DIE KRISE DER RÖMISCHEN REPUBLIK Optimaten und Populare 5 10 15 20 Cicero, Für Sestius 96 ff. Es hat in dieser Stadt immer zwei Parteien von Politikern gegeben... Die ei nen wollten immer „Popularen“ sein und als solche angesehen werden, die anderen ,Optimaten'. Die Männer, die sich mit ihren Taten und Worten bei der Volksmenge beliebt machen wollten, galten als Popularen' [populus =', Volk, Pöbel]. Die anderen, die für ihre Pläne die Zustimmung der Besten gewinnen wollten, galten als Optimaten' [optimi = die Besten, die Adligen]. Wer sind denn nun diese ,Optimaten'? . . . Es sind die Führer des Senats, es sind deren Anhänger, es sind Männer aus den höchsten Schichten, denen der Senat offen steht. Bürger aus den Landstädten und Bauern, Geschäftsleute und sogar Freigelassene sind Optimaten. So ist ihre Zahl weit verbreitet und auf alle sozialen Schichten verteilt. . . Es sind die Bürger, die unbescholten sind, die vernünftig denken und die persönlich wohlhabend sind. . . Die Führer müssen die Verbindung von Ruhe und Ehre schützen und selbst unter Lebensgefahr verteidigen. Ihre Grundlagen sind die Staatsreligion, die Deutung der Vorzeichen, die Amtsgewalt der Magistrate, die Autorität des Senats, Gesetz und Herkommen, die Gerichte, die Rechtsprechung, die Einhaltung moralischer Verpflichtungen, Provinzen und Bundesgenossen, der Ruhm des Reiches, das Kriegs- und Finanzwesen... Wo es so viele Bürger gibt, finden sich begreiflicherweise auch viele ganz anders Denkende. Sie erstreben im Bewußtsein ihrer Vergehen - aus Furcht vor Strafe - Umwälzungen und Umsturz. Oder sie weiden sich aus einem angeborenen Fanatismus heraus an Bürgerzwist und Aufständen. Oder sie sind Leute in zerrütteten Vermögensverhältnissen, die einen allgemeinen Bankrott ihrem eigenen vorziehen. Solche Leute finden Anwälte und Führer für ihre verbrecherischen Ziele. Und die Wogen der politischen Kämpfe gehen deshalb hoch." Sallust, Jugurtha 41 f. 5 10 15 20 Das Parteiunwesen in Volk und Adel mit all seinen Mißständen war erst vor wenigen Jahren in Rom entstanden. Es war eine Folge des untätigen Lebens und des Überflusses an allen Gütern . . . Denn bis zur Zerstörung Karthagos führten Volk und Senat von Rom gemeinschaftlich die Staatsgeschäfte ohne Haß und Leidenschaft; es gab keinen Wettstreit um Rang oder Herrschaft unter den Bürgern ... [Danach] begann der Adel seine bevorrechtigte Stellung zu mißbrauchen, das Volk seine verfassungsmäßigen Freiheiten in Willkür ausarten zu lassen. Jeder versuchte für sich zu nehmen, zu raffen und zu rauben. So wurde alles in zwei Parteien auseinander gerissen; der Staat aber ging zwischen beiden zugrunde. Übrigens hatte der Adel durch seinen engen Zusammenhalt das Übergewicht. Das Volk aber, bei seiner Masse völlig zersplittert, konnte wenig ausrichten. Nach der willkürliche n Entscheidung einiger weniger Leute wurde in Krieg und Frieden Politik gemacht. In ihrer Hand lagen auch Staatskasse, Provinzen, Magistrate, Ehren und Triumphe. Das Volk wurde von Armut und Kriegsdienst bedrückt. Die Feldherren rissen mit einigen Freunden die Kriegsbeute an sich. Inzwischen wurden die Eltern oder kleinen Kinder der Soldaten von Haus und Hof vertrieben, wenn sie einen mächtigen Nachbarn hatten. So drang mit der Herrschaft eine Habgier ein, die maßlos und unersättlich war. Sie entweihte und zerstörte alles, nichts achtete sie, nichts war ihr heilig, bis sie sich selber ins Verderben stürzte. Denn bald fanden sich im Adel selbst Männer, die wahren Ruhm einer ungerechten Machtstellung vorzogen. Da geriet die Bürgerschaft in Unruhe; und es entstand allmählich einem Erdbeben vergleichbar - eine Spaltung aller Bürger ... Sie begannen das Volk zur Freiheit aufzurufen und die Verbrechen der Adelsclique aufzudecken. Der Adel, schuldbewußt und deshalb schwer betroffen, trat ihnen [gewaltsam] entgegen."