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Sendung vom 18.1.2012, 20.15 Uhr
Dr. Florian Hintringer
Kardiologe
im Gespräch mit Iska Schreglmann
Schreglmann:
Ganz herzlich willkommen zum alpha-Forum. Bei mir zu Gast ist heute der
Kardiologie Dr. Florian Hintringer. Schön, dass Sie aus Innsbruck zu uns
nach München gekommen sind.
Hintringer:
Danke schön für die Einladung.
Schreglmann:
Man kann sich ja als Mediziner ganz verschiedene Fachrichtungen
aussuchen, Sie sind ziemlich schnell in Richtung Herz losmarschiert.
Warum?
Hintringer:
Das hat mich schon während des Studiums fasziniert. Dadurch, dass man
dabei die einzelnen Fächer im Schnelldurchlauf lernen muss, bekommt
man doch einen gewissen Eindruck, welches Fach einen am meisten
interessiert. Als ich mit der Kardiologie in Berührung gekommen bin, war
sehr schnell klar, dass ich das werden möchte.
Schreglmann:
Warum?
Hintringer:
Die Kardiologie ist eine sehr schöne Kombination aus verschiedenen
Bereichen. Man befasst sich erstens mit dem Menschen als Ganzes. Das
heißt, man arbeitet wie ein klassischer Internist, der Visiten macht, der eine
Ambulanz führt, dort mit dem Patienten sprechen kann. In einem
Krankenhaus habe ich auch nicht den Zeitdruck wie in einer Praxis, ich
kann mich also wirklich auseinandersetzen mit dem Patienten. Zweitens
kann ich als Kardiologie ähnlich wie ein Chirurg auch handwerklich tätig
sein. Das heißt, ich kann z. B. Herzkatheteruntersuchungen durchführen.
Und ich habe auch die Bestätigung, dass ich wirklich etwas reparieren oder
sogar heilen kann an einem Patienten und nicht nur auf die Wirkung von
Tabletten vertrauen muss.
Schreglmann:
Es ist also die Kombination, die Sie fasziniert. Über das Handwerkliche, das
Technische sprechen wir gleich noch, aber davor würde mich das
Verhältnis zum Patienten näher interessieren. Sie haben gesagt, für Sie sei
es wichtig, mit dem Patienten ins Gespräch zu kommen und dass Sie dabei
in der Klinik keinen Zeitdruck hätten. Das wundert mich jetzt doch, denn es
heißt doch immer, dass im Krankenhaus alles so schnell gehen müsse und
dass man als Arzt mit dem Patienten gar nicht so lange sprechen kann, wie
man möchte.
Hintringer:
Wir haben das Glück, dass wir eine Universitätsklinik sind und unsere
Ambulanz eine ist, der Patienten im Sinne einer speziellen Betreuung bzw.
Untersuchung zugewiesen werden. Ich teile die Patienten ein: Wir haben
einen EDV-basierten Terminplaner und da sehe ich dann eben jeweils
entsprechende Slots vor. Wenn ich sage, ich werde bei einem Patienten
ungefähr eine Stunde für das Gespräch brauchen, dann teile ich da auch
eine Stunde ein. Diese wirtschaftlichen Aspekte, wie sie ein
niedergelassener Arzt hat, spielen bei mir keine Rolle. Ein Patient von mir
hat ja bereits mehrere Ärzte gesehen und wird deshalb zu uns geschickt,
damit wir sein Problem lösen. Und das braucht Zeit. Und diese Zeit gebe
ich mir. Ich weiß, dass das ein Privileg ist.
Schreglmann:
Herzprobleme sind ja eine ganz komplexe Angelegenheit. Braucht man
denn gerade für Herzpatienten deswegen mehr Zeit, um mit ihnen auch
über ihre persönliche, ihre private Situation zu sprechen?
Hintringer:
Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Patienten, bei denen geht es darum,
einfache nur den Blutdruck einzustellen, gemeinsam eine Blutdrucktabelle
anzuschauen und zu sagen: "Hier und hier müssen wir noch nachbessern!"
So etwas ist natürlich schnell erledigt und solche Patienten haben ich
selbstverständlich auch. Aber auf der anderen Seite gibt es auch Patienten,
bei denen beides eine Rolle spielt. Herzrhythmusstörungen z. B. kann man
sehr mechanistisch, sehr schulmedizinisch erklären. Aber wenn ein Patient
über lange Zeit einen erheblichen Leidensdruck durch so etwas gehabt hat,
dann ist es auch wichtig, dass man Anteilnahme zeigt. Da spielen beim
Umgang mit diesem Problem dann eben auch noch andere Faktoren eine
Rolle. Darum habe ich doch den Eindruck, dass es den Patienten wichtig
ist, dass man das nicht nur im Vorbeihuschen macht, sondern dass man
sich auf sie auch wirklich einlässt. Ich bin aber kein Psychotherapeut und
ich habe auch keine derartige Ausbildung, sondern ich versuche einfach
nur, mir Zeit zu nehmen für die Patienten.
Schreglmann:
Gerade bei Herzpatienten bzw. bei Herzrhythmuspatienten heißt es, dass
da nicht nur das Herz aus dem Rhythmus geraten sei, sondern vielleicht
auch das ganze Leben. Haben Sie den Eindruck, das Leben gerät als
Folge dieser Erkrankung aus dem Rhythmus? Oder ist es so, wie es ja
auch manchmal heißt, dass häufiger Stress oder psychische Probleme
zuerst einmal zu Herzrhythmusstörungen führen?
Hintringer:
Es gilt beides. Es ist sicherlich so, dass es bestimmte Rhythmusstörungen
gibt, die teilweise sogar angeboren sind wie z. B. das Wolff-ParkinsonWhite-Syndrom, das WPW-Syndrom. Da gibt es gar nichts zu diskutieren,
so etwas gehört ordentlich behandelt. Und dann werden sich für den
betroffenen Patienten auch die damit verbundenen Ängste lösen – nicht
direkt nach der Behandlung, aber doch im Laufe der nächsten Wochen
oder Monate. Aber es gibt eben auch Menschen, die sehr besorgt sind
wegen Phänomenen, die physiologisch, die also natürlich sind wie z. B.
einzelne Extraschläge, die jedes Herz hat. Wir beide werden jetzt auch ein
paar Extraschläge haben während dieses Gesprächs, weil das einfach ein
häufiges Phänomen ist und sicher längst nicht immer eine Herzerkrankung
bedeutet. Aber da das Herz so ein zentrales Organ ist, entstehen da
schneller mal Ängste. Ich habe auch Patienten, bei denen ich zwar nichts
tun kann gegen diese Extraschläge – sie sind ja auch natürlich, warum
sollte ich also etwas dagegen tun –, aber bei denen ich doch versuchen
muss, ihnen ihre Ängste auszureden. Das ist manchmal schwieriger, als
eine komplexe Katheterablation durchzuführen.
Schreglmann:
Was sind das für Ängste?
Hintringer:
Nun ja, das sind Ängste wie: "Bleibt mein Herz stehen? Erleide ich den
Sekundenherztod?" Denn möglicherweise ist das in der Familie oder bei
einem guten Freund des Patienten in jüngster Zeit so passiert. So tritt dann
ein Phänomen, das jemand bis dahin nur unterschwellig bemerkt hat, auf
einmal stärker in den Vordergrund und verursacht wirklich Ängste. Es ist
wirklich häufig so, dass jemand wegen seiner an sich harmlosen
Rhythmusstörungen verängstigt zu uns kommt. Im Gespräch stellt sich
dann heraus, dass ein sehr guter Freund oder eine sehr gute Freundin vor
einem halben Jahr plötzlich tot umgefallen ist.
