EKG – Elektrokardiografie Bei der Elektrokardiografie werden Herzströme untersucht, die bei elektrischer Erregung des gesamten Herzmuskels entstehen. Diese messbare elektrische Spannung im mV Bereich kann mit einem Spannungsmessgerät am Körper abgefasst werden. Aus elektrischer Sicht kann man sich das schlagende Herz als Wechselspannungsquelle im Körper vorstellen, die Wechselströme nach allen Seiten hin fließen lässt. Da der Körper des Menschen elektrisch leitfähig ist, können nun überall an der Körperoberfläche (Brustwand und Extremitäten) diese Potentialschwankungen gemessen werden. Dazu werden verschiedene Elektroden am Körper angebracht, die die sehr geringen Spannungen aufnehmen und sie nach entsprechender Verstärkung im EKG-Gerät auf ein Oszilloskop abbilden. Anhand der Größe, Richtung und Dauer der elektrischen Spannungsänderungen kann eine Diagnose des Herzens gestellt werden. Herzkrankheiten verändern das charakteristische Schaubild eines gesunden Herzens und werden somit erkennbar. Die Entwicklung der Elektrokardiografie ging aus dem Studium der Elektrizität hervor. Schon in der Antike kannte man 4 Quellen der Elektrizität: den Blitz den Bernstein, durch Reibung mit weichem, trockenen Stoff elektrische Fische und magnetisches Eisenerz. Das eigentliche Studium der Elektrizität wurde ab ca. 1600 systematisch durch verschiedenste Forscher und Wissenschaftler betrieben: William Gilbert betrachtete die Erde als einen Magneten Otto von Guericke beschrieb die Aufladung von gewissen Gegenständen durch Reibung Stephen Gray beschrieb die Eigenschaften von Leiter und Isolator Ewald von Kleist, Abbè Nollet, Pieter van Musschenbroek u.a. erfanden den „ersten Stimulator“, womit zum ersten Mal Stromstöße nach Belieben abgegeben werden konnten . Meilensteine in der Entstehung der Elektrokardiografie: 1756: - Leopold Caldani, Professor der Medizin aus Bologna zeigte, dass ein isoliertes Nerven-Muskel-Präparat (meist ein präparierter Froschschenkel) durch einen Stromstoss erregt – zucken - werden kann 1780: - Luigi Galvani entdeckte durch Experimenten mit präparierten Froschschenkeln die Kontraktion von Muskeln unter dem Einfluss statischer Elektrizität - er vermutete jedoch das die elektrische Spannung, die die Kontraktion der Froschmuskeln erzeugte, vom Froschgewebe selbst erzeugt worden sei und nannte sie „animalische Elektrizität“ 1799: - Alessandro Volta aus Padua wiederlegte Galvanis Theorie der „animalischen Elektrizität“ der elektrische Stromfluss in Galvanis Experiment wurde nicht vom Froschbein erzeugt, sondern durch den leitenden Kontakt von zwei unterschiedlichen Metallen (Kupfer und Eisen) - Volta erfand die erste funktionierende Batterie – die voltaische Säule Abb. A : voltaische Säule 1820: - Hans Christian Ørsted aus Kopenhagen beschrieb das magnetische Feld um einen stromdurchflossenen elektrischen Leiter - Elektromagnetismus - aufgrund dieser Entdeckung und den Forschungsarbeiten von Ampère, Schweigger und Poggendorff konnte das erste elektrische Ladungsmessgerät, der Galvanometer, entwickelt werden 1825: - der Florentiner Physikprofessor Leopold Nobili verbesserte den Galvanometer - „astatic galvanometer“ – und zeigte mit ihm Ladungsströme in einem Nerven-Muskel-Präparat auf Abb. B : Nobilis „astatic galvanometer“ 1838: - Carlo Matteucci, Professor der Physik, bewies in einem Versuch, ebenfalls mit Froschschenkeln, dass biologisches Gewebe wie Nerven und Muskeln geringe elektrische Ströme erzeugen 1843: - Emil Du Bois Reymond entdeckte das Ruhepotential eines Muskels, das bei der Kontraktion weniger wird diese Potentialänderung nannte er Aktionspotential - er erfand den Rheotom – Stromunterbrecher – mit dem zeitlich begrenzte Stimuli erzeugt werden konnten erlaubte erstmals Analysen des Zeitverlaufs von Erregungsvorgängen - Carlo Matteucci beobachtete bei Tierversuchen mit Taubenherzen das auch die Herztätigkeit auf elektrischen Strömen basiert 1849: - Du Bois-Reymond leitete erstmals elektrische Signale, erzeugt durch willkürliche Muskelkontraktionen, vom menschlichen Muskel ab - mit dem von ihm entwickelten besonders empfindlichen Galvanometer „Multiplikator“ konnte er diese elektrischen Signale messen Abb. K : Multiplikator 1873: - der luxemburgerische Physiker Gabriel Lippmann entwickelte das Kapillarelektrometer - es bestand aus einer Quecksilbersäule in einem dünnen Glasschlauch (Kapillarröhrchen), oben mit verdünnter Schwefelsäure bedeckt bei Veränderungen des elektrischen Potentials konnte die Bewegung des Quecksilbermeniskus durch werden - später stellte sich dieses Elektrometer jedoch als unzureichend heraus Abb. F : Lippmanns Kapillarelektrometer 1876: - dem Franzosen Etienne Jules Marey gelang erstmals die graphische Darstellung elektrischer Ströme, die bei einer Muskelbewegung erzeugt wurden – auch beim Herzmuskel - dabei verwendete er das Lippmann’sche Kapillarelektrometer 1880: - Arsène d’Arsonval und Marcel Deprez verbesserten den Galvanometer (es bestand aus einem räumlich fixen Magneten und einer beweglichen Spule) und bildeten damit die Basis für den modernen Galvanometer Abb. C : Galvanometer von Deprez und d’Arsonval 1887: - Augustus Waller benutzte das Lippmann’sche Kapillarelektrometer, um die durch die Herztätigkeit bedingten Spannungsänderungen an der Körperoberfläche aufzuzeichnen das erste menschliche Elektrokardiogramm entstand - es waren jedoch nur Kammerausschläge sichtbar und die Aufnahmen waren sehr ungenau und für die Auswertung ungeeignet - als Ableitung verwendete er zwei Elektroden auf Brust und Rücken Abb. E : das erste menschliche Elektrokardiogramm von A. Waller 1893: - der holländische Physiologe Willem Einthoven führte bei einem Meeting der „Dutch Medical Association“ den Begriff „Elektrokardiogramm“ ein - später erklärte er jedoch das A. Waller ihn als Erster benutzte 1895: - Einthoven verbesserte die Kapillarelektrometerkurvenanalyse durch mathematische Berechnungen und beobachtete 5 Phasen der elektrischen Herztätigkeit, die er P, Q, R, S und T nannte - die Bezeichnung der Phasen ist auch heute noch so in Gebrauch Abb. G : 5 Phasen der elektrischen Herztätigkeit 1897: - Clement Ader entwickelte ein Empfangsgerät für die Überseetelegrafie, welches später zu einem Fadengalvanometer/Saitengalvanometer umfunktioniert wurde - beim Fadengalavnometer wurde der zwischen zwei Elektroden abgenommene Strom durch eine im magnetischen Feld gespannten Faden geleitet, welcher je nach Stromrichtung nach rechts oder links abgelenkt wurde der Schatten des Fadens wurde auf eine lichtempfindliche Platte projeziert und zeigte das EKG an Abb. D : Fadengalvanometer 1903: - Einthoven baute einen verbesserten, empfindlicheren Fadengalvanometer, dessen Aufzeichnungen der heute bekannten Form entsprechen - mit diesem Galvanometer konstruierte Einthoven einen Elektrokardiographen, der etwa 270 kg wog und mit dem es erstmals möglich wurde verwertbare Herzstromkurven aufzuzeichnen - als Elektroden dienten mit Wasser gefüllte Metalleimer - Einthoven gilt als Erfinder der Elektrokardiografie Abb. L : Einthovens Elektrokardiograph Abb. H : eines der ersten Elektrokardiogramme; aufgezeichnet durch ein Fadengalvanometer 1905: - Einthoven nahm erstmals ein Telekardiogramm auf - dabei wurden die gemessenen Herzströme eines Mannes, der sich in einem Krankenhaus befand, zu Einthovens 1,5km entfernten Labor via Telefonkabel übertragen und aufgezeichnet 1912: - Einthoven entwickelte das „Einthoven-Dreieck“, welches die Anordnung und Stückzahl der Leitungen bei der Messung eines EKGs beschrieb er bestimmte die drei Standardleitungen I, II und III ab 1920: - aufgrund der Erfindung des Röhrenverstärkers um 1906 kamen die ersten fahrbaren Elektrokardiographen auf 1924: - Willem Einthoven erhielt den Nobelpreis für die Erfindung des Elektrokardiographen 1928: - Ernstine und Levine nutzten Vakuum-Röhren um das vom Körper abgeleitete EKG-Signal zu verstärken Röhrenverstärker - außerdem ermöglichte diese Technik eine einfachere Aufzeichnung der gemessenen elektrischen Potentiale - der Röhrenverstärker war wesentlich leichter zu bedienen und auch billiger dies erlaubte erstmals die Diagnostik in einer normalen Arztpraxis, anstatt in großen Forschungseinrichtungen oder größeren Kliniken - Frank Sanborn’s Unternehmen (gegründet 1917; 1961 