2. Zusammenfassung des Textes

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Daten der Lehrveranstaltung
LV-LeiterIn:
Bauer Thomas
LV-Titel:
PAED Medienpädagogik
Computernummer d. LV:
696511
Semester i. d. die LV statt gefunden hat:
TITEL der Arbeit:
WS 04/05
Rezension des Artikels „Elemente zu einer
soziologischen Theorie der Kunstwahrnehmung“ In: Zur Soziologie
der symbolischen Formen von Pierre Bourdieu
Abgegabedatum:

Daten des Studierenden
Name:
Vorname:
Steurer
Tel./e-mail:
Daniela
0650/6279809, [email protected]
Matrikelnummer:
0247775
Studienkennzahl:
033/641
Nicht vom Studierenden auszufüllen:
Zeugnisdatum
Note
Unterschrift
LeiterIn
LV-
1. Abstract
„das Werk als Kunstwerk [existiert] nur in dem Maße [...], in dem es
wahrgenommen, d.h. entschlüsselt wird [...]“1. Die Wahrnehmung von
Kunstwerken ist abhängig von Klasse bzw. sozialer Schicht. Nur mittels dem
kulturellen Kapital der Kompetenz, Bildung und Wissen können Kunstwerke
entschlüsselt werden. Bourdieu erläutert in seinem 50-seitigen Text wie sich die
soziale Untergleichheit in der Betrachtungs- und Wahrnehmungsweise von Kunst
niederschlägt.
2. Zusammenfassung des Textes
Um sich für Kunst zu interessieren, bzw. mit ihr in Berührung zu kommen und
sie auch zu verstehen, ist „... eine mehr oder weniger dem Zufall überlassene
oder zielgerichtet, bewusste oder unbewusste, institutionalisiert oder nicht
institutionalisierte
Erziehung...“
notwendig.2
Die
„spezifisch
ästhetische
Betrachtungsweise ist ein Produkt [...] einer Transformation der künstlerischen
Produktionsweise, die durch die Erziehung unablässig reproduziert werden
muß.“3 Um sich eine gewisse Kompetenz der Betrachtung und Interpretation von
Kunstwerken anzueignen, ist eine einschlägige Bildung notwendig.
Bourdieu unterscheidet zwischen einer unbewussten und bewussten Dekodierung
bzw. Entschlüsselung, wie ein Kunstwerk betrachtet werden kann. Von
bewusster Dekodierung wird dann gesprochen, wenn der Betrachter zum Beispiel
ein Gemälde nur interpretieren und seine Sinnhaltigkeit erkennen kann, indem
sich das Sachverständnis mit dem des Künstlers deckt.
Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, entstehen Missverständnisse in der
Codierung und eine unbewusste Dekodierung kommt zum Tragen. Gemeint ist
damit, dass Menschen unbewusst Assoziationen aus dem täglichen Leben für die
1
Bourdieu, P., 2000, S. 181
2
Bourdieu, P., 2000, S. 163, vgl. auch S. 181f
Bourdieu, P., 2000, S. 163
3
 Daniela Steurer
2
Betrachtung eines Kunstwerkes verwenden, um den Sinn für sich begreiflich
bzw. verständlich zu machen.
Ein wiederholtes Beschäftigen mit Werken eines bestimmten Stils impliziert eine
unbewusste Verinnerlichung der Produktionsweise. Die Schulerziehung hingegen
fördert
„das
bewußte
Erfassen
der
Denk-,
Wahrnehmungs-
und
Ausdrucksmodelle, die man bereits unbewußt beherrscht [... und] liefert [...] das
unerläßliche Wort- und Begriffsmaterial [...].“4
Je nach Interpretationsschlüssel ist das Niveau der Bedeutung eines Kunstwerkes
niedrig oder hoch. Panofsky unterscheidet zwischen der primären Sinnschicht,
dass heißt, demonstrative Begriffe und Emotionen werden wahr genommen und
der sekundären Sinnschicht, die ein Sachwissen abverlangt.5 Die Betrachtung,
einzig auf der primären Ebene, ist eine sehr oberflächliche: entweder das Werk
gefällt dem/der Rezipienten/Rezipientin, oder nicht. Eine „spezifisch ästhetische
Betrachtungsweise“6 ist nicht gegeben. Die sekundäre Sinnschicht versucht
distinktive stilistische Züge des Kunstwerkes zu ermitteln, indem es in
Beziehung zu allen Werken gesetzt wird, die insgesamt die Klasse bilden, dem es
angehört. In weiterer Folge heißt das, dass zum Beispiel bei einem
Kunstvergleich Kunstwerke den Epochen, den Stilen innerhalb einer Epoche,
und/oder
die
dazugehörigen
Schulen
zugeteilt
werden
können.
