Nervensystem, Haltungsapparat - Mechling, M. (Hrsg.): Training im Alterssport. Hofmann Verlag, Schorndorf 1998 - Meusel, H.: Bewegung, Sport und Gesundheit im Alter. Quelle und Meyer, Wiesbaden 1996 - Rost, Richard (Hrsg.): Lehrbuch der Sportmedizin. Deutscher ÄrzteVerlag, Köln 2001 - Vester, F.: Denken, Lernen, Vergessen. Deutscher TaschenbuchVerlag, München 1997 (24. Aufl.) Altersbedingte Veränderungen / 6.1 / Seite 21 von 21