Schreglmann:
Das subjektive Empfinden und die Erinnerung an bestimmte Dinge spielen
also offensichtlich eine sehr große Rolle dabei.
Hintringer:
Ja. Das ist entweder wirklich die Ursache für die Probleme und den
Leidensdruck des Patienten oder es spielt zumindest eine Rolle, wie die
betreffenden Menschen damit umgehen. Aber man darf trotzdem nicht
vergessen, dass Rhythmusstörungen ähnlich wie bei der Funktion eines
Computers durch elektrische Leitungsvorgänge sehr wohl erklärbar sind
und wir hier rein organische Behandlungsansätze anbieten können.
Schreglmann:
Das heißt, die Ursachen können vielgestaltig sein. Manchmal leiden
Herzpatienten ja auch ein bisschen darunter, dass sie von anderen
Menschen gesagt bekommen: "Na ja, das ist bei dir sicherlich psychisch
bedingt."
Hintringer:
Man sollte extrem aufpassen, hier jemanden gleich in die "psychische
Ecke" abzudrängen. Wenn sich bei mir jemand wegen
Herzrhythmusstörungen meldet, dann begegne ich dieser Person zuerst
einmal als jemand, der Herzrhythmusstörungen hat, und nicht als jemand,
der einen Vogel hat.
Schreglmann:
Wobei aber nicht jeder, der psychisch belastet ist, einen Vogel hat.
Hintringer:
Ja, selbstverständlich. Aber wenn es in der Medizin schnell gehen muss,
dann ist man leider auch sehr schnell bereit zu sagen: "Das bildet sich
dieser Patient alles nur ein!"
Schreglmann:
Gut, das "Einbilden" ist natürlich wieder eine andere Geschichte.
Hintringer:
Sie haben recht, der "Vogel" war vielleicht ein bisschen heftig formuliert.
Schreglmann:
Nun, Sie haben das halt so ausgedrückt, wie es die Leute auf der Straße
auch sagen würden. Und mit diesem O-Ton von der Straße werden diese
Leute ja auch konfrontiert.
Hintringer:
Es wäre jedenfalls sicherlich ein Fehler, nach einer ersten Blickdiagnose
sofort zu sagen: "Ach, das ist eh nichts! Das bilden Sie sich nur ein! Regen
Sie sich nicht so auf und geben Sie Ruhe!" Denn es ist einfach so, dass
auch eine harmlos imponierende Rhythmusstörung nur die Spitze eines
Eisberges sein kann. Das heißt, sie kann eine darunter liegende
schwerwiegende Herzerkrankung anzeigen. Eine Rhythmusstörung ist also
ein Symptom und als solches zu werten, als ein Alarmzeichen, das die
Natur vorsieht. Und deshalb muss man eben bei jedem dieser Patienten
zuerst einmal abklären, ob er strukturell herzkrank ist. Erst dann kann ich
eine Einschätzung vornehmen und sagen: "Gut, hier versuche ich, den
Patienten zu beruhigen und ihn von der Rhythmusstörung abzulenken."
Wenn jedoch eine strukturelle Herzkrankheit vorliegt, ist es notwendig, eine
Behandlung einzuleiten: sei es medikamentös oder mittels Herzkatheter.
Schreglmann:
Ab wann ist denn die Rhythmusstörung wirklich krankhaft? Sie haben
vorhin gesagt, dass diese Extraschläge des Herzens in bestimmten
Situationen ganz normal sind.
Hintringer:
Hier gibt es, wenn Sie so wollen, unterschiedliche Schwellen. Es gibt
natürlich Herzrhythmusstörungen, die auf jeden Fall lebensbedrohlich sind.
Das sind vor allem Herzrhythmusstörungen, die von der Herzkammer
ausgehen und das sind vor allem Herzrhythmusstörungen bei Menschen,
die strukturell herzkrank sind, die z. B. bereits einen Herzinfarkt hatten. Hier
muss ich natürlich sehr konsequent behandeln. Eine der möglichen
Behandlungsmodalitäten ist die Implantation eines sogenannten
Defibrillators, der das Kammerflimmern und damit den drohenden
Sekundenherztod erkennt und auch automatisch behandelt.
Schreglmann:
Können Sie ein bisschen genauer erklären, was ein Defibrillator ist?
Hintringer:
Ein Defibrillator schaut äußerlich so aus wie ein etwas größerer
Herzschrittmacher: Der Defibrillator ist ein Implantat, d. h. man kann ihn
unter die Haut und meistens sogar unter den Muskel einsetzen. Er ist mit
dem Herzen durch eine sogenannte Elektrode verbunden, also sozusagen
durch ein Kabel. Er macht zunächst einmal gar nichts, außer dass er den
Puls des Patienten mitzählt. Wenn er feststellt, dass der Puls viel zu schnell
ist, wie das beim Kammerflimmern der Fall ist, bei dem der Puls auf weit
über 200 Schläge pro Minute ansteigt und womit die Gefahr eines
Herzkreislaufstillstands droht, dann ist dieser "Defi" in der Lage, einen
Gleichstromschock abzugeben. Das ist so, wie man das auch von den
externen Defibrillatoren kennt, wenn jemand wiederbelebt wird. Beim
implantierten Defibrillator ist es jedoch so, dass die Diagnose, die
Entscheidung zur Therapie und die Therapie selbst automatisch erfolgen.
Schreglmann:
Dieser Elektroschock, der da abgegeben wird, ist aber so klein, dass das für
den Patienten nicht spürbar ist.
Hintringer:
Nein, das ist sehr wohl schmerzhaft. Aber wenn man einen
Kreislaufstillstand erleidet, dann wird man bewusstlos. Das heißt, es
vergehen etwa zehn Sekunden, bis dieser Gleichstromschock erfolgt. Dafür
gibt es gewisse technische Gründe, aber das kommt uns aufseiten der
Medizin auch entgegen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Patienten jedenfalls
schon dabei, das Bewusstsein zu verlieren. Damit wird dieser
Gleichstromschock als nicht so schmerzhaft empfunden. Allerdings ist es
so, dass diese Geräte natürlich aufgrund von bestimmten Algorithmen
entscheiden müssen. Und so ein Algorithmus ist so "gestrickt", dass er sich
im Zweifelsfall immer für den Schock entscheiden wird. Das heißt, es
besteht für den Patienten ein gewisses Risiko, dass eine andere
Herzrhythmusstörung, die nicht lebensbedrohlich ist, trotzdem behandelt
wird: Und dann bekommt er diesen Schock natürlich bei vollem
Bewusstsein. Auch das ist etwas, was man mit dem Patienten gut
besprechen muss. Man muss ihm sagen: "Ich kann Ihnen hier etwas
anbieten, das Sie vor dem Sekundenherztod sehr, sehr verlässlich schützt.
Der Preis dabei ist jedoch, dass Sie u. U. einmal einen Schock zu viel
bekommen." Wenn man die Patienten darauf nämlich nicht gut vorbereitet,
dann ist das ein fürchterlicher Schreck für den Patienten und verunsichert
ihn maßlos und er fragt sich: "Warum bekomme ich da einen Schock? Es
hat mir doch gar nichts gefehlt!"