Die
Voraussetzung dafür ist ein Bildungsbedürfnis und notwendige Mittel, dieses zu
befriedigen.
Summa summarum bedeutet das eine Implikation der Verwendung von „mehr
oder weniger komplexen und mehr oder weniger vollständig verfügbaren
Codes.“7, um Kunstwerke zu verstehen und zu interpretieren.
Kunst wird auch als eine gesellschaftliche Institution betrachtet. Das Image eines
bestimmten Künstlers oder Werkes liefert die Gesellschaft, der mensch gerade
4
Bourdieu, P., 2000, S. 183
5
vgl. Panofsky, E., S. 17
Bourdieu, P., 2000, S. 163
Bourdieu, P., 2000, S. 165
6
7
 Daniela Steurer
3
angehört. Aus diesem Grund entsteht ein Kunstwerk immer zweimal: einmal
durch den Künstler und einmal durch das Auge des Betrachters.
Zeitgenössische
Werke
sind
Interpretationsunterschieden
und
einem
Wahrnehmungswandel besonders ausgesetzt. Den Grund dafür sieht Bourdieu im
ideologischen Denken der gebildeten Klassen, welches durch vergangene
Generationen vermittelt worden ist. Das führt zu einem mangelhaften
Kunstverständnis und zu einer Behinderung an angemessener Wahrnehmung
moderner Werke. Wird Kunst immer nur nach Regeln, Vorschriften oder
Formeln gesehen und beurteilt, geht die gesamte Individualität der einzelnen
Kunstwerke verloren. „Die endgültige Wahrheit des Stils [...] definiert sich [...]
als ‚Bedeutung im Werden’ [...]“.8
Ein weiteres Defizit, das Bourdieu aufzeigt, ist die hierarchische Gestaltung der
Kunstvermittlung im Schulbetrieb. Kunst wird nur im geringen Maße vermittelt
und dabei handelt es sich zumeist um Literatur. Die moderne Kunst fehlt in den
Lehrplänen und findet sich lediglich in den höheren Bildungsabschlüssen, oder
bei denjenigen, die ihren Horizont erweitern möchten, wieder. Das ist der Grund
dafür, dass die moderne Kunst das gebildetste Publikum hat.
Abhängig vom Bildungsstand des Individuums und vom Bildungs- bzw.
Berufsstand der Vorfahren sind auch die Interessen und das Wissen hinsichtlich
Theater, Museen und Literatur.
Um ein fundiertes Wissen in puncto Kultur zu erlangen, ist das Interesse und die
Vermittlung dessen innerhalb der Familie oder einer sozialen Gruppe wichtig.
Benachteiligt sind die, die aufgrund ihrer familiären Herkunft keinen Anreiz, sich
mit Kunst auseinander zu setzen, erfahren haben.
Negativ zu berurteilen ist, dass die gebildete Schicht das Gebildetsein als
selbstverständlich sieht und die Kunst als eine charismatische Ideologie begreift
und dadurch eine soziale Kluft bildet.
8
Bourdieu, P., 2000, S. 184
 Daniela Steurer
4
3. Auswertung des Artikels
In diesem Text kommt die Wissenskluft-Hypothese zum Tragen: gescheite
Menschen werden gescheiter, dumme dümmer, da sie vor allem nicht wissen,
wie sie zu Wissen gelangen.
