Das Projekt GEMS - Max-Planck

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THEMEN DER WISSENSCHAFT
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STERNE UND WELTRAUM
Juli 2004
Das Projekt GEMS
Licht ins Dunkel der Galaxienentwicklung
VON THOMAS BÜHRKE
Ein neues Forschungsprojekt macht sich die Untersuchung der Morphologie zahlreicher Galaxien bei ganz unterschiedlichen Entfernungen zur Aufgabe – ein wichtiger Schritt zum Verständnis ihrer
Entwicklung.
D
ie Frage nach der Entstehung
und Entwicklung der Galaxien
steht heute im Zentrum der beobachtenden kosmologischen Forschung.
Erst seit wenigen Jahren gelingt es, die
Rotverschiebung (und damit die Entfernung) sehr vieler Galaxien bis in große
Entfernungen sowie deren spektrale und
strukturelle Eigenschaften zu ermitteln.
Mit der Durchmusterung COMBO-17 haben Forscher des Max-Planck-Instituts
für Astronomie (MPIA) in Heidelberg auf
diesem Gebiet kürzlich einen entscheidenden Beitrag geleistet [1]; nun ist ihnen
ein weiterer Durchbruch gelungen. Ein
internationales Team unter Leitung des
Instituts erstellte im Rahmen des Projekts
GEMS (Galaxy Evolution from Morphology and Spectral Energy Distributions)
die größte jemals mit dem Weltraumteleskop HUBBLE gewonnene Farbaufnahme. Sie dient zur Bestimmung der morphologischen Eigenschaften von 10 000
Galaxien, deren Rotverschiebungswerte
aus COMBO-17 bekannt sind. Mit diesen
Daten wollen die Astronomen herausfinden, wie sich große, unserem Milchstraßensystem ähnliche Galaxien während
der letzten sieben Milliarden Jahre, also
im Laufe der zweiten »Lebenshälfte« des
Universums, entwickelt haben.
In seinen frühen Phasen war das Universum sehr viel kleiner als heute. Die
räumliche Dichte der Galaxien war somit
höher und Wechselwirkungen zwischen
ihnen viel häufiger. Immer wieder flogen
die Galaxien eng aneinander vorbei oder
verschmolzen sogar miteinander. In beiden Fällen wirkten starke GravitationsAbb. 1: Auf GEMS, der bislang
größten mit dem Weltraumteleskop HUBBLE gewonnenen Farbaufnahme, sind etwa 40 000
Galaxien abgebildet. Hier ein
Ausschnitt von 114  146,
entsprechend 0.2 % bis 0.3 %
des gesamten GEMS-Feldes.
kräfte auf das interstellare Gas in den Galaxien ein, komprimierten und verwirbelten es. Das löste explosionsartig neue
Sternentstehung aus, in einigen Fällen
wurde wahrscheinlich auch vermehrt
Staub und Gas in die Zentren der Galaxien
gelenkt, wo es unter Aussenden energiereicher Strahlung in einem massereichen
Schwarzen Loch verschwand.
Im derzeit bevorzugten, so genannten
hierarchischen Modell der Galaxienentwicklung sind diese frühen Wechselwirkungen die wesentliche Ursache für das
Entstehen der heutigen großen Elliptischen Galaxien [2]. Demnach wuchsen
sie zu ihrer heutigen Größe an, indem
sich im jungen Universum kleinere Galaxienbausteine vereinten. Die meisten
Galaxien haben demnach eine sehr ereignisreiche Entwicklungsgeschichte hinter
sich – unser Milchstraßensystem nicht
ausgenommen. Diese »kosmischen Biographien« gilt es nun zu entschlüsseln.
Wegen der endlichen Lichtlaufzeit
schaut man mit zunehmender Entfernung der Galaxien immer weiter in die
Vergangenheit des Universums zurück.
