Predigt zur Expedition zum ICH vom 28.09.2008 Woche 5 Gemeinde: Wo gehöre ich hin? „Wo gehöre ich hin?“ Das ist die Leitfrage für den Abschnitt der Expedition, der nun vor uns liegt. Dazu lasst uns zu Beginn einmal eine gedankliche Reise antreten. Wir durchbrechen Zeit und Raum, lassen unseren Körper einfach hier und bewegen uns in der Geschichte zurück. Erinnerungen stehen vor unserem inneren Auge aus unserem eigenen Leben. Was ist da z.B. bei dir so eine Erinnerung aus der Kindheit? Doch wir gehen weiter. Geschichtliche Ereignisse treten nun hervor, wie sie uns aus dem eigenen Erleben bekannt sind. Vielleicht sehen wir am 11. September 2001 die brennenden Zwillingstürme in New York. Wir erinnern uns aber auch an Begebenheiten, die wir nicht selbst erlebt haben und nur aus Erzählungen oder der Schule kennen. Den Fall der Mauer z.B. und – ups – wir sind dabei, als sie gerade gebaut wird. Wir sehen plötzlich Deutschland in Schutt und Asche liegen am Ende des zweiten Weltkrieges. – Wir rasen durch die Zeit. Bedeutsame und weniger bedeutsame Ereignisse fliegen an uns vorbei. Die Bilder flirren nur so. Auf einmal bleibt das Bild ruckartig stehen. Es ist düster und wir können die Spannung greifen, die über der Szenerie liegt. Wir merken: hier, zu dieser Zeit, ist etwas wirklich Bedeutsames geschehen. Und wir erkennen Jesus am Kreuz. Wenn uns die anderen Ereignisse nur am Rande angingen sind wir hier persönlich gepackt und betroffen. Kreuz und Auferstehung bilden den historisch wahren Dreh- und Angelpunkt für unsere persönliche Geschichte. Doch unsere Fahrt geht weiter. Nachdem wir das „Es ist vollbracht“ aus Jesu Mund gehört haben, rasen wir weiter zurück in die Vergangenheit der Welt. In der Bilderflut verpassen wir den Übergang von geschichtlich halbwegs gesicherten Daten zu lediglich vermuteten Ereignissen. Ein kurzer Stich in der Wahrnehmung signalisiert den Bruch, dass unser Bild der Welt- und Menschheitsgeschichte unvollkommen ist. Trotz aller Schilderungen in den Büchern. Wieder ruckt das Bild und bleibt stehen. Und wieder wissen wir auf eigentümliche Weise: diese Zeit ist wieder so ein Dreh- und Angelpunkt. Wir erkennen, dass wir uns in den Tagen der Schöpfung der Welt befinden. Gott schafft die Welt planvoll und gezielt, er ist der Herr der Geschichte. Die Frage: „Wo gehöre ich hin?“ hat unmittelbar mit der Schöpfung zu tun. Das merken wir. Mit dieser Erkenntnis nehmen wir wieder Fahrt auf und rasen los. Diesmal jedoch in die Zukunft. Schneller, viel schneller, rasen wir und „Zack“ sind wir wieder in der Gegenwart angekommen. Wo gehöre ich hin? Erste Antwort: Du gehörst zu Gott! Er hat dich geschaffen, kein zufälliger Evolutionsprozeß. „Laßt uns Menschen machen“, nennt uns die Bibel als Gottes Absicht. Du bist also ein Gegenüber Gottes, sein Ebenbild. Und du bist in die Gemeinschaft mit Gott berufen. Das ist ein Hammer! Streng genommen gehören wir nicht einmal uns selbst. Denn was hätten wir schon selbst einzubringen? Wir können Gott nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen. Wir sind allesamt mit Haut und Haaren von ihm abhängig. Und das Schöne – formulieren wir es wieder ganz persönlich – du bist von Gott gewollt. Nun ist aber ganz schnell klar, dass es mit dieser Gemeinschaft mit Gott nicht weit her ist. Wir sitzen ja nicht mit ihm zusammen und trinken zur freundschaftlichen Unterhaltung heißen Tee. Die Gemeinschaft mit Gott ist gestört, ja sogar zerstört. Der