Da Medienpädagogik die Erschließungsperspektive der Gesellschaft sein sollte,
hat sie den Auftrag, „den Code der Werke des gehobenen Bildungsstandes zu
vermitteln“.9 Es ist ihre Aufgabe, Wissen über Kunst so zu kommunizieren, dass
RezipientInnen dadurch Kompetenz erlangen. Durch diesen Wissens- und
Informationstransfer könnte sich die Kluft der sozialen Differenzierung ein
wenig schließen. Notwendig dafür ist, dass vor allem allgemeinbildende Schulen
mit adäquaten kommunikativen Instrumenten ausgestattet werden (zB Internet),
was eine gewisse Gerechtigkeit in der Bildung schaffen würde. Für mich stellt
sich hierbei jedoch die Frage, ob die Gesellschaft diese Schließung zulässt, da,
wie Gerhard Schulze in seiner Studie zur Hochkultur festgestellt hat, eine
Abgrenzung von sozialen Milieus erwünscht ist. Dieser Aspekt geht Hand in
Hand mit dem Bildungsstand, dem Lebensalter und dem Lebensstil.10 Im
Vergleich dazu gibt Bourdieu der ungleichen Kapitalstruktur die Schuld für die
soziale Differenzierung.11 Musik, zum Beispiel, ist das bestgeeignetste Mittel zur
Distinktion.12
Meiner Meinung nach wird es eine Gesellschaft ohne soziale Unterschiede und
Differenzierungen nie geben und das kann auch die Medienpädagogik nicht
ändern.
Leider
ist
unser
Bildungssystem
nicht
danach
ausgerichtet,
einen
Erziehungsauftrag in so umfangreichem Ausmaße zu erfüllen um so etwaige
Interessen jener zu wecken, die durch das Elternhaus nicht privilegiert sind.
Bourdieu, P., 2000, S. 192
vgl. Schulze, G., S. 142-150
11
vgl. Bourdieu, P. 1982, S. 212f
12
vlg. Bourdieu, P. 1982, S. 53-55
9
10
 Daniela Steurer
5
4. Bibliographie
Arndt, T., o.J.: Die wachsende Wissenskluft. In: Spezial: Informationsgesellschaft
Online-Dokument
http://www.bpb.de/themen/49SWJF,,0,Die_wachsende_Wissenskluft.html],
[URL:
download
am 23.11.2004, Bundeszentrale für politische Bildung
Boas, F., 2004: Anthropology & modern life, Transaction Publ., New Brunswick, N.J.
Bourdieu, P., 2000: Elemente zu einer soziologischen Theorie der Kunstwahrnehmung.
In: Zur Soziologie der symbolischen Formen, 7. Auflage, Suhrkamp Verlag Frankfurt
am Main, S. 159-201
Bourdieu, P., 1982: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft,
1. Aufl., Suhrkamp, Frankfurt am Main
Esser, H., 2000: Soziologie. Spezielle Grundlagen, Bd. 2, Campus Verlag,
Frankfurt/New York
Göllnitz, A., Hackenbroch, R., Rössel, J., 2002: Die soziale und kulturelle
Differenzierung des Huchkulturpublikums, In: Sociologia Internationalis, Pankoke, E.,
Stagl, J., Weiß, J., Maffesoli, M. (Hg.), Bd. 40, Heft 2/2002, Duncker & Humblot,
Berlin, S. 191-211
Panofsky, E., 1955: The history of art as a humanistic discipline, In: Meaning in the
Visual Arts, Doubleday, Garden City, NY
Schulze, G., 1992: Die Erlebnis-Gesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart,
Campus-Verlag, Frankfurt am Main, New York
 Daniela Steurer
6
5. Schlagwörterindex
B
Betrachtung 2, 3
Bildung 2, 4, 5, 6
C
Code 4, 6
D
Dekodierung 2, 3
E
Erziehung 2, 3, 6
G
gebildet 5
gebildete Klassen 4
gebildete Schicht 5
gebildetes Publikum 5
Gesellschaft 4, 6
I
K
Klasse 2, 4
Kompetenz 2, 6
Kunst 5
Kunst/Kunstwerke 2, 3, 4, 5, 6
Kunstverständnis 4
M
Medienpädagogik 6
S
Schule 4, 5, 6
soziale
Differenzierung/Ungleichheit/Untersc
hied 2, 6
soziale Schicht 2
W
Wahrnehmung 2, 3, 4
Wissen 2, 5, 6
Wssen 3
Interpretation/interpretieren 2, 3, 4
 Daniela Steurer
7
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