Die Entfernung einer Galaxie lässt sich
aus der Rotverschiebung des Spektrums
bestimmen. Das Spektrum enthält überdies Informationen über die Sternpopulation und die gesamte von den Sternen
abgestrahlte Energie. Im Rahmen von
COMBO-17 wurde diese spektrale Energieverteilung nicht aus Spektren ermittelt,
sondern aus einer Vielzahl von Direktaufnahmen durch unterschiedliche Farbfilter
[1]. Hierfür nutzten die Astronomen eine
Weitfeldkamera, die unter Leitung des
MPIA entwickelt und gemeinsam mit der
ESO gebaut worden war. Seit einigen Jahren arbeitet sie am 2.2-Meter-MPG/ESOTeleskop auf La Silla. Eine speziell entwickelte Software ermittelt aus diesen Aufnahmen die Spektraltypen von Sternen
und identifiziert Galaxien der Klassen E
(elliptisch) bis Sc (Spiralgalaxien mit hoher Sternentstehungsrate) sowie die Star-
burst-Galaxien mit ungewöhnlich hoher
Sternentstehungsrate. Weiterhin lässt
sich die Rotverschiebung (und damit die
Entfernung) der Galaxien bis hinab zu einer Rothelligkeit von 24 mag auf einige
Prozent genau bestimmen.
Die Daten von COMBO-17 reichen etwa
zwei Größenklassen weiter als die früher
erstellten Durchmusterungen mit zuverlässigen Rotverschiebungswerten in dem
entsprechenden Entfernungsbereich –
folglich lassen sich innerhalb eines gegebenen Volumens (und damit zu einer gegebenen Epoche) etwa zehnmal so viele
Galaxien identifizieren. Daher eignet sich
dieser einmalige Datensatz dazu, die Entwicklung von Galaxien auf einer soliden
statistischen Basis zu untersuchen.
Diese Messdaten liefern aber nur Informationen über integrale Eigenschaften der Galaxien (Alter, Entfernung, Farbe und Leuchtkraft). Ein vollständigeres
Bild der Galaxien erhält man, wenn man
zusätzlich auch deren innere Struktur
kennt: Wie groß sind sie? Sind ihre Sterne
in einer Scheibe oder einem kugelförmige Volumen verteilt? Gibt es ausgedehnte Sternentstehungsgebiete? Zeigen die
Galaxien wegen der Wechselwirkung mit
anderen Galaxien eine asymmetrische
Helligkeitsverteilung? Besitzen sie eine
intensive zentrale Energiequelle? Satistisch relevante Antworten auf diese Fragen ergeben sich nur, wenn von einer hinreichend großen Anzahl weit entfernter
Galaxien Direktaufnahmen mit sehr hoher Auflösung vorliegen. Für große Himmelsareale sind solche Aufnahmen heute
innerhalb einer vernünftigen Beobachtungszeit nur mit dem Weltraumteleskop
HUBBLE erhältlich.
GEMS – STRATE GIE
UND
ANALY SE
Das Feld der GEMS-Aufnahme liegt im
Sternbild Fornax am Südhimmel, seine
Größe beträgt 30  30 Quadratbogenminuten, entsprechend etwa der Fläche des
Vollmondes (Abb. 2). Das Bild (Abb. 1)
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setzt sich aus 78 mit der Advanced Camera for Surveys (ACS) gewonnenen Einzelaufnahmen zusammen, die jeweils in zwei
Wellenlängenbereichen um 606 nm (gelb)
und 850 nm (rot) gewonnen wurden. Die
gesamte Belichtungszeit für das Bildmosaik in beiden Filtern betrug 150 Stunden
und beanspruchte das Weltraumteleskop
HUBBLE zwei volle Wochen lang!
Das Feld (Abb. 2) wurde nach mehreren Kriterien ausgewählt. Zunächst einmal sollte es hinreichend groß sein, um
über Inhomogenitäten im Universum
(Galaxienhaufen) gemittelte Aussagen zu
liefern. Gleichzeitig wurde es nach bereits
erfolgten Himmelsdurchmusterungen
ausgerichtet. Zunächst deckt GEMS, wie
bereits erwähnt, das Feld von COMBO-17
ab (unterlegte Himmelsaufnahme in Abb.
2). Die grünlichen Flächen kennzeichnen
das Himmelsfeld der GOODS-Durchmusterung (Great Observatories Origins Deep
Survey). Diese Durchmusterung wurde
ebenfalls mit der ACS-Kamera an Bord
von HUBBLE ausgeführt. Sie umfasst ein
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kleineres Gebiet als GEMS, geht jedoch tiefer. Das grün umrandete Areal soll demnächst im Infraroten mit dem Weltraumteleskop SPITZER beobachtet werden.
Schließlich liegt das GEMS-Feld innerhalb
des CHANDRA Deep Field South, das mit
dem Weltraumteleskop CHANDRA mit 278
Stunden Belichtungszeit im Röntgenbereich aufgenommen wurde. Das rot umrandete Feld (oben links) zeigt das HUBBLE
Deep Field zum Größenvergleich.