Grund liegt, wie wir wissen, im Sündenfall. Das ist auch wieder ein reales Geschehen. Der Mensch, in Gestalt von Adam und Eva, hat in freier Verantwortung und unter dem betrügerischen Einfluß des Teufels mit der Gemeinschaft Gottes gebrochen. Alle weitere Geschichte der Menschheit hat unter diesem Umstand zu leiden. In der Abwendung von Gott lässt dieser aber die Menschen nicht allein, indem er ihnen einen Tritt versetzt und die Welt vergammeln lässt. Sicher: der Mensch trägt an seiner Last, aber Gott unternimmt nun immer wieder zahllose Anläufe, um den Menschen zurückzuholen. So schreibt er Geschichte mit einzelnen Personen, mit Familien und sogar einem ganzen Volk. Doch nichts fruchtet so richtig. Alles Leben ist im Grunde genommen nur die Suche nach der verlorenen Gemeinschaft. Das liegt allerdings nicht an Gottes Unvermögen, so als hätte er über Versuch und Irrtum herumprobiert, welche Maßnahme vielleicht greifen könnte. Nein, ich denke, dass alle diese Versuche von Gott ganz bewusst durchgeführt wurden, um etwas zu verdeutlichen. Nämlich, dass alle menschliche Beteiligung an der Rückkehr zu Gott letztlich nichts hilft. Denn dann gäbe es ja immer noch eine Möglichkeit, sich selbst als gutem Menschen auf die Schulter zu klopfen: Ich und Gott – oder etwas bescheidener – Gott und ich, wir haben´s geschafft. Nein, Gott schöpft ganz planvoll alle Möglichkeiten aus, bis es Zeit für seine Lösung ist. Und damit sind wir bei Jesus. Im Miteinander von Menschen entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. Man fühlt sich dort, wo Gemeinschaft gelingt wohl, gut aufgehoben, angenommen und geliebt. Deshalb haben wir so gerne Gemeinschaft. Bei manchen Menschen genügen nur wenige Leute, wie der engste Kreis der Familie und die guten Freunde. Andere entdecken und erleben Gemeinschaft auch mit mehreren Leuten. Zum Beispiel in Vereinen. Man trifft sich zum gemeinsamen Sport oder zum Singen. Andere setzen sich mit ihrer Gemeinschaft sogar wieder für andere ein, wie etwa die Freiwillige Feuerwehr. Bei allem Positiven, was diese Gemeinschaften bieten, können sie doch die letzte, eigentliche Gemeinschaft nicht ersetzen. Wo gehöre ich hin? Die zweite Antwort: Du gehörst zu Jesus! Wo gehöre ich hin? Dritte Antwort: Du gehörst in die Gemeinschaft! Auch hier greift Gott wieder ein und setzt etwas Neues. Nur im Vertrauen auf ihn kannst du wieder in die Gemeinschaft mit Gott zurückgelangen. Nur Jesus löst dein Schuldproblem. Nicht nur einmalig, sondern auf Dauer. Nur mit Jesus kann es gelingen, sich schrittweise zu verändern, wieder Mensch im Sinne Gottes zu werden. Im zuletzt behandelten Teil der Expedition haben wir ja vieles über Jesus lernen können, was genau das unterstreicht. Der Glaube ist damit ein Entwicklungsprozeß, bei dem jeder von uns auf unterschiedlichem Stand ist. Da ist es völlig egal, wo du stehst. Der eine ist schon Jahre auf dem Weg und hat vielleicht sogar schon selbst Expeditionen unternommen, der andere steht erst am Anfang und entdeckt gerade, was alles hinter diesem Jesus und der Bibel steht. Entscheidend ist lediglich, dass wir am Ball bleiben und die Gemeinschaft mit Gott pflegen. Wo gehöre ich hin? Vierte Antwort: Du gehörst in die Gemeinde! Gemeint ist die christliche Gemeinde – die Gemeinschaft der Gläubigen. Was? Ich gehöre in eine christliche Gemeinde? Am Ende vielleicht sogar in diese Gemeinde hier? ----- Ja. Ein persönliches Erlebnis soll das etwas