Bibelstunde 1Joh 4,1-5,21

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Bibelstunden 35. Woche 2002; 1. Johannes 4,1-5,21
In dieser Woche wird der 1. Johannesbrief abgeschlossen. Es kommt eigentlich nichts
substanziell Neues mehr, aber es lohnt sich, das, was Johannes schreibt, zu ordnen und in
einen Aufbau zubringen. Der Schreibstil des Johannes ist – schon in seinem Evangelium –
immer geprägt von einer Kreisbewegung, die sich nur langsam fortbewegt. Daher ist oft kaum
erkennbar, wo der inhaltliche Fortschritt bei Johannes von Vers zu Vers liegt.
Wieder geht es um Wahrheit, Lüge und Irrtum, um ein glaubhaftes Christusbekenntnis und
darum, wovon dieses Christusbekenntnis beglaubigt wird. Darum gehen wir nicht in der
Reihenfolge des Textes vor, sondern versuchen, das ganze von der sinngemäßen Ordnung her
zu betrachten.
Wer den Sohn hat, der hat das Leben ... (1Joh 5,10-12)
Johannes spricht Klartext. Hier gibt es nichts zu deuteln. Das ist die Mitte der Texte dieser
Woche. Auch Johannes spricht hier zusammen mit Paulus mit einer Stimme: „Der Glaube
rettet!“ Dem an Christus Glaubenden gibt Gott das ewige Leben. Dem, der nicht an Christus
glaubt, gibt er es nicht. So sagt es Johannes. Diese Klarheit haben wir nicht überall im Neuen
Testament. Jesus sagt: „Wenn ich erhöht werde von der Erde, dann will ich alle zu mir
ziehen.“ (Joh 12,32) Aber wir bleiben jetzt bei Johannes und seiner Verkündigung.
Überschrieben ist das alles von der Liebe Gottes, die in 1Joh 4,9+10 beschrieben wird. 1Joh
4,9 ist ein wichtiger Vers für das Verständnis aller Gotteserkenntnis. In der Schöpfung kann
man Gott wohl erahnen, aber sein Wesen nicht erkennen. Wenn jemand von der Liebe Gottes
spricht, dann gibt es nur einen Ort, an dem sie sich zeigt, nämlich im Sohn Gottes, denn
„Darin ist erschienen die Liebe Gottes...“
In 1Joh 4,10 erklärt Johannes, woraus diese in Christus erschienene Liebe Gottes besteht.
Nämlich in der Versöhnung für unsere Sünden. Diese Zweiteilung ist Johannes und allen
Aposteln wichtig: Die Liebe Gottes hat Substanz! Liebe ist mehr als Worte. Darum ist die
Bruderliebe ebenfalls mehr als Worte. Was ist die Substanz der Bruderliebe?
Das doppelte Zeugnis des Glaubens:
1. Für den Glaubenden selbst (Glaubensgewissheit) 1Joh 5,6-9)
Gott bezeugt dem Glaubenden die Wahrhaftigkeit und Echtheit seines Glaubens durch
drei Zeugnisse:
a) Der Geist Gottes, der den Menschen zu Gott ruft und sich ihm offenbart. Wir
würden sagen: In der Bekehrung zeigt sich Gott dem Menschen so, dass er glauben
kann.
b) Das Wasser der Taufe. In der Taufe wird dem Christen spürbar zugesprochen und
bezeugt, was für sein Leben in Ewigkeit gilt: „In Christus bist du!“
Wir erinnern uns an die Kernverse aus Röm 6,3-10
Die Taufe gilt deshalb auch als Sakrament, weil sie von Jesus selbst in direkter
Verbindung mit Mission und Jüngerschaft eingesetzt wurde (Mt 28,18-20).
c) Das Blut Christi. Hier ist in besonderer Weise an das Abendmahl zu denken, in dem
wir Leib und Blut Christi essen und trinken. Die Einsetzungsworte stehen übrigens in
1Kor 11,23b-25. Hier in der Gemeinschaft der Christen wird das Kreuzesgeschehen
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dem Sünder noch einmal vor Augen gemalt und in essen und Trinken wird es für ihn
„Wirklichkeit“ (Joh 6,47-51). Auch das Abendmahl ist ein Sakrament, weil es von
Jesus eingesetzt wurde und in seiner Durchführung immer aufs neue Wirkung hat.