Somit bietet dieses Areal einzigartige
Forschungsmöglichkeiten, um die Eigenschaften der Galaxien vom Röntgenbereich bis zum Infraroten zu ermitteln und
deren vergangene Entwicklung während
Jahrmilliarden zu erforschen. Die GEMSAufnahme zeigt mehr als 40 000 Galaxien
mit einzigartiger Schärfe (Abb. 4 und 5).
Die Auflösung beträgt in den beiden Farbbereichen 0.055 bzw. 0.077 Bogensekunden. Im Bild einer Galaxie mit einer Rotverschiebung z = 0.75 lassen sich so noch
Details von 500 pc bzw. 700 pc (1600 Lj
bzw. 2300 Lj) erkennen. Damit sind große
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Abb. 2: Anordnung der nummerierten Einzelaufnahmen im GEMSFeld. Die Daten der nicht nummerierten Felder entstammen GOODS,
dem Great Observatories Origins
Deep Survey. Alle Aufnahmen
zusammen überdecken ein vollmondgroßes Areal am Südhimmel. Oben links zum Größenvergleich das HUBBLE Deep Field.
Sternentstehungsgebiete und andere typische Strukturen, deren Ausdehnung wenige kpc beträgt, deutlich erkennbar.
Die hoch aufgelösten Bilder der Galaxien im GEMS-Feld gewinnen erst durch
die Kombination mit den spektralen Daten der COMBO-17-Durchmusterung ihre
einzigartige Aussagekraft. In einem ersten Schritt gelang es wie erhofft, insgesamt fast 10 000 Galaxien aus dem GEMSFeld mit Objekten im Katalog der COMBO17-Durchmusterung zu identifizieren.
Damit war deren Rotverschiebung (und
somit deren Entfernung) genau bekannt.
Die Rotverschiebung ist auch deswegen von so großer Bedeutung, weil sich
durch sie spektrale Eigenschaften (Farben)
zu größeren Wellenlängen hin verschieben. Mit Kenntnis der Rotverschiebung
lassen sich alle Farbwerte in das Ruhesystem der jeweiligen Galaxie transformieren, und erst damit werden die Galaxien
miteinander vergleichbar. Schließlich will
man die Galaxien im jungen Universum
mit denen im heutigen vergleichen. Zur
Charakterisierung der Galaxien im heutigen Universum wurden die Daten des
Sloan Digital Sky Survey (SDSS) herangezogen – auch an dieser Durchmusterung
ist das MPIA beteiligt [3].
Damit wurden die Voraussetzungen
geschaffen, um die GEMS-Aufnahme in
Hinblick auf die Entwicklung der Galaxien auszuwerten. Die Entwicklung einzelner Objekte ist zwar nicht direkt beobachtbar, da sie sich im Laufe von Jahrmillionen abspielt. Aber die Entwicklung
der Galaxienpopulation lässt sich aus den
Daten ableiten, da man die Eigenschaften
vieler Galaxien bei verschiedenen Rotverschiebungen und damit in verschiedenen
Epochen statistisch vergleichen kann. Um
die Galaxienpopulation zu beschreiben,
wird die Häufigkeit von Galaxien in Abhängigkeit von bestimmten Grundgrößen wie Leuchtkraft, Farbe, Größe oder
morphologischen Merkmalen ermittelt.
Mit GEMS/COMBO-17 liegt zum ersten
Mal eine Stichprobe vor, die mit 10 000
Galaxien hinreichend groß ist, um Aus-
sagen abzuleiten, die sich auf das halbe
Alter des Universums in der Vergangenheit beziehen. Ein erstes Ergebnis, das die
Entwicklung massereicher Galaxien betrifft, wird im folgenden Abschnitt dargestellt.
Entwicklung massereicher
Galaxien

Galaxien können ihre in den Sternen konzentrierte Masse durch zweierlei Prozesse
vergrößern: durch die laufende Bildung
neuer Sterne oder durch das sukzessive
Verschmelzen mehrerer kleinerer Galaxien. Die zweite Möglichkeit liegt dem hierarchischen Szenario zugrunde. Es sagt
voraus, dass die heutigen massereichen
Galaxien der frühen Typen auf diese Weise entstanden sind. Unter frühen Typen
versteht man hier allgemein Sternsysteme mit einer zentralen sphärischen Komponente. Dies sind die Hubble-Typen E
und S0 (elliptische und sphärische) sowie
Sa (Spiralgalaxien mit dominantem zentralem Wulst, englisch »bulge«).