Schreglmann:
Bevor ich mit Ihnen über alternative Behandlungsmöglichkeiten spreche,
würde mich noch interessieren: Was sind denn eigentlich, sofern man das
weiß, die Ursachen für diese Herzrhythmusstörungen?
Hintringer:
Die Ursachen sind sehr vielfältig. Wenn wir mal beim Kammerflimmern
bleiben: Da steckt praktisch immer eine strukturelle Erkrankung dahinter. In
erster Linie ist das eine Verschlechterung der Pumpfunktion des Herzens
infolge eines Herzinfarktes oder infolge anderer sogenannter
Kardiomyopathien, also Herzmuskelerkrankungen. Dann gibt es aber auch
noch andere Ursachen, von denen vor allem die jungen Patienten betroffen
sind. Das sind angeborene Herzrhythmusstörungen wie das sogenannte
WPW-Syndrom, das ich vorhin bereits erwähnt hatte: Da ist von der
Embryonalentwicklung her eine zusätzliche elektrische Leitungsbahn
vorhanden und diese Bahn kann, wenn Sie so wollen, anfallsartig einen
Kurzschluss verursachen.
Schreglmann:
Sie gibt, wenn man das so sagen kann, Fehlimpulse?
Hintringer:
Das sind keine Fehlimpulse, sondern der richtige Begriff ist der "elektrische
Wiedereintrittskreis". Das heißt, durch die vorhin genannten Extrasystolen,
die an und für sich harmlos sind …
Schreglmann:
Extrasystolen sind Extraschläge des Herzens.
Hintringer:
Diese Extraschläge können dazu führen, dass sich die elektrische Leitung
anders durch das Herz bewegt und eine Kreisbahn bildet. Diese Kreisbahn
führt zu einem plötzlich einsetzenden Herzrasen, das aber irgendwann
auch wieder plötzlich endet. Diese zusätzliche Leitungsbahn ist
selbstverständlich zu viel. Hier nun kommt die Katheterablation als
Paradedisziplin ins Spiel. Denn so eine zusätzliche Leitungsbahn kann man
mit dem Katheter lokalisieren: Mit einem schwachen Stromimpuls in diesem
Fall oder durch einen Wechselstromimpuls kann man dann für den
Patienten schmerzlos diese Bahn durchtrennen und normale Verhältnisse
herstellen. Das ist etwas, bei dem man wirklich eine Heilung erzielen kann.
Schreglmann:
Wie läuft denn diese Herzkatheterablation, die Sie soeben beschrieben
haben, aus der Sicht des Patienten genau ab?
Hintringer:
Der Untersuchungsraum ist zuerst einmal sehr eindrucksvoll, weil er voll mit
medizinisch-technischen Geräten ist. Das Herzstück dabei ist immer eine
hochwerte Anlage zur Durchleuchtung. Man kann den Brustkorb und damit
das Herz durchleuchten und kann auf diese Weise Katheter, die man zum
Herzen vorführt, sichtbar machen. Der Zugangsweg für den Katheter
befindet sich üblicherweise im Bereich der Leiste: Dort laufen Vene und
Arterie, also die Schlagader, knapp unter der Haut, weswegen man dort nur
eine örtliche Betäubung braucht. Die Katheter werden dann – das läuft
ungefähr so wie bei einer Punktion, bei einer Blutabnahme – dort in der
Leistengegend eingeführt.
Schreglmann:
Diese Katheter sind winzig klein: Wie klein sind sie genau?
Hintringer:
Es gibt sie von ungefähr 1,5 bis ungefähr 4 Millimeter. Das heißt, das, was
da eingeführt wird, ist schon ein bisschen dicker als die Nadel bei einer
Blutabnahme: Das ist auch der Grund dafür, warum man vorher eine
Lokalanästhesie, also eine örtliche Betäubung braucht. Diese Prozeduren
können, z. B. bei Vorhofflimmern, auch relativ lange dauern, sodass es für
die Patienten doch angenehmer ist – und so machen wir das auch bei uns
in Innsbruck –, wenn sie zumindest eine oberflächliche Narkose bekommen
und diese Untersuchung quasi verschlafen können.
Schreglmann:
Sie sagen, dass die Patienten diese Untersuchung verschlafen können.
Heißt das, sie können auch wach bleiben und das mitverfolgen?
Hintringer:
Nein, das steuere ich schon, ich sorge schon dafür, dass sie es
verschlafen. Das ist einfach eine Frage der Dosierung dieser Medikamente.
Bei Kindern ist es grundsätzlich so, dass wir hier immer eine oberflächliche
Narkose geben. Bei Erwachsenen hängt es einfach davon ab, was ich mit
ihnen vorher besprochen habe. Sehr ängstlichen Menschen werde ich das
anbieten, aber an und für sich und objektiv gesehen reicht die örtliche
Betäubung der Leiste aus.
Schreglmann:
Ich frage das nämlich deswegen, weil ich kürzlich mit jemandem
gesprochen habe, der so eine Herzkatheterablation hatte und der das
Ganze auf einem Monitor mitverfolgt hat. Er konnte genau sehen, was da
gemacht wird.
Hintringer:
Ja, das ist der übliche Vorgang. Wenn aber so eine Prozedur vier Stunden
dauert, bei der man flach und absolut regungslos auf dem Rücken liegen
muss, ist das halt nicht sehr angenehm. Deshalb neige ich dazu, je
komplexer die Prozedur ist, je länger sie dauert, dem Patienten zu raten,
sich diese Mittel geben zu lassen, damit er oder sie diese Prozedur
verschlafen kann.
Schreglmann:
Das ist ja eine Sache, bei der man unglaublich viel Fingerspitzengefühl
braucht als Arzt. Wie steuern Sie diesen Katheter eigentlich?
Hintringer:
Ich denke, dass das mit dem Fingerspitzengefühl doch ein bisschen
überschätzt wird. Das ist einfach eine handwerkliche Tätigkeit, die erlernbar
ist. Und grundsätzlich ist es ja so: Wenn in der Medizin irgendwo von ein
paar Genies eine Methode eingeführt wird, die auch nur von denen
durchgeführt werden kann, dann wird sich diese Methode allgemein nie
durchsetzen. Das ist aber das Tolle an allen Kathetertechniken in der
Kardiologie – wir sprechen hier ja jetzt nur über Rhythmusstörungen, aber
man kann eben auch die Herzkranzgefäße mit Katheter behandeln –, dass
das alles sehr gut reproduzierbare Techniken sind, in denen eigentlich jeder
Mensch, der bereit ist, sich zu engagieren, auch ausgebildet werden kann.
Aber selbstverständlich ist es auch so, dass man sehr sorgfältig mit dieser
Methode umgehen muss, weil man eben auch Komplikationen
verursachen kann.
Schreglmann:
Es gibt hier also auch ein gewisses Risiko, dass das Ganze nicht gut geht.
Um dieses Risiko besser verstehen zu können, würde ich gerne von Ihnen
erklärt bekommen, was Sie mit diesem Herzkatheter eigentlich genau
machen an der entsprechenden Stelle im Herzen.