untermalen. Als Jugendlicher ging ich in die Jugendbibelstunde. Dort erlebte ich im Kreis der Gleichaltrigen eine gute Gemeinschaft. Das hatte aber mit Gemeinde noch wenig zu tun. Die Bibelstundenbesuche, die wir dann und wann einmal machten, waren eher öde und langweilig. Dennoch merkte ich, dass es mit diesem Gott etwas auf sich hatte und dass ich mich mal entscheiden musste. So kam es zu meiner Bekehrung. Von da an veränderte sich recht viel. Die Gottesdienste waren auf einmal sehr viel spannender. Gott redete durch die Predigten, ich lernte viel. Auch die Bibelstunden wurden sehr viel lebendiger, weil die Texte etwas sagten. Es wurde zur guten Gewohnheit, in die Gemeinde zu gehen, denn es machte Spaß. Einmal kam ich erst sehr spät von der Uni nach Hause. Der Zug hatte Verspätung und ich konnte nicht pünktlich in der Bibelstunde sein. Ich überlegte, ob ich nicht wegbleiben sollte, entschloß mich aber dann, doch hinzugehen. Mit einer Viertelstunde Verspätung kam ich hier in der Kirche an. Leise öffnete ich die Tür und als ich in den Saal trat überkam mich auf einmal eine derartig wohlige Stimmung, dass es durch und durch ging. Es war wie ein Nachhausekommen. Hier bist du richtig. Das ist deine Gemeinde. Genau diese Leutchen hier, so merkwürdig sie vielleicht sein mögen. Dieses Gefühl der Gemeinde hat mich seither nicht mehr verlassen. Und so konnte ich von den Besuchen in der Gemeinde praktisch immer profitieren. Diese Erkenntnis lag aber nicht an mir oder an den Leuten, sondern es war Gott, der durch seinen heiligen Geist diesen Schritt vermittelt hatte. So komme ich zu einem wichtigen Aspekt der Gemeindezugehörigkeit. ● Gott lebt in seiner Gemeinde. Zuerst begegnet Gott mir persönlich. Und mit Gott wird mir auch seine Gemeinde lieb und wert. Ich kann und darf mich auf die Gemeinschaft freuen, weil ich Gott erlebe. Die Gemeinschaft mit den anderen fällt einfach als Begleitprodukt an. Ich konnte es nun nicht verstehen, wieso sich manche Bekannte so schwer taten und dieses Gemeinschaftsgefühl nicht hatten. Wir können Gott also in der Gemeinde begegnen. Es kommt allerdings auch darauf an, wie hier die Prioritäten gesetzt werden. Wenn ich gar nicht damit rechne, Gott im Gottesdienst zu begegnen, werde ich auch wenig oder gar nichts an Gemeinschaftsgefühl bekommen können. Weder mit Gott, noch mit den anderen. Wieder ein persönliches Beispiel. Ich habe einen Menschen kennengelernt, der immer so müde in einer Bibelstunde saß. Er kam zwar, aber die Stunde war für ihn eher ein Kampf. Als Selbständiger, so erklärte er mir einmal, müsse er halt viele Stunden arbeiten und die Bibelstunde sei dann einfach auch anstrengend. Derselbe Mann saß wenige Wochen später hellwach in der Bibelstunde, die aber so normal (und wenig prickelnd) wie sonst auch verlief. Voller Freude erklärte er mir, dass es gleich nach Hause ginge zum Fußballgucken. Versteht ihr? Fußball machte ihm sehr viel mehr Spaß als die Bibelstunde. Sein Denken und Fühlen hatte weit mehr damit zu tun, als Gott und die Bibelstunde zu erleben. Ich denke, dass wir dies gut nachfühlen können. Wenn dies unsere Lage ist, wird eine Bibelstunde und ein Gottesdienst wenig bewirken. Anders jedoch schafft die Gemeinde Kraft. Man tankt auf für den nächsten Tag, für die Woche. Gott begegnen ist nur ein Aspekt. Die Begegnung hat noch einen weiteren Aspekt. ● Gott handelt in und mit seiner Gemeinde. Das neue Testament spricht durchgängig von