übernommen von Hewlett-Packard und seit 1999 Philips Medical Systems) baute ein portables EKG mit einem Gewicht von etwa 23kg - betrieben wurde es mit einer 6-Volt Autobatterie 1930-1948: - in diesem Zeitraum wurden verschiedene Formen der Belastung von Herzpatienten entwickelt, um ein Belastungs-EKG anzufertigen ab 1930: - die ersten tragbaren Elektrokardiographen wurden entwickelt fester Bestandteil der medizinischen Diagnostik 1932: - Frank Wilson erfand eine neue Ableitungsmethodik, bei der er eine Bezugselektrode/Sammelelektrode verwendete - dabei wird von den drei Extremitätenableitungen einzeln gegen die Bezugelektrode abgeleitet unipolare Ableitung - nach vielen Experimenten erweiterte er die Elektrodenanzahl um 3 und schuf die nach ihm benannte Brustwandableitung 1934: - B.H.C. Matthew revolutionierte mit der Erfindung des Differentialverstärkers die Verstärkertechnik zur Gewinnung von bioelektrischen Signalen 1938: - die “American Heart Association” und die “Cardiac Society of Great Britain” definieren Standardpositionen und –leitungen zum Verdrahten eines Patienten beim EKG Brustwandableitungen: V1 – V6; V steht für Volt 1942: - Emanuel Goldberger führte die drei Extremitätenableitungen aVR, aVL und aVF ein - zusammen mit Einthovens drei Extremitätenleitungen und den sechs Brustwandableitungen, erhielt er ein EKG mit 12 Leitungen, so wie es auch heute noch benutzt wird 1948: - der Schwede Rune Elmquist entwickelte den ersten Tintenstrahldrucker zur Aufzeichnung von physiologischen Signalen - zur Demonstration seines Gerät auf dem „First International Congress of Cardiology“ in Paris, zeichnete er EKGs auf - Erfindung des Transistors durch William B. Shockley, John Bardeen und Walter Brattain - durch den Transistor veränderte sich auch die Technik der Elektrokardiografie - EKG-Geräte waren nun in der Lage das aufgezeichnete Elektrokardiogramm direkt auf Papier auszudrucken - außerdem konnten nun wesentlich kleinere und handlichere Geräte gebaut werden, als es zuvor mit den Röhren 1949: - der Physiker Norman Jeff entwickelte einen 33kg schweren tragbaren Elektrokardiografen in einem Rucksack, der das EKG der Trägers aufzeichnen und als Signal übertragen konnte - dieses erste System eines „Holter Monitors“ (Langzeit-EKG) gilt als Vorreiter des ambulanten EKGs Abb. J : moderner „Holter Monitor“ 1963: - Baule und McFee waren die ersten, die ein Magnetkardiogramm ermittelten - dazu nutzten sie das elektromagnetische Feld, das bei jeder elektrischen Herzaktivität entsteht Aufnahme eines EKGs ohne Anbringung von Hautelektroden möglich 1993: - Professor Robert Zalenski und Kollegen veröffentlichten einen Bericht über die Nutzung eines EKGs mit 15 Ableitungen - durch die 3 zusätzlichen Leitungen (Standard sind 12 Ableitungen) wird die Empfindlichkeit des Elektrokardiogramm erhöht ermöglicht die Ermittlung von speziellen Herzkrankheiten – myokardiale Infarktbildung 1999: - Forscher aus Texas zeigten dass EKGs (mit 12 Anschlussleitungen) drahtlos zu einem Handheld-PC übertragen und dann zuverlässig von einem Kardiologen ausgewertet werden können heute: - moderne Geräte sind in der Lage, das EKG zu vermessen und die Zeitintervalle der einzelnen Abschnitte anzugeben; sie drucken vermutliche Diagnosen aus und übertragen die ermittelten Daten über integrierte Schnittstellen zu externen Speichereinheiten - je nach Beschwerde kommen vers. Arten von EKGs zu Anwendung z.B. Ruhe-EKG, Langzeit-EKG (24-Stunden-EKG), Belastungs-EKG, intrakardiales EKG - bei Langzeituntersuchung werden kleine tragbare EKGs verwendet - Einsatz von EKG-Shirts integrierte Sensoren messen den Herzschlag des Trägers und übertragen die ermittelten Daten via Bluetooth sowie einem Spezial Handy zu einem medizinischen Service-Center von dort kann die Weiterleitung der Daten zum Arzt erfolgen => Telemedizin Abb. I : mobiles EKG-Gerät „Cardio24“ Prognose: - neue Wege der Prävention werden eingeschlagen Einbindung von u unsichtbarer, miniaturisierter und intelligente EKG-Sensorik in die Alltagskleidung, die bei Notfällen ein EKG vermessen und den zuständigen Arzt alarmieren kann EKG-Aufzeichnung mit Messschreiber oder wie?