Hintringer:
Grundsätzlich ist es so, dass wir in der Katheterablation immer mehrere
Katheter brauchen. Das heißt, wir brauchen diagnostische Katheter, die uns
eine wertvolle Orientierungshilfe geben und die auch wichtig sind in der
Abklärung: Was ist das genau für eine Rhythmusstörung? Und selbst wenn
wir wissen, was es für eine Rhythmusstörung ist, müssen wir noch klären,
wo genau das Problem sitzt. Dazu brauchen wir also zuerst einmal die
diagnostischen Katheter. Der Katheter, den wir dann für die Ablation selbst
einsetzen, ist ein Katheter, der entweder über hochfrequenten
Wechselstrom durch eine Erhitzung eine Verödung, also eine
Gewebeabtötung – wir sagen dazu "Nekrose" – verursacht oder durch
Einleitung eines Kältemittels, das aber nicht in den Körper gelangt, sondern
sich im geschlossenen System dieses Katheters befindet, eine Erfrierung
verursacht. Das heißt, der gemeinsame Endpunkt ist auf jeden Fall, dass
wir ganz gezielt kleine Gewebebezirke im Herzen abtöten, nämlich
diejenigen, die für die Rhythmusstörung verantwortlich sind, um dann deren
Auftreten zu unterbinden.
Schreglmann:
Es gibt also quasi Gewebe, das abgetötet wird, weil es einen falschen Reiz
aussendet.
Hintringer:
Ja, genau.
Schreglmann:
Und wenn dieses Gewebe abgetötet ist, dann kommt es in wie viel Prozent
der Fälle nicht mehr zu den Herzrhythmusstörungen? Gibt es da genaue
Zahlen?
Hintringer:
Nun, das ist sehr variabel. Bei Herzrhythmusstörungen, die man wirklich
heilend angehen kann, wie das beim vorhin genannten WPW-Syndrom der
Fall ist, gibt es eine primäre Erfolgsrate von über 95 Prozent. Die
Wahrscheinlichkeit, dass es trotz erfolgreicher Behandlung erneut zu
Herzrhythmusstörungen kommt, liegt bei unter drei Prozent. Das ist wirklich
ein exzellentes Ergebnis. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist aber das
Vorhofflimmern: Bei ihr liegt die Erfolgsrate in der Region von 60 bis 70
Prozent. Wenn man diese Prozedur im Abstand von einigen Wochen noch
einmal wiederholt, dann kommt man vielleicht auf 70 bis 80 Prozent
Erfolgsquote. Dies ist aber auch nur dann der Fall, wenn man die Patienten
sehr genau auswählt hinsichtlich der Erfolgsaussichten. Die
Wahrscheinlichkeit, dass es zum Wiederauftritt von
Herzrhythmusstörungen kommt, liegt hier ebenfalls wesentlich höher:
nämlich bei ungefähr 30 bis 40 Prozent.
Schreglmann:
Vorhofflimmern ist ja ein Problem, das sehr viele Menschen betrifft. Mehr
als eine Million Menschen alleine in Deutschland haben damit zu kämpfen.
Hintringer:
Ja, und das ist wahrscheinlich noch weit unterschätzt. Man kann sich das
auch folgendermaßen merken: 5,5 Prozent der 55-Jährigen leiden an
Vorhofflimmern. Nicht jeder ist allerdings symptomatisch, das Spektrum der
möglichen Beschwerden durch Vorhofflimmern ist sehr, sehr
unterschiedlich: Das reicht von einem Zufallsbefund bei einem gesunden
Menschen bis zu wirklich hochsymptomatischen Befunden, bei denen die
Leute ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können.
Schreglmann:
Danach wollte ich gerade fragen: Wie erleben denn die Patienten das
Vorhofflimmern? Wie beeinträchtigt das den Alltag eines Patienten?
Hintringer:
Das Vorhofflimmern ist dann, wenn es beeinträchtigend ist, immer eine
Herzrhythmusstörung, die sehr schnell ist, d. h. der Patient hat ein
Herzjagen und das Herz schlägt noch dazu unrhythmisch. Das ist also das
ganz Typische für das Vorhofflimmern. Wenn man in Ruhe dasitzt und sich
konzentrieren soll, also eine körperlich nicht anstrengende Tätigkeit hat
oder wenn man einfach nur Alltag hat und hat dabei aber einen Puls von
130 oder 140, dann fühlt man sich ständig getrieben: Man fühlt sich, als
hätte man viel zu viel Kaffee getrunken, d. h. man fühlt sich ständig
aufgeputscht. Das ist schon sehr, sehr unangenehm. Und wenn man sich
in so einem Moment auch noch belastet, weil man eine körperlich
anstrengende Tätigkeit hat oder weil man seinen Sport machen möchte,
dann wird es kritisch. Wenn man da nämlich anfängt, aus der Ruhe heraus
Sport zu betreiben, wenn man bereits einen Ruhepuls von 130 hat, der
noch dazu unrhythmisch geht, dann ist man irrsinnig schnell auf knapp 200
Pulsfrequenz. Damit ist man in einem Bereich, in dem das Herz
unökonomisch arbeitet, in dem man sich sehr, sehr rasch erschöpft. Da
kommt also wirklich eine starke Reduktion der Belastbarkeit hinzu.
Schreglmann:
Der Leidensdruck scheint also relativ hoch zu sein. Ich kann mir aber auch
vorstellen, dass die Patienten, wenn Sie zu Ihnen in die Beratung kommen,
nicht alle sofort sagen: "Klar, Sie haben jetzt die Herzkatheterablation so
schön erklärt. Da begebe ich mich doch gerne in den Operationssaal und
Sie machen mal." Stattdessen ist da vermutlich doch eine ganz schöne
Hürde vorhanden.
Hintringer:
Es ist mir auch wirklich ein Anliegen, vorher mit dem Patienten darüber zu
sprechen. Uns werden ja häufig Patienten mit Vorhofflimmern von anderen
Ärzten überwiesen. Und weil es da viel zu besprechen gibt mit den
Patienten, ist es bei uns in der Klinik die Regel – und von dieser Regel
abzuweichen, sind wir bisher nicht bereit –, dass die Patienten vorher, und
das selbst dann, wenn sie von weit her anreisen, zu uns in die Ambulanz
kommen müssen. Dort in der Ambulanz führen wir dann ein ausführliches
Gespräch mit ihnen. Denn das Ausmaß der Beeinträchtigung durch das
Vorhofflimmern ist sehr unterschiedlich, d. h. es gilt zunächst einmal mit
dem Patienten zu klären, wie schwerwiegend seine Symptome sind. Es gilt
auch zu klären, was die mögliche Ursache ist: Es könnte z. B. ein
ernsthaftes Herzleiden dahinterstecken und dann wäre die Behandlung
eine ganz andere. Die Patienten, die hoch symptomatisch sind und deren
Herzstruktur gleichzeitig gesund ist, sind diejenigen, bei denen die
Katheterablation prinzipiell infrage kommt. Aber es gibt natürlich auch die
Möglichkeit, und manchmal ist das die einzige Option, das Vorhofflimmern
als chronischen Rhythmus nur mit Medikamenten zu kontrollieren: Das
kann man damit kontrollieren, aber man bekommt es damit nicht weg. Oder
man verabreicht Rhythmusmedikamente, um den regulären Rhythmus,
also den Sinusrhythmus, wieder herzustellen. Das ist eine weitere
Alternative zur Katheterablation.
Schreglmann:
Sie haben soeben die Medikamente als alternative Behandlungsweise
genannt. Aber offenbar ist man damit als Patient oft nicht so zufrieden,
denn sonst gäbe es ja die Katheterablation nicht.