Gotteserfahrungen in den Gemeinden. Wo Gott wirken kann geschieht auch etwas. Menschen verändern sich, Situationen werden bereinigt, die Erfahrungen gehen bis hin zu Wundern. Das haben wir teilweise auch in unserer Gemeinde schon erlebt. Ihr etwas Älteren: erinnert ihr euch noch an die Krebsheilung? Gott will, dass wir uns als Gemeinde an ihm orientieren. Er will mit uns handeln. Und so ist jeder zur Mitarbeit aufgerufen. Dann kann man gestärkt und angesprochen durch einen Gottesdienst heimgehen und dem knudderigen Nachbarn besser begegnen oder manche Dinge ertragen, die sonst überhaupt nicht gingen. Das gilt für jeden. Es würde nichts nutzen, wenn jemand ein großes Interesse an Evangelisation hätte und einen Menschen in die Gemeinde mitnähme, die Gemeinde diesem Menschen aber kein echtes Interesse entgegenbrächte. Daher gilt es für jeden von uns, seinen eigenen Wert in der Gemeinde zu entdecken und sich von Gott mit hinein nehmen zu lassen, in das, was er so will. Dann ist ein absolut sinnerfülltes Leben möglich. Die eigene Berufung zu entdecken ist einfach grandios. Ein weiterer Aspekt ist mir wichtig geworden. ● Es gibt keine Alternative zur Gemeinde. Eine gesunde geistliche und persönliche Entwicklung ist anders nicht denkbar. Sofern die Gemeinde sich an der Bibel als Gottes Wort orientiert und Jesus Christus das Zentrum ist, wird nur in der Gemeinde bleibendes Wachstum vorkommen. Gott hat sich nun einmal darauf festgelegt. Wer das nicht akzeptiert lebt an Gottes Willen vorbei. Wenn ich das entdecke kommt ein weiterer Aspekt ganz logisch hinzu. ● Die Gemeinde ist ein Geschenk Gottes. Man kann die Gemeinde tatsächlich als Geschenk begreifen. Ja, genau diese Deppen, mich als Oberdeppen dazu, hat Gott zusammen geführt. Hier ist jeder selbst verantwortlich dafür, wie er damit umgeht. Wer immer nur an der Gemeinde herumkritisiert, wird wenig erfahren können. Anders aber entdeckt man immer wieder tröstende Gemeinschaft. Dann ist die Gemeinde auch nur als eine Vorstufe zu verstehen. Ach? Ja. Wo gehöre ich hin? Die fünfte Antwort: Du gehörst in den Himmel! Das ist das eigentliche Ziel. Dann sind wir endgültig wieder in der Gemeinschaft mit Gott. Bis dahin wird die Gemeinde allerdings immer unvollständig sein, immer fehlerhaft, aber immer auch ein Hinweis auf Gott. Zum Ende muß noch darauf hingewiesen werden, dass die Gemeinschaft stets gefährdet ist. Ich möchte einige Spannungsfelder nur kurz beispielhaft anreißen. Da, wo Alt gegen Jung, Tradition gegen Neuerung, Frau gegen Mann, Gesetz gegen Freiheit, Bibel gegen Zeitgeist stehen, geht es nicht harmonisch zu. Und manche Gemeinschaft zerbricht. Man wendet sich ab, macht sein eigenes Ding, lässt sich scheiden und andere Dinge mehr. Diese Tatsachen sind nicht zu leugnen und es tut weh, das zu erkennen. Deshalb wird unbedingt auf die Liebe hingewiesen. Sie soll ein Prüfstein für Gemeinschaft sein. Gott liebt uns so, dass er unbedingt mit uns zusammen sein will. Und da gilt es, die Gemeinde wieder neu für uns zu entdecken. So etwas kann natürlich eine Zumutung sein. Wo steckte heute die Zumutung für dich? Dann kann das vielleicht genau die Anfrage Gottes sein, die dich für die kommende Woche beschäftigen soll. Wo gehöre ich hin? Du gehörst zu Gott. Er will mit und in dir leben. Dazu ist die Gemeinde der von Gott bestimmte Ort, um das zu lernen und zu praktizieren. Kanzelsegen: Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserm Herrn, Amen.