Grenzen der zeitgenössischen Medizin. Ausweg Alternativmedizin?

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Naturheilverfahren
Grenzen der zeitgenössischen Medizin.
Ausweg Alternativmedizin?
Dr.med.B. Musselmann
Arzt für Allgemeinmedizin-NaturheilverfahrenUmweltmedizinChirotherapie
Allgemeinmedizin Uni HD (Leiter: Prof. J. Szecsenyi)
Mittwoch, 16.00 – 17.30, SR 7
Lernziele:
Systematik und Einteilung der sog. Naturheilverfahren, Unterschiede NHV und
konventionelle Medizin, Eignung und Grenzen des Einsatzes, Gefahren.
Grenzen der aktuellen Medizin, neue Ansätze, um die Krise zu überwinden.
Praktische Beispiele, auch Teilnahmemöglichkeit an Exkursionen.
„Naturheilverfahren“
Definition: Sachgerechte Anwendung von Naturheilmitteln wie Heilpflanzen, Nahrung,
Heilquellen, klimatische und geographische Bedingungen, physikalische Faktoren wie
Wärme, Kälte, Licht, im engeren Sinn die klassischen NHV:
Phyto-, Ernährungs-, Balneo-, Klima-, Helio-, Thermo-, Hydro-, Bewegungs-, Massage-, Atem- u.a.
Therapie, s. die „fünf Säulen“ des Kneipp´schen Systems.
Nicht NHV: „Alternativ-, Para-, Holistische und Erfahrungsmedizin“, z.T. unscharfe Begriffe, z.T. Ideolgien,
die Nachprüfung verweigern, z.T. mögliche Quellen neuer fruchtbarer Ansätze.
Grundsätze der NHV:
Aktivierung von Selbstheilungskräften: Weisheit der Natur/biologischer Systeme (ähnlich
“Abwartendes Offenhalten“ in der Allgemeinmedizin).
Arndt-Schultz-Regel: Reizstärke entscheidet über Wirkung: Anregung des Körpers
erwünscht, Vermeidung zu starker oder zu schwacher Reize.
Bedeutung der NHV:

75% aller Patienten wünschen Naturheilverfahren und andere Ansätze als
Zusatzangebot oder Ergänzung bei der Behandlung. 60% der Allgemeinärzte haben
Erfahrung mit NHV, die Mehrheit aller Ärzte ist nicht ausreichend informiert über NHV
(Allensbachstudie, 2002).
Nur für wenige Felder existieren bisher Wirkungsnachweise, z.B. für Phytotherapie:
Neun Heilpflanzen, darunter Johanniskraut: Depressive Erschöpfung, Gingko: Besserung
von Konzentration, Roßkastanie: Bekämpfung von Beinödemen (venös), Brennnesselwurzel: Prostatawachstum wird verlangsamt, Beschwerden verringert, Mönchspfeffer:
Einsatz bei PMS/ Gelbkörperinsuffizienz, Mariendistel: Lebensretter bei Knollenblätterpilzintoxikation und Leberschädigung) wirken gesichert nach EBM-Standard. Einige
andere Heilpflanzen sind aussichtsreiche Anwärter für die Therapie.
Wirkung gesichert bei Sole- u. Schwefelbädern, Massage (psychische Wirkung),
Neuraltherapie, Akupunktur als Schmerztherapie u.a.
Einsatz der NHV
Chronische, multikausale Krankheiten mit Bedarfmultimodaler Therapie: Rheuma,
Krebs, Allergien, Multimorbide, Psychische Störungen.
Leichtere Erkrankungen: Infekte (ob. Atemwege), Bronchitis, Nervosität, Schlaf-,
Magen-Darm-, Haut-, Kreislaufstörungen, BPH.
Herzinsuffizienz NYHA I – III, Schmerzen (Kopf u.a.), Demenz, Erschöpfung u.a.,
Prophylaxe.
Grenzen der NHV