Hintringer:
Ja, das ist genau der wesentliche Antrieb dafür, dass sich die
Katheterablation so stark entwickelt hat und dass so viele Anstrengungen in
die Weiterentwicklung gesteckt werden. Es ist leider so, dass wir vor
wenigen Jahren ein neues Rhythmusmedikament zur Verfügung
bekommen haben: Das war seit vielen, vielen Jahren die erste
Neuentwicklung, die es wirklich bis auf den Markt geschafft hat. Dieses
Medikament ist zwar im Hinblick auf die potentiellen Nebenwirkungen
akzeptabel, aber leider ist es ein Medikament, das bei Weitem nicht allen
Menschen hilft. Das heißt, wir brauchen die Katheterablation als eine
Alternative. Die Erfolge der Katheterablation haben sich schrittweise
verbessert über die letzten Jahre, sodass der Schritt zur Katheterablation
heute wesentlich früher unternommen wird, als das noch vor zehn Jahren
der Fall gewesen ist.
Schreglmann:
Die Nebenwirkungen von Herzmedikamenten sind, nach dem, was ich
weiß, ja auch nicht zu unterschätzen.
Hintringer:
Genau.
Schreglmann:
Die Betablocker z. B. können wiederum der Lunge schaden.
Hintringer:
Ja, bei Menschen, die bereits von vornherein verengte Bronchien haben,
kann das zu einer weiteren Verengung führen, das ist richtig. Aber die
Betablocker sind beinahe noch das Harmloseste, was es diesbezüglich
gibt. Denn die Verengung der Bronchien geht wieder weg, wenn man den
Betablocker absetzt. Aber es gibt hier noch viel, viel toxischere
Medikamente, es gibt z. B. das sogenannte Amiodaron: Das ist ein
Medikament, das Schilddrüsenüberfunktion erzeugen kann oder
Lungenfibrose, also Veränderungen an der Lunge, die nicht mehr
rückbildungsfähig sind. Das ist kein Medikament, das man einem Patienten
gerne langfristig gibt, sondern das ist ein Medikament, das man bestenfalls
als eine Überbrückung verwendet.
Schreglmann:
Wenn sich ein Patient aufgrund der von Ihnen gerade genannten Gründe
entscheidet, von Ihnen eine Katheterablation machen zu lassen, dann wird
er ja auch darüber informiert, dass es wie bei jedem Eingriff auch hier ein
gewisses Risiko gibt. Wie hoch ist denn dieses Risiko? Haben Sie es denn
selbst schon mal erlebt, dass dabei etwas schiefgegangen ist?
Hintringer:
Eine schwerwiegende Komplikation – so formuliere ich das im Gespräch
mit dem Patienten immer – ist eine Komplikation, bei der sich der Patient
wie auch ich als Arzt sagen: "Hätten wir doch lieber die Ablation gar nicht
gemacht." Solche schwerwiegenden Komplikationen treten mit einer
Wahrscheinlichkeit von zwei Prozent auf: 2 von 100 Patienten erleiden eine
solche Komplikation. Das ist im Vergleich zu chirurgischen Eingriffen nicht
so dramatisch, aber nachdem man ja beim Vorhofflimmern in den
allermeisten Fällen auch die Möglichkeit hätte, eine Katheterablation nicht
durchzuführen, muss man den Patienten natürlich besonders sorgfältig
über diese Komplikationen aufklären. Das kann z. B. ein Schlaganfall sein,
das kann eine schwerwiegende Verletzung der Herzwand sein, sodass es
nach außen blutet und ein Kreislaufschock entsteht.
Schreglmann:
Haben Sie es denn schon mal erlebt, dass etwas schiefgelaufen ist?
Hintringer:
Selbstverständlich, und man sollte sich hüten zu behaupten, für einen
selbst würde diese Statistik nicht gelten. Natürlich habe auch ich schon
Fehler gemacht oder es sind Komplikationen, wenn Sie so wollen,
schicksalshaft eingetreten. An solche Patienten erinnert man sich
selbstverständlich besonders gut: Das geht einem auch nicht aus dem
Kopf.
Schreglmann:
Wie wird man damit fertig?
Hintringer:
Man versucht, sich vor sich selbst zu rechtfertigen, indem man sich vor
allem sagt: "Ich habe mit dem Patienten vorher wirklich alles genau
besprochen. Wir haben beide, nämlich der Patient und ich, gewusst, auf
was wir uns einlassen." Das Zweite ist, dass man sich halt sehr kritisch
fragt: "Habe ich einen Fehler gemacht? War ich irgendwo schlampig? Oder
habe ich u. U. auch wissentlich gegen die Regeln der ärztlichen Kunst
verstoßen?" Wenn ich diese Dinge für mich alle abhaken kann, wenn ich
mir also sagen kann: "Das habe ich alles ordentlich gemacht!", dann ist das
schon mal eine große Erleichterung. Es ist aber auch ganz wichtig, dass
man in solchen Fällen einen Ansprechpartner hat. Das Allerschlimmste ist,
wenn am nächsten Morgen in der täglichen Morgenbesprechung
irgendjemand aufsteht, Vorwürfe erhebt und sagt: "Du, bei mir wäre das nie
passiert!" Natürlich weiß man, dass das nicht stimmt. Stattdessen ist es
eben viel besser, wenn man da jemanden hat, der einem auf die Schulter
klopft und sagt: "Ich weiß, du hast das gut gemacht oder du hast das
zumindest gut gemeint! Und ansonsten ist das halt einfach tragisch."
Schreglmann:
Gibt es so jemanden bei Ihnen?
Hintringer:
Das betrifft etwas, was unser Chef immer sehr kultiviert hat. Er ist streng
und verlangt auf jeden Fall, dass man die eigene Arbeit ordentlich erledigt.
Aber er ist keiner, der dann Vorwürfe erhebt. Er will lediglich genau wissen,
was passiert ist. Ich habe es mir auch angewöhnt, dass ich ihn, wenn es
eine Komplikation gibt bzw. gegeben hat, als Allerersten darüber informiere.
Es kommen da aber auch noch andere Dinge hinzu. Das schlechte
Gewissen, das man hat, die Betroffenheit und eben auch die Angst, ob das
strafrechtliche Konsequenzen hat für mich. Da greift dann also auch
irgendwann der Selbstschutzreflex.
Schreglmann:
Der Beruf, den Sie haben, ist wirklich sehr, sehr verantwortungsvoll. Ich
kann mir vorstellen, dass man für diesen Beruf sehr starke Nerven braucht.
Hintringer:
Das ist ein bisschen überschätzt. Ein Pilot braucht auch starke Nerven oder
ein Lokomotivführer.
Schreglmann:
Gut, aber die operieren beide nicht am lebenden Herzen – ohne deren
Arbeit kleinreden zu wollen.
Hintringer:
Ja, schon. Aber ein Flugzeug kann eben auch abstürzen oder eine Lok
kann entgleisen. Aber das ist ja auch das Schöne an so einem Beruf, dass
er einen emotional auf keinen Fall gleichgültig lässt: So einen Beruf lebt
man.
Schreglmann:
Nun sind Sie ja nicht nur Arzt an der Uniklinik, sondern Sie versuchen auch
noch in einer anderen Hinsicht die Behandlungsmöglichkeiten zu
verbessern, und zwar durch eine Innovation, die Sie gerade einführen und
bei der Sie auch unternehmerisch tätig sind.
