Erkens Gerow Schmitz Zeiss Wirtschaftsprüfer | Steuerberater | Rechtsanwälte Zulä ssigkeit des Ausschlusses des gesetzlichen Kündigungsrechts des Mieters in einem Wohnungsmietvertrag Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass der (zeitlich befristete) Ausschluss des gesetzlichen Kü ndigungsrechts des Mieters in Wohnungsmietverträgen zulässig ist, wenn die Frist maximal 4 Jahre beträgt. Dies gelte selbst dann, wenn die entsprechende Klausel in einem Formularmietvertrag enthalten ist und der Vertrag daher der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht unterfällt. Ein derartiger Verzicht auf das Recht zur Kü ndigung des Mietverhältnisses verstoße weder gegen die mietrechtlichen Vorschriften zur Kü ndigungsfrist und zum Zeitmietvertrag noch gegen die Bestimmungen zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. 1. Sachverhalte und Urteilstenor In zwei Fällen (Urteil vom 22. Dezember 2003, AZ VIII ZR 81/03 bzw. Urteil vom 6. Oktober 2004, AZ VIII ZR 2/04) hatten die Mieter in einem Formularmietvertrag fü r die Dauer von 60 Monaten bzw. 12 ½ Monaten auf ihr gesetzliches Kü ndigungsrecht verzichtet. In einem weiteren Fall (Urteil vom 30. Juni 2004, AZ VIII ZR 379/03) hatten beide Mietparteien in einem Formularmietvertrag fü r die Dauer von 2 Jahren auf ihr Recht zur Kü ndigung verzichtet. Die Mieter hatten den Mietvertrag jeweils vorzeitig gekü ndigt. Die Vermieter hatten sodann Zahlung der ausstehenden Miete bis zum vertragsgemäßen Ablauf des Mietverhältnisses gefordert. Die jeweiligen Vorinstanzen haben die Klagen der Vermieter abgewiesen, der BGH hat die Urteile aufgehoben und zugunsten der Vermieter entschieden. Diese Grundsätze hat der BGH in einem weiteren aktuellen Urteil bestätigt (Urteil vom 6. April 2005, AZ VIII ZR 27/04). Dennoch hat er in dem zugrunde liegenden Fall die in einem Formularmietvertrag enthaltene Klausel fü r unwirksam erklärt. Denn der Mietvertrag war durch den Kü ndigungsausschluss auf insgesamt 5 Jahre festgeschrieben. Der Kü ndigungsverzicht mü sse aber – so der BGH – zeitlich ü berschaubar bleiben, weil der Mieter sonst bei ü berraschend anstehenden Umzü gen in seiner Dispositionsfreiheit erheblich eingeschränkt wü rde. Die Dispositionsfreiheit sei bei einem 5-jährigen Kü ndigungsausschluss jedenfalls nicht mehr gegeben. Unter Hinweis auf eine vergleichbare Regelung bei Staffelmietverträgen legte der BGH daher die zulässige Frist fü r einen Kü ndigungsausschluss bzw. einen Kü ndigungsverzicht auf 4 Jahre fest. 2. §573 c BGB (Kündigungsfrist) Bedenken gegen die jeweiligen Vertragsklauseln bestanden zum einen hinsichtlich der gesetzlichen Vorschriften zur Kü ndigungsfrist. Nach § 573 c Abs. 1 BGB beträgt die Kü ndigungsfrist fü r den Mieter stets 3 Monate. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist gemäߧ 573 c Abs. 4 BGB unwirksam. Nach Auffassung der Mieter stellten die jeweiligen Vertragsklauseln aber gerade eine unwirksame Verlängerung der Kü ndigungsfrist dar. Der BGH stellte jedoch klar, dass durch einen Kü ndigungsverzicht die einzuhaltende Kü ndigungsfrist nicht verändert werde. § 573 c Abs. 4 BGB sei gar nicht einschlägig, da diese Vorschrift lediglich die Kü ndigungsfrist regele und somit ein Bestehen des Kü ndigungsrechts – -1- Erkens Gerow Schmitz Zeiss Wirtschaftsprüfer | Steuerberater | Rechtsanwälte das in den zu entscheidenden Fällen aber gerade im Streit war – schon voraussetze. Lediglich das Kü ndigungsrecht sollte durch die Kü ndigungsverzichtsabrede fü r einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen werden. Dieses Ergebnis – so der BGH weiter – stehe auch im Einklang mit der Entstehungsgeschichte des Mietrechtsreformgesetzes. Nach der frü heren Rechtslage waren Vereinbarungen zulässig, durch welche das Recht zur Kü ndigung fü r eine bestimmte Zeit ausgeschlossen wurde. Zwar wurde durch das Mietrechtsreformgesetz dieser „ einfache“ Zeitmietvertrag i.S.d. § 564 c Abs. 1 BGB a.F. abgeschafft