Akute Notfälle, NHV-Therapieversager
Monokausale Erkrankungen mit Agenzien hoher Virulenz
„Selbstheilung“ nicht möglich (Anatomie/Art der Krankheit)
Operations“pflichtiges“:
Neue Wege: Ausblick
Die Zweifel an der aktuellen Medizinauffassung der sog. Naturwissenschaftlichen
Medizin wachsen, seit dieses Modell finanziell, technisch und auch fachlich an seine
Grenzen stößt. Neue scheinbar vielversprechende Wege bringen seit Jahren nicht
mehr den bisher gewohnten Erfolg, Beispiel Gentechnik, Onkologie u.a..
Problemerkrankungen sind z.B. chronische und psychische Krankheiten, Allergien,
Autoimmunkrankheiten, Infertilität, „neue Seuchen“, Antibiotikaresistenzen.
Ein Grund dafür kann sein, daß die Möglichkeiten des naturwissenschaftlichen
Ansatzes weitgehend ausgeschöpft sind und weitere Verbesserungen nur noch mit
einem unvertretbar hohen Aufwand möglich sind.
Ein weiterer kann sein, daß die„moderne“ Medizin mit ihren geistigen Grundlagen
seit 100 Jahren nicht mehr in ausreichendem Maß Anschluß an die Entwicklung in den
Grundlagenfächern anderer Wissenschaften sucht und zu sehr system- und selbstbestätigend verfährt.
Neben der heutigen Physik, der Biologie, den Sozialwissenschaften können auch Naturheilverfahren eine wichtige Quelle zur Neuausrichtung der Heilkunst auf wissenschaftlicher Basis und Erfahrungsbasis sein. Auch Umweltmedizin (Wahlseminar) und
andere kausale Ansätze in Grundlagenfächern, die auch gesellschaftspolitische Belange
nicht außer Acht lassen können zur Linderung kulturell bedingter Krankheiten beitragen
(Prävention!). Eine Medizin ohne politisches Engagement geht heute an der Wirklichkeit
der Bevölkerungsgesundheit vorbei.
Verläßlichkeit medizinischer Studien: Evidenz durch wissenschaftliche Studien
allein ist einseitig, über 90% der Studien sind pharmagesponsert, die Ergebnisse oft
beeinflusst. Über 90% sind vom Design wissenschaftlich und statistisch mangelhaft.
Was ist vom Wissensstand der 80er Jahre noch als “Stand der Medizin” heute
übriggeblieben,
wie fest ist der Boden, auf dem wir therapieren?
Es sollten Kasuistiken, Delphi-Studien und andere Methoden miteinbezogen werden.
Die praktische Bewährung von Methoden (kontinuierliche Optimierung durch Elimination
von Fehlern, gesunder Menschenverstand, Wert eigener ärztlicher Beobachtung
nicht über- aber auch nicht unterschätzen) muß ein wichtigeres Kriterium für ihre
Bewertung werden. Epidemiologische Studien sind als Entscheidungshilfen im Einzelfall
oft wenig hilfreich.
Klassische NHV werden von den meisten Ärzten in ihr Handeln mit einbezogen.
Es sollten für die Beurteilung und Validierung der Verfahren neue NHV-adaptierte
Ansätze unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Faches, psychosozialer und
salutogenetischer Ansätze gefunden werden. “Neue Krankheiten” bedürfen auch oft
neuer Ansätze bei der Erforschung: Bsp. Tinnitus, andere multifaktorielle Störungen.
Berthold Musselmann
Literatur:
H.Hildebrandt, Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren,Walter deGruyter, 1996,
ISBN 3-11-014276-7.V.Schmiedel, M.Augustin, Handbuch Naturheilverfahren, Haug, 1997, ISBN 3-77601624-8. R.M.Bachmann, PraxisService Naturheilverfahren, Hipprokrates, 1996, ISBN 3-7773-1155-3. A.Poletti,
H.Schilcher, Heilkräftige Pflanzen, Hädecke Gesundheit 1990, ISBN 3-77500192-1. Lehrbuch der
Naturheilverfahren,
Hippokrates Verlag. H.Wagner, M.Wiesenauer, Phytotherapie, Gustav Fischer Verlag. R.F. Weiß, Lehrbuch
der Phytotherapie , Hippokrates. Schilcher, Leitfaden Phytotherapie, Urban&Fischer, 2000. V.Uexküll,
Integrierte Medizin, ISBN 3-7945-21498. V.Schulz, N.Rietbrock, I.Roots, D.Loew, Phytopharmaka VII, Steinkopff,
2002, ISBN 3-7985-1335-X. D.Frohne, H.J.Pfänder, Giftpflanzen, WVG, 1997, ISBN 3-8047-1466-8.
Diverses von: Paracelsus, H.v.Bingen, Lützner, Mayr, Anemüller, R.Bachmann, E.Ernst, M.v.Bühring,
R.Machens, R.Saller, V.Fintelmann; Standardwerk: M.Bühring, F.H.Kemper, Naturheilverfahren,
Loseblattsammlung,
Springer, aktualisiert, 2002, ISBN 3-540-43994-3.
H.v.Foerster, B.Pörksen, Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners–Gespräche, Carl-Auer-Systeme Verlag,
2001, ISBN 3-89670-214-9. H.P.Beck-Bornholt, H.H.Dubben, Der Hund, der Eier legt, rororo, 2001, ISBN 3499-61154-6 und dito, Der Schein der Weisen, Hoffmann und Campe, 2001, ISBN 3-455-09340-X. Torheiten
und Trugschlüsse in der Medizin. B.Lown, Die verlorene Kunst des Heilens, Schattauer, 2002, ISBN 3-79452168-4. K.Dörner, Der gute Arzt, Schattauer, 2001, ISBN 3-7945-2050-5. J.Berger, Geschichte eines
Landarztes, Carl Hanser, 1998, ISBN 3-7632-4869-2. R.Verres, Heidelberger Lesebuch Med.Psychologie,
Vandenhoeck&Ruprecht, 1999, ISBN 3-525-45831-2. E.deBono, Laterales Denken, ISBN 3-612-21168-4.
Umfangreiche Literatur beim Verfasser.
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