Hintringer:
Ich bin Mitgründer eines Start-up-Unternehmens und ich muss sagen, das
ist eine sehr, sehr spannende Aufgabe. Es ist so, dass aus der
Beschäftigung mit der Katheterablation und auch aufgrund der Situation
speziell bei Vorhofflimmern, mit dem wir so häufig konfrontiert sind, die
Behandlungsergebnisse nicht so gut sind, wie wir das von anderen
Anwendungen in der Katheterablation kennen. Daraus ergeben sich eben
verschiedene Ideen, wie man es besser machen könnte. Einen Großteil
dieser Ideen muss man aber sofort wieder verwerfen, weil sie sich doch
nicht als so gut herausstellen. Letztlich hat das aber dann mal dazu geführt,
dass ich mir ein Design, eine Form eines Katheters ausgedacht habe.
Anschließend habe ich dann in der Medizintechnikindustrie eine deutsche
Firma angesprochen deswegen. Letztlich ist das Ganze dann in einem
Patent gemündet. Dieses Patent ist mittlerweile auch erteilt: Wir sind sehr
stolz darauf, dass es in Europa und in den USA erteilt worden ist. Ich habe
damals aber nicht daran gedacht, das mit einem eigenen Unternehmen zu
verfolgen, sondern ich habe mir gedacht: "Gut, ich mache da halt eine
Erfindungsmeldung bei einem Unternehmen und dieses Unternehmen
greift dann meine Idee auf." Das hat diese Firma auch durchaus gemacht,
denn sie hat die ersten Schritte für die Patentierung in die Hand
genommen. Aber aus diversen Gründen hat diese Firma dieses Projekt
dann nicht weiter verfolgt. Ich habe daraufhin von meinem Recht, das in
einem Erfindervertrag niedergeschrieben war, Gebrauch gemacht und
gesagt: "Ich möchte die Rechte dieses Patents auf mich übertragen
haben." Diese Rechte habe ich dann eingebracht in ein Start-upUnternehmen, das ich mit einem Elektrotechniker gegründet habe, mit dem
ich in der Wissenschaft bereits vorher sehr viel zusammengearbeitet habe,
den ich also bereits sehr gut gekannt habe. Und so haben wir 2005 ein
Unternehmen gegründet, das mittlerweile recht gut gewachsen ist:
Inzwischen beschäftigen wir nämlich bereits 13 Mitarbeiter. Wir arbeiten in
diesem Unternehmen an der Entwicklung eines Kathetersystems zur
Behandlung von Vorhofflimmern, das die Prozedur sehr stark vereinfachen
soll – und wir sind auch überzeugt davon, dass das der Fall sein wird, denn
unsere ersten Tests haben das gezeigt. Wir arbeiten mit Kälte, und das ist
das Besondere daran. Nur noch eine andere Firma außer uns setzt in
diesem Bereich Kälte ein, verwendet also auch nicht, wie sonst üblicher,
Strom.
Schreglmann:
Das bedeutet, dass bei der Katheterablation im Herzen die entsprechenden
Stellen nicht mit Hilfe von Hitze verödet werden, sondern mit minus 80
Grad, wie ich gelesen habe.
Hintringer:
Ja, das ist richtig. Das funktioniert nach dem sogenannten JulesThompson-Effekt. Auch das ist etwas, was ich erst im Laufe meines
"zweiten Lebens" als Gründer eines Start-up-Unternehmens gelernt habe.
Das heißt, man leitet ein Kältemittel – in diesem Fall ist das verflüssigtes
Lachgas – in einen Hohlraum in einem Katheter. Dort kann die Flüssigkeit
expandieren und in den gasförmigen Zustand übergehen. Das braucht sehr
viel Energie und diese Energie wird in Form von Wärme der Umgebung
entzogen. Das heißt, dort, wo der Katheter Kontakt hat mit dem Gewebe,
entsteht eine Erfrierung durch diese Abkühlung auf etwa minus 80 Grad.
Schreglmann:
Und warum ist hier Kälte besser als Hitze?
Hintringer:
Dieses Katheterdesign, wie ich mir das ausgedacht habe und wie wir das
dann gemeinsam weiterentwickelt haben, lässt sich mit Hitze, mit Strom
nicht realisieren. Warum? Wir können mit diesem Katheter auf einer Länge
von zehn Zentimetern auf einmal eine Verödung machen und müssen mit
dem Katheter nicht Punkt für Punkt arbeiten. Und wenn man einen
Katheter von dieser Länge – das ist ja eine Schlaufe von zehn Zentimetern
Länge – mit lauter kleinen Elektroden versehen will, dann braucht man
dafür irrsinnig viele Kabel, die man dort zu den Elektroden hinleiten muss.
Das heißt, dieser Katheter würde sehr, sehr steif werden. Das war der
Hauptgrund, warum wir uns auf Kälte festgelegt haben. Der zweite Grund
ist: Es gibt – allerdings nicht durch in großen Studien verifizierte Daten –
Hinweise darauf, dass die Kälte schonender ist. Wenn man unter dem
Mikroskop Gewebe betrachtet, das mit Hitze verödet wurde, und das dann
vergleicht mit Gewebe, das mit Kälte verödet wurde, dann stellt man fest:
Bei der Hitze schaut das Gewebe quasi wie nach einem Bombeneinschlag
aus. Das Ergebnis soll ja auch das zerstörte Gewebe sein, also wäre das ja
eigentlich in Ordnung. Bei der Kälte ist es so, dass man auch da lauter tote
Zellen findet, dass aber darüber hinaus die Struktur des Gewebes erhalten
geblieben ist. Das heißt, die mechanische Widerstandsfähigkeit bleibt
dadurch besser erhalten und damit ist das Risiko einer Perforation als
Komplikation bei der Behandlung möglicherweise geringer. Bei der Kälte
wird auch die Herzinnenhaut weniger beschädigt, wodurch sich wiederum
weniger Blutgerinnsel bilden. Das heißt, möglicherweise gibt es bei der
Verödung mit Kälte auch ein geringeres Schlaganfallrisiko. Das sind
allerdings alles Dinge, die auf experimentellen Daten beruhen und die nicht
in großen Studien in irgendeiner Weise validiert sind.
Schreglmann:
Bei dem Wort "Bombeneinschlag im Herzen" zuckt vermutlich jeder Patient
bzw. Herzleidende zu Hause vor dem Bildschirm zusammen. Wie geht
denn das Herz mit diesem abgestorbenen Gewebe eigentlich um? Wird
das abgebaut? Verheilt das alles irgendwie?
Hintringer:
Das wird zu einer Narbe umgebaut, so wie man das z. B. auch kennt, wenn
man sich an der Hand verletzt. Das heißt, es wächst keine Muskulatur mehr
nach – das sollte auch nicht sein, denn sonst hätten wir ja wieder das
gleiche Problem. In manchen Fällen wächst aber die Muskulatur doch und
zu gut nach und deswegen gibt es dann das Wiederauftreten der
Herzrhythmusstörungen. Aber normalerweise wird das in Form von
Bindegewebe ersetzt und bildet dann eine hoffentlich bleibende elektrische
Barriere gegen die Ausbreitung der Herzrhythmusstörungen.
Schreglmann:
Sie haben ja nun etwas Neues erfunden. Wie und wann kam Ihnen denn
diese Idee?