Hinzu kommt eigentlich noch ein Viertes: Die Furchtlosigkeit 1Joh 4,17b-18.
Johannes stellt den richtenden und herrschenden Gott für die Christen ganz ins Licht
der Liebe. In diesem Licht verliert Gott seine Schrecken und wird zum letzten
Zufluchtsort. Wer sich vor Gott fürchtet, hat seine Liebe noch nicht vollkommen in
sich. Nun – das wird wohl bei uns bis zum Ende so sein, dass uns eine letzte Furcht
bleibt und die Liebe sie nicht vollkommen austreiben kann. So, wie diese Liebe
unvollkommen bleibt, ist es ja letztlich auch mit der Bruderliebe. Eben darum
brauchen wir das Zeugnis, das in Punkt a, b und c beschrieben ist. Wir merken also:
Überall, wo es auf uns ankommt, steht der Glaube auf wackeligen Füßen. Wirkliche
Gewissheit kann uns nur Gott selbst von außen zusprechen.
2. Woran sich Glaubende erkennen
a) Zunächst geht es um das Bezeugen des Undenkbaren: Gott wurde Mensch
(Fleisch). Zur Zeit des Johannes gab es Strömungen, die Jesus zu einer rein
spirituellen Person machen wollten, die nur aussah wie ein Mensch, aber keiner war
(Doketisten). Wieder andere wollten Jesus (vor allem am Kreuz) als reinen Menschen
sehen, in dem nichts Göttliches mehr war, denn „Gott stirbt nicht“ (Ebioniten). In
diese Front hinein sagt Johannes mit einem Paukenschlag 1Joh 4,2+3.
b) Das entscheidende Merkmal ist die bereits in der letzten Woche besprochene Liebe.
Spitzensätze sind 1Joh 4,8: „Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die
Liebe.“ Und 1Joh 4,16. Johannes geht so weit, dass er sinngemäß sagt: Die Liebe ist
der fühlbare Ersatz dafür, dass wir Gott nicht sehen können. 1Joh 4,12. Ob diese Liebe
in uns ist, wird an der Bruderliebe sichtbar (1Joh 4,19-20).
Vom Sündigen und Nichtsündigen (1Joh 5,18-20
Mit absoluter Sicherheit schreibt Johannes in 1Joh 5,18: „Wir wissen, dass, wer von Gott
geboren ist, der sündigt nicht, sondern wer von Gott geboren ist, den bewahrt er und der Böse
tastet ihn nicht an.“
Wie das? WIR (hier in Niedersachsen im Jahre 2002) WISSEN doch, dass wir sündigen,
obwohl wir meinen, von Gott geboren zu sein. Steht das hier nicht im Widerspruch zu 1Joh
2,1b+2?
Wir haben es hier in einigen deutschen Übersetzungen (z.B. Luther, Zürcher) mit einem
Übersetzungsfehler zu tun. Richtig müsste 1Joh 5,18b lauten: „... der von Gott Geborene
(Christus) bewahrt ihn...“ Gegen die Attacken des Bösen sind wir machtlos, aber der gute
Hirte steht für uns ein und bewahrt uns vor dem Sündigen, das uns wieder von Gott wegreißt
(Joh 10,27-29). Noch einmal: Ja, wir sündigen, aber als solche, die doch bei Gott bleiben.
Was ist die eigentliche Sünde? 1Mo 3,1-6
Die Mahnung aber heißt letztlich nicht: „Sündige nicht!“, sondern vielmehr: „Lasst uns
lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ (1Joh 4,19)
LKG Verden, Prediger Gerd Voß, 27.8.2002
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