DEUTSCHE GEGENWARTSSPRACHE (GRN) 26. Idiomatische Wendungen, Phraseologismen, Klassifizierung von Phraseologismen (Wortpaare, Idiome, geflügelte Worte, Sprichwörter), Merkmale idiomatischer Wendungen 1. IDIOMATISCHE REDEWENDUNG Im Fachwortschatz der Sprachwissenschaft ist ein Idiom außerdem eine idiomatische (feste) Wortverbindung, die nicht wörtlich genommen, sondern übertragen verstanden werden muss (z. B. "Lug und Trug", "an die eigene Nase fassen"). Eine Redewendung (auch: Idiom, idiomatische Wendung, Phraseologismus) ist eine Verbindung von mehreren Wörtern ("feste Wortverbindung"), die eine Einheit bilden und deren Gesamtbedeutung nicht direkt aus der Bedeutung der Einzelelemente abgeleitet werden kann. Es handelt sich um den Spezialfall einer Kollokation. Wortverbindungen und Wortschatz Die Idiomatizität einer Wortverbindung zeigt sich daran, dass der Austausch einzelner Elemente keine systematische Bedeutungsveränderung ergibt: jemandem einen Katzendienst erweisen gegenüber jemandem einen Bärendienst erweisen, über der Hand gegenüber unter der Hand es auch eine "wortwörtliche" Lesart der Phrase gibt, für die die vorhergehende Regel nicht gilt. Diese Wendungen werden unterschieden von den Gruppen der freien (unfesten) Wortverbindungen und den losen Wortverbindungen. In ungenauer Redeweise werden unter Redewendungen auch Sprichwörter, Redensarten, Funktionsverbgefüge und Zwillingsformeln subsumiert. Redewendungen sind ein fester Bestandteil des sprachlichen Lexikons. Oft enthalten sie ehemalige rhetorische Figuren, vor allem Metaphern. Fast immer sind sie aus sprachhistorisch älteren unidiomatischen ("wortwörtlich gebrauchten") Syntagmen entstanden. Die Unanalysierbarkeit der Bedeutung löst sich somit fast immer auf, wenn die Geschichte einer Redewendung nur weit genug zurück verfolgt werden kann. Redewendungen können (wie alle Wortschatzelemente) eine eingeschränkte regionale Verbreitung haben. Literarische Zitate, die als Redewendungen Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben, werden als geflügelte Worte bezeichnet. Beispiele für gebräuchliche Redewendungen bis in die Puppen (etwas übertreiben, z.B. "schlaf nicht wieder bis in die Puppen!") den Nagel auf den Kopf treffen Holla die Waldfee! (bei Überraschung) ins Schwarze treffen (mit einer Vermutung richtig liegen) jemandem den schwarzen Peter zuschieben jemandem einen Bärendienst erweisen 2. PHRASEOLOGISMEN Unter einem Phraseologismus (latinisierte Form des griechischen Wortes frasseolojismós, von altgriechisch phrazein - anzeigen, vortragen und griechischneulateinisch logismós / logismus - die Wortbildung) versteht die Sprachwissenschaft eine zu einer festen Form geronnene Kette mehrerer Elemente. Die Bedeutung eines solchen sprachlichen "Fertigbausteins" geht über die rein wörtliche Bedeutung ihrer Bestandteile hinaus. Er hat in der Regel eine feste, nur begrenzt veränderbare Struktur. Wir unterscheiden Redewendungen - unter der Hand Zwillingsformeln - Hab und Gut Redensarten (starre, zitathaftige Wendungen) - langer Rede kurzer Sinn Verwandte Themen: Sprichwort - Je größer die Liebe um so weniger die Sprache Zitate - Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen. (Goethe) Sentenzen - Die Axt im Haus erspart den Zimmermann (Schiller) Routineformeln Grußformel - Wir sprechen uns wieder! Glückwunsch/Dank - mir fehlen die Worte Floskel - ... sag ich mal ... Anweisung - Rück endlich mit der Sprache raus! Geflügeltes Wort - Die Sprache ist das Haus des Seins (Martin Heidegger) Slogan - Lasst Blumen sprechen. 