und eine Verlängerung der Kü ndigungsfrist zu Lasten des Mieters gemäߧ 573 c Abs. 4 BGB n.F. ausdrü cklich fü r unzulässig erklärt. Jedoch ergebe sich aus der Gesetzesbegrü ndung zum Zeitmietvertrag gemäß § 575 BGB n.F., dass bei Fehlen eines Befristungsgrundes dem Interesse des Mieters an einer langfristigen Bindung des Mietverhältnisses dadurch Rechnung getragen werden könne, dass die Parteien einen unbefristeten Mietvertrag schließen und fü r einen vertraglich festgelegten Zeitpunkt das ordentliche Kü ndigungsrecht beiderseits ausschließen. Hieraus sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber zulassen wollte, dass die dreimonatige Kü ndigungsfrist erst nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums eingreifen sollte. 3. §575 BGB (Zeitmietvertrag) Darü ber hinaus vertraten die Mieter die Auffassung, die jeweiligen Vertragsklauseln wü rden gegen die gesetzlichen Vorschriften zum Zeitmietvertrag gemäߧ 575 BGB verstoßen. Durch das Mietrechtsreformgesetz wurde die Begrü ndung eines zeitlich befristeten Mietverhältnisses an besondere Grü nde auf Seiten des Vermieters geknü pft. Außerhalb dieser explizit und abschließend aufgezählten Grü nde ist eine Befristung nicht möglich, da eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung gemäߧ 575 Abs. 4 BGB unwirksam ist. Hierzu vertritt der BGH die Auffassung, dass Sinn und Zweck der Neuregelung des Zeitmietvertrages gemäߧ 575 BGB sei, eine automatische Beendigung des Mietverhältnisses allein durch Zeitablauf, ohne dass der Mieter Kü ndigungsschutz genießt, zu verhindern. Die Regelung solle den Mieter aber nicht vor einer längeren Bindung an den Vertrag schü tzen, wie sie durch einen befristeten Kü ndigungsausschluss beabsichtigt sei. Demnach sei die Vereinbarung eines befristeten Kü ndigungsausschlusses nicht einem unzulässigen Zeitmietvertrag gleichzusetzen. Diese Auslegung ergebe sich auch aus der Begrü ndung des Gesetzgebers zu der Neuregelung des Zeitmietvertrages durch das Mietrechtsreformgesetz. 4. §307 BGB (Inhaltskontrolle nach AGB-Recht) Schließlich hatten die Mieter eingewendet, dass die jeweiligen Klauseln in Formularmietverträgen enthalten seien, die Klauseln mit dem Mietrecht nicht in Einklang ständen und daher eine unangemessene Benachteiligung der Mieter i.S.d. § 307 BGB darstellten. Jedoch hat der BGH klargestellt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass nach der Reform des Mietrechts weiterhin die Möglichkeit bestehe, einen unbefristeten Mietvertrag zu schließen und fü r einen bestimmten, vertraglich festgelegten Zeitraum das Recht zur ordentlichen Kü ndigung auszuschließen. Daher liege eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB schon nicht vor. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB greife ebenfalls nicht ein, da weder der Schutzzweck von § 573 c Abs. 4 BGB noch derjenige des § 575 Abs. 4 BGB -2- Erkens Gerow Schmitz Zeiss Wirtschaftsprüfer | Steuerberater | Rechtsanwälte eine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kü ndigungsverzichts gebiete. Schließlich komme eine Unwirksamkeit der jeweiligen Vertragsklausel angesichts des Willens des Gesetzgebers auch nicht nach der Generalnorm des § 307 Abs. 1 BGB in Betracht. Dieses Ergebnis rechtfertige sich erst recht, wenn der befristete Kü ndigungsausschluss fü r beide Vertragsparteien – und nicht nur einseitig fü r den Mieter – gelten soll. 5. Fazit Nach alledem bleibt festzuhalten, dass in Wohnungsmietverträgen – auch in Formularverträgen – ein (zeitlich befristeter) Ausschluss des gesetzlichen Kü ndigungsrechts des Mieters wirksam vereinbart werden kann. Durch diese „ Hintertü r“ ist es den Vermietern möglich, Mietverträge ü ber einen Mindestzeitraum abzuschließen, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des Zeitmietvertrages nicht vorliegen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Vermieter von dieser Möglichkeit kü nftig vermehrt Gebrauch machen werden. -3-