Hintringer:
Das Ganze ist nun fast schon wieder zehn Jahre her, 2003 hatte ich den
ersten Kontakt mit diesem Unternehmen aus der Medizintechnik. Die
Überlegungen dazu hatte ich im Jahr 2002 und 2003. Das war aber damals
nur eine Idee. Bis man aus einer Idee dann aber ein funktionstüchtiges
System entwickelt, das dauert ewig. Dafür bin ich als Arzt auch nicht die
geeignete Person, sondern da braucht man eben einen Partner, der etwas
von der Technik versteht. Dieser Partner hat natürlich in diesem
Entwicklungsprozess auch sehr viel für sich selbst gelernt. Das geht auch
nur mit einem Team von sehr, sehr tüchtigen Ingenieuren, die alle aus der
Forschungsgruppe meines Co-Gründers stammen, weil es nämlich extrem
schwierig ist, einfach so Entwicklungsingenieure zu finden. Man braucht
darüber hinaus auch noch einen Kaufmann, der dafür sorgt, dass das
Organisatorische und Finanzielle funktioniert. So etwas ist also viel, viel
komplexer, als ich mir das 2003 vorgestellt habe.
Schreglmann:
Sie üben also nicht nur Ihre medizinische Tätigkeit in der Uniklinik Innsbruck
aus, sondern haben auch noch diese unternehmerische Tätigkeit. Wie
kombinieren Sie beides? Wie bekommen Sie das vor allem zeitlich auf die
Reihe?
Hintringer:
Zeitlich ist es schwierig, das ist richtig. Denn ich habe eine normale
Dienstverpflichtung an der Universitätsklinik.
Schreglmann:
Und eine Familie mit Kindern.
Hintringer:
Ja, eine Familie habe ich auch. Stressen tut mich das deshalb nicht, weil
das so ein wunderbarer Kontrast ist. Es geht jedem in seinem Beruf so,
dass er manchmal frustriert ist: Das geht mir in der Medizin auch so und
das geht mir auch in unserem Start-up-Unternehmen so. Aber wenn ich
dann immer wieder die Fronten wechseln kann, dann ist das jedes Mal eine
wunderbare Ablenkung. Und ich muss sagen, das lässt sich in der Tat unter
einen Hut bringen. Aber das geht natürlich nur, wenn man Gleichgesinnte
um sich hat, wie das bei mir mit meinem Gründerpartner und diesem
ganzen Team in dieser Firma der Fall ist. Sie alle müssen mitziehen. Ich als
Arzt bin ja denkbar ungeeignet, um Entwicklungstätigkeit zu leisten, denn
ich habe das ja alles nicht gelernt und verstehe das nur ganz am Rande.
Schreglmann:
Wie weit sind Sie denn inzwischen mit Ihrer Entwicklung? Denn einige
brennen bestimmt schon darauf, sich damit behandeln zu lassen, um
Probleme, die es mit der herkömmlichen Behandlung gibt, nicht mehr zu
haben.
Hintringer:
Es ist so, dass wir nun die gesamten In-vitro-Tests abgeschlossen haben,
also die ganzen Labortests: Wie hoch ist die Kühlleistung? Bringe ich die
Kühlleistung wirklich effektiv an die Katheterspitze? Das Gerät, das diesen
Katheter mit dem Kühlmittel versorgt, die sogenannte Konsole, ist ja auch
etwas, das wir selbst entwickeln mussten. Hier muss man sehr viele
Sicherheitsfeatures vorsehen, damit dieses Gerät im Falle eines Fehlers
am Katheter sofort die Kühlmittelzufuhr stoppt. Die Konsole ist überprüft
vom TÜV, sodass wir eine provisorische Genehmigung haben, es auch
klinisch, also am Menschen, anzuwenden. Beim Katheter ist die Prüfung
beim TÜV derzeit im Gange: Die Serienfertigung ist nun gerade angelaufen
und wir sind mittendrin, diese Katheter aus der Serienfertigung zu testen,
um zu zeigen, dass die genauso gut funktionieren wie die Katheter, die wir
bisher mit der Hand gefertigt haben, damit wir dann hoffentlich im zweiten
Quartal 2012 die erste klinische Anwendung im Rahmen einer wirklich
streng kontrollierten Studie durchführen können.
Schreglmann:
Irgendeiner muss dann ja zwangsläufig der erste Patient sein.
Hintringer:
Ja.
Schreglmann:
Erklärt sich so jemand selbst dazu bereit? Oder wie funktioniert so etwas?
Hintringer:
Patienten sind heutzutage erstaunlich gut informiert. Ich trenne meine
klinische Tätigkeit streng von meiner Tätigkeit als Gründer eines Start-upUnternehmens, d. h. ich spreche keinen Patienten in der Ambulanz oder
während eines stationären Aufenthalts an, sage ihm also nicht: "Äh, ich
hätte da auch noch etwas …" Ich müsste dann ja auch noch dazusagen,
dass ich mit dem, was ich da hätte, später auch noch gerne Geld verdienen
möchte. Nein, so geht das nicht und so mache ich das nicht. Stattdessen ist
es so, dass Patienten zu mir kommen, mit mir das Gespräch führen und
mich dann fragen: "Und was ist mit Ihrem Katheter? Ich habe das im
Internet gefunden." Und so haben wir tatsächlich bereits Patienten, die
gesagt haben: "Wenn es diesen Katheter eines Tages gibt, möchte ich
mich hiermit schon mal anmelden!"
Schreglmann:
Sie haben also inzwischen bereits eine Warteliste?
Hintringer:
"Warteliste", das wäre übertrieben. Und das mache ich ja auch nicht. Ich
darf auch aus ethischen Gründen erst damit arbeiten, wenn die
Ethikkommission der Universität gesagt hat: "Diese Studie ist
unbedenklich!" Erst wenn ich das schriftlich vorliegen habe, darf ich von mir
aus einen Patienten ansprechen. Das ist also bisher eine völlig informelle
Sache. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie sorgfältig ich dann
jemanden aufklären werde, der in diese Studie kommt. Ich werde ihm ganz
genau sagen: "Sie sind einer der Ersten bzw. sogar der überhaupt Erste!"
Sie können sich sicherlich vorstellen, wie nervös ich dann sein werde, wenn
es so weit ist.
Schreglmann:
Dafür drücken wir Ihnen jetzt schon die Daumen. Jetzt kenne ich ja bereits
mindestens zwei Gründe, warum es für Sie Sinn hat, in Innsbruck zu
bleiben: erstens Ihre Tätigkeit an der Uni-Klinik und zweitens Ihr Start-upUnternehmen. Aber ich weiß auch, dass Sie recht gerne im Ausland
unterwegs sind. Sie haben in Ihrer Jugend längere Zeit in München gelebt,
Sie waren dann nach dem Studium in London und haben dort an der Klinik
gearbeitet. Und Sie haben ein Herz für Afrika. Erklären Sie uns das doch
bitte.
Hintringer:
Ja, ich habe ein Herz für Afrika, das stimmt. Dem sind aber bisher leider
keine konkreten Taten gefolgt. Ich habe mir, während ich studiert habe,
immer gewünscht, dass ich, bevor ich mich auf eine Fachdisziplin
fokussiere, ein paar Jahre in Afrika verbringe und dort irgendwo auf dem
Land Entwicklungshilfe mache.
Schreglmann:
Um etwas Gutes für die Welt zu tun oder weil Afrika so ein faszinierendes
Land ist?