Im Rahmen des hierarchischen Modells sollten Galaxien dieser Typen in
den vergangenen acht Milliarden Jahren
(Rotverschiebungen z < 1) weiter angewachsen sein. Diese Vorhersage überprüften Astronomen des MPIA bereits
im Jahr 2002. Das zentrale Ergebnis lautete damals: Im frühen Universum trugen
die irregulären und Starburst-Galaxien
mit intensiver Sternentstehung 80 % der
Leuchtkraftdichte im blauen Spektralbereich bei. Im Laufe der Zeit haben sich die
relativen Anteile jedoch wesentlich verschoben: Heute tragen diese Galaxientypen nur noch etwa 20 % der Leuchtkraft-
Abb. 3: Links – die Position des
HUBBLE Ultra Deep Fields. Rechts
– das Weltraumteleskop HUBBLE.
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dichte bei, während die elliptischen und
frühen Spiralgalaxien dominieren.
Dieses Ergebnis unterstützt zwar das
hierarchische Szenario, lässt sich prinzipiell aber auch durch die Alterung der
Sternpopulationen in den Galaxien und
eine Rötung durch Staub erklären. Deshalb gingen die Astronomen die Frage
nach der Galaxienentwicklung von einer
anderen Seite an. Sie machten sich den
Bebachtungsbefund zu Nutze, dass sich
die Galaxien grob in zwei Gruppen unterteilen lassen: rot erscheinende Galaxien,
welche die frühen Typen (E-, S0- und SaGalaxien) ohne intensive Sternentstehung
beinhalten, und blaue Galaxien, zu denen
vor allem Starburst- und Spiralgalaxien
vom Typ Sb und Sc zählen. Darüber hinaus besteht eine interessante Relation: Mit
zunehmender Leuchtkraft erscheinen die
Galaxien immer röter. Dies lässt sich damit erklären, dass mit steigendem Alter
die Masse der Galaxien und der Anteil der
in ihnen enthaltenen schweren Elemente
zunimmt.
In der jüngsten Studie untersuchten
die Astronomen gezielt die Entwicklung
der roten Galaxien frühen Typs in Abhängigkeit von der Rotverschiebung (und
damit von der Zeit). Sie stellten fest, dass
sich die Farben der Galaxien im Laufe der
Zeit verändern. Die Daten passen sehr gut
zu der Vorstellung, dass die Sternpopulation sich selbst überlassen altert. Ein solches Altern lässt aber auch erwarten, dass
die Leuchtkraft der einzelnen Galaxien
und damit auch die der gesamten Population nachlässt.
Im Gegensatz zu dieser Erwartung
stellten die Forscher fest: Die Leuchtkraft
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Graphik: Ernst E. von Voigt
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Abb. 4: Siebzig helle Galaxien im
GEMS-Feld. Gut zu erkennen sind
die Vielfalt der Formen, Größen
und Strukturen – Elliptische Galaxien, Spiralgalaxien, einige davon mit ausgeprägten Balkenstrukturen – und spektakuläre
Paare und Gruppen wechselwirkender Galaxien.

Abb. 5: Dieser Ausschnitt aus
dem GEMS-Feld zeigt zwei eindrucksvolle Paare wechselwirkender Galaxien. Ein drittes Paar ist
in weit größerer Entfernung erkennbar.
lg [Strahlungsdichte/(L Mpc–3)]

im Blauen blieb innerhalb eines Einheitsvolumens in den vergangenen acht Milliarden Jahren (z < 1) etwa konstant (Abb.
6). Dieser Befund widerspricht solchen
Modellen, nach denen sich die großen
Galaxien im jungen Universum monolithisch (»auf einen Schlag«) gebildet haben
und dann im Laufe der Jahrmilliarden
einfach gealtert sind (obere Kurven in
Abb. 6). Nimmt man aber an, dass sich die
Anzahl der Sterne und ihre Gesamtmasse
innerhalb der leuchtkräftigen roten Galaxien während des betrachteten Zeitraums
etwa verdoppelt hat, so erhält man eine
gute Übereinstimmung mit den Beobachtungen. Diese Annahme passt gut zu den
8.6
z0 = 2
Vorhersagen der hierarchischen Modelle,
z0 = 3
wonach die leuchtkräftigen Galaxien im
z0 = 5
Laufe der Zeit durch Verschmelzung klei8.4
nerer Galaxien entstanden sind.