3. KLASSIFIZIERUNG VON PHRASEOLOGISMEN a) Wortpaare (= Zwillingsformeln) Das Kennzeichen von Zwillingsformeln (auch Paarformeln oder Binomiale genannt) ist ein formelhaftes, gemeinsames Auftreten zweier durch "und" (oder andere Konjunktoren) verbundener Worte in der Form "A und B". Zwillingsformeln sind Ausdrücke, die stets oder überwiegend als Phraseologismen auftreten. Dabei können sie semantisch in unterschiedlicher Beziehung zueinander stehen: als Antonym (heiß und kalt, gut und böse) als Synonym (Angst und Bange, Art und Weise, Ort und Stelle) oder als Homonym (Hand in Hand, Seite an Seite). Alliteration = Die Alliteration (von lateinisch ad: „zu“, littera: „Buchstabe“), auch ungenau Stabreim genannt, ist eine literarische Stilfigur, bei der die betonten Stammsilben zweier oder mehrerer aufeinanderfolgender Wörter den gleichen Anfangslaut besitzen – bei Nacht und Nebel In der älteren Rechtssprache fassen sie oft zwei verwandte, aber zu unterscheidende Begriffe zusammen - Leib und Leben, Kind und Kegel, Haus und Hof Reim = Die Wortpaare reimen sich auch – mit Sach und Pach, weit und breit Autonomische Wortpaare = zwei unterschiedliche Wörter, die zusammen nur eine Bedeutung haben – kurz und gut (kurz gesagt) – das Wort ,,gut“ bedeutet in diesem Fall eigentlich nichts. b) Idiome Unter Idiom (von griechischen idios „eigen(tümlich)“) versteht man die Sprechweise eines bestimmten Kreises von Personen. Zunächst bezeichnet der Begriff in der Allgemeinsprache jede Nationalsprache, dann auch oft Sprachvarianten derselben Nationalsprache mit regionalem Bezug, z. B. eine Mundart. Idiome – Wortgruppen, die in ihrem Gebrauch erstarrt sind (die Hand für jemanden ins Feuer legen, die Nase in etwas stecken..) Motivierte Idiome = der Sinn ist aus den Bedeutungen der Komponenten zu schließen – Ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Ich bin nicht aus dem Himmel gefallen. Unmotivierte Idiome = der Sinn ist aus den Komponenten nicht zu schließen – auf etwas Gift nehmen (du kannst dich darauf verlassen) c) Geflügelte Worte Als Geflügelte Worte werden literarische Zitate bezeichnet, die als Redewendungen Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben. Darunter sind oft knappe, aber äußerst elegante Formulierungen komplizierter Sachverhalte oder Formulierungen von Lebenserfahrungen, die knapp und treffend "auf den Punkt gebracht" werden. Unter diesem Titel (Geflügelte Worte - der Citatenschatz des deutschen Volkes) veröffentlichte der Berliner Oberlehrer Georg Büchmann 1864 eine Zitatensammlung, die sich als Standardwerk etablierte. Büchmanns Sammlung führt neben deutschen Quellen auch Bibelzitate, griechische und römische Zitate der Klassischen Antike und Werke aus der europäischen und amerikanischen Literatur auf, soweit sie Einfluss auf die deutsche Kultur haben. Neben dem Wortlaut (und ggf. einer deutschen Übersetzung) führt Büchmann die genaue Quelle und eine Erläuterung der Bedeutung auf. Redewendungen, deren Ursprung unklar ist, werden traditionell nicht berücksichtigt. Johann Wolfgang von Goethe "Das beste Monument des Menschen ist der Mensch." Bertolt Brecht "Wer A sagt, muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war." d) Sprichwörter Ein Sprichwort ist ein "allgemein bekannter, festgeprägter Satz, der eine Lebensregel oder Weisheit in prägnanter, kurzer Form ausdrückt" (der Sprach- und Literaturwissenschaftler Wolfgang Mieder). In der Sprachwissenschaft wird die Kunde von den Sprichwörtern Parömiologie genannt. Der Schriftsteller Miguel de Cervantes definierte: "Ein Sprichwort ist ein kurzer Satz, der sich auf lange Erfahrung gründet." Der Ursprung vieler Sprichwörter ist in der Bibel sowie bei lateinischen Autoren zu finden. Johannes Agricola fertigte eine illustrierte Sammlung deutscher Sprichwörter an, von der 1582 eine Ausgabe mit 750 Sprüchen bei Hans Kraffts Erben in Wittenberg erscheint. Originaltitel: "Sibenhundert und funfftzig Deutscher Sprüchwörter". Ein Sprichwort in Form eines Zitates wird als geflügeltes Wort bezeichnet. Ein Sprichwort hat die Form eines abgeschlossenen Satzes in fester und unveränderlicher Formulierung. Darin unterscheidet es sich von der Redewendung. Hunger ist der beste Koch. Wer lang hustet, wird alt. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Oft wird die Form des Sprichworts durch Stabreim, End- oder Binnenreim noch besonders gefestigt: Glück und Glas - / wie leicht bricht das. Was ich nicht weiß, / macht mich nicht heiß. Trocken Brot / macht Wangen rot. Einem geschenkten Gaul / schaut man nicht ins Maul. Je oller, / je doller! ... Gefühltes Leid ist halbes doppelt geteilt. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Mit dem imperativischen Anspruch - 'Jeder kehre vor seiner eigenen Tür!', 'Man soll ...', 'Man muss ...' oder 'Man darf ...' - hat das Sprichwort eine generalisierende Form angenommen. Es drückt in der Regel einen allgemein gültigen Satz aus, der entweder eine Erfahrung des täglichen Lebens (Neue Besen kehren gut.), ein Urteil oder eine Meinung (Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.), eine Warnung (Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie!' - 'Es ist nicht alles Gold, was glänzt.), eine Vorschrift oder Klugheitsregel enthält (Ein Schüler ohne Schule ist wie ein Fisch ohne Fahrrad.) Hier ist die Alliteration der Substantive besonders ausschlaggebend. Viele Sprichwörter sprechen eine Sozialkritik aus (Als Adam grub, und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?) oder eine Religionskritik (Der beste Patron ist der Tierarzt.) oder schließlich einfache Haushaltsregeln (Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.). Ein Aphorismus (= Sprichwort der ausgebildeten Menschen) ist ein philosophischer Gedankensplitter, der üblicherweise als kurzer, rhetorisch reizvoller Sinnspruch (Sentenz, Aperçu, Bonmot) formuliert und als Einzeltext konzipiert wurde. Pointierte Zitate, also Sätze, die aufgrund ihrer Wirkung einem größeren Text entnommen wurden und – wie auch Aphorismen – ohne Zusammenhang mit einem Textganzen auskommen, gelten aus literaturwissenschaftlicher Sicht nicht als Aphorismus. Die Losungen ergeben sich meistens aus einer politischen Situation und die Autoren sind meistens Politiker. Die Sentenz (v. lat. sententia: Meinung, Gedanke, Urteil), ist ein knapper, treffend formulierter, autoritätshaltiger und auf viele konkrete Fälle anwendbarer Sinnspruch, der eine vorher geschilderte Situation oder Erkenntnis in einem Satz zusammenfasst und zu allgemeiner Bedeutung erhebt. Sentenzen sind zumeist aus einem ursprünglichen literarischen Kontext der Prosa, Gedankenlyrik oder des Dramas herausgelöst. Sentenzen sind oft sehr einprägsam, dies liegt unter anderem an ihrer syntaktischen Geschlossenheit und kurzen Präzision. Viele so genannte geflügelten Worte sind Sentenzen. Im Gegensatz zum Aphorismus steht die Sentenz gewöhnlich in Versform und ist allgemein verständlich. Beispiele: "Die Axt im Haus erspart den Zimmermann" (Schiller, „Wilhelm Tell“). "Ernst ist das Leben, heiter die Kunst" Als Kollokation bezeichnet man in der Korpuslinguistik charakteristische, häufig auftretende Wortverbindungen, deren gemeinsames Auftreten auf der Regelhaftigkeit gegenseitiger Erwartbarkeit beruht, also vor allem semantisch begründet ist, z.B. Katze – miauen, Tag – hell. Der Begriff der Kollokation wurde von J. R. Firth ohne eine klare Definition eingeführt; stattdessen führte er einige Beispiele an. 4. MERKMALE IDIOMATISCHER WENDUNGEN a) Umdeutung (= eine andere Bedeutung) Selbständig hat das Wort eine andere Bedeutung, das ist für die besten Wortbildungen gültig. Z. B. ,,Es ist nur Wurst!“ Das Wort ,,Wurst“ bekam eine andere Bedeutung(=Umdeutung). Es soll ein motiviertes Wort sein. b) Einheitliche Gesamtbedeutung Die Phraseologismen werden Equivalente von Wörtern, sie spielen nur die Rolle eines Satzgliedes. – Du wirst jetzt den Mund halten. (ersetzt ,,schweigen“) c) Stabilität = sie sind sehr lange ein Bestandteil der Sprache, sind sehr stabil, sehr verbreitet (schriftlich und mündlich) d) Verbindung mit der Geschichte des Volkes Phraseologismen = ,,sprachliche Denkmäler“, sie sind auch für die Historiker sehr interessant. Man könnte bei der Übersetzung Probleme haben – dann gibt es hier folgenden Möglichkeiten: Wortgenau – Er hat eine Katze im Sack gekauft (Koupil kočku v pytli) Equivalentgenau – Er hat eine Katze im Sack gekauft (Koupil zajíce v pytli) Equivalentungenau – man benutzt ähnliches Sprichwort=man versucht es umzuschreiben Von "http://de.wikipedia.org/wiki/Phraseologismus" PS: Pokud by někdo měl nějaké nejasnosti nebo připomínky, budu ráda, když mi o tom napíšete na [email protected] Dík a mnoho zdaru při učení!