Hintringer:
Weil Afrika so faszinierend ist. Ich glaube, das hatte doch mehr mit meinem
Egoismus zu tun und weniger mit Samaritertum. Das Ganze kommt
natürlich aus meiner Kindheit und z. B. so berühmten Filmen wie "Serengeti
darf nicht sterben" von Bernhard Grzimek. Letztlich ist das also schon eine
sehr romantische Verklärung. Nach dem Abitur bin ich dann mit zwei
Freunden tatsächlich mit dem Rucksack in Ostafrika unterwegs gewesen.
Eine meiner großartigsten Erinnerungen daran ist der Sonnenaufgang
knapp unterhalb des Kraterrands des Kilimandscharo: Das war einfach
großartig. Aber ich habe mich dann nicht getraut, diesen Schritt zu machen
und wirklich nach Afrika zu gehen und dort zu arbeiten. Ich bin dann auch
sehr jung Vater geworden und hatte daher damals schon eine Tochter. Ich
hätte überhaupt keine Bedenken gehabt, sie nach Afrika mitzunehmen,
aber ich hatte Angst davor, das damals bereits vorhandene Angebot,
Kardiologe zu werden, auszuschlagen und zu sagen: "Ich gehe jetzt erst
einmal drei Jahre lang nach Afrika und komme dann wieder und mache
hier weiter." Ich hatte einfach Angst davor, danach nicht mehr Fuß fassen
zu können, weswegen ich mich sozusagen für die leichtere Variante
entschieden habe und die Gelegenheit, Kardiologe zu werden, genützt
habe. Ich bereue das auch bis heute nicht, aber es gibt halt in mir bis heute
diese unterschwellige Sehnsucht, Afrika mal richtig kennenzulernen.
Schreglmann:
Wie ist das mit Urlauben? Könnten Sie sich nicht mal ein paar Wochen
freimachen und nach Afrika reisen?
Hintringer:
Ein paar Wochen, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber ein
richtiger Urlaub im Sommer geht auf jeden Fall. Das ist mir auch extrem
wichtig, denn das ist jedes Mal so eine Art "Mini-Aussteigen" für mich. Die
erste Woche im Urlaub ist zwar noch nicht wirklich Urlaub, aber so aber der
zweiten Woche kann ich dann doch loslassen. Andererseits ist man aber
heutzutage über Internet und Mobiltelefon auch immer gut erreichbar. Für
die Firma bin ich immer erreichbar, auch wenn ich im Urlaub bin, und das
stresst mich auch nicht. Aber ich bin schon sehr, sehr froh darüber, dass es
in der Klinik sehr kompetente Kollegen gibt, die ich gerne mag und denen
ich voll vertraue, sodass ich weiß, dass ich auch mal für drei Wochen in der
Klinik nicht gebraucht werde und daher was ganz anderes machen darf.
Schreglmann:
Nun leben Sie ja im schönen Tirol, wo man outdoor sehr viel machen kann.
Machen Sie das zum Ausgleich?
Hintringer:
Ja, das genieße ich auch sehr und das würde mir sehr, sehr fehlen, wenn
ich woanders hingehen würde. Wenn es im Sommer länger hell ist, kann
man in Innsbruck um sechs Uhr abends aus der Universitätsklinik gehen,
aufs Mountainbike steigen, um dann über irgendeine Alm zwei Stunden
lang einen Ausflug zu machen, sodass man wunderbar erholt zu Hause
ankommt: Man ist friedlich und hat den Kopf komplett frei. Das ist
wunderbar.
Schreglmann:
Das machen Sie?
Hintringer:
Ja.
Schreglmann:
Sie steigen also nach Ihrem Klinikalltag aufs Mountainbike und fahren los?
Hintringer:
Ja, das gönne ich mir mindestens einmal die Woche.
Schreglmann:
Respekt! Das ist vermutlich auch ein gutes Training fürs Herz, oder? Das ist
doch das, was man den Leuten immer empfiehlt: sich zu bewegen.
Hintringer:
Absolut. Bewegung ist eine der wichtigsten therapeutischen Maßnahmen.
Wir haben in Tirol, das ist mir aber erst aufgefallen, als ich dort
hingekommen bin, extrem viele Leute, die wirklich sehr, sehr fit sind. Wenn
ich da noch einmal kurz aufs Vorhofflimmern zurückkommen darf: Auch
fitte, völlig gesunde Leute können vom Vorhofflimmern betroffen sein. Da
gibt es Menschen, die bereits 70, 75 Jahre alt sind und durch dieses
Vorhofflimmern massiv beeinträchtigt. Es gibt viele, die über so jemanden
sagen: "Na, der muss in dem Alter aber nicht mehr mit dem Mountainbike
durch die Gegend fahren!" Aber das macht einfach einen Teil der
Lebensqualität für diesen Menschen aus. Zumindest für einen Teil der
Bevölkerung ist es eben auch der Lebensstil, der die Lebensqualität
ausmacht. Dementsprechend muss man eben auch die Entscheidung
hinsichtlich einer Katheterablation oder sonstiger Therapien nach der
biologischen und nicht nach der kalendarischen Uhr eines Menschen
treffen.
Schreglmann:
Kann man denn nach so einem Eingriff wieder eine doch recht
anstrengende Tour mit dem Mountainbike unternehmen?
Hintringer:
Ja, absolut und das ist auch das Ziel. Man kann bei Vorhofflimmern –
sofern man durch Blutverdünnung dafür sorgt, dass jemand keinen
Schlaganfall bekommt und das Herz im Vorhofflimmern nicht zu schnell
geht – durchaus für ein langes Leben sorgen. Aber man kann eben kein so
aktives Leben führen. Und genau das ist ja oft das Ziel bei einer
Behandlung des Vorhofflimmerns: Es geht nicht so sehr darum, das Leben
des Patienten zu retten …
Schreglmann:
… weil das Vorhofflimmern gar nicht so lebensbedrohend ist.
Hintringer:
Genau, weil es nicht so lebensbedrohend ist. Wobei ich hier aber die
Einschränkung machen muss, dass es eben schon auch um den Schutz
vor einem Schlaganfall geht. Stattdessen geht es bei einer Behandlung des
Vorhofflimmerns darum, dem betreffenden Menschen die Lebensqualität
wieder zurückzugeben. Und nachdem wir ja nicht den Brustkorb eröffnen
müssen, denn wir schneiden ja nirgendwo hinein, ist die Rekonvaleszenz
nach so einem Eingriff natürlich sehr kurz. In Bezug auf das Herz braucht
man da eigentlich überhaupt keine Erholungszeit, aber aufgrund der
Punktion der Leiste, bei der eben doch auch mal ein kleiner blauer Fleck
entstehen kann, rate ich den Patienten doch immer, sieben Tage lang mit
dem Sport Pause zu machen. Aber danach können sie wieder machen,
was sie wollen. Wir hatten schon Patienten mit Katheterablation aufgrund
von Vorhofflimmern, die dann nachher sogar Achttausender bezwungen
haben.
Schreglmann:
Tatsächlich? Mit diesen Menschen stehen Sie also noch weiterhin in
Kontakt?
Hintringer:
Ja, auf die bin ich natürlich besonders stolz. Einen davon habe ich sogar
mal im Fernsehen gesehen.
Schreglmann:
Gut, dann kann man Ihnen dazu nur gratulieren! Ich wünsche Ihnen sowohl
indoor wie auch outdoor viele schöne Erlebnisse und Erfolge. Ich bedanke
mich auch bei Ihnen zu Hause ganz herzlich fürs Zuschauen. Bis zum
nächsten Mal, auf Wiedersehen.
© Bayerischer Rundfunk
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