Grußwort des Apostolischen Nuntius beim Mittagessen zu Ehren S. Sel. Lubomir Kardinal Husar Großerzbischof von Kiew-Halić (29. Mai 2006) Eure Seligkeit, Eminenz, Hochwürdigste Herren Bischöfe, sehr geehrte Herren Botschafter, liebe priesterlichen Mitbrüder, 1. Es ist mir eine große Freude, Sie, sehr verehrter Herrn Kardinal Husar, während Ihres derzeitigen Besuches in Deutschland heute in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin begrüßen zu dürfen. Mein herzliches Willkommen hier im Haus des gemeinsamen Vaters gilt zusammen mit Ihnen auch den H. H. Bischöfen Kryk und Dzjurach sowie den sie begleitenden Priestern. Ebenso herzlich begrüße ich die H.H. Bischöfe von Berlin und Magdeburg, Sie, sehr verehrter Herr Kardinal Sterzinsky und sehr geehrter Herr Bischof Feige, und danke Ihnen aufrichtig, dass Sie unsere Einladung zu dieser Begegnung angenommen haben. Ein besonderer Willkommensgruß gilt ferner meinen verehrten Herren Kollegen, einigen der hier in Berlin akkreditierten Botschafter aus den Ländern, in denen zahlreiche Gläubige des griechisch-katholischen Ritus beheimatet sind. Ich grüße namentlich: aus der Ukraine S. E. Herrn Igor Dolgov, aus Polen S. E. Herrn Dr. Andrzej Byrt und aus Rumänien S. E. Herrn Bogdan Mazuru. 2. In einem kürzlich an Sie, Herr Kardinal Husar, gerichteten Schreiben hat Papst Benedikt XVI. daran erinnert, dass „durch die durch Verfolgungen gereinigte Kirche nicht nur für die katholischen Ukrainer, sondern für die katholische Kirche in der ganzen Welt Ströme lebendigen Wassers geflossen sind. Auf dem geduldigen Weg eines Tag für Tag gelebten Glaubens, in der Gemeinschaft mit den Nachfolgern der Apostel, deren sichtbare Einheit durch den Nachfolger Petri verbürgt ist, ist es der katholischen Gemeinde der Ukraine gelungen, die 2 heilige Tradition unversehrt am Leben zu erhalten. Damit dieses kostbare Erbe (...) in seinem ganzen Reichtum weiterbestehen kann, ist es wichtig, das Vorhandensein der zwei großen Strömungen – der lateinischen und der orientalischen – innerhalb der einen Tradition sicherzustellen, beide in der Vielfalt historischer Ausprägungen, denen die Ukraine Ausdruck zu verleihen wusste. Der in voller Gemeinschaft mit Petrus lebenden griechisch-katholischen Kirche ist eine zweifache Sendung anvertraut: Sie hat einerseits die Aufgabe, in der katholischen Kirche die östliche Tradition sichtbar zu bewahren, und andererseits, die Begegnung der Traditionen dadurch zu fördern, dass sie nicht nur ihre Vereinbarkeit, sondern auch ihre tiefe Einheit in der Verschiedenheit bezeugt“ (Lettera di Benedetto XVI al Card. Husar, 60 anni del pseudo-Sinodo di Lviv, 22.02.2006). 3. Mit der Taufe des „Rus von Kiew“ im Jahre 988 unter dem Großherzog Vladimir I wurde die Ukraine eines der größten Zentren des slawischen Katholizismus. Seine geographische Lage machte es zu einer Brücke zwischen den Einflüssen des Orients und des Okzidents. Seine Geschichte ist gezeichnet durch zahlreiche Wechselfälle in Staat und Kirche: vom Glanz und der Treue zum Evangelium Christi, aber auch vom Leiden und der Verfolgung bis zum Ende des letzten Jahrhunderts (Pseudo-Synode von Lviv im März 1946). Von diesen möchte ich hier kurz nur an die folgenden erinnern: - an die Beschlagnahme des Eigentums und der Kirchen, - an die Verschleppung in die Lager von Bischöfen und Priestern: unter ihnen ragt besonders die Gestalt des damaligen Metropoliten Josyf Slipyj hervor, der erst nach 18 langen Jahren der Gefangenschaft durch das Eintreten von Papst Johannes XXIII. 1963 freigelassen wurde. Ich nenne ferner noch den sel. Priester Petro Werhun, von dem Sie, Herr Kardinal Husar, der Erzdiözese Berlin, mit der er besonders verbunden war, gestern Reliquien überreicht haben. - Schließlich erinnere ich noch an das Verbot für Tausende von Gläubigen, ihren Glauben frei ausüben zu dürfen. Das hat zwar zu einer großflächigen Auswanderung 3 der Gläubigen geführt, hat aber nicht die Kirche als Ganze daran gehindert als Untergrundkirche ihre Integrität und Fortdauer zu bewahren. 4. Eure Seligkeit sind ein großer und einzigartiger Zeuge dieser tragischen politischen und kirchlichen Ereignisse; mehr noch: durch Ihren Glauben, Ihr Zeugnis und Ihren Mut haben Sie dazu beigetragen, dass die grundlegenden Rechte Ihrer Kirche wieder hergestellt wurden. Ihre reiche Erfahrung, die Sie in den Vereinigten Staaten, in Italien und endlich in Ihrem geliebten Vaterland, in der Ukraine – die Sie 1944 hatten lassen müssen – sammeln konnten, machen Sie zu einem „guten Hirten“, einem sicheren geistlichen Führer, der sich für offenen Dialog und gegenseitiges Verstehen einsetzt und der auch zum Verzeihen aufruft. Als Großerzbischof leiten Sie die gesamte griechisch-katholische Kirche in der Ukraine wie auch Ihre Gläubigen in den anderen Ländern, in Einheit mit den Bischof von Rom, auf dem Weg, den Christus seiner Kirche gezeigt hat. 5. Die Päpste haben immer ihre Nähe zur griechisch-katholisch ukrainischen Kirche bekundet. Sie haben nie aufgehört ihre Stimme zu erheben für ein Leben in Freiheit und für die freie Ausübung des Glaubens, als die Gläubigen der griechischkatholischen ukrainischen Kirche daran gehindert waren. Heute danken wir mit Ihnen, sehr verehrter Herr Kardinal, und mit Ihrer Kirche dem Herrn, dass er diese aus ihrer tiefen Not und Bedrängnis zu neuem Leben und neuem apostolischen Wirken befreit und befähigt hat. Gott, der Vater aller, gewähre Ihnen, Eminenz, den Bischöfen, den Priestern, den Ordenleuten und allen Gläubigen der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine und außerhalb Ihres Vaterlandes auf die Fürsprache der Mutter Gottes, der Theotokos, seinen Segen und die Gnade, in Treue und Einheit mit der ganzen Kirche voranzuschreiten auf dem Weg, der Christus ist, auf dem Weg der Wahrheit, der allein zum Leben führt.