Die Analyse der drei Beobachtungs8.2
felder von COMBO-17 hat allerdings auch
gezeigt, dass Inhomogenitäten aufgrund
8.0
der großräumigen Struktur des Universums die Gültigkeit der Aussagen erheblich einschränken. Zukünftig muss es
7.8
daher das Ziel sein, in möglichst vielen
großen Himmelsfeldern bis zu großen
7.6
Rotverschiebungen vorzudringen.
Diese Ergebnisse zeigen damit erstmalig, dass die Population der Sterne in
7.4
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 den Galaxien zwar kontinuierlich altert,
Rotverschiebung z
dass sich aber die massereichen Galaxien
durch hierarchisches Verschmelzen weiZeit
Heute
terentwickeln. Einige Fragen bleiben offen, insbesondere die nach der Natur der
Literaturhinweise
roten Galaxien. Bei relativ nahen Galaxien ist erkennbar, dass es sich, wie be[1]Klaus Meisenheimer, Christian
schrieben, um Systeme mit überwiegend
Wolf: Zehntausende Galaxien auf
alten und somit roten Sternen handelt.
einen Blick. SuW 1/2002, S. 22–
Bei weiter entfernten Galaxien, die keine
30.
Details mehr erkennen lassen, könnten
[2]Andreas Burkert, Thorsten Naab:
aber auch große Staubmengen für die RöÜber den Ursprung Elliptischer Gatung verantwortlich sein.
laxien. SuW 9/2001, S. 748–755.
Auf der GEMS-Aufnahme wurden mit
[3]Thomas Bührke: Reiche Ernte der
Hilfe der COMBO-17-Daten rund 1500 GaS LOAN -Himmelsdurchmusterung.
laxien im Bereich 0.65 < z < 0.75 identiSuW 10/2001, S. 830–832.
fiziert und deren Morphologie bestimmt.
Auf diese Weise ließ sich an Hand einer
Abb. 6: Entwicklung der Leuchtkraftdichte roter Galaxien im
blauen Spektralbereich. Die Werte weichen bei hohem z (in frühen Epochen) stark von Modellrechnungen ab, nach denen die
Galaxien bei hohen Rotverschiebungen (z0 = 2, 3, 5) entstanden
sind und danach ohne weitere
Wechselwirkung langsam alterten. Dagegen bestätigen sie ein
Modell einer hierarchischen Galaxienbildung in mehreren Schritten (grüne Linie).
statistisch signifikanten Menge prüfen, ob
sich die Morphologie der Galaxien frühen
Typs im Laufe der Zeit bis heute verändert
hat. Insbesondere sollte die mögliche Rolle des Staubes bei der Rötung der Galaxien untersucht werden. Die morphologische Klassifikation erfolgte zum einen automatisch mit einer speziellen Software
und zum anderen visuell am Bildschirm.
Die Ergebnisse waren für nahe und ferne
Galaxien sehr ähnlich und zeigten, dass
höchstens 13 % der roten Galaxien, wahrscheinlich aber weit weniger, durch Staub
gerötet sein können.
Das wesentliche Ergebnis lautet also:
Schon vor etwa sechs Milliarden Jahren
(z = 0.7) war die Sternentstehung in den
massereichsten Galaxien abgeschlossen.
Hierarchische Modelle sagen vorher, dass
in Gebieten hoher Galaxiendichte die Entwicklung der Galaxien früh anfängt und
zu massereichen Galaxien führt. Warum
die Entwicklung aber bereits so früh abgeschlossen war, können die Modelle gegenwärtig nicht erklären.
□
An den beschriebenen Arbeiten sind am
MPIA beteiligt: E. F. Bell, K. Meisenheimer,
H.-W. Rix, M. Barden, A. Borch, B. Häußler.
Weiterhin umfasst die Kollaboration Wissenschaftler aus folgenden Instituten: Universität Bonn, Astrophysikalisches Institut
Potsdam; Oxford University; Imperial College, London, University of Massachusetts,
Space Telescope Science Institute, University
of Arizona)
Seit der Zeit seiner
Dissertation am MPI
für Astronomie über
die Jets junger Sterne schreibt Thomas
Bührke für SuW. Mittlerweile ist er freier
Wissenschaftsjournalist und erfolgreicher Buchautor, und redigiert
die Zeitschrift »Physik in unserer Zeit«.
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